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Thomas Nagels Buch "Geist und Kosmos"
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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#1905883) Verfasst am: 04.03.2014, 17:45    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Natürlich existieren sie! Als Vorstellungen in den Köpfen von Menschen! zwinkern

Womit du hinsichtlich der Existenz von Kreisen eine ontologische Position bezogen hättest, nämlich die des subjektiven Idealismus.

Aus der Sicht deiner Philosophie mag das so sein. Allerdings halte ich für sehr viel wahrscheinlicher, daß wir uns einfach nicht verstehen (höflich formuliert!).

Tarvoc hat folgendes geschrieben:

Ach ja: Deine Vorstellungen von Sprache und Spracherwerb gelten in der Linguistik übrigens mindestens seit mehreren Jahrzehnten als veraltet. zwinkern

Oh, ich denke, das ist eher ein soziologisches Problem, nicht ein linguistisches, und das dürfte wohl nicht ganz dein Thema sein.
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"Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

Friedrich Nietzsche
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44680

Beitrag(#1905888) Verfasst am: 04.03.2014, 18:00    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Aus der Sicht deiner Philosophie mag das so sein.

Das ist aus der Sicht jedes Menschen so, der sich halbwegs mit dem Thema Ontologie auskennt.
Betrifft aber hier eben auch nur die Existenz von Kreisen, in anderen Fragen kannst du natürlich z.B. materialistische Positionen haben.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ach ja: Deine Vorstellungen von Sprache und Spracherwerb gelten in der Linguistik übrigens mindestens seit mehreren Jahrzehnten als veraltet. zwinkern

Oh, ich denke, das ist eher ein soziologisches Problem, nicht ein linguistisches, und das dürfte wohl nicht ganz dein Thema sein.

Irrtum. Erstens ist das Thema Sprache und Spracherwerb offensichtlich ein linguistisches Thema, und zweitens habe mit Politikwissenschaft auch ein der Soziologie verwandtes Fach studiert, dabei sozialwissenschaftliche Methodik gelernt und auch eine Reihe an Seminaren der Sozialwissenschaft besucht (da ich sie mir für Politik anrechnen lassen konnte und sie mich üblicherweise mehr interessierten als das stockkonservative Geschwätz der Bonner Politikwissenschaftler). Ich arbeite auch wissenschaftlich eng mit Sozialwissenschaftlern zusammen. Und mein Dissertationsthema ist auch ein Berührungspunkt von Philosophie und Sozialwissenschaften, da ich über den Zusammenhang zwischen gesellschaftlichem Umfeld und Bewusstseinsbildung arbeite.

Im Übrigen sehen die Sprachsoziologen diesen Punkt überwiegend genauso wie die Linguisten. zwinkern
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"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
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Beitrag(#1905909) Verfasst am: 04.03.2014, 19:49    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Landkarte - Land ist keine gute Analogie zu
Begriff - Gegenstand. ...

Genau.

fwo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Der Metaphysik entkleidet, verschwindet der Unterschied zwischen Begriff und Gegenstand so ziemlich, würde ich sagen.
Aber mir ist steps Bemerkung, um die es hier geht, auch nicht so recht klar.

Es war ein radikaler Versuch in diese Richtung: Wenn wir uns "auf einen Gegenstand beziehen", operieren wir eigentlich immer nur mit einem Modell, dessen Inhalt wir aufgrund bestimmter Eigenschaften ("Gegen-Ständigkeit") metaphysisch zu überhöhen (oder naiv zu reifizieren) neigen.
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
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Beitrag(#1905911) Verfasst am: 04.03.2014, 19:52    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Es wurde hier bereits demonstriert, dass Ontologie und Metaphysik nicht synonym sind.

Auch das Gegenteil wurde hier bereits demonstriert. Ist aber auch egal.
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step
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Beiträge: 22782
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Beitrag(#1905913) Verfasst am: 04.03.2014, 19:56    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Wittgenstein hat ja darauf aufmerksam gemacht, dass das u.U. auch darauf ankommt, mit welchen Regeln wir jeweils operieren. In einem simplen Sprachspiel, in dem es drei Bauklötze gibt, die miteinander verbaut, aber als solche nicht verändert (also z.B. nicht zerbrochen) werden, spielen diese drei Bauklötze gewissermaßen die Rolle von Atomen. Für die Physik sind diese Bauklötze hingegen natürlich keine Atome, und zwar weder im physikalischen noch im ontologischen Sinne.

Ja, und auch daran kann man wieder erkennen, daß eine Reifizierung wenn überhaupt einen rein pragmatischen Vereinfachuungsnutzen hat.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1905920) Verfasst am: 04.03.2014, 20:51    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Es wurde hier bereits demonstriert, dass Ontologie und Metaphysik nicht synonym sind.

Auch das Gegenteil wurde hier bereits demonstriert. Ist aber auch egal.

Nee, ist meiner Ansicht nach ganz und gar nicht egal. Ich zitiere mal Wikipedia-Ontologie:

Zitat:
Die Ontologie [...] ist eine Disziplin der theoretischen Philosophie. Die Ontologie befasst sich mit einer Einteilung des Seienden und den Grundstrukturen der Wirklichkeit und der Möglichkeit. Dieser Gegenstandsbereich ist weitgehend deckungsgleich mit dem, was nach traditioneller Terminologie „allgemeine Metaphysik“ genannt wird. [...] Heute werden in der analytischen Ontologie die Ausdrücke „Ontologie“ und „Metaphysik“ zumeist synonym verwendet.
Hervorhebungen von mir

Dabei geht es mir nun überhaupt nicht darum, zu fragen, welche Definition wahr sei, denn diese Frage halte ich für sinnlos; es geht mir vielmehr darum, dass die Einträge in der Wikipedia zu "Ontologie" und "Metaphysik" mit meinem Verständnis dieser Begriffe übereinstimmen. Woraus folgt, dass Tarvoc wohl über was ganz anderes redet als ich, da er anscheinend ein anderes Verständnis der Begriffe hat. Und aneinander vorbei reden scheint mir witzlos zu sein.

(Mal abgesehen davon, dass es nicht reicht, wenn Tarvoc auf Marcellinus erwidert, dass Ontologie und Metaphysik nicht synonym seien, er müsste darüber hinaus behaupten, dass Ontologie nichts mit Metaphysik zu tun hätte.)
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Tarvoc
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Beiträge: 44680

Beitrag(#1905927) Verfasst am: 04.03.2014, 21:00    Titel: Antworten mit Zitat

Metaphysik bedeutet wie der Name schon sagt, dass man eine Ontologie betreibt, die über die Physik hinaus Spekulationen anstellt. Was ich hier bisher unter dem Namen Ontologie betrieben und beschrieben habe, tut das aber nicht.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1905943) Verfasst am: 04.03.2014, 21:44    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... es geht mir vielmehr darum, dass die Einträge in der Wikipedia zu "Ontologie" und "Metaphysik" mit meinem Verständnis dieser Begriffe übereinstimmen.

Mit meinem auch. Ich hatte genau das ja bereits oben schon zitiert und genau darauf jetzt angespielt. Scheinbar sind wir aber alle, inklusive wikipedia, Jahrzehnte hinterher.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Woraus folgt, dass Tarvoc wohl über was ganz anderes redet als ich, da er anscheinend ein anderes Verständnis der Begriffe hat. Und aneinander vorbei reden scheint mir witzlos zu sein.

Ja, jeder redet über sein Ding.

Tarvoc hat uns ja hier auch schon sinngemäß erklärt, daß Philosophie immer auch Politik sei. Ich weiß seitdem nie mehr, ob er, wenn er etwas definiert oder darlegt, dies aus taktischen / manipulativen Gründen tut oder ob er es wirklich meint. Ist vielleicht unfair, aber für jemanden wie mich vergrößert so etwas die Skepsis gegenüber der Philosophie nochmals enorm.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44680

Beitrag(#1905945) Verfasst am: 04.03.2014, 21:47    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat uns ja hier auch schon sinngemäß erklärt, daß Philosophie immer auch Politik sei.

Kann schon sein, dass ich irgendwann mal sowas Ähnliches geschrieben habe. Um das jetzt genau nachzuvollziehen, müsste man aber schon den genauen Wortlaut und Kontext kennen...
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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#1905959) Verfasst am: 04.03.2014, 22:40    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Aus der Sicht deiner Philosophie mag das so sein.

Das ist aus der Sicht jedes Menschen so, der sich halbwegs mit dem Thema Ontologie auskennt.
Betrifft aber hier eben auch nur die Existenz von Kreisen, in anderen Fragen kannst du natürlich z.B. materialistische Positionen haben.

Ja, das sagen die Theologen mir auch immer. Aber vielleicht bist du ja auch nur der einzige, der sich "mit Ontologie auskennt".

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ach ja: Deine Vorstellungen von Sprache und Spracherwerb gelten in der Linguistik übrigens mindestens seit mehreren Jahrzehnten als veraltet. zwinkern

Oh, ich denke, das ist eher ein soziologisches Problem, nicht ein linguistisches, und das dürfte wohl nicht ganz dein Thema sein.

Irrtum. Erstens ist das Thema Sprache und Spracherwerb offensichtlich ein linguistisches Thema, und zweitens habe mit Politikwissenschaft auch ein der Soziologie verwandtes Fach studiert, dabei sozialwissenschaftliche Methodik gelernt und auch eine Reihe an Seminaren der Sozialwissenschaft besucht (da ich sie mir für Politik anrechnen lassen konnte und sie mich üblicherweise mehr interessierten als das stockkonservative Geschwätz der Bonner Politikwissenschaftler). Ich arbeite auch wissenschaftlich eng mit Sozialwissenschaftlern zusammen. Und mein Dissertationsthema ist auch ein Berührungspunkt von Philosophie und Sozialwissenschaften, da ich über den Zusammenhang zwischen gesellschaftlichem Umfeld und Bewusstseinsbildung arbeite.

Oh, Herr fast-Dr., ich bin sehr beeindruckt! zwinkern
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44680

Beitrag(#1905960) Verfasst am: 04.03.2014, 22:44    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ja, das sagen die Theologen mir auch immer.

Was sagen die Theologen dir auch immer? Am Kopf kratzen
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Myron
Mereoplethyntikologe



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3632

Beitrag(#1905970) Verfasst am: 04.03.2014, 23:01    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Metaphysik bedeutet wie der Name schon sagt, dass man eine Ontologie betreibt, die über die Physik hinaus Spekulationen anstellt. Was ich hier bisher unter dem Namen Ontologie betrieben und beschrieben habe, tut das aber nicht.


Metaphysik = analytische Ontologie + spekulative Kosmologie

"Metaphysics, the noblest of all philosophical enterprises, is the attempt to give an account of everything. Unlike the special sciences, metaphysics does not descend into detail for its own sake. Rather its job is to provide a universal framework within which anything whatever can take its place. That framework consists of a scheme of most general concepts or categories, within which all classifications of things are to be situated, together with a collection of general principles or archai which describe the way in which the things falling under various categories are interrelated and interwoven."

"Die Metaphysik, die erhabenste aller philosophischen Unternehmungen, ist der Versuch einer Gesamtdarstellung von allem. Im Gegensatz zu den Einzelwissenschaften vertieft sich die Metaphysik nicht in Details um deren selbst willen. Vielmehr ist es ihre Aufgabe, einen allumfassenden Rahmen bereitzustellen, innerhalb dessen absolut alles seinen Platz finden kann. Jener Rahmen besteht aus einem Schema allgemeinster Begriffe oder Kategorien, innerhalb dessen sämtliche Klassifikationen von Entitäten einzuordnen sind, zusammen mit einer Sammlung allgemeiner Grundsätze oder archai, die die Art und Weise beschreiben, wie die unter verschiedene Kategorien fallenden Entitäten aufeinander bezogen und miteinander verflochten sind."

[© meine Übers.]

(Simons, Peter. "Whitehead: Process and Cosmology." In The Routledge Companion to Metaphysics, edited by Robin Le Poidevin, Peter Simons, Andrew McGonigal, and Ross P. Cameron, 181-190. Abingdon: Routledge, 2009. pp. 188-9)
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44680

Beitrag(#1905980) Verfasst am: 04.03.2014, 23:13    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Metaphysik = analytische Ontologie + spekulative Kosmologie

Ich kenne diese Variante auch. Für mich ist Ontologie der umfassendere Begriff, wobei ich Metaphysik vorerst mit spekulativer Kosmologie identifizieren würde. Das ist vielleicht nur eine Frage der Redeweise, aber meine scheint mir von der Etymologie her plausibler.
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Marcellinus
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Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#1905991) Verfasst am: 04.03.2014, 23:43    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ja, das sagen die Theologen mir auch immer.

Was sagen die Theologen dir auch immer? Am Kopf kratzen

Daß ihre Sicht genau die ist, die alle Leute haben, die sich damit auskennen. Will heißen: wer nicht ihrer Meinung ist, kennt sich nicht aus.

Ist übrigens ein beliebtes Argumentationsmuster. Mir ist es das erste Mal vor fast 40 Jahren während meines Studiums in einem Pädagogik-Seminar begegnet. Es lautete ungefähr so: Daß die Pädagogik bisher nichts Verwertbares hervorgebracht habe, möge schon so sein, dürfe man aber nur behaupten, wenn man alle ihre Thesen widerlegt habe, wenn man Teil dieser Argumentationsgemeinschaft sei.

Ähnliches gilt für die Theologie, die Religionskritik nur dann akzeptiert, wenn sie in theologischer Fachterminologie daherkommt. Sie kommen nur schwer damit zurecht, daß all die Mühen, die sie in das Studium theologischer Fachliteratur investiert haben, offenbar nicht gewürdigt werden.

Erst langsam wird klar, daß eine Diskussion nur möglich ist, wenn man eine gemeinsame Diskussionsgrundlage existiert, und das kann zwischen Gläubigen und Nichtgläubigen nun einmal nicht die Theologie sein. Ähnlich sehe ich das hier. Du propagierst Philosophie als Erkenntnisgrundlage, genauer gesagt sogar eine bestimmte Art von Philosophie, obwohl dir klar sein müßte, daß die auch nur eine Philosophie von vielen ist (gibt es eigentlich irgendetwas in der Philosophie, das unwidersprochen ist?).

Ich befinde mich außerhalb dieser Argumentationsgemeinschaft. Das kannst du empörend finden oder ignorant, aber Fakt ist, daß du den Nachweis schuldig geblieben bist, daß deine Vorstellung von "Ontologie", die ja auch hier durchaus nicht so unumstritten ist, wie du vorgibst, Voraussetzung wissenschaftlicher Erkenntnis sei.

Vielmehr läßt sich leicht zeigen, daß Wissenschaftler in den letzten Jahrhunderten ganz unterschiedlichen Weltanschauungen gefolgt sind. Der Hinweis, jeder habe eben eine Ontologie, ob es ihm nun bewußt sei oder nicht, überzeugt dabei ebenso wenig wie die Behauptung der Theologen, jeder habe eine Religion, eine gute oder eine schlechte.

Ich habe das Thema "Ontologie" schon einmal mit jemand anderem diskutiert. Wir sind auch da nicht auf einen Punkt gekommen, aber zumindest denke ich, jeder wußte am Ende vom anderen, was der meinte. Dagegen verschwimmt umso mehr meine Vorstellung von dem, was du offenbar meinst, je länger ich dir hier zu folgen versuche, und ich finde mich auch nicht wieder in dem, was du über meine Positionen sagst. Ich denke, ich passe einfach nicht in deine Schubladen. Aber daß man sich nicht mit jedem verständigen kann, ist ja keine neue Erkenntnis.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44680

Beitrag(#1905992) Verfasst am: 04.03.2014, 23:45    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Was sagen die Theologen dir auch immer? Am Kopf kratzen

Daß ihre Sicht genau die ist, die alle Leute haben, die sich damit auskennen.

Das sagen die Physiker auch immer, wenn sie physikalische Theorien referieren. Und nicht nur die Physiker, sondern so ziemlich jeder auf seinem jeweiligen Gebiet.
Dass auch irgendein Theologe irgendwann mal so ähnlich argumentiert hat, mag ja sein. Daraus zu folgern, dass es falsch ist, ist allerdings ein dicker Fehlschluss.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Das kannst du empörend finden oder ignorant, aber Fakt ist, daß du den Nachweis schuldig geblieben bist, daß deine Vorstellung von "Ontologie", die ja auch hier durchaus nicht so unumstritten ist, wie du vorgibst, Voraussetzung wissenschaftlicher Erkenntnis sei.

Ich muss keinen Beweis für etwas erbringen, das ich nicht behauptet habe.
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Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 04.03.2014, 23:57, insgesamt einmal bearbeitet
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Tom der Dino
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Anmeldungsdatum: 20.07.2011
Beiträge: 3949

Beitrag(#1905995) Verfasst am: 04.03.2014, 23:57    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Was sagen die Theologen dir auch immer? Am Kopf kratzen

Daß ihre Sicht genau die ist, die alle Leute haben, die sich damit auskennen.

Das sagen die Physiker auch immer, wenn sie physikalische Theorien referieren.


Die definieren ihre Begriffe aber nicht immer wieder neu, obwohl das in einigen Fällen mal angebracht wäre. Physiker und Chemiker und Ingenieure und übrigens auch Philosophen und alle anderen sprechen vom gleichen Model wenn sie Elektron sagen.
Im Gegensatz dazu meinen Sartre und Heidegger Unterschiedliches, wenn sie von "Sein" reden.
Zumindest habe ich das aus einer Interpretationshilfe, die wahrscheinlich kein Physiker geschrieben hat.
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Am Anfang war ......das Experiment.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44680

Beitrag(#1905996) Verfasst am: 04.03.2014, 23:59    Titel: Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Die definieren ihre Begriffe aber nicht immer wieder neu, obwohl das in einigen Fällen mal angebracht wäre.

Die Theologen auch nicht. Bzw. sogar noch weniger. zwinkern
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Tom der Dino
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Anmeldungsdatum: 20.07.2011
Beiträge: 3949

Beitrag(#1905998) Verfasst am: 05.03.2014, 00:14    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Die definieren ihre Begriffe aber nicht immer wieder neu, obwohl das in einigen Fällen mal angebracht wäre.

Die Theologen auch nicht. Bzw. sogar noch weniger. zwinkern


Du meinst, die Philosophen liegen eher unter dem Bett, in das sich die Theologen legen? Sehr glücklich
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44680

Beitrag(#1906000) Verfasst am: 05.03.2014, 00:27    Titel: Antworten mit Zitat

Dass es in der Philosophie sehr verschiedene Begrifflichkeiten und Positionen gibt, hat damit zu tun, dass sich die Philosophie in wesentlichen Punkten von den Naturwissenschaften, aber auch von den Gesellschaftswissenschaften und auch von der Theologie unterscheidet. Zum einen ist sie doch ein ganzes Stück älter als die Naturwissenschaften in ihrer modernen Form, was natürlich eine größere Vielfalt an Ansätzen erzeugt. Ein zweiter wichtiger Unterschied ist, dass in den Naturwissenschaften widerlegte Theorien beiseite gelegt und an die Wissenschaftshistorik übergeben werden, jedenfalls solange sie nicht noch nützliche Anwendungen unter Alltagsbedingungen haben, während in der Philosophie auch Ansätze, die als widerlegt gelten, dennoch als nach wie vor bewahrenswert und studierenswert angesehen werden. Das beste Beispiel ist Plato: Wirklich niemand denkt und philosophiert heute mehr so wie Plato, und dennoch kommt man als Philosoph nicht um ihn herum. Diese Pluralität von Ansätzen findet sich weder in den Naturwissenschaften, in denen man auf eine möglichst einheitliche Lehrmeinung abzielt, indem man widerlegte Theorien eben beiseite legt, noch in der Theologie, die sowieso nur der ideologische Steigbügelhalter für die Lehrmeinungen der beiden großen Kirchen ist, noch in der Juristik, die im Grunde für den Staat etwas ähnliches ist wie die Theologie für die Kirchen, und letztlich auch nicht in den Gesellschaftswissenschaften. Mindestens in dem Sinne ist die Philosophie tatsächlich politisch: Die Philosophie ist der Ort, an dem eine pluralistische Gesellschaft sich selbst innerhalb ihres universitären und akademischen Systems verwirklicht. Gleichzeitig stellt sie auch sowas wie ein kulturelles Gedächtnis dar, das die Ideen der Menschheit bewahrt und immer neu auswertet, wo andere sie bereits vergessen haben.
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Tom der Dino
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Anmeldungsdatum: 20.07.2011
Beiträge: 3949

Beitrag(#1906003) Verfasst am: 05.03.2014, 01:00    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Dass es in der Philosophie sehr verschiedene Begrifflichkeiten und Positionen gibt, hat damit zu tun, dass sich die Philosophie in wesentlichen Punkten von den Naturwissenschaften, aber auch von den Gesellschaftswissenschaften und auch von der Theologie unterscheidet. Zum einen ist sie doch ein ganzes Stück älter als die Naturwissenschaften in ihrer modernen Form, was natürlich eine größere Vielfalt an Ansätzen erzeugt. Ein zweiter wichtiger Unterschied ist, dass in den Naturwissenschaften widerlegte Theorien beiseite gelegt und an die Wissenschaftshistorik übergeben werden, jedenfalls solange sie nicht noch nützliche Anwendungen unter Alltagsbedingungen haben, während in der Philosophie auch Ansätze, die als widerlegt gelten, dennoch als nach wie vor bewahrenswert und studierenswert angesehen werden. Das beste Beispiel ist Plato: Wirklich niemand denkt und philosophiert heute mehr so wie Plato, und dennoch kommt man als Philosoph nicht um ihn herum. Diese Pluralität von Ansätzen findet sich weder in den Naturwissenschaften, in denen man auf eine möglichst einheitliche Lehrmeinung abzielt, indem man widerlegte Theorien eben beiseite legt, noch in der Theologie, die sowieso nur der ideologische Steigbügelhalter für die Lehrmeinungen der beiden großen Kirchen ist, noch in der Juristik, die im Grunde für den Staat etwas ähnliches ist wie die Theologie für die Kirchen, und letztlich auch nicht in den Gesellschaftswissenschaften. Mindestens in dem Sinne ist die Philosophie tatsächlich politisch: Die Philosophie ist der Ort, an dem eine pluralistische Gesellschaft sich selbst innerhalb ihres universitären und akademischen Systems verwirklicht. Gleichzeitig stellt sie auch sowas wie ein kulturelles Gedächtnis dar, das die Ideen der Menschheit bewahrt und immer neu auswertet, wo andere sie bereits vergessen haben.


Hmmm, die Theologien unterscheiden sich von den unterschiedlichen philosophischen Ansätzen doch eigentlich nur in der Größe ihrer "Schulen". Wenn sich die Ansätze nur innerhalb der naturwissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse bewegen dürften, gäbe es viel weniger Ansätze als es momentan gibt. Daraus folgt aber, dass sich offensichtlich einige dieser Ansätze außerhalb jener Erkenntnisse bewegen. Das trifft auch ziemlich genau auf Theologien zu.
Sollte man sich außerhalb der theologischen und philosophischen Denkgebäude selbige anschauen, dann erkennt man nicht wirklich einen Unterschied.
Für jene Ansätze innerhalb der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse ergeben sich die Fragen, ob welche warum zu bevorzugen ist.
Das ob ist eben auch aus meiner Sicht die entscheidende Frage.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44680

Beitrag(#1906006) Verfasst am: 05.03.2014, 01:16    Titel: Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Hmmm, die Theologien unterscheiden sich von den unterschiedlichen philosophischen Ansätzen doch eigentlich nur in der Größe ihrer "Schulen".

Nein, sondern u.A. dadurch, dass es in der Theologie überhaupt nicht in dieser Weise eine Unterschiedlichkeit von Ansätzen gibt. Die Philosophie ist im Gegensatz zur Theologie z.B. nicht weltanschaulich gebunden.

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Wenn sich die Ansätze nur innerhalb der naturwissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse bewegen dürften, gäbe es viel weniger Ansätze als es momentan gibt.

Das hättest du erst noch zu zeigen. Wenn man die historischen Ansätze mit dazunimmt, mag das ja noch stimmen. Du kannst der Philosophie aber nicht vorschreiben, dass sie ihre Vergangenheit und ihre Geschichte gefälligst zu vergessen habe - und darauf liefe das Verwerfen von Ansätzen nach dem Vorbild der Naturwissenschaften ja hinaus. Anders als die Naturwissenschaften kann die Philosophie überhaupt nicht von ihrer Geschichte abstrahiert werden. Man könnte also auch sagen: Die Philosophie weigert sich, zu vergessen.

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Sollte man sich außerhalb der theologischen und philosophischen Denkgebäude selbige anschauen, dann erkennt man nicht wirklich einen Unterschied.

Kommt darauf an. Von wo aus willst du sie denn anschauen? (Das ist übrigens eine recht klassische philosophische Frage. zwinkern)

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Für jene Ansätze innerhalb der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse ergeben sich die Fragen, ob welche warum zu bevorzugen ist. Das ob ist eben auch aus meiner Sicht die entscheidende Frage.

Wie? Warum die Pluralität und das Bewahren unterschiedlicher Ansätze als solche bereits einen Wert haben und darstellen können, habe ich ja gerade zu begründen versucht.
Vielleicht verstehe ich dich ja falsch, aber mir scheint deine Äußerung hier darauf hinauszulaufen, dass dich das eben nicht interessiert. Das ist schade, aber eben kein Argument.
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Tom der Dino
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Anmeldungsdatum: 20.07.2011
Beiträge: 3949

Beitrag(#1906026) Verfasst am: 05.03.2014, 09:23    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Hmmm, die Theologien unterscheiden sich von den unterschiedlichen philosophischen Ansätzen doch eigentlich nur in der Größe ihrer "Schulen".

Nein, sondern u.A. dadurch, dass es in der Theologie überhaupt nicht in dieser Weise eine Unterschiedlichkeit von Ansätzen gibt. Die Philosophie ist im Gegensatz zur Theologie z.B. nicht weltanschaulich gebunden.

Ich sprach von phil. Ansätzen. Aus meiner Sicht ist jeder philosophische Ansatz eine eigene Weltanschauung.


Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Wenn sich die Ansätze nur innerhalb der naturwissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse bewegen dürften, gäbe es viel weniger Ansätze als es momentan gibt.

Das hättest du erst noch zu zeigen. Wenn man die historischen Ansätze mit dazunimmt, mag das ja noch stimmen. Du kannst der Philosophie aber nicht vorschreiben, dass sie ihre Vergangenheit und ihre Geschichte gefälligst zu vergessen habe - und darauf liefe das Verwerfen von Ansätzen nach dem Vorbild der Naturwissenschaften ja hinaus. Anders als die Naturwissenschaften kann die Philosophie überhaupt nicht von ihrer Geschichte abstrahiert werden. Man könnte also auch sagen: Die Philosophie weigert sich, zu vergessen.
Und dazu gehören eben auch die historischen Ansätze. Wenn von Transzendenz die Rede ist, sehe ich keine Entsprechung in den Naturwissenschaften. Das allerdings ist nur eine Erläuterung. Mein von dir zitierter Text war nur als Beschreibung gedacht und nicht als Aufforderung zu welcher Verhaltensweise auch immer.


Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Sollte man sich außerhalb der theologischen und philosophischen Denkgebäude selbige anschauen, dann erkennt man nicht wirklich einen Unterschied.

Kommt darauf an. Von wo aus willst du sie denn anschauen? (Das ist übrigens eine recht klassische philosophische Frage. zwinkern)

Smilie Ich hätte wohl besser "unvoreingenommen" geschrieben.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Für jene Ansätze innerhalb der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse ergeben sich die Fragen, ob welche warum zu bevorzugen ist. Das ob ist eben auch aus meiner Sicht die entscheidende Frage.

Wie? Warum die Pluralität und das Bewahren unterschiedlicher Ansätze als solche bereits einen Wert haben und darstellen können, habe ich ja gerade zu begründen versucht.
Vielleicht verstehe ich dich ja falsch, aber mir scheint deine Äußerung hier darauf hinauszulaufen, dass dich das eben nicht interessiert. Das ist schade, aber eben kein Argument.

Aus historischer Sicht geb ich dir Recht. Aber meinst du damit auch, dass die Philosophie zur Aufgabe hat eine möglichst große Zahl von Ansätzen zu generieren? Schließt das auch esoterische Ansätze mit ein? Wenn ja, werden diese Ansätze gleich behandelt? Wenn nein, warum nicht und was ist die Bewertungsgrundlage?
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Marcellinus
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Beitrag(#1906036) Verfasst am: 05.03.2014, 10:30    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Dass es in der Philosophie sehr verschiedene Begrifflichkeiten und Positionen gibt, hat damit zu tun, dass sich die Philosophie in wesentlichen Punkten von den Naturwissenschaften, aber auch von den Gesellschaftswissenschaften und auch von der Theologie unterscheidet. Zum einen ist sie doch ein ganzes Stück älter als die Naturwissenschaften in ihrer modernen Form, was natürlich eine größere Vielfalt an Ansätzen erzeugt. Ein zweiter wichtiger Unterschied ist, dass in den Naturwissenschaften widerlegte Theorien beiseite gelegt und an die Wissenschaftshistorik übergeben werden, jedenfalls solange sie nicht noch nützliche Anwendungen unter Alltagsbedingungen haben, während in der Philosophie auch Ansätze, die als widerlegt gelten, dennoch als nach wie vor bewahrenswert und studierenswert angesehen werden. [...] Die Philosophie ist der Ort, an dem eine pluralistische Gesellschaft sich selbst innerhalb ihres universitären und akademischen Systems verwirklicht. Gleichzeitig stellt sie auch sowas wie ein kulturelles Gedächtnis dar, das die Ideen der Menschheit bewahrt und immer neu auswertet, wo andere sie bereits vergessen haben.

Welch charmante Ausrede für das Fehlen objektiver Kriterien für gedanklichen Fortschritt aus dem akademischen Elfenbeinturm. Lachen
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zelig
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Beitrag(#1906044) Verfasst am: 05.03.2014, 11:17    Titel: Antworten mit Zitat

Vielleicht liegt eine Ursache für die Geringschätzung der Philosophie darin, daß sie sich erlaubt, Metatheorien zu entwickeln. Es mag ein wenig kränkend sein, daß Fachexpertise alleine nicht unbedingt ausreicht, um das Fach in verschiedener Hinsicht beurteilen oder einzuordnen zu können.
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Kival
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Beiträge: 24071

Beitrag(#1906050) Verfasst am: 05.03.2014, 11:47    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Dass es in der Philosophie sehr verschiedene Begrifflichkeiten und Positionen gibt, hat damit zu tun, dass sich die Philosophie in wesentlichen Punkten von den Naturwissenschaften, aber auch von den Gesellschaftswissenschaften und auch von der Theologie unterscheidet. Zum einen ist sie doch ein ganzes Stück älter als die Naturwissenschaften in ihrer modernen Form, was natürlich eine größere Vielfalt an Ansätzen erzeugt. Ein zweiter wichtiger Unterschied ist, dass in den Naturwissenschaften widerlegte Theorien beiseite gelegt und an die Wissenschaftshistorik übergeben werden, jedenfalls solange sie nicht noch nützliche Anwendungen unter Alltagsbedingungen haben, während in der Philosophie auch Ansätze, die als widerlegt gelten, dennoch als nach wie vor bewahrenswert und studierenswert angesehen werden. [...] Die Philosophie ist der Ort, an dem eine pluralistische Gesellschaft sich selbst innerhalb ihres universitären und akademischen Systems verwirklicht. Gleichzeitig stellt sie auch sowas wie ein kulturelles Gedächtnis dar, das die Ideen der Menschheit bewahrt und immer neu auswertet, wo andere sie bereits vergessen haben.

Welch charmante Ausrede für das Fehlen objektiver Kriterien für gedanklichen Fortschritt aus dem akademischen Elfenbeinturm. Lachen


Ich finde deine Arroganz etwas unangemessen, wenn wir Sozialwissenschaftler, die eigentlich durchaus auf Empirie zurückgreifen könnten, ähnliche Probleme haben. Hier führt ja nicht einmal Selbstwidersprüchlichkeit zum Tod eines theoretischen Paradigmas, stattdessen wird diese Inkonsistenz dann als "Paradox" gefeiert. Von allgemein anerkannten objektiven Kriterien kann bei uns entsprechend auch keine Rede sein. Und da, wo es sie gibt ("Veröffentlichung eines Papers mit statistischen Analysen nur, wenn p-Wert unter 0,05"), sind sie dann gerne auch noch unsinnig, um nicht zu sagen, dass sie sogar zu falschen bis verfälschten Ergebnissen und Interpretationen führen.
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Marcellinus
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Beiträge: 7429

Beitrag(#1906057) Verfasst am: 05.03.2014, 12:15    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:

Ich finde deine Arroganz etwas unangemessen, wenn wir Sozialwissenschaftler, die eigentlich durchaus auf Empirie zurückgreifen könnten, ähnliche Probleme haben.

Oh, meine Meinung über die aktuellen Sozialwissenschaften im allgemeinen ist noch erheblich negativer. So gibt es gute Gründe, davon auszugehen, daß sie das Stadium einer "positiven" Wissenschaft noch gar nicht erreicht haben. Allemal handelt es sich höchstens um "Inventurwissenschaften", wie Harald Lesch das nannte. Man sammelt eine Fülle recht gut belegbarer Fakten, hat aber einen absoluten Mangel an überprüfbaren Modellen von Zusammenhängen, und füllt diese Lücke mit sozialen Träumereien, politischen Dogmen, oder schlicht mit Fantasievorstellungen.

Im Moment ist es besonders modern, Erklärungsmodelle, die in der Biologie ein gewisses Ansehen genießen, auf die Sozialwissenschaften zu übertragen, wo sie natürlich nicht hingehören. In der Geschichtswissenschaft wird dann auch mal gern behauptet, jedes Ereignis dort wäre singulär, sodaß sich Modelle von Zusammenhängen von vornherein verböten. Und dann ist da ja auch noch die Mem-Theorie, eine Chimäre aus Biologismus und Ideengeschichte. Du siehst, an Fantasien ist kein Mangel! Lachen
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fwo
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Beitrag(#1906088) Verfasst am: 05.03.2014, 14:29    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
....Und dann ist da ja auch noch die Mem-Theorie, eine Chimäre aus Biologismus und Ideengeschichte. Du siehst, an Fantasien ist kein Mangel! Lachen

In wieweit die Mem-Theorie noch nützlich sein wird (oder auch nicht), wage ich nicht vorherzusagen. Aber sie ist kein Biologismus. Evolution setzt zwangsläufig überall da ein, wo Kopierreihen miteinander konkurrieren und Kopierfehler nicht unbedingt zum Abbruch der reihe führen. Dafür ist die Biologische Evolution nur ein Beispiel, das zudem besonders gut untersucht ist. Das Thema hatten wir schon mal.

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Beitrag(#1906093) Verfasst am: 05.03.2014, 14:35    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Vielleicht liegt eine Ursache für die Geringschätzung der Philosophie darin, daß sie sich erlaubt, Metatheorien zu entwickeln. Es mag ein wenig kränkend sein, daß Fachexpertise alleine nicht unbedingt ausreicht, um das Fach in verschiedener Hinsicht beurteilen oder einzuordnen zu können.

Glaube ich eher nicht - gegen eine gute Metatheorie wäre nichts einzuwenden, im Gegenteil. Entscheidend ist, daß diese Metatheorie eine Theorie sein sollte, also ein überprüfbares Modell darstellt.

Ein eher positives Beispiel: Die inzwischen klassische Diskussion über Falsifikation vs. Verifikation bzw. Deduktion vs. Induktion.

Ich vermute, die Geringschätzung bestimmter (!) philosophischer Teildisziplinen beruht eher darauf, daß diese
- kaum/keine überprüfbaren Erkenntnisse erwirtschaften
- sich mehrheitlich weder auf Begriffe noch auf Methoden einigen können
- gern den althergebrachten Anspruch einer Königsdisziplin erheben (säkulare Theologen sozusagen)
- gern mal dazu neigen, sich zu grundsätzlichen Themen wie "Zeit", "Kausalität" usw. zu äußern, von denen sie keine Ahnung haben

Es gibt philosophische Disziplinen, bei denen ich diese Abneigung gar nicht oder weniger empfinde, etwa in den Bereichen Linguistik/Logik/Mathematik, Ethik, experimentelle Philosophie, oder u.U. auch Epistemologie. Das sind aber eben eher die Teilgebiete, sie entweder selbst tendenziell naturwissenschaftsartige Methoden verwenden, oder aber gar nicht das Ziel der Welterklärung haben.
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Tarvoc
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Beitrag(#1906098) Verfasst am: 05.03.2014, 14:44    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Welch charmante Ausrede für das Fehlen objektiver Kriterien für gedanklichen Fortschritt aus dem akademischen Elfenbeinturm. Lachen

Fehlen? Im Gegenteil, es gibt in der Philosophie ein enormes Übermaß an Kriterien. zwinkern

Zur Frage nach dem "Fortschritt" im Hinblick auf die Philosophie und ihre Geschichte empfehle ich Jürg Berthold, "Kampfplatz endloser Streitigkeiten".
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- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte


Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 05.03.2014, 14:57, insgesamt 4-mal bearbeitet
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Tarvoc
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Beiträge: 44680

Beitrag(#1906104) Verfasst am: 05.03.2014, 14:55    Titel: Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Ich sprach von phil. Ansätzen. Aus meiner Sicht ist jeder philosophische Ansatz eine eigene Weltanschauung.

Die Philosophie ist aber nicht ein einzelner philosophischer Ansatz. Und kein Philosoph, der diesem Namen gerecht werden will, beschränkt sich auf das Studium eines einzigen Ansatzes.

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Mein von dir zitierter Text war nur als Beschreibung gedacht und nicht als Aufforderung zu welcher Verhaltensweise auch immer.

Du willst die Philosophie mit ihr äußerlichen Kriterien bewerten. Das ist nicht nur eine Beschreibung, sondern hat normative Implikationen. Und die sind (1) explizit zu machen und (2) zu begründen.

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Kommt darauf an. Von wo aus willst du sie denn anschauen? (Das ist übrigens eine recht klassische philosophische Frage. zwinkern)

Smilie Ich hätte wohl besser "unvoreingenommen" geschrieben.

Das ist kein Bisschen weniger erklärungsbedürftig.

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Aus historischer Sicht geb ich dir Recht. Aber meinst du damit auch, dass die Philosophie zur Aufgabe hat eine möglichst große Zahl von Ansätzen zu generieren? Schließt das auch esoterische Ansätze mit ein?

Wenn jemand dafür Argumente finden kann, darf er gerne auch einen esoterischen Ansatz zur Diskussion stellen. Es ist aber jedenfalls kein erklärtes Ziel der Philosophie, Esoterik zu generieren.
Im Gegenteil, als Philosoph wird man eher vorhandene esoterische Anschauungen zum Beispiel auf logische Konsistenz überprüfen - also gerade der Kritik unterziehen.

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Wenn ja, werden diese Ansätze gleich behandelt? Wenn nein, warum nicht und was ist die Bewertungsgrundlage?

Wieso denn "gleich"? Das kann doch nur bedeuten, alle Argumente und Begründungen an den gleichen Maßstäben zu messen. Und das sollte man als Philosoph in der Tat tun. Das bedeutet aber eben auch, dass Unsinn (wie z.B. esoterische oder religiöse Wahnvorstellungen) regelmäßig an diesen Maßstäben scheitert. Es ist m.E. kein Zufall, dass die moderne Religionskritik im späten achtzehnten Jahrhundert in der Philosophie (und der Literatur) anfing, während Newton noch theologische Traktate über Bibelverse schrieb.
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- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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