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Mittelalter-Gesellschaft
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fingalo
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Anmeldungsdatum: 08.09.2004
Beiträge: 337
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Beitrag(#189715) Verfasst am: 08.10.2004, 22:18    Titel: Antworten mit Zitat

Heike N. hat folgendes geschrieben:
Es ist halt schwer, hilfreiche Angaben zu finden, besonders wenn es um Vergleiche mit heutigen Preisen geht, weil Preise/Einkommen/Währung/Gegenwert regional bedingt doch sehr schwankten. Das ist mir bekannt. Ich war einfach der Meinung, dass du bei deinem großen Wissen doch ad hoc Zahlen parat hast. Smilie


Deine Einschätzung ehrt mich. Verlegen
Aber mein Wissen ist gar nicht so groß, weil ich ein ausgesprochen schlechtes Gedächtnis habe. Aber ich habe sehr viele Spezialliteratur um mich herum stehen. Und meist - nicht immer - weiß ich ungefähr, wo ich was gefunden hatte (und auch, wo das Buch steht). Ich weiß auch nicht, welchen Sinn es macht, etwas im Kopf zu haben, was gedruckt gerade hinter einem im Regal steht. Smilie
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Dir ist sicher auch bekannt, dass Geld beim einfach Volk nahezu während des ganzen Mittelalters als Bezahlung keine Rolle spielte, da weitgehend in Naturalien entlohnt wurde. Dokumentiert durch Abgaben an Klöster und Weltliche Instanzen.

Das ist sehr differenziert zu betrachten.Wenn ein Unfreier sich aus der familia lösen wollte (um woanders sein Glück zu versuchen), dann musste er dem Herrn den Verlust seiner Arbeitskraft mit Geld bezahlen. Wenn er sich Schuhe kaufen wollte, konnte er ja kaum mit Vieh bezahlen. Da hätte der Schuster nur schlecht herausgeben können Smilie . Im Mittelalter finden wir durchaus einen Übergang in die Geldwirtschaft.
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Interessant auch folgendes Beispiel: Wer am 3. Kreuzzug teilnehmen wollte, musste 3 Mark Vermögen aufweisen (zzgl. aller zusätzlichen Kosten). Eine Summe, die mancher Ritter/Lehnsherr nicht aufbringen konnte.
Das dürfte wohl nur für die Edelfreien gegolten haben. Marketenderinnen und das Fußvolk wohl kaum. Aber da müsste ich auch erst mal nachsehen.
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Und nun sind wir ja immer noch bei den bewaffneten freien Bauern, die sich so wehrig verhalten und in der Lage waren, Rechte durchzudrücken. Wie wehrig waren die wohl nun nach deinen Ausführungen? Wie viel Waffenkunde hatten die, wie viel Kenntnisse über Waffenführung hatten die wohl? Woher haben die die Zeit genommen, sich an den verschiedenen Waffen zu üben, vorausgesetzt, sie haben den Kessel mit dem Gold am Ende des Regenbogens gefunden?
Schwierige Fragen. Außerhalb von Saat- und Erntezeit hatten die schon Zeit zum Üben. Und in der Regel bedurfte es nicht des Schwertes in der Hand, um seine Rechte zu wahren. Da der Grundherr auf sie angewiesen war, kam es in der Regel zum Interessenausgleich. Aber die Entwicklung des Bauernstandes zeigt, dass sich die Kräfteverhältnisse im Laufe der Zeit verschoben haben.
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Und verhält es sich nicht eher so, dass freie Bauern, die zum Wehrdienst verpflichtet waren, oftmals nicht mehr in der Lage waren, ihre Felder zu bestellen, den Zehnten nicht mehr leisten konnten, verarmten und sich in Abhängigkeit begeben mussten?
Das ist richtig. deshalb begaben sich trotz vieler entgegenstehender Gesetze viele Bauern freiwillig in die Unfreiheit, um dem zu entgehen.

Fingalo
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Quéribus
Eretge



Anmeldungsdatum: 21.07.2003
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Beitrag(#191348) Verfasst am: 11.10.2004, 13:54    Titel: Antworten mit Zitat

fingalo hat folgendes geschrieben:
Quéribus hat folgendes geschrieben:
12.Jh mit Sicherheit, genauer 1147:
Alinor d'Aquitaine hat ihren Ehemann Louis VII auf den 2. Kreuzzug begleitet (da war sie noch mit dem frz. König verheiratet) und sie war nicht die einzige Frau bei dieser Veranstaltung Cool

edit: Louis IX ("St. Louis") ist auch mit Ehefrau Marguerite de Provence auf Kreuzzug gegangen, derweil hatte seine mama Blanche de Castille die Regentschaft; 1248


Wenn Dich das Thema interessiert, ich habe hier ein Buch von Sabine Geldsetzer "Frauen auf Kreuzzügen 1096 - 1291" (WBG 2003)


das kenne ich nicht, dafür aber das hier:
Régine Pernoud "La femme au temps des croisades", Editions Stock (die Frau zur Zeit der Kreuzzüge)
darin schreibt sie unter anderem, daß es durchaus nicht ungewöhnlich war, daß Ehepaare gemeinsam an einem Kreuzzug teilgenommen haben, eben auch in Bezug auf Louis IX und Marguerite de Provence (und nicht nur um Schwiegermama Blanche mal loszusein, obwohl jene in dieser Hinsicht ein rechter Besen gewesen sein soll.... zwinkern )
Zitat:
Zitat:
edit2:
hatte mich auf normale Ackergäule bezogen. Verlegen
Streitrösser sind we Heike richtig bemerkte eigens für diese Verwendung (Kampf-/Kriegseinsatz) gezüchtet worden und wären für einen Bauern somit nicht nur zu teuer, sondern auch total nutzlos gewesen Mit den Augen rollen
ums mal auf die heutige Zeit umzusetzen: welcher Bauer legt sich schon einen Panzer statt eines Traktors zu ? Auf den Arm nehmen

Wenn er muß?

[/quote]
Verwundert
Ein Schlachtroß war (wohl auch wegen seines Preises und der beschränkten Verwendungsmöglichkeiten) ein Statussymbol.
Wieso soll ein Bauer verpflichtet gewesen sein, sich ein solches Statussymbol zu halten?
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fingalo
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Anmeldungsdatum: 08.09.2004
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Beitrag(#191585) Verfasst am: 11.10.2004, 20:34    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Ein Schlachtroß war (wohl auch wegen seines Preises und der beschränkten Verwendungsmöglichkeiten) ein Statussymbol.
Wieso soll ein Bauer verpflichtet gewesen sein, sich ein solches Statussymbol zu halten?

Pflicht zur Heeresfolge!

fingalo
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Evilbert
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Beitrag(#191598) Verfasst am: 11.10.2004, 20:58    Titel: Antworten mit Zitat

Ich schlage vor, das Thema mal genauer zeitlich und regional eingegrenzt exemplarisch zu diskutieren. So wird das nix.
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fingalo
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Beitrag(#191645) Verfasst am: 11.10.2004, 21:53    Titel: Antworten mit Zitat

Noseman hat folgendes geschrieben:
Ich schlage vor, das Thema mal genauer zeitlich und regional eingegrenzt exemplarisch zu diskutieren. So wird das nix.

Regional - da hast Du recht. Schlage vor, nördlich der Alpen bis zur Nordsee - zunächst mal.
Zeitlich ist's schwieriger, wenn man Entwicklungen verfolgen will.

fingalo
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Beitrag(#191651) Verfasst am: 11.10.2004, 21:56    Titel: Antworten mit Zitat

Trotzdem sollten wir das eingrenzen. Wenn mal jemand um eine Entwicklung zu zeigen darüber hinausgeht oder vorher anfängt dann soll das ok sein.
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Quéribus
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Wohnort: Avaricum

Beitrag(#191878) Verfasst am: 12.10.2004, 08:58    Titel: Antworten mit Zitat

fingalo hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Ein Schlachtroß war (wohl auch wegen seines Preises und der beschränkten Verwendungsmöglichkeiten) ein Statussymbol.
Wieso soll ein Bauer verpflichtet gewesen sein, sich ein solches Statussymbol zu halten?

Pflicht zur Heeresfolge!

fingalo


jepps, aber als Fußtruppen/Infanterie zynisches Grinsen

keine Armee besteht/bestand ausschließlich aus Kavallerie Mit den Augen rollen
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Quéribus
Eretge



Anmeldungsdatum: 21.07.2003
Beiträge: 5947
Wohnort: Avaricum

Beitrag(#191891) Verfasst am: 12.10.2004, 09:23    Titel: Antworten mit Zitat

fingalo hat folgendes geschrieben:
Noseman hat folgendes geschrieben:
Ich schlage vor, das Thema mal genauer zeitlich und regional eingegrenzt exemplarisch zu diskutieren. So wird das nix.

Regional - da hast Du recht. Schlage vor, nördlich der Alpen bis zur Nordsee - zunächst mal.
Zeitlich ist's schwieriger, wenn man Entwicklungen verfolgen will.

fingalo


es regional von nördlich der Alpen bis zur Nordsee zu begrenzen, ist ein bisserl arg knapp Mit den Augen rollen
zumal allein schon das "Hl Römische Reich dt. Nation" um einiges über diese Begrenzung hinausgeht, das solltest Du eigentlich wissen Cool
und wenn Du dann noch die Kreuzzüge dazunimmst......

regional sollte schon etwas weiter gefaßt sein, in etwa das ehemalige Reich Karls des Großen umfassend, das der Ausgangspunkt so einiger Entwicklungen war.
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annox
Grim Reaper



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Beitrag(#191906) Verfasst am: 12.10.2004, 10:07    Titel: Antworten mit Zitat

Habe gerade mal nachgeschlagen...

Die Zahlen, die Du, fingalo, aus Fuhrmanns 'Einladung' genommen hast, sind korrekt. Aber sie stehen unter der Kapitelueberschrift "Die Ausruestung des Ritters". Die Preise sind natuerlich aussagefaehig und zeigen, dass freie Bauern noch lange nicht mit Rittern gleichzusetzen sind. Es ist aber offenbar unstrittig, dass Freie schon aeusserst wohlhabend sein mussten, um sich als Ritter andienen zu koennen.

Ein weiterer Aspekt ist, dass Fehden innerhalb des Adels meist in der Weise ausgetragen wurden, dass sie sich gegenseitig die Bauern erschlugen. Es erscheint mir in diesem Zusammenhang zumindest erwaehnenswert. ich beziehe mich dabei primaer auf Barabara Tuchman - Der ferne Spiegel.

Aber um zu Deinem Eingangsthema zurueckzukommen: Wie bewertest Du die Bedeutung von Koenigskanonikaten, beispielsweise das, Ottos des Ersten?
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Ich bin jenes Pferd, das unter der Peitsche der Kutscher den Wagen voller Gesindel hinter sich her ziehen muss.
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Heike N.
wundert gar nix mehr



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 26138
Wohnort: Bottrop

Beitrag(#192030) Verfasst am: 12.10.2004, 13:13    Titel: Antworten mit Zitat

fingalo hat folgendes geschrieben:
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Dir ist sicher auch bekannt, dass Geld beim einfach Volk nahezu während des ganzen Mittelalters als Bezahlung keine Rolle spielte, da weitgehend in Naturalien entlohnt wurde. Dokumentiert durch Abgaben an Klöster und Weltliche Instanzen.

Das ist sehr differenziert zu betrachten.Wenn ein Unfreier sich aus der familia lösen wollte (um woanders sein Glück zu versuchen), dann musste er dem Herrn den Verlust seiner Arbeitskraft mit Geld bezahlen.


Sicher. Wenn ich mir ein Schloss kaufen möchte, benötige ich unter Umständen lediglich 5,3 Mio. Euro. Die Tatsache, dass es möglich ist, für 5,3 Mio Euro ein Schloss zu kaufen sagt nichts darüber aus, ob ich jemals so viel Geld besitze.

Geld als Währung kam übrigens erst im Laufe des Hochmittelalters in Mode. Üblich war vorher (und ab dieser Zeit parallel) die Zahlung mit Naturalien.

Zitat:
Wenn er sich Schuhe kaufen wollte, konnte er ja kaum mit Vieh bezahlen. Da hätte der Schuster nur schlecht herausgeben können Smilie .


Wenn jemand aus dem Volk Schuhe benötigte, hat er sich selbst welche gemacht. Schuhe oder andere Gebrauchsgegenstände waren recht teuer.

Zitat:
Im Mittelalter finden wir durchaus einen Übergang in die Geldwirtschaft.


Siehe oben.

Zitat:
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Interessant auch folgendes Beispiel: Wer am 3. Kreuzzug teilnehmen wollte, musste 3 Mark Vermögen aufweisen (zzgl. aller zusätzlichen Kosten). Eine Summe, die mancher Ritter/Lehnsherr nicht aufbringen konnte.
Das dürfte wohl nur für die Edelfreien gegolten haben. Marketenderinnen und das Fußvolk wohl kaum. Aber da müsste ich auch erst mal nachsehen.


Die zusätzlichen Kosten in diesem Fall beinhalteten auch die Versorgung und Beköstigung von Gefolgsleuten. Hübscherinnen oder andere Dienstleister haben für ihre Lebenshaltungskosten auf andere Weise gesorgt.

Zitat:
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Und nun sind wir ja immer noch bei den bewaffneten freien Bauern, die sich so wehrig verhalten und in der Lage waren, Rechte durchzudrücken. Wie wehrig waren die wohl nun nach deinen Ausführungen? Wie viel Waffenkunde hatten die, wie viel Kenntnisse über Waffenführung hatten die wohl? Woher haben die die Zeit genommen, sich an den verschiedenen Waffen zu üben, vorausgesetzt, sie haben den Kessel mit dem Gold am Ende des Regenbogens gefunden?
Schwierige Fragen. Außerhalb von Saat- und Erntezeit hatten die schon Zeit zum Üben.


Ich weiß nicht, welch romantische Vorstellung du vom damaligen Leben auf dem Land hast. Die Menschen waren in der Regel (wenn sie nicht gerade in Städten wohnten und Stadtbewohner waren eindeutig in der Minderzahl, noch im Spätmittelalter) ländlich angesiedelt.

Der durchschnittliche landbewirtschaftende Mensch (ich nenne ihn mal der Einfachheit Bauer) war Selbstversorger. Meint: Herstellung der meisten benötigten Gebrauchsgegenstände inkl. Bekleidung (und der dafür benötigten Stoffe). Außerhalb der Saat- und Erntezeit wurden alle anderen notwendigen Arbeiten erledigt, inkl. der Herstellung von Schuhwerk (die Qualität von Funden lässt auf kaum auf besondere Professionalität schließen, was auf keine flächendeckende Versorgung mit Schuhwerk durch Handwerker schließen lässt). Schuhe, die derartig aufwendig hergestellt wurden, dass sie besonderes Werkzeug erforderten (was eine Spezialisierung flächendeckend legitimieren würde), gab es im großen Stil erst gegen Ende des Mittelalters. Dies nur am Rande, um das Beispiel Schuhwerk und Schuhmacherei zu durchleuchten.

Zitat:
Und in der Regel bedurfte es nicht des Schwertes in der Hand, um seine Rechte zu wahren. Da der Grundherr auf sie angewiesen war, kam es in der Regel zum Interessenausgleich.


Ich rede auch gar nicht von Konflikten zwischen zwei Parteien, die voneinander abhängig sind, sondern von Konflikten zwischen Machtpersonen untereinander.

Allerdings gebe ich zu bedenken, dass ein Hund keineswegs freier ist, wenn er die Leine bringen darf, an der er anschließend Gassi geführt wird.

Zitat:
Aber die Entwicklung des Bauernstandes zeigt, dass sich die Kräfteverhältnisse im Laufe der Zeit verschoben haben.


In welche Richtung meinst du jetzt? Du redest von Bauernaufständen und ihre Motivation?

Zitat:
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Und verhält es sich nicht eher so, dass freie Bauern, die zum Wehrdienst verpflichtet waren, oftmals nicht mehr in der Lage waren, ihre Felder zu bestellen, den Zehnten nicht mehr leisten konnten, verarmten und sich in Abhängigkeit begeben mussten?
Das ist richtig. deshalb begaben sich trotz vieler entgegenstehender Gesetze viele Bauern freiwillig in die Unfreiheit, um dem zu entgehen.


Der Hund bringt also die Leine und wartet dann dennoch geduldig, bis Herrchen Zeit und Muße hat, mit ihm Gassi zu gehen.
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Zuletzt bearbeitet von Heike N. am 12.10.2004, 14:54, insgesamt einmal bearbeitet
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Heike N.
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
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Beitrag(#192036) Verfasst am: 12.10.2004, 13:15    Titel: Antworten mit Zitat

Quéribus hat folgendes geschrieben:
fingalo hat folgendes geschrieben:
Noseman hat folgendes geschrieben:
Ich schlage vor, das Thema mal genauer zeitlich und regional eingegrenzt exemplarisch zu diskutieren. So wird das nix.

Regional - da hast Du recht. Schlage vor, nördlich der Alpen bis zur Nordsee - zunächst mal.
Zeitlich ist's schwieriger, wenn man Entwicklungen verfolgen will.

fingalo


es regional von nördlich der Alpen bis zur Nordsee zu begrenzen, ist ein bisserl arg knapp Mit den Augen rollen


Knapp? Geschockt

Bei der Vielzahl an Unterschieden der Volksgruppen (wenn wir noch nicht mal ein Zeitraum festlegen) und der unterschiedlichsten Verordnungen und Gesetze hälst du das für knapp? Bitte nicht!
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fingalo
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Anmeldungsdatum: 08.09.2004
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Beitrag(#192287) Verfasst am: 12.10.2004, 20:01    Titel: Antworten mit Zitat

Svantevit hat folgendes geschrieben:

Ein weiterer Aspekt ist, dass Fehden innerhalb des Adels meist in der Weise ausgetragen wurden, dass sie sich gegenseitig die Bauern erschlugen.

Das ist richtig. Das ist halt das Problem mit dem Begriff "Bauer". Ich hatte einen Vetter, der sich als Bauer (Landwirt) bezeichnete, obgleich er nie eine Hacke in die Hand genommen hat. Er leitete einen bäuerlichen Großbetrieb mit vielen Angestellten. Auch im Mittelalter gab es offenbar solche Staffelungen. Erschlagen wurden die letzten, die die Hunde zu beißen pflegen, um die Nahrungsgrundlage des Gegners zu treffen. Aber ich denke, dieser Frage sollte man im Zusammenhang mit den verschiedenen Graden der Unfreiheit nachgehen.

Svantevit hat folgendes geschrieben:
Aber um zu Deinem Eingangsthema zurueckzukommen: Wie bewertest Du die Bedeutung von Koenigskanonikaten, beispielsweise das, Ottos des Ersten?
Hmm, jetzt muss ich raten, was du nun von mir erwartest. Ich vermute mal, dass Du den Zusammenhang mit dem Gottesgnadentum meinst. Aber Otto I.? Ist mir neu. An welcher Kirche? Ich weiß nur, dass das Königskanonikat ab Otto III. institutionalisiert war. Aber mit dem Gottesgnadentum hatte das weniger etwas zu tun, denn das war älter. Das Königskanonikat entwickelte sich ja aus der Gebetsgemeinschaft mit einem Kapitel, war alo die Folge des Gottegnatentums. Später wurden die Könige sogar gleichzeitig zu Klerikern geweiht.
Aber ich weiß jetzt nicht, ob das von dir gemeint war.

Gruß Fingalo
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fingalo
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Anmeldungsdatum: 08.09.2004
Beiträge: 337
Wohnort: Wiesbaden

Beitrag(#192312) Verfasst am: 12.10.2004, 20:35    Titel: Antworten mit Zitat

Heike N. hat folgendes geschrieben:
fingalo hat folgendes geschrieben:
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Dir ist sicher auch bekannt, dass Geld beim einfach Volk nahezu während des ganzen Mittelalters als Bezahlung keine Rolle spielte, da weitgehend in Naturalien entlohnt wurde. Dokumentiert durch Abgaben an Klöster und Weltliche Instanzen.

Das ist sehr differenziert zu betrachten.Wenn ein Unfreier sich aus der familia lösen wollte (um woanders sein Glück zu versuchen), dann musste er dem Herrn den Verlust seiner Arbeitskraft mit Geld bezahlen.


Sicher. Wenn ich mir ein Schloss kaufen möchte, benötige ich unter Umständen lediglich 5,3 Mio. Euro. Die Tatsache, dass es möglich ist, für 5,3 Mio Euro ein Schloss zu kaufen sagt nichts darüber aus, ob ich jemals so viel Geld besitze.

Geld als Währung kam übrigens erst im Laufe des Hochmittelalters in Mode. Üblich war vorher (und ab dieser Zeit parallel) die Zahlung mit Naturalien.

Richtig, aber mit der Zeit. Ich zitiere mal aus Bosl "Unfreiheit im Übergang von der archaischen Epoche zur Aufbruchsperiode der Mittelalterlichen Gesellschaft":
"Welche Voraussetzungen und Trends haben den sozialen Aufbruch der „Leibeigenenklasse" aller Grade vom 11. bis zum 13. Jahrhundert verursacht und mitbestimmt? Da ist zunächst einmal die Intensivierung des wirtschaftlichen Lebens, der Produktion bei steigender Bevölkerungsdichte, das Steigen des allgemeinen Lebensstandards zunächst der Oberschichten und deren wachsende Abhängigkeit vom steigenden Arbeitsertrag der Untertanen zu nennen. Man sollte nicht verkennen, daß ein bestimmter Zwang entstand, die Arbeitsintensität und auch das Produktionsvolumen der arbeitenden Schichten zu steigern. Das geschah durch Befreiung von Arbeitskraft und Teilhabe am Sozialprodukt. All das vollzog sich im Übergang von einer nicht ausschließlichen, aber vorwiegenden Naturalherrschaft zu einer stetig zunehmenden Geldwirtschaft. Sachleistungen und personale Dienste der Unfreien wurden durch fixierte Geldzahlungen abgelöst."

Heike N. hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Wenn er sich Schuhe kaufen wollte, konnte er ja kaum mit Vieh bezahlen. Da hätte der Schuster nur schlecht herausgeben können Smilie .


Wenn jemand aus dem Volk Schuhe benötigte, hat er sich selbst welche gemacht. Schuhe oder andere Gebrauchsgegenstände waren recht teuer.

Hmm. "aus dem Volk". Das ist so ein Ausdruck. Wer war nicht aus dem Volk? Die signifikante Differenzierung war ja nicht horizontal, sondern vertikal.
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Interessant auch folgendes Beispiel: Wer am 3. Kreuzzug teilnehmen wollte, musste 3 Mark Vermögen aufweisen (zzgl. aller zusätzlichen Kosten). Eine Summe, die mancher Ritter/Lehnsherr nicht aufbringen konnte.
Das dürfte wohl nur für die Edelfreien gegolten haben. Marketenderinnen und das Fußvolk wohl kaum. Aber da müsste ich auch erst mal nachsehen.


Die zusätzlichen Kosten in diesem Fall beinhalteten auch die Versorgung und Beköstigung von Gefolgsleuten. Hübscherinnen oder andere Dienstleister haben für ihre Lebenshaltungskosten auf andere Weise gesorgt.
Der allgemeine Tross war nicht vollständig einzelnen Rittern zugeordnet.

Heike N. hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Schwierige Fragen. Außerhalb von Saat- und Erntezeit hatten die schon Zeit zum Üben.

Ich weiß nicht, welch romantische Vorstellung du vom damaligen Leben auf dem Land hast. Die Menschen waren in der Regel (wenn sie nicht gerade in Städten wohnten und Stadtbewohner waren eindeutig in der Minderzahl, noch im Spätmittelalter) ländlich angesiedelt.

Ist mir klar. Aber ich weiß nicht, wie die das gehandhabt haben. Aber wehrhaft waren sie irgendwie. Denn es wird wiederholt berichtet, dass Die Landbevölkerung plündernde Krieger verfolgt und erschlagen haben.

Heike N. hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Und in der Regel bedurfte es nicht des Schwertes in der Hand, um seine Rechte zu wahren. Da der Grundherr auf sie angewiesen war, kam es in der Regel zum Interessenausgleich.


Ich rede auch gar nicht von Konflikten zwischen zwei Parteien, die voneinander abhängig sind, sondern von Konflikten zwischen Machtpersonen untereinander.

Allerdings gebe ich zu bedenken, dass ein Hund keineswegs freier ist, wenn er die Leine bringen darf, an der er anschließend Gassi geführt wird.

Nun, unseren heutigen Freiheitsbegriff gab es damals noch nicht. Deshalb ist es schwierig, mit diesen Maßstäben zu operieren, ohne St. Rezentius zu huldigen.

Heike N. hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Aber die Entwicklung des Bauernstandes zeigt, dass sich die Kräfteverhältnisse im Laufe der Zeit verschoben haben.


In welche Richtung meinst du jetzt? Du redest von Bauernaufständen und ihre Motivation?

Ich wollte damit nur sagen, daß die vertikale Mobilität zu verschiedenen Zeiten sehr unterschiedlich war. Aufsteigen niederer Stände in die Reichsministerialität (die unfrei blieb), einerseits und Verarmung der auf dem Lande arbeitenden Bevölkerung andererseits.

Heike N. hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Und verhält es sich nicht eher so, dass freie Bauern, die zum Wehrdienst verpflichtet waren, oftmals nicht mehr in der Lage waren, ihre Felder zu bestellen, den Zehnten nicht mehr leisten konnten, verarmten und sich in Abhängigkeit begeben mussten?
Das ist richtig. deshalb begaben sich trotz vieler entgegenstehender Gesetze viele Bauern freiwillig in die Unfreiheit, um dem zu entgehen.

Der Hund bringt also die Leine und wartet dann dennoch geduldig, bis Herrchen Zeit und Muße hat, mit ihm Gassi zu gehen.

Das setzt einen an sich freien Hund voraus. Aber, wie gesagt, unser Freiheitsbegriff sollte da nicht angewendet werden.

Gruß Fingalo
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Anmeldungsdatum: 21.07.2003
Beiträge: 5947
Wohnort: Avaricum

Beitrag(#197739) Verfasst am: 21.10.2004, 23:44    Titel: Antworten mit Zitat

fingalo hat folgendes geschrieben:
Aber wehrhaft waren sie irgendwie. Denn es wird wiederholt berichtet, dass Die Landbevölkerung plündernde Krieger verfolgt und erschlagen haben.
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Und in der Regel bedurfte es nicht des Schwertes in der Hand, um seine Rechte zu wahren. Da der Grundherr auf sie angewiesen war, kam es in der Regel zum Interessenausgleich.




dazu braucht's keine Schwerter Mit den Augen rollen
ein Knüppel, Dreschflegel, Mistgabel oder was halt grad zur hand ist tut's auch zwinkern

ähm, ist mir grad wieder eingefallen:
der Kriegsdienst gegeüber dem Lehnsherrn war im allgemeinen zeitlich befristet und zwar auf 40 Tage am Stück
das hat Louis VIII während der Albigenserkreuzzüge peinlicherweise zu spüren bekommen, als nämlich ein Teil seiner Barone inklusive ihrer Truppen am Ende der Frist einfach ihre Sachen packten und abzogen, mitten in einer Belagerung noch dazu Lachen
nachzulesen u.a. in Michel Roquebert's "L'épopée cathare" Cool
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