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Judas Phatre registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.12.2014 Beiträge: 101
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(#1977870) Verfasst am: 12.01.2015, 10:16 Titel: |
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Defätist hat folgendes geschrieben: |
Es würde mich eher interessieren, wer mit welchen Methoden die Echtheit verifiziert haben will, dass diese zur allgemeinen Betrachtung werden konnte. Es ist mir leider nicht möglich, diese allgemeine Betrachtung nachzuvollziehen, geht man von wissenschaftlicher Methodik aus.
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Irgendwie habe ich keine email-Benachrichtigung bekommen...
Es gibt in der Literaturkritik keine allgemeingültigen Regeln wie z.B. in der evidenzbasierten Medizin. Unterschiedliche Autoren gehen nach unterschiedlichen Kriterien vor. Meine Quintessenz:
1. Zuerst muss man annehmen, dass ein neu gefundener Text wahr ist. (Man stelle sich vor, man bekäme die erste Nachricht aus dem All). Dieser Schritt ist übrigens beim Thomasevangelium übergangen worden.
2. Gibt es offensichtliche Gründe, eine Fälschung anzunehmen? (Unser Text aus dem All ist die Anleitung für Anhalter durch die Galaxis)
3. Passt der Text von Stil und Sprache zu den anderen Texten des Autors? (etwas subjektiv)
4. Zeigt der Text, dass er andere, bereits datierte Texte, Ereignisse oder Personen kennt?
5. Aus welcher Zeit stammt die älteste Abschrift?
6. Mit welchem Ziel ist der Text verfasst worden?
Als Beispiel könnten die "echten Paulusbriefe" und die gefälschte Korrespondenz des Paulus mit Seneca gelten:
Die Briefe passen im Stil zueinander, das Griechisch der Korrespondenz ist lausig. Die Orte und Personen in den Briefen passen zu den bekannten Gegebenheiten in der Mitte des ersten Jahrhunderts, die Korrespondenz enthält nur Allgemeinheiten und Daten aus den Briefen. Die Bekanntschaft von Seneca und Paulus ist sehr unwahrscheinlich, weil weder Seneca oder ein anderer Autor der ersten 3 Jahrhunderte erwähnt.
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Naastika RL rulez<->auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 23.11.2003 Beiträge: 6100
Wohnort: an der Fütterungsstelle der Eichhörnchen
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(#1977874) Verfasst am: 12.01.2015, 10:25 Titel: |
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Judas Phatre hat folgendes geschrieben: |
1. Zuerst muss man annehmen, dass ein neu gefundener Text wahr ist. (Man stelle sich vor, man bekäme die erste Nachricht aus dem All). Dieser Schritt ist übrigens beim Thomasevangelium übergangen worden.
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Öhmmm, verstehe ich nicht... Soll die Verfizierung/Fasifizierung des Textes als Jesus-Wort nicht eher das Ergebnis der Untersuchung sein?
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Defätist auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 09.06.2010 Beiträge: 8557
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(#1977876) Verfasst am: 12.01.2015, 10:30 Titel: |
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kereng hat folgendes geschrieben: | ...
Meinst du grundsätzlich, dass die wissenschaftliche Untersuchung von religiösen Texten ihnen eine unangemessene Aufmerksamheit zukommen lässt? .... |
Ich für meinen Teil bin dieser Meinung. Ein würdigerer Untersuchungsgegenstand ist da allemal einCicero oder noch eher, weil bisher schlecht erforscht, Diogenes.
kereng hat folgendes geschrieben: | ... Beim Alten Testament hat doch die Historisch-kritische Methode vom Wahrheitsanspruch kaum etwas übrig gelassen... |
Die historisch-kritische Methode ist lediglich das "wissenschaftlich angehauchte Feigenblatt" der Kirchen im Umgang mit inhärenten Widersprüchen und Kritiken. Sie ist definitiv keine wissenschaftliche Methodik (siehe auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Historisch-kritische_Methode#Kritik_an_der_historisch-kritischen_Methode, da insbesondere die ersten drei Punkte).
Und trotz(!) dieser Kritikpunkte hat selbst dieser Methodenapparat grundlegende Zweifel und Widersprüche aufgeworfen. Das zeigt mMn gerade, wie wichtig exaktes wissenschaftliches Arbeiten ist, wenn schon ein teilwissenschaftliches Projekt der Institution selbst dergestalt Einfluss nehmen kann.
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Defätist auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 09.06.2010 Beiträge: 8557
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(#1977878) Verfasst am: 12.01.2015, 10:33 Titel: |
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Judas Phatre hat folgendes geschrieben: | ....
1. Zuerst muss man annehmen, dass ein neu gefundener Text wahr ist. (Man stelle sich vor, man bekäme die erste Nachricht aus dem All). Dieser Schritt ist übrigens beim Thomasevangelium
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Auch hier stimme ich nicht zu. Bevor man über einen neu gefundenen Text etwas aussagen kann, muss man ihn verifizieren. Danach kann man Wahrscheinlichkeitsaussagen über seinen Wahrheitsgehalt tätigen.
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Judas Phatre registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.12.2014 Beiträge: 101
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(#1977880) Verfasst am: 12.01.2015, 10:48 Titel: |
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Defätist hat folgendes geschrieben: |
Auch hier stimme ich nicht zu. Bevor man über einen neu gefundenen Text etwas aussagen kann, muss man ihn verifizieren. Danach kann man Wahrscheinlichkeitsaussagen über seinen Wahrheitsgehalt tätigen. |
Das verstehe ich nicht. Es ist ja nur die erste Prämisse, die bei Zweifeln in den weiteren Iterationen verworfen werden kann. Aber, wenn nichts gegen die Echtheit spricht, ist ein Dokument bis auf weiteres echt und nicht gefälscht.
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Naastika RL rulez<->auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 23.11.2003 Beiträge: 6100
Wohnort: an der Fütterungsstelle der Eichhörnchen
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(#1977881) Verfasst am: 12.01.2015, 10:57 Titel: |
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Judas Phatre hat folgendes geschrieben: | Defätist hat folgendes geschrieben: |
Auch hier stimme ich nicht zu. Bevor man über einen neu gefundenen Text etwas aussagen kann, muss man ihn verifizieren. Danach kann man Wahrscheinlichkeitsaussagen über seinen Wahrheitsgehalt tätigen. |
Das verstehe ich nicht. Es ist ja nur die erste Prämisse, die bei Zweifeln in den weiteren Iterationen verworfen werden kann. Aber, wenn nichts gegen die Echtheit spricht, ist ein Dokument bis auf weiteres echt und nicht gefälscht. |
Aber was konkret spricht für die Echtheit eins Thomas-Evangeliums?
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Defätist auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 09.06.2010 Beiträge: 8557
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(#1977891) Verfasst am: 12.01.2015, 11:37 Titel: |
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Judas Phatre hat folgendes geschrieben: | .... Aber, wenn nichts gegen die Echtheit spricht, ist ein Dokument bis auf weiteres echt und nicht gefälscht. |
Nicht aus historischer Sicht. Da ist ein aufgefundenes Dokument erst mal ein Dokument. Dann erfolgt die Einordnung, mit Datierung, physikalischer und chemischer Analyse, inhaltlicher Prüfung, Quellenabgleich, etc. -> danach kann das Dokument überhaupt erst personell, regional zugeordnet und Aussagen über seine Echtheit anhand der vorhergehenden Untersuchungen getroffen werden.
Gerade bei alten Schriften ist immer die Frage, handelt es sich um Kopien, also Abschriften, oder Originale, wie nah am Original ist die Kopie, ist es nur ein Manuskript oder eine Reinschrift, welche Materialien fanden Verwendung, welcher Schrifttyp und -stil, welche Sprache, welcher Dialekt, passt der Auffindeort, passt das Alter, passt die Region, welchem Autor kann es zugeordnet werden, wenn überhaupt möglich, welche Querbezüge gibt es zu all diesen Dingen inner- und außerkulturell.
Dann gibt es noch gravierende Unterschiede zwischen Echtheit und Wahrheit. Ein Dokument kann sich letztendlich in Hinsicht auf Verfasser und alle anderen Kriterien als echt erweisen und dennoch muss dieser Verfasser nicht die Wahrheit geschrieben haben. Er kann (um auf das Thema christliche Religion zurückzukommen) schlicht die Geschichten anderer aufgeschrieben, ein wenig an seine oder deren Zeit angepasst haben, seine persönliche Sicht einfließen oder sogar konkret dargestellt haben wollen, etc.pp.
Weiterhin ist es eine ganz konkrete Vorhaltung, wer, in wessen Auftrag und mit welchen Methoden das Dokument einordnet und ob die Forschung sowohl allen zugänglich und ergebnissoffen oder mit bereits vorgefasstem Urteil erfolgt.
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Judas Phatre registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.12.2014 Beiträge: 101
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(#1977892) Verfasst am: 12.01.2015, 12:05 Titel: |
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Defätist hat folgendes geschrieben: |
Mir geht es darum aufzuzeigen, dass ein Konzept, welches von Beginn an auf Lug und Trug basiert, durch das Machtmonopol seiner Priesterkaste als Religion für Milliarden Menschen Festigung fand. Mir geht es außerdem darum, dass gerade durch die Institution, so sehr sie sich auch vorgeblich heute aus Politik und Staatenlenkung zurückgezogen haben will, auf eben der vorgenannten Basis auch heute noch auf die Geschicke der Menschheit, auf ethische und moralische Blickwinkel Einfluss nehmen will und nimmt.
Gerade diese Doppelmoral und das immer wieder eingeforderte Berufen auf Einflussnahmen auf Alltagssituationen aber auch Gesetzgebungsverfahren und Medien sind es, die mich stören - |
Mir ging das bis vor ca 6 Jahren genauso: Dieser Jesus aus dem NT ist eine völlig unglaubwürdige Figur. Die "Wunder" und rückblickenden "Prophezeiungen" sowie der gekünstelte Bezug zum AT verstärken den Fälschungsverdacht. In den ersten 4 Jahrhunderten wimmelt es nur so von Lügen, auch in der gnotischen Literatur.
Und doch sind es Dokumente, die auch Richtiges enthalten. Der einfachste Weg, Lüge und Wahrheit zu unterscheiden ist die Frage nach dem Motiv. Darauf beruht mein Thomasevangelium-Modell in erster Linie.
Defätist hat folgendes geschrieben: |
Überzeugend für mich wären bspw. sowohl in Datierung und Ort eindeutig zuordenbare und anhand wissenschaftlicher Methoden verifizierbare Skelett- oder Schriftfunde. Überzeugend wären für mich parallelkulturelle Niederschriften aus der tatsächlichen "Wunder"wirkzeit eben jenes Jesus und Paulus, die sich nicht evtl. oder vermutlich oder vielleicht auf diese schon in ihrer Lebensepoche wichtigen Personen bezieht sondern explizit, was bei anderen griechischen, römischen und ägyptischen Schriftfunden scheinbar ganz unspektakulär funktioniert, sodass epochale und/oder territorial begrenzte Handlungen, Personen, Orte und Begebenheiten eindeutig zuordenbar werden oder sind.
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Solche Funde gibt es (naturgemäß) nicht. Das Beste, das wir haben, ist das Testimonium flavianum, leider auch schon spätestens im 4. Jahrhundert überarbeitet. Das Agapius-Fragment zeigt uns aber eine Version, die durchaus original sein kann. Natürlich liegt auch schon fast ein Menschenleben zwischen Jesus und Josephus, aber Josephus hatte kein Motiv zu lügen, genausowenig wie Sueton oder Tacitus. Und wenn man von der enormen Verbreitung des Christentums um 100 n.Chr ausgeht, braucht man schon eine gute Erklärung, wie das denn ohne eine historische Person Jesus zustande gekommen sein soll.
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Judas Phatre registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.12.2014 Beiträge: 101
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(#1977914) Verfasst am: 12.01.2015, 13:10 Titel: |
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Defätist hat folgendes geschrieben: |
Nicht aus historischer Sicht. Da ist ein aufgefundenes Dokument erst mal ein Dokument. Dann erfolgt die Einordnung, mit Datierung, physikalischer und chemischer Analyse, inhaltlicher Prüfung, Quellenabgleich, etc. -> danach kann das Dokument überhaupt erst personell, regional zugeordnet und Aussagen über seine Echtheit anhand der vorhergehenden Untersuchungen getroffen werden.
Gerade bei alten Schriften ist immer die Frage, handelt es sich um Kopien, also Abschriften, oder Originale, wie nah am Original ist die Kopie, ist es nur ein Manuskript oder eine Reinschrift, welche Materialien fanden Verwendung, welcher Schrifttyp und -stil, welche Sprache, welcher Dialekt, passt der Auffindeort, passt das Alter, passt die Region, welchem Autor kann es zugeordnet werden, wenn überhaupt möglich, welche Querbezüge gibt es zu all diesen Dingen inner- und außerkulturell.
Dann gibt es noch gravierende Unterschiede zwischen Echtheit und Wahrheit. Ein Dokument kann sich letztendlich in Hinsicht auf Verfasser und alle anderen Kriterien als echt erweisen und dennoch muss dieser Verfasser nicht die Wahrheit geschrieben haben. Er kann (um auf das Thema christliche Religion zurückzukommen) schlicht die Geschichten anderer aufgeschrieben, ein wenig an seine oder deren Zeit angepasst haben, seine persönliche Sicht einfließen oder sogar konkret dargestellt haben wollen, etc.pp.
Weiterhin ist es eine ganz konkrete Vorhaltung, wer, in wessen Auftrag und mit welchen Methoden das Dokument einordnet und ob die Forschung sowohl allen zugänglich und ergebnissoffen oder mit bereits vorgefasstem Urteil erfolgt. |
Das ist aber letztendlich dasselbe, was ich auch geschrieben habe.
Die Frage ist nur: Wenn nichts für eine Fälschung und nichts für eine Lüge spricht, ist es dann wahr und echt oder nicht?
Ich sehe eine enge Parallele zum römischen Recht:
Im Zweifel für den Angeklagten. Was sind Dokumente anderes als die Äußerungen eines (oder mehrerer) Menschen? Wir sind quasi die Richter, können uns natürlich irren. Aber wir sind nicht die Staatsanwaltschaft.
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Judas Phatre registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.12.2014 Beiträge: 101
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(#1977917) Verfasst am: 12.01.2015, 13:15 Titel: |
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Naastika hat folgendes geschrieben: |
Aber was konkret spricht für die Echtheit eins Thomas-Evangeliums? |
Wieder beim Thema!
- Jesus' Titel bis auf "Sohn des Menschen" werden nicht erwähnt
- Jesus' Tod, der Jüdische Krieg, Paulus oder andere spätere Gestalten werden nicht erwähnt.
- Der Text ist von keinem anderen Text abhängig
- Das EvTh wird sehr häufig zitiert, das älteste Zitat ist 1 Kor 2,9 (von Clemens von Rom als Jesus-Zitat bestätigt)
- Es finden sich viele Aramaismen
- Oft sind die Parabeln einfacher und ursprünglicher als im NT
- Es gibt eine Lehre wieder, mit der Jesus wirklich hätte berühmt werden können
- der Text wendet sich an Juden, nicht an Heiden oder Christen
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Defätist auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 09.06.2010 Beiträge: 8557
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(#1978107) Verfasst am: 13.01.2015, 07:28 Titel: |
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Judas Phatre hat folgendes geschrieben: |
Das ist aber letztendlich dasselbe, was ich auch geschrieben habe.
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Nö, ist es nicht. Deine Prämisse führt zu einer Beweislastumkehr der Wahrheitsaussage. Genau aus dieser rührt aber auch der Irrtum, man könne die Nichtexistenz von "Wasauchimmer" bewerkstelligen.
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Judas Phatre registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.12.2014 Beiträge: 101
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(#1978116) Verfasst am: 13.01.2015, 09:42 Titel: |
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Defätist hat folgendes geschrieben: | Judas Phatre hat folgendes geschrieben: |
Das ist aber letztendlich dasselbe, was ich auch geschrieben habe.
.... |
Nö, ist es nicht. Deine Prämisse führt zu einer Beweislastumkehr der Wahrheitsaussage. Genau aus dieser rührt aber auch der Irrtum, man könne die Nichtexistenz von "Wasauchimmer" bewerkstelligen. |
Wenn Du hier den Begriff "Beweislastumkehr" benutzt, dann bist Du es, der eine Änderung verlangt. Wenn ich nur Dokumente als echt zulasse und deren Inhalt gelten lasse, wenn einwandfrei bewiesen ist, dass sie authentisch sind und ihr Inhalt stimmt, also nur technisch nachgewiesene Originale, bleibt kaum etwas übrig: Eine Welt ohne Geschichte.
Glücklicherweise stehst Du damit allein.
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AlexJ Supermarktoverlord
Anmeldungsdatum: 11.04.2008 Beiträge: 2353
Wohnort: Köln
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(#1978132) Verfasst am: 13.01.2015, 11:53 Titel: |
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Judas Phatre hat folgendes geschrieben: | Defätist hat folgendes geschrieben: | Judas Phatre hat folgendes geschrieben: |
Das ist aber letztendlich dasselbe, was ich auch geschrieben habe.
.... |
Nö, ist es nicht. Deine Prämisse führt zu einer Beweislastumkehr der Wahrheitsaussage. Genau aus dieser rührt aber auch der Irrtum, man könne die Nichtexistenz von "Wasauchimmer" bewerkstelligen. |
Wenn Du hier den Begriff "Beweislastumkehr" benutzt, dann bist Du es, der eine Änderung verlangt. Wenn ich nur Dokumente als echt zulasse und deren Inhalt gelten lasse, wenn einwandfrei bewiesen ist, dass sie authentisch sind und ihr Inhalt stimmt, also nur technisch nachgewiesene Originale, bleibt kaum etwas übrig: Eine Welt ohne Geschichte.
Glücklicherweise stehst Du damit allein. |
Theologischer Unsinn. Alleine durch die existierende Artefakte gibt es mehr Geschichte als ein Mensch in seinem Leben alles Aufnehmen könnte. Das vieles, wenn nicht sogar das meiste was uns als Geschichte aufgetischt wird, nicht wissenschaftlich Standards der Wahrheitsfindung genügt, ist als Argument gegen diese Standards Kindergartengarten Niveau. Denn gerade die letzten Jahrzehnte zeigen eine Flut von Korrekturen und Überholung von ehemals als historisch Tatsachen betrachtet aber jetzt als Fiktionen entlarvte Geschichten.
Der Appell wissenschaftliche Standards und Methoden zu ignorieren kommt nicht umsonst von jenen die mehr interessiert sind ihrer Version der Geschichte als Wahr zu verkaufen, als das sie an der Aufklärung der wahren Geschichte interessiert sind.
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Judas Phatre registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.12.2014 Beiträge: 101
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(#1978143) Verfasst am: 13.01.2015, 12:25 Titel: |
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AlexJ hat folgendes geschrieben: |
Theologischer Unsinn. |
Wieso "theologischer Unsinn"?
AlexJ hat folgendes geschrieben: |
Der Appell wissenschaftliche Standards und Methoden zu ignorieren kommt nicht umsonst von jenen die mehr interessiert sind ihrer Version der Geschichte als Wahr zu verkaufen, als das sie an der Aufklärung der wahren Geschichte interessiert sind. |
Jetzt 'mal langsam. Ich fordere, wissenschaftliche Standards anzusetzen. Zu behaupten, Jesus hätte es nicht gegeben, weil seine Knochen verloren sind, ist unwissenschaftlich. Das, was ich vertrete, ist wissenschaftlicher Standard. Wenn ich mich irre, zeigt mir, wo.
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Defätist auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 09.06.2010 Beiträge: 8557
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(#1978155) Verfasst am: 13.01.2015, 13:25 Titel: |
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Judas Phatre hat folgendes geschrieben: | Defätist hat folgendes geschrieben: | Judas Phatre hat folgendes geschrieben: |
Das ist aber letztendlich dasselbe, was ich auch geschrieben habe.
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Nö, ist es nicht. Deine Prämisse führt zu einer Beweislastumkehr der Wahrheitsaussage. Genau aus dieser rührt aber auch der Irrtum, man könne die Nichtexistenz von "Wasauchimmer" bewerkstelligen. |
Wenn Du hier den Begriff "Beweislastumkehr" benutzt, dann bist Du es, der eine Änderung verlangt. Wenn ich nur Dokumente als echt zulasse und deren Inhalt gelten lasse, wenn einwandfrei bewiesen ist, dass sie authentisch sind und ihr Inhalt stimmt, also nur technisch nachgewiesene Originale, bleibt kaum etwas übrig: Eine Welt ohne Geschichte.
Glücklicherweise stehst Du damit allein. |
1.) Natürlich lasse ich Dokumente zu. Und nein, ich verlange keine Veränderung, sondern Prüfung vor Wahrheits- oder Echtheitsaussagen.
2.) Die Einordnung kann jedoch nur anhand objektiver Kriterien und in korrekter, schlüssiger Reihenfolge erfolgen, wenn man einen halbwegs wissenschaftlichen Anspruch wahren möchte. Wahrhaftigkeits- oder Echtheitsaussagen ohne vorherige Prüfung wird man von seriösen Historikern nicht vernehmen.
3.) Wenn du meine verlinkten Quellen gelesen hast, siehst du, dass ich mit meinem Anspruch an der wissenschaftliche Historik keinesfalls allein stehe - die Kritik an historisch-kritischen Methode zirkulärer Schriftbetrachtung kommt nicht von ungefähr, sondern besteht eben aus Anlass der vermissten wissenschaftlichen Objektivität.
4.) Deine Aussage, dass "kaum etwas übrig bleibt", mag in Hinsicht auf die christliche Märchensammlung durchaus zutreffen, aber das habe ich auch nie bestritten.
5.) Das trifft jedoch nicht auf Geschichte im Allgemeinen zu, auch wenn darin kurze Teil-Abschnitte ebenso durchaus nicht unumstritten, bzw. noch nicht vollkommen erforscht sind.
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Judas Phatre registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.12.2014 Beiträge: 101
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(#1978172) Verfasst am: 13.01.2015, 14:20 Titel: |
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Defätist hat folgendes geschrieben: |
1.) Natürlich lasse ich Dokumente zu. |
Welche denn, z.B.?
Platon's Werke? Seneca? Mark Aurel? Catulls Gedichte? Ciceros Briefe?
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Defätist auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 09.06.2010 Beiträge: 8557
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(#1978173) Verfasst am: 13.01.2015, 14:22 Titel: |
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Judas Phatre hat folgendes geschrieben: | Defätist hat folgendes geschrieben: |
1.) Natürlich lasse ich Dokumente zu. |
Welche denn, z.B.?
Platon's Werke? Seneca? Mark Aurel? Catulls Gedichte? Ciceros Briefe? |
Weiter oben habe ich bereits selbst Cicero angeführt.
Edit:
Übrigens auch Luthers Thesen. Oder bestimmte sumerische Schrifttafeln.
Im Gegensatz dazu:
http://wowdata.buffed.de/item/Verschiedenes/Uralte-Schrifttafel-9242
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Judas Phatre registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.12.2014 Beiträge: 101
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(#1978180) Verfasst am: 13.01.2015, 14:28 Titel: |
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Würdest Du Dich vielleicht klar äußern, ohne Querverweise zu verteilen, damit ich Deine Kriterien verstehen kann?
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Defätist auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 09.06.2010 Beiträge: 8557
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(#1978187) Verfasst am: 13.01.2015, 14:46 Titel: |
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Judas Phatre hat folgendes geschrieben: |
Würdest Du Dich vielleicht klar äußern, ohne Querverweise zu verteilen, damit ich Deine Kriterien verstehen kann? |
->
http://de.wikipedia.org/wiki/Sumer
http://de.wikipedia.org/wiki/Sumerer
http://de.wikipedia.org/wiki/Sumerische_Religion
http://sumerer.net/
Eine in sich geschlossene, glaubwürdige, auf unterschiedlichen Quellen und Querverbindungen bestehende Völkergeschichte mit Schrift-, Artefakt-, Handels- und Kult-Funden, welche sich mit außerkulturellen Querverweisen und sogar Personenbeschreibungen deckt und ergänzt. Und das ganze noch ein paar Jahrtausende vor dem ominösen Jesus.
Unklarheiten bestehen in lediglich einigen wenigen Nebenbereichen, wie bspw. der Erstbesiedelung oder dem Bekanntheits- und Verbreitungsgrad einiger Nebengottheiten.
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Judas Phatre registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.12.2014 Beiträge: 101
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(#1978192) Verfasst am: 13.01.2015, 14:54 Titel: |
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Schön, Sumer ist auch interessant, interessiert hier aber genauso wenig wie die Pyramidentexte. Antworte bitte auf meine Frage.
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22282
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(#1978196) Verfasst am: 13.01.2015, 15:19 Titel: |
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Defätist hat folgendes geschrieben: | Judas Phatre hat folgendes geschrieben: |
Würdest Du Dich vielleicht klar äußern, ohne Querverweise zu verteilen, damit ich Deine Kriterien verstehen kann? |
->
http://de.wikipedia.org/wiki/Sumer
http://de.wikipedia.org/wiki/Sumerer
http://de.wikipedia.org/wiki/Sumerische_Religion
http://sumerer.net/
Eine in sich geschlossene, glaubwürdige, auf unterschiedlichen Quellen und Querverbindungen bestehende Völkergeschichte mit Schrift-, Artefakt-, Handels- und Kult-Funden, welche sich mit außerkulturellen Querverweisen und sogar Personenbeschreibungen deckt und ergänzt. Und das ganze noch ein paar Jahrtausende vor dem ominösen Jesus.
Unklarheiten bestehen in lediglich einigen wenigen Nebenbereichen, wie bspw. der Erstbesiedelung oder dem Bekanntheits- und Verbreitungsgrad einiger Nebengottheiten. |
Die vergleichst hier Quellen über ein Volk/ eine Kultur/ einen Staat (je nach Betrachtungsweise), evtl. noch mit ihren jeweiligen Herrschern, mit Quellen über einen Wanderprediger, der nach diesen Quellen selbst keine besondere politische Rolle spielte. Das ist ein Vergleich von Äpfeln mit Glühbirnen.
Die Fragen zur Glaubwürdogkeit der letzteren Quellen müssten lauten:
- Welche anderen Quellen wären zu erwarten?
- Wie plausibel sind die geschilderten Ereignisse im bekannten historischen Umfeld?
- Wie gut sind spätere, damit nach späteren Quellen in Verbindung stehende Ereignisse anders zu erklären?
- Wie sind die Quellen selbst (mit ihren literarischen und historischen Bezügen, internen Widersprüchen, usw.) anders zu erklären?
- Sind diese anderen Erklärungen plausibler?
Einfach nur die vorhandenen Quellen komplett für unglaubwürdig zu erklären, weil in ihnen auch unglaubwürdige Nachrichten stehen, ist keine wissenschaftliche Vorgehensweise.
_________________ "YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES." -- "So we can believe the big ones?" -- "YES."
(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
Zuletzt bearbeitet von tillich (epigonal) am 13.01.2015, 15:28, insgesamt einmal bearbeitet |
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Defätist auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 09.06.2010 Beiträge: 8557
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Defätist auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 09.06.2010 Beiträge: 8557
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(#1978201) Verfasst am: 13.01.2015, 15:29 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Defätist hat folgendes geschrieben: | Judas Phatre hat folgendes geschrieben: |
Würdest Du Dich vielleicht klar äußern, ohne Querverweise zu verteilen, damit ich Deine Kriterien verstehen kann? |
->
http://de.wikipedia.org/wiki/Sumer
http://de.wikipedia.org/wiki/Sumerer
http://de.wikipedia.org/wiki/Sumerische_Religion
http://sumerer.net/
Eine in sich geschlossene, glaubwürdige, auf unterschiedlichen Quellen und Querverbindungen bestehende Völkergeschichte mit Schrift-, Artefakt-, Handels- und Kult-Funden, welche sich mit außerkulturellen Querverweisen und sogar Personenbeschreibungen deckt und ergänzt. Und das ganze noch ein paar Jahrtausende vor dem ominösen Jesus.
Unklarheiten bestehen in lediglich einigen wenigen Nebenbereichen, wie bspw. der Erstbesiedelung oder dem Bekanntheits- und Verbreitungsgrad einiger Nebengottheiten. |
Die vergleichst hier Quellen über ein Volk/ eine Kultur/ einen Staat (je nach Betrachtungsweise), evtl. noch mit ihren jeweiligen Herrschern, mit Quellen über einen Wanderprediger, der nach diesen Quellen selbst keine besondere politische Rolle spielte. Das ist ein Vergleich von Äpfeln mit Glühbirnen.
Die Fragen zur Glaubwürdogkeit der letzteren Quellen müssten lauten:
- Welche anderen Quellen wären zu erwarten?
- Wie plausibel sind die geschilderten Ereignisse im bekannten historischen Umfeld?
- Wie gut sind spätere, damit nach späteren Quellen in Verbindung stehende Ereignisse anders zu erklären? |
Ich finde die Abwehrstrategie nicht schlecht. Aber es geht nicht um meine Quellen oder Glaubwürdigkeit, sondern um die behauptete Wahrhaftigkeit und Echtheit des Thomas-Evangeliums. Kommt da noch was Spezielles, was reine Schriftlehre und Erzählkunst übersteigt?
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22282
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(#1978207) Verfasst am: 13.01.2015, 15:45 Titel: |
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Defätist hat folgendes geschrieben: | Ich finde die Abwehrstrategie nicht schlecht. Aber es geht nicht um meine Quellen oder Glaubwürdigkeit, sondern um die behauptete Wahrhaftigkeit und Echtheit des Thomas-Evangeliums. Kommt da noch was Spezielles, was reine Schriftlehre und Erzählkunst übersteigt? |
Sorry, ich hatte angenommen, es ginge noch bzw. wieder mal um die Glaubwürdigkeit der vorhandenen Quellen über "diesen ominösen Jesus" an sich. Was speziell den Quellenwert des Thomasevangeliums angeht, muss man es natürlich mit den anderen Quellen vergleichen und versuchen in die Geschichte des frühen Christentums einzuordnen. Dazu kann ich mich nicht kompetent äußern und ziehe mich deswegen wieder zurück; da scheint mir allerdings, dass JP dem ThEv einen unbegründeten Glaubwürdigkeitsvorsprung einräumt.
_________________ "YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES." -- "So we can believe the big ones?" -- "YES."
(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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Defätist auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 09.06.2010 Beiträge: 8557
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(#1978215) Verfasst am: 13.01.2015, 16:16 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | ....
Sorry, ich hatte angenommen, es ginge noch bzw. wieder mal um die Glaubwürdigkeit der vorhandenen Quellen über "diesen ominösen Jesus" an sich. .... |
Nicht gleich wieder ausreißen. Aber sicher geht es auch darum, immerhin spricht Judas den anderen Aposteln die Glaubwürdigkeit im Gegensatz zu Thomas auch ab... Also immer her damit.
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Judas Phatre registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.12.2014 Beiträge: 101
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(#1978268) Verfasst am: 13.01.2015, 19:56 Titel: |
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Defätist hat folgendes geschrieben: |
Nicht gleich wieder ausreißen. Aber sicher geht es auch darum, immerhin spricht Judas den anderen Aposteln die Glaubwürdigkeit im Gegensatz zu Thomas auch ab... Also immer her damit. |
Ich nehme an, dass Du den Gallischen Krieg und die anderen lateinischen Werke, die ich aufgezählt habe, nicht infrage stellen würdest, sonst hättest Du darauf geantwortet. Du müsstest, wie eingangs erwähnt, auf praktisch alle Dokumente verzichten, die nicht in Stein gemeißelt sind oder in Ton geritzt sind. Das ist komisch. Noch lustiger wird es, das als anerkannte wissenschaftliche Methode darzustellen.
Der Grund (wenn auch von mir unterstellt) ist doch der, dass es viel einfacher ist, ein Thema vom Tisch zu wischen, wenn man sagen kann: ALLES GELOGEN!
Dazu braucht man kein Wissen, keine Quellenkritik, muss nicht mühsam Modelle aufstellen oder widerlegen. Das Einzige, was mich wundert ist: Warum unterhältst Du Dich trotzdem so gern über diese Dinge, die doch gar keine Substanz für Dich haben?
Das wirkt auf mich wie die Absicht, eine sinnvolle Diskussion zu torpedieren.
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Defätist auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 09.06.2010 Beiträge: 8557
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(#1978270) Verfasst am: 13.01.2015, 20:03 Titel: |
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Judas Phatre hat folgendes geschrieben: | ... Warum unterhältst Du Dich trotzdem so gern über diese Dinge, die doch gar keine Substanz für Dich haben?
Das wirkt auf mich wie die Absicht, eine sinnvolle Diskussion zu torpedieren. |
Ok, also wenn alles nix hilft, greifst du zu Unterstellungen...
Naja, ich unterhalte mich generell gern über dies und das und ob etwas für mich Substanz hat oder nicht, kannst du ganz getrost mir überlassen. Ich will dann auch mal nicht weiter mit meiner bedrohlichen Außenwirkung bei der "sinnvollen Diskussion" stören.
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Judas Phatre registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.12.2014 Beiträge: 101
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(#1978310) Verfasst am: 13.01.2015, 22:33 Titel: |
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Defätist hat folgendes geschrieben: |
Ok, also wenn alles nix hilft, greifst du zu Unterstellungen...
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Ich wusste leider nicht, wie sonst zur Diskussion zurückzukommen.
Der Punkt ist, dass mein Ansatz ziemlich ähnlich ist wie bei Defätist, nur etwas weniger defätistisch:
Das gängige Modell der Entstehung des Christentums weist viele Brüche auf. Ich glaube, das ist der Grund für solch eine pauschale Ablehnung. Wenn es aber möglich ist, die vermeintlichen Lügen mit dem dahinter stehenden Motiv zu verbinden, kann man das Rätsel lösen.
Ich habe eine Sammlung von 20 Fragen, die für mich offen waren. Hier die erste:
1. Was für ein Mensch war Jesus?
Aus den Evangelien lernen wir, dass er Wunder und Wunderheilungen vollbracht und damit seinen Anspruch, der Messias zu sein, untermauert hat. An Wunder glaube ich nicht, fällt also aus. Diese Auffassung wird von Paulus gestützt, der keine Jesus-Wunder nennt.
Der Rest von Jesus' Lehre verliert sich aber in Endzeitprophezeiungen und Spitzfindigkeiten: Körner klauen am Sabbat, das Waschen von Geschirr und marginale Änderungen am Judentum.
Was hätte er für ein Mensch sein müssen, um berühmt zu werden?
A. Er hätte die wirklichen Probleme der Menschen ansprechen müssen und vor allem:
B. eine Lösung dafür bieten
C. er musste intelligent gewesen sein
D. der Mätyrertod gehört sicher hierher
Punkt D ist auch in der Bibel erfüllt, wobei man sich fragt, wofür er eigentlich getötet wurde. Er hat ja weder gegen die Besatzung rebelliert, noch wollte er das Judentum abschaffen. Nicht einmal der Konflikt zwischen Pharisäern und Jesus leuchtet mir im Neuen Testament ein.
Punkt C kommt in der Bibel nicht richtig 'rüber. Die meisten Antworten sind wenig schlagfertig, oft wird das Alte Testament zitiert oder spitzfindig geantwortet.
Punkt A geht für mich kaum aus den Evangelien hervor. Gut, er stellte sich als Messias vor, aber auf der anderen Seite bestand er immer darauf, das geheim zu halten. Ansonsten war die einzige Lösung (B) für die Probleme Israels, auf das Ende der Welt zu warten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das die Massen begeistert hat.
In meinem Modell ist Jesus' Lehre im Thomasevangelium überliefert. Sie sieht vor, das Judentum radikal zu ändern: Es sollte vernünftig aufgebaut werden, vor allem ohne willkürlich handelnden Gott. Alle abgrenzenden Rituale und Zeichen (wie die Beschneidung) sollten aufgegeben werden für die einfachsten Regeln des Zusammenlebens. Das Gesellschaftsmodell ähnelt sehr der Anarchie: Eigentum verliert an Bedeutung, die Anführer sollten auf Macht und Reichtum verzichten, es gab eine weitgehende Gleichberechtigung von Mann und Frau. Im Grunde war es die gesellschaftliche Umsetzung von Stoa und Kynismus. Die römische Herrschaft sollte akzeptiert werden. So wäre das Judentum in den römischen Staatenbund integriert worden und der Frieden gesichert gewesen. Und der Frieden muss vielen Menschen angesichts der Spannungen etwas bedeutet haben.
Diese Persönlichkeit, die eine radikale gesellschaftlichen Wandel vertritt, der auf gewaltfreiem Weg per Überzeugung erreicht werden sollte, hätte Jesus ohne Wunder berühmt machen können.
Verwandte Figuren in neuerer Zeit waren M.K. Gandhi oder M.L. King.
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alae auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 23.03.2006 Beiträge: 7039
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(#1978900) Verfasst am: 15.01.2015, 21:03 Titel: |
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@Defätist
Ich bin mir nicht sicher, ob ich deine Haltung zu Dokumenten richtig verstanden habe. Meinst du, nur Originaldokumente haben irgendeine Aussagekraft?
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Rabert Sapere aude!
Anmeldungsdatum: 31.03.2010 Beiträge: 977
Wohnort: im Zug
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(#1978941) Verfasst am: 15.01.2015, 23:10 Titel: |
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Judas Phatre hat folgendes geschrieben: | 1. Was für ein Mensch war Jesus? |
Die Frage macht nur Sinn, wenn es Jesus gab. So wie sie gestellt ist, setzt sie dessen Existenz als selbstverständlich voraus. Das ist irreführend und macht Spekulation zur Wahrheit.
Judas Phatre hat folgendes geschrieben: | Aus den Evangelien lernen wir, dass er Wunder und Wunderheilungen vollbracht und damit seinen Anspruch, der Messias zu sein, untermauert hat. An Wunder glaube ich nicht, fällt also aus. Diese Auffassung wird von Paulus gestützt, der keine Jesus-Wunder nennt. |
Auch hier wird wieder auf der Basis der als Wahr angenommenen und postulierten Existenz von Jesus argumentiert. Ich kann nicht "Wunder" oder "nicht Wunder" eines Menschen diskutieren, der nie existiert hat. Darum wird Jesus gar nicht mehr diskutiert, sondern als Tatsache vorausgesetzt. Ob es diesen Jesus von Nazareth jemals gegeben hat, ist nicht bewiesen, es gibt nur Texte, die einen Jesus von Nazareth beschreiben und instrumentalisieren, um damit andere Menschen zu verführen und im Endergebnis spirituell zu unterwerfen. Man sollte sich hier die Frage stellen: Qui Bono?
Judas Phatre hat folgendes geschrieben: | Der Rest von Jesus' Lehre verliert sich aber in Endzeitprophezeiungen und Spitzfindigkeiten: Körner klauen am Sabbat, das Waschen von Geschirr und marginale Änderungen am Judentum.
Was hätte er für ein Mensch sein müssen, um berühmt zu werden?
A. Er hätte die wirklichen Probleme der Menschen ansprechen müssen und vor allem:
B. eine Lösung dafür bieten
C. er musste intelligent gewesen sein
D. der Mätyrertod gehört sicher hierher |
Einer erfundenen Person in der Literatur Eigenschaften zuzuschreiben, die sie besessen haben müsste, um in der Abfolge der Geschichte konsistent zu sein, ist eine nette intellektuelle Fingerübung, die gut in die Deutschstunde einer gymnasialen Oberstufe passt. Aber mehr nicht.
Judas Phatre hat folgendes geschrieben: | Punkt D ist auch in der Bibel erfüllt, wobei man sich fragt, wofür er eigentlich getötet wurde. Er hat ja weder gegen die Besatzung rebelliert, noch wollte er das Judentum abschaffen. Nicht einmal der Konflikt zwischen Pharisäern und Jesus leuchtet mir im Neuen Testament ein. |
Auch hier wird wieder stillschweigend und unzulässig die Akzeptanz der tatsächlichen Existenz von Jesus vorausgesetzt. Er wird durch die ständige Zuschreibung von ebenso wenig belegten historischen Fakten nicht zur historisch verbürgten Entität.
Judas Phatre hat folgendes geschrieben: | Punkt A geht für mich kaum aus den Evangelien hervor. Gut, er stellte sich als Messias vor, aber auf der anderen Seite bestand er immer darauf, das geheim zu halten.. |
Woher weißt du das? Hier kommen wir jetzt schon die Bereiche literarischer Dramarturgie. Für eine Geschichte, eine Legende, einen Historienroman nicht schlecht, aber kein Beleg für die Wahrheit der Inhalte.
Judas Phatre hat folgendes geschrieben: | In meinem Modell ist Jesus' Lehre im Thomasevangelium überliefert. Sie sieht vor, das Judentum radikal zu ändern: Es sollte vernünftig aufgebaut werden, vor allem ohne willkürlich handelnden Gott. Alle abgrenzenden Rituale und Zeichen (wie die Beschneidung) sollten aufgegeben werden für die einfachsten Regeln des Zusammenlebens. Das Gesellschaftsmodell ähnelt sehr der Anarchie: Eigentum verliert an Bedeutung, die Anführer sollten auf Macht und Reichtum verzichten, es gab eine weitgehende Gleichberechtigung von Mann und Frau. Im Grunde war es die gesellschaftliche Umsetzung von Stoa und Kynismus. Die römische Herrschaft sollte akzeptiert werden. So wäre das Judentum in den römischen Staatenbund integriert worden und der Frieden gesichert gewesen. Und der Frieden muss vielen Menschen angesichts der Spannungen etwas bedeutet haben. |
Vielleicht ist das alles nichts anderes als eine frühe Version von Malthus' Utopia. Sehr populäres Sujet vor 2000 Jahren, und deshalb in mehreren Versionen erzählt. Nein, ist es nicht, auch wenn man den Eindruck gewinnen könnte, denn dafür ist diese Geschichte viel zu sehr instrumentalisiert worden. Priester hatten schon immer viel Macht über Menschen. Und mit dieser Geschichte haben sie ihr Meisterstück abgeliefert, mit dessen Hilfe sie über Jahrtausende die eigene Versorgung sichern und darüber hinaus viel politische Macht und weltlichen Reichtum ansammeln konnten. Nochmal, wer die Bibel, die Evangelien, diskutiert, sollte - mal ganz unabhängig von einer vernünftigen Bewertung der dort beschriebenen Geschehnisse und dem Grad der historischen Validität des Werkes als Beschreibung echter Geschehnisse - sich die Frage stellen: Wem nützt so eine Geschichte? Wer hat Vorteile davon, sie als Wahr anerkannt zu bekommen, und welche Möglichkeiten hat dieser Jemand, diese Wahrheit sozusagen herzustellen oder die Wahrheitsperzeption beim Publikum zu verstärken?
Judas Phatre hat folgendes geschrieben: | IDiese Persönlichkeit, die eine radikale gesellschaftlichen Wandel vertritt, der auf gewaltfreiem Weg per Überzeugung erreicht werden sollte, hätte Jesus ohne Wunder berühmt machen können.
Verwandte Figuren in neuerer Zeit waren M.K. Gandhi oder M.L. King. |
Und Existenz der beiden Letzteren ist zweifelsfrei. Jesus in die gleiche Kategorie wie Gandhi oder King zu setzen, ist ein erneuter Versuch, dieser Gestalt einen realen Hintergrund sozusagen durch Assoziation zu verleihen, den es aber schlichtweg nicht gibt.
Ich bleibe dabei, dass diese Arbeit, so intellektuell herausfordernd, anspruchsvoll und anregend sie auch sein mag, nicht weiter ist als die literatuhistorische Bewertung einer alten, überlieferten Geschichte, die durch massive und geschickte politische Instrumentalisierung eine besondere Bedeutung erlangt hat. Ihr durch eine andere Interpretation mehr Wahrheit zuzusprechen, ist genauso, als würde ich durch den Versuch einer anderen Interpretation von Hänsel und Gretel dieser Geschichte mehr Wahrheit zu geben versuchen. Und das ist die wohlwollende, positive Bewertung. Ich könnte auch schreiben, dass dies ein weiterer geschickter und subtiler Versuch ist, durch die Anwendung von wissenschaftlichen Methoden auf einen uralten Text von unbekannter Herkunft diesem Text die Anmutung von Wahrheit zu verleihen. Und auch hier darf man die Frage stellen: Cui Bono?
_________________ Unsere Kinder und Enkelkinder werden uns eines Tages fragen: "Warum habt ihr nichts getan?!"
Auch der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt.
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