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Ahriman Tattergreis
Anmeldungsdatum: 31.03.2006 Beiträge: 17976
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(#1846879) Verfasst am: 16.06.2013, 14:03 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Je sicherer ein Vogel fliegt, desto freier ist er, den höchsten Ast zu erreichen.
Je unsicherer er fliegt, desto unfreier ist er und muss vorlieb nehmen mit den nicht angestrebten Ästen. Vielleicht muss er gar am Boden bleiben. |
Tja, und wenn der Vogel gar nicht erst den hohen Ast erreichen will? Das Huhn bleibt sehr zufrieden gleich unten. Es ist doch darum nicht weniger frei, wenn die Äste da oben es gar nicht interessieren? Es hat nicht das "Ziel" hochzufliegen. Im Gegenteil, wenn der Habicht am Himmel erscheint wird es unter den Schubkarren kriechen.
Der Strauß kann gar nicht fliegen. Trotzdem ist er "vogelfrei".
Freiheit als solche gibts doch gar nicht. Es gibt immer nur ein Stückchen davon, und selten ist es das, was man haben will.
Der Perganom-Altar in Berlin im Museum könnte - was mich betrifft - auf dem Mars stehen, es machte keinen Unterschied. Ich hatte nie das Geld und die Zeit, ihn zu besuchen. Keiner ist wirklich frei in seinen Entschlüssen, man umschreibt das so: "Man muß Prioritäten setzen." Wenn ich also mal Zeit und Geld hatte, waren andere Sachen wichtiger als der Pergamon-Altar. Er hatte keine Priorität. Ja, freilich, ich hatte die Freiheit zu entscheiden: Fahr ich nach Berlin oder nach Avignon?
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44680
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(#1846883) Verfasst am: 16.06.2013, 14:14 Titel: |
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"Mir sind manche Sachen wichtiger als andere, also gibt es keine Freiheit." - Bestechende Argumentation.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1846884) Verfasst am: 16.06.2013, 14:30 Titel: |
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@Tarvoc: Was ist eigentlich Deine Meinung zu der Frage, ob Sicherheit, garantierte Zielerreichung und dgl. eher ein Plus oder Minus an Freiheit darstellen, und um welche Freiheit es sich da handelt?
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44680
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(#1846886) Verfasst am: 16.06.2013, 14:33 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | @Tarvoc: Was ist eigentlich Deine Meinung zu der Frage, ob Sicherheit, garantierte Zielerreichung und dgl. eher ein Plus oder Minus an Freiheit darstellen, und um welche Freiheit es sich da handelt? |
Ich weiss nicht, ob man Freiheit quantifizieren kann. Im Normalfall erleben wir aber das Erreichen unserer Ziele eher als Verwirklichung unserer Freiheit als das Verfehlen unserer Ziele.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Misterfritz mini - mal
Anmeldungsdatum: 09.03.2006 Beiträge: 21867
Wohnort: badisch sibirien
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(#1846887) Verfasst am: 16.06.2013, 14:44 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | Misterfritz hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Misterfritz hat folgendes geschrieben: | aus der story lässt sich alles mögliche rauslesen, aber bestimmt keine selbstverwirklichung |
Wo auf Maslows Pyramide würdest du das denn einordnen? Bzw. das Bedürfnis von Kindern, zu spielen, ganz generell. |
gar nicht, weil das bei maslow wohl nicht beachtet wurde. vor allem ist ja nicht klar, ob spielen und lernen ein bedürfnis von kindern ist oder eine von der natur eher vorgebene verhaltensweise - tiere spielen und lernen ja auch. |
Warum sollte es deshalb kein Bedürfnis sein? Auch Tieren ist es ein Bedürfnis zu spielen und zu lernen. |
tatsächlich? hast du mal enten- oder hühnerküken spielen gesehen? und auch nesthocker spielen nicht, sondern rangeln um den besten platz bei der fütterung, notfalls wird ein lästiger konkurrent aus dem nest geworfen. und das ist kein spiel, noch haben sie es gelernt, es ist schlicht "einprogrammiert".
und keas spielen ihr ganzes leben lang gerne. es gibt also keinen klaren beweis dafür, dass tiere ein bedrürfnis nach spielen haben.
wir interpretieren allzu viel menschliches in tierische verhaltensweisen.
_________________ I'm tapping in the dusternis
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44680
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(#1846888) Verfasst am: 16.06.2013, 14:48 Titel: |
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Misterfritz hat folgendes geschrieben: | vor allem ist ja nicht klar, ob spielen und lernen ein bedürfnis von kindern ist |
Die begriffliche Verbindung "spielen und lernen" stammt von dir und ich halte sie zumindest in diesem Kontext für eine Mystifikation. Dass Spielen Kindern ein Bedürfnis ist, merkst du spätestens dann, wenn du versuchst, sie daran zu hindern.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1846890) Verfasst am: 16.06.2013, 14:49 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Sicher, jedoch [...] kann der Mensch nicht gegen seine Präferenzen handeln | Was hindert ihn daran? |
Ooops, die Frage habe ich ja jetzt erst gesehen ...
Jetzt beim Drübernachdenken muß ich meine Aussage etwas einschränken: Der Mensch kann nicht emotional oder rational gegen seine Präferenzen entscheiden. Denn sonst könnte man einwenden, daß es auch Handlungen gebe, etwa erzwungene oder zufällige, die nicht aufgrund von Entscheidungen erfolgen und daher auch nicht präferenzbasiert sind.
Mit dieser Änderung ist die Antwort mE trival, da sie mit der Bedeutung der Begriffe "Entscheidung" und "Präferenz" zusammenhängt: Wenn die Alternativen bewertet werden, geschieht dies mittels von Bewertungskriterien. Welche sollten dies sein, wenn nicht Präferenzen. Auch z.B. die Definition von "Entscheidung" in der wikipedia verwendet wesentlich den Begriff "Wertmaßstäbe", der wiederum auf "Präferenz" zeigt.
Zur Kontrolle würde ich Dich bitten zu versuchen, einen Fall zu skizzieren, in dem Deiner Ansicht nach eine entscheidungsbasierte Handlung gegen die Präferenzen erfolgt.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1846895) Verfasst am: 16.06.2013, 15:29 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Im Normalfall erleben wir aber das Erreichen unserer Ziele eher als Verwirklichung unserer Freiheit als das Verfehlen unserer Ziele. |
Klar, im Normalfall handeln wir ja auch mit Blick auf unsere Ziele, sehen beim Verfehlen der Ziele die Hindernisse/Einschränkungen und empfinden daher mangelnde Handlungsfreiheit.
Zum Beispiel wollen wir nicht nur springen, sonder 6,10 Meter weit springen. Wir empfinden die Handlungsfreiheit zu springen, schaffen aber nur 4,50 Meter. Im Nachhinein empfinden/deuten wir
- eine Handlungsfreiheit zu springen
- keine Handlungsfreiheit, 6,10 m zu springen - bzw. entsprechende Zwänge, z.B. unseren unzureichenden Körper oder die Gravitation
Aber steigt die Freiheit des Menschen in bezug auf die Erreichung eines Ziels, wenn diese Erreichung von außen gesichert/garantiert/erzwungen wird? Das widerstrebt mir irgendwie aus Systemsicht. Im obigen Fall etwa: Wie durch Zauberhand käme schnell ein Helfer herbei und trägt die Person den Rest der Strecke, so daß sie doch ihr Ziel 6,10 m erreicht. Vielleicht muß sie sich von vornherein weniger anstrengen, weil ihr ja sozusagen alles in den A... geblassen wird? Oder sie hat mehr Kraft für weitere Ziele?
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#1846896) Verfasst am: 16.06.2013, 15:42 Titel: |
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Misterfritz hat folgendes geschrieben: | Kival hat folgendes geschrieben: | Misterfritz hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Misterfritz hat folgendes geschrieben: | aus der story lässt sich alles mögliche rauslesen, aber bestimmt keine selbstverwirklichung |
Wo auf Maslows Pyramide würdest du das denn einordnen? Bzw. das Bedürfnis von Kindern, zu spielen, ganz generell. |
gar nicht, weil das bei maslow wohl nicht beachtet wurde. vor allem ist ja nicht klar, ob spielen und lernen ein bedürfnis von kindern ist oder eine von der natur eher vorgebene verhaltensweise - tiere spielen und lernen ja auch. |
Warum sollte es deshalb kein Bedürfnis sein? Auch Tieren ist es ein Bedürfnis zu spielen und zu lernen. |
tatsächlich? hast du mal enten- oder hühnerküken spielen gesehen? und auch nesthocker spielen nicht, sondern rangeln um den besten platz bei der fütterung, notfalls wird ein lästiger konkurrent aus dem nest geworfen. und das ist kein spiel, noch haben sie es gelernt, es ist schlicht "einprogrammiert".
und keas spielen ihr ganzes leben lang gerne. es gibt also keinen klaren beweis dafür, dass tiere ein bedrürfnis nach spielen haben.
wir interpretieren allzu viel menschliches in tierische verhaltensweisen. |
Und wie ist es "einprogrammiert"? Als Bedürfnis... Bedürfnisse brauchen nun wirklich kein menschenähnliches Bewusstsein...
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Misterfritz hat folgendes geschrieben: | vor allem ist ja nicht klar, ob spielen und lernen ein bedürfnis von kindern ist |
Die begriffliche Verbindung "spielen und lernen" stammt von dir und ich halte sie zumindest in diesem Kontext für eine Mystifikation. Dass Spielen Kindern ein Bedürfnis ist, merkst du spätestens dann, wenn du versuchst, sie daran zu hindern. |
Das gilt ähnlich auch für manche Tierart.
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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vrolijke Bekennender Pantheist

Anmeldungsdatum: 15.03.2007 Beiträge: 46732
Wohnort: Stuttgart
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(#1846899) Verfasst am: 16.06.2013, 16:15 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Im Normalfall erleben wir aber das Erreichen unserer Ziele eher als Verwirklichung unserer Freiheit als das Verfehlen unserer Ziele. |
Klar, im Normalfall handeln wir ja auch mit Blick auf unsere Ziele, sehen beim Verfehlen der Ziele die Hindernisse/Einschränkungen und empfinden daher mangelnde Handlungsfreiheit.
Zum Beispiel wollen wir nicht nur springen, sonder 6,10 Meter weit springen. Wir empfinden die Handlungsfreiheit zu springen, schaffen aber nur 4,50 Meter. Im Nachhinein empfinden/deuten wir
- eine Handlungsfreiheit zu springen
- keine Handlungsfreiheit, 6,10 m zu springen - bzw. entsprechende Zwänge, z.B. unseren unzureichenden Körper oder die Gravitation
Aber steigt die Freiheit des Menschen in bezug auf die Erreichung eines Ziels, wenn diese Erreichung von außen gesichert/garantiert/erzwungen wird? Das widerstrebt mir irgendwie aus Systemsicht. Im obigen Fall etwa: Wie durch Zauberhand käme schnell ein Helfer herbei und trägt die Person den Rest der Strecke, so daß sie doch ihr Ziel 6,10 m erreicht. Vielleicht muß sie sich von vornherein weniger anstrengen, weil ihr ja sozusagen alles in den A... geblassen wird? Oder sie hat mehr Kraft für weitere Ziele? |
Merkwürdige Beispiele von Freiheid.
Wenn ich von Stuttgart nach Hamburg fahre, habe ich die Freiheit, mit dem Zug zu fahren, mit dem Bus, oder mit dem Auto.
Ich kann theoretisch auch noch zu Fuß, oder per Rad hinkommen.
Wann hat man nun unterwegs die größt mögliche Freiheit?
Mit dem Auto habe ich die Freiheit, los zu fahren, wann es mir beliebt. Auch die Strecke kann ich nach belieben fahren.
Mit dem Zug habe ich unterwegs die Freiheit zu schlafen, zu essen, oder ein Buch zu lesen.
Dies kann ich auch in einem Bus. Nur die Füße vertreten kann ich mir dort nicht, wann ich will.
Ich habe auch die Freiheit zu Hause zu bleiben, wenn ich keine Lust habe auf Hamburg.
_________________ Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
Erich Fromm
Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.
Grenzen geben einem die Illusion, das Böse kommt von draußen
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1846902) Verfasst am: 16.06.2013, 17:03 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Sicher, jedoch [...] kann der Mensch nicht gegen seine Präferenzen handeln | Was hindert ihn daran? |
Ooops, die Frage habe ich ja jetzt erst gesehen ...
Jetzt beim Drübernachdenken muß ich meine Aussage etwas einschränken: Der Mensch kann nicht emotional oder rational gegen seine Präferenzen entscheiden. Denn sonst könnte man einwenden, daß es auch Handlungen gebe, etwa erzwungene oder zufällige, die nicht aufgrund von Entscheidungen erfolgen und daher auch nicht präferenzbasiert sind.
Mit dieser Änderung ist die Antwort mE trival, da sie mit der Bedeutung der Begriffe "Entscheidung" und "Präferenz" zusammenhängt: Wenn die Alternativen bewertet werden, geschieht dies mittels von Bewertungskriterien. Welche sollten dies sein, wenn nicht Präferenzen. Auch z.B. die Definition von "Entscheidung" in der wikipedia verwendet wesentlich den Begriff "Wertmaßstäbe", der wiederum auf "Präferenz" zeigt.
Zur Kontrolle würde ich Dich bitten zu versuchen, einen Fall zu skizzieren, in dem Deiner Ansicht nach eine entscheidungsbasierte Handlung gegen die Präferenzen erfolgt. |
Nach der zusätzlichen Erläuterung ist das wohl weder nötig noch möglich. Die Einschränkung nimmt allerdings auf, was ich als problematisch an Deiner Erwiderung an Ahrimann werte:
Ahriman hat folgendes geschrieben: | Der Mensch kann aber gegen seine Instinkte handeln. |
Die Präferenz in dem von Dir gemeinten Sinn ist eine ideelle Größe, sie umfasst schlichtweg alle denkbaren zielgerichteten Regungen des Menschen. Daher ist Deine Erwiderung insofern zutreffend, als daß die gegen die eigenen Instinkte gerichteten Handlungen letztlich auch präferiert sind. Sie geht allerdings darin fehl, als daß sie erst keine Erwiderung auf Ahrimann sein kann, denn gegen die Instinkte, so wie ich Ahrimann verstehe (und mit ihm übereinstimme), kann der Mensch insofern handeln, als daß des Menschen Handlungen ihnen nicht ausgeliefert sind. Andere Instanzen können die instinktbasierten Handlungen steuern. Nicht immer, nicht vollständig, aber prinzipiell ist die Selbststeuerungsfähigkeit ein Distinktionsmerkmal des Menschen. So verstehe ich das. Diese Erläuterung ist ebenso trivial wie die Universalität der Präferenzen, solange wir vom zielgerichteten Handeln sprechen. Aber jetzt kommt mein skeptischer Einwand, den ich gegenüber deiner Erwiderung auf Ahrimann habe, da ich sie irgendwie für symptomatisch in Diskussionen wie diesen halte.
Ein Argument wie das von Ahrimann behauptet nicht, präferenzlose Entscheidungen seien möglich. Deine Erwiderung aber setzt das voraus. Sie Argumentiert gegen eine philosophisch-normative Position, einen unbedingten Freiheitsbegriff, wo nur eine empirisch beobachtende Bemerkung gemacht wurde, der wir vermutlich alle zustimmen würden. Ahrimanns Freiheitsbegriff in diesem Zusammenhang meint die Freiheit vom eigenen Reiz-Reaktionsschema.
Problematisch kommt es mir dann vor, wenn diese Art der Erwiderung fälschlicherweise als Widerlegung der Freiheit im Sinne Ahrimanns verstanden wird. Als Widerlegung der menschlichen Selbststeuerungsfähigkeit.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1846943) Verfasst am: 16.06.2013, 22:23 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Die Präferenz in dem von Dir gemeinten Sinn ist eine ideelle Größe, sie umfasst schlichtweg alle denkbaren zielgerichteten Regungen des Menschen. |
Es stimmt zwar, daß ich den Begriff "Präferenz" recht allgemein verwende, aber ich denke, Präferenzen sind reale Größen, sie sind im Gehirn implementiert.
zelig hat folgendes geschrieben: | Daher ist Deine Erwiderung insofern zutreffend, als daß die gegen die eigenen Instinkte gerichteten Handlungen letztlich auch präferiert sind. Sie geht allerdings darin fehl, als daß sie erst keine Erwiderung auf Ahrimann sein kann, denn gegen die Instinkte, so wie ich Ahrimann verstehe (und mit ihm übereinstimme), kann der Mensch insofern handeln, als daß des Menschen Handlungen ihnen nicht ausgeliefert sind. Andere Instanzen können die instinktbasierten Handlungen steuern. Nicht immer, nicht vollständig, aber prinzipiell ist die Selbststeuerungsfähigkeit ein Distinktionsmerkmal des Menschen. So verstehe ich das. Diese Erläuterung ist ebenso trivial wie die Universalität der Präferenzen, solange wir vom zielgerichteten Handeln sprechen. Aber jetzt kommt mein skeptischer Einwand, den ich gegenüber deiner Erwiderung auf Ahrimann habe, da ich sie irgendwie für symptomatisch in Diskussionen wie diesen halte.
Ein Argument wie das von Ahrimann behauptet nicht, präferenzlose Entscheidungen seien möglich. Deine Erwiderung aber setzt das voraus. Sie Argumentiert gegen eine philosophisch-normative Position, einen unbedingten Freiheitsbegriff, wo nur eine empirisch beobachtende Bemerkung gemacht wurde, der wir vermutlich alle zustimmen würden. Ahrimanns Freiheitsbegriff in diesem Zusammenhang meint die Freiheit vom eigenen Reiz-Reaktionsschema.
Problematisch kommt es mir dann vor, wenn diese Art der Erwiderung fälschlicherweise als Widerlegung der Freiheit im Sinne Ahrimanns verstanden wird. Als Widerlegung der menschlichen Selbststeuerungsfähigkeit. |
Gut, dann muß ich wohl klar zum Ausdruck bringen, daß ich die Fähigkeit, gegen seine Instinkte zu entscheiden zu handeln, nicht leugne. Und ich finde es auch OK, dies "Freiheit" im Sinne einer Handlungsfreiheit zu nennen, da Präferenzen stärker als Instinkte sein können.
Mit der "Selbststeuerungsfähigkeit" habe ich dagegen schon eher ein Problem. Was genau soll das sein? Wieso ist eine Instinktsteuerung keine Selbststeuerung, eine Präferenzentscheidung aber schon? Beide Algorithmen sind doch im Gehirn implementiert.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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vrolijke Bekennender Pantheist

Anmeldungsdatum: 15.03.2007 Beiträge: 46732
Wohnort: Stuttgart
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(#1846950) Verfasst am: 16.06.2013, 23:25 Titel: |
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Was ich auch als Freiheit betrachte:
Wenn man keine Lust hat, zu einem Familienfest zu gehen, und man bleibt tatsächlich daheim.
Das ist jetzt nicht philosophisch, aber dennoch ein Problem der Alltäglichkeit, wozu manch einem nicht fähig ist.
_________________ Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
Erich Fromm
Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.
Grenzen geben einem die Illusion, das Böse kommt von draußen
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1846952) Verfasst am: 16.06.2013, 23:43 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Mit der "Selbststeuerungsfähigkeit" habe ich dagegen schon eher ein Problem. Was genau soll das sein? Wieso ist eine Instinktsteuerung keine Selbststeuerung, eine Präferenzentscheidung aber schon? Beide Algorithmen sind doch im Gehirn implementiert. |
Auch wenn es jetzt irgendwie schwammig wird, weil ich keine Definition zur Hand habe, die erklärt was Instinkte sind, ist das "Selbst" in "Selbststeuerung" beim Instinkt noch das Subjekt, während es bei der bewussten Entscheidung (hier würde ich die Trennlinie ziehen,) zum Objekt geworden ist. Instinkthandlungen machen die umgebende Welt zum Objekt, während bewusste Entscheidungen die eigene Person, mithin also auch die eigenen Instinkte und Präferenzen als Objekte in eine reflektierte Entscheidung einfließen lassen können. Bedeutet das nicht einen höheren Freiheitsgrad? Warum spielt für diese Überlegungen die Frage eine Rolle, ob beide Arten von Entscheidungen als Algorithmen im Gehirn implementiert sind oder nicht?
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1846953) Verfasst am: 17.06.2013, 00:13 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Also zur "Entscheidungsfreiheit": Dagegen habe ich eigentlich auch nichts, nur gerät der Begriff mE schon gefährlich nah an die (falsche) Vorstellung, man könne an bestimmten Punkten autonom wählen. |
Finde nicht, dass das eine falsche Vorstellung ist. Man kann sehr wohl an bestimmten Punkten autonom wählen. "Autonom" ist der Gegenbegriff zu "heteronom". Auf deutsch: das ist der Gegensatz zwischen "selbstbestimmt" und "fremdbestimmt". Es wäre mE merkwürdig, wenn man da keinen Unterschied treffen würde. Ist dabei auch egal, ob man den auf Einzel-Personen oder auf Personen-Gruppen, z.B. einen Staat anwendet. Offensichtlich (zumindest für mich) gibt es da Unterschiede in der jeweiligen Autonomie.
step hat folgendes geschrieben: | Entscheidungsfreiheit beschreibt aus meiner Sicht die Tatsache, daß ich eine Entscheidung möglichst informiert, mit möglichst guter Zukunftssimulation, ohne Zeitdruck usw. treffe, |
Ja, so kann man das ausdrücken.
step hat folgendes geschrieben: | und insofern verstehe ich sie durchaus als eine spezielle Form der Handlungsfreiheit, denn der Entscheidungsalgorhitmus unterliegt so weniger Einschränkungen. |
Allerdings verstehe ich unter "Handlungsfreiheit" etwas anderes, nämlich dies: "Handlungsfreiheit = man kann tun, was man will". Entscheidungsfreiheit ist nach meinen Begriffen etwas anderes.
step hat folgendes geschrieben: | Du legst oben den Fokus eher auf die Möglichkeit, Absichten und Ziele zu überdenken und zu revidieren. Aber worin genau besteht ein solches überdenken? Doch meistens darin, daß ...
- man sich aufgrund neuer Informationen oder einer sonstwie verbesserten Zukunfstsimulation über die Konsequenzen klarer wird und sich dann umentscheidet, oder
- sich durch äußere oder innere Einflüsse die Gewichte der Präferenzen verschieben und dies zu einer Neubewertung von Entscheidungen führt |
Ja.
step hat folgendes geschrieben: | Auch dies sind mE, mit derselben Begründung wie oben, letztlich Fälle von Handlungsfreiheit. |
Nein, finde ich nicht. Entscheidungsfreiheit bezieht sich auf Entscheidungen, Handlungsfreiheit auf Handlungen. Und eine Entscheidung ist keine Handlung. Eine Handlung ist nach meinem Begriff ein Tun, eine zielgerichtete Aktivität; etwas, das in die Tat umgesetzt wird - bzw. ein zielgerichtetes Unterlassen sehe ich auch als Handlung an. Jedoch ist eine Entscheidung keine Handlung. Jemand, der den ganzen Tag auf dem Sofa liegt und diverse Dinge entscheidet, hat damit noch keine Handlung vollzogen. Erst dann, wenn er seine Entscheidungen in die Tat umsetzt.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1846966) Verfasst am: 17.06.2013, 08:40 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Mit der "Selbststeuerungsfähigkeit" habe ich dagegen schon eher ein Problem. Was genau soll das sein? Wieso ist eine Instinktsteuerung keine Selbststeuerung, eine Präferenzentscheidung aber schon? Beide Algorithmen sind doch im Gehirn implementiert. | Auch wenn es jetzt irgendwie schwammig wird, weil ich keine Definition zur Hand habe, die erklärt was Instinkte sind, ist das "Selbst" in "Selbststeuerung" beim Instinkt noch das Subjekt, ... |
Meinst Du "das Selbst steuert sich mittels des Instinkts" oder "der Instinkt steuert das Selbst"? Und was hat das Subjekt überhaupt damit zu tun - schließlich funktionieren gerade Instinkte ja auch bei Wesen ohne Personenbewußtsein?
zelig hat folgendes geschrieben: | ... während es bei der bewussten Entscheidung (hier würde ich die Trennlinie ziehen,) zum Objekt geworden ist. Instinkthandlungen machen die umgebende Welt zum Objekt, während bewusste Entscheidungen die eigene Person, mithin also auch die eigenen Instinkte und Präferenzen als Objekte in eine reflektierte Entscheidung einfließen lassen können. Bedeutet das nicht einen höheren Freiheitsgrad? |
Es bedeutet, daß der Algorithmus komplexer ist.
zelig hat folgendes geschrieben: | Warum spielt für diese Überlegungen die Frage eine Rolle, ob beide Arten von Entscheidungen als Algorithmen im Gehirn implementiert sind oder nicht? |
Damit wollte ich ihre prinzipielle Ähnlichkeit herausstellen: Inputs, eine "Berechnung", ein Ergebnis. Bei Instinkten sind die Inputs beschränkter, die Berechnung weniger komplex, das Ergebnis wird direkter umgesetzt.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1846967) Verfasst am: 17.06.2013, 08:58 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Man kann sehr wohl an bestimmten Punkten autonom wählen. "Autonom" ist der Gegenbegriff zu "heteronom". Auf deutsch: das ist der Gegensatz zwischen "selbstbestimmt" und "fremdbestimmt". ... |
Das hatten wir ja auch schonmal. Wenn mit "autonom" nur gemeint ist, daß ein wesentlicher Teil der Berechnung in dem Gehirn stattfindet, das Du als Teil der "Person" ansiehst (ich sehe das ja eher umgekehrt, also die "Person" ist Produkt des Gehirns), und nicht außerhalb, dann kann ich da mitgehen, zumindest in Kontexten, wo "Person" eine Art atomare Bedeutung hat, typischerweise etwa in sozialen Zusammenhängen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Entscheidungsfreiheit bezieht sich auf Entscheidungen, Handlungsfreiheit auf Handlungen. Und eine Entscheidung ist keine Handlung. Eine Handlung ist nach meinem Begriff ein Tun, eine zielgerichtete Aktivität; etwas, das in die Tat umgesetzt wird - bzw. ein zielgerichtetes Unterlassen sehe ich auch als Handlung an. Jedoch ist eine Entscheidung keine Handlung. Jemand, der den ganzen Tag auf dem Sofa liegt und diverse Dinge entscheidet, hat damit noch keine Handlung vollzogen. Erst dann, wenn er seine Entscheidungen in die Tat umsetzt. |
Für die Frage der Freiheit spielt diese Unterscheidung mE keine wesentliche Rolle. Denn wenn man sich fragt, worin denn typische Einschränkungen von Entscheidungsfreiheit bestehen, dan sind das nmV fehlendes Wissen, schlechte Rechenkapazität, Zeitdruck u.ä. - das sind im weitesten Sinne ganz ähnliche Einschränkungen / Zwänge wie die, die Handlungsfreiheit beschränken.
Unabhängig davon möchte ich aber auch Deine Unterscheidung als solche zumindest anzweifeln: Ich denke, Du kannst die Grenze nicht wirklich ziehen zwischen Entscheidung und Tat, nicht mal in Deinem Personenmodell. Worin genau besteht denn eine Tat wesentlich? Offensichtlich nicht im Bewegen irgendwelcher Muskeln, denn Du hast ja (mE richtigerweise) Unterlassen bereits als Handlung qualifiziert. Aus demselben Grund kann es auch nicht im Effekt, also etwa in der Veränderung der Umwelt, liegen. Die Zielgerichtetheit kann es auch nicht sein, denn die haben wir bei einer Entscheidung i.a. ebenfalls. Kannst Du benennen, was genau die Handlung ausmacht?
Oder meinst Du vielleicht nicht "Entscheidung", sondern so etwas wie das Reflektieren / Sichklarwerden über Präferenzen, während man "auf dem Sofa liegt"?
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1846969) Verfasst am: 17.06.2013, 10:09 Titel: |
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Eine notwendige Bedingung für eine freie Handlung ist, daß die Sache, gegenüber der man sich verhält, überhaupt erst zum Objekt einer Entscheidung werden kann. Was kann per Definition überhaupt Objekt einer instinktgeleiteten, und was Ojekt einer reflektierten/bewussten Entscheidung sein? Zweitere ermöglicht im Unterschied zur ersten die eigene Person zum Objekt einer Entscheidung zu machen. Man verhält sich zu sich selber, und erlangt daher Freiheit von sich. Diese notwendige Bedingung ist in Bezug auf die eigene Person bei instinkgeleiteten Entscheidungen nicht gegeben.
step hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Mit der "Selbststeuerungsfähigkeit" habe ich dagegen schon eher ein Problem. Was genau soll das sein? Wieso ist eine Instinktsteuerung keine Selbststeuerung, eine Präferenzentscheidung aber schon? Beide Algorithmen sind doch im Gehirn implementiert. | Auch wenn es jetzt irgendwie schwammig wird, weil ich keine Definition zur Hand habe, die erklärt was Instinkte sind, ist das "Selbst" in "Selbststeuerung" beim Instinkt noch das Subjekt, ... |
Meinst Du "das Selbst steuert sich mittels des Instinkts" oder "der Instinkt steuert das Selbst"? Und was hat das Subjekt überhaupt damit zu tun - schließlich funktionieren gerade Instinkte ja auch bei Wesen ohne Personenbewußtsein?
zelig hat folgendes geschrieben: | ... während es bei der bewussten Entscheidung (hier würde ich die Trennlinie ziehen,) zum Objekt geworden ist. Instinkthandlungen machen die umgebende Welt zum Objekt, während bewusste Entscheidungen die eigene Person, mithin also auch die eigenen Instinkte und Präferenzen als Objekte in eine reflektierte Entscheidung einfließen lassen können. Bedeutet das nicht einen höheren Freiheitsgrad? |
Es bedeutet, daß der Algorithmus komplexer ist.
zelig hat folgendes geschrieben: | Warum spielt für diese Überlegungen die Frage eine Rolle, ob beide Arten von Entscheidungen als Algorithmen im Gehirn implementiert sind oder nicht? |
Damit wollte ich ihre prinzipielle Ähnlichkeit herausstellen: Inputs, eine "Berechnung", ein Ergebnis. Bei Instinkten sind die Inputs beschränkter, die Berechnung weniger komplex, das Ergebnis wird direkter umgesetzt. |
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1846972) Verfasst am: 17.06.2013, 10:50 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Eine notwendige Bedingung für eine freie Handlung ist, daß die Sache, gegenüber der man sich verhält, überhaupt erst zum Objekt einer Entscheidung werden kann. |
Hmm ... ist das nicht eher eine Eigenschaft von Handlung überhaupt? Oder gar von jedem Vorgang? Nämlich daß man unterscheiden kann zwischen handelnder und behandelter Entität, oder - sagen wir mal - Ursache und Wirkung?
zelig hat folgendes geschrieben: | Was kann per Definition überhaupt Objekt einer instinktgeleiteten, und was Ojekt einer reflektierten/bewussten Entscheidung sein? Zweitere ermöglicht im Unterschied zur ersten die eigene Person zum Objekt einer Entscheidung zu machen. |
Laut AP zumindest ist die Person ja nicht nur ein Selbstmodell, sondern so etwas wie die Summe aus einem Körper und seinen Gefühlen, seinem Bewußtsein, seiner Geschichte, seiner Zukunft usw. - eine Instinkthandlung, etwa ein Zurückzucken von einer heißen Herdplatte, wäre demnach eine (wenn auch ungeplante) Handlung dieser Person, und die Person wäre gleichzeitig auch Objekt dieser Handlung (nämlich in Form der zurückgezogenen Körperteile).
Bei Instinkthandlungen ist die Person also doch Objekt, allerdings nicht Objekt der Planung, nur der Handlung. Zumindest wenn man "Person" wirklich so integral versteht wie AP (und viele andere).
zelig hat folgendes geschrieben: | Man verhält sich zu sich selber, und erlangt daher Freiheit von sich. Diese notwendige Bedingung ist in Bezug auf die eigene Person bei instinkgeleiteten Entscheidungen nicht gegeben. |
Sieht für mich tatsächlich so aus, als ob Du eher darauf hinauswillst, daß die Person Objekt ihrer Planung (nicht ihrer Handlung) wird.
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fwo Caterpillar D9
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(#1846985) Verfasst am: 17.06.2013, 12:58 Titel: |
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@step: Kleiner Einwurf eines Lesers:
Ich habe Schwierigkeiten, die Zielrichtung klar zu erkennen.
Stark verkürzt: Wir haben eine Datenverarbeitungszentrale, ein Gehirn. Das funktioniert in mehreren Ebenen:
1. Einige Algorithmen sind hart codiert und erlauben keine Abweichung.
2. Einige Algorithmen werden durch einzelne Schlüsselerlebnissen im Verlauf der Ontogenese gesteuert.
3. Darüber gibt es einen Interpreter mit der Basis Sprache, der im Verlauf der Ontogenese geladen wird und modifizierbar ist. Er hat auch die Fähigkeit zur Selbstmodifikation. In dem findet auch das statt, was wir als Bewusstsein und Selbstbewusstsein bezeichnen. Dieser Interpreter dient innerhalb von Entscheidungsprozessen sowohl der Weltrepräsentation als auch -emulation als auch als Prozessor einer eigenen Entscheidungsebene, nach Regeln, die auch wieder unterschiedlich hart implementiert sein können.
Zusammengefasst: Wir haben nur Vorgänge der Datenverarbeitung nach logischen Regeln - der Begriff Freiheit ist obsolet.
Was mich an der Sache auch unabhängig von der subjektiven Ebene stört (die es ja auch gibt - weshalb und was schreibe ich hier überhaupt ?), ist der absolute, mataphorische Freiheitsbegriff, der hier zugrunde liegt. Vielleicht ist es auch unter dem Gesichtspunkt der Verständigung sinnvoll, den Begriff Freiheit hier durch etwas weniger utopisches zu ersetzen, das klarmacht, dass der eigentliche Gegenstand, über den wir uns unterhalten, ein Kontinuum zwischen Frei- und Unfreiheit ist.
Programmtechnisch gesprochen: Es sollte klar sein, dass Freiheit nicht boolean ist, sondern numerisch ohne Vorzeichen. Und das worüber wir uns unterhalten, ist der Bereich der selbstmodifizierenden Codes im Interpreter.
fwo
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The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#1846990) Verfasst am: 17.06.2013, 13:33 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | ... Zusammengefasst: Wir haben nur Vorgänge der Datenverarbeitung nach logischen Regeln - der Begriff Freiheit ist obsolet. |
Im Prinzip stimme ich da zu. Ähnlich sind auch Begriffe wie "Person" oder "Liebe" reduzibel. Dennoch macht es u.U. Sinn, diese Begriffe zu verwenden, wenn wir uns in einem emergenten Kontext befinden und diese Begriffe nicht mit falschen Intuitionen oder Metaphysik aufladen.
Bei "Freiheit" etwa finde ich die Verwendung sinnvoll, wenn klar ist, wovon genau etwas frei ist, so wie bei "glutenfrei" oder "schulfrei". Im menschlichen Kontext könnte es um klar benannte Zwänge gehen, die das präferente Handeln behindern.
fwo hat folgendes geschrieben: | Was mich an der Sache auch unabhängig von der subjektiven Ebene stört (die es ja auch gibt - weshalb und was schreibe ich hier überhaupt ?), ist der absolute, mataphorische Freiheitsbegriff, der hier zugrunde liegt. Vielleicht ist es auch unter dem Gesichtspunkt der Verständigung sinnvoll, den Begriff Freiheit hier durch etwas weniger utopisches zu ersetzen, das klarmacht, dass der eigentliche Gegenstand, über den wir uns unterhalten, ein Kontinuum zwischen Frei- und Unfreiheit ist. |
Ja, von mir aus gern. Mir ist auch lieber, etwas konkret zu benennen, worunter alle möglichst dasselbe verstehen. Es wäre z.B. besser, über die konkreten Zwänge zu reden, die wir gern abschaffen würden, weil sie konkreten Präferenzen / Zielen im Weg stehen.
fwo hat folgendes geschrieben: | Programmtechnisch gesprochen: Es sollte klar sein, dass Freiheit nicht boolean ist, sondern numerisch ohne Vorzeichen. Und das worüber wir uns unterhalten, ist der Bereich der selbstmodifizierenden Codes im Interpreter. |
Es herrschen allerdings sehr unterschiedliche Vorstellungen u.a. darüber, ob diese Modifikationen von einer realen "Person" top-down vorgenommen werden, oder ob das Gehirn sie nur über Statusmeldungen, Meinigkeitsillusionen usw. ins Bewußtsein hochspiegelt.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26504
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(#1846993) Verfasst am: 17.06.2013, 13:45 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | ...
Es herrschen allerdings sehr unterschiedliche Vorstellungen u.a. darüber, ob diese Modifikationen von einer realen "Person" top-down vorgenommen werden, oder ob das Gehirn sie nur über Statusmeldungen, Meinigkeitsillusionen usw. ins Bewußtsein hochspiegelt. |
Das muss kein Gegensatz sein - da ist auch sowas möglich, was ich eine zweistufige Rekursion nennen würde:
Betrachte unsere Diskussion: Was ich dir schicke, ist Information aus der obersten Ebene meiner Verarbeitung für die oberste Ebene deiner Verarbeitung und wir generieren damit sowohl Modifikationen der Verarbeitung wie auch echte Entscheidungen, die sich in Handlungen äußern.
Reicht es nicht für den Anfang, es von diesen Effekten her zu betrachten, ohne sich auf einen Täter festzulegen?
fwo
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#1846997) Verfasst am: 17.06.2013, 13:56 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Was ich dir schicke, ist Information aus der obersten Ebene meiner Verarbeitung für die oberste Ebene deiner Verarbeitung ... |
Sicher? Vielleicht bestimmen irgendwelche Gehirnfunktionen die Inhalte und kommunizieren miteinander, und die zwei Personenillusionn dürfen zuschauen?
fwo hat folgendes geschrieben: | ... und wir generieren damit sowohl Modifikationen der Verarbeitung wie auch echte Entscheidungen, die sich in Handlungen äußern.
Reicht es nicht für den Anfang, es von diesen Effekten her zu betrachten, ohne sich auf einen Täter festzulegen? |
Ja, eigentlich schon. Wir wissen aber aus einer großen Zahl solcher Diskussionen, daß dann eben doch wieder derartige Annahmen, und sei es unausgesprochen, gemacht werden.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26504
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(#1847000) Verfasst am: 17.06.2013, 14:34 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | Was ich dir schicke, ist Information aus der obersten Ebene meiner Verarbeitung für die oberste Ebene deiner Verarbeitung ... |
Sicher? Vielleicht bestimmen irgendwelche Gehirnfunktionen die Inhalte und kommunizieren miteinander, und die zwei Personenillusionn dürfen zuschauen? |
Das ist mir eigentlich völlig egal, da ich nicht anders leben kann, als ich mich erlebe, ob ich nur die Illusion meiner selbst bin oder das handelnde Subjekt, ich halte das für gleich wahr oder gleich falsch - ich nenn es einfach unterschiedliche Betrachtungsebenen. Deshalb möchte ich mich an dem Streit auch nicht beteiligen (vor allem nicht, wenn die gemischt werden).
step hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | ... und wir generieren damit sowohl Modifikationen der Verarbeitung wie auch echte Entscheidungen, die sich in Handlungen äußern.
Reicht es nicht für den Anfang, es von diesen Effekten her zu betrachten, ohne sich auf einen Täter festzulegen? |
Ja, eigentlich schon. Wir wissen aber aus einer großen Zahl solcher Diskussionen, daß dann eben doch wieder derartige Annahmen, und sei es unausgesprochen, gemacht werden. |
Warum stört das bei diesem Thema eigentlich so? Die Physik, die Chemie, auch die klassische Biologie lassen doch auch ein Untersuchen der Objekte zu, ohne dass es stört, dass er eine den christlichen Gott hinter allem walten sieht (zumindest bis zum Urknall), der nächste pantheistische Vorstellungen ohne Liebe und Gnade hat und der dritte nur Materie walten sieht.
Allerdings muss man dazu den Gegenstand klarer definieren und begrenzen oder evtl. Begriffe, die zu sehr überladen sind, einfach weglassen.
Das Problem mit der Umdefinition abendländischer Utopien wie etwa der Freiheit hat Tarvoc mit seinem inzwischen selbst gelöschten Einwand*** sehr schön demonstriert:
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Bei "Freiheit" etwa finde ich die Verwendung sinnvoll, wenn klar ist, wovon genau etwas frei ist, so wie bei "glutenfrei" oder "schulfrei". |
Schon wieder: Es ist schon auffällig, wie sehr das dem Freiheitsbegriff in Orwells Newspeak ähnelt. |
Es besteht bei diesen gefühlsbeladenen Begriffen sehr leicht die Möglichkeit, dass eine Einengung, die nur der Verständigung über den Untersuchungsgegenstand dienen soll, als beabsichtigte Denkschranke für die Bereiche empfunden wird, in denen sonst mit diesem Begriff gearbeitet wird.
Dass Tarvoc diese Unterstellung dann zurückgenommen hat, ändert ja nichts an der Offensichtlichkeit dieser Reaktion.
p.s.
*** Der Post hat nur wenige Sekunden überhaupt existiert und Tavoc konnte eigentlich davon ausgehen, dass er nicht zitiert war, als er ihn wieder zurückgenommen hat. Ich zitiere ihn auch hier nicht, um ihn inhaltlich zu diskutieren, sondern weil er einfach ein praktisches Beispiel für die sonst sehr theoretische Betrachtung der Reaktion auf die Veränderung des Begriffs Freiheit liefert. Ich bitte um Entschuldigung hierfür.
fwo
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1847004) Verfasst am: 17.06.2013, 14:56 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Warum stört das bei diesem Thema eigentlich so? Die Physik, die Chemie, auch die klassische Biologie lassen doch auch ein Untersuchen der Objekte zu, ... |
Einen Grund nennst Du ja im folgenden selbst:
fwo hat folgendes geschrieben: | Es besteht bei diesen gefühlsbeladenen Begriffen sehr leicht die Möglichkeit, dass eine Einengung, die nur der Verständigung über den Untersuchungsgegenstand dienen soll, als beabsichtigte Denkschranke für die Bereiche empfunden wird, in denen sonst mit diesem Begriff gearbeitet wird. |
Noch ein weiterer Grund: Es geht bei diesen Themen um den Menschen selbst, es geht um seine Präferenzen und um sein Selbstmodell, das ist etwas relativ Intimes und hängt zudem eng am Selbstwertgfühl.
Deswegen meine ich auch, daß Reflektion (und generell Philosophie) keine große Aussicht auf Klärung dieser Fragen bieten, da sie zu nah mit dem Untersuchungsobjekt verwoben sind und keine halbwegs unabhängigen Methoden zu bieten haben. Die Hirnforschung (und verwandte Richtungen) muß und wird das lösen, und zugleich zu einer weiteren "kopernikanischen Kränkung" führen.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1847021) Verfasst am: 17.06.2013, 16:21 Titel: |
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Ahriman hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Je sicherer ein Vogel fliegt, desto freier ist er, den höchsten Ast zu erreichen.
Je unsicherer er fliegt, desto unfreier ist er und muss vorlieb nehmen mit den nicht angestrebten Ästen. Vielleicht muss er gar am Boden bleiben. |
Tja, und wenn der Vogel gar nicht erst den hohen Ast erreichen will? Das Huhn bleibt sehr zufrieden gleich unten. Es ist doch darum nicht weniger frei, wenn die Äste da oben es gar nicht interessieren? Es hat nicht das "Ziel" hochzufliegen. |
Völlig korrekt.
Ob ein erreichtes Ziel Freiheit bedeutet, orientiert sich nicht am Ziel selbst, sondern an dahinter steckenden (oder eben nicht dahinter steckenden) Bedürfnissen.
So und nur so macht es Sinn, Freiheit als Zielerreichung zu definieren.
Je sicherer/determinierter nun aber ein bedürfnisäquivalentes Ziel erreicht wird, desto freier das nach diesem Ziel strebende Lebewesen.
Die Beziehung zwischen Freiheit und Sicherheit der bedürfnisabgeleiteten Zielerreichung (BaZE) ist eine indirekte: Während der Begriff Freiheit sich auf die BaZE bezieht, gilt etwa für die Mittel der Zielerreichung, dass diese eben gerade nicht frei sind, was ihre Auswahl betrifft, sondern die Mittel - darunter auch die Handlungsfreiheit - dienen der Freiheit, also der BaZE am besten, wenn sie unfrei sind.
Oder wie Hegel mal bei einem Glas Whiskey vor sich hin murmelte:
"Freiheit ist die Einsicht in die Notwendigkeit."
Wenn also hier jemand das Gefühl hat, Sicherheit (bezüglich einer geeigneten Faktorkombination) sei das selbe wie Freiheit (Erreichen der BaZE), dann mag dies als Gefühl noch durchgehen.
Denkt man jedoch die Sache durch, so sieht man, dass die Beziehung zwischen Sicherheit und Freiheit eine indirekte ist, weil die Sicherheit hier das (deterministisch) Zielführende aufgrund der geeigneten Faktorkombination ist und Freiheit das Zielerreichen bezüglich der Bedürfnisse darstellt.
Clausewitz sieht ebenfalls die Wahl der Taktik als zielorientierten Einsatz der verfügbaren Mittel, wobei man er die Ziele als fix voraus setzt, was jedoch natürlich auch geänderte Strategien - im Unterschied zur Taktik - wiederum relativiert werden kann.
In einem imperialistischen Angriffskrieg sind die zugrunde liegenden Bedürfnisse ja andere als in einem Verteidungskrieg.
Auf jeden Fall - um mal zum Huhn und Habicht zurück zu kommen - bezieht sich Freiheit auf erstrebenswerte Ziele und Sicherheit auf erreichbare Ziele.
Ahriman hat folgendes geschrieben: | Im Gegenteil, wenn der Habicht am Himmel erscheint wird es unter den Schubkarren kriechen. |
Aber ganz fix! Schatten ---> Schubkarre!
Ahriman hat folgendes geschrieben: | Der Strauß kann gar nicht fliegen. Trotzdem ist er "vogelfrei". |
Der Strauß hat andere Mittel, um seine Ziele zu erreichen.
Ahriman hat folgendes geschrieben: | Freiheit als solche gibts doch gar nicht. Es gibt immer nur ein Stückchen davon, und selten ist es das, was man haben will.
Der Perganom-Altar in Berlin im Museum könnte - was mich betrifft - auf dem Mars stehen, es machte keinen Unterschied. Ich hatte nie das Geld und die Zeit, ihn zu besuchen. Keiner ist wirklich frei in seinen Entschlüssen, man umschreibt das so: "Man muß Prioritäten setzen." Wenn ich also mal Zeit und Geld hatte, waren andere Sachen wichtiger als der Pergamon-Altar. Er hatte keine Priorität. Ja, freilich, ich hatte die Freiheit zu entscheiden: Fahr ich nach Berlin oder nach Avignon? |
Lieber nach Avignon sur le pont.
Das Problem ist, dass Freiheit oft von Notwendigkeiten aufgefressen wird ...-
_________________ °
K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44680
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(#1847145) Verfasst am: 18.06.2013, 00:05 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Es besteht bei diesen gefühlsbeladenen Begriffen sehr leicht die Möglichkeit, dass eine Einengung, die nur der Verständigung über den Untersuchungsgegenstand dienen soll, als beabsichtigte Denkschranke für die Bereiche empfunden wird, in denen sonst mit diesem Begriff gearbeitet wird. |
Na solange ihr euch sicher seid, dass nach der Einengung der Untersuchungsgegenstand noch der selbe ist wie vorher...
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1847146) Verfasst am: 18.06.2013, 00:12 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Wenn mit "autonom" nur gemeint ist, daß ein wesentlicher Teil der Berechnung in dem Gehirn stattfindet, das Du als Teil der "Person" ansiehst (ich sehe das ja eher umgekehrt, also die "Person" ist Produkt des Gehirns), und nicht außerhalb, dann kann ich da mitgehen, zumindest in Kontexten, wo "Person" eine Art atomare Bedeutung hat, typischerweise etwa in sozialen Zusammenhängen. |
Ja, so ist es gemeint. Es ist mE ein wesentlicher Unterschied, ob jemand selbstbestimmt entscheiden und handeln kann oder ob er das nicht kann. Es besteht mE ein wesentlicher Unterschied zwischen Autonomie und Heteronomie.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Entscheidungsfreiheit bezieht sich auf Entscheidungen, Handlungsfreiheit auf Handlungen. Und eine Entscheidung ist keine Handlung. [...] |
Für die Frage der Freiheit spielt diese Unterscheidung mE keine wesentliche Rolle. Denn wenn man sich fragt, worin denn typische Einschränkungen von Entscheidungsfreiheit bestehen, dan sind das nmV fehlendes Wissen, schlechte Rechenkapazität, Zeitdruck u.ä. - das sind im weitesten Sinne ganz ähnliche Einschränkungen / Zwänge wie die, die Handlungsfreiheit beschränken. |
Ich finde jedoch, dass das hier eine wesentliche Rolle spielt. "Handlungsfreiheit" bedeutet mE dies: "X kann tun, was er will". Aber da fehlt (zumindest meiner Ansicht nach) offensichtlich etwas ganz Wesentliches: falls X nicht abschätzen kann, was es bedeutet, was er tun will; was daraus folgen könnte; welche Konsequenzen sich daraus ergeben könnten, dann fehlte mE X hier eine wesentliche Eigenschaft, die ich für die (Gesamt)-Freiheit von X als unerlässlich ansehe. X kann handlungsfrei sein, aber wenn X keine Entscheidungsfreiheit im o.g. Sinne hätte, dann würde man X wohl kaum als frei ansehen. Zusätzlich gibt es den "Manipulations-Einwand": wenn Y X ein bestimmtes Wollen W induzierte und X das nicht erkennen würde und W ausführen könnte, dann wäre X handlungsfrei bezüglich W. Jedoch eben auch ein von außen Gesteuerter und deswegen unfrei.
Nur wenn X sowohl hinreichende Handlungsfreiheit als auch hinreichende Entscheidungsfreiheit hätte, würde ich X als frei absehen. Fehlte eine der beiden Komponenten völlig, dann wäre X mE nicht "frei"zu nennen. Weder jemanden, der zwar tun kann, was er will, aber keine Ahnung hat, was das für Auswirkungen hat, noch jemanden, der zwar sich für alles Mögliche entscheiden könnte, das aber niemals in die Tat umsetzen könnte, könnte man mE "frei" nennen.
step hat folgendes geschrieben: | Unabhängig davon möchte ich aber auch Deine Unterscheidung als solche zumindest anzweifeln: Ich denke, Du kannst die Grenze nicht wirklich ziehen zwischen Entscheidung und Tat, nicht mal in Deinem Personenmodell. Worin genau besteht denn eine Tat wesentlich? |
Das ist nun wieder das Sorites-Argument, das mE ein Fehlschluss ist. Gemeinhin unterscheidet man zwischen Entscheidung und Handlung und diese Unterscheidung erscheint mir sinnvoll. Auch wenn man keine exakte Grenze angeben kann.
Und außerdem denke ich nicht, (auf Deinen Austausch mit fwo bezogen), dass:
- die Hirnforschung zu diesen Fragen etwas Wesentliches beitragen könnte, (wie sollte man sich das auch konkret vorstellen können?)
- hier eine Illusion bestünde
- gar eine "kopernikanische Kränkung" erfolgen würde
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26504
Wohnort: im Speckgürtel
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(#1847147) Verfasst am: 18.06.2013, 01:12 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | ....
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Entscheidungsfreiheit bezieht sich auf Entscheidungen, Handlungsfreiheit auf Handlungen. Und eine Entscheidung ist keine Handlung. [...] |
Für die Frage der Freiheit spielt diese Unterscheidung mE keine wesentliche Rolle. Denn wenn man sich fragt, worin denn typische Einschränkungen von Entscheidungsfreiheit bestehen, dan sind das nmV fehlendes Wissen, schlechte Rechenkapazität, Zeitdruck u.ä. - das sind im weitesten Sinne ganz ähnliche Einschränkungen / Zwänge wie die, die Handlungsfreiheit beschränken. |
Ich finde jedoch, dass das hier eine wesentliche Rolle spielt. "Handlungsfreiheit" bedeutet mE dies: "X kann tun, was er will". Aber da fehlt (zumindest meiner Ansicht nach) offensichtlich etwas ganz Wesentliches: falls X nicht abschätzen kann, was es bedeutet, was er tun will; was daraus folgen könnte; welche Konsequenzen sich daraus ergeben könnten, dann fehlte mE X hier eine wesentliche Eigenschaft, die ich für die (Gesamt)-Freiheit von X als unerlässlich ansehe. X kann handlungsfrei sein, aber wenn X keine Entscheidungsfreiheit im o.g. Sinne hätte, dann würde man X wohl kaum als frei ansehen. Zusätzlich gibt es den "Manipulations-Einwand": wenn Y X ein bestimmtes Wollen W induzierte und X das nicht erkennen würde und W ausführen könnte, dann wäre X handlungsfrei bezüglich W. Jedoch eben auch ein von außen Gesteuerter und deswegen unfrei.
Nur wenn X sowohl hinreichende Handlungsfreiheit als auch hinreichende Entscheidungsfreiheit hätte, würde ich X als frei absehen. Fehlte eine der beiden Komponenten völlig, dann wäre X mE nicht "frei"zu nennen. Weder jemanden, der zwar tun kann, was er will, aber keine Ahnung hat, was das für Auswirkungen hat, noch jemanden, der zwar sich für alles Mögliche entscheiden könnte, das aber niemals in die Tat umsetzen könnte, könnte man mE "frei" nennen.
step hat folgendes geschrieben: | Unabhängig davon möchte ich aber auch Deine Unterscheidung als solche zumindest anzweifeln: Ich denke, Du kannst die Grenze nicht wirklich ziehen zwischen Entscheidung und Tat, nicht mal in Deinem Personenmodell. Worin genau besteht denn eine Tat wesentlich? |
Das ist nun wieder das Sorites-Argument, das mE ein Fehlschluss ist. Gemeinhin unterscheidet man zwischen Entscheidung und Handlung und diese Unterscheidung erscheint mir sinnvoll. Auch wenn man keine exakte Grenze angeben kann. ... |
Dass diese Unterscheidung innerhalb des Bewussten Kabbes ist, kann man sich ganz praktisch ansehen: Denken ist eine Handlung zu der ich mich entscheiden kann. Um es ganz einfach zu machen: Allein ob ich mir für eine Entscheidung eine oder zehn Minuten Zeit gebe, mich also für ein oberflächliches oder gründlicheres Denken entscheide, kann zu einer völlig anderen Endentscheidung führen. Da enthält das Entscheiden Handlungen (=Gedanken), die von anderen Entscheidungen abhängen. Wir haben bei diesem komplexen Ding, das unser Selbst erzeugt (von mir aus auch: das wir sind - darüber streite ich nicht) das selbe Phänomen wie in der Programmierung: Die Unterscheidung zwischen Programm bzw. Code und Daten ist nur bei den schlichten Programmen wirklich gegeben. Nun sind wir programmtechnisch alles andere als schlicht ....
Auch an einer anderen Stelle möchte ich dir widersprechen: Es bedarf keines "Manipulations-Einwandes", um auch bei dem (zumindest subjektiv) weitgehend bewusstseinsgesteuerten Tier Mensch auf die Feststellung "Handlungsfreiheit" bedeutet mE dies: "X kann tun, was er will". die Gegenfrage zu stellen: Kann er denn auch wollen, was er will? Subjektiv auf jeden Fall, objektiv ist das mit oder ohne Manipulator sehr fraglich.
Dagegen ist für mich das Wissen um die Konsequenzen vom Freiheitsstandpunkt her ähnlich vernachlässigbar wie das Wissen um die Voraussetzungen. Zum Einen fehlt die Abgrenzung: Eine vollständige Information über die Konsequenzen ist mindestens so unmöglich wie eine vollständige Information über den Status quo. Wie definierst Du die Toleranzen, innerhalb derer deine Information hinreichend ist? Aber ich sehe auch gar nicht, was das mit der Freiheit deiner Entscheidung zu tun hat. Womit es auf jeden Fall zu tun hat, ist die Qualität deiner Entscheidung aus einer historischen Perspektive. Aber das mit der Freiheit zu verknüpfen würde bedeuten, dass nur die historisch richtige Entscheidung rückblickend auch frei war. Das halte ich für einen Trugschluss. Freiheit bedeutet immer auch die Freiheit, auch Fehler zu machen.
fwo
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
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(#1847148) Verfasst am: 18.06.2013, 01:55 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Dass diese Unterscheidung innerhalb des Bewussten Kabbes ist, kann man sich ganz praktisch ansehen: Denken ist eine Handlung zu der ich mich entscheiden kann. |
Der wesentliche Unterschied hier ist mE der: der eine kann sich für rationales und reflektiertes Denken entscheiden, der andere nicht. Ersterer wäre mE freier als Letzterer.
fwo hat folgendes geschrieben: | Auch an einer anderen Stelle möchte ich dir widersprechen: Es bedarf keines "Manipulations-Einwandes", um auch bei dem (zumindest subjektiv) weitgehend bewusstseinsgesteuerten Tier Mensch auf die Feststellung "Handlungsfreiheit" bedeutet mE dies: "X kann tun, was er will". die Gegenfrage zu stellen: Kann er denn auch wollen, was er will? Subjektiv auf jeden Fall, objektiv ist das mit oder ohne Manipulator sehr fraglich. |
Nö. Nehmen wir mal beispielhaft jemanden, der gerade einen Schulabschluss gemacht hat. Was will er nun tun? Weiß er noch nicht, er antwortet also folgerichtig auf die Frage: "was willst Du nun machen?" mit: "weiß ich noch nicht, bin noch am Überlegen".
Nun tut er eben dieses - nämlich Überlegen - überlegt hin und her, wägt mögliche Optionen ab, erwägt Vor- und Nachteile, fragt Dritte dazu, (vielleicht hat er etwas übersehen), schläft ein paar mal darüber und am Ende entscheidet er sich für eine der Optionen. Kann er dann wollen, was er will, (in dem Sinne: kann er eine informierte Entscheidung treffen und daraus einen Willen bilden)? Ja, das kann er wohl dann offensichtlich.
Falls Du hier etwas anderes als das meinen solltest: was wäre das?
Wobei das nur ein Beispiel ist, solche lassen sich viele finden, die müssen nicht so ablaufen, können auch einfacher und schneller sein. Der Ablauf dabei ist hier vielleicht so zu sehen: 1. es gibt ein Problem, für das eine Lösung gesucht wird, 2. wie die Lösung aussieht, für was man sich entscheiden wird, was man wollen wird, weiß man noch nicht, (ansonsten könnte man sich die folgenden Punkte sparen), 3. es werden Optionen zur Lösung des Problemes generiert, 4. diese Optionen werden bewertet und so in eine Reihenfolge gebracht, 5. die als am besten angesehene Option wird ausgewählt und so in einen Willen überführt, bzw.: 5a. die bisher gefundenen Optionen sind alle noch nicht hinreichend überzeugend -> gehe zu 3.
fwo hat folgendes geschrieben: | Dagegen ist für mich das Wissen um die Konsequenzen vom Freiheitsstandpunkt her ähnlich vernachlässigbar wie das Wissen um die Voraussetzungen. Zum Einen fehlt die Abgrenzung: Eine vollständige Information über die Konsequenzen ist mindestens so unmöglich wie eine vollständige Information über den Status quo. |
Das ist nicht binär zu sehen. Obgleich vollständige Informationen nicht möglich sind, kann es dennoch mehr oder weniger Informationen, mehr oder weniger informierte Entscheidungen geben.
Es ist selbstverständlich ein Fehlschluss, zu sagen: "weil es keine vollständig informierte Entscheidung gibt, sind alle Entscheidungen als gleichermaßen (un)-informiert anzusehen".
Das sollte trivial sein.
fwo hat folgendes geschrieben: | Wie definierst Du die Toleranzen, innerhalb derer deine Information hinreichend ist? |
Das wird individuell unterschiedlich sein, ist eine persönliche Einschätzung, ggf. mithilfe Dritter, s.o. Die auch falsch sein kann, in dem Sinne: man sieht die selber (evtl. mithilfe Dritter) später als falsch an.
fwo hat folgendes geschrieben: | Aber ich sehe auch gar nicht, was das mit der Freiheit deiner Entscheidung zu tun hat. |
Das ist schlicht das, was ich unter "Freiheit" verstehe. Sind schon die notwendigen und hinreichenden Kriterien, (Entscheidungs- und Handlungsfreiheit im o.g. Sinne), um eine Person als frei anzusehen. Mag zwar sein, dass Du etwas anderes unter "Freiheit" verstehst, aber was das sein könnte, kann ich nun nicht riechen, das müsstest Du also mal explizit darlegen.
Die Frage hier ist also die: "objektiv frei" ist ein Wesen (oder vieleicht auch allgemeiner: eine beliebige Entität) nach fwo's Freiheitsbegriff dann, wenn folgende dafür notwendigen und hinreichenden Kriterien erfüllt sind: X, Y, Z, (etc.).
All diese Kriterien wären nun von Dir zu nennen.
Es wäre mE sehr hilfreich, wenn Du Deinen hier verwendeten Freiheitsbegriff mal offen legen würdest. Ansonsten lässt sich wohl kaum etwas darüber sagen, der ist dann schlicht nicht greifbar.
fwo hat folgendes geschrieben: | Womit es auf jeden Fall zu tun hat, ist die Qualität deiner Entscheidung aus einer historischen Perspektive. Aber das mit der Freiheit zu verknüpfen würde bedeuten, dass nur die historisch richtige Entscheidung rückblickend auch frei war. Das halte ich für einen Trugschluss. Freiheit bedeutet immer auch die Freiheit, auch Fehler zu machen. |
Jemand, der niemals einen Fehler machen würde, wäre demnach unfrei? Kommt mir erst mal merkwürdig vor. Wieso?
Du könntest zwar vielleicht sagen: das wäre kein Mensch, weil alle Menschen Fehler machen und daraus lernen. Okay, aber wieso wäre dieser Nicht-Mensch oder zumindest ungewöhnliche Mensch dadurch unfrei?
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