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Was haltet Ihr von Nagels Buch? |
Ich habe es gelesen, das Buch ist grottenschlecht |
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Ich habe es gelesen und fand das Buch anregend aber mit Schwächen |
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Ich habe es gelesen und fand das Buch gut |
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Ich habe es nicht gelesen und werde es aufgrund der wirren Argumentation auch nicht tun |
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Ich möchte es lesen, muss mich wohl aber dazu zwingen |
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Ich möchte es lesen und freue mich schon sehr darauf |
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Nagel und das Thema seines Buch interessieren mich nicht die Bohne |
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Stimmen insgesamt : 20 |
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1880421) Verfasst am: 10.11.2013, 14:51 Titel: Thomas Nagels Buch "Geist und Kosmos" |
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Ich habe mir gerade Nagels Buch bestellt, das in den USA und zunehmend auch hierzulande hohe Wellen schlägt. Nagel behauptet darin, kurz gesagt, dass die "materialistische Konzeption des Neodarwinismus" am Problem der Entstehung des Geistigen und des Lebens scheitere. Er legt daher eine Art "teleologische Erklärung" nahe, die er aber auch nicht explizieren kann.
Eigentlich nichts Neues, wäre man geneigt zu sagen, das sind halt typische Aussonderungen evolutionskritischer Cranks, denen man im Lager des Kreationismus ständig begegnet. Doch Nagel ist weder Evolutionsgegner noch religiös, er ist auch nicht irgendwer, sondern ein angesehener Philosoph. Das eigentlich Schlimme aber ist, dass die Rezeption in Deutschland eine ganze andere zu sein scheint als in den USA. Man schaue sich nur mal diese wachsweiche Rezension hier an, auf die mich jemand vorhin aufmerksam machte:
http://www.spektrum.de/rezension/geist-und-kosmos/1213283?utm_medium=newsletter&utm_source=sdw-nl&utm_campaign=sdw-nl-buchrezensionen#autorinfo
Ich werde mich vermutlich quälen müssen, dieses Buch zu lesen. Gemessen an dem, was ich bisher über das Buch weiß, ist die Argumentation gruselig bis zum Abwinken, eines Berufsphilosophen unwürdig. Allein der Untertitel ist unsäglich. Ich werde es trotzdem tun, aus gegebenem Anlass und meine Rezension dann an verschiedenen Stellen vorstellen.
Frage vorab: Wer von Euch hat das Buch gelesen, was ist Eure Meinung hierzu?
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1880425) Verfasst am: 10.11.2013, 15:10 Titel: |
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Ich hab's nicht gelesen, und nachdem ich von Nagel bereits diverse grausame Essays und die von Dir verlinkte Besprechung gelesen habe, werde ich es mir auch nicht antun. Wenn ich irgendetwas partout nicht ausstehen kann, ist das dieses Geblubber ohne konkret belegbare Thesen.
Was meint er eigentlich damit, daß Bewußtsein, wenn es emergent wäre, erst später in der Evolution hätte auftreten düren - verstehst Du das?
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1880433) Verfasst am: 10.11.2013, 15:48 Titel: |
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Habe zunächst die Originalausgabe gelesen, und nun, da ich das Gefühl hatte, daß mir doch zu viel entgangen ist, die deutsche Version fast durch. Ich wundere mich über die Vielzahl von Rezensionen und Meinungen. Wohl alles Menschen, die eine schnellere Auffassungsgabe haben als ich.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Myron Pansomatist
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3625
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1880463) Verfasst am: 10.11.2013, 18:49 Titel: |
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"We suspect that philosophers—even philosophers sympathetic to some of Nagel’s concerns—will be disappointed by the actual quality of the argument."
... aus dem letzten von Myrons links, den ich als einzigen davon auch gelesen hatte.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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smallie resistent!?
Anmeldungsdatum: 02.04.2010 Beiträge: 3726
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(#1880479) Verfasst am: 10.11.2013, 19:42 Titel: |
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Ich hab's gelesen - es ist grottenschlecht.
Wollte eines Tages einen Thread dazu aufmachen und hatte angefangen, ein paar Zitate daraus zu in einer Textdatei zu sammeln. Ich hab' es nicht über die ersten Kapitel hinaus geschafft, weil es in Arbeit ausartete - da mach' ich mir lieber Arbeit, bei der etwas herauskommen könnte.
step hat folgendes geschrieben: | Ich hab's nicht gelesen, und nachdem ich von Nagel bereits diverse grausame Essays und die von Dir verlinkte Besprechung gelesen habe, werde ich es mir auch nicht antun. Wenn ich irgendetwas partout nicht ausstehen kann, ist das dieses Geblubber ohne konkret belegbare Thesen. |
Es ist noch viel schlimmer. Das Geblubber von Nagel kann man meist durch konkrete Gegenbeispiele widerlegen. Er ist einer dieser Philosophen, die nichts davon mitbekommen, was in den Naturwissenschaften passiert.
Er scheint nicht zu wissen, daß auch Menschen - gezwungenermaßen hauptsächlich Blinde - rudimentäre Echoortung lernen können. Seine Frage How is it like to be a bat? ist damit gegenstandslos.
Interessant in diesem Zusammenhang auch eine Meldung, die kürzlich durch die Blogosphäre ging, daß Echoortung bei Fledermäusen und bei Delphinen auf dem gleichen evolutiven Weg entstanden ist. Und den Versuch, bei dem man Rhesusaffen (?), die nur zwei Farbzäpfchen besitzen per Gensonde einen dritten verschafft hat, mit dem sie problemlos umgehen können, kennt er bestimmt auch nicht. Sonst würde er nicht schreiben, was er so schreibt.
_________________ "There are two hard things in computer science: cache invalidation, naming things, and off-by-one errors."
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smallie resistent!?
Anmeldungsdatum: 02.04.2010 Beiträge: 3726
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(#1880520) Verfasst am: 10.11.2013, 22:41 Titel: |
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Einige Zitate, die ich damals gesammelt habe.
Zitat: | It is no longer legitimate simply to imagine a sequence of gradually evolving phenotypes, as if their appearance through mutations in the DNA were unproblematic [...] With regard to the origin of life, the problem is much harder, since the option of natural selection as an explanation is not available. |
Den ersten Satz möcht ich nicht kommentieren. Das hatten wir bereits ad nauseam.
Der zweite Satz ist schlicht falsch. Über das Thema wird spätestens seit 1995 spekuliert, als John Maynard Smith und Eörs Szathmáry The Major Transitions in Evolution veröffentlichten. Den Aufsatz sollte eigentlich auch Nagel kennen - der Aufsatz ist schließlich kein obskures Werk von unbekannten Autoren.
Zitat: | In the natural sciences as they have developed since the seventeenth century, the assumption of intelligibility has led to extraordinary discoveries, confirmed by prediction and experiment, of a hidden natural order that cannot be observed by human perception alone. Without the assumption of an intelligible underlying order, which long antedates the scientific revolution, those discoveries could not have been made.
What explains this order? |
Wie viel Chaos verträgt eine Welt, bevor sie zusammenbricht? Wie oft darf ein Faden im Gewebe der Welt reißen, ohne daß die Welt fadenscheinig wird?
Das beobachtbare Universum ist knapp 14 Milliarden Jahre alt. Ich vermag es nicht mal abzuschätzen, wie viele "quantenmechanische Schaltvorgänge" seit damals abgelaufen sind.
Wenn dabei unregelmäßig Fehler auftreten, würde es schlicht keine geordnete Welt geben. Daß die Welt intelligible ist, das ist Voraussetzung für intelligente Beobachter. Das ist nun wirklich Philosophy 101.
Zitat: | So what explains the existence of organisms like us must also explain the existence of mind. But if the mental is not itself merely physical, it cannot be fully explained by physical science. And then, as I shall argue, it is difficult to avoid the conclusion that those aspects of our physical constitution that bring with them the mental cannot be fully explained by physical science either. |
Ach menno. Was die immer haben mit dem Bewußtsein. Das ist doch ganz einfach.
Das Gehirn ist eine Assozitiationsmaschine. Außere Eindrücke werden inneren Repräsentationen zugeordnet. Bei hinreichend großem Gehirn wird auch dem "Wesen im Spiegel" eine Repräsentation zugeordnet. Schon haben wir das Ich-Bewußtsein.
Und warum gibt es bewußtes Erleben statt einer geistlosen Zombie-Existenz? Auch ganz einfach. Habt ihr schon mal etwas verlegt? Wenn man nach etwas sucht, dann ist es sicherlich zweckmäßig, sich bildlich zu vergegenwärtigen, wo und wie man es verlegt haben könnte.
Zitat: | On the other side there are doubts about whether the reality of such features of our world as consciousness, intentionality, meaning, purpose, thought, and value can be accommodated in a universe consisting at the most basic level only of physical facts—facts, however sophisticated, of the kind revealed by the physical sciences. |
Wenn ein Pflanzenfresser einem Beutegreifer entkommen möchte, dann braucht es dazu natürlich intentionality, meaning, purpose. Gleiches gilt für den Beutegreifer der Beute machen will, ja für alle höheren Lebewesen. Mit intentionality und purpose geht es besser.
Um einen Satz zu zitieren, der mir vor anderthalb Jahrzehnten eingefallen ist:
Zitat: | Der Unterschied zwischen Lebewesen und Maschinen ist, daß Maschinen zwar laufen, aber nicht um ihr Leben. |
_________________ "There are two hard things in computer science: cache invalidation, naming things, and off-by-one errors."
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1880528) Verfasst am: 10.11.2013, 23:16 Titel: |
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smallie hat folgendes geschrieben: | Er scheint nicht zu wissen, daß auch Menschen - gezwungenermaßen hauptsächlich Blinde - rudimentäre Echoortung lernen können. Seine Frage How is it like to be a bat? ist damit gegenstandslos. |
Wie es ist, sich mit Echoortung zu orientieren, weiß ein Sehender dennoch nicht. Dein Einwand verschiebt die Grenze hin zwischen denen, die (aus Erfahrung) wissen "wie etwas ist", und denen, die es nicht wissen. Die Fragestellung dahinter bleibt berechtigt, aber sie wird ein wenig undeutlicher. Es geht da ja nicht um Physiologie, oder die Fähigkeiten des Gehirns, verlustig gegangene Wahrnehmungsmöglichkeiten zu substituieren, sondern um die Frage, welchen epistemologischen Stellenwert Erfahrung hat. Insofern geht der Einwand an der Sache vorbei. Ein Blinder mit Echoortung kann seine Erfahrung schildern, aber die Schilderung kann vom Sehenden nicht vollständig aufgelöst und verstanden werden, da ihm die Voraussetzung dafür fehlt. Er kennt diese Erfahrung nicht.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#1880530) Verfasst am: 10.11.2013, 23:24 Titel: |
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kennst Du
Sztuden, A. (2013) 'Darwin and Dogma. On Leiter and Weisberg's Review of Mind and Cosmos' URL: http://www.themontrealreview.com/2009/Darwin-and-Dogma.php letzter Zugriff: 02.11.2013
In dieser Rezension wird die letzte Arbeit, die du zitiert hast, sehr scharf kritisiert, aber auch
Dupré, J. (2012) 'Rezension: Mind and Cosmos: Why the Materialist Neo-Darwinian Conception of Nature is Almost Certainly False' URL: http://ndpr.nd.edu/news/35163-mind-and-cosmos-why-the-materialist-neo-darwinian-conception-of-nature-is-almost-certainly-false/ letzter Zugriff: 02.11.2012
Interessant ist auch, die deutschen Rezensionen mit den englischen zu vergleichen (okay, Menschen von dem Kaliber wie die aus dem englischsprachigen Raum kenne ich jetzt nicht). Hier scheint man weniger aufgeregt an die Sache heranzugehen, das führt dann zu ganz komischen Rezensionen wie der folgenden:
Löhr, E. (2013) 'Nagel mit Köpfchen' URL: http://www.spektrum.de/rezension/geist-und-kosmos/1213283?utm_medium=newsletter&utm_source=sdw-nl&utm_campaign=sdw-nl-buchrezensionen letzter Zugriff: 10.11.2013
[edit: Kommata am Ende der Links entfert, damit sie funktionieren.]
_________________ Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)
Der Christengott ist immens schwach!
Zuletzt bearbeitet von El Schwalmo am 11.11.2013, 00:20, insgesamt einmal bearbeitet |
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1880532) Verfasst am: 10.11.2013, 23:33 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | smallie hat folgendes geschrieben: | Er scheint nicht zu wissen, daß auch Menschen - gezwungenermaßen hauptsächlich Blinde - rudimentäre Echoortung lernen können. Seine Frage How is it like to be a bat? ist damit gegenstandslos. |
Wie es ist, sich mit Echoortung zu orientieren, weiß ein Sehender dennoch nicht. Dein Einwand verschiebt die Grenze hin zwischen denen, die (aus Erfahrung) wissen "wie etwas ist", und denen, die es nicht wissen. Die Fragestellung dahinter bleibt berechtigt, aber sie wird ein wenig undeutlicher. Es geht da ja nicht um Physiologie, oder die Fähigkeiten des Gehirns, verlustig gegangene Wahrnehmungsmöglichkeiten zu substituieren, sondern um die Frage, welchen epistemologischen Stellenwert Erfahrung hat. Insofern geht der Einwand an der Sache vorbei. Ein Blinder mit Echoortung kann seine Erfahrung schildern, aber die Schilderung kann vom Sehenden nicht vollständig aufgelöst und verstanden werden, da ihm die Voraussetzung dafür fehlt. Er kennt diese Erfahrung nicht. |
Trotzdem ist das ein seltsames Argument. Ich habe mit einem Wissenschaftsphilosophen darüber diskutiert, es bezeichnet es als trivial, dass wir nicht wissen, wie es ist, eine Fledermaus zu sein - um das zu wissen, müssten wir schließlich das System der Fledermaus sein. Wir wissen auch nicht, wie es ist, sich auf dem roten Fleck des Jupiters aufzuhalten, und trotzdem verliert niemand einen Gedanken daran.
Davon abgesehen bin ich mir nicht sicher, ob Nagels Behauptung überhaupt stimmt. Das Beispiel der "Uexküllschen Zecken" hat gezeigt, dass wir uns sehr wohl ein Bild davon machen können, wie es ist, eine Zecke zu sein, sofern wir nur wissen, wie es ist, Wärme und Buttersäure zu detektieren. Wenn wir wissen, wie die Zecke das anstellt, dann können wir zumindest anschauliche "Krücken" bemühen, die uns lehren, wie es ist, eine Zecke zu sein (wenn wir mal für einen Moment außer Acht lassen, dass eine Zecke vermutlich gar kein Bewusstsein hat und somit eher wie ein "Roboter" funktioniert...)
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1880533) Verfasst am: 10.11.2013, 23:40 Titel: |
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smallie hat folgendes geschrieben: | Ich hab's gelesen - es ist grottenschlecht.
Wollte eines Tages einen Thread dazu aufmachen und hatte angefangen, ein paar Zitate daraus zu in einer Textdatei zu sammeln. Ich hab' es nicht über die ersten Kapitel hinaus geschafft, weil es in Arbeit ausartete - da mach' ich mir lieber Arbeit, bei der etwas herauskommen könnte.
step hat folgendes geschrieben: | Ich hab's nicht gelesen, und nachdem ich von Nagel bereits diverse grausame Essays und die von Dir verlinkte Besprechung gelesen habe, werde ich es mir auch nicht antun. Wenn ich irgendetwas partout nicht ausstehen kann, ist das dieses Geblubber ohne konkret belegbare Thesen. |
Es ist noch viel schlimmer. Das Geblubber von Nagel kann man meist durch konkrete Gegenbeispiele widerlegen. Er ist einer dieser Philosophen, die nichts davon mitbekommen, was in den Naturwissenschaften passiert.
Er scheint nicht zu wissen, daß auch Menschen - gezwungenermaßen hauptsächlich Blinde - rudimentäre Echoortung lernen können. Seine Frage How is it like to be a bat? ist damit gegenstandslos. |
Noch schlimmer; das Beispiel wird vermutlich dahingehend falsch interpretiert, dass Fledermäuse kein (ausgeprägtes) Bewusstsein besitzen. Vermutlich handeln sie rein instinktiv und können keine höheren mentalen Leistungen vollbringen. Insofern wäre es vermutlich sehr langweilig zu wissen, wie es ist, eine Fledermaus zu sein. All das können aber nur die Neurowissenschaften herausfinden, von denen Nagel kurioserweise behauptet, sie würden am Problem des Geistigen scheitern.
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#1880535) Verfasst am: 10.11.2013, 23:46 Titel: |
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smallie hat folgendes geschrieben: | Ich hab's gelesen - es ist grottenschlecht. |
kommt darauf an, was man von dem Buch erwartet. Der Untertitel ist in etwa so gut wie der Titel von Dawkins vorletztem Buch. In beiden Fällen findet man im Buch nicht die erforderlichen Argumente.
smallie hat folgendes geschrieben: | Wollte eines Tages einen Thread dazu aufmachen und hatte angefangen, ein paar Zitate daraus zu in einer Textdatei zu sammeln. Ich hab' es nicht über die ersten Kapitel hinaus geschafft, weil es in Arbeit ausartete - da mach' ich mir lieber Arbeit, bei der etwas herauskommen könnte. |
Nagel wird eigentlich erst ab dem 3. Kapitel einigermaßen kompetent.
smallie hat folgendes geschrieben: | Es ist noch viel schlimmer. Das Geblubber von Nagel kann man meist durch konkrete Gegenbeispiele widerlegen. Er ist einer dieser Philosophen, die nichts davon mitbekommen, was in den Naturwissenschaften passiert. |
Im Bereich der Naturwissenschaften hast du ziemlich Recht. Aber die Probleme, die Nagel auf anderen Gebieten anspricht, sind durchaus anders.
smallie hat folgendes geschrieben: | Er scheint nicht zu wissen, daß auch Menschen - gezwungenermaßen hauptsächlich Blinde - rudimentäre Echoortung lernen können. Seine Frage ,,How is it like to be a bat? ist damit gegenstandslos. |
Ich vermute, dass Nagel etwas vollkommen anderes vertritt. Ein Mensch, der zu Echoortung fähig ist, hat das als Mensch. Wie sich das bei einer Fledermaus anfühlt hat er damit noch lange nicht erfahren.
Du kannst das Problem einfacher formulieren: Ist das, was du als 'gelb' empfindest, dieselbe Empfindung, die ich habe?
Nagels Problem ist ein anderes. Er strebt nach einer intelligiblen Welt. Als Nicht-Theist (er hat gegen den Theismus nur emotionale Argumente, schau vielleicht mal in die Rezension von
Plantinga, A. (2012) 'Why Darwinist Materialism is Wrong' URL: http://www.newrepublic.com/article/books-and-arts/magazine/110189/why-darwinist-materialism-wrong letzter Zugriff: 02.11.2013
) und die Naturwissenschaften können das, was er sucht, nicht bieten (aus mehreren Gründen, die Nagel durchaus anführt, die aber zeigen, dass er von der Philosophie der Naturwissenschaften wenig versteht). Nun sucht er, ziemlich verzweifelt, einen dritten Weg, den er 'natural teleology' nennt, aber im Buch nur andeutet. Ist irgendwas in Richtung Panpsychismus, gekoppelt mit Teleologie.
Nagel hat es versäumt, das Positive auszuarbeiten und seine Kritik trägt, zumindest was den Untertitel anbelangt, nicht. Stünde dort 'möglicherweise falsch' oder 'in relevanten Bereichen unvollständig' hätte Nagel Recht.
_________________ Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1880536) Verfasst am: 10.11.2013, 23:48 Titel: |
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | smallie hat folgendes geschrieben: | Er scheint nicht zu wissen, daß auch Menschen - gezwungenermaßen hauptsächlich Blinde - rudimentäre Echoortung lernen können. Seine Frage How is it like to be a bat? ist damit gegenstandslos. |
Wie es ist, sich mit Echoortung zu orientieren, weiß ein Sehender dennoch nicht. Dein Einwand verschiebt die Grenze hin zwischen denen, die (aus Erfahrung) wissen "wie etwas ist", und denen, die es nicht wissen. Die Fragestellung dahinter bleibt berechtigt, aber sie wird ein wenig undeutlicher. Es geht da ja nicht um Physiologie, oder die Fähigkeiten des Gehirns, verlustig gegangene Wahrnehmungsmöglichkeiten zu substituieren, sondern um die Frage, welchen epistemologischen Stellenwert Erfahrung hat. Insofern geht der Einwand an der Sache vorbei. Ein Blinder mit Echoortung kann seine Erfahrung schildern, aber die Schilderung kann vom Sehenden nicht vollständig aufgelöst und verstanden werden, da ihm die Voraussetzung dafür fehlt. Er kennt diese Erfahrung nicht. |
Trotzdem ist das ein seltsames Argument. Ich habe mit einem Wissenschaftsphilosophen darüber diskutiert, es bezeichnet es als trivial, dass wir nicht wissen, wie es ist, eine Fledermaus zu sein - um das zu wissen, müssten wir schließlich das System der Fledermaus sein. Wir wissen auch nicht, wie es ist, sich auf dem roten Fleck des Jupiters aufzuhalten, und trotzdem verliert niemand einen Gedanken daran.
Davon abgesehen bin ich mir nicht sicher, ob Nagels Behauptung überhaupt stimmt. Das Beispiel der "Uexküllschen Zecken" hat gezeigt, dass wir uns sehr wohl ein Bild davon machen können, wie es ist, eine Zecke zu sein, sofern wir nur wissen, wie es ist, Wärme und Buttersäure zu detektieren. Wenn wir wissen, wie die Zecke das anstellt, dann können wir zumindest anschauliche "Krücken" bemühen, die uns lehren, wie es ist, eine Zecke zu sein (wenn wir mal für einen Moment außer Acht lassen, dass eine Zecke vermutlich gar kein Bewusstsein hat und somit eher wie ein "Roboter" funktioniert...) |
Ich weiß nicht ob es seltsam ist. Ich finde es nicht seltsam, sondern es zeigt auf ein ungelöstes Problem. Aber es wird jedenfalls durch smallies Einwand nicht hinfällig. Darauf kam es mir an.
Das hier kennst Du sicher:
http://de.wikipedia.org/wiki/Mary_%28Gedankenexperiment%29
Nagels aktuelles Buch steht mit dieser Geschichte übrigens nicht im direkten Zusammenhang, soweit ich das beurteilen kann.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#1880537) Verfasst am: 10.11.2013, 23:52 Titel: |
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Noch schlimmer; das Beispiel wird vermutlich dahingehend falsch interpretiert, |
ich denke, du solltest Nagels Artikel
einfach mal lesen, dann könntest du auf 'vermutlich' verzichten.
Du kannst aber auch
lesen, vielleicht gefällt dir das besser. Oder, ganz allgemein, in
Du magst es drehen und wenden, wie du willst, Nagel hat zwar sein Blatt überreizt, indem er Aussagen über Naturwissenschaften machte, aber er hat durchaus sehr wichtige Gedanken formuliert, eben solche, die innerhalb der Philosophie sehr umstritten sind. Hätte er seine Darstellung auf diesen Bereich beschränkt, hätte er ein Argument. Sogar dagegen, dass die Naturwissenschaften hier besonders viel zur Diskussion beitragen können. Aber mit dem stärksten Argumenten, die er hat, hat er noch nichts in der Hand, was den Untertitel rechtfertigen könnte.
_________________ Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1880539) Verfasst am: 11.11.2013, 00:09 Titel: |
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Noch schlimmer; das Beispiel wird vermutlich dahingehend falsch interpretiert, |
ich denke, du solltest Nagels Artikel
einfach mal lesen, dann könntest du auf 'vermutlich' verzichten. |
Ich habe das Artikelchen gelesen und finde die Argumentation trotzdem abseitig. Das "vermutlich" bezieht auf etwas anders, nämlich die Frage, ob Fledermäuse überhaupt selber wissen "wie es ist", eine Fledermaus zu sein. Ob sie eine Erlebnisperspektive haben, das können nur die Neurowissenschaften herausfinden. Ich könnte mich den ganzen Tag lang fragen, wie es ist, ein Roboter zu sein, aber ich erkenne darin einfach keine sinnvolle philosophische Fragestellung.
Es geht doch hier um etwas anderes, nämlich um das "Qualiaproblem". An Nagels Stelle hätte ich das Beispiel eines Synästhetikers bemüht und daran die Argument entsponnen, das wäre sinnvoller gewesen. Er macht das zum Schluss ja auch, indem er das Beispiel mit dem Blinden erwähnt. Trotzdem wäre die Behauptung, die Neurowissenschaften stünden vor einer prinzipiellen Erkenntnisgrenze, wenn sie versuchten, die Erlebnisperspektive eines Gehirnbesitzers zu ergründen, voreilig. Solche Behauptungen erinnern mich immer an die Prognose, der Mensch werde niemals einen Fuß auf den Mond setzen - egal, wie weit die Technik auch voran schreiten werde.
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#1880541) Verfasst am: 11.11.2013, 00:19 Titel: |
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Ich habe das Artikelchen gelesen und finde die Argumentation trotzdem abseitig. |
hmmm, okay.
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Das "vermutlich" bezieht auf etwas anders, nämlich die Frage, ob Fledermäuse überhaupt selber wissen "wie es ist", eine Fledermaus zu sein. Ob sie eine Erlebnisperspektive haben, das können nur die Neurowissenschaften herausfinden. |
Ich vermute, dass nicht einmal die es können. Das kann aber nur die Zukunft zeigen.
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Ich könnte mich den ganzen Tag lang fragen, wie es ist, ein Roboter zu sein, aber ich erkenne darin einfach keine sinnvolle philosophische Fragestellung. |
Dann überleg dir vielleicht, warum es beim Menschen das gibt, was es bei der Fledermaus deiner Meinung nach nicht gibt, und ob 'Emergenz' eine allgemein anerkannte Erklärung ist.
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Es geht doch hier um etwas anderes, nämlich um das "Qualiaproblem". |
Yepp.
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | An Nagels Stelle hätte ich das Beispiel eines Synästhetikers bemüht und daran die Argument entsponnen, das wäre sinnvoller gewesen. |
Hmm, Nagels Artikelchen scheint so sinnvoll zu sein, dass es viel gelesen wird.
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Er macht das zum Schluss ja auch, indem er das Beispiel mit dem Blinden erwähnt. Trotzdem wäre die Behauptung, die Neurowissenschaften stünden vor einer prinzipiellen Erkenntnisgrenze, wenn sie versuchten, die Erlebnisperspektive eines Gehirnbesitzers zu ergründen, voreilig. |
Darauf können wir uns einigen. Wie aber nennen wir die Position, die behauptet, dass die Neurowissenschaften das prinzipiell können?
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Solche Behauptungen erinnern mich immer an die Prognose, der Mensch werde niemals einen Fuß auf den Mond setzen - egal, wie weit die Technik auch voran schreiten werde. |
Wie gesagt, ich plädiere wie du für Vorsicht. Niemand weiß, was die Zukunft bringen wird.
_________________ Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)
Der Christengott ist immens schwach!
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#1880547) Verfasst am: 11.11.2013, 00:46 Titel: |
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Nach ein paar der Rezensionen, auch der positiven und der, welche die scharfe Kritik von Leiter und Weisberg zurückzuweisen versucht, bin ich ziemlich entsetzt von der Qualität, die das Buch von Nagel anscheinend hat. Wer sich in Philosophie der Biologie oder Naturwissenschaften betätigen will, sollte dann doch etwas mehr Mühe auftun und sich mit den tatsächlichen Arbeiten dort auch wirklich beschäftigen, was Nagel ja explizit nicht getan hat. Er muss ja nicht selber naturwissenschaftlich forschen, aber er sollte die entsprechenden wichtigsten Texte wenigstens kennen. Außerdem finde ich die Absolutheit mit der er die Existenz moralischer Tatsachen zu behaupten scheint ziemlich erstaunlich für einen Philosophen. Meine knappe Zeit ist sein Buch daher nicht wert.
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1880548) Verfasst am: 11.11.2013, 00:55 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | Wer sich in Philosophie der Biologie oder Naturwissenschaften betätigen will, sollte dann doch etwas mehr Mühe auftun und sich mit den tatsächlichen Arbeiten dort auch wirklich beschäftigen, was Nagel ja explizit nicht getan hat. Er muss ja nicht selber naturwissenschaftlich forschen, aber er sollte die entsprechenden wichtigsten Texte wenigstens kennen. |
Das sehe ich auch so. Mit Arbeiten, die den Ursprung des Lebens ergründen, Manfred Eigens Forschungen beispielsweise, scheint er sich kaum beschäftigt zu haben. Das ist eigentlich ein No-Go:
Blackburn hat folgendes geschrieben: | Nagel holds that there is a negligible probability that “self-reproducing life forms should have come into existence spontaneously”, and here, too, it is hard to believe that the Darwinian chemist has been given a fair hearing. The question is whether large organic molecules might have come to catalyse their own reproduction, or the conditions for their own stability in a prebiotic soup, thereby providing a platform or launchpad for an RNA world. This is not the question of whether “life” sprang into being spontaneously, and neither is Nagel’s estimate of the vanishingly low probability of a gradualist story particularly authoritative. |
http://www.newstatesman.com/culture/culture/2012/11/thomas-nagel-philosopher-who-confesses-finding-things-bewildering
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#1880553) Verfasst am: 11.11.2013, 01:34 Titel: |
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Blackburn hat folgendes geschrieben: | If there were a philosophical Vatican, the book would be a good candidate for going on to the Index. |
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1880560) Verfasst am: 11.11.2013, 06:53 Titel: |
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Nach meinem Verständnis sind das eher Nebenkriegsschauplätze (na gut, vielleicht ist das auch zu grob). Dreh- und Angelpunkt ist die Frage: Kann die Evolutionstheorie erklären, wie der Geist in die Welt kommt? Wenn nicht, dann gibt es eine Erklärungslücke, sofern man der Meinung ist, daß der Geist ein wirksamer Faktor in der Welt ist. Eliminative Materialisten haben da also sowieso kein Problem.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#1880561) Verfasst am: 11.11.2013, 07:28 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | Blackburn hat folgendes geschrieben: | If there were a philosophical Vatican, the book would be a good candidate for going on to the Index. |
:lol: |
hast du auch gelesen, warum es auf diesen Index soll?
Das ist nur mit den Verhältnissen in Amiland zu erklären. Keine Ahnung, ob wir uns in Deutschland danach richten sollen.
_________________ Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)
Der Christengott ist immens schwach!
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#1880562) Verfasst am: 11.11.2013, 07:43 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Nach meinem Verständnis sind das eher Nebenkriegsschauplätze (na gut, vielleicht ist das auch zu grob). |
sehe ich auch so. Aber wenn Nagel zulässt, dass sein Buch so einen Untertitel tragen darf, ist er selber schuld.
zelig hat folgendes geschrieben: | Dreh- und Angelpunkt ist die Frage: Kann die Evolutionstheorie erklären, wie der Geist in die Welt kommt? Wenn nicht, dann gibt es eine Erklärungslücke, sofern man der Meinung ist, daß der Geist ein wirksamer Faktor in der Welt ist. Eliminative Materialisten haben da also sowieso kein Problem. |
Exakt der Punkt. Das kommt schon im ersten Satz des Buchs zum Ausdruck:
Zitat: | The aim of this book is to argue that the mind-body problem is not just a local problem, having to do with the relation between mind, brain, and behavior in living animal organisms, but that it invades our understanding of the entire cosmos and its history. |
Der nächste Satz:
Zitat: | The physical sciences and evolutionary biology cannot be kept insulated from it, and I believe a true appreciation of the difficulty of the problem must eventually change our conception of the place of the physical sciences in describing the natural order. |
Das ist dann schon ein wichtiges Zeichen, dass es nun um 'the eye of the beholder' geht. Nagel sehnt sich nach einem intelligiblen Universum, sieht, dass die Naturwissenschaften behaupten, sie hätten eine Lösung (nach deren Kriterien, und in populären Arbeiten als 'reduktionistischer Materialismus' vertreten), von der Nagel meint, sie sei keine.
Das Problem besteht darin, dass Nagel als Mensch, der sich, wie er selber schreibt, mit Naturwissenschaften nur auf der Ebene der Populärliteratur befasst hat, beansprucht, prinzipielle Probleme der Naturwissenschaften aufzuzeigen. Also in etwa so was wie den Entropiesatz oder in der Mathematik den Gödel-Satz. Klar, dass Naturwissenschaftler dagegen anrennen.
Allerdings merkt man auch teilweise das 'schlechte Gewissen'. So wird beispielsweise in Rezensionen auf der einen Seite betont, dass Nagel ein veraltetes oder gar nicht verbreitetes Denken kritisiert, wofür er nur Weinberg und Dennett als Beispiele nennt, andererseits sind Blog-Beiträge prallvoll mit genau dem Denken, das Nagel kritisiert. Ist ein wenig wie mit Intelligent Design, von dem immer lauthals betont wird, es sei nicht naturwissenschaftlich, und dann wird versucht, es mit naturwissenschaftlichen Argumenten zu widerlegen.
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#1880566) Verfasst am: 11.11.2013, 08:23 Titel: |
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Wie aber nennen wir die Position, die behauptet, dass die Neurowissenschaften das prinzipiell können? |
Vermutlich eine heuristisch brauchbare Methodologie 8) |
Nagel würde wohl 'Hybris' oder 'Chutzpah' sagen ;->
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#1880569) Verfasst am: 11.11.2013, 09:34 Titel: |
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Kival hat folgendes geschrieben: | Blackburn hat folgendes geschrieben: | If there were a philosophical Vatican, the book would be a good candidate for going on to the Index. |
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hast du auch gelesen, warum es auf diesen Index soll? |
Ja. Und schon dort ist es nicht wirklich ernst gemeint.
Zitat: | Das ist nur mit den Verhältnissen in Amiland zu erklären. Keine Ahnung, ob wir uns in Deutschland danach richten sollen. |
Natürlich nicht. Es ist nur lustig.
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Nagels Untertitel ist doch kein Unfall, es war kalkuliert und dementsprechend muss das Buch auch auf der von derm Untertitel aufgespannten Ebene ernst genommen werden. Ich finde auch seine Beiträge zur Geist-Debatte nicht überzeugend, aber die sind wenigstens nicht so absurd, wie seine hiesigen zur Philosophie der Naturwissenschaften und - eigentlich noch erschreckender für einen der angeblich führenden Moralphilosophen - zur Moralphilosophie.
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#1880581) Verfasst am: 11.11.2013, 11:02 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Das ist nur mit den Verhältnissen in Amiland zu erklären. Keine Ahnung, ob wir uns in Deutschland danach richten sollen. |
Natürlich nicht. Es ist nur lustig. :roll: |
hmmm, 'lustig' finde ich das nicht, eher traurig. Mir ist schon mehrfach aufgefallen, dass in Amiland gefordert wird, dass man neben dem Inhalt auch noch die Motivation und mögliche Risiken und Nebenwirkungen von Arbeiten beachtet.
Nur nebenbei, hast du das dritte Posting unter dem Artikel gelesen? Ist durchaus was Wahres dran. Noch deutlicher wird das in einschlägigen Diskussionsforen. Ich vermute, dass man Nagel nicht gerade vorwerfen kann, einen Strohmann abzufackeln, selbst wenn das für die aktiven Naturwissenschaftler, die ihre erkenntnistheoretischen Hausaufgaben gemacht haben, nicht gilt.
Kival hat folgendes geschrieben: | Nagels Untertitel ist doch kein Unfall, es war kalkuliert und dementsprechend muss das Buch auch auf der von derm Untertitel aufgespannten Ebene ernst genommen werden. |
Ich denke da immer an den deutschen Titel von Dawkins vorletztem Buch.
Kival hat folgendes geschrieben: | Ich finde auch seine Beiträge zur Geist-Debatte nicht überzeugend, aber die sind wenigstens nicht so absurd, wie seine hiesigen zur Philosophie der Naturwissenschaften und - eigentlich noch erschreckender für einen der angeblich führenden Moralphilosophen - zur Moralphilosophie. |
Eben. Auf diesen Punkt sind wir noch gar nicht zu sprechen gekommen. Nagels Beiträge zur Geist-Debatte waren zumindest richtungsweisend und enorm erfolgreich, wenn auch vermutlich nicht unbedingt in die richtige Richtung. Anregend aber auf jeden Fall.
Aber die Behauptung, dass es objektive Normen gibt, ist doch, gelinde gesagt, mehr als umstritten.
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#1880589) Verfasst am: 11.11.2013, 11:39 Titel: |
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Kival hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Das ist nur mit den Verhältnissen in Amiland zu erklären. Keine Ahnung, ob wir uns in Deutschland danach richten sollen. |
Natürlich nicht. Es ist nur lustig. |
hmmm, 'lustig' finde ich das nicht, eher traurig. Mir ist schon mehrfach aufgefallen, dass in Amiland gefordert wird, dass man neben dem Inhalt auch noch die Motivation und mögliche Risiken und Nebenwirkungen von Arbeiten beachtet. |
Natürlich sollte man das. Alles andere wäre naiv. Aber um das nochmal zu zitieren:
Blackburn hat folgendes geschrieben: | There is charm to reading a philosopher who confesses to finding things bewildering. But I regret the appearance of this book. It will only bring comfort to creationists and fans of “intelligent design”, who will not be too bothered about the difference between their divine architect and Nagel’s natural providence. It will give ammunition to those triumphalist scientists who pronounce that philosophy is best pensioned off. |
Der Punkt ist, dass das Buch a) philosophisch schlecht und b) Gegnern der Evolutionstheorie *und* Gegner der (Wissenschafts-)philosophie ihr jeweiliges Bild bekräftigt. Nicht nur werden IDler und Kreationisten das Buch als Argument für ihre Seite missverstehen, zudem wirft es auch ein denkbar schlechtes Licht auf die Wissenschaftsphilosophie (die anders als Nagel sich i.A. durchaus mit dem, worüber sie reden, auseinandersetzen). Der Indizierungswunsch ist natürlich ironisch gemeint, auch wenn das einige versuchen zu ignorieren.
Zitat: | Nur nebenbei, hast du das dritte Posting unter dem Artikel geleseechn? Ist durchaus was Wahres dran. Noch deutlicher wird das in einschlägigen Diskussionsforen. Ich vermute, dass man Nagel nicht gerade vorwerfen kann, einen Strohmann abzufackeln, selbst wenn das für die aktiven Naturwissenschaftler, die ihre erkenntnistheoretischen Hausaufgaben gemacht haben, nicht gilt. |
Doch, er fackelt einen Strohmann ab (wenn das stimmt, was in den Reviews steht und zitiert wird). Er konstruiert eine möglichst naive Version des Materialismus-Naturalismus, ignoriert aber selbst die Argumente, die es *dafür* gibt, und meint damit den "darwinistischen Materialismus" beerdigt zu haben. Er tut so ziemlich genau das, was Du manchen Gegnern von ID vorwirfst, er baut sich ein möglichst simpel zu dekonstruierendes "Feindbild" auf.
Zitat: |
Ich denke da immer an den deutschen Titel von Dawkins vorletztem Buch. |
Da kann ich dir nicht folgen, ich halte nicht viel von Dawkins (weder seiner Variante der Evolutionstheorie, noch seinen naiven Vorstellungen kultureller Ideen oder seiner Versuche, Philosophie zu betreiben) und habe deshalb die Entwicklungen diesbezüglich auch nicht mehr verfolgt. Kannst Du in zwei, drei Sätzen zusammenfassen, was Du meinst? (oder verlinken)
Zitat: | Kival hat folgendes geschrieben: | Ich finde auch seine Beiträge zur Geist-Debatte nicht überzeugend, aber die sind wenigstens nicht so absurd, wie seine hiesigen zur Philosophie der Naturwissenschaften und - eigentlich noch erschreckender für einen der angeblich führenden Moralphilosophen - zur Moralphilosophie. |
Eben. Auf diesen Punkt sind wir noch gar nicht zu sprechen gekommen. Nagels Beiträge zur Geist-Debatte waren zumindest richtungsweisend und enorm erfolgreich, wenn auch vermutlich nicht unbedingt in die richtige Richtung. Anregend aber auf jeden Fall.
Aber die Behauptung, dass es objektive Normen gibt, ist doch, gelinde gesagt, mehr als umstritten. |
Ich kann mir auch kaum vorstellen, dass er das so apodiktisch vertritt und dann auch noch die Falschheit von Seinsaussagen aus dem Sollen ableitet. Das ist schon fast philosophie-reaktionär und wäre ein grotesker Rückschritt im philosophischen Diskurs. Vielleicht habe ich den auch zu positiv wahrgenommen und den Konsens bezüglich der relativen Unmöglichkeit vom Sein aufs Sollen und vom Sollen aufs Sein zu schließen überschätzt. Steht das wirklich so bei ihm?
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1880593) Verfasst am: 11.11.2013, 11:53 Titel: |
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Wie aber nennen wir die Position, die behauptet, dass die Neurowissenschaften das prinzipiell können? |
Vermutlich eine heuristisch brauchbare Methodologie |
Nagel würde wohl 'Hybris' oder 'Chutzpah' sagen ;-> |
Ich vermute, dass Nagel überhaupt nicht begreift, was Wissenschaftler umtreibt. Einen Menschen, der resigniert die Hände in den Schoß legt und sagt, "das werden wir niemals erklären können", könnte Nagel in seinem Club willkommen heißen, wäre aber als Wissenschaftler eine Fehlbesetzung. Was aus Nagels Feder fließt, ist bestenfalls der Ausfluss intellektueller Faulheit.
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#1880605) Verfasst am: 11.11.2013, 12:21 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | Zitat: |
Ich denke da immer an den deutschen Titel von Dawkins vorletztem Buch. |
Da kann ich dir nicht folgen, ich halte nicht viel von Dawkins (weder seiner Variante der Evolutionstheorie, noch seinen naiven Vorstellungen kultureller Ideen oder seiner Versuche, Philosophie zu betreiben) und habe deshalb die Entwicklungen diesbezüglich auch nicht mehr verfolgt. Kannst Du in zwei, drei Sätzen zusammenfassen, was Du meinst? (oder verlinken) |
Der Titel des Buch heißt: "Die Schöpfungslüge - warum Darwin recht hat". Liest man das Buch, merkt man aber, dass es allenfalls am Rande um Schöpfung geht, sondern um Evolution. Schöpfung wird dort auch nicht zu widerlegen oder als Lüge darzustellen versucht. Der Titel ist daher eine Fehlleistung, die sich der deutsche Verlag hat einfallen lassen, weil sich Bücher mit reißerischen Titeln im Allgemeinen besser verkaufen. Im Englischen heißt das Buch ganz anders.
M.E. hinkt der Vergleich, aus mehreren Gründen: In Nagels Fall findet sich der reißerische Untertitel sowohl in der englischen als auch in der deutschen Ausgabe. Zudem steht Nagel inhaltlich voll hinter ihm. Es liegt deshalb die Vermutung nahe, dass ihn Nagel bewusst wählte, es sich also nicht bloß um eine verkaufsfördernde Übertreibung des Verlags handelt.
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