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Eklatant Selbstwiderspruch
Anmeldungsdatum: 25.07.2005 Beiträge: 535
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(#1933984) Verfasst am: 13.07.2014, 15:34 Titel: |
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smallie hat folgendes geschrieben: |
Im Englischen steht Convention schon für Vertrag. Das hat sich auch im deutschen erhalten: eine "Konventionalstrafe" ist eine "Vertragsstrafe". |
Jein, Verträge sind letztlich eben keine Naturgesetze. Mein Beitrag bezieht sich darauf, dass es keine Gründe außer den guten Willen des Zusammenlebens gibt sich an gesellschaftliche Normen zu halten, was im Kriegszustand eigentlich durch "Kriegsrecht" geregelt wird ist fast durchgehend in der Praxis Barbarei.
smallie hat folgendes geschrieben: | Ich würde zu gern die jeweiligen Papiere sehen, die den "Terroronkel" hinreichend belasten. |
Du beziehst dich auf etwaigen Verdacht aus Konfliktpartei X wo jemand über vagen Geheimdienstdaten brütet und sich Standgerichturteile anmaßt und nicht auf die geschilderte Situation in Krisengebieten.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Man lehnt Terror entweder ab oder nicht. Wenn man Terror ablehnt, lehnt man auch Terror legitimierende Sophistereien wie diese ab.
(...)
Hier wird in der Tat eine absolute politische Trennlinie gezogen - aber an anderer Stelle als du denkst. |
Ich wollte dies zum eigentlichen Fokus des Gespräches machen, die Voraussetzung der Trennlinie selbst, die tatsache dass sie "absolut" ist und dass sie keinesfalls so selbsterklärend und offenkundig ist wie man es gerne glauben würde.
D.h. es wäre schön wäre es das, dann wäre Mord und Totschlag in Krisensituationen eher die Ausnahme und nicht die Regel.
Ich habe extra darauf hingewiesen, dass die Zivilisationsdecke extrem dünn ist und die Motivlage dafür ausgeführt.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1933987) Verfasst am: 13.07.2014, 15:37 Titel: |
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Eklatant hat folgendes geschrieben: | Ich habe extra darauf hingewiesen, dass die Zivilisationsdecke extrem dünn ist und die Motivlage dafür ausgeführt. |
Ja und? Wofür ist das ein Argument?
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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funkeimdunkeln Bösmensch
Anmeldungsdatum: 12.05.2014 Beiträge: 878
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(#1934026) Verfasst am: 13.07.2014, 19:22 Titel: |
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Hallo Tarvoc,
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | unquest hat folgendes geschrieben: | Uwe Mundlos war ein an Physik interessierter Laie und führte Ballistik Experimente durch. |
Zum Beispiel, wobei ich ja sagen würde, dass die Auswahl der Ziele auch irgendwie aussagekräftig ist. Muhammad Atta war im Bereich Architektur und Gebäudestabilität aber nicht nur interessierter Laie. Der Punkt ist, dass es schwer wird, eine solche Motivationstheorie tatsächlich zu widerlegen. Man beschränkt sich dann meistens darauf, sie bloß lächerlich zu machen. Gleichzeitig wird damit aber die Frage aufgeworfen, was für einen Erkenntnisgewinn die Frage nach der Motivation von Einzeltätern überhaupt verspricht, wenn es um das Verständnis von Phänomenen wie z.B. Terrorismus geht. Die Frage nach den Wirkungen ist womöglich die wichtigere. Deswegen wird Terrorismus in der Soziologie ja auch so oft im Zusammenhang mit dem Thema der medialen Darstellung diskutiert. |
Bei dir sehe ich aus geschichtsphilosophischer Sicht einen materialistischen Standpunkt, der nur die Gültigkeit von evidenzbasierten Erkenntnissen zulässt. Dieses Vorgehen halte ich schon in der Psychologie für einen weitverbreiteten Irrtum, um wie viel mehr bin ich gegen eine strikt evidenz-orientierte Interpretation geschichtlicher Vorgänge.
Natürlich kannst du dir zu irgendwelchen empirischen Bausteinen irgendwelche abgefahrenen Interpretationen zusammenbauen. Das hat Sigmund Freud auch gemacht. Die Psychoanalyse nach Freud ist eine Motivationstheorie, die auf der Interpretation objektiv messbarer körperlicher Vorgänge beruht (Sexualität, Kindheit, Traumata, usw.)
Auch die Homöopathen betreiben sowas wie evidenz-basierte Medizin. Sie schlucken ihre Zuckerkügelchen, schreiben dann auf, ob es diesmal der linke oder rechte Zeh zwickt, ob die Trockenheit im Mund um 10:00 wie üblich oder schon um 9:50 Uhr - wie ungewöhnlich! - ob sie schlecht geträumt haben, usw.
Wir sehen also, die Argumentationsweise, dass man sich nur an der Empirie orientieren darf, führt ins Leere, weil andere Menschen dieser Linie gefolgt sind und damit schon ernsthaften Unsinn angestellt haben. Es geht also immer auch um die Bewertung der empirischen Wirklichkeit.
Und genauso würde ich auch an die Gebäudestabilitäts-Theorie über Muhammad Attas herangehen. Ich würde sie in der Tat als lächerlich bewerten.
Mit freundlichen Grüßen,
Mirko
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1934034) Verfasst am: 13.07.2014, 19:47 Titel: |
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funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Bei dir sehe ich aus geschichtsphilosophischer Sicht einen materialistischen Standpunkt, der nur die Gültigkeit von evidenzbasierten Erkenntnissen zulässt. Dieses Vorgehen halte ich schon in der Psychologie für einen weitverbreiteten Irrtum [...] |
Aha. Steht in deinem Beitrag auch irgendwo, was für Methoden du als Alternative anzubieten hast? Ich hab' das jedenfalls nirgendwo gefunden. Das wäre aber die eigentlich spannende Frage.
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Auch die Homöopathen betreiben sowas wie evidenz-basierte Medizin. Sie schlucken ihre Zuckerkügelchen, schreiben dann auf, ob es diesmal der linke oder rechte Zeh zwickt, ob die Trockenheit im Mund um 10:00 wie üblich oder schon um 9:50 Uhr - wie ungewöhnlich! - ob sie schlecht geträumt haben, usw.
Wir sehen also, die Argumentationsweise, dass man sich nur an der Empirie orientieren darf, führt ins Leere, weil andere Menschen dieser Linie gefolgt sind und damit schon ernsthaften Unsinn angestellt haben. Es geht also immer auch um die Bewertung der empirischen Wirklichkeit. |
Was? Die Homöopathie geht sicher nicht deshalb in die Irre, weil sie zu empirisch oder zu wissenschaftlich arbeitet - sondern im Gegenteil. Hier im Forum gibt's ja einige Threads über Homöopathie und ihre Widerlegung, vielleicht liest du dich da erstmal ein.
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Und genauso würde ich auch an die Gebäudestabilitäts-Theorie über Muhammad Attas herangehen. Ich würde sie in der Tat als lächerlich bewerten. |
Ein Argument dafür hast du aber eben bis jetzt nicht gebracht. Davon mal abgesehen, dass immer noch die Frage im Raum steht, warum und wofür die Frage nach der individuellen Motivation überhaupt interessant sein sollte.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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funkeimdunkeln Bösmensch
Anmeldungsdatum: 12.05.2014 Beiträge: 878
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(#1934066) Verfasst am: 13.07.2014, 20:45 Titel: |
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Lieber Torvac,
Zitat: | Aha. Steht in deinem Beitrag auch irgendwo, was für Methoden du als Alternative anzubieten hast? Ich hab' das jedenfalls nirgendwo gefunden. Das wäre aber die eigentlich spannende Frage. |
Wenn du "Methode" äquivalent zu "evidenzbasiertem Vorgehen" verwendest, dann machst du in deiner Frage die Voraussetzung, die ich gerade kritisiert habe. Ansonsten würde ich dich bitten die Verwendung deiner Begrifflichkeiten zu präzisieren.
Nochmal: Die Denkweise, dass man "evidenzbasierte" und somit "korrekte" Methoden von "intuitivem" und somit "falsche" Methoden in der Geschichtsdeutung unterscheiden könnte, funktioniert m.E. nicht.
Eine Methode, die du ganz sicher als "falsch", als "subjektiv", als "gefühlsmäßig", als "stereotypenbehaftet" usw. zurückweisen wirst, ist die, dass man erst mal alle Fakten sammelt, ja, das sicherlich, und dann die verschiedenen Theorien vergleicht. Theorie 1: Atta war Islamist. Theorie 2: Atta war Gebäudestablitätsfanatiker Theorie 3: Atta hat sich verflogen, Theorie 4: Atta war im Osama bin Laden verliebt und wollte ihm seine Liebe beweisen.
Dann hat man verschiedene wunderschöne Hypothesen gebildet und dann entscheidet das Bauchgefühl.
Ja, das ist eine Methode:
1. Empirische Fakten sammeln.
2. Hypothesen bilden
3. Bauchgefühl
Und du kannst gerne Teil 3. kritisieren, so oft wie du lustig bist. Du wirst den Menschen aber nie ihr Bauchgefühl wegdiskutieren können.
Und im Übrigen: Du bist genauso gut auf dein Bauchgefühl wie jeder von uns angewiesen. Auch du benutzt Wertungen. Du benutzt Stereotypen. Du benutzt assoziatives Vorgehen. Du bist ein Mensch wie alle anderen auch. Willkommen im Club!
Mit freundlichen Grüßen,
Mirko
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1934070) Verfasst am: 13.07.2014, 20:52 Titel: |
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funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Wenn du "Methode" äquivalent zu "evidenzbasiertem Vorgehen" verwendest, dann machst du in deiner Frage die Voraussetzung, die ich gerade kritisiert habe. |
Also erstmal geht es nicht darum, wie ich das Wort "Methode" verwende. Ich habe gefragt, was deine Methode ist, hier zu einem Urteil zu kommen. Entweder du kannst sie angeben oder nicht.
Ach ja, äh, welche Voraussetzung hast du wo wie mit welchem Argument kritisiert?
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Nochmal: Die Denkweise, dass man "evidenzbasierte" und somit "korrekte" Methoden von "intuitivem" und somit "falsche" Methoden in der Geschichtsdeutung unterscheiden könnte, funktioniert m.E. nicht. |
Man kann Behauptungen, zu denen Begründungen geliefert werden, von Behauptungen unterscheiden, zu denen keine Begründungen geliefert werden. Mehr braucht es hier gar nicht. Worte wie "intuitiv", "korrekt" oder "falsch" stammen von dir, nicht von mir.
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Eine Methode, die du ganz sicher als "falsch", als "subjektiv", als "gefühlsmäßig", als "stereotypenbehaftet" usw. zurückweisen wirst, ist die, dass man erst mal alle Fakten sammelt, ja, das sicherlich, und dann die verschiedenen Theorien vergleicht. |
Du hast mir nicht im Voraus vorzuschreiben, was ich zurückzuweisen habe und was nicht. Im Übrigen ist das Sammeln von Fakten ja nun genau das, was du hier "evidenzbasiert" genannt hast.
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Ja, das ist eine Methode:
1. Empirische Fakten sammeln.
2. Hypothesen bilden
3. Bauchgefühl |
Nein, das ist keine Methode. Dafür fehlt die Nachvollziehbarkeit. Und damit habe ich noch nicht mal grundsätzlich was gegen das Bauchgefühl gesagt. (Es gibt durchaus auch sowas wie intuitive Methoden, aber das ist keine.)
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Und du kannst gerne Teil 3. kritisieren, so oft wie du lustig bist. Du wirst den Menschen aber nie ihr Bauchgefühl wegdiskutieren können. |
Es geht mir nicht darum, etwas Vorhandenes wegzudiskutieren. In einer Diskussion hat man aber Begründungen zu bringen und nicht nur zu sagen "Das ist so, weil ich das sage, basta!"
Du bist doch Religionskritiker, hast dich jedenfalls mir gegenüber explizit so bezeichnet. Was du hier machst, entspricht genau dem Vorgehen religiöser Dogmatiker.
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Auch du benutzt Wertungen. Du benutzt Stereotypen. Du benutzt assoziatives Vorgehen. Du bist ein Mensch wie alle anderen auch. Willkommen im Club! |
Erstens ad-hominem Fehlschluss, zweitens Off-Topic. Da fehlt eigentlich nur noch das Amen am Ende.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Eklatant Selbstwiderspruch
Anmeldungsdatum: 25.07.2005 Beiträge: 535
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(#1934089) Verfasst am: 13.07.2014, 22:27 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Eklatant hat folgendes geschrieben: | Ich habe extra darauf hingewiesen, dass die Zivilisationsdecke extrem dünn ist und die Motivlage dafür ausgeführt. |
Ja und? Wofür ist das ein Argument? |
Das ist ein Argument dafür, dass was hier teilweise als Selbstverständlich vorausgesetzt wird nicht selbsterklärend und schon garnicht überall in jeder Ecke der Welt und besonders nicht zu Krisenzeiten auffindbar ist und in Zukunft auch nicht auffindbar sein wird.
Ich mache des öfteren in diversen Diskursen die Feststellung, dass die Mentalitäten und Vorstellungswelten in Richtung eines humanistischen Ideals verzerrt dargestellt werden.
Dieses Ideal ist keine Beschreibung der real existierenden Motivlagen.
Ich will daher ausdrücklich auf den fiktiven Charakter hinweisen.
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Samson83 registrierter User
Anmeldungsdatum: 18.01.2013 Beiträge: 6833
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(#1934093) Verfasst am: 13.07.2014, 22:34 Titel: |
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Eklatant hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Eklatant hat folgendes geschrieben: | Ich habe extra darauf hingewiesen, dass die Zivilisationsdecke extrem dünn ist und die Motivlage dafür ausgeführt. |
Ja und? Wofür ist das ein Argument? |
Das ist ein Argument dafür, dass was hier teilweise als Selbstverständlich vorausgesetzt wird nicht selbsterklärend und schon garnicht überall in jeder Ecke der Welt und besonders nicht zu Krisenzeiten auffindbar ist und in Zukunft auch nicht auffindbar sein wird.
Ich mache des öfteren in diversen Diskursen die Feststellung, dass die Mentalitäten und Vorstellungswelten in Richtung eines humanistischen Ideals verzerrt dargestellt werden.
Dieses Ideal ist keine Beschreibung der real existierenden Motivlagen.
Ich will daher ausdrücklich auf den fiktiven Charakter hinweisen. | Geschwafel.
_________________ An alle: Lasst Euch dadurch nicht in die Irre führen. Dieser braune Burschi muss bearbeitet werden - immer hart an der Sache. Macht ihn mürbe! (Kramer)
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1934095) Verfasst am: 13.07.2014, 22:36 Titel: |
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Samson83 hat folgendes geschrieben: | Geschwafel. |
Das bringt es auf den Punkt.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Eklatant Selbstwiderspruch
Anmeldungsdatum: 25.07.2005 Beiträge: 535
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(#1934163) Verfasst am: 14.07.2014, 02:48 Titel: |
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Samson83 hat folgendes geschrieben: | Geschwafel. |
Tut mir leid, dass es dir und Tarvoc zu hoch ist erläutert zu bekommen, dass humanistische Ideale auf dieser Welt in der Minderheit sind (Tatsachenbeschreibung) und in Krisenzeiten umkippen und ich nur explizit darauf hinweise den Blick auf die tatsächlichen Motivlagen zu wenden, weshalb es zu dem Wegfall kommt - man dies sogar prognostizieren kann.
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Samson83 registrierter User
Anmeldungsdatum: 18.01.2013 Beiträge: 6833
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(#1934181) Verfasst am: 14.07.2014, 09:51 Titel: |
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Eklatant hat folgendes geschrieben: | Samson83 hat folgendes geschrieben: | Geschwafel. |
Tut mir leid, dass es dir und Tarvoc zu hoch ist erläutert zu bekommen, dass humanistische Ideale auf dieser Welt in der Minderheit sind (Tatsachenbeschreibung) und in Krisenzeiten umkippen und ich nur explizit darauf hinweise den Blick auf die tatsächlichen Motivlagen zu wenden, weshalb es zu dem Wegfall kommt - man dies sogar prognostizieren kann. |
Das ist nicht zu hoch, das ist banal.
_________________ An alle: Lasst Euch dadurch nicht in die Irre führen. Dieser braune Burschi muss bearbeitet werden - immer hart an der Sache. Macht ihn mürbe! (Kramer)
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Fake auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 11.11.2011 Beiträge: 3548
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(#1934187) Verfasst am: 14.07.2014, 10:35 Titel: |
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Objektive Legitimität gibt es nicht. Legitime Tötungen unterscheiden sich von nicht legitimen Tötungen durch ihre Bewertung. Diese Bewertung erfolgt durch Abstimmung. Das muss nicht in der Wahlkabine passieren. Gerade wenn es um ethische oder moralische Bewertungen geht, bilden sich solche Entscheidungen schlicht durch gelebtes Leben heraus. Dabei ist es völlig egal, nach welchen Kriterien das Individuum seine Meinung bildet. Durch die Vielzahl der beteiligten Personen sind alle Kriterien automatisch mit ihrer richtigen Gewichtung im Ergebnis enthalten.
Eine darüber hinaus gehende Begriffsbestimmung halte ich für sinnlos. Man kann Worten nicht künstlich mehr Bedeutung geben, als sie nunmal haben. Man kann künstlich keine Objektivität erzeugen, wo keine ist. Außerhalb der formalen Logik und Mathematik wird man nie mehr erreichen können als die Summe subjektiver Einzelstimmen.
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Ahriman Tattergreis
Anmeldungsdatum: 31.03.2006 Beiträge: 17976
Wohnort: 89250 Senden
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(#1934195) Verfasst am: 14.07.2014, 11:09 Titel: |
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Allmählich krieg ich hier ne Quasselophobie.
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vrolijke Bekennender Pantheist

Anmeldungsdatum: 15.03.2007 Beiträge: 46732
Wohnort: Stuttgart
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(#1934230) Verfasst am: 14.07.2014, 14:06 Titel: |
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Samson83 hat folgendes geschrieben: | Eklatant hat folgendes geschrieben: | Samson83 hat folgendes geschrieben: | Geschwafel. |
Tut mir leid, dass es dir und Tarvoc zu hoch ist erläutert zu bekommen, dass humanistische Ideale auf dieser Welt in der Minderheit sind (Tatsachenbeschreibung) und in Krisenzeiten umkippen und ich nur explizit darauf hinweise den Blick auf die tatsächlichen Motivlagen zu wenden, weshalb es zu dem Wegfall kommt - man dies sogar prognostizieren kann. |
Das ist nicht zu hoch, das ist banal. |
Auch banales kann stimmen.
_________________ Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
Erich Fromm
Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.
Grenzen geben einem die Illusion, das Böse kommt von draußen
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funkeimdunkeln Bösmensch
Anmeldungsdatum: 12.05.2014 Beiträge: 878
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(#1934296) Verfasst am: 14.07.2014, 20:01 Titel: |
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Lieber Torvac,
Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Also erstmal geht es nicht darum, wie ich das Wort "Methode" verwende. Ich habe gefragt, was deine Methode ist, hier zu einem Urteil zu kommen. Entweder du kannst sie angeben oder nicht. |
Doch, genau darum geht es. Ich weiß nicht, wie ich deine Frage beantworten soll, wenn ich sie nicht verstehe.
Du verwendest "Methode" als eine Art Dummy-Wort. Eigentlich könnte man es auch durch "Rechtfertigung" ersetzen. Dieses Vorgehen ist vergleichbar mit demjenigen von Inquisitionsgerichten, die von dem Angeklagten eine "Rechtfertigung" für ihre "Gottestreue" verlangen. Was denn nun als eine "Rechtfertigung" zählt oder nicht, wird dabei völlig offen gelassen. Auf diese Weise kann es der Angeklagte nur falsch machen und man findet einen guten Grund ihn auf den Scheiterhaufen zu schicken.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Ach ja, äh, welche Voraussetzung hast du wo wie mit welchem Argument kritisiert?  |
Ich kritisiere die Voraussetzung, dass wir wissen im geschichtlichen Kontext wissen, was eine "Methode" ist oder dass wir eine Einigung darüber haben, was das ist. Mehr nicht. Deswegen kritisiere ich, dass du deine Frage überhaupt stellen kannst.
Ich wiederhole nochmals deinen Einwand: Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Aha. Steht in deinem Beitrag auch irgendwo, was für Methoden du als Alternative anzubieten hast? Ich hab' das jedenfalls nirgendwo gefunden. Das wäre aber die eigentlich spannende Frage. |
Und ich wiederhole nochmal meine Meinung dazu:
Funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Wenn du "Methode" äquivalent zu "evidenzbasiertem Vorgehen" verwendest, dann machst du in deiner Frage die Voraussetzung, die ich gerade kritisiert habe. Ansonsten würde ich dich bitten die Verwendung deiner Begrifflichkeiten zu präzisieren. |
Ich wiederhole nochmal meine Meinung zur Vorgehensweise in geschichtlichen Fragen generell:
Es gibt keine "objektiven" oder "rein evidenzbasierten" Methoden in der Beschäftigung mit geschichtlichen Themen, wenn man Methode im Sinne eines naturwissenschaftliches oder formalwissenschaftlichen Vorgehens versteht wie zum Beispiel Experiment, Studie, logische Deduktion. Gerade deswegen ist die Auseinandersetzung mit dem Begriff der Methode so wichtig.
Mit freundlichen Grüßen,
Mirko
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funkeimdunkeln Bösmensch
Anmeldungsdatum: 12.05.2014 Beiträge: 878
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(#1934309) Verfasst am: 14.07.2014, 21:01 Titel: |
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Hallo Torvac,
kleiner Nachtrag:
Gerade las ich den Eingangsposting von deinem Islam-Thread:
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Auch wäre es gut, wenn ihr die prägnanten und insbesondere die wertenden Worte, die ihr verwendet, selbst wiederum reflektieren und gegebenenfalls eure Gedanken hier präsentieren könntet. |
Genau das erbitte ich in aller Freundlichkeit und Freundschaft von dir, wenn es um das Wort "Methode" geht.
Mit freundlichen Grüßen,
Mirko
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1934310) Verfasst am: 14.07.2014, 21:05 Titel: |
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funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Doch, genau darum geht es. Ich weiß nicht, wie ich deine Frage beantworten soll, wenn ich sie nicht verstehe. |
Als ob das so schwer wäre. Ich habe dich danach gefragt, wie du dazu kommst, die Behauptung abzulehnen. Anders gesagt, ich habe nach deinen Gründen gefragt. Nichts anderes besagt die Frage.
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Du verwendest "Methode" als eine Art Dummy-Wort. Eigentlich könnte man es auch durch "Rechtfertigung" ersetzen. |
Ich weiss nicht, was ein "Dummy-Wort" ist. Von mir aus kannst du auch "Rechtfertigung" sagen, wenn's der Diskussion dient. Wobei Worte wie "Begründung" oder "Erklärung" vermutlich besser passen.
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Dieses Vorgehen ist vergleichbar mit demjenigen von Inquisitionsgerichten. |
Das Fragen nach Begründungen in einer Diskussion hat nichts mit Inquisition zu tun, sondern ist ganz normales Diskussionsverhalten. Diskussionen laufen normalerweise so ab, dass man seine Behauptungen begründet und auf die Begründungen des anderen vernünftig inhaltlich eingeht. Ansonsten hat man nämlich keine Diskussion, sondern zwei (oder mehr) nebeneinander laufende Monologe. In dem Zusammenhang möchte ich nochmal darauf hinweisen, dass ich hier bist jetzt Begründungen geliefert habe.
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Was denn nun als eine "Rechtfertigung" zählt oder nicht, wird dabei völlig offen gelassen. |
Erstens habe ich sehr wohl gesagt, was ich von Begründungen erwarte. Zweitens lautete meine Frage doch gerade, was deine Kriterien sind.
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Ich kritisiere die Voraussetzung, dass wir wissen im geschichtlichen Kontext wissen, was eine "Methode" ist oder dass wir eine Einigung darüber haben, was das ist. Mehr nicht. Deswegen kritisiere ich, dass du deine Frage überhaupt stellen kannst. |
Was? Ich habe mehrmals deutlich angegeben, wie ich zu meinen Behauptungen und Argumenten komme. Mehr braucht es wie gesagt überhaupt nicht.
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Es gibt keine "objektiven" oder "rein evidenzbasierten" Methoden [...] |
Nochmal: Die Worte "objektiv" und "evidenzbasiert" stammen beide von dir, nicht von mir. Und meine Frage war, wie du vorgehst, nicht wie du nicht vorgehst.
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Genau das erbitte ich in aller Freundlichkeit und Freundschaft von dir, wenn es um das Wort "Methode" geht. |
Ich habe meinen Sprachgebrauch hier durchaus reflektiert. Du auch? Zur Erinnerung zitiere ich hier nochmal die Stelle, an der bei mir das Wort "Methode" zum ersten Mal vorkommt:
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Dieses Vorgehen halte ich schon in der Psychologie für einen weitverbreiteten Irrtum [...] |
Aha. Steht in deinem Beitrag auch irgendwo, was für Methoden du als Alternative anzubieten hast? |
Du sprichst von "Vorgehen". Sollte aus diesem Kontext eigentlich klar werden, dass ich das Wort "Methode" hier einfach synonym dazu gebrauche. An meiner Verwendung des Wortes war an der Stelle wirklich gar nichts problematisch.
Erst danach kam dieser ganze Ballast an Begriffen wie "objektiv", "subjektiv", "intuitiv" und dergleichen dazu, und der stammt wie gesagt allein von dir und nicht von mir. Lässt man das Zeug weg, ergibt sich auch das ganze Problem gar nicht erst.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Ahriman Tattergreis
Anmeldungsdatum: 31.03.2006 Beiträge: 17976
Wohnort: 89250 Senden
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(#1934426) Verfasst am: 15.07.2014, 14:18 Titel: |
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Kommt mir jetzt vor wie ein Gespräch zweier Theologen. Jeder hat recht und keiner kapiert, worum es geht.
Denn eben wo Begriffe fehlen,
da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein.
Mit Worten läßt sich trefflich streiten,
mit Worten ein System bereiten,
mit Worten läßt sich trefflich glauben
von einem Wort läßt sich kein Jota rauben.
(Goethe, Faust)
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#1934484) Verfasst am: 15.07.2014, 18:32 Titel: |
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Ahriman hat folgendes geschrieben: | Kommt mir jetzt vor wie ein Gespräch zweier Theologen. Jeder hat recht und keiner kapiert, worum es geht.
Denn eben wo Begriffe fehlen,
da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein.
Mit Worten läßt sich trefflich streiten,
mit Worten ein System bereiten,
mit Worten läßt sich trefflich glauben
von einem Wort läßt sich kein Jota rauben.
(Goethe, Faust) |
Noch treffllicher als mit Worten laesst sich um Worte streiten.
(beachbernie, Gezeitenwechsel am FGH-Strand)
_________________ Defund the gender police!!
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funkeimdunkeln Bösmensch
Anmeldungsdatum: 12.05.2014 Beiträge: 878
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(#1934518) Verfasst am: 15.07.2014, 21:28 Titel: |
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Lieber Tarvoc,
jetzt kommen wir dem Missverständnis eher auf die Spur. Ich glaube, dass wir uns sogar einig sein können. Ich würde meine These nun folgendermaßen formulieren, dass es in der Beschäftigung mit geschichtlichen Fragen nicht nur um Methoden, sondern auch um Wertungen geht.
Der Grund, warum ich die Gebäudestabilitätstheorie ablehne, das ist mein Bauchgefühl. Das funktioniert aber nicht, wenn du als Antwort eine "Methode" von mir forderst.
Nun halte ich es ehrlich gesagt für völlig überflüssig bei der Gebäudestabilitäts-Theorie eine Methode zu entwickeln. Genauso wie ich es für überflüssig halte die Tatsache anzuzweifeln, dass beim zweiten Weltkrieg viele Menschen starben. Oder wie ich es für überflüssig halte das Alter des Christentums (2000 Jahre) in Frage zu stellen. Oder wie ich es für Blödsinn halte Nordkorea für einen Menschenrechtsstaat zu halten.
Natürlich kann man sich den Kopf über allerlei Spekulationen zerbrechen. Worauf ich mit meinen geschichtsphilosophischen Betrachtungen hinauswollte, ist, dass es keine Verpflichtung dazu gibt. Freiwillig kann ich mich dafür entscheiden mich mit der Verschwörungstheorie zu beschäftigen, dass die Amis ihren WTC selber gesprengt hätten oder dass Adolf Hitler in die Antarktis geflüchtet sei und sich nicht selber umgeracht hat. Doch es gibt keinen Zwang dazu die Annahme, dass diese Theorien nicht stimmen, durch Empirie zu untermauern. Man kann gleich sagen "ist nicht relevant".
Aus Belustigung über die zugegebenermaßen gut erfundene Geschichte mag ich noch eine ausführlichere Begründung hinzuliefern, weswegen ich ihr nicht glaube. Selbst wenn man mal davon ausgeht, dass es einen Gebäudestabilitäts-Fanatiker gibt, dem die Theorie so sehr am Herzen liegt, so erklärt diese Theorie nicht, wieso die Terror-Angriffe vom 11.September ein koordiniertes Verfahren waren. Diesem lustigen Konstrukt fehlt jedes Element einer Gemeinschaftsbildung, einer Kontaktaufnahme, einer Zusammenarbeit. Es fehlt ein Dialog der Sorte "Ich habe mich schon immer für Gebäudestabilität interessiert." - "Was, du auch? Mein Seelenbruder!" Und wenn man sich überlegt, wie ein solcher Dialog aussehen könnte und seine Phantasie frei schweifen lässt, ja, dann kommt man nicht darum ins Grinsen zu kommen.
Es ist aus prinzipiellen Gründen nicht möglich eine Begründung von einem schwammigen Gefühl "irgendwie ist es absurd" zu bereinigen. Aber aus ebenso prinzipiellen Gründen ist es auch nicht notwendig auf eine solche Begründung zu verzichten und das Bauchgefühl aus der Beschäftigung mit geschichtlichen Fragen rauszuhalten.
Ich war zugebenermaßen die ganze Zeit verwirrt darüber, was du mir eigentlich sagen wolltest. Ich dachte die ganze Zeit, dir geht es um ein evidenzbasiertes Vorgehen. Wenn wir uns nun einig sind, dass es in der Geschichte auch intuitive Erkenntnis gibt, dann weiß ich ehrlich gesagt gar nicht, worin du das Problem siehst.
Mit freundlichen Grüßen,
Mirko
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1934535) Verfasst am: 15.07.2014, 23:13 Titel: |
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funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Natürlich kann man sich den Kopf über allerlei Spekulationen zerbrechen. Worauf ich mit meinen geschichtsphilosophischen Betrachtungen hinauswollte, ist, dass es keine Verpflichtung dazu gibt. |
Nochmal zur Erinnerung: Du meintest, es sei wichtig, die Motivation der Täter herauszufinden. Das war der Ausgangspunkt unserer ganzen Diskussion. Mein Beispiel mit Muhammad Attas Architekturstudium diente folgenden zwei Beweiszielen:
(1) Jede Beschäftigung mit der Motivation der Täter, selbst wenn sie sich auf Evidenzen stützen kann, beruht letztlich auf Spekulation. Du sprichst von Bauchgefühl.
(2) An dem Beispiel wird ebenfalls deutlich, dass auch gar nicht klar ist, welchen Erkenntnisgewinn solche Spekulationen eigentlich bringen.
Nun gibst du mir in deinem Beitrag beide Punkte zu. Was bleibt dann denn noch von deiner Aussage, die Tätermotivation sei wichtig, wenn sie sich (1) nicht ermitteln lässt und (2) man das auch gar nicht zu tun braucht?
Die Organisation des Anschlags ist übrigens völlig unabhängig von jeder Motivation. Es kann zum Beispiel durchaus sein, dass der eine Täter ein politisches oder religiöses und der andere ein architekturwissenschaftliches Motiv hatte. Es kann sogar sein, dass ein und der selbe Täter mehrere unterschiedliche Motive für das selbe Vorgehen hatte - sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen wollte. Solange die Beteiligten das gemeinsame Ziel eines Anschlags auf das WTC haben, können sie auch ihre Aktion gemeinsam organisieren.
Auch das zeigt eben wieder, wie unklar die Relevanz der Frage nach der Motivation der Täter eigentlich ist.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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funkeimdunkeln Bösmensch
Anmeldungsdatum: 12.05.2014 Beiträge: 878
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(#1934706) Verfasst am: 16.07.2014, 21:10 Titel: |
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Hallo Torvac,
danke für die Wiederholung deines Anliegens. In der Tat war es hier sinnvoll und angebracht den Ausgangspunkt der Diskussion nochmal in Erinnerung zu rufen. Ich habe auf dein Bespiel geantwortet, indem ich einen sehr allgemeine geschichtstheoretischen Standpunkt vertreten habe. Deshalb war der Zusammenhang zu dem Beispiel nicht klar und deswegen wäre es sinnvoll gewesen in der Abstraktionsstufe nicht so schnell aufzusteigen.
Ich hoffe, dass ich das nun besser verdeutlichen kann und dass man diesmal den Eindruck von Nachvollziehbarkeit und Verständlichkeit und weniger den Eindruck von theologischer Spitzfindigkeit bekommt!
Zitat: | (1) Jede Beschäftigung mit der Motivation der Täter, selbst wenn sie sich auf Evidenzen stützen kann, beruht letztlich auf Spekulation. Du sprichst von Bauchgefühl. |
Nun, hier ist es wieder aus meiner Sicht sehr angebracht auf den Wörtern herumzureiten, selbst wenn mir das den Vorwurf einbringt das Offensichtliche nicht sehen zu wollen. Ich hoffe, dass ich es diesmal charmanter ausdrücken kann als mit den "Inquisitionsgerichten"!
Ein Bauchgefühl ist eben etwas anderes als eine Spekulation. Diese Verwechslung ist meines Erachtens ein grundlegender Fehler und ich es ist mir ein dringendes Anliegen darauf hinzuweisen. Ich bin dir übrigens sehr dankbar, dass du mir mit deinem absurden Beispiel die Gelegenheit gibst diesen Punkt zu verdeutlichen. Daran wird deutlich, dass wir in unseren philosophischen Prinzipien große Unterschiede haben und ich bin wirklich gespannt darauf, ob wir uns trotzdem miteinander verständigen können.
Den Unterschied kann ich am Besten am Beispiel einer Biographie verdeutlichen. Das Lesen einer solche ermöglicht es dem Leser etwas über die Motivation des biographisch Dargestellten zu erfahren. Diese Erfahrung ist nun nicht nur rein intellektueller Natur, wie es zum Beispiel bei einer Spekulation wäre, sondern auch ästhetischer Natur. Und genauso muss die Beschäftigung mit dem Denken eines Massenmörders nicht unbedingt erkenntnistheoretischen Wert haben, sondern kann auch eine morbide Faszination in uns erzeugen. Das ist das gleiche Prinzip, auf dem Horrorfilme oder Krimis beruhen. Und solange man keinem anderen Menschen Schaden zufügt, sehe ich keinen Grund das zu verurteilen - genauso wenig wie ich es verurteilen würde Stephen King zu lesen.
Mit freundlichen Grüßen,
Mirko
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1934718) Verfasst am: 16.07.2014, 22:09 Titel: |
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funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Diese Erfahrung ist nun nicht nur rein intellektueller Natur, wie es zum Beispiel bei einer Spekulation wäre, sondern auch ästhetischer Natur. |
Der Punkt ist, dass man damit eben nicht zu Erkenntnissen über die Motivlage der Täter kommt. Wer etwas anderes behauptet, verwendet das Wort "Erkenntnis" falsch.
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Und genauso muss die Beschäftigung mit dem Denken eines Massenmörders nicht unbedingt erkenntnistheoretischen Wert haben, sondern kann auch eine morbide Faszination in uns erzeugen. |
Das gibt aber eben mehr Aufschluss über die eigene Motivlage als über die des Killers.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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funkeimdunkeln Bösmensch
Anmeldungsdatum: 12.05.2014 Beiträge: 878
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(#1934939) Verfasst am: 17.07.2014, 22:14 Titel: |
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Hallo Tarvoc,
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Diese Erfahrung ist nun nicht nur rein intellektueller Natur, wie es zum Beispiel bei einer Spekulation wäre, sondern auch ästhetischer Natur. |
Der Punkt ist, dass man damit eben nicht zu Erkenntnissen über die Motivlage der Täter kommt. Wer etwas anderes behauptet, verwendet das Wort "Erkenntnis" falsch. |
Darin stimmen wir überein. Nun behaupte ich jedoch, dass die Beschäftigung mit der Motivlage für den Täter auch dann für uns von Interesse sein kann, wenn sie für uns keine Erkenntnisse bringt. Dieser ganze Vorgang ist ganz und gar nicht erkenntnistheoretischer Natur.
Trotzdem kann ich mich mit der Motivlage eines Killers beschäftigen. oder auch mit der anderer Personen. Da geht es nicht um Erkenntnis. Es geht um Erfahrung.
Nimm das Beispiel mit der Biographie, meinetwegen von einem berühmten Künstler oder von einem berühmten Schriftsteller oder deinem Lieblingshelden. Dann geht es einem nicht (nur) um die Erkenntnis, sondern um die ästhetische oder menschliche Erfahrung. Diese Komponente ist es doch, welche die Beschäftigung mit der Geschichte lebendig macht, und nicht das langweilige Faktenwissen.
Zitat: | funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Und genauso muss die Beschäftigung mit dem Denken eines Massenmörders nicht unbedingt erkenntnistheoretischen Wert haben, sondern kann auch eine morbide Faszination in uns erzeugen. |
Das gibt aber eben mehr Aufschluss über die eigene Motivlage als über die des Killers. |
Das wissen wir ja nicht. Wenn du mit einer strengen erkenntnistheoretischen Unmöglichkeit argumentierst, dann kannst du ja nicht einmal das wissen.
Mit freundlichen Grüßen,
Mirko
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Hatiora sukkulent
Anmeldungsdatum: 16.09.2012 Beiträge: 4896
Wohnort: Frankfurt
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(#1935020) Verfasst am: 18.07.2014, 10:53 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Auch das zeigt eben wieder, wie unklar die Relevanz der Frage nach der Motivation der Täter eigentlich ist. |
Nur eine kurze Zwischenfrage eines philosophisch völlig "nackten" Menschen, der Relevanz auch irgendwie mit Nutzen verbindet:
Kann die Motivation eines Täters nicht auch Hinweise darauf geben, welche Bedrohungen, Entwicklungen etc. vorliegen?
Um zB ein Passagierflugzeug in ein Hochhaus zu steuern und hunderte bis tausende Tote in kauf zu nehmen, da muss es schon eine sehr starke Motivation geben.
Wenn ich weiß, dass derjenige Architekturfanatiker war, nun, dann würde ich das Privatleben des Täters durchleuchten und vielleicht auch in Zukunft alle Architekten genauer beobachten, um abzuschätzen, ob das jetzt ein durchgeknallter Einzelfall war oder ob die Ausbildung von Architekten eventuell dazu geeignet ist, fanatische Einzelaktionen zu befördern.
Wenn ich weiß, dass derjenige Mitglied einer islamistischen Terrororganisation war, würde ich das eher nicht tun.
_________________ "Daß alles immer schlimmer wird, versteht sich auch im neuen Jahr von selbst und hat noch immer nichts mit Verschwörung zu tun, sondern mit allen, die ihre Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen verrichten." Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1935067) Verfasst am: 18.07.2014, 13:50 Titel: |
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funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Nun behaupte ich jedoch, dass die Beschäftigung mit der Motivlage für den Täter auch dann für uns von Interesse sein kann, wenn sie für uns keine Erkenntnisse bringt. |
Hä? Und von welchem? Dass man den Anschlag und seine Täter als Inspiration für Belletristik nehmen kann, bezweifle ich ja gar nicht. Matt Ruff hat ja erst kürzlich einen Roman zum 11. September veröffentlicht. Hier geht es aber doch darum, den Anschlag in seinen gesellschaftlichen und politischen Dimensionen zu verstehen und nicht darum, einen Roman darüber zu schreiben.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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schtonk dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 17.12.2013 Beiträge: 12078
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(#1935083) Verfasst am: 18.07.2014, 15:01 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ...Matt Ruff hat ja erst kürzlich einen Roman zum 11. September veröffentlicht. Hier geht es aber doch darum, den Anschlag in seinen gesellschaftlichen und politischen Dimensionen zu verstehen und nicht darum, einen Roman darüber zu schreiben. |
Kurze Bemerkung: Ruff kenne ich nicht. Aber Romane per se geringzuschätzen, wenn es um das Verstehen
von ges./polit. Zusammenhängen geht, halte ich für überheblich.
Mir fallen ad hoc vier davon ein:
Der Dschungel - Upton Sinclair
Germinal - Emile Zola
Das Beil von Wandsbeck - Arnold Zweig
Die Terroristen - Sjöwall/Wahlöö
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funkeimdunkeln Bösmensch
Anmeldungsdatum: 12.05.2014 Beiträge: 878
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(#1935173) Verfasst am: 18.07.2014, 22:56 Titel: |
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Lieber Tarvoc,
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Nun behaupte ich jedoch, dass die Beschäftigung mit der Motivlage für den Täter auch dann für uns von Interesse sein kann, wenn sie für uns keine Erkenntnisse bringt. |
Hä? Und von welchem? Dass man den Anschlag und seine Täter als Inspiration für Belletristik nehmen kann, bezweifle ich ja gar nicht. Matt Ruff hat ja erst kürzlich einen Roman zum 11. September veröffentlicht. Hier geht es aber doch darum, den Anschlag in seinen gesellschaftlichen und politischen Dimensionen zu verstehen und nicht darum, einen Roman darüber zu schreiben. |
Die Erkenntnistheoretische Bescheidenheit gebietet es mir darüber kein Urteil zu fällen. Vielleicht verhilft die Lektüre ja zu dem Verständnis der gesellschaftlichen und politischen Dimension weiter, vielleicht aber auch nicht. Das muss jeder für sich selber entscheiden.
Als Beispiel für einen anderen Roman sei die Bibel genannt.Prinzipiell könnte ich mir das "Verständnis der gesellschaftlichen und politischen Dimension" eines Christen bei der Bibel-Lektüre folgendermaßen vorstellen (Ich entschuldige mich im Voraus für die Widergabe einer Bibelstelle, sie dient lediglich der Veranschaulichung meines Standpunktes):
"Aha, in der Bibel steht: Jesus sagte zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich. (Joh. 14,6) - das erklärt vieles! Die Politiker glauben nicht an Jesus und machen deswegen alles falsch. Und übrigens: Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen. (Matth. 5,28 ) Bei den ganzen nackten Frauen in den Medien bedeutet das ja - den ultimativen Sittenverfall! Hurra, ich habe endlich die Probleme der heutigen Zeit verstanden."
Wie gesagt, das wäre ein Beispiel für ein "politisches und gesellschaftliches Verständnis", welches ich als äußerst primitiv empfinden würde. Dies ist jedoch lediglich mein subjektives Empfinden. Es gibt keinerlei Grund anzunehmen, dass meine Methode zum Erlangen eines politischen und gesellschaftlichen Verständnis - wie auch immer sie aussehen mag - "objektiver" und "richtiger" ist. Dies gebietet die erkenntnistheoretische Bescheidenheit.
(Dass sich mit einer solchen Person ein Diskutieren wahrscheinlich nicht lohnen würde, steht wieder auf einem anderen Blatt.)
Ich weiß, es klingt langweilig und banal und doch bin ich davon überzeugt: Jeder muss "Verstehen" für sich selber definieren.
Mit freundlichen Grüßen,
Mirko
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funkeimdunkeln Bösmensch
Anmeldungsdatum: 12.05.2014 Beiträge: 878
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(#1935175) Verfasst am: 18.07.2014, 23:02 Titel: |
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Hallo Hatiora,
Hatiora hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Auch das zeigt eben wieder, wie unklar die Relevanz der Frage nach der Motivation der Täter eigentlich ist. |
Nur eine kurze Zwischenfrage eines philosophisch völlig "nackten" Menschen, der Relevanz auch irgendwie mit Nutzen verbindet:
Kann die Motivation eines Täters nicht auch Hinweise darauf geben, welche Bedrohungen, Entwicklungen etc. vorliegen?
Um zB ein Passagierflugzeug in ein Hochhaus zu steuern und hunderte bis tausende Tote in kauf zu nehmen, da muss es schon eine sehr starke Motivation geben.
Wenn ich weiß, dass derjenige Architekturfanatiker war, nun, dann würde ich das Privatleben des Täters durchleuchten und vielleicht auch in Zukunft alle Architekten genauer beobachten, um abzuschätzen, ob das jetzt ein durchgeknallter Einzelfall war oder ob die Ausbildung von Architekten eventuell dazu geeignet ist, fanatische Einzelaktionen zu befördern.
Wenn ich weiß, dass derjenige Mitglied einer islamistischen Terrororganisation war, würde ich das eher nicht tun. |
Danke für dein Beispiel!
Es ist in der Politik so wie auch im wirklichen Leben. Der Unterschied zwischen der Theorie und der Praxis ist eben die Entscheidung. Und wenn ich als Politiker die Entscheidung treffe, ob ich einen Autismus-Experten für das Architektur-Studium anstelle, werde ich mir die Gebäudestablitäts-Theorie und die Islamismus-Theorie beide gut ansehen, viele Experten-Meinungen einholen, die Sache mit meinem Berater-Team besprechen - und irgendwann habe ich ein so gutes Bauchgefühl, man sagt auch "Gewissen", dass ich die Entscheidung treffe. Dieses wohlige Freude darüber alles Bestmögliche getan zu haben und nun gutes Gewissens schlafen zu können nennt man "professionell Verantwotung tragen". Ich wünsche den heutigen Politikern mehr davon.
Mit freundlichen Grüßen,
Mirko
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1935178) Verfasst am: 18.07.2014, 23:22 Titel: |
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funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Dies gebietet die erkenntnistheoretische Bescheidenheit. |
Nein, tut sie nicht. "Erkenntnistheoretische Bescheidenheit" ist selbst überhaupt kein erkenntnistheoretisches, sondern ein rein moralisches Konzept.
Dass sich auch erkenntnistheoretische Modelle als falsch herausstellen können, ist schon richtig. Nur ergibt das überhaupt nur dann Sinn, wenn wir materielle Gelingensbedingungen für Modelle überhaupt zulassen. Wenn du mit dem Verweis darauf, dass auch diese Bedingungen bereits theoretisiert sind, den ganzen Prozess zurückweist, hast du damit gleichzeitig den Boden verlassen, auf dem du überhaupt erst Bescheidenheit gefordert hast. Einfacher formuliert: Wenn Theorien nicht mehr wahr sein können, können meine Theorien eben auch nicht mehr falsch sein. Ich müsste sie dann auch nicht mehr der Kritik und der Diskussion aussetzen. "Erkenntnistheoretische Bescheidenheit" im hier relevanten Sinne ist erstens als Forderung inkonsistent, zweitens ein moralisches und kein erkenntnistheoretisches Prinzip, drittens ein moralischer Catch-22 (je mehr ich bescheiden bin, desto mehr bin ich noch nicht bescheiden genug) und viertens eine Maske, unter der sich effektiv Dogmatismus und weltanschaulicher Fundamentalismus verstecken.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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