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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#181194) Verfasst am: 19.09.2004, 18:22 Titel: |
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fingalo hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | fingalo hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Dann versuch es doch mal. Welche Eigenschaften hat Dein Immaterielles? | Tja, welche materiellen Eigenschaften hat die Liebe? Grübel | Eigenschaften reichen schon, fürs Materielle sorge ich dann ... | Na schön, da schreibe ich halt mal 1 Kor 13 (Das Hohe Lied der Liebe) ab:
"Die Liebe ... sucht nicht ihren Vorteil ..."
So, und nun Dein Materielles (aber bitte keinen gewaltsam hingebogenen Krampf). |
Hui, so viele Eigenschaften, ich picke mir mal eine beispielhaft heraus.
Zurückführung der Begriffe auf Materielles:
Liebe ist, nicht seinen Vorteil zu suchen.
Nicht seinen Vorteil zu suchen ist, nicht den Kampf gegen den anderen um Ressourcen zu planen und durchzuführen.
Ressourcen snd Dinge, die dem Individuum vermeintlich das Leben biologisch und soziologisch erleichtern. Welche das sind, wird durch genetische Evolution, Soziobiologie, kulturelle Tradition und individuelle Prägung bestimmt.
Planung ist eine Simulation im Bewußtsein, bei der eine Methode simuliert wird, die vermeintlich zu einem bestimmten Zustand in der Zukunft führt.
Bewußtsein ist eine emergente Eigenschaft eines hinreichend komplexen Simulators.
Erklärungsversuch für das Phänomen:
Das Besondere an der Liebe idZ ist, daß ein Individuum es in gewissen Grenzen mehr genießt, den Vorteil eines anderen Individuums zu förden, als seinen eigenen Vorteil auf Kosten des Anderen. Eine materislle Erklärung für dieses Verhalten könnte (z.B.) darin liegen, daß sich dieses Verhalten für die sexuelle Fortpflanzung und Kinderaufzucht als günstig erwiesen hat (Vertrauen erlaubt gemeinsame Gewinnmaximierung ...), oder auch noch andere materielle Erklärungen.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Klaus-Peter auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 10.01.2004 Beiträge: 1534
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(#181278) Verfasst am: 19.09.2004, 22:10 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Ich möchte nur nicht akzeptieren, daß er ein Phänomen ohne Erklärung bleibt. Ebenso reicht es mir z.B. nicht aus, die Werte von Naturkonstanten zu kennen,. sondern ich frage mich, welcher Mechanismus sie bestimmt. |
Das ist ja schön und gut. Was tut man, wenn man erklärt. Man führt bestimmte Effekte auf andere, elementarere zurück, mittels Gesetzen und Randbedingungen. Wo steht, dass die elementaren Basiseffekte deterministische sein müssen, statt propabilistische? Das ist lediglich ein Vorurteil, wie es Fingalo am deutlichsten artikuliert: Es ist seiner Meinung nach denknotwendig, den Determinismus anzunehmen. Ich halte ihn nicht für für denknotwendig, sondern "nur" für ein starkes (kulturelles oder angeborenes) Vorurteil.
Warum ziehen sich zwei Massen an? Es ist eine grundlegende Eigenschaft der Materie. Warum ziehen sich unterschiedlich geladene Teilchen an? Es ist eine grundlegende Eigenschaft der Materie. Natürlich kann man das wieder auf Grqavitationsfelder oder Austauschkräfte zurückführen, aber es bleibt eine Tatsache, das man bei irgendeiner Basis anfangen muss (die jederzeit wieder weiter erklärt werden kann). Die momentane Basis ist das propabilistische Verhalten von Elementarteilchen. Der Glaube, dieser müsse sich auf determinitische Grundlagen zurückführen lassen, ist durch nichts ausser unsere Vorurteile gerechtfertigt. Ich halte z.B. die Tatsache, dass ein Uranatom mit einer präzise bestimmten Wahrscheinlichkeit zerfällt, schon für erklärungsbedürftig. Aber warum muss es eine deterministische Erklärung sein?
Gruss
KP
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fingalo registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.09.2004 Beiträge: 337
Wohnort: Wiesbaden
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(#181387) Verfasst am: 20.09.2004, 10:00 Titel: |
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[ Zitat: | quote]"Die Liebe ... sucht nicht ihren Vorteil ..."
So, und nun Dein Materielles (aber bitte keinen gewaltsam hingebogenen Krampf). |
Hui, so viele Eigenschaften, ich picke mir mal eine beispielhaft heraus.
Zurückführung der Begriffe auf Materielles:
Liebe ist, nicht seinen Vorteil zu suchen.
Nicht seinen Vorteil zu suchen ist, nicht den Kampf gegen den anderen um Ressourcen zu planen und durchzuführen.[/quote]
usw.
Damit ist die Liebe selbst immer noch nichts materielles. Sie wirkt sich nur auf Handlungen aus, die sich im Materiellen dann auswirken.
Zitat: | Erklärungsversuch für das Phänomen:
Das Besondere an der Liebe idZ ist, daß ein Individuum es in gewissen Grenzen mehr genießt, den Vorteil eines anderen Individuums zu förden, als seinen eigenen Vorteil auf Kosten des Anderen. Eine materislle Erklärung für dieses Verhalten könnte (z.B.) darin liegen, daß sich dieses Verhalten für die sexuelle Fortpflanzung und Kinderaufzucht als günstig erwiesen hat (Vertrauen erlaubt gemeinsame Gewinnmaximierung ...), oder auch noch andere materielle Erklärungen. |
Auch das mach die Liebe selbst nicht zu etwas Materiellem.
Das Künstlerische eines Kunstwerks kann weder mit der chemischen Zusammensetzung der Farben erklärt werden, noch mit dem Marktwert beim Verkauf.
War also erwartungsgemäß Krampf.
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fingalo registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.09.2004 Beiträge: 337
Wohnort: Wiesbaden
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(#181390) Verfasst am: 20.09.2004, 10:13 Titel: |
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Zitat: | Zurückführung der Begriffe auf Materielles: |
Und noch etwas:
Es ging um die materiellen Eigenschaften der Liebe.
Nicht auf eine Rückführung von Begriffen so weit, bis ich irgendwo im Materiellen gelandet bin.
Zitat: | Erklärungsversuch für das Phänomen: |
Zitat: | Eine materislle Erklärung für dieses Verhalten könnte (z.B.) darin liegen, daß sich dieses Verhalten für die sexuelle Fortpflanzung und Kinderaufzucht als günstig erwiesen hat (Vertrauen erlaubt gemeinsame Gewinnmaximierung ...), oder auch noch andere materielle Erklärungen. |
Es ging auch nicht um einen Erklärungsversuch, sondern um Eigenschaften.
Und sich ausdenken kann sich jeder was. Dem Geist, insbesondere dem Freigeist sind in seiner Phantasie keine Grenzen des Schwurbelns gesetzt.
_________________ Ein Freigeist ist ein Mensch, dessen Geist frei von störenden Sachkenntnissen kreativ ein Weltbild erzeugt, welches er seinen Mitmenschen als Darstellung der Wirklichkeit vorstellt, die nur von bösen Mächten unterdrückt wird.
Ein guter Mensch ist ein Mensch, dessen niedere Motive noch nicht entlarvt sind.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#181391) Verfasst am: 20.09.2004, 10:15 Titel: |
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Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ich möchte nur nicht akzeptieren, daß er ein Phänomen ohne Erklärung bleibt. Ebenso reicht es mir z.B. nicht aus, die Werte von Naturkonstanten zu kennen,. sondern ich frage mich, welcher Mechanismus sie bestimmt. |
... Warum ziehen sich zwei Massen an? Es ist eine grundlegende Eigenschaft der Materie. Warum ziehen sich unterschiedlich geladene Teilchen an? Es ist eine grundlegende Eigenschaft der Materie. Natürlich kann man das wieder auf Gravitationsfelder oder Austauschkräfte zurückführen, ... |
Wollte ich gerade einwenden.
KP hat folgendes geschrieben: | ... aber es bleibt eine Tatsache, das man bei irgendeiner Basis anfangen muss (die jederzeit wieder weiter erklärt werden kann). |
Dem stimme ich selbstverständlich zu.
KP hat folgendes geschrieben: | Die momentane Basis ist das propabilistische Verhalten von Elementarteilchen. |
Für die meisten Fragen reicht diese Basis aus. Sie taugt aber nicht als Erklärung für sich selbst. Du kannst den Indeterminismus nicht damit begründen, daß er die momentane Basis einer funktionierenden Rechenmethode darstellt.
KP hat folgendes geschrieben: | Der Glaube, dieser müsse sich auf determinitische Grundlagen zurückführen lassen, ist durch nichts ausser unsere Vorurteile gerechtfertigt. Ich halte z.B. die Tatsache, dass ein Uranatom mit einer präzise bestimmten Wahrscheinlichkeit zerfällt, schon für erklärungsbedürftig. Aber warum muss es eine deterministische Erklärung sein? |
Sagen wir mal so: Wenn es eine Erklärung gibt (also eine Simualtionsregel zur Voraussage des beobachteten Zerfalsszeitpunkts), dann muss sie aus logischen Gründen deterministisch sein. Ich würde fast soweit gehen zu vermuten, daß dies eine Eigenschaft einer Erklärung ist. Es könnte natürlich sein, daß die Welt gar nicht vollständig erklärbar / simulierbar / turingartig / unitär / physikalisch / mathematisch usw. ist. Dann wären einige Phänomene naturgemäß unerklärbar und würden auf uns willkürlich wirken, z.B. indeterministisch.
KP hat folgendes geschrieben: | ... Wo steht, dass die elementaren Basiseffekte deterministische sein müssen, statt propabilistische? Das ist lediglich ein Vorurteil, wie es Fingalo am deutlichsten artikuliert: Es ist seiner Meinung nach denknotwendig, den Determinismus anzunehmen. Ich halte ihn nicht für für denknotwendig, sondern "nur" für ein starkes (kulturelles oder angeborenes) Vorurteil. |
Ich denke, wenn man etwas wirklich erklären will, ist der Determinismus denknotwendig. Ein kulturelles Vorurteil könnte es sein, zu meinen, alles sei erklärbar (alles sei ein Mechanismus). Ich halte diese Annahme allerdings persönlcih für die derzeit beste.
gruß/step
PS: Kann jetzt leider erstmal nicht mehr antworten.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#181432) Verfasst am: 20.09.2004, 14:20 Titel: |
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Eine ganze Reihe von Beiträgen setzen bestimmte ungeklärte Annahmen voraus.
Beispielsweise über "Freiheit", "Wille" oder "Kausalität. Das ist verständlich. Es ist nämlich gar nicht so leicht an einem metaphysichen Diskurs ("Diskurs", da ich die Diskussion hier in einem größeren Zusammenhang eingebunden sehe) teilzunehmen, obwohl man die Metaphysik meidet, wie der Teufel das Weihwasser.
Ich vertrete einen Indeterminismus, welcher sich mit der Vorstellung von Naturgesetzmäßigkeit vereinbaren lässt. Voraussetzung dafür ist die Annahme, daß geistige Prozesse eine andere Art von Vorgänge sind als Prozesse, die in der -ich finde kein besseres Wort- Raumzeit stattfinden.
Prozesse, die in der Raumzeit stattfinden, unterliegen sehr wohl der Kausalität.
Jedoch unterliegt das, was gedacht wird, möglicherweise sogar kommuniziert wird, eben nicht auf gleicher Weise einem kausalistischen Prinzip. Warum ich das glaube, möchte ich kurz begründen.
Ich halte es für einen Irrtum, gedankliche Vorgänge auf eine bloße, schattenhafte, von der physikalischen Wirklichkeit im Verhältnis 1:1 abhängige Entität zu reduzieren. Ich glaube nicht, daß die Vorstellungswelt unabhängig von der Raumzeit existieren kann. Aber Gedanken sind nicht nur verursacht, sie sind auch begründet. Ein Grund ist etwas anderes als eine Ursache. Die Unmöglichkeit "A äquivalent zu ıA" zu denken ist mehr als eine Korrelation zu einem bestimmten fest verdrahteten mikroskopischen Prozess. Ich finde es schwer sowas wie "Wahrheit", oder Unwahrheit zu verstehen, wenn diese nichts anderes als eine bloße Projektion materieller Wirklichkeit sein soll. Es wurde das Argument angeführt, diese Korrelation sei experimental nachgewiesen. Daß diese Experimente, bevor sie realisiert werden im Kopf des Wissenschaflers erdacht werden, spielt lustiger Weise keine Rolle.
Denken ist von der materiellen Basis ebenso abhängig wie das Blatt vom Baumstamm. Es lebt nur solange es angewachsen ist. Aber es schwingt mit dem Wind. Dieser kleine Spielraum zwischen sklavischer Gebundenheit und völliger Losgelöstheit ist in meinem Weltbild der Ort, an dem ich sowas wie "Freiheit" finde.
Eine unausgesprochene Annahme möchte ich noch ansprechen.
Indeterminismus meiner Auprägung bedeutet nicht, daß -verkürzt gesagt- Gedanken in der Lage sind, Prozesse zu verursachen, welche gegen irgendein Naturgesetz verstoßen.
Meine Finger verstoßen natürlich nicht gegen irgendwelche Naturgesetze, während ich diesen Text eintippe. Aber daß durch meine Neugierde und mein Interesse in einem weit enfernten Ort, im KOpf eines anderen Menschen wiederum Prozesse angestossen werden. Diese Gegebenheit zu begreifen reicht nicht annähernd ein mechanistisches Weltbild.
Für den Deterministen ist die Welt ein Dschungel, in dem Eidechsen mühsam einen Baumstamm hinauf und wieder hinab klettern müssen, um einen anderen Baum zu erreichen. In meinem Dschungel gibt es Äffchen, die von Ast zu Ast und von Baum zu Baum springen können.
Ich entschuldige mich bei denjenigen, die ähnliches von mir bereits woanders lesen mussten.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#181561) Verfasst am: 20.09.2004, 20:26 Titel: |
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fingalo hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Zurückführung der Begriffe auf Materielles: ... | Und noch etwas: Es ging um die materiellen Eigenschaften der Liebe. Nicht auf eine Rückführung von Begriffen so weit, bis ich irgendwo im Materiellen gelandet bin. |
fingalo hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Erklärungsversuch für das Phänomen: ... Eine materielle Erklärung für dieses Verhalten könnte (z.B.) darin liegen, daß sich dieses Verhalten für die sexuelle Fortpflanzung und Kinderaufzucht als günstig erwiesen hat (Vertrauen erlaubt gemeinsame Gewinnmaximierung ...), oder auch noch andere materielle Erklärungen. | Es ging auch nicht um einen Erklärungsversuch, sondern um Eigenschaften. |
Du hattest immerhin folgendermaßen begonnen:
fingalo hat folgendes geschrieben: | Mir widerstrebt der ... Versuch, alles Sein auf das naturwissenschaftlich überprüfbare zu reduzieren. |
Jetzt verstehe ich, was Du mit "mir widerstrebt" meintest: Du möchtest es nicht lesen.
Ich habe gezeigt, wie man einen Aspekt des Phänomens "Liebe" materialistisch erklären könnte, aber Du hast nicht gezeigt, welcher Aspekt des Phänomens "Liebe" nun tatsächlich immateriell ist.
fingalo hat folgendes geschrieben: | Und sich ausdenken kann sich jeder was. Dem Geist, insbesondere dem Freigeist sind in seiner Phantasie keine Grenzen des Schwurbelns gesetzt. |
Es wäre ein Fehlschluss anzunehmen, daß Romantiker, Theologen & Co weniger schwurbeln oder auch nur weniger Freiraum dazu hätten.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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fingalo registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.09.2004 Beiträge: 337
Wohnort: Wiesbaden
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(#181563) Verfasst am: 20.09.2004, 20:28 Titel: |
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Zitat: | Ich vertrete einen Indeterminismus, welcher sich mit der Vorstellung von Naturgesetzmäßigkeit vereinbaren lässt. Voraussetzung dafür ist die Annahme, daß geistige Prozesse eine andere Art von Vorgänge sind als Prozesse, die in der -ich finde kein besseres Wort- Raumzeit stattfinden.
Prozesse, die in der Raumzeit stattfinden, unterliegen sehr wohl der Kausalität. |
usw. Sehr interessant.
Aber: Die Freiheit, um die es in Deinem Posting geht, ist Voraussetzung für Verantwortung.
Und du kannst es drehen und wenden wie du willst: Entweder sind alle Elemente, die zur Entscheidung führen, bereits in dir vorhanden (Entscheidung = Resultierende aus einer unübersehbaren und unbekannten Menge von Vektoren aus der Vergangenheit), dann ist sie determiniert, oder sie ist nicht vorhanden, also die Entscheidung dadurch indeterminiert; dann aber kommt die Entscheidung aus dem Nichts, von außen oder sonstwo her, und das Individuum ist nicht verantwortlich.
Bei den Vektoren kommt es überhaupt nicht darauf an, welche Substanz sie haben und ob sie materiell sind. Aber alle Vektoren (Vorlieben, Gewissenshaltungen, Ehre usw sowie deren Gewichtung) sind ihrerseits wieder Resultierende aus Vektoren davor (Erlebnisse, Sozialisation, Einstellungen usw). Das geht zurück bis in die Genetik und Erbsubstanz. Ab da entstehen durch die Wechselwirkung von Erleben und Veranlagung dauernd neue Vektoren. Wir erinnern uns nur an ganz wenige, die meisten bleiben uns immer verborgen. Diese völlige Undurchschaubarkeit unserer eigenen Motive führt uns dazu, dass wir meinen, frei zu sein.
Du musst erklären, was genau "Freiheit" sein soll. Akausalität kann keine Verantwortlichkeit begründen.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#181568) Verfasst am: 20.09.2004, 20:38 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Ich vertrete einen Indeterminismus, welcher sich mit der Vorstellung von Naturgesetzmäßigkeit vereinbaren lässt. Voraussetzung dafür ist die Annahme, daß geistige Prozesse eine andere Art von Vorgänge sind als Prozesse, die in der -ich finde kein besseres Wort- Raumzeit stattfinden. |
Ein Prozeß benötigt p.d. Zeit, wie kann er außerhalb der Zeit "stattfinden"?
zelig hat folgendes geschrieben: | Die Unmöglichkeit "A äquivalent zu ıA" zu denken ist mehr als eine Korrelation zu einem bestimmten fest verdrahteten mikroskopischen Prozess. |
Ja, ein makroskopischer Prozeß!
zelig hat folgendes geschrieben: | Ich finde es schwer sowas wie "Wahrheit", oder Unwahrheit zu verstehen, wenn diese nichts anderes als eine bloße Projektion materieller Wirklichkeit sein soll. Es wurde das Argument angeführt, diese Korrelation sei experimental nachgewiesen. Daß diese Experimente, bevor sie realisiert werden im Kopf des Wissenschaflers erdacht werden, spielt lustiger Weise keine Rolle. |
Das wurde erwogen, aber es zeigt sich bisher, daß beides sich hinreichend unabhängig verhält.
zelig hat folgendes geschrieben: | Denken ist von der materiellen Basis ebenso abhängig wie das Blatt vom Baumstamm. Es lebt nur solange es angewachsen ist. Aber es schwingt mit dem Wind. Dieser kleine Spielraum zwischen sklavischer Gebundenheit und völliger Losgelöstheit ist in meinem Weltbild der Ort, an dem ich sowas wie "Freiheit" finde. |
Schön, daß Du Dir eine Nische für die Freiheit gesucht hast. Aber was spricht dafür, daß es die auch wirklich gibt?
zelig hat folgendes geschrieben: | ... Aber daß durch meine Neugierde und mein Interesse in einem weit enfernten Ort, im KOpf eines anderen Menschen wiederum Prozesse angestossen werden. Diese Gegebenheit zu begreifen reicht nicht annähernd ein mechanistisches Weltbild. |
Verstehe nicht, warum dieses Phänomen nicht mechanistisch erklärbar sein sollte. Vielleicht kannst Du ja erklären, was genau daran so transzendent sein soll. Ist es nicht ähnlich wie mit dem Magnetismus, den man auch für transzendent hielt?
zelig hat folgendes geschrieben: | Für den Deterministen ist die Welt ein Dschungel, in dem Eidechsen mühsam einen Baumstamm hinauf und wieder hinab klettern müssen, um einen anderen Baum zu erreichen. In meinem Dschungel gibt es Äffchen, die von Ast zu Ast und von Baum zu Baum springen können. |
Ich empfinde es eher umgekehrt. Naturwissenschaft und Determinismus geben dem Urwald Struktur, wie eine Brille für Kurzsichtige, so daß man etwas versteht und nicht an den Ästen vorbeigreift.
gruß/step
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#181588) Verfasst am: 20.09.2004, 21:54 Titel: |
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fingalo hat folgendes geschrieben: |
Aber: Die Freiheit, um die es in Deinem Posting geht, ist Voraussetzung für Verantwortung.
Und du kannst es drehen und wenden wie du willst: Entweder sind alle Elemente, die zur Entscheidung führen, bereits in dir vorhanden (Entscheidung = Resultierende aus einer unübersehbaren und unbekannten Menge von Vektoren aus der Vergangenheit), dann ist sie determiniert, oder sie ist nicht vorhanden, also die Entscheidung dadurch indeterminiert; dann aber kommt die Entscheidung aus dem Nichts, von außen oder sonstwo her, und das Individuum ist nicht verantwortlich.
Bei den Vektoren kommt es überhaupt nicht darauf an, welche Substanz sie haben und ob sie materiell sind. Aber alle Vektoren (Vorlieben, Gewissenshaltungen, Ehre usw sowie deren Gewichtung) sind ihrerseits wieder Resultierende aus Vektoren davor (Erlebnisse, Sozialisation, Einstellungen usw). Das geht zurück bis in die Genetik und Erbsubstanz. Ab da entstehen durch die Wechselwirkung von Erleben und Veranlagung dauernd neue Vektoren. Wir erinnern uns nur an ganz wenige, die meisten bleiben uns immer verborgen. Diese völlige Undurchschaubarkeit unserer eigenen Motive führt uns dazu, dass wir meinen, frei zu sein.
Du musst erklären, was genau "Freiheit" sein soll. Akausalität kann keine Verantwortlichkeit begründen. |
Hallo fingalo,
falls ich Dich richtig verstehe, ist das Verantwortungs-Problem für Dich ein wichtiges Kriterium, welches zur KLärung der Frage Determinismus vs Indeterminismus beitragen soll. Ich muss Dir gestehen, daß ich diesen Punkt bei der ganzen Diskussion für völlig irrelevant halte. Und zwar deswegen, weil ich zunächst mal gerne wüsste, wie die Realität gestaltet sein könnte. Alle ethischen, moralischen oder juristischen Fragen könnten dann unabhängig davon diskutiert werden. Ich brauche kein auch irgendwie geartetes Weltbild um Humanist zu sein.
...
Ich weiss nicht genau, welche Rolle bei Dir "Entscheidung" spielt. Ich vermute, daß Du "Entscheidung" deswegen brauchst, weil es das bezeichnet, was eine Handlung auslöst. Daher vermute ich, daß Du, wenn Du von "Freiheit" sprichst eine Art Handlungsfreiheit meinst. Auch hier enttäusche ich Dich, weil ich nicht glaube, daß es eine Handlung geben kann, die gegen irgendein Naturgesetz verstösst.
...
Zu Deinen Mengen.
Versteh ich Dich richtig, daß Du zwei mögliche alternative Mengen skizzierst?: beide beinhalten alle Vektoren, welche eine Entscheidung bedingen. Die Elemte der ersten Menge sollen alle in einer Person liegen. Die Elemente der zweiten Menge sollen in einer Person und ausserhalb derjenigen liegen. Ist das richtig so? wenn ich das richtig verstanden habe, dann versteh ich es sozusagen nicht, welche Rolle das für diese Frage spielen kann. Alle Vektoren können von mir aus von aussen, von innen oder sonstwoher kommen. Nur nicht aus dem Nichts.
Selbst wenn Akausalität keine Verantwortlichkeit begründen kann. Das ist mir im Kontext dieser Diskussion erst mal egal.
Allerdings halte ich die Frage, welche Substanz Deine Vektoren haben für sehr wesentlich. Und zwar deswegen, weil Gedanken, Projektionen, Kreativität oder Phantasie sowas wie eine reale Existenz gar nicht zugebilligt wird. Oder, alternativ, alles transzendente in das Reich der Selbsttäuschung geschoben wird. Das tust Du ja mehr oder weniger auch.
Grüße
Zelig
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#181612) Verfasst am: 20.09.2004, 22:41 Titel: |
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Hallo step,
ich weiss nicht ob es vernünftig ist Dir um diese Uhrzeit noch zu antworten.
step hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | Ich vertrete einen Indeterminismus, welcher sich mit der Vorstellung von Naturgesetzmäßigkeit vereinbaren lässt. Voraussetzung dafür ist die Annahme, daß geistige Prozesse eine andere Art von Vorgänge sind als Prozesse, die in der -ich finde kein besseres Wort- Raumzeit stattfinden. |
Ein Prozeß benötigt p.d. Zeit, wie kann er außerhalb der Zeit "stattfinden"? |
Er findet nicht ausserhalb der Zeit statt. Das wäre eine religiöse Annahme.
Er findet innerhalb der Zeit statt. Er ist jedoch nicht an die Zeit, von mir aus an einen Ort gebunden. "A und nicht A" ist zu jeder Zeit an jedem Ort des Universums unwahr. Diese Aussage ist universal gültig. Was uns befähigt dies zu denken ist allerdings in zeitliche Abläufe gebunden.
step hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | Die Unmöglichkeit "A äquivalent zu ıA" zu denken ist mehr als eine Korrelation zu einem bestimmten fest verdrahteten mikroskopischen Prozess. |
Ja, ein makroskopischer Prozeß! |
Das gefällt mir.
step hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | Ich finde es schwer sowas wie "Wahrheit", oder Unwahrheit zu verstehen, wenn diese nichts anderes als eine bloße Projektion materieller Wirklichkeit sein soll. Es wurde das Argument angeführt, diese Korrelation sei experimental nachgewiesen. Daß diese Experimente, bevor sie realisiert werden im Kopf des Wissenschaflers erdacht werden, spielt lustiger Weise keine Rolle. |
Das wurde erwogen, aber es zeigt sich bisher, daß beides sich hinreichend unabhängig verhält. |
Was ist "beides"?
step hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | Denken ist von der materiellen Basis ebenso abhängig wie das Blatt vom Baumstamm. Es lebt nur solange es angewachsen ist. Aber es schwingt mit dem Wind. Dieser kleine Spielraum zwischen sklavischer Gebundenheit und völliger Losgelöstheit ist in meinem Weltbild der Ort, an dem ich sowas wie "Freiheit" finde. |
Schön, daß Du Dir eine Nische für die Freiheit gesucht hast. Aber was spricht dafür, daß es die auch wirklich gibt? |
Was spricht dagegen?
step hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | ... Aber daß durch meine Neugierde und mein Interesse in einem weit enfernten Ort, im KOpf eines anderen Menschen wiederum Prozesse angestossen werden. Diese Gegebenheit zu begreifen reicht nicht annähernd ein mechanistisches Weltbild. |
Verstehe nicht, warum dieses Phänomen nicht mechanistisch erklärbar sein sollte. |
Im Ernst, wie denn?
step hat folgendes geschrieben: | Ist es nicht ähnlich wie mit dem Magnetismus, den man auch für transzendent hielt? |
Ja und nein.
Nicht ähnlich, wenn Du es so meinst, daß man für transzendent hielt, was stofflich nicht erfahrbar war. Also auch Luft beispielsweise.
Ähnlich, wenn Du das Bild erweiterst:
Du kennst das Spiel, unterhalb und oberhalb einer Fläche Magnete zu setzen. Die versteckte Hand führt den unteren Magnet, der obere Magnet bewegt sich mit, für Kinder bezaubernd.
Du glaubst nicht, daß der obere Magnet auch den unteren Magnet führen kann.
Ich schon.
step hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | Für den Deterministen ist die Welt ein Dschungel, in dem Eidechsen mühsam einen Baumstamm hinauf und wieder hinab klettern müssen, um einen anderen Baum zu erreichen. In meinem Dschungel gibt es Äffchen, die von Ast zu Ast und von Baum zu Baum springen können. |
Ich empfinde es eher umgekehrt. Naturwissenschaft und Determinismus geben dem Urwald Struktur, wie eine Brille für Kurzsichtige, so daß man etwas versteht und nicht an den Ästen vorbeigreift.
gruß/step |
Auch ein schönes Bild.
Und was die Naturwissenschaft betrifft sind wir uns einig.
Gute n8
Zelig
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#181725) Verfasst am: 21.09.2004, 09:26 Titel: |
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Ich möchte, daß Ihr Euch auf ein Gedankenspiel einlasst.
Stellt Euch vor, in ferner Zukunft, sagen wir 50 000 000 Jahren ist alles Leben auf der Erde erloschen. Warum das so ist spielt hier keine Rolle.
AD 50 002 001 wird der leblose Planet von Ausserirdischen besucht.
Die Ausserirdischen sind technisch so weit enwickelt, daß es ihnen möglich ist den Zustand der Erde zu einem bestimmten Zeitpunkt vollständig zu erfassen(Bitte keine quantentheoretische Diskussion jetzt. Denn diese haben die Ausserirdischen schon vor sehr langer Zeit überwunden). Dank ihrer unvorstellbar fortgeschrittenen Technik können sie auf diese Weise mehrere Standbilder erstellen und dann mittels dieser Bilder eine exakte Beschreibung allen Geschehens auf der Erde bis mindestens in unser Jahr hinein erstellen.
Bitte beachtet nur, daß die Ausserirdischen nie ein Gehör entwickelt haben.
Ich möchte darauf hinweisen, daß die Beschreibung natürlich auch die Zauberflöte beinhaltet. Unter anderem eine genaue Schilderung der Vorgänge, welche zur Komposition geführt haben. Jedes einzelne Detail jeder einzelnen Rezeption, jedes Detail jeder Schwingung.
So weit so gut. Jetzt kommt meine ehrlich gemeinte Frage:
Ist die Beschreibung der Erde, welche die Ausserirdischen zu erstellen in der Lage sind vollständig?
Ist sie vielleicht vollständig aber unbefriedigend?
Ist sie unvollständig?
Moin
zelig
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#181730) Verfasst am: 21.09.2004, 09:39 Titel: |
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Hi zelig,
- Die Beschreibung wäre phänomenologisch vollständig (p.d.).
- Die Beschreibung wäre keine Erklärung. Mit hinreichender Kapazität ihrer Simulatoren (Computer, Gehirne) könnten sie Erklärungen (Regeln zur Simulation, Theorien) finden. Diese wären vermutlich aus Gründen der praktischen Rechenzeitbegrenzung nicht vollständig, dafür spielt es keine Rolle, ob es sich um die Erde oder ihren eigenen Planeten handelt.
- Die Beschreibungen und Erklärungen wären für sie vermutlich in dem Maße unbefriedigend, in dem sie sich offenbleibender Fragen bewußt sind, und ansonsten befriedigend.
gruß/step
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fingalo registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.09.2004 Beiträge: 337
Wohnort: Wiesbaden
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(#181748) Verfasst am: 21.09.2004, 10:42 Titel: |
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Zitat: | So weit so gut. Jetzt kommt meine ehrlich gemeinte Frage:
Ist die Beschreibung der Erde, welche die Ausserirdischen zu erstellen in der Lage sind vollständig?
Ist sie vielleicht vollständig aber unbefriedigend?
Ist sie unvollständig? |
Sie ist unvollständig. Das Seiende ist nicht abbildbar.
Was Du beschreibst, ist so etwas wie der Laplacesche Dämon. Er gehörte eine mechanistischen Weltsicht an. Danach hätte dieser Dämon, wenn er alle Daten eines bestimmten Zustandes der Welt hätte, einen beliebigen Zustand in der Zukunft berechnen können.
Obgleich Du gerne die QM drau0ßen haben willst - es geht nicht. Die qm Unschärfe verhindert die vollständige Beschreibung. Und auch Deine ferne Zivilisation kann sie nicht überwinden. Sie wird auch nicht aus gegebenen 100 Ziffern irgendeiner irrationalen Zahl (die nicht bekannt ist) die 101 Ziffer berechnen können oder den Winkel mit Zirkel und Lineal in 3 gleiche Teile teilen und ein Perpetuum Mobile erzeugen können.
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fingalo registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.09.2004 Beiträge: 337
Wohnort: Wiesbaden
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(#181751) Verfasst am: 21.09.2004, 10:55 Titel: |
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Noch etwas zu zeligs Beispiel und die Frage, ob ein Zustand vollständig beschrieben werden kann:
Ich nehme eine Glasflasche und werfe sie auf einen Boden mit quadratischen Kacheln.
Wie oft muss ich eine weitere Flasche werfen, bis die Scherben wieder genauso liegen, wie bei der ersten Flasche?
Das kommt darauf an, was "genauso" heißt. Ich nehme mal nur die Definition: Platte mit Glas daruf und Platte ohne Glas drauf.
Nehme ich also die Platten als Bezugsrahmen, so wird die Zahl der notwendigen Würfe steigen, je kleiner die Platten sind.
Bei einer Seitenlänge der Platten von 1 picometer wird die Zahl schon sehr sehr groß.
Frage: gibt es Platten mit unendlich kleiner Seitenlänge? Dann brauche ich unendlich viele Würfe.
Wenn es eine kleinste Seitenlänge gibt, ein Längenquant, dannstellt sich die Frage, ob sich definitiv feststellen lässt, ob die Platte mit einem Glasmolekül bedeckt ist oder nicht.
Wenn sich das nicht feststellen lässt, dann kann die Frage, ob die Scherben "genauso" liegen, gar nicht beantwortet werden.
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Klaus-Peter auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 10.01.2004 Beiträge: 1534
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(#181935) Verfasst am: 21.09.2004, 16:13 Titel: |
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Step hat folgendes geschrieben: | Sagen wir mal so: Wenn es eine Erklärung gibt (also eine Simualtionsregel zur Voraussage des beobachteten Zerfalsszeitpunkts), dann muss sie aus logischen Gründen deterministisch sein. Ich würde fast soweit gehen zu vermuten, daß dies eine Eigenschaft einer Erklärung ist. Es könnte natürlich sein, daß die Welt gar nicht vollständig erklärbar / simulierbar / turingartig / unitär / physikalisch / mathematisch usw. ist. Dann wären einige Phänomene naturgemäß unerklärbar und würden auf uns willkürlich wirken, z.B. indeterministisch. |
Das scheint mir der Knackpunkt zu sein: Die Frage: Was tun wir, wenn wir etwas "erklären". Für mich sind "Erklärungen" immer "deduktiv nomologische" Erklärungen. Sprich: Ich erkläre ein konkretes Phänomen als konkrete Ausprägung eines allgemeines Gesetzes.
Bsp: Ich erkläre die Bewegung der Planeten mit Hilfe des Newtonsches Gesetzes, wenn sich die Planeten wie von den Newtonschen Gesetzen vorhergesagt verhalten. (Wenn also zum Beispiel eine Sonnenfinsternis zum vohergesagten Zeitpunkt eintritt, dann habe ich sie mit den Newtonschen Gesetzen erklärt).
Du scheinst aber von einer Erklärung mehr zu verlangen. Nämlich (z.B. im Falle eines Uranatoms) die Vorhersage, wann genau der erfolgen müsse. In diesem Begriff von Erklärung steckt in der Tat der Determinismus irgendwie schon drin.
Man kann die Frage nach dem Determinismus also umformulieren: Welche Art von Erklärungen gibt es, welche können wir erwarten. Und da behaupte ich: Ich habe noch nie eine andere Erklärung als die vom Typ "deduktiv-nomologisch" gesehen. Woraus für mich bis zum Beweis des Gegenteils folgt: Mehr kann ich anscheinend nicht erwarten.
Oder hast Du jemals eine Erklärung gesehen, die mehr kann?
Gruss
KP
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step registriert
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(#181995) Verfasst am: 21.09.2004, 17:18 Titel: |
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Hi KP,
ich gebe Dir im wesentlichen recht bzgl. des Erklärungsbegriffs. Allerdings ist auch eine deduktiv-nomologische Erklärung immer nur eine Simulations- und Vorhersageregel auf einem bestimmten Level. Hat man so eine gefunden, so hat man ein gewisses Wissen über eine zugrundeliegende Struktur.
Ich verlange also nicht von - sagen wir - der QM-Theorie mehr als Du, aber es können Fragen nach tieferliegenden Mechanismen bleiben, die auf einer anderen Ebene wiederum eine deduktiv-nomologische Erklärung benötigen.
gruß/step
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Klaus-Peter auf eigenen Wunsch deaktiviert
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(#182001) Verfasst am: 21.09.2004, 17:29 Titel: |
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Darin sind wir uns dann ja einig. Allerdings ist es ein interessantes Faktum, dass wir deduktiv-nomologische Erklärungen auf höherer Ebene haben (Beispiel: Wie fliegt ein Golfball nach dem Schlag), obwohl (zumindest uns) auf tieferer Ebene nur Wahrscheinlichkeitsprozesse bekannt sind. Das heisst insbesondere: Ich brauche keinen Determinismus, um die Welt zu verstehen. Denn im Moment habe ich definitiv keine deterministische Erklärung der Welt. Trotzdem habe ich (gewisse) Erklärungen.
Gruss
KP
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#182059) Verfasst am: 21.09.2004, 20:06 Titel: |
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Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Allerdings ist es ein interessantes Faktum, dass wir deduktiv-nomologische Erklärungen auf höherer Ebene haben (Beispiel: Wie fliegt ein Golfball nach dem Schlag), obwohl (zumindest uns) auf tieferer Ebene nur Wahrscheinlichkeitsprozesse bekannt sind. |
Das liegt daran, daß wir in einer makroskopisch weitestgehend dekohärierten Welt leben.
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Das heisst insbesondere: Ich brauche keinen Determinismus, um die Welt zu verstehen. Denn im Moment habe ich definitiv keine deterministische Erklärung der Welt. Trotzdem habe ich (gewisse) Erklärungen. |
Ich sehe es eher umgekehrt: Die Bereiche, in denen Du keine deterministische Erklärung hast (also etwa die QM), spielen für die meisten Erklärungen, die Du hast, keine Rolle. Denn letztere sind in makroskopischer Näherung deterministisch. Die Frage wäre also höchstens, ob der makroskopische Determinismus nur ein emergentes Phänomen ist.
gruß/step
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#182088) Verfasst am: 21.09.2004, 20:50 Titel: |
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Hallo Step,
step hat folgendes geschrieben: |
- Die Beschreibungen und Erklärungen wären für sie vermutlich in dem Maße unbefriedigend, in dem sie sich offenbleibender Fragen bewußt sind, und ansonsten befriedigend.
gruß/step |
Ja. Aber das ist tautologisch. Welche Fragen könnten denn nach Deiner Meinung noch offen bleiben?
step hat folgendes geschrieben: |
- Die Beschreibung wäre phänomenologisch vollständig (p.d.).
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Naja, ich glaube, daß die vollständige Beschreibung wesentliche Elemente der Wirklichkeit nicht erfassen könnte. Alles, was nur durch Introspektion erkennbar ist beispielsweise. Gleichgültig ob wir von einem Dreiklang reden oder von der Farbe rot. Mir ist übrigens klar, daß ich mich mit dieser Behauptung einer unwissenschaftlichen Sprache bediene. Ich bin eben nicht der Meinung, daß Wissenschaft die ganze Wirklichkeit beschreiben kann. Ich vertraue sozusagen darauf, daß meine Introspektion ähnlich der Introspektion anderer Menschen ist. Ähnlich und verschieden natürlich. Daher vertraue ich darauf, daß jede/r Sehende eine Empfindung rot hat.
Ich verstehe die Mühe nicht, die darauf verwendet, die Realität von Röte zu zu leugnen.
.....
Eine andere Frage, die gar nicht hierhin gehört.
Wann ist eine Beschreibung vollständig? Meiner Meinung nach ist die Menge der Aussagen, welche dieselbe Tatsache ausdrücken beliebig erweiterbar. Gibt es ein formales Kriterium, nach dem diese Menge begrenzt werden kann?
Grüße
Zelig
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#182109) Verfasst am: 21.09.2004, 21:16 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | - Die Beschreibungen und Erklärungen wären für sie vermutlich in dem Maße unbefriedigend, in dem sie sich offenbleibender Fragen bewußt sind, und ansonsten befriedigend. | Ja. Aber das ist tautologisch. Welche Fragen könnten denn nach Deiner Meinung noch offen bleiben? |
Wie ich bereits erklärt habe: Die Phänomene, zu deren Erklärung die Simulationsstärke / Zeit nicht ausreicht. Gemäß Deiner Vorgabe haben sie ja nur Infos über die Phänomene, nicht aber Erklärungen (Theorien). Obwohl sie vermutlich dieselbe Physik kennen wie wir und deshalb schon eine Menge Wissen mitbringen.
zelig hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | - Die Beschreibung wäre phänomenologisch vollständig (p.d.). | Naja, ich glaube, daß die vollständige Beschreibung wesentliche Elemente der Wirklichkeit nicht erfassen könnte. |
Das die Phänomene vollständig beschrieben sind, hattest Du vorausgesetzt.
zelig hat folgendes geschrieben: | Alles, was nur durch Introspektion erkennbar ist beispielsweise. Gleichgültig ob wir von einem Dreiklang reden oder von der Farbe rot. Mir ist übrigens klar, daß ich mich mit dieser Behauptung einer unwissenschaftlichen Sprache bediene. Ich bin eben nicht der Meinung, daß Wissenschaft die ganze Wirklichkeit beschreiben kann. Ich vertraue sozusagen darauf, daß meine Introspektion ähnlich der Introspektion anderer Menschen ist. Ähnlich und verschieden natürlich. Daher vertraue ich darauf, daß jede/r Sehende eine Empfindung rot hat.
Ich verstehe die Mühe nicht, die darauf verwendet, die Realität von Röte zu zu leugnen. |
Oje, nicht wieder das Qualia-Scheinproblem ...
zelig hat folgendes geschrieben: | Eine andere Frage, die gar nicht hierhin gehört. Wann ist eine Beschreibung vollständig? Meiner Meinung nach ist die Menge der Aussagen, welche dieselbe Tatsache ausdrücken beliebig erweiterbar. Gibt es ein formales Kriterium, nach dem diese Menge begrenzt werden kann? |
M.E. nur, wenn man die Physikalität der Welt annimmt, was aber derzeit eine Spekulation darstellt. Man würde ein formales System benötigen. Z.B. kann man die Menge der Primzahlen vollständig beschreiben. Aber ob das auch mit der Welt geht? Ich weiß es nicht.
gruß/step
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#182800) Verfasst am: 23.09.2004, 00:27 Titel: |
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Hi Klaus-Peter!
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Sorry das war mein letztes Statement zum Multiweltenirrsinn, der mal wieder eine interessante Diskussion ins Nirwana befördert. |
Mach' Dir doch das Leben nicht so schwer. Diskussionen haben doch auch einen Eigenwert. Aber was sind "Diskussionen", wenn alle die gleiche Meinung vertreten?
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[..] ich mache es mir nicht schwer, sondern stelle egoistische Ansprüche an eine Diskussion. Sinnloses Geschwätz kann ich in der Kneipe nebenan tz Genüge haben. Ich diskutiere, um von meinem Diskussionspartner zu lernen. Das kann ich selbstverständlich nur in kontroversen Diskussionen. Wenn sich dann langer Diskussion herausstellt, dass die Position meines Oppenenten auf der Verdrängung von elementaren Widersprüchen aus ideologischen Gründen handelt, dann bin ich in der Tat etwas ärgerlich, weil ich mich verarscht fühle.
Bsp. 1: Determinismus ist die Auffassung, es gäbe eine und nur eine mögliche Zukunft. Das Gegenteil davon ist Indeterminismus. Wenn nun jemand glaubt, es gäbe mehrere verschiedene Zukünfte, und die seien nicht nur möglich sondern alle nebeneinander real vorhanden, dann ist das offenbar Indeterminismus. Wenn derjenige aber darauf besteht, er würde einen Determinismus vertreten, dann hat sich jede vernünftige Diskussion erledigt.
Bsp. 2: Wenn jemand laufend in seinen Argumenten eine reale Welt benötigt, dann aber behauptet, er würde das nicht tun, dann ist auch dem eine Diskussion sinnlos. |
Es gibt verschiedene Arten von Egoismen. Und mit "elementaren Widersprüchen aus ideologischen Gründen" ist das so eine Sache. Wenn der Ideologiebegriff auftaucht, fühle ich diesen gern mal auf den Zahn. Üblicherweise wird er nur in einer unkritischen Form, eben wie bei Napoleon als Schimpfwort, gebraucht. Hältst Du Dich den für ideologiefrei? Hast Du denn kein Weltbild? Oder Vorstellungen darüber, wie etwas sein müsste? Und wann sind den Widersprüche elementar?
Zum Determinismus stimme ich Dir zu. Es scheint deutlich geworden zu sein, dass weder die Auswahl aus den gegebenen Möglichkeiten noch die Konkretisierung aller Möglichkeiten kein Argument für einen 'vollständigen' Determinismus begründen können. Die beiden hier diskutierten Ansätze der QM sind vor diesem Hintergrund offenbar gleichwertig. Aber was Du an der QM als solche auszusetzen hast, geht aus Deiner Rhetorik nun nicht unbedingt hervor. Glaubst Du denn, Quantencomputer sind nicht möglich?
Und das muss sein: Kennst Du übrigens etwas, das nicht real ist oder ist für Dich alles real?
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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fingalo registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.09.2004 Beiträge: 337
Wohnort: Wiesbaden
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(#182897) Verfasst am: 23.09.2004, 13:12 Titel: |
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Zitat: | Du hattest immerhin folgendermaßen begonnen:
fingalo hat folgendes geschrieben: | Mir widerstrebt der ... Versuch, alles Sein auf das naturwissenschaftlich überprüfbare zu reduzieren. |
Jetzt verstehe ich, was Du mit "mir widerstrebt" meintest: Du möchtest es nicht lesen. |
Ich hab's ja gelesen, sonst hätte ich nicht geantwortet.
Zitat: | Ich habe gezeigt, wie man einen Aspekt des Phänomens "Liebe" materialistisch erklären könnte, aber Du hast nicht gezeigt, welcher Aspekt des Phänomens "Liebe" nun tatsächlich immateriell ist. |
Ja, das hast Du allerdings gezeigt. Und da gibt's noch mehr, das Du hättest anführen können: Bestimmte Hormone im Gehirn, die bestimmte Gefühle auszulösen im Stande sind.
Aber wenn ich von "Eigenschaften" einer Sache rede, Akzidentien also, dann geht die Richtung auf anderes. Das ist ähnlich wie mit der aristotelischen Unterscheidung von Form und Materie. Es gibt keine Materie ohne Form und keine Form ohne Materie. Aber die Form ist nicht Materie.
Die Farbe Blau wird durch eine bestimmte Wellenlänge auf dem Augenhintergrund, durch die Weiterleitung der Information in den hinteren Teil des Gehirns und von dort in einen der Schläfenlappen erzeugt. Aber dadurch ist "Blau" selbst nichts Materielles. Denn man kann z.B. auf keine Weise feststellen, ob die gleiche Wellenlänge bei jedem Menschen den gleichen Farbeindruck hervorruft.
Mir geht es nicht darum, hier irgendeinen "Geist" zu postulieren, wie Du vielleicht vermutet hast. Mir geht es nur darum, dass das mechanistische Weltbild des 19. Jh. nicht mehr den gesamten Erfahrungsraum zu beschreiben in der Lage ist.
Aber vielleicht haben wir unterschiedliche Auffassungen vom Wort "Materie" und "Materielles". Und in diesem Zusammenhang habe ich ohnehin ein Problem.
Zitat: | fingalo hat folgendes geschrieben: | Und sich ausdenken kann sich jeder was. Dem Geist, insbesondere dem Freigeist sind in seiner Phantasie keine Grenzen des Schwurbelns gesetzt. |
Es wäre ein Fehlschluss anzunehmen, daß Romantiker, Theologen & Co weniger schwurbeln oder auch nur weniger Freiraum dazu hätten. |
Das ist richtig. Ich bin gegen das Schwurbeln auf allen Gebieten und von jedermann.
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fingalo registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.09.2004 Beiträge: 337
Wohnort: Wiesbaden
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(#182902) Verfasst am: 23.09.2004, 13:47 Titel: |
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Zitat: | Hallo fingalo,
falls ich Dich richtig verstehe, ist das Verantwortungs-Problem für Dich ein wichtiges Kriterium, welches zur KLärung der Frage Determinismus vs Indeterminismus beitragen soll. |
Da hast Du Recht. Dieses Problem der Verantwortung hat für mich die Eigenschaft, zu definieren, was persönliche Freiheit heißen soll. Das Wort "Freiheit" ist zunächst ein Etikett auf einer Flasche mit unbekanntem Inhalt. Man weiß eigentlich nicht genau, wonach da gefragt wird. Das Wort "Verantwortung" soll also illustrieren, was mit dem Ausdruck "meine Entscheidung" eigentlich gemeint ist.
Zitat: | Alle ethischen, moralischen oder juristischen Fragen könnten dann unabhängig davon diskutiert werden. |
Richtig. Aber das Wort "Verantwortung" war auch nicht ethisch oder juristisch gement, sondern als Erläuterung des Wortes "Mein" bei der Entscheidung. Dieses Element der Zuordnung einer Entscheidung zu einer Person.
Zitat: | Ich weiss nicht genau, welche Rolle bei Dir "Entscheidung" spielt. Ich vermute, daß Du "Entscheidung" deswegen brauchst, weil es das bezeichnet, was eine Handlung auslöst. Daher vermute ich, daß Du, wenn Du von "Freiheit" sprichst eine Art Handlungsfreiheit meinst. Auch hier enttäusche ich Dich, weil ich nicht glaube, daß es eine Handlung geben kann, die gegen irgendein Naturgesetz verstösst. |
Das ist selbstverständlich, aber nicht das Kriterium. Die Frage lautet nicht, ob eine Handlung gegen die Naturgesetze verstoßen kann, sondern umgekehrt, ob die Naturgesetze eine bestimmte Entscheidung und Handlung erzwingen.
Zitat: | Zu Deinen Mengen.
Versteh ich Dich richtig, daß Du zwei mögliche alternative Mengen skizzierst?: beide beinhalten alle Vektoren, welche eine Entscheidung bedingen. Die Elemte der ersten Menge sollen alle in einer Person liegen. Die Elemente der zweiten Menge sollen in einer Person und ausserhalb derjenigen liegen. Ist das richtig so? |
Nicht ganz. Eine Menge liegt in der Geschichte der Person, und diese besteht aus diesen Vektoren. Die andere sind die Außeneinflüsse auf den Menschen.
Zitat: | wenn ich das richtig verstanden habe, dann versteh ich es sozusagen nicht, welche Rolle das für diese Frage spielen kann. Alle Vektoren können von mir aus von aussen, von innen oder sonstwoher kommen. Nur nicht aus dem Nichts. |
Genau diese Aussage ist die "Rolle, die die Vektoren spielen". Ich will mit den Vektoren nur verdeutlichen, dass die Frage, ob etwas aus dem Nichts kommt (Zufall etc) oder nicht für die Frage, ob etwas "Meine" Entscheidung ist, keine Rolle spielt. Denn egal, wie ich diese Frage beantworte, es gibt keine Zuordnung zur Person. Und dazu benötige ich den Begriff "Verantwortung", da natürlich die innermenschlichen Vektoren "seine" Vektoren sind. Aber das ist mit dem Wort "meine Entscheidung" nicht gemeint. "Meine Entscheidung" meint eben etwas anderes als "meine Hand". Das Wort "Verantwortung" dient hier ausschließlich der Begriffsklärung des Wortes "mein".
Zitat: | Selbst wenn Akausalität keine Verantwortlichkeit begründen kann. Das ist mir im Kontext dieser Diskussion erst mal egal. |
Zitat: | Allerdings halte ich die Frage, welche Substanz Deine Vektoren haben für sehr wesentlich. Und zwar deswegen, weil Gedanken, Projektionen, Kreativität oder Phantasie sowas wie eine reale Existenz gar nicht zugebilligt wird. Oder, alternativ, alles transzendente in das Reich der Selbsttäuschung geschoben wird. Das tust Du ja mehr oder weniger auch. |
In gewissem Maße richtig. Dabei spielt aber der Begriff des Materiellen eine besondere Rolle. Was ist das Materielle? Nur das Messbare? Könnte es eine Realität geben, die selbst nicht messbar ist, aber den Zufall steuert und sich (ausschließlich?) über diesen Kanal in der materiellen Realität bemerkbar macht?
Oder liegt der Unterschied zwischen transzendent und immanent darin, dass das Transzendente zeitlos (=ewig?) ist, das Immanente mit dem Weltenende ebenfalls zu Ende ist? Dann könnte vieles, was wir für transzendent halten in wahrheit immanent sein.
Gruß Fingalo
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#183104) Verfasst am: 23.09.2004, 19:51 Titel: |
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fingalo hat folgendes geschrieben: | Die Farbe Blau wird durch eine bestimmte Wellenlänge auf dem Augenhintergrund, durch die Weiterleitung der Information in den hinteren Teil des Gehirns und von dort in einen der Schläfenlappen erzeugt. |
Der Farbeindruck kann auch ganz anders zustandekommen (Drogen, Schlägerei, Traum, ...). Entscheidend ist, daß letztlich eine bestimmte neuronale Konstellation auftritt, die hinreichend Ähnlichkeit mit der hat, die durch eine bestimmte Wellenlänge ausgelöst wird.
fingalo hat folgendes geschrieben: | Aber dadurch ist "Blau" selbst nichts Materielles. |
"Blau" ist natürlich nicht selbst materiell, sondern ein abstrakter Begriff für gewisse Eigenschaften von etwas Materiellem ("Blau" ist ja auch kein Teil der Welt.). Die Verwirrung gründet in der Ungenauigkeit der Sprache, die kein sauberes formales System ist. Wir verwenden "blau" bedarfsgesteuert und unscharf für Eindrücke, Eigenschaften, Farbtöpfe, Alkoholpegel, Ärger, und anderes, jeweils subjektiv, intersubjektiv, konkret oder abstrakt.
Wenn Du jetzt also argumentierst, man könne zwar die Farbempfindung auf Materielles zurückführen, nicht aber die Tatsache, daß wir einen abstrakten m.o.w. intersubjektiven Begriff dafür haben, so ist das eine andere Ebene. Aber selbstverständlich kann man auch materialistisch erklären, warum und wie wir abstrakte Begriffe für etwas prägen.
fingalo hat folgendes geschrieben: | Denn man kann z.B. auf keine Weise feststellen, ob die gleiche Wellenlänge bei jedem Menschen den gleichen Farbeindruck hervorruft. |
Würde ich so nicht generell sagen. Falls es so ist, dann mE nur, weil man die Funktionsweise des Bewußtseins noch nicht hinreichend entschlüsselt hat. Ich traue mich aber, die Frage auch jetzt schon zu beantworten: Sie ruft NICHT denselben Farbeindruck hervor, sondern individuell verschiedene Gefühle und Assoziationen. Wie sollte es auch anders sein?
gruß/step
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fingalo registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.09.2004 Beiträge: 337
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(#183327) Verfasst am: 24.09.2004, 10:20 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | fingalo hat folgendes geschrieben: | Die Farbe Blau wird durch eine bestimmte Wellenlänge auf dem Augenhintergrund, durch die Weiterleitung der Information in den hinteren Teil des Gehirns und von dort in einen der Schläfenlappen erzeugt. |
Der Farbeindruck kann auch ganz anders zustandekommen (Drogen, Schlägerei, Traum, ...). Entscheidend ist, daß letztlich eine bestimmte neuronale Konstellation auftritt, die hinreichend Ähnlichkeit mit der hat, die durch eine bestimmte Wellenlänge ausgelöst wird. |
Richtig, ist egal, wie er zustandekommt. Er ist aber nicht "materiell".
step hat folgendes geschrieben: | fingalo hat folgendes geschrieben: | Aber dadurch ist "Blau" selbst nichts Materielles. |
"Blau" ist natürlich nicht selbst materiell, sondern ein abstrakter Begriff für gewisse Eigenschaften von etwas Materiellem ("Blau" ist ja auch kein Teil der Welt.). Die Verwirrung gründet in der Ungenauigkeit der Sprache, die kein sauberes formales System ist. Wir verwenden "blau" bedarfsgesteuert und unscharf für Eindrücke, Eigenschaften, Farbtöpfe, Alkoholpegel, Ärger, und anderes, jeweils subjektiv, intersubjektiv, konkret oder abstrakt. | Ich meinte nicht die Vokabel, sondern den Farbeindruck selbst. Das was das Auge aufnimmt, wird in eine bestimmte Farbe umgesetzt. Warum nicht in ein Geräusch? Welchen Eindruck haben Zugvögel von den Magnetlinien, an denen sie sich orientieren? "Sehen" die da etwas? Wenn ja, was?
step hat folgendes geschrieben: | fingalo hat folgendes geschrieben: | Denn man kann z.B. auf keine Weise feststellen, ob die gleiche Wellenlänge bei jedem Menschen den gleichen Farbeindruck hervorruft. |
Würde ich so nicht generell sagen. Falls es so ist, dann mE nur, weil man die Funktionsweise des Bewußtseins noch nicht hinreichend entschlüsselt hat. Ich traue mich aber, die Frage auch jetzt schon zu beantworten: Sie ruft NICHT denselben Farbeindruck hervor, sondern individuell verschiedene Gefühle und Assoziationen. Wie sollte es auch anders sein? |
Nun, es könnte genetisch verankert sein. Dann sähen alle den Himmel gleich. Aber dem ist offenbar nicht so. Kürzlich habe ich gelesen, man habe festgestellt, dass die Umsetzung von Wellenlänge in Farbe erst nach der Geburt entwickelt wird. Dann könnte der Farbeindruck zufällig verteilt sein, so dass Du in einer fiktiven Seelenwanderung in ein anderes Hirn feststellen würdest, dass in seinem Hirn die Farben der Welt völlig anders zugeordnet sind.
Gruß Fingalo
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Klaus-Peter auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 10.01.2004 Beiträge: 1534
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(#183352) Verfasst am: 24.09.2004, 12:04 Titel: |
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Lamarck hat folgendes geschrieben: | Wenn der Ideologiebegriff auftaucht, fühle ich diesen gern mal auf den Zahn. Üblicherweise wird er nur in einer unkritischen Form, eben wie bei Napoleon als Schimpfwort, gebraucht. Hältst Du Dich den für ideologiefrei? Hast Du denn kein Weltbild? Oder Vorstellungen darüber, wie etwas sein müsste? Und wann sind den Widersprüche elementar? |
Eine Ideologie (griechisch "Ideenlehre") ist ein Weltbild, das von einer Idee beherrscht wird (Wikipedia). Wenn man den Begriff negativ verwendet (was ich hier getan habe), dann kommt beim Ideologiebegriff hinzu, dass das Weltbild absolut gesetzt wird, und man nicht willens und/oder in der Lage ist, es kritisch zu hinterfragen. Insofern habe ich sicherlich ein Weltbild, ich glaube an den Realismus und den Indeterminismus und bin ein starker Verfechter des Kritischen Rationalismus. Ich unterstelle mir allerdings, dass ich jede dieser Positionen kritisch hinterfragen kann, und ein Argument erkenne, wenn ich eines sehe. Auch hierin könnte ich mich irren, aber bisher hat mich so weit ich sehe noch keiner bei einem kritisch nicht überprüfbaren Vorurteil ertappt. In diesem Sinne hänge ich keiner Ideologie an.
Zitat: | Aber was Du an der QM als solche auszusetzen hast, geht aus Deiner Rhetorik nun nicht unbedingt hervor. Glaubst Du denn, Quantencomputer sind nicht möglich? |
An der Quantenmechanik (oder an anderen Quantentheorien) habe ich überhaupt nichts auszusetzen. Ich halte sie für gut geprüfte Theorien, die Schrödingergleichung ist sicher besser überprüft als die Allgemeine Relativitätstheorie. Was ich ablehne, ist physikphilosophischer Unsinn dergestalt, dass (in Anlehnung an Bohr) solcher Unsinn verzapft wird, wie das sogenenannte Dualitätsprinzip: "Ein Elektron kann manchmal ein Teilchen sein und manchmal eine Welle. Es hängt von Beobachter ab, wie er es betrachtet." Das immunisiert nämlich das entscheidende Problem der Quantenmechanik: Dass es experimentelle Situationen gibt, in denen sich Elektronen einmal so und einmal so verhalten, ist ein grosses (und wichtiges ) theoretisches Problem. Wenn man die Objektivität der Situation aufgibt, dadurch, dass man eine Abhängigkeit vom Beobachter einführt, ofpert man ein wichtiges (wenn nicht das Wichtigste) Prinzip der Physik. Ich halte den Übergang von der Quantenbeschreibung der Welt zur "klassischen" Physik für eines der grössten offenen Probleme der Physik, und diese Tatsache, dass hier ein offenes Problem ist, wird durch diese subjektivistische Sicht der Dinge massiv behindert. Ich habe selber (und könnte mich dafür in den Hintern beissen) jahrelang Physik studiert, ohne das Problem zu erkennen. Ich habe mich damit zufrieden gegeben, zu glauben, QM sei prinzipiell nicht verstehbar, wie das selbst Feynman immer wieder gesagt hat. Ich wäre gerne noch einmal ein hungriger Physikstudent von vor 20 Jahren, aber mit dem kritischen Herangehen an die Kopenhagener Interpretation, wie ich es damals nicht kannte und konnte. Es gibt inzwischen Ansätze, den QM/Klassik Übergang mittels "Dekohärenz" zu erklären, ich bin aber nicht sicher, ob das nicht auch nur eine andere Form von Spiritismus ist. Ich habe nicht mehr genügend Zeit und Hunger, mir das selber zu erarbeiten, und habe noch niemanden gefunden, der es mir erklären kann. Meiner Meinung nach muss die Antwort eine statistische sein: Durch das strukturierte Zusammenwirken von grossen Mengen von Elementateilchen kommen trotz "zufälligem" Verhalten auf der Basis Ebene plötzlich auf der höheren Ebene Effekte mit Wahrscheinlichkeit 1 heraus. Ich postuliere, dass dies auch schon das Ergebnis einer kosmischen Evolution ist, die schon kurz nach dem Urknall stattgefunden hat.
Ich denke, Quantencomputer sind nicht möglich. Ich wäre bereit, eine grössere Summe darauf zu setzen. Ich halte die Quantencomputerei für den grösste im Moment existierende Fall von "des Kaisers Neuen Kleidern". Vergleichbar nur dem Hype um KI und Expertensystemen vor 10 Jahren.
Zitat: | Und das muss sein: Kennst Du übrigens etwas, das nicht real ist oder ist für Dich alles real?  |
Was wirkt, ist auch wirklich, und zwischen "wirklich" und "real" mache ich keinen Unterschied. In diesem Sinne ist der christliche Gott real, weil er als Idee auf Menschen wirkt. Und Allah ist real, weil er das World Trade Center einstürzen lassen kann (Auf dem Umweg über ein paar kranke Hirne).
Gruss
KP
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#183433) Verfasst am: 24.09.2004, 18:06 Titel: |
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fingalo hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | "Blau" ist natürlich nicht selbst materiell, sondern ein abstrakter Begriff für gewisse Eigenschaften von etwas Materiellem ("Blau" ist ja auch kein Teil der Welt.). ... | Ich meinte nicht die Vokabel, sondern den Farbeindruck selbst. |
Der Farbeindruck selbst ist ein materieller Gehirnzustand.
fingalo hat folgendes geschrieben: | Das was das Auge aufnimmt, wird in eine bestimmte Farbe umgesetzt. Warum nicht in ein Geräusch? |
Weil eine bestimmte Sorte von Input (EM-Wellen eines gewissen Frequenzbands) zu bestimmten Gehirnzuständen führt, die wir dann eben "Farbe" nennen.
fingalo hat folgendes geschrieben: | Welchen Eindruck haben Zugvögel von den Magnetlinien, an denen sie sich orientieren? "Sehen" die da etwas? Wenn ja, was? |
Sie nehmen etwas wahr. Wie genau sie sich dabei fühlen (also der genau resultierende Körper- und Gehirnzustand), ist für die Frage, ob der Vorgang rein materiell erklärbar ist, unerheblich.
fingalo hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | [Derselbe Lichtinput] ruft NICHT denselben Farbeindruck hervor, sondern individuell verschiedene Gefühle und Assoziationen. Wie sollte es auch anders sein? | Nun, es könnte genetisch verankert sein. Dann sähen alle den Himmel gleich. Aber dem ist offenbar nicht so. |
Sag ich ja, es ist nur genetisch verankert, daß alle Gehirne hinreichend ähnliche Zustände ausbilden, nicht aber exakt die gleichen. Sonst würde z.B. kein Lernen funktionieren. Nochmal: Weder die Ähnlichkeit der Wahrnehmungsgefühle noch ihre individuelle Verschiedenheit deuten auf nichtmaterielle Einflüsse (was immer das überhaupt sein soll).
fingalo hat folgendes geschrieben: | Kürzlich habe ich gelesen, man habe festgestellt, dass die Umsetzung von Wellenlänge in Farbe erst nach der Geburt entwickelt wird. Dann könnte der Farbeindruck zufällig verteilt sein, so dass Du in einer fiktiven Seelenwanderung in ein anderes Hirn feststellen würdest, dass in seinem Hirn die Farben der Welt völlig anders zugeordnet sind. |
Was meinst Du denn mit "zugeordnet"? Meinst Du, daß es im anderen Gehirn andere Neuronen sind, die sich mit den Assoziationen bei rotem Lichteinfall beschäftigen? Oder daß die resultierenden Gefühle nicht identisch sind? Beides wäre trivialerweise der Fall und spricht nicht gegen die Beschränkung aufs Materielle.
Oder setzt Du etwa das, was Du eigentlich erst beweisen willst, schon voraus, nämlich als Gegenüber dieser "Zuordnung"?
gruß/step
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#183448) Verfasst am: 24.09.2004, 20:24 Titel: |
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Hi Klaus-Peter!
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Wenn der Ideologiebegriff auftaucht, fühle ich diesen gern mal auf den Zahn. Üblicherweise wird er nur in einer unkritischen Form, eben wie bei Napoleon als Schimpfwort, gebraucht. Hältst Du Dich den für ideologiefrei? Hast Du denn kein Weltbild? Oder Vorstellungen darüber, wie etwas sein müsste? Und wann sind den Widersprüche elementar? |
Eine Ideologie (griechisch "Ideenlehre") ist ein Weltbild, das von einer Idee beherrscht wird (Wikipedia). Wenn man den Begriff negativ verwendet (was ich hier getan habe), dann kommt beim Ideologiebegriff hinzu, dass das Weltbild absolut gesetzt wird, und man nicht willens und/oder in der Lage ist, es kritisch zu hinterfragen. Insofern habe ich sicherlich ein Weltbild, ich glaube an den Realismus und den Indeterminismus und bin ein starker Verfechter des Kritischen Rationalismus. Ich unterstelle mir allerdings, dass ich jede dieser Positionen kritisch hinterfragen kann, und ein Argument erkenne, wenn ich eines sehe. Auch hierin könnte ich mich irren, aber bisher hat mich so weit ich sehe noch keiner bei einem kritisch nicht überprüfbaren Vorurteil ertappt. In diesem Sinne hänge ich keiner Ideologie an. |
Gut! Allerdings ändert es nichts an Ideologien als solches, falls die Vorurteile überprüfbar sind. Zum besseren Verständnis: Eine Aussage a la "Meine Politik ist ideologiefrei - ich bin Pragmatiker" erwidere ich mit "Die gefährlichste Ideologie ist doch aber der Pragmatismus!
Was meinst Du - verhalten sich hier die naturwissenschaftlichen Beobachter prinzipiell anders?
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Aber was Du an der QM als solche auszusetzen hast, geht aus Deiner Rhetorik nun nicht unbedingt hervor. Glaubst Du denn, Quantencomputer sind nicht möglich? |
An der Quantenmechanik (oder an anderen Quantentheorien) habe ich überhaupt nichts auszusetzen. Ich halte sie für gut geprüfte Theorien, die Schrödingergleichung ist sicher besser überprüft als die Allgemeine Relativitätstheorie. Was ich ablehne, ist physikphilosophischer Unsinn dergestalt, dass (in Anlehnung an Bohr) solcher Unsinn verzapft wird, wie das sogenenannte Dualitätsprinzip: "Ein Elektron kann manchmal ein Teilchen sein und manchmal eine Welle. Es hängt von Beobachter ab, wie er es betrachtet." Das immunisiert nämlich das entscheidende Problem der Quantenmechanik: Dass es experimentelle Situationen gibt, in denen sich Elektronen einmal so und einmal so verhalten, ist ein grosses (und wichtiges ) theoretisches Problem. Wenn man die Objektivität der Situation aufgibt, dadurch, dass man eine Abhängigkeit vom Beobachter einführt, ofpert man ein wichtiges (wenn nicht das Wichtigste) Prinzip der Physik. Ich halte den Übergang von der Quantenbeschreibung der Welt zur "klassischen" Physik für eines der grössten offenen Probleme der Physik, und diese Tatsache, dass hier ein offenes Problem ist, wird durch diese subjektivistische Sicht der Dinge massiv behindert. Ich habe selber (und könnte mich dafür in den Hintern beissen) jahrelang Physik studiert, ohne das Problem zu erkennen. Ich habe mich damit zufrieden gegeben, zu glauben, QM sei prinzipiell nicht verstehbar, wie das selbst Feynman immer wieder gesagt hat. Ich wäre gerne noch einmal ein hungriger Physikstudent von vor 20 Jahren, aber mit dem kritischen Herangehen an die Kopenhagener Interpretation, wie ich es damals nicht kannte und konnte. Es gibt inzwischen Ansätze, den QM/Klassik Übergang mittels "Dekohärenz" zu erklären, ich bin aber nicht sicher, ob das nicht auch nur eine andere Form von Spiritismus ist. Ich habe nicht mehr genügend Zeit und Hunger, mir das selber zu erarbeiten, und habe noch niemanden gefunden, der es mir erklären kann. Meiner Meinung nach muss die Antwort eine statistische sein: Durch das strukturierte Zusammenwirken von grossen Mengen von Elementateilchen kommen trotz "zufälligem" Verhalten auf der Basis Ebene plötzlich auf der höheren Ebene Effekte mit Wahrscheinlichkeit 1 heraus. Ich postuliere, dass dies auch schon das Ergebnis einer kosmischen Evolution ist, die schon kurz nach dem Urknall stattgefunden hat.
Ich denke, Quantencomputer sind nicht möglich. Ich wäre bereit, eine grössere Summe darauf zu setzen. Ich halte die Quantencomputerei für den grösste im Moment existierende Fall von "des Kaisers Neuen Kleidern". Vergleichbar nur dem Hype um KI und Expertensystemen vor 10 Jahren. |
Wieso hast Du solche Probleme mit dem Welle-Teilchen-Dualismus? Die Frage: "Welle oder Teilchen?" ist genauso sinnvoll wie die Frage: "Besteht eine Medaille aus Kopf oder Zahl?", also gar nicht. Und wenn Du wirklich hungrig sein willst, musst Du nur Deine Aggressionen entsprechend umleiten - so mach' ich das jedenfalls. Die Erwähnung des strukturierten Zusammenwirkens gefällt mit natürlich sehr!
An welchen Betrag hast Du denn bei Deiner Wette gedacht? Das hier würde ich jedenfalls schon als Quantencomputer betrachten:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Und das muss sein: Kennst Du übrigens etwas, das nicht real ist oder ist für Dich alles real?  |
Was wirkt, ist auch wirklich, und zwischen "wirklich" und "real" mache ich keinen Unterschied. In diesem Sinne ist der christliche Gott real, weil er als Idee auf Menschen wirkt. Und Allah ist real, weil er das World Trade Center einstürzen lassen kann (Auf dem Umweg über ein paar kranke Hirne). |
Zwar ein drastisches Beispiel, aber das klingt doch sehr radikalkonstruktivistisch ... .
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
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(#183449) Verfasst am: 24.09.2004, 20:29 Titel: |
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Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Was wirkt, ist auch wirklich, und zwischen "wirklich" und "real" mache ich keinen Unterschied. In diesem Sinne ist der christliche Gott real, weil er als Idee auf Menschen wirkt. Und Allah ist real, weil er das World Trade Center einstürzen lassen kann (Auf dem Umweg über ein paar kranke Hirne). |
Exakt!
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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