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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1940927) Verfasst am: 11.08.2014, 12:37 Titel: viele Wege führen nach Rom |
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Samson83 hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Samson83 hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Lebensförderung |
Nicht sinnvoll definierbare Phrase. |
Na z.B. gute Lebensmittel, gute Wohn- und Arbeitsbedingungen, soziales Miteinander, usw. gemäß den objektiven Lebensbedürfnissen bewusster Lebewesen ...- |
Über das Ziel wird es aber über alle weltanschaulichen und pol. Lager kaum einen dissens geben.
Spannend ist doch eher die Frage über die sinnvollen Mittel. Und das ist kaum objektiv bestimmbar. |
Das ist im Prinzip das, was ich sage, nur andersum.
Die gängigen Moralsysteme, vor allem die religiösen setzen zuerst eine mehr oder weniger fixe Moral und anschließend guckt man - wenn überhaupt - nach irgendwelchen Zielen, die aber eben nicht an menschlichen Lebensbedürfnissen ausgerichtet sind, sondern eher an der Stabilität der Gesellschaft und ihrer Institutionen. Und irgendwann sichern sie noch nicht mal diese, weil Gesellschaft sich verändert, mitunter drastisch.
Dann werden Moralsysteme zum Selbstzweck und keiner weiß mehr warum es diesen Müll gibt.
Bedürfnisse höher entwickelter, bewusster Lebewesen sind dagegen im Prinzip wenig dynamisch. Die Grundbedürfnisse sowieso, die höheren Bedürfnisse bei näherem Hinsehen sind zwar dynamisch, aber gebunden an die Grundbedürfnisse. Erst kommt das Fressen, dann die höheren Bedürfnisse.
Die Veränderung etwa kultureller oder konsumerischer Bedürfnisse hängt an veränderten gesellschaftlichen Möglichkeiten (des Produzierens, Dienstleistens, der Technik).
Jedenfalls ist das Prinzip "Erst die Moral und dann gucken wir vielleicht mal, wo die Bedürfnisse bleiben, wenn noch Platz ist." der destruktive Ansatz, der sozuagen aus der Moral etwas tendenziell Bösartiges macht, welches über Menschen herrscht.
Das muss nicht sein. Jetzt gibt es:
Neu: Die Moral mit dem Lebensförderungseffekt!
Ausgangspunkt sind wie gesagt die vitalen und höheren, dynamischen Lebens- und Entfaltungsbedürfnisse.
Um die zu befriedigen, gibt es - du sagst es ganz richtig! - viele Wege nach Rom.
In der Mathematik gibt es für diverse Optimierungsprobleme oft verschiedene annähernd optimale Lösungen. So ist es auch mit bedürfnisorientierten Moralkonzepten.
Die können ganz verschieden aussehen. Aber ihr Maßstab müssen die objektiven Bedürfnisse sein, die deshalb objektiv heissen, weil deren Nichtbefriedigung empirisch belegbar ein suboptimales Gedeihen der Bedürfnisträger (- ich sage jetzt mal nicht "Grundrechtsträger" -) verursachen. Lebensförderung ja/nein ist also eine objektive Kategorie und ein objektiver Maßstab für eine folglich auch objektiv wirksame Moral.
Die Moral selbst ist - s.o. - nicht nur Verhaltensmoral, sondern eben auch Verhältnismoral, da es auch um das Recht gehen muss, Verhältnisse im Mikro- und Makrobereich so gemäß den Lebensbedürfnissen zu gestalten, dass sie *passen*.
So steht's übrigens auch in der declaration drin. Ich ztiere:
Zitat: | Artikel 28
Jeder hat Anspruch auf eine soziale und internationale Ordnung, in der die in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten voll verwirklicht werden können.
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
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Also den Anspruch auf den Bedürfnissen entsprechende nationale und internationale Verhältnisse.
Zwar wird in der Erklärung lediglich auf parlamentarische Wahlen zwecks Einflussnahme auf ebendiese Verhältnisse verwiesen, aber diese Beschränktheit macht nun mal den bürgerlichen Charakter der declaration aus. Besser als überhaupt gar nichts, möchte man da sagen. Jedenfalls ausbaufähig.
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Also Fazit: Eine lebensfördernde = gute Moral ist nicht festgelegt auf einen fixen Inhalt oder eine fixe Form, sondern kann und sollte sich dynamisch an sich dynamisch und durch echte Mitbestimmung weiter entwickelnde Gesellschaften und Bedürfnisse anpassen und dabei eben just jene Bedürfnisverankerung nicht verlieren.
Nachrangig und ebenfalls ständig zur Disposition stehend sind hierbei die gesellschaftlichen Institutionen, die dann ihren Sinn verlieren, sobald sie den aktuellen Lebensbedürfnissen bewusster Lebewesen nicht mehr gerecht werden. In dem Fall müssen sie abgeschafft und/oder revolutioniert werden.
Je gut-moralischer die Verhältnisse sind, desto gut-moralischer auch das Verhalten der Menschen zu anderen Menschen und bewussten Lebewesen. Die Verhältnisse sind für die Verhaltensmoral die primäre Basis, die nötig ist, um ihr Nachhaltigkeit und Authentizität zu verleihen.
Daraus wiederum kann man erst ein Rechtssystem ableiten, welches moralisch zu nennen wäre ...-
_________________ °
K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
Zuletzt bearbeitet von Skeptiker am 11.08.2014, 12:44, insgesamt 2-mal bearbeitet |
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funkeimdunkeln Bösmensch
Anmeldungsdatum: 12.05.2014 Beiträge: 878
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(#1940928) Verfasst am: 11.08.2014, 12:40 Titel: |
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Hallo Samson83,
Samson83 hat folgendes geschrieben: |
Das hat mit Moral nichts zu tun, sondern damit, was objektiv pädagogisch besser ist. |
Ich bezweifle hiermit auch, dass es eine "objektive pädagogische Wahrheit" gibt. Die gibt es genauso wie eine "objektive Moral".
Sehr lesenswert sind übrigens in dieser Hinsicht die Anti-Burnout-Tipps, die ein Lehrer beschrieben hat:
ein erfahrener Lehrer, der nicht mehr an eine objektive Pädagogik glaubt hat folgendes geschrieben: | 3. Ich habe sehr schnell gelernt, dass die Alltagsarbeit so gut wie nichts mit dem zu tun hat, was im Seminar vermittelt wird. Die Referendarsausbildung ist um die Stunden- und Reihenentwicklung herum angelegt. Die spielt im tatsächlichen Lehrerberuf schon aus Zeitgründen eine untergeordnete Rolle. Wenn man die Referendars-Konditionierung zur Übervorbereitung nicht ablegt, ist die Grundanlage zum Burnout schon da. Die reguläre Stunde ist eine Brot-und-Butter-Stunde, Highlights kann ich nicht jeden Tag liefern. In Hocharbeitsphasen auch nicht jede Woche. |
Mit freundlichen Grüßen,
Mirko
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funkeimdunkeln Bösmensch
Anmeldungsdatum: 12.05.2014 Beiträge: 878
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(#1940929) Verfasst am: 11.08.2014, 12:42 Titel: |
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Hallo Samson83,
Samson83 hat folgendes geschrieben: |
Das eine folgt keineswegs aus dem anderen.
Ich halte von dem Konstrukt Menschenwürde, doch mit "objektive Moral" hat dies nicht zu tun. |
dann würde ich mich über eine verständliche Erklärung, was du unter "Menschenwürde" denn nun konkret verstehst, sehr freuen. Ohne weitere Erläuterungen ist diese Wort nur schwammiges Gefühlsgedudel.
Mit freundlichen Grüßen,
Mirko
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#1940936) Verfasst am: 11.08.2014, 12:49 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Shadaik hat folgendes geschrieben: | sehr gut hat folgendes geschrieben: | Shadaik hat folgendes geschrieben: | Interessant wird jetzt die Frage, ob es einen Punkt gibt, an dem solche Dinge die Gesellschaftsfähigkeit so einschränken, dass (Be-)Handlungsbedarf gegeben ist.
Insbesondere die Gut/Böse-Dichotomie taugt ja schon sehr zum Aufbau von Wahnsystemen. |
http://www.youtube.com/watch?v=Tva_oZ9TZGk
Gibt es da ein "(Be-)Handlungsbedarf"? | Genau den hatte ich im Kopf, als ich das geschrieben habe. |
Wobei es Teil des verhängnisvollen christlichen Erbes ist, Gut und Böse zu ad-hominemisieren, also zu personalisieren. Dies findet sich denn auch bei den einschlägigen religiösen Fundis wie auch Nazis wieder als Überlegenheitswahn religiöser, völkischer oder ethnischer Gruppen bzw. von sog. auswerwählten Individuen - verbunden mit einer entsprechenden Entwertung anderer Gruppen ...- | Das liegt in der Natur der Sache: Wenn es Gut und Böse gibt, ist es nur folgerichtig, diese nicht nur als moralische Pole, sondern auch als Eigenschaften zu sehen, die sich in der Persönlichkeit von Menschen (und Wesen wie dem Teufel) niederschlagen können.
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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funkeimdunkeln Bösmensch
Anmeldungsdatum: 12.05.2014 Beiträge: 878
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(#1940942) Verfasst am: 11.08.2014, 13:05 Titel: Re: viele Wege führen nach Rom |
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Hallo Skeptiker,
grundsätzlich stimme ich dir zu, was die Objektivität der Bedürfnisse angeht. Deswegen bin ich auch nicht der Meinung, dass Moral generell zu verwerfen sei. Im Gegenteil! Eine Gesellschaft braucht Konventionen zum Überleben! Moral hat also einen objektiven Kern und den kann mit den Bedürfnissen in Verbindung bringen. Mir geht es vor allem darum, dass es "viele Wege nach Rom gibt". Und an dieser Stelle möchte ich auch bei deinen Überlegungen einen Einwand formulieren.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: |
Die können ganz verschieden aussehen. Aber ihr Maßstab müssen die objektiven Bedürfnisse sein, die deshalb objektiv heissen, weil deren Nichtbefriedigung empirisch belegbar ein suboptimales Gedeihen der Bedürfnisträger (- ich sage jetzt mal nicht "Grundrechtsträger" -) verursachen.
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Ein Maßstab impliziert, dass man eine Moral an den Bedürfnissen "messen" kann. Eben das bezweifle ich. "Messen" ist, wenn es um weltanschauliche Fragen geht, eine ganz und gar subjektive Handlung. Die gleiche Problematik hatte ich auch in der Diskussion mit Torvac bezüglich der Objektivität von geschichtlichen Theorien aufgeworfen.
Ein fundamentalistischer Christ wird folgendermaßen messen, ob eine Handlung seinen Bedürfnissen entspricht: Er liest in der Bibel nach. Wenn dort ein Bibelvers steht, der in (einigermaßen nachvollziehbar) bestätigt, dass seine Handlung gut ist, dann folgert er daraus, dass sie seinen Bedürfnissen entspricht. Wenn der Vers sagt, dass eine Handlung schlecht ist, dann folgert er daraus, dass sie seinen Bedürfnissen nicht entspricht.
Muslime haben ein ähnliches Messverfahren. Sie haben sogar die Möglichkeit Anfragen an ihre Gelehrten zu senden und bekommen dann erklärt, ob eine Handlung ihren Bedürfnissen entspricht. Das ist zwar eine ziemlich umständliche Methode der Messung, doch leider gibt es keine objektive.
Zitat: | Die Moral selbst ist - s.o. - nicht nur Verhaltensmoral, sondern eben auch Verhältnismoral, da es auch um das Recht gehen muss, Verhältnisse im Mikro- und Makrobereich so gemäß den Lebensbedürfnissen zu gestalten, dass sie *passen*. |
Wieder das gleiche Problem. Wie "misst" man, ob die Verhältnisse "passen"?
Die (unter anderem meine persönlichen) Erfahrungen mit der Psychotherapie zeigen, dass dies letzten Endes auf einen sehr enggesteckten Rahmen eindeutig definierbarer Methoden hinausläuft, Die Folgen, die ich selber erlebt habe, können eine sterile und unpersönliche Atmosphäre im therapeutischen Gespräch sein, in der viel mit Fragebögen und Modellen mit Kreisen und Pfeilen gearbeitet wird, was wiederum nur wenig zur persönlichen Bereicherung beiträgt. Man lernt dann seine Wochenpläne zu erstellen und Konditionierungsverfahren für sich zu nutzen, was ja auch schon mal ein positives Ergebnis sein kann, und scheut sich davor tiefergehende Fragestellungen aufzugreifen - das wäre ja irgendwie subjektiv, schwammig, komisch, nene, solche Fragen wie "was ist der Sinn des Lebens?", das ist Grübeln, davon wollen wir weg.
Ich sehe also bei dem Versuch Verhaltensweisen anhand von Bedürfnissen "messen" zu wollen eine große Gefahr dafür, dass die Vielfalt und Fülle menschlicher Verhaltensweisen dabei unter die Räder gerät. Letzten Endes ist Verhalten viel zu kompliziert dafür.
Und gerade deswegen funktioniert die Übertragung von der Objektivität der Bedürfnisse - an die ich sehr wohl glaube! - auf die Objektivität von Verhaltensweisen nicht.
Mit freundlichen Grüßen,
Mirko
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Fake auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 11.11.2011 Beiträge: 3548
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(#1940944) Verfasst am: 11.08.2014, 13:15 Titel: Re: viele Wege führen nach Rom |
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funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Deswegen bin ich auch nicht der Meinung, dass Moral generell zu verwerfen sei. Im Gegenteil! Eine Gesellschaft braucht Konventionen zum Überleben! |
Da Konventionen nötig sind, schaffen sich Gesellschaften Gesetze. Alles was zur Regelung des Zusammenlebens nötig ist, kann Gegenstand von Gesetzen sein. Eine zusätzlich Moral ist dann aber überflüssig.
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Ein Maßstab impliziert, dass man eine Moral an den Bedürfnissen "messen" kann. Eben das bezweifle ich. "Messen" ist, wenn es um weltanschauliche Fragen geht, eine ganz und gar subjektive Handlung. |
Dieses Problem hast du bei Gesetzen nicht. Da haben wir als Maßstab die Abstimmung. Indem man sich auf ein Gesetzgebungsverfahren einigt und dieses dann einhält, legitimieren sich die Gesetze quasi aus sich selber. Eine kurze und in sich stimmige Begründungskette, die ohne Geschwafel von Letztbegründung und Anlehnung auf höhere Mächte, Prinzipien etc. auskommt.
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#1940945) Verfasst am: 11.08.2014, 13:33 Titel: Re: viele Wege führen nach Rom |
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Fake hat folgendes geschrieben: | funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Deswegen bin ich auch nicht der Meinung, dass Moral generell zu verwerfen sei. Im Gegenteil! Eine Gesellschaft braucht Konventionen zum Überleben! |
Da Konventionen nötig sind, schaffen sich Gesellschaften Gesetze. Alles was zur Regelung des Zusammenlebens nötig ist, kann Gegenstand von Gesetzen sein. Eine zusätzlich Moral ist dann aber überflüssig. |
Genau, Gesellschaften funktionieren ganz sicher nur mit den bestehenden Gesetzen und informelle Regeln brauch man ja so gar nicht...
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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funkeimdunkeln Bösmensch
Anmeldungsdatum: 12.05.2014 Beiträge: 878
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(#1940999) Verfasst am: 11.08.2014, 16:18 Titel: |
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Hallo Kival und Fake,
wir sehen schon, dass wir von der Frage "Gibt es eine objektive Moral?" weg- und zu der Frage "Nur Gesetz oder auch informelle Regeln?" hinkommen. Letztere Frage ist für mich durchaus diskutierenswert und für beide Antworten bin ich offen. Letzten Endes handelt es sich sowohl bei Gesetzen als auch bei informellen Regeln um Konventionen und die Notwendigkeit dieser bestreite ich nicht.
Der Unterschied zwischen beiden besteht in der Anwendung von Zwang. Informelle Regeln entstehen infolge einer freiwilligen Übereinkunft zwischen den beteiligten Bevölkerungsgruppen. Gesetze wiederum können mit Hilfe von Strafen durchgesetzt werden. Und gerade wegen dieses Unterschiedes müssen wir uns darüber im Klaren sein, ob wir das Ziel für die Kinder eine möglichst gute Förderung zu erreichen mit Zwang oder mit Aufklärung erreichen wollen.
Mit freundlichen Grüßen,
Mirko
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funkeimdunkeln Bösmensch
Anmeldungsdatum: 12.05.2014 Beiträge: 878
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(#1941003) Verfasst am: 11.08.2014, 16:26 Titel: |
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Hallo Step,
step hat folgendes geschrieben: |
Nein, da widerspreche ich. Meine ethische Präferenz für eine nichtautoritäre Erziehung beruht auf meinem Ziel einer offenen, aufgeklärten Gesellschaft. Also u.a. auf dem Ziel, Entscheidungen möglichst informiert und frei von Zwängen zu treffen.
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Du kannst natürlich offen für alle erkennbar eine Zielsetzung definieren. An sich ist das sehr lobenswert. Die Frage ist, wie du dieses Ziel erreichen willst. Ich zitiere nochmals dein Posting:
step hat folgendes geschrieben: | Samson83 hat folgendes geschrieben: | Ich meine: Möchtest du dass in Fällen von Eltern, die z.B. ihre Kinder um 8 ins Bett schicken, ihnen einen Himmel/Hölle Glauben einimpfen oder ihnen Hausarrest erteilen eine staatliche Behörde wie Jugendamt einschreitet? |
Ich halte das für in der Praxis leider schlecht durchführbar, außer wenn es konkrete Hinweise auf systematische Kindeswohlverletzungen gibt. Deswegen meine ich, daß der Staat primär an anderer Stelle ansetzen sollte: bei der Erziehung der Kinder dahingehend, daß sie selbst später so etwas mit ihren Kindern nicht tun. Deswegen ist die Schulpflicht wichtig, evtl. auch KiGa-Pflicht, und die entsprechende Ausbildung der Betreuer / Lehrer.
Wenn KiGa/Schule weniger autoritär sind als die Eltern, können diese nicht soviel Schaden anrichten. |
Das heißt, du hast das Ziel eine Gesellschaft, in der die Menschen "frei von Zwängen" ihre Entscheidungen treffen. Und davon ausgehend forderst du eine Schulpflicht und eventuell sogar eine Kindergartenpflicht. Das ist doch ein Widerspruch!
Mit freundlichen Grüßen,
Mirko
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funkeimdunkeln Bösmensch
Anmeldungsdatum: 12.05.2014 Beiträge: 878
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(#1941006) Verfasst am: 11.08.2014, 16:36 Titel: |
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Hallo Eklatant,
Eklatant hat folgendes geschrieben: |
Es gibt sehr viele Gedankenkonstrukte, welche lediglich in Diskussionen als Werte getarnt sind (eigentlich alle religiösen), aber im eigentlichen Sinne nur Ausreden sind, um bestimmte Privilegien abzusichern und/oder diese einer eigenen Klientel zuzuschachern.
Man spricht nur nicht von Privilegienabsicherung, weil man damit die unbequeme und oftmals peinliche Wahrheit direkt ansprechen würde.
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ich frage mich, wie man Gedankenkonstrukte, die einen Wert definieren sollen, von Gedankenkonstrukten unterscheiden kann, die letzten Endes nur als Rationalisierung von Interessen dienen.
Meinem Eindruck nach scheinen viele FGH-User die Vermittlung von wissenschaftlichen Fakten als einen "Wert" anzusehen. Nach deiner Logik kann man das nun umformulieren, indem diesen "Wert" als eine "Privilegierung wissenschaftlichen Denkens" beschreibt. Und das mag immer noch besser klingen als eine "Privilegierung christlichen Denkens", was für viele den Eindruck erwecken mag, dass eine derartige Bevorzugung wünschenswert klingt. Doch wenn man sich mal überlegt, wieviele Möglichkeiten es gibt seine Interessen zu entfalten - auch sportliche Interessen, künstlerische Interessen, soziale Interessen, ökologische Interessen - dann erscheint ein derartiges Denken doch wieder sehr einseitig.
Mit freundlichen Grüßen,
Mirko
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44647
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(#1941015) Verfasst am: 11.08.2014, 16:59 Titel: |
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funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Das heißt, du hast das Ziel eine Gesellschaft, in der die Menschen "frei von Zwängen" ihre Entscheidungen treffen. Und davon ausgehend forderst du eine Schulpflicht und eventuell sogar eine Kindergartenpflicht. Das ist doch ein Widerspruch! |
Nein, ist es nicht. Die Schulpflicht dient ja gerade dazu, andere bereits bestehende Zwänge aufzubrechen oder wenigstens einen Ausgleich zu schaffen.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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funkeimdunkeln Bösmensch
Anmeldungsdatum: 12.05.2014 Beiträge: 878
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(#1941016) Verfasst am: 11.08.2014, 17:01 Titel: |
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Hallo,
wenn die Schulpflicht "dazu dient", dann ist sie das falsche Mittel.
Mit freundlichen Grüßen,
Mirko
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44647
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(#1941017) Verfasst am: 11.08.2014, 17:02 Titel: |
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Wie kommst du denn darauf?
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Samson83 registrierter User
Anmeldungsdatum: 18.01.2013 Beiträge: 6833
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(#1941019) Verfasst am: 11.08.2014, 17:11 Titel: |
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Zumindest eine Bildungspflicht ist notwendig, damit eine offene, liberale Gesellschaft überhaupt funktionieren kann. Diese setzt nämlich mündige Bürger vorraus.
Das dies in gewissem Maße ein Paradoxon ist, ist mir durchaus bewusst, aber mir ist keine sinnige Auflösung hierfür bekannt.
_________________ An alle: Lasst Euch dadurch nicht in die Irre führen. Dieser braune Burschi muss bearbeitet werden - immer hart an der Sache. Macht ihn mürbe! (Kramer)
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funkeimdunkeln Bösmensch
Anmeldungsdatum: 12.05.2014 Beiträge: 878
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(#1941023) Verfasst am: 11.08.2014, 17:32 Titel: |
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Hallo,
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Wie kommst du denn darauf? |
Weil Zwang mit Zwang bekämpfen prinzipiell die gleiche Wirkung hat wie Feuer mit Feuer zu bekämpfen. Das sieht man sehr schön an unserem jetzigen Schulsysten.
Grundsätzlich offen bin ich für Konventionen, die einen Mindeststandard voraussetzen wie Lesen, Schreiben, usw. Ich sehe ein, dass man ein gewisses Mindestmaß an Zwang braucht, damit man den Schülern Selbstverantwortung ermöglichen kann. Worum es mir geht, ist die "Feuer mit Feuer bekämpfen"-Denkweise.
Mit freundlichen Grüßen,
Mirko
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#1941027) Verfasst am: 11.08.2014, 17:49 Titel: |
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funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Hallo,
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Wie kommst du denn darauf? |
Weil Zwang mit Zwang bekämpfen prinzipiell die gleiche Wirkung hat wie Feuer mit Feuer zu bekämpfen... |
Soll bei Waldbränden mitunter ganz gut funktionieren.
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Samson83 registrierter User
Anmeldungsdatum: 18.01.2013 Beiträge: 6833
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(#1941031) Verfasst am: 11.08.2014, 18:09 Titel: |
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funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Hallo,
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Wie kommst du denn darauf? |
Weil Zwang mit Zwang bekämpfen prinzipiell die gleiche Wirkung hat wie Feuer mit Feuer zu bekämpfen. Das sieht man sehr schön an unserem jetzigen Schulsysten. |
Nein, sieht man nicht.
_________________ An alle: Lasst Euch dadurch nicht in die Irre führen. Dieser braune Burschi muss bearbeitet werden - immer hart an der Sache. Macht ihn mürbe! (Kramer)
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1941036) Verfasst am: 11.08.2014, 18:45 Titel: |
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funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ... Deswegen meine ich, daß der Staat primär an anderer Stelle ansetzen sollte: bei der Erziehung der Kinder dahingehend, daß sie selbst später so etwas mit ihren Kindern nicht tun. Deswegen ist die Schulpflicht wichtig, evtl. auch KiGa-Pflicht, und die entsprechende Ausbildung der Betreuer / Lehrer.
Wenn KiGa/Schule weniger autoritär sind als die Eltern, können diese nicht soviel Schaden anrichten. |
Das heißt, du hast das Ziel eine Gesellschaft, in der die Menschen "frei von Zwängen" ihre Entscheidungen treffen. Und davon ausgehend forderst du eine Schulpflicht und eventuell sogar eine Kindergartenpflicht. Das ist doch ein Widerspruch! |
Nein, es ist eine Optimierungsfrage. Auf welche Weise erreiche ich am ehesten, daß die Kinder zu mündigen Bürgern werden? KiGa und Schule könnten ihnen mehr Freiheitsgrade eröffnen als enge Familienerziehung oder Vernachlässigung, trotz Schulpflicht. Die Gesamtbilanz wäre ein Mehr an Bildung, Entscheidungsfähigkeit, Chancen, Selbständigkeit, Unabhängigkeit, Ungezwungenheit usw. - funktioniert natürlich nur bei entsprechend gutem pädagogischen Konzept.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#1941042) Verfasst am: 11.08.2014, 19:17 Titel: |
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funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Das heißt, du hast das Ziel eine Gesellschaft, in der die Menschen "frei von Zwängen" ihre Entscheidungen treffen. Und davon ausgehend forderst du eine Schulpflicht und eventuell sogar eine Kindergartenpflicht. Das ist doch ein Widerspruch! |
Zwang zum Erreichen von mehr Freiheit ist überall dort nötig, wo ein Machtgefälle zwischen beteiligten Parteien besteht, eine der Parteien also ohne den Zwang faktisch nicht in der Lage wäre, seine Interessen wahrzunehmen. Andere Beispiele dafür findet man im Arbeitsrecht
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44647
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(#1941044) Verfasst am: 11.08.2014, 19:22 Titel: |
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Samson83 hat folgendes geschrieben: | Zumindest eine Bildungspflicht ist notwendig, damit eine offene, liberale Gesellschaft überhaupt funktionieren kann. Diese setzt nämlich mündige Bürger vorraus.
Das dies in gewissem Maße ein Paradoxon ist, ist mir durchaus bewusst, aber mir ist keine sinnige Auflösung hierfür bekannt. |
Mir auch nicht. Auch aus sozialistischer Perspektive nicht.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1941066) Verfasst am: 11.08.2014, 21:11 Titel: |
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funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Hallo Skeptiker,
grundsätzlich stimme ich dir zu, was die Objektivität der Bedürfnisse angeht. Deswegen bin ich auch nicht der Meinung, dass Moral generell zu verwerfen sei. Im Gegenteil! Eine Gesellschaft braucht Konventionen zum Überleben! Moral hat also einen objektiven Kern und den kann mit den Bedürfnissen in Verbindung bringen. Mir geht es vor allem darum, dass es "viele Wege nach Rom gibt". Und an dieser Stelle möchte ich auch bei deinen Überlegungen einen Einwand formulieren.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Die können ganz verschieden aussehen. Aber ihr Maßstab müssen die objektiven Bedürfnisse sein, die deshalb objektiv heissen, weil deren Nichtbefriedigung empirisch belegbar ein suboptimales Gedeihen der Bedürfnisträger (- ich sage jetzt mal nicht "Grundrechtsträger" -) verursachen. |
Ein Maßstab impliziert, dass man eine Moral an den Bedürfnissen "messen" kann. Eben das bezweifle ich. "Messen" ist, wenn es um weltanschauliche Fragen geht, eine ganz und gar subjektive Handlung. Die gleiche Problematik hatte ich auch in der Diskussion mit Torvac bezüglich der Objektivität von geschichtlichen Theorien aufgeworfen. |
Die bewussten/höheren Lebewesen haben ihre Lebensbedürfnisse ja nicht einfach nur so. Die oft, aber nicht immer bewusst empfundenen Bedürfnisse nach Ernährung, Wohnraum, Bewegung, Sexulität, Orientierung, Kommunikation, Lernen, etc. bilden die Objektiven erfordernisse ab, damit ein Lebewesen gedeiht.
Ich denke, ich muss nicht erklären, was das heisst. Es geht jedenfalls über subjektives Wohlgefühl hinaus und betrifft auch objektive Befindlichkeiten wie Gesundheit, Arbeitsfähigkeit, Bewegungsfähigkeit, u.v.m.
Der Maßstab sind also nicht einfach die Bedürfnisse als solche, sondern immer der Grad ihrer Befriedigung. Das lässt sich in der Tat *messen*. Wenn man z.B. ständig Alkohol in rauhen Mengen konsumiert, dann ist das objektiv nicht gerade lebensfördernd.
Man kann jenen Maßstab durch geeignete Parameter zusammenbasteln, in denen sich dann die Wirkung einer Lebensweise bestimmen lässt, wobei es natürlich immer darauf ankommt, weitere Faktoren außer dem Verhalten zu berücksichtigen, also etwa Umweltfaktoren.
Wenn du zum Arzt gehst, hat der z.B. auch Kriterien für die *Messung* deiner Gesundheit. Und wer würde schon behaupten wollen, diese Kriterien seien völlig subjektiv und überhaupt, man können Gesundheit so oder so bestimmen, wie es gerade beliebt. Dem ist nicht so.
In anderen Bereichen das gleiche.
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Ein fundamentalistischer Christ wird folgendermaßen messen, ob eine Handlung seinen Bedürfnissen entspricht: Er liest in der Bibel nach. Wenn dort ein Bibelvers steht, der in (einigermaßen nachvollziehbar) bestätigt, dass seine Handlung gut ist, dann folgert er daraus, dass sie seinen Bedürfnissen entspricht. Wenn der Vers sagt, dass eine Handlung schlecht ist, dann folgert er daraus, dass sie seinen Bedürfnissen nicht entspricht. |
Man kann auch zum Hellseher oder zum Quacksalber. Und aufgrund von dessen Ratschlägen kann man glauben, diese seien gut für einen. Meistens sind die Ratschläge vor allem gut für die Geldbörse der *Eingeweihten*. Ähnlich verhält es sich mit der Religion.
Also: ob etwas gut ist, ist eben keine subjektive Sache allein, auch wenn Placebo-Effekte durchaus eine objektive Wirkung haben können. Das liegt dann aber nicht an der *Medizin*, sondern an unbewussten Mechanismen der Selbstheilung.
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Muslime haben ein ähnliches Messverfahren. Sie haben sogar die Möglichkeit Anfragen an ihre Gelehrten zu senden und bekommen dann erklärt, ob eine Handlung ihren Bedürfnissen entspricht. Das ist zwar eine ziemlich umständliche Methode der Messung, doch leider gibt es keine objektive. |
Man kann das gleiche auch von Versicherungsvertretern annehmen. Aber ob deren Auskünfte den Bedürfnissen ihrer Klienten entsprechen, möchte ich mal dahin gestellt lassen.
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Die Moral selbst ist - s.o. - nicht nur Verhaltensmoral, sondern eben auch Verhältnismoral, da es auch um das Recht gehen muss, Verhältnisse im Mikro- und Makrobereich so gemäß den Lebensbedürfnissen zu gestalten, dass sie *passen*. |
Wieder das gleiche Problem. Wie "misst" man, ob die Verhältnisse "passen"? |
Indem man überprüft, welche Auswirkungen bestimmte Makro- und Mikroverhältnisse auf das bewusste Lebewesen haben, in der Weise, wie ich es oben skizziert habe.
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Die (unter anderem meine persönlichen) Erfahrungen mit der Psychotherapie zeigen, dass dies letzten Endes auf einen sehr enggesteckten Rahmen eindeutig definierbarer Methoden hinausläuft, Die Folgen, die ich selber erlebt habe, können eine sterile und unpersönliche Atmosphäre im therapeutischen Gespräch sein, in der viel mit Fragebögen und Modellen mit Kreisen und Pfeilen gearbeitet wird, was wiederum nur wenig zur persönlichen Bereicherung beiträgt. Man lernt dann seine Wochenpläne zu erstellen und Konditionierungsverfahren für sich zu nutzen, was ja auch schon mal ein positives Ergebnis sein kann, und scheut sich davor tiefergehende Fragestellungen aufzugreifen - das wäre ja irgendwie subjektiv, schwammig, komisch, nene, solche Fragen wie "was ist der Sinn des Lebens?", das ist Grübeln, davon wollen wir weg. |
Da Psychotherapien bislang keine wissenschaftliche Grundlage haben, haftet ihnen bis heute immer noch eine Art Guru-Syndrom an. oder anders gesagt: Mal passt es, mal nicht und das weiß man vorher selten und manchmal danach immer noch nicht. Auf diesem Gebiet ist vieles Zufall und Glauben.
Auch die entsprechenden Studien sind allein schon von ihrer Qualität her zweifelhaft. Die besseren zeigen so weit ich mich erinnere, so gut wie keinen dauerhaften Effekt von Psychotherapie.
Also auch hier haben wie wieder gewisse Parallelen zur Religion.
Das heisst aber nicht, dass es daneben nicht auch wissenschaftlich gut belegte medizinische Verfahren gibt, die einen echten Effekt haben. Aber klar, es gibt auch Gegenbeispiele, welche verunsichern.
Abhilfe würden bessere, wissenschaftlich saubere Studien mit dem entsprechenden Design schaffen, das gilt ja auch für Medikamente, wo auch ein Mangel in dieser Hinsicht herrscht.
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Ich sehe also bei dem Versuch Verhaltensweisen anhand von Bedürfnissen "messen" zu wollen eine große Gefahr dafür, dass die Vielfalt und Fülle menschlicher Verhaltensweisen dabei unter die Räder gerät. Letzten Endes ist Verhalten viel zu kompliziert dafür. |
Kompliziert ja, durch entsprechende statistische Methoden dennoch erforschbar.
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Und gerade deswegen funktioniert die Übertragung von der Objektivität der Bedürfnisse - an die ich sehr wohl glaube! - auf die Objektivität von Verhaltensweisen nicht. |
Mal ein Beispiel aus dem Fußball:
Lange Zeit war das Tiki-Taka von Barcelona der beste und erfolgreichste Fußball des Paneten. Plötzlich verwandelte sich Tiki-Taka in eine leicht durchschaubare Taktik, gegen die erfolgreiche Gegenmittel gefunden wurden.
Deswegen wird Barcelona und auch die Spanische Nationalelf von dieser Taktik ein Stück weit abgehen. Deren Erfolgs-Bedürfnisse werden dadurch nicht länger befriedigt.
Deswegen schrieb ich ja: "Verschiedene Wege führen nach Rom". Ein bestimmtes Bedüfniss generiert verschhiedene mögliche Verhaltensweisen, welche dann regelmäßig ausselektiert werden.
Man kann das sogar auf den Kapitalismus anwenden. Wenn dieser es nicht schafft, seine chronischen und verschärften Krisen durch neue *Taktiken* zu kompensieren, dann werden im Bewusstsein der Menschen immer massiver konkrete Alternativen gedacht werden und die Menschen zu gänzlich neuen gesamtgesellschaftlichen Experimenten treiben, die über die kleine Parzelle und das Wohnzimmer weit hinaus gehen werden und sich global ausbreiten. (Aber so weit ist es noch nicht.)
In dem Begriff "Experimente" räume ich ein, dass jede Moral immer wieder verbessert, umgeworfen, erneuert und wieder verbessert werden muss. Trotzdem leiten sie sich aus objektiven Bedürfnissen ab ...-
_________________ °
K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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Schöngeist permanent gesperrt
Anmeldungsdatum: 06.10.2013 Beiträge: 803
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(#1941088) Verfasst am: 11.08.2014, 21:39 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Nein, da widerspreche ich. Meine ethische Präferenz für eine nichtautoritäre Erziehung beruht auf meinem Ziel einer offenen, aufgeklärten Gesellschaft. |
Es will dir doch auch niemand verbieten deine eigenen Kinder antiautoritär und nach deinen eigenen Idealen so zu erziehen, wie du es für das Beste hälst.
Du bist doch derjenige, der anderen verbieten will ihre Kinder anders zu erziehen als du es für richtig hälst.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1941095) Verfasst am: 11.08.2014, 21:51 Titel: |
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Schöngeist hat folgendes geschrieben: | Du bist doch derjenige, der anderen verbieten will ihre Kinder anders zu erziehen als du es für richtig hälst. |
Äh ... nein. Ich will, daß die Gemeinschaft sicherstellt, daß alle Kinder ihre Grundwerte vermittelt bekommen. Meine eigenen Wünsche gehen teilweise darüber hinaus, aber natürlich müßte ich die erstmal breit durchsetzen, bevor ich verlangen könnte, daß Kinder damit erzogen werden.
Erstmal geht es darum zu verhindern, daß Fundamentalisten ihre Kinder nicht mal gemäß der bereits geltenden Grundwerte erziehen (lassen).
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44647
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(#1941098) Verfasst am: 11.08.2014, 21:54 Titel: |
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Schöngeist hat folgendes geschrieben: | Du bist doch derjenige, der anderen verbieten will ihre Kinder anders zu erziehen als du es für richtig hälst. |
Es geht noch nicht mal primär im inhaltlichen Sinne um die Erziehung, sondern darum, das Machtmonopol der Eltern über ihre Kinder zu brechen. Absolute Macht eines Menschen über das Leben eines anderen ist schlechthin inkompatibel mit einem freiheitlichen politischen Gemeinwesen - völlig unabhängig davon, wie die Beziehung ansonsten inhaltlich aussieht.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Samson83 registrierter User
Anmeldungsdatum: 18.01.2013 Beiträge: 6833
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(#1941103) Verfasst am: 11.08.2014, 22:00 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Schöngeist hat folgendes geschrieben: | Du bist doch derjenige, der anderen verbieten will ihre Kinder anders zu erziehen als du es für richtig hälst. |
Es geht noch nicht mal primär im inhaltlichen Sinne um die Erziehung, sondern darum, das Machtmonopol der Eltern über ihre Kinder zu brechen. Absolute Macht eines Menschen über das Leben eines anderen ist schlechthin inkompatibel mit einem freiheitlichen politischen Gemeinwesen - völlig unabhängig davon, wie die Beziehung ansonsten inhaltlich aussieht. |
Das sind weitreichende Eingriffe in die Kernfamilie allerdings auch. Auch dies ist ein nicht einfacher Balanceakt.
_________________ An alle: Lasst Euch dadurch nicht in die Irre führen. Dieser braune Burschi muss bearbeitet werden - immer hart an der Sache. Macht ihn mürbe! (Kramer)
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1941104) Verfasst am: 11.08.2014, 22:04 Titel: |
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Ich stimme Tarvoc zu, daß es weniger darum geht, eine Ideologie durch eine andere zu ersetzen und rivalisierende Werte zu vermitteln, sondern um die Gewährleistung, daß das Kind selbst Ansichten und eine Persönlichkeit entwickeln kann, antatt beides aufgedrückt zu bekommen.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Eklatant Selbstwiderspruch
Anmeldungsdatum: 25.07.2005 Beiträge: 535
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(#1941111) Verfasst am: 11.08.2014, 22:20 Titel: |
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funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: |
ich frage mich, wie man Gedankenkonstrukte, die einen Wert definieren sollen, von Gedankenkonstrukten unterscheiden kann, die letzten Endes nur als Rationalisierung von Interessen dienen. |
Das muss man in den ganzen komplizierten Einzelsituationen entscheiden und ist nicht so reduzierbar wie man es sich am Liebsten wünschen würde, dass man es auf Steintafeln meißeln könnte. Ein solcher Reduktionismus der einigen vorschwebt wäre vollkommen albern.
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: |
Meinem Eindruck nach scheinen viele FGH-User die Vermittlung von wissenschaftlichen Fakten als einen "Wert" anzusehen. Nach deiner Logik kann man das nun umformulieren, indem diesen "Wert" als eine "Privilegierung wissenschaftlichen Denkens" beschreibt. Und das mag immer noch besser klingen als eine "Privilegierung christlichen Denkens", was für viele den Eindruck erwecken mag, dass eine derartige Bevorzugung wünschenswert klingt. Doch wenn man sich mal überlegt, wieviele Möglichkeiten es gibt seine Interessen zu entfalten - auch sportliche Interessen, künstlerische Interessen, soziale Interessen, ökologische Interessen - dann erscheint ein derartiges Denken doch wieder sehr einseitig. |
Nun man versucht die Privilegien wie wissenschaftliche Faktenvermittlung allen Interessensgruppen zu gewährleisten und sie nicht nur für sich selbst zu behalten. Das gilt doch auch für andere Rechte. Versammlungsfreiheit, Kunstfreiheit und Glaubensfreiheit etc.
Da ist man wohl ein hoffnungsloser Gutmensch in dieser Beziehung.
Übrigens ist die Wissenschaft das Beste Werkzeug das wir haben, um überhaupt Interessenseinschätzungen zu diskutieren.
Man könnte, würde man nur selbst dieses "Privileg Wissen" inne haben, ansonsten im ganz konkreten Beispielfall beliebige Glasperlen von Naivlingen für alles Mögliche eintauschen.
Z.Bsp. Öl-Bohrrechte vor der Küste der Anwohner, wobei die Gefahr der Verseuchung der Fischbestände als Lebensgrundlage und sogar unbeteidigter Personen die nicht mit verhandelt haben, aufgrund des Mangels an Faktenwissen was Öl eigentlich ist und wie die Methoden da dran zu kommen in Wahrheit aussehen, verschwiegen wird.
Eine solche Form von Übervorteilung, Täuschung etc. zugunsten deiner selbst, würdest du doch nicht zustimmen, oder?
Ansonsten stelle ich dir eine Gegenfrage: Was soll "christliches Denken" sein?
Könntest du das widerspruchsfrei definieren und zwar so, dass alle Begriffe die darin enthalten sind zweifelsfrei erklärbar wären.
In deinem Beitrag schien es mir so als deutest du an, dass es sich dabei bereits um einen diametraler Widerspruch zur Ratio handelt.
Und natürlich gibt es eine gigantische Anzahl an Interessen, die sich mit der Anzahl der Individuen noch multiplizieren die in der Regel einander entgegen laufen. Das macht die Welt auch zu einem so schrecklich komplizierten und oft ungastlichen Ort und erweckt auch die Sehnsucht nach der Reduktion von all den unterschiedlichen Interessenkonflikten auf einfache Glaubenssätze.
Edit.
Zuletzt bearbeitet von Eklatant am 11.08.2014, 22:36, insgesamt 3-mal bearbeitet |
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sehr gut dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 05.08.2007 Beiträge: 14852
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(#1941113) Verfasst am: 11.08.2014, 22:24 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Ich stimme Tarvoc zu, daß es weniger darum geht, eine Ideologie durch eine andere zu ersetzen und rivalisierende Werte zu vermitteln, sondern um die Gewährleistung, daß das Kind selbst Ansichten und eine Persönlichkeit entwickeln kann, antatt beides aufgedrückt zu bekommen. |
Ja, aber welche Macht auf dieser Welt hat ein Interesse an solchen Menschen?
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1941118) Verfasst am: 11.08.2014, 22:45 Titel: |
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sehr gut hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ich stimme Tarvoc zu, daß es weniger darum geht, eine Ideologie durch eine andere zu ersetzen und rivalisierende Werte zu vermitteln, sondern um die Gewährleistung, daß das Kind selbst Ansichten und eine Persönlichkeit entwickeln kann, antatt beides aufgedrückt zu bekommen. | Ja, aber welche Macht auf dieser Welt hat ein Interesse an solchen Menschen? |
Na, die im Aufklärungsprozeß befindlichen Bürger selber, plus ein paar Idealisten. Ich hoffe ja auch darauf, daß sich da was selbst verstärkt. Zumindest gibt es ja einige Faktoren, die ein solches Interesse tendenziell befördern, z.B. bereits vorhandene Bildung, Kommunikation, Wohlstand. Und auch die Spieltheorie ist mglw. eher auf unserer Seite.
Aber ein sicheres Ding ist es nicht.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Schöngeist permanent gesperrt
Anmeldungsdatum: 06.10.2013 Beiträge: 803
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(#1941120) Verfasst am: 11.08.2014, 22:46 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Ich will, daß die Gemeinschaft sicherstellt, daß alle Kinder ihre Grundwerte vermittelt bekommen. |
Das klingt nach DDR. Der Staat muss die Kinder im Geist des Sozialismus erziehen.
Nein, das hat doch mit einem freiheitlichen Land, wie ich es mir vorstelle nichts mehr zu tun. Es gibt keine "Grundwerte der Gemeinschaft". Es gibt Gesetze des Staates, an die muss man sich wohl oder übel halten. Tut man es nicht, wird man sanktioniert.
Das mindeste was der Staat erwarten kann ist die Beachtung der geltenden Gesetze des Staates. Aber niemand muss sich mit irgendwelchen "Grundwerten des Staates" identifizieren.
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