Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen |
Autor |
Nachricht |
mondkalbnatur links-grün versiffte Kampflesbe
Anmeldungsdatum: 29.08.2010 Beiträge: 495
Wohnort: Wien/Paderborn
|
(#1902645) Verfasst am: 14.02.2014, 20:18 Titel: Religiöse Wurzeln individueller Freiheit |
|
|
Gerade bei Isaiah Berlin folgende Passage gelesen:
"Der Wunsch, unbehelligt zu bleiben, in Ruhe gelassen zu werden, war sowohl bei Individuen als auch bei ganzen Gesellschaften immer ein Anzeichen hoher Kultur. Der Sinn für die Privatsphäre, dafür, daß der Bezirk der persönlichen Beziehungen unantasbar sein sollte erwächst aus einer Freiheitsauffassung, die trotz ihrer religiösen Wurzeln kaum weiter zurückreicht als bis in die Renaissance oder die Reformationszeit. Ihr Niedergang wäre jedoch ein Anzeichen für den Tod einer ganzen Zivilisation und ihrer Ethik." in: Berlin, Isaiah: „Zwei Freiheitsbegriffe“ in: ders.: Freiheit. Vier Versuche. Frankfurt a. M.: Fischer Taschenbuch Verlag, 2006. S. 209
Ich frage mich schon länger, inwiefern das Christentum (und die Bibelexegese) (sofern das hier gemeint ist) an der Hervorstellung des Individuums in der Gesellschaft beteiligt war, im Positiven wie im Negativen. Auch in Bezug auf die Dialektik der Aufklärung, womit ich mich ein bisschen beschäftigt habe ist es interessant, wieweit Religion - auch hier besonders die christliche - heute noch am unantastbaren Wert des Individuums und seiner persönlichen Freiheit teilhaben kann.
Freue mich auch über Lektürehinweise!
P.S.: Hab just Kurt Flaschs "Warum ich kein Christ bin" durchgelesen und auch er macht eindeutig klar, dass nicht alles in dieser Geschichtensammlung absolut hanebüchen ist und durchaus ethisch relevante Geschichten auf Lager hat, die nicht ohne Grund und nicht bedauernstwerterweise Einfluss auf unser Wertesystem hatten und haben.
_________________ Kennste einen, kennste alle.
|
|
Nach oben |
|
 |
step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
|
(#1902657) Verfasst am: 14.02.2014, 21:58 Titel: Re: Religiöse Wurzeln individueller Freiheit |
|
|
mondkalbnatur hat folgendes geschrieben: | Ich frage mich schon länger, inwiefern das Christentum (und die Bibelexegese) (sofern das hier gemeint ist) an der Hervorstellung des Individuums in der Gesellschaft beteiligt war, im Positiven wie im Negativen. |
"Das Christentum" - was immer das ist - definiert eine für damalige Verhältnisse recht originelle Art ein individuelles, persönliches Verhältnis zu Gott, aber christliche Gesellschaften waren doch mE auf weltlicher Ebene eher kollektivistisch geprägt, bis zur Aufklärung und Säkularisation. Auch heute noch ist der Individualismus in stark christlich dominierten Gegenden schwächer ausgeprägt. Zudem betont das Christentum sehr stark das Individuum, wenn es um Sünde und Erlösung geht, nicht aber, wenn moralische Liberalität, geistige Selbständigkeit und die Interessen des Einzelnen gefragt sind.
Die "Erfindung" des Individuums sehe ich am ehesten in den Gesellschaften, die erstmalig einer breiteren Schicht Zugang zur Verwirklichung höherer Inteessen gab, also etwa bei den antiken Griechen. Aristoteles hat sich ja u.a. mit dem Dilamma Individuum/Gemeinschaft beschäftigt.
mondkalbnatur hat folgendes geschrieben: | Auch in Bezug auf die Dialektik der Aufklärung, womit ich mich ein bisschen beschäftigt habe ist es interessant, wieweit Religion - auch hier besonders die christliche - heute noch am unantastbaren Wert des Individuums und seiner persönlichen Freiheit teilhaben kann. |
Ja, die Unantastbarkeit ... ich denke, das Christentum ist da zweischneidig. Man kann herauslesen, daß der Wert eines Menschen unantastbar hoch ist, aber auch das Gegenteil (Hölle, deus lo vult, protestantische Wirtschaftsethik, ...). Vielleicht kann man sagen, daß manch humanistisch gepolter Mensch im Christentum eine Bestärkung fand?
mondkalbnatur hat folgendes geschrieben: | Freue mich auch über Lektürehinweise! |
Dir (mir nicht) könnte Charles Taylor gefallen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Charles_Taylor_%28Philosoph%29
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
|
|
Nach oben |
|
 |
Eklatant Selbstwiderspruch
Anmeldungsdatum: 25.07.2005 Beiträge: 535
|
(#1902659) Verfasst am: 14.02.2014, 22:17 Titel: Re: Religiöse Wurzeln individueller Freiheit |
|
|
step hat folgendes geschrieben: | mondkalbnatur hat folgendes geschrieben: | Ich frage mich schon länger, inwiefern das Christentum (und die Bibelexegese) (sofern das hier gemeint ist) an der Hervorstellung des Individuums in der Gesellschaft beteiligt war, im Positiven wie im Negativen. |
"Das Christentum" - was immer das ist - definiert eine für damalige Verhältnisse recht originelle Art ein individuelles, persönliches Verhältnis zu Gott, |
Du meinst einem Gottkonstrukt. Es liest sich ein wenig so als wäre der Begriff klar bzw. als gäbe es"Gott".
_________________ Die Annäherung an die Wirklichkeit und die pragmatische Relevanz derselbigen gelingt nur mittels jederzeit wiederholbaren Experimenten...
|
|
Nach oben |
|
 |
step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
|
(#1902661) Verfasst am: 14.02.2014, 22:25 Titel: Re: Religiöse Wurzeln individueller Freiheit |
|
|
Eklatant hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | "Das Christentum" - was immer das ist - definiert eine für damalige Verhältnisse recht originelle Art ein individuelles, persönliches Verhältnis zu Gott, | Du meinst einem Gottkonstrukt. Es liest sich ein wenig so als wäre der Begriff klar bzw. als gäbe es"Gott". |
Ich denke, da bin ich unverdächtig ... aber hier ging es ja sowieso um eine Definition aus Sicht des Christentums. Individualistische Überzeugungen (oder auch jedwede andere Überzeugung) können durchaus von einem Glauben befördert werden, ganz unabhängig davon ob der Gegenstand dieses Glaubens real ist oder nicht.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
|
|
Nach oben |
|
 |
|