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Wie gut war die "gute alte Zeit"?
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Skeptiker
"I can't breathe!"



Anmeldungsdatum: 14.01.2005
Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville

Beitrag(#2052008) Verfasst am: 09.04.2016, 14:12    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
Ahriman hat folgendes geschrieben:

Marram hat folgendes geschrieben:
Da hatteste im Winter die Eisblumen innen an den Fenstern!

Wie schön die waren! Gibts heute an den scheiß Isolierfenstern nicht mehr. Das ist Fortschritt.


Schön? Geschockt Prügel
Ich hätte gern drauf verzichtet.
Schweinekalt wars morgends im Zimmer.


Ja nun, aber sie waren in seinen Augen auch schön.

Ahriman hat in der Erinnerung die Kälte quasi rausgefiltert.

Eisblumen können ja auch schön aussehen, so wie auch eine verschneite Winterlandschaft schön sein kann, wenn man die Kälte bzw. das Frieren ausblendet.

Sozusagen eine Entkoppelung beider Eindrücke, der Kälte und der Optik ...-
_________________
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Johnny
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Anmeldungsdatum: 23.08.2015
Beiträge: 702

Beitrag(#2052009) Verfasst am: 09.04.2016, 14:23    Titel: Antworten mit Zitat

Samson83 hat folgendes geschrieben:

3. Ich habe den Enidruck, dass die Unterhaltungskultur trotz oder vielleicht gerade wegen geringeren Angebots früher einen größeren Charme hatte. Da ich den entsprächenden surrealen, ironischen Humor schätze, habe ich mir über Amazon prime die Sesamstraßenklassiker der 70er, 80er und 90er angesehen. Erstere hatten einen großartigen Charme (der allerdings vielleicht dem bloßen Eindruck entspringt, dass ich damals im entsprechenden Zielgruppenalter war), die späten 90er waren kaum erträglich. Die 2000er spare ich mir daher. Zeichentrick hatte auch mehr Charme als moderne Computeranimation. Filme wie Ben Hur oder auch die klassischen Horrorfilme, wo Handwerk regiert erscheinen mir großartiger als moderne Blockbuster.


Was mir immer bei alten Filmen auffällt, egal ob Krimis oder normale Spielfilme, dass die früher ganz ohne Darstellung expliziter Gewalt, sexuellen Handlungen und Vulgärsprache ausgekommen sind und trotzdem um längen besser waren.

Wenn du heute einen neuen Tatort guckst, findst du darin ständig Szenen brutaler Gewalt, Blut, explizite Darstellungen von Mord und Totschlag. Die Figuren fluchten heftig, "Arschloch", "ficken", "bumsen", "Wichser" usw. fallen am laufenden Band. Und in jedem Tatort hat man mindestens eine sehr explizite Sex-Szene mit fast nackten Darstellern die stöhnend beim Geschlechtsverkehr gezeigt werden.

Wenn ich mir da einen uralten Tatort oder anderen Krimi ansehe, findet man nichts davon, dafür aber einen packenden, spannenden Film.
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Samson83
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Anmeldungsdatum: 18.01.2013
Beiträge: 6833

Beitrag(#2052013) Verfasst am: 09.04.2016, 15:03    Titel: Antworten mit Zitat

Johnny hat folgendes geschrieben:

Was mir immer bei alten Filmen auffällt, egal ob Krimis oder normale Spielfilme, dass die früher ganz ohne Darstellung expliziter Gewalt, sexuellen Handlungen und Vulgärsprache ausgekommen sind und trotzdem um längen besser waren.

Ganz richtig ist das nicht. Die Sprache in den 08/15 Filmen etwa ist m.E. durchaus - authentisch richtig - ziemlich derb. Im Grundsatz ist deine Beobachtung zwar richtig, aber deine Wertung teile ich nicht. Mit anderen Worten: Mit der Darstellung von Gewalt und Sex habe ich zumeist - wenn künstlerisch ansprechend (ja das geht) kein Problem.

Zitat:
Wenn du heute einen neuen Tatort guckst, findst du darin ständig Szenen brutaler Gewalt, Blut, explizite Darstellungen von Mord und Totschlag. Die Figuren fluchten heftig, "Arschloch", "ficken", "bumsen", "Wichser" usw. fallen am laufenden Band. Und in jedem Tatort hat man mindestens eine sehr explizite Sex-Szene mit fast nackten Darstellern die stöhnend beim Geschlechtsverkehr gezeigt werden.


Ich bin der Ansicht dass gerade der Tatort an Komplexität und Tiefe erheblich zugenommen hat.
_________________
An alle: Lasst Euch dadurch nicht in die Irre führen. Dieser braune Burschi muss bearbeitet werden - immer hart an der Sache. Macht ihn mürbe! (Kramer)
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Samson83
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Anmeldungsdatum: 18.01.2013
Beiträge: 6833

Beitrag(#2052015) Verfasst am: 09.04.2016, 15:19    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
1 ) Die klassische Herrenkleidung erzeugt Fluchtimpulse in mir, wenn ich sie anhabe, ich besitze für Notfälle ein Jakett, keinen Anzug. Mein Ausweg, den Dresscode zu umgehen, sind (lederne) Trachtenjacken, die grundsätzlich zu jedem Anlass getragen werden können, in denen ich bei Kunden wie einer Bank zwar auffalle, aber das nicht negativ, und den Dresscode nicht verletze. Dazu trägt man auch keinen Kälberstrick (Schlips), der korrekt getragen Würgereize bei mir auslöst. (Eine Therapie könnte da evtl. helfen, aber diese Aversionen haben für mich keinen großen Krankheitswert.) Mir kommt die weitgehende Auflösung der Kleiderordnung also sehr entgegen, meine Rasur schwankt auch zwischen 1 - 5 Tagebart (0 gibt es nicht, weil ich kein Rasiergerät besitze, sondern nur einen Bartschneider, mit dem ich auch die Frisur regelmäßig auf 9 mm begrenze - das übrigens seit über 30 Jahren.)


Ich habe aber allgemein den Eindruck, dass das allgemeine Bekleidungsniveau und Stilniveau sehr abgenommen hat, und dies unabhängig von den finanziellen Verhältnissen. Einerseits finde ich gut, dass der Zwangscharakter entfallen ist. Aber ich habe dennoch den Eindruck, dass das Stilniveau allgemein gesunken ist. Dass du ein Sakko bereits als förmlich betrachtest, und nicht als selbstverständliche Alltagskleidung ist ein Beispiel. Das der Geschäftsanzug zur Standard Abend- und Feierlichkeitskleidung geworden ist, ist auch ein Sympton dieses Niedergangs. Wer - unabhängig vom Wohlstand - besitzt heute noch Cut, Frack oder Smoking und weiß, zu welchen Anlässen man was trägt bzw. trug? Und ich muss zugeben - dass mein Vorsitzender Richter bei Gericht ernstlich einen Kapuzenpullover bei der Arbeit (natürlich außerhalb der Sitzungen) trug, hat mich schon etwas erschreckt und irgendwie unangenehm berührt.

Zitat:
2 ) Sprache ist ein schwieriges Thema, mündlich bin ich da anpassungsfähig an fast jede Umgebung zwischen Hafen oder Bau und Managerkaste, zu Not teilweise auch im Dialekt, schriftlich stört mich das Niveau vieler Zeitgenossen, nicht nur in formlosen Foren wie diesem hier, sondern z.T. auch in Akademikerarbeiten. "Kultur" konsumiere ich nur privat, als gesellschaftlicher Anlass ist sie mit Fluchtreflexen ähnlich denen zur "passenden" Kleidung verbunden. Ich vermisse da nichts und mein Frau findet Freundinnen, mit denen sie zu entsprechenden Events geht, wenn es sie juckt.

Dem stimme ich absolut zu. "Kultur" als eine Form von Statusselbstbeweis ist mir ebenfalls zuwieder. Das allerdings eine Oper oder ein Konzert etwas ist, für dass man sich schon allein aus Respekt vor den Künstlern (im vollen Bewusststein, dass dies gerade diesen eher egal ist) "fein macht" finde ich schon.


Zitat:
3 ) Unterhaltung ist bis auf ein paar Fernsehkrimis nichts, was ich gezielt aufsuche. Die haben an Qualität zugenommen.


Ja, Serien auch. Das stimmt. Aber wäre ein Film wie Citizen Kane oder Spiel mir das Lied vom Tod - außer als gezielte Hommage etwa bei einem Tarantino - heute noch denkbar?


zelig hat folgendes geschrieben:
.....
Hier geht ja um den Versuch restaurativer Kräfte, die Gesellschaft nach den Idealen einer Vergangenheit auszurichten, die in der Gegenwart inakzeptabel sind. ...

Das stimmt im übrigen absolut. Ich sehe wie gesagt die "Ideale der Vergangenheit" auf moralischer Ebene auch nicht im Ansatz als restaurationswürdig. Meine Sympathie für das Vergangene ist eher ästhetischer Natur. Wie gesagt, versuche ich mich gerade z.B. so zu kleiden, dass ich in den 20ern, 30ern oder ggf. 50ern z.B. auf einer Gesellschaft in einem vornehmen englischen Landhaus bzw. mitten im Wedding kaum aufgefallen wäre. Was dazu führt, dass man gegenwärtig um so mehr auffällt..
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fwo
Caterpillar D9



Anmeldungsdatum: 05.02.2008
Beiträge: 26512
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#2052016) Verfasst am: 09.04.2016, 15:28    Titel: Antworten mit Zitat

Johnny hat folgendes geschrieben:
...
Wenn du heute einen neuen Tatort guckst, findst du darin ständig Szenen brutaler Gewalt, Blut, explizite Darstellungen von Mord und Totschlag. Die Figuren fluchten heftig, "Arschloch", "ficken", "bumsen", "Wichser" usw. fallen am laufenden Band. Und in jedem Tatort hat man mindestens eine sehr explizite Sex-Szene mit fast nackten Darstellern die stöhnend beim Geschlechtsverkehr gezeigt werden.

Wenn ich mir da einen uralten Tatort oder anderen Krimi ansehe, findet man nichts davon, dafür aber einen packenden, spannenden Film.

Stimmt. In heutigen Tatorten wird nicht mehr öffentlich-rechtliches Schriftdeutsch gesprochen, sondern in gesprochener Alltagssprache. Ich finde das angenehmer. Und da ja Leben darrgestellt werden soll, stört es mich auch nicht, wenn auch alle Bereiche des Lebens dargestellt werden. Im Zeitalter des Handys kann es Dir schleißlich auch passieren, dass den den am anderen Ende der Leitung um etwas bittest, und der antwortet Dir, dass Du Dich da etwas gedulden möchtest, weil er erst abziehen und sich die Hände waschen möchte. Es ist alles öffentlicher geworden, d.h. unsere Kultur ist nicht weniger geworden, sondern hat sich geändert.

Was die Spannung angeht, muss ich Dir widersprechen - es kann auch gut sein, dass Du da zu meinen Eltern gepasst hättest (Jahrgang 16 und 20): Als ich noch zu Haus gewohnt habe, habe ich ihnen die Tatorte immer damit verdorben, dass ich ihnen nach spätestens 10 Min den gesamten Plot vorhersagen konnte. Das funktioniert schon lange nicht mehr in dieser Eindeutigkeit, womit ich nicht abstreiten will, dass es auch damals unterhaltsame Tatorte oder Fernsehfilme gab. In guter Erinnerung habe ich immer noch Klaus Schwarzkof als Kommissar Finke. (btw: traumhaft: Schwarzkopf in "zehn Prozent") Die Filme im ZDF ("Derrick", "Der Kommissar", usw.) waren immer derart dämlich, dass ich normalerweise während der erste 5 Min rausging.
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

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Wolf
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Anmeldungsdatum: 23.08.2004
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Wohnort: Zuhause

Beitrag(#2052017) Verfasst am: 09.04.2016, 15:32    Titel: Antworten mit Zitat

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Johnny hat folgendes geschrieben:

Was mir immer bei alten Filmen auffällt, egal ob Krimis oder normale Spielfilme, dass die früher ganz ohne Darstellung expliziter Gewalt, sexuellen Handlungen und Vulgärsprache ausgekommen sind und trotzdem um längen besser waren.

Ganz richtig ist das nicht. Die Sprache in den 08/15 Filmen etwa ist m.E. durchaus - authentisch richtig - ziemlich derb.

Klasse Buch/Filmtriologie!
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Trish:(
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Johnny
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Beiträge: 702

Beitrag(#2052018) Verfasst am: 09.04.2016, 15:36    Titel: Antworten mit Zitat

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Im Grundsatz ist deine Beobachtung zwar richtig, aber deine Wertung teile ich nicht. Mit anderen Worten: Mit der Darstellung von Gewalt und Sex habe ich zumeist - wenn künstlerisch ansprechend (ja das geht) kein Problem.


Mich stört das schon, wenn ich einen Film ansehe und dort ständig mit expliziten Gewalt- und Sexszenen belästigt werde oder die Figuren übelste Gossensprache verwenden. Ich habe oft den Eindruck, dass das nur Effekthascherei ist.

Es gibt Krimis aus den 50ern, die extrem spannend und packend gemacht sind ohne dass man irgendwo explizite Gewalt sieht. Und gerade das halte ich dann wieder für echte Filmkunst, wenn man z.B. einen Mord so darstellen kann ohne ihn selbst zu zeigen, und trotzdem den Zuschauer zu fesseln und zu "gruseln".

Gerade der Tatort war ja früher ja auch mal "Familienunterhaltung", wo von der Oma bis zum Enkel alle mitgucken konnten.
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vrolijke
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Anmeldungsdatum: 15.03.2007
Beiträge: 46732
Wohnort: Stuttgart

Beitrag(#2052019) Verfasst am: 09.04.2016, 15:36    Titel: Antworten mit Zitat

Wolf hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Johnny hat folgendes geschrieben:

Was mir immer bei alten Filmen auffällt, egal ob Krimis oder normale Spielfilme, dass die früher ganz ohne Darstellung expliziter Gewalt, sexuellen Handlungen und Vulgärsprache ausgekommen sind und trotzdem um längen besser waren.

Ganz richtig ist das nicht. Die Sprache in den 08/15 Filmen etwa ist m.E. durchaus - authentisch richtig - ziemlich derb.

Klasse Buch/Filmtriologie!


? Am Kopf kratzen welchen?
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Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.

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Kramer
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Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#2052021) Verfasst am: 09.04.2016, 15:55    Titel: Antworten mit Zitat

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Wer - unabhängig vom Wohlstand - besitzt heute noch Cut, Frack oder Smoking und weiß, zu welchen Anlässen man was trägt bzw. trug?


Äh... Fasching?
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Ahriman
Tattergreis



Anmeldungsdatum: 31.03.2006
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Beitrag(#2052022) Verfasst am: 09.04.2016, 16:05    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Ahriman hat folgendes geschrieben:

Marram hat folgendes geschrieben:
Da hatteste im Winter die Eisblumen innen an den Fenstern!

Wie schön die waren! Gibts heute an den scheiß Isolierfenstern nicht mehr. Das ist Fortschritt.

Schön? Geschockt Prügel
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Ja nun, aber sie waren in seinen Augen auch schön.
Ahriman hat in der Erinnerung die Kälte quasi rausgefiltert.

Oh na - damals waren die Winter kälter! Vor allem der zwischen 45 und 46, ich sag euch! Wenn du morgens Eis auf dem Kopfkissen hast, da wo du hinatmest, und du mußt in den Eimer kacken, weil das Sch... zugefroren ist...
Aber für ein Kind sieht das halt anders aus, wenn das Zimmer dann schön warm ist (18 Grad), und da sind die Eisblumen von oben bis unten am Fenster. Da muß man dann ein Guckloch hineinhauchen, wenn man sehen will, wer draußen ist.
"Welche Blumen brauchen keinen Sonnenschein?
Eine Mark für den, der's weiß!
Welche Blumen...(Erinerungslücke)
Natürlich die aus Eis!
Eisblumen blühen am Fenster,
wenn's draußen friert und schneit..."
sang Bill Ramsey noch 1970 zusammen mit den Westfälischen Nachtigallen auf der Schallplatte. Das Lied ist verschollen, Google findet es nicht. Zum Glück hab ich die Scheibe noch, sie klirrt leider schon ein bißchen. Vinyl ist nix für die Ewigkeit.
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vrolijke
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Anmeldungsdatum: 15.03.2007
Beiträge: 46732
Wohnort: Stuttgart

Beitrag(#2052023) Verfasst am: 09.04.2016, 16:18    Titel: Antworten mit Zitat

Übrigens, kommen auf ZDF-Info regelmäßig Geschichts-Dokumentationen.
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Alchemist
registrierter User



Anmeldungsdatum: 03.08.2004
Beiträge: 27897
Wohnort: Hamburg

Beitrag(#2052024) Verfasst am: 09.04.2016, 16:20    Titel: Antworten mit Zitat

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Johnny hat folgendes geschrieben:

Was mir immer bei alten Filmen auffällt, egal ob Krimis oder normale Spielfilme, dass die früher ganz ohne Darstellung expliziter Gewalt, sexuellen Handlungen und Vulgärsprache ausgekommen sind und trotzdem um längen besser waren.

Ganz richtig ist das nicht. Die Sprache in den 08/15 Filmen etwa ist m.E. durchaus - authentisch richtig - ziemlich derb. Im Grundsatz ist deine Beobachtung zwar richtig, aber deine Wertung teile ich nicht. Mit anderen Worten: Mit der Darstellung von Gewalt und Sex habe ich zumeist - wenn künstlerisch ansprechend (ja das geht) kein Problem.

Zitat:
Wenn du heute einen neuen Tatort guckst, findst du darin ständig Szenen brutaler Gewalt, Blut, explizite Darstellungen von Mord und Totschlag. Die Figuren fluchten heftig, "Arschloch", "ficken", "bumsen", "Wichser" usw. fallen am laufenden Band. Und in jedem Tatort hat man mindestens eine sehr explizite Sex-Szene mit fast nackten Darstellern die stöhnend beim Geschlechtsverkehr gezeigt werden.


Ich bin der Ansicht dass gerade der Tatort an Komplexität und Tiefe erheblich zugenommen hat.


In der Tat
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beefy
Be Vieh



Anmeldungsdatum: 24.09.2008
Beiträge: 5590
Wohnort: Land der abgehärteten Seelen

Beitrag(#2052025) Verfasst am: 09.04.2016, 16:25    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, die gute alte Zeit als Mittelaltermärkte noch authentisch, die Luft noch sauber und der Sex noch schmutzig war.

Meine erste richtige Wohnung......Beletage,Bad in der Wohnung, wunderschöner Stuck und seit Anfang der 50'er nicht mehr renoviert.3 Zimmer 500 Mark Kaltmiete.
1,5 Tonnen Briketts und ne halbe Tonne Eierkohlen plus Anmachholz (selbst gehackt) hab ich pro Jahr aus dem Keller hochgeschleppt.
So ein Badeofen hat ja was, wenn er erstmal warm ist, allerdings nur dann.
Eisblumen an den Fenstern fand ich auch immer romantisch. Wenn sich nach einem Urlaub oder in knappen Zeiten eine komplette Eiskruste auf den Fenstern gebildet hatte fand ich das aber besser.Hat nicht so gezogen.

Jetzt wohne ich auch in einem Altbau und wir haben auch diese alten Doppelfenster.
Aber wir haben Zentralheizung und wenn ich im Winter auf dem Klo sitze freue ich mich immer noch daß ich keine Sorge haben muß evtl. festzufrieren oder wegen gefrorener Leitungen nicht spülen zu können.

Was Kleidung betrifft kann ich Samsons Uniformierungsargument zwar verstehen aber nicht gutheißen.kleider machen keine Leute und sie strahlen für mich auch keine Würde aus, wobei ich mich ihm aber anschließe wenn er sagt daß man damit aber auch anderen Respekt zollt.Oder Disrespekt, wenn ich mich selbstkritisch betrachte.....

Einer Zeit trauere ich aber wirklich hinterher.
Berlin kurz vor- und kurz nach der Wende.Das waren knapp zwei Jahre in der eine unglaubliche Stimmung herrschte.Wildwest.Alles erschien möglich wenn man sich nur aufgerafft hat um es zu machen.Und ich habs gemacht und konnte für mich persönlich das Ende der "Party" deswegen auf Jahre hinauszögern.Ich war genau der richtige Mann zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort.
So viel Glück haben wohl nur wenige und ich verkläre das wahrscheinlich auch aber ich persönlich trauer dem hinterher.....Auch wenn es für sehr, sehr viele Menschen eine richtige Scheißzeit war.
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Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, tanzen die Mäuse auf dem Tisch.
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Ahriman
Tattergreis



Anmeldungsdatum: 31.03.2006
Beiträge: 17976
Wohnort: 89250 Senden

Beitrag(#2052026) Verfasst am: 09.04.2016, 16:36    Titel: Antworten mit Zitat

Johnny hat folgendes geschrieben:

Was mir immer bei alten Filmen auffällt, egal ob Krimis oder normale Spielfilme, dass die früher ganz ohne Darstellung expliziter Gewalt, sexuellen Handlungen und Vulgärsprache ausgekommen sind und trotzdem um längen besser waren.

Zitat:
Ganz richtig ist das nicht. Die Sprache in den 08/15 Filmen etwa ist m.E. durchaus - authentisch richtig - ziemlich derb. Im Grundsatz ist deine Beobachtung zwar richtig, aber deine Wertung teile ich nicht. Mit anderen Worten: Mit der Darstellung von Gewalt und Sex habe ich zumeist - wenn künstlerisch ansprechend (ja das geht) kein Problem.

Statt hier zu spekulieren kauft euch ein paar "Stahlnetz"-Folgen. Die gibts auf DVD und sind gar nicht teuer. Obwohl wir die damals supertoll fanden, kommen sie mir heute stellenweise wie Laienspieltheater vor. Vor allem ist es so unnatürlich, daß damals die Leute im Film so exakt und so gut verständlich gesprochen haben. Heutnuschltmanallsaneimstückraus. Tja, damals gabs noch gelernte Schauspieler im TV.
Johnny hat folgendes geschrieben:
Mich stört das schon, wenn ich einen Film ansehe und dort ständig mit expliziten Gewalt- und Sexszenen belästigt werde oder die Figuren übelste Gossensprache verwenden. Ich habe oft den Eindruck, dass das nur Effekthascherei ist.
Es gibt Krimis aus den 50ern, die extrem spannend und packend gemacht sind ohne dass man irgendwo explizite Gewalt sieht. Und gerade das halte ich dann wieder für echte Filmkunst, wenn man z.B. einen Mord so darstellen kann ohne ihn selbst zu zeigen, und trotzdem den Zuschauer zu fesseln und zu "gruseln".

Da hat er nun aber recht. Führt euch doch mal den Mord in Hichcocks "Psycho" vor Augen: Da sieht man eigentlich gar nichts - und trotzdem, voll gruslig! Und dann als Gegenstück Tarantino Kill Bill, die Blondine, die achtzig Männer und zwei Frauen metzelt? Und wenn Machete killt: Hack! Hack! Kopf ab! Darm rausziehen!
Aber was solls, das haben die ollen Römer doch auch schon so gemacht. Und die waren doch so ein Kulturvolk, daß unsre Humanisten heute noch ihr Latein reden.
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Casual3rdparty
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Anmeldungsdatum: 21.07.2012
Beiträge: 6255

Beitrag(#2052028) Verfasst am: 09.04.2016, 16:48    Titel: Antworten mit Zitat

Alchemist hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
[
Ich bin der Ansicht dass gerade der Tatort an Komplexität und Tiefe erheblich zugenommen hat.


In der Tat
das ist auch mein Eindruck. noch 50 jahre und aus einem tatort wird vielleicht ein brauchbarer Krimi.
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Bruni
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Anmeldungsdatum: 03.01.2014
Beiträge: 275
Wohnort: Neckargemünd

Beitrag(#2052032) Verfasst am: 09.04.2016, 18:15    Titel: Antworten mit Zitat

Johnny hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Im Grundsatz ist deine Beobachtung zwar richtig, aber deine Wertung teile ich nicht. Mit anderen Worten: Mit der Darstellung von Gewalt und Sex habe ich zumeist - wenn künstlerisch ansprechend (ja das geht) kein Problem.


Mich stört das schon, wenn ich einen Film ansehe und dort ständig mit expliziten Gewalt- und Sexszenen belästigt werde oder die Figuren übelste Gossensprache verwenden. Ich habe oft den Eindruck, dass das nur Effekthascherei ist.

Es gibt Krimis aus den 50ern, die extrem spannend und packend gemacht sind ohne dass man irgendwo explizite Gewalt sieht. Und gerade das halte ich dann wieder für echte Filmkunst, wenn man z.B. einen Mord so darstellen kann ohne ihn selbst zu zeigen, und trotzdem den Zuschauer zu fesseln und zu "gruseln".

Gerade der Tatort war ja früher ja auch mal "Familienunterhaltung", wo von der Oma bis zum Enkel alle mitgucken konnten.


Ich schaue ab und zu auch gerne alte Filme. Was Du hier über angeblich nicht vorhandene Gewalt schreibst, trifft so nicht zu. Mir hat meine Mutter früher schon immer erklärt, dass Blut nur Ketchup ist. Lachen Lachen Du könntest auch auf Filme verzichten, die Du nicht verträgst. Sehr glücklich
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Reich wird man erst durch Dinge, die man nicht begehrt.
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fwo
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Anmeldungsdatum: 05.02.2008
Beiträge: 26512
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#2052036) Verfasst am: 09.04.2016, 18:41    Titel: Antworten mit Zitat

Ahriman hat folgendes geschrieben:
...
Johnny hat folgendes geschrieben:
Mich stört das schon, wenn ich einen Film ansehe und dort ständig mit expliziten Gewalt- und Sexszenen belästigt werde oder die Figuren übelste Gossensprache verwenden. Ich habe oft den Eindruck, dass das nur Effekthascherei ist.
Es gibt Krimis aus den 50ern, die extrem spannend und packend gemacht sind ohne dass man irgendwo explizite Gewalt sieht. Und gerade das halte ich dann wieder für echte Filmkunst, wenn man z.B. einen Mord so darstellen kann ohne ihn selbst zu zeigen, und trotzdem den Zuschauer zu fesseln und zu "gruseln".

Da hat er nun aber recht. Führt euch doch mal den Mord in Hichcocks "Psycho" vor Augen: Da sieht man eigentlich gar nichts - und trotzdem, voll gruslig! Und dann als Gegenstück Tarantino Kill Bill, die Blondine, die achtzig Männer und zwei Frauen metzelt? Und wenn Machete killt: Hack! Hack! Kopf ab! Darm rausziehen!
Aber was solls, das haben die ollen Römer doch auch schon so gemacht. Und die waren doch so ein Kulturvolk, daß unsre Humanisten heute noch ihr Latein reden.

Da hat er nicht Recht.
Warum erinnerst Du Dich denn an "Die Vögel" oder "Psycho" oder "Marnie" oder oder oder?

Doch nicht, weil damals alle Filme gut waren, sondern weil Hitchcocks Filme herausragten. Tun Tarantinos Film übrigens auch oder Scorseses Filme oder, um mal weiter zurückzugehen, Chaplins. (Und ein guter Freund von mir wäre äußerst ungehalten, wenn ich hier Kubrick unterschlagen würde.)

Natürlich werden die alle in der Ästhetik ihrer Zeit gemacht und es wäre wohl ein Fehler, davon auszugehen, dass Hitchcocks Fime so aussähen wie seine alten, wenn er heute lebte. Der hat damals mit den opischen Mitteln gearbeitet, die im allgemeinen Konsens zur Verfügung standen, das würde er heute auch tun. Was er heute nicht mehr könnte, das wäre die Technik um die Mittel zu erweitern die er damals neu erfunden hat, und mit denen er auch Sehgewohnheiten verändert hat. Und da sind wir dann auch bei einem wesentlichen Punkt: Wir erinnern uns an Ereignisse, die uns verändert haben. Aber unsere Fähigkeit und Bereitschaft uns zu verändern lässt mit dem Alter nach, nicht bei allen mit dem selben Tempo.

Insofern lässt sich Johnnys Zustand auch als eine besonders frühe Vergreisung beschreiben.
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beachbernie
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Anmeldungsdatum: 16.04.2006
Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii

Beitrag(#2052040) Verfasst am: 09.04.2016, 19:05    Titel: Antworten mit Zitat

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ich bin mir sicher, dass ich mit keiner vergangenen Epoche tauschen möchte. Dennoch gibt es ein paar Faktoren der "guten alten Zeit" die ich vermisse, obwohl ich jene nicht erlebte:

1. Ich habe den Eindruck, dass die Bekleidungskultur und auch das Niveau der Umgangsformen in früherer Zeit ein höheres war. Ich finde es grundsympathisch, dass es früher selbstverständlich war, auch in der Freizeit Sakko, Anzug und Krawatte zu tragen. Ich tue dies auch bisweilen und es erscheint mir erstaunlich, dass dies bei vielen negativ anstößt. Auch die Ausdrucksweisen und allgemeinen Manieren erscheinen mir höherstehend gewesen zu sein. Was wahrscheinlich eine Verklärung ist.

2. Ich habe den Eindruck, dass in gebildeten Schichten ein gewisser allgemeiner Sinn für Hochkultur, Literatur und Kunst stärker vorhanden war und dementsprechend auch die Kommunikationsweise geschliffener. Heute finde ich es erbärmlich, wie es um die Allgemeine, nicht ökonomisch verwertbarer Bildung massiger Akademiker bestellt ist (mich selbst am meisten - mein Latein ist verblasst, altgriechisch lerne ich wohl nie, ich spiele kein Instrument und klassische Musik weckt bloße Freude ohne Verständnis, darstellende Kunst bleibt ein Rätsel). Mein Vater (ca. 70) hat bloß 8 Jahre Volksschule und liest z.B. Goethe und Thomas Mann, mag Oper und Theater. Bei heutigen Hauptschülern (selbst Gymnasisiasten eigentlich) mir kaum vorstellbar.

3. Ich habe den Enidruck, dass die Unterhaltungskultur trotz oder vielleicht gerade wegen geringeren Angebots früher einen größeren Charme hatte. Da ich den entsprächenden surrealen, ironischen Humor schätze, habe ich mir über Amazon prime die Sesamstraßenklassiker der 70er, 80er und 90er angesehen. Erstere hatten einen großartigen Charme (der allerdings vielleicht dem bloßen Eindruck entspringt, dass ich damals im entsprechenden Zielgruppenalter war), die späten 90er waren kaum erträglich. Die 2000er spare ich mir daher. Zeichentrick hatte auch mehr Charme als moderne Computeranimation. Filme wie Ben Hur oder auch die klassischen Horrorfilme, wo Handwerk regiert erscheinen mir großartiger als moderne Blockbuster.



So what? Jede Mode kommt irgendwann mal aus der Mode. Man kann dem ja nachtrauern. Wenn man dies oeffentlich macht, kann es einem allerdings passieren, dass man in seiner Altmodischkeit irgendwie unfreiwillig komisch wirkt. Wobei es grundsaetzlich egal ist ob man im Einzelfall dem Lendenschurz, dem Korsett oder dem Sakko nachtrauert.

Eines muss man Dir lassen. Irgendwie wirkst Du als Gesamtkunstwerk recht konsistent und authentisch. Deine politischen Ansichten scheinen recht gut zu Deinem Kleiderschrank zu passen. zwinkern
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Wolf
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Beitrag(#2052046) Verfasst am: 09.04.2016, 20:20    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Johnny hat folgendes geschrieben:

Was mir immer bei alten Filmen auffällt, egal ob Krimis oder normale Spielfilme, dass die früher ganz ohne Darstellung expliziter Gewalt, sexuellen Handlungen und Vulgärsprache ausgekommen sind und trotzdem um längen besser waren.

Ganz richtig ist das nicht. Die Sprache in den 08/15 Filmen etwa ist m.E. durchaus - authentisch richtig - ziemlich derb.

Klasse Buch/Filmtriologie!


? Am Kopf kratzen welchen?

08/15.
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sünnerklaas
Mietzekatzenkater - treibt den Kessel



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Beitrag(#2052048) Verfasst am: 09.04.2016, 21:00    Titel: Antworten mit Zitat

Ahriman hat folgendes geschrieben:
Johnny hat folgendes geschrieben:

Was mir immer bei alten Filmen auffällt, egal ob Krimis oder normale Spielfilme, dass die früher ganz ohne Darstellung expliziter Gewalt, sexuellen Handlungen und Vulgärsprache ausgekommen sind und trotzdem um längen besser waren.

Zitat:
Ganz richtig ist das nicht. Die Sprache in den 08/15 Filmen etwa ist m.E. durchaus - authentisch richtig - ziemlich derb. Im Grundsatz ist deine Beobachtung zwar richtig, aber deine Wertung teile ich nicht. Mit anderen Worten: Mit der Darstellung von Gewalt und Sex habe ich zumeist - wenn künstlerisch ansprechend (ja das geht) kein Problem.

Statt hier zu spekulieren kauft euch ein paar "Stahlnetz"-Folgen. Die gibts auf DVD und sind gar nicht teuer. Obwohl wir die damals supertoll fanden, kommen sie mir heute stellenweise wie Laienspieltheater vor. Vor allem ist es so unnatürlich, daß damals die Leute im Film so exakt und so gut verständlich gesprochen haben. Heutnuschltmanallsaneimstückraus. Tja, damals gabs noch gelernte Schauspieler im TV.
Johnny hat folgendes geschrieben:
Mich stört das schon, wenn ich einen Film ansehe und dort ständig mit expliziten Gewalt- und Sexszenen belästigt werde oder die Figuren übelste Gossensprache verwenden. Ich habe oft den Eindruck, dass das nur Effekthascherei ist.
Es gibt Krimis aus den 50ern, die extrem spannend und packend gemacht sind ohne dass man irgendwo explizite Gewalt sieht. Und gerade das halte ich dann wieder für echte Filmkunst, wenn man z.B. einen Mord so darstellen kann ohne ihn selbst zu zeigen, und trotzdem den Zuschauer zu fesseln und zu "gruseln".

Da hat er nun aber recht. Führt euch doch mal den Mord in Hichcocks "Psycho" vor Augen: Da sieht man eigentlich gar nichts - und trotzdem, voll gruslig! Und dann als Gegenstück Tarantino Kill Bill, die Blondine, die achtzig Männer und zwei Frauen metzelt? Und wenn Machete killt: Hack! Hack! Kopf ab! Darm rausziehen!
Aber was solls, das haben die ollen Römer doch auch schon so gemacht. Und die waren doch so ein Kulturvolk, daß unsre Humanisten heute noch ihr Latein reden.


Es gibt bei Stahlnetz mindestens eine Folge, die zeitlos gut ist: "Das Haus an der Stör" mit Rudolf Platte. Die Geschichte ist toll erzählt und in Szene gesetzt.
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Margrethe
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Beitrag(#2052052) Verfasst am: 09.04.2016, 23:16    Titel: Antworten mit Zitat

sünnerklaas hat folgendes geschrieben:

Es gibt bei Stahlnetz mindestens eine Folge, die zeitlos gut ist: "Das Haus an der Stör" mit Rudolf Platte. Die Geschichte ist toll erzählt und in Szene gesetzt.


Der Originalfall gibt ein Zeitgemälde ab:
http://www.spiegel.de/einestages/historische-kriminalfaelle-a-948115.html

Der "Ort im Schwarzwald", an den sich das Paar Blaue/Buchholz zurückgezogen hatte, war Gremmelsbach (das Kopf stand, als die beliebten Mitbürger verhaftet wurden). Gremmelsbach ist ein Ortsteil von Triberg. Das Fernsehen hat den Fall 2009 in einer dreiteiligen Dokumentation ("Wenn Frauen morden") aufgegriffen.

Das Haus, in dessen hinterem Teil Ruth Blaue und Horst Buchholz sich eingemietet hatten, sah in den 1940er/1950er-Jahren noch wie ein richtiges Schwarzwaldhaus aus, und - um den Bogen zur "guten alten Zeit" zu schlagen - es war wesentlich unbequemer: es gab keinen Wasseranschluss im Haus, Wasser musste aus dem Brunnen angeschleppt werden, von gemütlicher Wärme im Winter, ausser in der Küche, keine Spur. Schöne Eisblumen sind wahrscheinlich auch da an den Fenstern gewachsen. Das Klo lag ausserhalb ...
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Samson83
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Beitrag(#2052061) Verfasst am: 10.04.2016, 09:53    Titel: Antworten mit Zitat

beachbernie hat folgendes geschrieben:

So what? Jede Mode kommt irgendwann mal aus der Mode.


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sünnerklaas
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Beitrag(#2052062) Verfasst am: 10.04.2016, 10:08    Titel: Antworten mit Zitat

Margrethe hat folgendes geschrieben:
sünnerklaas hat folgendes geschrieben:

Es gibt bei Stahlnetz mindestens eine Folge, die zeitlos gut ist: "Das Haus an der Stör" mit Rudolf Platte. Die Geschichte ist toll erzählt und in Szene gesetzt.


Der Originalfall gibt ein Zeitgemälde ab:
http://www.spiegel.de/einestages/historische-kriminalfaelle-a-948115.html

Der "Ort im Schwarzwald", an den sich das Paar Blaue/Buchholz zurückgezogen hatte, war Gremmelsbach (das Kopf stand, als die beliebten Mitbürger verhaftet wurden). Gremmelsbach ist ein Ortsteil von Triberg. Das Fernsehen hat den Fall 2009 in einer dreiteiligen Dokumentation ("Wenn Frauen morden") aufgegriffen.

Das Haus, in dessen hinterem Teil Ruth Blaue und Horst Buchholz sich eingemietet hatten, sah in den 1940er/1950er-Jahren noch wie ein richtiges Schwarzwaldhaus aus, und - um den Bogen zur "guten alten Zeit" zu schlagen - es war wesentlich unbequemer: es gab keinen Wasseranschluss im Haus, Wasser musste aus dem Brunnen angeschleppt werden, von gemütlicher Wärme im Winter, ausser in der Küche, keine Spur. Schöne Eisblumen sind wahrscheinlich auch da an den Fenstern gewachsen. Das Klo lag ausserhalb ...


Filme von Jürgen Roland sind auch aus einem ganz anderen Blickwinkel äusserst sehenswert: sie haben abseits der Handlung allein fotografisch zeitdkomentatorischen Wert. Jürgen Roland hatte einen Blick für zeittypische Details, wie ihn nur wenige haben. Rolands Filme spielten dort, wo normalerweise keine Kamera hin kam: auf Schrottplätzen, in Lagerhäusern, in Häfen, auf Trümmergrundstücken, in Dörfern. Während damals andere solche Kulissen entweder gar nicht haben vorkommen lassen, weil man einen Film quasi wie ein Theaterstück inszenierte oder bestenfalls im Studio nachbauen ließen, ging Roland nach draussen und drehte dort, wo die Menschen lebten und arbeiteten.
Kurz gesagt: man bekam bei Roland die Dorfstrasse so zu sehen, wie sie eben damals war: eine Hälfte gepflastert mit ihrer Unzahl von Schlaglöchern, die andere Hälfte ein Sandweg, eine bei Regen matschige Buckelpiste. Und hinter der Tankstelle standen die Schrottautos als Ersatzteilspender, aus denen das Öl einfach in den Boden tropfte...
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sünnerklaas
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Beitrag(#2052063) Verfasst am: 10.04.2016, 10:13    Titel: Antworten mit Zitat

Die "Gute Alte Zeit" - Die Vergessenen von Hamburg-Waltershof.
Bei der Februarflut 1962 kamen - 17 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs - 44 Menschen in den Behelfsheimen von Hamburg-Waltershof ums Leben. In Waltershof lebten bis zur Flut noch rund 4100 Ausgebombte des II. Weltkriegs. Weil sie ein Dach über dem Kopf hatten, war die Beschaffung von Wohnraum für sie erst einmal nachrangig gewesen.
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Beitrag(#2052066) Verfasst am: 10.04.2016, 11:32    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
.... Immerhin musste die Kinder-Generation mit dem Umstand klarkommen, daß Ihre Eltern die halbe Welt in Brand gesetzt hatten, und zu den Leuten zählten, die an dem bestorganisierten Genozid der Menschheitsgeschichte beteiligt waren.

Auch bei den Eltern waren es nicht die einzelnen Eltern - es war auch da "die Generation". Es hat zwar viele Täter gegeben, die leider zu selten gefasst und bestraft wurden, aber die meisten dieser Generation waren aufgrund ihrer Sozialisation und der verfügbaren Information gar nicht in der Lage, zu erkennen, was sie da anstellten bzw. das richtig zu bewerten. Das Wesentliche, mit dem sie groß geworden waren, waren Ordnung und Gehorsam. So ein System ist sehr leicht zu kapern.

Man kann es auch andersherum sagen: Wären wir aufgewachsen wie sie und hätten in dieser historischen Situation gestanden, mit denen, die die Situation unter dem Motto, mit dieser "Rasse" die Welt zu beherrschen, an sich gerissen hatten, hätten wir mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit den selben Unsinn gemacht. Insofern waren diese Eltern nicht anders als wir es heute sind, ihre Schuld ist eine historische und kulturelle, aber keine genetische. Das ist der Grund, warum ich in zeligs Formulierung die Eltern durch die Elterngeneration ersetzt haben möchte.

Da liegt auch die Botschaft an die Johnnys dieser Welt:

Es war richtig, diese Kultur mit einem Bruch zu versehen, sie nicht einfach weiterzugeben, alle Werte in Frage zu stellen, weil es sich gezeigt hatte, dass sie nicht in der Lage gewesen war, vor der Beteiligung an der Barbarei des 3. Reiches zu schützen und sie so erst möglich gemacht hat.

Aber genauso wie es richtig war, diese Kultur zu brechen, also ihre einfache Weitergabe zu verweigern, war auch von Anfang an eigentlich klar, dass es nicht sicher gelingen würde
1. wirklich die neuralgischen Punkte zu zerstören und durch Besseres zu ersetzen und
2. nur die zu zerstören.

Wir wissen zwar heute mehr über den Menschen und was Kultur aus ihm macht, aber die Komplexität dieses Systems überfordert uns immer noch - die unfreiwilligen Bocksprünge der Wissenschaft Pädagogik erzählen uns das eine, die Unfähigkeit der Soziologie, den Lauf der Geschichte vorherzusagen, das andere.

Das heißt, wir erleben uns heute als Versuchskaninchen unserer selbst und müssen da durch - zurück wäre Blödsinn, denn welche Gefahren da lauern, zeigt die Geschichte. Die Werte mögen bei schönem Wetter sehr hübsch gewesen sein, aber sie waren nicht schlechtwettertauglich.
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

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Beitrag(#2052067) Verfasst am: 10.04.2016, 11:54    Titel: Antworten mit Zitat

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Zitat:
1 ) Die klassische Herrenkleidung erzeugt Fluchtimpulse in mir, wenn ich sie anhabe, ich besitze für Notfälle ein Jakett, keinen Anzug. Mein Ausweg, den Dresscode zu umgehen, sind (lederne) Trachtenjacken, die grundsätzlich zu jedem Anlass getragen werden können, in denen ich bei Kunden wie einer Bank zwar auffalle, aber das nicht negativ, und den Dresscode nicht verletze. Dazu trägt man auch keinen Kälberstrick (Schlips), der korrekt getragen Würgereize bei mir auslöst. (Eine Therapie könnte da evtl. helfen, aber diese Aversionen haben für mich keinen großen Krankheitswert.) Mir kommt die weitgehende Auflösung der Kleiderordnung also sehr entgegen, meine Rasur schwankt auch zwischen 1 - 5 Tagebart (0 gibt es nicht, weil ich kein Rasiergerät besitze, sondern nur einen Bartschneider, mit dem ich auch die Frisur regelmäßig auf 9 mm begrenze - das übrigens seit über 30 Jahren.)


Ich habe aber allgemein den Eindruck, dass das allgemeine Bekleidungsniveau und Stilniveau sehr abgenommen hat, und dies unabhängig von den finanziellen Verhältnissen. Einerseits finde ich gut, dass der Zwangscharakter entfallen ist. Aber ich habe dennoch den Eindruck, dass das Stilniveau allgemein gesunken ist. Dass du ein Sakko bereits als förmlich betrachtest, und nicht als selbstverständliche Alltagskleidung ist ein Beispiel. Das der Geschäftsanzug zur Standard Abend- und Feierlichkeitskleidung geworden ist, ist auch ein Sympton dieses Niedergangs. Wer - unabhängig vom Wohlstand - besitzt heute noch Cut, Frack oder Smoking und weiß, zu welchen Anlässen man was trägt bzw. trug? Und ich muss zugeben - dass mein Vorsitzender Richter bei Gericht ernstlich einen Kapuzenpullover bei der Arbeit (natürlich außerhalb der Sitzungen) trug, hat mich schon etwas erschreckt und irgendwie unangenehm berührt.
...

@Samson83
Es liegt in der Natur der Sache, dass wir die Ursachen komplexerer Gefühle ganz oft nicht wirklich kennen, deshalb erwarte ich jetzt keine Antwort, sondern stelle nur die Frage:
Diese netten Verkleidungen Cut, Frack oder Smoking, die Du da nennst, und für dei Kramer Dir Fasching als Gelegenheit vorschlug, waren ja auch nicht Festtagskleidung generell, sondern wurden von einer realtiv dünnen Oberschicht zu Anlässen getragen, in denen man entweder den Staat oder sich selbst feierte. Im Amt des Richters wärst Du damals in dieser dünnen Schicht gewesen. Kann es sein, dass hier nicht nur die Ästhetik eine Rolle spielt, sondern auch die Trauer um den Verlust der Fähigkeit, sich diese einfache und damals selbstverständliche Weise vom gemeinen Volk abzusetzen?

Früher war die Klasse - das Wort ist ja mehrschichtig - eines Menschen nichts, was nur währed der Funktion sichtbar war, sondern es war etwas immer Greifbares, so wie man den Adel enst an den Waffen erkannte. Das hört zangsläufig iregenwann auf, nachdem die Funktion nicht ehr über die Geburt festgelegt ist. Ich kann Dich da nur insofern trösten, als wir über unser eigenartiges Wirtschafts- und Steuersystem, das zu der immer wieder gern zitierten Schere zwischen Arm und Reich führt bzw. diese immer weiter klaffen lässt, wieder zu einem neuen Adel kommen.
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Zumsel
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Beitrag(#2052074) Verfasst am: 10.04.2016, 12:28    Titel: Antworten mit Zitat

Samson83 hat folgendes geschrieben:
1. Ich habe den Eindruck, dass die Bekleidungskultur und auch das Niveau der Umgangsformen in früherer Zeit ein höheres war. Ich finde es grundsympathisch, dass es früher selbstverständlich war, auch in der Freizeit Sakko, Anzug und Krawatte zu tragen. Ich tue dies auch bisweilen und es erscheint mir erstaunlich, dass dies bei vielen negativ anstößt.


Ich weiss nicht, ob schlechter Kleidungsstil wirklich ein Zeitsymtom ist oder nicht viel eher typisch deutsch. Der typische 50er-Jahre Spießer im mausgrauen Anzug war jedenfalls kaum stilsicherer als der heutige Spießbürger in ausgebeulter Jeans und mit Jack-Wolfskin-Jacke.

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Auch die Ausdrucksweisen und allgemeinen Manieren erscheinen mir höherstehend gewesen zu sein. Was wahrscheinlich eine Verklärung ist.


Wenn ich mir Spiel- oder Dokumentatfilme oder auch Wochenschauen aus den 50er und 60er Jahre anschaue erscheint mir die Ausdrucksweise viel eher affektiert als gewählt. Das mag allerdings auch an einem veränderten Verständnis von der Angemessenheit der Darstellung liegen, als dass es den sprachlichen Alltag jener Zeit spiegelt.

Samson83 hat folgendes geschrieben:
2. Ich habe den Eindruck, dass in gebildeten Schichten ein gewisser allgemeiner Sinn für Hochkultur, Literatur und Kunst stärker vorhanden war und dementsprechend auch die Kommunikationsweise geschliffener. Heute finde ich es erbärmlich, wie es um die Allgemeine, nicht ökonomisch verwertbarer Bildung massiger Akademiker bestellt ist (mich selbst am meisten - mein Latein ist verblasst, altgriechisch lerne ich wohl nie, ich spiele kein Instrument und klassische Musik weckt bloße Freude ohne Verständnis, darstellende Kunst bleibt ein Rätsel). Mein Vater (ca. 70) hat bloß 8 Jahre Volksschule und liest z.B. Goethe und Thomas Mann, mag Oper und Theater. Bei heutigen Hauptschülern (selbst Gymnasisiasten eigentlich) mir kaum vorstellbar.


Da dürfte dein Vater aber eher die Ausnahme sein. Ich denke jedenfalls nicht, dass der durchschnittliche Arbeiter mit Volksschulabschluss von damals über mehr Bildung verfügt als der durchschnittliche Hauptschüler (gibt es überhaupt noch Hauptschulen?) von heute. Was zugenommen haben mag ist der Grad sozialer Verwahrlosung und die Perspektivlosigkeit in den untersten Gesellschaftsschichten. Dass klassische Bilsdung nicht mehr den Stellenwert von früher hat liegt mglw. auch daran, dass sie ihre Funktion als Distinktionsmittel zum großen Teil eingebüßt hat. Die ökonomishe Elite ist heute ja auch nicht mehr unbedingt deckungsgleich mit der Bildungselite und für Viele ist in Zeiten, in denen das Abitur der Standardschulabschluss ist, die Distinktion über Einkommen und Vermögen das eigentlich Entscheidende. Ein Chef kann sich heute nicht mehr sicher sein, dass er seine Untergebenen bezüglich Bildung und Intellekt in die Tasche steckt. Finanziell aber sehr wohl.
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vrolijke
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Beitrag(#2052077) Verfasst am: 10.04.2016, 13:09    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
1. Ich habe den Eindruck, dass die Bekleidungskultur und auch das Niveau der Umgangsformen in früherer Zeit ein höheres war. Ich finde es grundsympathisch, dass es früher selbstverständlich war, auch in der Freizeit Sakko, Anzug und Krawatte zu tragen. Ich tue dies auch bisweilen und es erscheint mir erstaunlich, dass dies bei vielen negativ anstößt.


Ich weiss nicht, ob schlechter Kleidungsstil wirklich ein Zeitsymtom ist oder nicht viel eher typisch deutsch. Der typische 50er-Jahre Spießer im mausgrauen Anzug war jedenfalls kaum stilsicherer als der heutige Spießbürger in ausgebeulter Jeans und mit Jack-Wolfskin-Jacke.
Es war früher für uns undenkbar, Sonntags die gleichen Klamotten an zu haben als Wochentags.

Noch früher waren Kleider tatsächlich Ausdruck von "Stand", worin man sich befand.
Jede konnte auf der Straße anhand von seine Kleider, seinen "Stand" zugeordnet werden.
Ob es nun bei Strafe "Verboten" war, sich anders zu kleiden, weiß ich nicht. Wundern würde es mir nicht.
Bestimmt Kleider wurden im Laufe der Geschichte mal verboten, mal Pflicht. (Z.B. der Fes in der Türkei).

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Auch die Ausdrucksweisen und allgemeinen Manieren erscheinen mir höherstehend gewesen zu sein. Was wahrscheinlich eine Verklärung ist.


Wenn ich mir Spiel- oder Dokumentatfilme oder auch Wochenschauen aus den 50er und 60er Jahre anschaue erscheint mir die Ausdrucksweise viel eher affektiert als gewählt. Das mag allerdings auch an einem veränderten Verständnis von der Angemessenheit der Darstellung liegen, als dass es den sprachlichen Alltag jener Zeit spiegelt.

Samson83 hat folgendes geschrieben:
2. Ich habe den Eindruck, dass in gebildeten Schichten ein gewisser allgemeiner Sinn für Hochkultur, Literatur und Kunst stärker vorhanden war und dementsprechend auch die Kommunikationsweise geschliffener. Heute finde ich es erbärmlich, wie es um die Allgemeine, nicht ökonomisch verwertbarer Bildung massiger Akademiker bestellt ist (mich selbst am meisten - mein Latein ist verblasst, altgriechisch lerne ich wohl nie, ich spiele kein Instrument und klassische Musik weckt bloße Freude ohne Verständnis, darstellende Kunst bleibt ein Rätsel). Mein Vater (ca. 70) hat bloß 8 Jahre Volksschule und liest z.B. Goethe und Thomas Mann, mag Oper und Theater. Bei heutigen Hauptschülern (selbst Gymnasisiasten eigentlich) mir kaum vorstellbar.


Da dürfte dein Vater aber eher die Ausnahme sein. Ich denke jedenfalls nicht, dass der durchschnittliche Arbeiter mit Volksschulabschluss von damals über mehr Bildung verfügt als der durchschnittliche Hauptschüler (gibt es überhaupt noch Hauptschulen?) von heute. Was zugenommen haben mag ist der Grad sozialer Verwahrlosung und die Perspektivlosigkeit in den untersten Gesellschaftsschichten.
Wenn alle verwahrlost sind, fällt es gar nicht auf, bzw, es gillt gar nicht als verwahrlost.
Wie ich bereits erzählte; wir badeten einmal die Woche. Dabei wurde auch die Wäsche gewechselt.
Ich wurde heute, mein damals wahrscheinlich nicht mit der Zange anfassen.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Dass klassische Bilsdung nicht mehr den Stellenwert von früher hat liegt mglw. auch daran, dass sie ihre Funktion als Distinktionsmittel zum großen Teil eingebüßt hat. Die ökonomishe Elite ist heute ja auch nicht mehr unbedingt deckungsgleich mit der Bildungselite und für Viele ist in Zeiten, in denen das Abitur der Standardschulabschluss ist, die Distinktion über Einkommen und Vermögen das eigentlich Entscheidende. Ein Chef kann sich heute nicht mehr sicher sein, dass er seine Untergebenen bezüglich Bildung und Intellekt in die Tasche steckt. Finanziell aber sehr wohl.


Genauso ist es. Auf der Straße und in Vereinen, kann man die Menschen nicht mehr nachr ihren "Stand" einordnen.
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Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
Erich Fromm

Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.

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zelig
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Beitrag(#2052078) Verfasst am: 10.04.2016, 13:12    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Das ist der Grund, warum ich in zeligs Formulierung die Eltern durch die Elterngeneration ersetzt haben möchte.

Stimmt, das wäre besser.
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zelig
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Anmeldungsdatum: 31.03.2004
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Beitrag(#2052079) Verfasst am: 10.04.2016, 13:29    Titel: Antworten mit Zitat

Uff, so ein Haufen interessanter Themen derzeit. Aber so wenig Zeit...

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Meine Sympathie für das Vergangene ist eher ästhetischer Natur. Wie gesagt, versuche ich mich gerade z.B. so zu kleiden, dass ich in den 20ern, 30ern oder ggf. 50ern z.B. auf einer Gesellschaft in einem vornehmen englischen Landhaus bzw. mitten im Wedding kaum aufgefallen wäre. Was dazu führt, dass man gegenwärtig um so mehr auffällt..


Ich kann das nachvollziehen. Und ich formuliere mal komprimiert, was mir dazu durch den Kopf geht.
Kleidung, die Distanz signalisiert, gefällt mir ebenso. Man könnte eine Entwicklung der ästhetischen Infantilisierung in den letzten Jahrzehnten konstatieren, und über einen Zusammenhang mit gesellschaftlichen Entwicklung spekulieren. Mit einer Bewertung dieser Entwicklung würde ich jedoch zurückhaltend sein. Ist die freundschaftliche, gleichmachende Nähe nicht der vertikalen Distanz erzeugenden Ästhetik vorzuziehen? Und aus einem anderen Blickwinkel, bedeutet Dein Statetment nicht auch so etwas wie Nonkonformismus, mit dem man gerade aus einer prinzipiellen Neigung zur Oposition sympathisieren sollte? Der Gedanke wird Dir vielleicht nicht gefallen. Jedenfalls, ich kenn das aus dem Berufsleben, mit formaler Kleidung kann man eine Art Schutz mittels Distanz erzeugen. Gerade wenn man Probleme hat sich gegen die Erwartungen anderer abzugrenzen.
Man sollte allerdings auch nicht verdrängen, daß der Bezug auf die Vergangenheit wahrscheinlich nicht so gerechtfertigt ist, wie Du das darstellst. Denn Du grenzt Deine Ästhetik auf das Visuelle ein. Ich fürchte aber, wenn Du alle Sinne berücksichtigen würdest, dann müsstest Du Deine Vorstellung korrigieren. Kennst Du noch Werner Höfer mit seinem Frühschoppen. Wenn ja, darin findest Du vieles von dem, was mich wieder kritisch auf die Ästhetik dieser Zeit zurückblicken lässt: Männerrunden in Anzügen, die wahrscheinlich verstunken sind, da man trank und rauchte. Und Frauen, die auftauchten, um diese Herrenrunden zu bedienen. Nein, das vermasselt wieder den Rückgriff auf die Vergangenheit. Schau in die Zukunft, wenn Du Deinen ästhetischen Stil definierst. Du wertest Die Vergangenheit ohne Berechtigung auf. .....

edit: etliche fehler beseitig. die anderen dürft ihr behalten
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