Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen |
Autor |
Nachricht |
luc registrierter User
Anmeldungsdatum: 15.04.2010 Beiträge: 2602
Wohnort: Nice. Paris. Köln
|
(#2052276) Verfasst am: 12.04.2016, 11:32 Titel: |
|
|
Das stimmt! Früher haben die Menschen nur einmal in der Woche gebadet, die ganze Familie und meistens Samstags. Sie müssen so gestunken haben..... denn am Wachbecken kann man nicht besonders gründlich sein. Badewannen hat es schon gegeben aber Duschen nicht so oft. Eine widerliche Zeit. Kein Wunder, dass Sex damals als etwas Schmutziges empfunden wurde, über das man kaum sprach. Es war nicht nur die Schuld der Kirche sondern auch der Gerüche und der Bakterien.
|
|
Nach oben |
|
 |
Lebensnebel auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 06.02.2016 Beiträge: 2845
|
|
Nach oben |
|
 |
fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26512
Wohnort: im Speckgürtel
|
(#2052280) Verfasst am: 12.04.2016, 13:32 Titel: |
|
|
Es wird wohl da auch so gewesen sein, wie im richtigen Leben: Die Moralapostel hinken der Realität der Zeit immer etwas hinterher.
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
|
|
Nach oben |
|
 |
sünnerklaas Mietzekatzenkater - treibt den Kessel
Anmeldungsdatum: 30.09.2006 Beiträge: 11052
Wohnort: Da, wo noch Ruhe ist
|
(#2052293) Verfasst am: 12.04.2016, 15:31 Titel: |
|
|
luc hat folgendes geschrieben: | Das stimmt! Früher haben die Menschen nur einmal in der Woche gebadet, die ganze Familie und meistens Samstags. Sie müssen so gestunken haben..... denn am Wachbecken kann man nicht besonders gründlich sein. Badewannen hat es schon gegeben aber Duschen nicht so oft. Eine widerliche Zeit. Kein Wunder, dass Sex damals als etwas Schmutziges empfunden wurde, über das man kaum sprach. Es war nicht nur die Schuld der Kirche sondern auch der Gerüche und der Bakterien. |
Hier ganz einfach mal ein Blick auf die Lebens- und Wohnverhältnisse in einem Stadtviertel einer westdeutschen Großstadt. Die Bestandsaufnahme stammte aus der Mitte der 50er Jahre und betraft Bremen-Vegesack:
Zitat: | 4. Die Wasserversorgung war sehr schlecht. Noch 1953 waren nur etwa 45% der Einwohner in Bremen-Nord an das öffentliche Leitungsnetz der Stadtwerke angeschlossen. Die Mehrzahl der Einwohner schöpfte ihr Wasser noch aus Brunnen, die bis zu 22 m tief waren und nach den Feststellungen des Gesundheitsamtes meistens Krankheitskeime erhielten. Die Einwohner waren wohl auch nur zögernd bereit, die Kosten für einen Wasseranschluß aufzubringen.
5. Die Abwasserverhältnisse in Bremen-Nord, die schon vor dem Kriege unbefriedigend waren, wurden nach dem Kriege unhaltbar. Mit Ausnahme der Teilkanalisation in Blumenthal, der alten Kanalisation von Vegesack und Grohn sowie einzelnen Kanälen in Lesum besaß Bremen-Nord keine ausreichenden Entwässerungsanlagen. Von den rund 17.000 Haushalten waren nur 4000 an einen Kanal angeschlossen. Das Abwasser gelangte aus den Überläufen der Gruben ungereinigt und angefault in das Grundwasser oder wurde durch die Kanäle an zahlreichen Stellen in die Lesum, Weser oder sonstige kleineren Wasserläufe eingeleitet. Selbst in Vegesack, das in seinen alten Grenzen längst kanalisiert war, fehlten für viele Häuser noch die Anschlüsse. In Alt-Vegesack musste 1953 der "Goldwagen", wie die Kübelabfuhr der Abortanlagen genannt wurde, noch in 156 Häusern zwei Mal in der Woche die Abortkübel abholen.
Quelle: Harborth, Dietrich (1990): Vegesack wird bremischer Stadtteil. In: Vegesack. Herausgegeben von der Bremischen Gesellschaft für Stadterneuerung und Wohnungsbau m.b.H. S. 49-60.
|
Der sogenannte "Goldwagen" mit dem die mülltonnenähnlichen Scheiße-Kübel abgefahren wurden, war in dem Stadtteil noch in den 1970er Jahren zu sehen.
Kurz und bündig gesagt: in Bremen-Nord - und nicht nur da, sondern auch in anderen westdeutschen Großstädten gab es bis in die 60er, teilweise sogar bis in die 70er und 80er Jahre Viertel, in denen die Leute im Grund ihre eigenen Exkremente getrunken und erst recht in ihnen gebadet haben.
_________________ "Bullshit ist eine dritte Kategorie zwischen Wahrheit und Lüge" (Harry Frankfurt)
Ausser Hypochondrie habe ich alle Krankheiten.
Ich fordere: JEDEM VOLLPFOSTEN SEIN EIGENES "Mimi-Mimi!"
Zuletzt bearbeitet von sünnerklaas am 12.04.2016, 15:45, insgesamt einmal bearbeitet |
|
Nach oben |
|
 |
vrolijke Bekennender Pantheist

Anmeldungsdatum: 15.03.2007 Beiträge: 46732
Wohnort: Stuttgart
|
(#2052294) Verfasst am: 12.04.2016, 15:41 Titel: |
|
|
Kleiderordnung hat eine lange Geschichte.
_________________ Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
Erich Fromm
Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.
Grenzen geben einem die Illusion, das Böse kommt von draußen
|
|
Nach oben |
|
 |
sünnerklaas Mietzekatzenkater - treibt den Kessel
Anmeldungsdatum: 30.09.2006 Beiträge: 11052
Wohnort: Da, wo noch Ruhe ist
|
(#2052300) Verfasst am: 12.04.2016, 16:17 Titel: |
|
|
Hier noch einmal etwas zum Thema Stadtsanierung und Stadterneuerung. Die Stadtsanierung und Stadterneuerung in geregelte Bahnen zu lenken - und zwar auch mit klar geregelter und einklagbarer Partizipation der Eigentümer und Bewohner - war eines der ganz grossen Reformprojekte der Bundesregierung unter Willy Brandt. Der planlosen Abreisserei ganzer Stadtviertel wurde damit ein Ende gesetzt.
_________________ "Bullshit ist eine dritte Kategorie zwischen Wahrheit und Lüge" (Harry Frankfurt)
Ausser Hypochondrie habe ich alle Krankheiten.
Ich fordere: JEDEM VOLLPFOSTEN SEIN EIGENES "Mimi-Mimi!"
|
|
Nach oben |
|
 |
sehr gut dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 05.08.2007 Beiträge: 14852
|
(#2052303) Verfasst am: 12.04.2016, 17:02 Titel: |
|
|
luc hat folgendes geschrieben: | Das stimmt! Früher haben die Menschen nur einmal in der Woche gebadet, die ganze Familie und meistens Samstags. Sie müssen so gestunken haben..... denn am Wachbecken kann man nicht besonders gründlich sein. Badewannen hat es schon gegeben aber Duschen nicht so oft. Eine widerliche Zeit. |
Geh mal in eine Drogerie und zähle die dort erhältlichen Schlammpackungen und ähnliches. Das wird auch im Jahr 2016 (meist von Frauen) genutzt u.a. um Haut(partien) [schonend,gründlich,..] zu reinigen. Und das trotz vorhandener Dusche.
|
|
Nach oben |
|
 |
sünnerklaas Mietzekatzenkater - treibt den Kessel
Anmeldungsdatum: 30.09.2006 Beiträge: 11052
Wohnort: Da, wo noch Ruhe ist
|
(#2052304) Verfasst am: 12.04.2016, 17:37 Titel: |
|
|
sehr gut hat folgendes geschrieben: | luc hat folgendes geschrieben: | Das stimmt! Früher haben die Menschen nur einmal in der Woche gebadet, die ganze Familie und meistens Samstags. Sie müssen so gestunken haben..... denn am Wachbecken kann man nicht besonders gründlich sein. Badewannen hat es schon gegeben aber Duschen nicht so oft. Eine widerliche Zeit. |
Geh mal in eine Drogerie und zähle die dort erhältlichen Schlammpackungen und ähnliches. Das wird auch im Jahr 2016 (meist von Frauen) genutzt u.a. um Haut(partien) [schonend,gründlich,..] zu reinigen. Und das trotz vorhandener Dusche.
|
Dass man nur ein Mal in der woche gebadet hat, heisst nicht, dass man sich nicht gewaschen hat. Damals gab's den Waschlappen und die Kernseife, gewaschen wurde sich mit kaltem Wasser an der Pumpe. Und viele Unternehmen hatten eigene Waschräume, wo man sich nach der Arbeit wusch.
Zum Rasieren ging man zum Friseur. Rasiert wurde mit dem Messer - um Blutungen zu stillen, gab's den Alaunstein.
_________________ "Bullshit ist eine dritte Kategorie zwischen Wahrheit und Lüge" (Harry Frankfurt)
Ausser Hypochondrie habe ich alle Krankheiten.
Ich fordere: JEDEM VOLLPFOSTEN SEIN EIGENES "Mimi-Mimi!"
|
|
Nach oben |
|
 |
fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26512
Wohnort: im Speckgürtel
|
(#2052305) Verfasst am: 12.04.2016, 17:38 Titel: |
|
|
sehr gut hat folgendes geschrieben: | luc hat folgendes geschrieben: | Das stimmt! Früher haben die Menschen nur einmal in der Woche gebadet, die ganze Familie und meistens Samstags. Sie müssen so gestunken haben..... denn am Wachbecken kann man nicht besonders gründlich sein. Badewannen hat es schon gegeben aber Duschen nicht so oft. Eine widerliche Zeit. |
Geh mal in eine Drogerie und zähle die dort erhältlichen Schlammpackungen und ähnliches. Das wird auch im Jahr 2016 (meist von Frauen) genutzt u.a. um Haut(partien) [schonend,gründlich,..] zu reinigen. Und das trotz vorhandener Dusche.
|
Wieso Schlammpackung? Ist das jetzt nicht einfach nach einer Woche ohne Duschen?
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
|
|
Nach oben |
|
 |
Ahriman Tattergreis
Anmeldungsdatum: 31.03.2006 Beiträge: 17976
Wohnort: 89250 Senden
|
(#2052308) Verfasst am: 12.04.2016, 18:36 Titel: |
|
|
luc hat folgendes geschrieben: | Das stimmt! Früher haben die Menschen nur einmal in der Woche gebadet, die ganze Familie und meistens Samstags. Sie müssen so gestunken haben..... denn am Wachbecken kann man nicht besonders gründlich sein. Badewannen hat es schon gegeben aber Duschen nicht so oft. Eine widerliche Zeit. Kein Wunder, dass Sex damals als etwas Schmutziges empfunden wurde, über das man kaum sprach. Es war nicht nur die Schuld der Kirche sondern auch der Gerüche und der Bakterien. |
Da muß ich euch enttäuschen. Ich kann mich nicht erinnern, daß mich in Kindheit und Jugend je einmal der Geruch eines Mitmenschen gestört hätte - daß ich überhaupt einen bemerkt hätte. Oder daß darüber gesprochen worden wäre. Ausgenommen in der Schule, wenn einer mal heimlich einen fliegen ließ. Juden stinken, lernte ich damals. Wir nicht! Da gabs auch Witze dazu. Dabei hatte ich sommertags in der immer gut besetzten Straßenbahn (keine Klima-Anlage!) sowohl auch nachts im Luftschutzkeller, wenn wir dicht beieinander sitzend Angstschweiß schwitzten, wohl Gelegenheit genug dazu, meine Mitmenschen zu riechen. Vielleicht lernt man, das auszublenden, ich weiß es nicht.
Dagegen geht es heutzutage mir gewaltig auf den Wecker, wenn die Leute meilenweit nach irgendeinem Deodorant stinken. Oder Avon. Allzuviele sind wandelnde Parfümerieläden. Und diese Rindviecher mokieren sich über die Raucher!
Und da komme ich auf die Wäsche: Täglich frische Unterwäsche zu tragen war etwas für reiche Leute. Das Wäschewaschen war ein umfangreicher Arbeitseinsatz. Schon am Vorabend wurde die Wäsche "eingeweicht". Ich holte beim Hausmeister den Schlüssel zur Waschküche, und dann ging es rund. Zum Waschtag stand ich dann an der Waschmaschine und hatte den Schwengel zu bewegen, hin und her, immer pro Ladung 120mal. Und dann leierte ich das Zeug mit einer großen Kurbel durch die Wringmaschine, so ein Ding mit zwei Gummiwalzen. Und dann mußte die Wäsche ja zum Trockenplatz gut hundert Meter weiter gebracht werden, oder auf den Dachboden, über dem 4. Stock! Zwar gab es schon das Persil, aber das wirkte damals sicher nicht so gut wie heute. Stellt euch mal vor, wie einem Buben von 8,9,10 Jahren das gefallen hat.
Grade überlege ich: 16 Wohnungen im Haus, eine Waschküche. "Große Wäsche" dauerte mindestens zwei Tage. Wie oft konnte meine Mama waschen?
|
|
Nach oben |
|
 |
beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
|
(#2052314) Verfasst am: 12.04.2016, 19:30 Titel: |
|
|
luc hat folgendes geschrieben: | Das stimmt! Früher haben die Menschen nur einmal in der Woche gebadet, die ganze Familie und meistens Samstags. Sie müssen so gestunken haben..... denn am Wachbecken kann man nicht besonders gründlich sein. Badewannen hat es schon gegeben aber Duschen nicht so oft. Eine widerliche Zeit. Kein Wunder, dass Sex damals als etwas Schmutziges empfunden wurde, über das man kaum sprach. Es war nicht nur die Schuld der Kirche sondern auch der Gerüche und der Bakterien. |
Nicht zu vergessen ist mangelhafte Hygiene aus Eitelkeit. Ich erinnere mich noch recht gut an die in den 60ger und teilweise auch noch den 70ger Jahren so beliebten kunstvollen Hochfrisuren vieler Frauen. Die waren so fragil, dass die nur ihr Friseur richten konnte. Und zwischen den Friseurbesuchen, die manchmal 2 Wochen auseinanderlagen, wurde die ueppige Haarpracht nicht gewaschen, sondern einfach nur parfuemiert um den Gestank zu uebertuenchen. Das waren manchmal schon grenzwertige Erlebnisse, wenn man in der Strassenbahn hinter einer solchen "feinen Dame" auf dem Weg zum Friseur zu sitzen kam. Richtig lustig wurde es dann, wenn solche Stinkbomben ueber meine eigene, mehr als schulterlange und mindestens alle 2 Tage gewaschene Haarpracht laesterten sie waere "ungepflegt".
_________________ Defund the gender police!!
|
|
Nach oben |
|
 |
smallie resistent!?
Anmeldungsdatum: 02.04.2010 Beiträge: 3726
|
(#2052321) Verfasst am: 12.04.2016, 20:20 Titel: |
|
|
sehr gut hat folgendes geschrieben: | Geh mal in eine Drogerie und zähle die dort erhältlichen Schlammpackungen und ähnliches. Das wird auch im Jahr 2016 (meist von Frauen) genutzt u.a. um Haut(partien) [schonend,gründlich,..] zu reinigen. Und das trotz vorhandener Dusche. |
Jetzt muß ich mich schon wieder outen.
Ich verabscheue Seife. Ekliges Zeug. Man nehme Pottasche und Metzgerabfälle, verkoche sie, und erhält - Seife! Na großartig. (Und ja, Pflanzenfett macht die Sache auch nicht besser.) Ebenso verabscheue ich Shampoo. Parfümiertes Zeug, das eklig schmeckt wenn es in den Mund kommt.
Ich nehme nur Tonerde zum waschen. Wirksam, unparfümiert und obendrein so schön archaisch.
Zitat: | Lavaerde (arabisch: Ghassoul, gesprochen: Rhassoul) ist ein gemahlenes Tonmineral, das mit Wasser zusammen zur Körperreinigung verwendet wird.
Lavaerde hat nichts mit Lava zu tun, sondern leitet sich von dem lateinischen Begriff lavare (waschen) her. Die arabische Bezeichnung ghassoul hat dieselbe deutsche Bedeutung.
https://de.wikipedia.org/wiki/Lavaerde |
_________________ "There are two hard things in computer science: cache invalidation, naming things, and off-by-one errors."
|
|
Nach oben |
|
 |
fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26512
Wohnort: im Speckgürtel
|
(#2052330) Verfasst am: 12.04.2016, 21:29 Titel: |
|
|
Ahriman hat folgendes geschrieben: | luc hat folgendes geschrieben: | Das stimmt! Früher haben die Menschen nur einmal in der Woche gebadet, die ganze Familie und meistens Samstags. Sie müssen so gestunken haben..... denn am Wachbecken kann man nicht besonders gründlich sein. Badewannen hat es schon gegeben aber Duschen nicht so oft. Eine widerliche Zeit. Kein Wunder, dass Sex damals als etwas Schmutziges empfunden wurde, über das man kaum sprach. Es war nicht nur die Schuld der Kirche sondern auch der Gerüche und der Bakterien. |
Da muß ich euch enttäuschen. Ich kann mich nicht erinnern, daß mich in Kindheit und Jugend je einmal der Geruch eines Mitmenschen gestört hätte - daß ich überhaupt einen bemerkt hätte. Oder daß darüber gesprochen worden wäre. Ausgenommen in der Schule, wenn einer mal heimlich einen fliegen ließ. Juden stinken, lernte ich damals. Wir nicht! Da gabs auch Witze dazu. Dabei hatte ich sommertags in der immer gut besetzten Straßenbahn (keine Klima-Anlage!) sowohl auch nachts im Luftschutzkeller, wenn wir dicht beieinander sitzend Angstschweiß schwitzten, wohl Gelegenheit genug dazu, meine Mitmenschen zu riechen. Vielleicht lernt man, das auszublenden, ich weiß es nicht.
.... |
Das muss man nicht lernen, das macht unsere Sensorik von alleine. Die ist nämlich dazu da, Veränderungen festzustellen und nicht auf das hinzuweisen, was wir schon lange bemerkt haben. Das heißt in der Praxis, dass Schwellenwerte für Gerüche nach der Erstwahrnehmung ganz automatisch hochgesetzt werden. (Es ist übrigens nicht nur sinnvoll, sondern auch physiologisch leichter zu "bauen" als die permanente Wahrnehmung.)
Außerdem ist da noch etwas, was smallie indirekt anspricht: Wir haben die natürlichen Bewohner unserer Haut durch das regelmäßige Einseifen ziemlich erledigt und der Wildwuchs, der entsteht, wenn wir aus diesem Zustand in den dauerhaft ungewaschenen wechseln, führt solange zu abenteuerlichen Gerüchen, bis sich da wieder eine "passende" Bakteriengesellschaft etabliert hat. das dauert wahrscheinlich ca. eine Woche.
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
|
|
Nach oben |
|
 |
luc registrierter User
Anmeldungsdatum: 15.04.2010 Beiträge: 2602
Wohnort: Nice. Paris. Köln
|
(#2052339) Verfasst am: 12.04.2016, 22:15 Titel: |
|
|
beachbernie hat folgendes geschrieben: | luc hat folgendes geschrieben: | Das stimmt! Früher haben die Menschen nur einmal in der Woche gebadet, die ganze Familie und meistens Samstags. Sie müssen so gestunken haben..... denn am Wachbecken kann man nicht besonders gründlich sein. Badewannen hat es schon gegeben aber Duschen nicht so oft. Eine widerliche Zeit. Kein Wunder, dass Sex damals als etwas Schmutziges empfunden wurde, über das man kaum sprach. Es war nicht nur die Schuld der Kirche sondern auch der Gerüche und der Bakterien. |
Nicht zu vergessen ist mangelhafte Hygiene aus Eitelkeit. Ich erinnere mich noch recht gut an die in den 60ger und teilweise auch noch den 70ger Jahren so beliebten kunstvollen Hochfrisuren vieler Frauen. Die waren so fragil, dass die nur ihr Friseur richten konnte. Und zwischen den Friseurbesuchen, die manchmal 2 Wochen auseinanderlagen, wurde die ueppige Haarpracht nicht gewaschen, sondern einfach nur parfuemiert um den Gestank zu uebertuenchen. Das waren manchmal schon grenzwertige Erlebnisse, wenn man in der Strassenbahn hinter einer solchen "feinen Dame" auf dem Weg zum Friseur zu sitzen kam. Richtig lustig wurde es dann, wenn solche Stinkbomben ueber meine eigene, mehr als schulterlange und mindestens alle 2 Tage gewaschene Haarpracht laesterten sie waere "ungepflegt". |
Heutzutage diktiert die Mode bei den jugendlichen Männern, dass sie einen Vollbart tragen. Abgesehen davon, dass sie manchmal wie islamistischen Brothers aussehen, ist die Sache nicht besonders hygienisch. Einige Labors haben festgestellt, dass diese Bärte voller Kolibakterien sind. Woher kommen diese Kolibakterien? Meine Fantasie reicht nicht aus, um die Frage zu beantworten.
|
|
Nach oben |
|
 |
schtonk dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 17.12.2013 Beiträge: 12078
|
(#2052341) Verfasst am: 12.04.2016, 22:19 Titel: |
|
|
luc hat folgendes geschrieben: |
[...]
Heutzutage diktiert die Mode bei den jugendlichen Männern, dass sie einen Vollbart tragen. Abgesehen davon, dass sie manchmal wie islamistischen Brothers aussehen, ist die Sache nicht besonders hygienisch. Einige Labors haben festgestellt, dass diese Bärte voller Kolibakterien sind. Woher kommen diese Kolibakterien? Meine Fantasie reicht nicht aus, um die Frage zu beantworten. |
Du willst wahrscheinlich nicht wissen, wie oft du schon Kolibakterin am Kinn oder sonstwo hattest.
|
|
Nach oben |
|
 |
smallie resistent!?
Anmeldungsdatum: 02.04.2010 Beiträge: 3726
|
(#2052343) Verfasst am: 12.04.2016, 22:27 Titel: |
|
|
schtonk hat folgendes geschrieben: | luc hat folgendes geschrieben: |
[...]
Heutzutage diktiert die Mode bei den jugendlichen Männern, dass sie einen Vollbart tragen. Abgesehen davon, dass sie manchmal wie islamistischen Brothers aussehen, ist die Sache nicht besonders hygienisch. Einige Labors haben festgestellt, dass diese Bärte voller Kolibakterien sind. Woher kommen diese Kolibakterien? Meine Fantasie reicht nicht aus, um die Frage zu beantworten. |
Du willst wahrscheinlich nicht wissen, wie oft du schon Kolibakterin am Kinn oder sonstwo hattest. |
42 ist diesmal nicht die richtige Antwort.
Eher 69.
_________________ "There are two hard things in computer science: cache invalidation, naming things, and off-by-one errors."
|
|
Nach oben |
|
 |
Johnny permanent gesperrt
Anmeldungsdatum: 23.08.2015 Beiträge: 702
|
(#2052352) Verfasst am: 12.04.2016, 22:55 Titel: |
|
|
luc hat folgendes geschrieben: | Das stimmt! Früher haben die Menschen nur einmal in der Woche gebadet, die ganze Familie und meistens Samstags. Sie müssen so gestunken haben..... denn am Wachbecken kann man nicht besonders gründlich sein. |
Warum kann man am Waschbecken nicht gründlich sein? Dass die Menschen früher mehr gestunken haben würde ich mal stark in Frage stellen.
Ich habe mal gelesen, dass häufiges Duschen nicht gut für die Haut sein soll. Baden schonmal gar nicht.
Im Prinzip reicht ein Bad die Woche schon aus, wenn man sich täglich gründlich mit Waschlappen und Wasser am Waschbecken wäscht.
|
|
Nach oben |
|
 |
schtonk dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 17.12.2013 Beiträge: 12078
|
(#2052353) Verfasst am: 12.04.2016, 23:01 Titel: |
|
|
Johnny hat folgendes geschrieben: | luc hat folgendes geschrieben: | Das stimmt! Früher haben die Menschen nur einmal in der Woche gebadet, die ganze Familie und meistens Samstags. Sie müssen so gestunken haben..... denn am Wachbecken kann man nicht besonders gründlich sein. |
Warum kann man am Waschbecken nicht gründlich sein? Dass die Menschen früher mehr gestunken haben würde ich mal stark in Frage stellen.
Ich habe mal gelesen, dass häufiges Duschen nicht gut für die Haut sein soll. Baden schonmal gar nicht.
Im Prinzip reicht ein Bad die Woche schon aus, wenn man sich täglich gründlich mit Waschlappen und Wasser am Waschbecken wäscht. |
Richtig.
|
|
Nach oben |
|
 |
DonMartin registrierter User
Anmeldungsdatum: 13.08.2013 Beiträge: 6817
|
(#2052387) Verfasst am: 13.04.2016, 02:49 Titel: |
|
|
schtonk hat folgendes geschrieben: | Johnny hat folgendes geschrieben: | luc hat folgendes geschrieben: | Das stimmt! Früher haben die Menschen nur einmal in der Woche gebadet, die ganze Familie und meistens Samstags. Sie müssen so gestunken haben..... denn am Wachbecken kann man nicht besonders gründlich sein. |
Warum kann man am Waschbecken nicht gründlich sein? Dass die Menschen früher mehr gestunken haben würde ich mal stark in Frage stellen.
Ich habe mal gelesen, dass häufiges Duschen nicht gut für die Haut sein soll. Baden schonmal gar nicht.
Im Prinzip reicht ein Bad die Woche schon aus, wenn man sich täglich gründlich mit Waschlappen und Wasser am Waschbecken wäscht. |
Richtig. |
Dann möchte man aber nichts mit Deiner unteren Hälfte zu tun haben.
|
|
Nach oben |
|
 |
diskordianerpapst Zeuger Jehovas
Anmeldungsdatum: 16.11.2012 Beiträge: 4597
|
(#2052390) Verfasst am: 13.04.2016, 08:25 Titel: |
|
|
DonMartin hat folgendes geschrieben: | schtonk hat folgendes geschrieben: | Johnny hat folgendes geschrieben: | luc hat folgendes geschrieben: | Das stimmt! Früher haben die Menschen nur einmal in der Woche gebadet, die ganze Familie und meistens Samstags. Sie müssen so gestunken haben..... denn am Wachbecken kann man nicht besonders gründlich sein. |
Warum kann man am Waschbecken nicht gründlich sein? Dass die Menschen früher mehr gestunken haben würde ich mal stark in Frage stellen.
Ich habe mal gelesen, dass häufiges Duschen nicht gut für die Haut sein soll. Baden schonmal gar nicht.
Im Prinzip reicht ein Bad die Woche schon aus, wenn man sich täglich gründlich mit Waschlappen und Wasser am Waschbecken wäscht. |
Richtig. |
Dann möchte man aber nichts mit Deiner unteren Hälfte zu tun haben. |
Bei manchen auch nicht mit der oberen, jedenfalls nach deren Textausdünstungen zu urteilen
|
|
Nach oben |
|
 |
sünnerklaas Mietzekatzenkater - treibt den Kessel
Anmeldungsdatum: 30.09.2006 Beiträge: 11052
Wohnort: Da, wo noch Ruhe ist
|
(#2052397) Verfasst am: 13.04.2016, 10:01 Titel: |
|
|
DonMartin hat folgendes geschrieben: | schtonk hat folgendes geschrieben: | Johnny hat folgendes geschrieben: | luc hat folgendes geschrieben: | Das stimmt! Früher haben die Menschen nur einmal in der Woche gebadet, die ganze Familie und meistens Samstags. Sie müssen so gestunken haben..... denn am Wachbecken kann man nicht besonders gründlich sein. |
Warum kann man am Waschbecken nicht gründlich sein? Dass die Menschen früher mehr gestunken haben würde ich mal stark in Frage stellen.
Ich habe mal gelesen, dass häufiges Duschen nicht gut für die Haut sein soll. Baden schonmal gar nicht.
Im Prinzip reicht ein Bad die Woche schon aus, wenn man sich täglich gründlich mit Waschlappen und Wasser am Waschbecken wäscht. |
Richtig. |
Dann möchte man aber nichts mit Deiner unteren Hälfte zu tun haben. |
Selbst die Hälfte kannst Du am Waschbecken waschen wenn es nicht anders geht. Für die untere Hälfte gab's früher spezielle Wannen. Im Sommer sind sie manchmal noch gebräuchlich - um die Füße zu waschen oder bei grosser Hitze zu kühlen.
So sahen übrigens die Waschschränke aus. Sie standen im Schlafzimmer, denn spezielle Badezimmer gab es nicht.
Und natürlich musste sich regelmässig gewaschen werden. Denn Bettwäsche war nicht nur teuer, sondern in Zeiten, in denen es noch keine Waschmaschinen gab, aufwändig und sehr arbeitsintensiv zu reinigen. An den sogenannten "Waschtagen" kamen selbst bei einfachen Leuten sogenannte "Waschfrauen" um bei der Wäsche zu helfen. Die Wäsche musste im Waschkessel gekocht werden, dabei wurde sie gestampft. Hinterher ging sie durch die Wringe, denn auch Wäscheschleudern gab es erst später. Nach dem Trocknen wurde die Wäsche in die Heißmangel gegeben - auch das machten andere, eine Heißmangel zu betreiben war für so manche ein gutes Nebengeschäft. Und in jedem Stadtviertel gab es noch in den 1970er Jahren mehrere gewerblich betriebene Heißmangeln.
_________________ "Bullshit ist eine dritte Kategorie zwischen Wahrheit und Lüge" (Harry Frankfurt)
Ausser Hypochondrie habe ich alle Krankheiten.
Ich fordere: JEDEM VOLLPFOSTEN SEIN EIGENES "Mimi-Mimi!"
|
|
Nach oben |
|
 |
luc registrierter User
Anmeldungsdatum: 15.04.2010 Beiträge: 2602
Wohnort: Nice. Paris. Köln
|
(#2052400) Verfasst am: 13.04.2016, 10:30 Titel: |
|
|
DonMartin hat folgendes geschrieben: | schtonk hat folgendes geschrieben: | Johnny hat folgendes geschrieben: | luc hat folgendes geschrieben: | Das stimmt! Früher haben die Menschen nur einmal in der Woche gebadet, die ganze Familie und meistens Samstags. Sie müssen so gestunken haben..... denn am Wachbecken kann man nicht besonders gründlich sein. |
Warum kann man am Waschbecken nicht gründlich sein? Dass die Menschen früher mehr gestunken haben würde ich mal stark in Frage stellen.
Ich habe mal gelesen, dass häufiges Duschen nicht gut für die Haut sein soll. Baden schonmal gar nicht.
Im Prinzip reicht ein Bad die Woche schon aus, wenn man sich täglich gründlich mit Waschlappen und Wasser am Waschbecken wäscht. |
Richtig. |
Dann möchte man aber nichts mit Deiner unteren Hälfte zu tun haben. |
|
|
Nach oben |
|
 |
vrolijke Bekennender Pantheist

Anmeldungsdatum: 15.03.2007 Beiträge: 46732
Wohnort: Stuttgart
|
(#2052402) Verfasst am: 13.04.2016, 10:36 Titel: |
|
|
Im Galop zurück ins Mittelalter.
Zitat: | Das Badeleben war schon immer eng mit den Vorstellungen von Hygiene sowie entsprechend mit Scham, Lasterhaftigkeit oder eben Enthaltsamkeit verbunden. Seit dem späten Mittelalter galt öffentliches Baden als verwerflich. In christlichen Ländern propagierte die Kirche das Nicht-Baden und erhob es zur Tugend. Sie sah das Baden nicht nur als unsittlich, sondern zudem als überflüssigen Luxus und Verweichlichung an und sprach Verbote aus. |
_________________ Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
Erich Fromm
Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.
Grenzen geben einem die Illusion, das Böse kommt von draußen
|
|
Nach oben |
|
 |
Religionskritik-Wiesbaden homo est creator Dei
Anmeldungsdatum: 04.11.2008 Beiträge: 10333
Wohnort: Wiesbaden
|
(#2052403) Verfasst am: 13.04.2016, 10:57 Titel: Es stinkt zum Himmel - die Verleumdung des Mittelalters |
|
|
vrolijke hat folgendes geschrieben: | Im Galop zurück ins Mittelalter.
Zitat: | Das Badeleben war schon immer eng mit den Vorstellungen von Hygiene sowie entsprechend mit Scham, Lasterhaftigkeit oder eben Enthaltsamkeit verbunden. Seit dem späten Mittelalter galt öffentliches Baden als verwerflich. In christlichen Ländern propagierte die Kirche das Nicht-Baden und erhob es zur Tugend. Sie sah das Baden nicht nur als unsittlich, sondern zudem als überflüssigen Luxus und Verweichlichung an und sprach Verbote aus. | |
Du solltest vielleicht auch den Text 'zum Mittelalter' lesen,
eher Du wieder ein Zitat der falschen Epoche zuweist.
Im Mittelalter blühte nämlich das Badewesen:
Zitat: | Kreuzfahrer brachten die Badekultur aus islamischen Ländern mit nach Europa, und im 12. und 13. Jahrhundert blühte das gemeinschaftliche Baden erneut auf. Wieder waren nicht nur Sauberkeit und Körperpflege, sondern vor allem auch Unterhaltung und Erotik wichtige Bestandteile des gemeinsamen Bades. Neben hygienischen und medizinischen Behandlungen wie Schröpfen oder Aderlass übernahmen die Bader zuweilen auch das Verkuppeln. (...) Die mittelalterlichen Badezuber gelten bis heute als Ort der Lust, an dem sich schamlose Liebschaften und "Unzucht" breit machten. |
klar wirst Du viele kirchliche Äußerungen gegen Bader und Badestuben finden - aber die Power in den Städten lag nun mal häufig im späten Mittelalter nicht mehr bei den Pfaffen und ihren Kirchen sondern in den Ratsstuben. Kleiner Tipp. Wenn neue Städte im Zuge der Ostsiedlung gebaut wurden, kam in die Stadtmitte das Rathaus und drumherum ringartig der Markt. Nicht die Kirche war im Stadtzentrum, sondern das Rathaus!
Der entscheidende Bruch kam wie meist Erst im Spätmittelalter und vor allem dann in der frühen Neuzeit, der Blütezeit von Hexenwahn und religiösen Disput innerhalb der Christenheit.
Und nun ja, das kälter werdende Klima - die dadurch verringerte Ernte und die damit einhergehende Zunahme von Seuchen und Hunger waren hier sicherlich der entscheidende Motor für die Ablösung des 'freudigen Mittelalters' hin zur Finsternis von Spätmittelalter und beginnender früher Neuzeit.
_________________ Derzeit ohne Untertitel
|
|
Nach oben |
|
 |
vrolijke Bekennender Pantheist

Anmeldungsdatum: 15.03.2007 Beiträge: 46732
Wohnort: Stuttgart
|
(#2052404) Verfasst am: 13.04.2016, 11:08 Titel: Re: Es stinkt zum Himmel - die Verleumdung des Mittelalters |
|
|
Religionskritik-Wiesbaden hat folgendes geschrieben: | vrolijke hat folgendes geschrieben: | Im Galop zurück ins Mittelalter.
Zitat: | Das Badeleben war schon immer eng mit den Vorstellungen von Hygiene sowie entsprechend mit Scham, Lasterhaftigkeit oder eben Enthaltsamkeit verbunden. Seit dem späten Mittelalter galt öffentliches Baden als verwerflich. In christlichen Ländern propagierte die Kirche das Nicht-Baden und erhob es zur Tugend. Sie sah das Baden nicht nur als unsittlich, sondern zudem als überflüssigen Luxus und Verweichlichung an und sprach Verbote aus. | |
Du solltest vielleicht auch den Text 'zum Mittelalter' lesen,
eher Du wieder ein Zitat der falschen Epoche zuweist.
Im Mittelalter blühte nämlich das Badewesen:
Zitat: | Kreuzfahrer brachten die Badekultur aus islamischen Ländern mit nach Europa, und im 12. und 13. Jahrhundert blühte das gemeinschaftliche Baden erneut auf. Wieder waren nicht nur Sauberkeit und Körperpflege, sondern vor allem auch Unterhaltung und Erotik wichtige Bestandteile des gemeinsamen Bades. Neben hygienischen und medizinischen Behandlungen wie Schröpfen oder Aderlass übernahmen die Bader zuweilen auch das Verkuppeln. (...) Die mittelalterlichen Badezuber gelten bis heute als Ort der Lust, an dem sich schamlose Liebschaften und "Unzucht" breit machten. |
klar wirst Du viele kirchliche Äußerungen gegen Bader und Badestuben finden - aber die Power in den Städten lag nun mal häufig im späten Mittelalter nicht mehr bei den Pfaffen und ihren Kirchen sondern in den Ratsstuben. Kleiner Tipp. Wenn neue Städte im Zuge der Ostsiedlung gebaut wurden, kam in die Stadtmitte das Rathaus und drumherum ringartig der Markt. Nicht die Kirche war im Stadtzentrum, sondern das Rathaus!
Der entscheidende Bruch kam wie meist Erst im Spätmittelalter und vor allem dann in der frühen Neuzeit, der Blütezeit von Hexenwahn und religiösen Disput innerhalb der Christenheit.
Und nun ja, das kälter werdende Klima - die dadurch verringerte Ernte und die damit einhergehende Zunahme von Seuchen und Hunger waren hier sicherlich der entscheidende Motor für die Ablösung des 'freudigen Mittelalters' hin zur Finsternis von Spätmittelalter und beginnender früher Neuzeit. |
Ich wollt hier keinen Geschichtsunterricht betreiben, und habe salopp Mittelalter gebraucht, für eine Epoche die deutlich später war.
Wie Du richtig bemerkt hast, gleichzeitig mit dem Hexenwahn.
"Im Galopp in die frühe Neuzeit" klingt halt nicht so gut.
_________________ Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
Erich Fromm
Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.
Grenzen geben einem die Illusion, das Böse kommt von draußen
|
|
Nach oben |
|
 |
fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26512
Wohnort: im Speckgürtel
|
(#2052405) Verfasst am: 13.04.2016, 11:22 Titel: Re: Es stinkt zum Himmel - die Verleumdung des Mittelalters |
|
|
Religionskritik-Wiesbaden hat folgendes geschrieben: | ....
Der entscheidende Bruch kam wie meist Erst im Spätmittelalter und vor allem dann in der frühen Neuzeit, der Blütezeit von Hexenwahn und religiösen Disput innerhalb der Christenheit.
Und nun ja, das kälter werdende Klima - die dadurch verringerte Ernte und die damit einhergehende Zunahme von Seuchen und Hunger waren hier sicherlich der entscheidende Motor für die Ablösung des 'freudigen Mittelalters' hin zur Finsternis von Spätmittelalter und beginnender früher Neuzeit. |
Um diese Zeit gab es außerdem eine seuchenartige Ausbreitung eines außerordentlich virulenten Syphilisstammes in Europa, der diese Entwicklung begünstigte.
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
|
|
Nach oben |
|
 |
Ahriman Tattergreis
Anmeldungsdatum: 31.03.2006 Beiträge: 17976
Wohnort: 89250 Senden
|
(#2052408) Verfasst am: 13.04.2016, 11:31 Titel: |
|
|
Vor der Heißmangel gab es die Kaltmangel. So eine Maschine hier habe ich selbst erlebt.
Man lud die Wäschekörbe auf das Handwägelchen und fuhr damit zur Mangel. Natürlich mußte man da auch erst einen Termin ausmachen - persönlich, kein gewöhnlicher Mensch hatte Telefon.
Seht genau hin. Hinter den Gittern seht ihr zwei Walzen. Die Wäsche wurde auf einem langen robusten Tuch ausgebreitet, dafür war ein entsprechender Tisch da, und so auf die Walzen aufgewickelt. Dann legt man die in die Maschine ein. Der große Kasten darüber ist mit Steinen gefüllt und wird nun von der Maschine abgesenkt und auf den Walzen hin und her gerollt. Ihr seht den Lattenzaun vorn und hinten: Da rollt der Mangelkasten raus. Nach dem vierten oder sechsten male (weiß nicht mehr wie oft) wird er ein bißchen angehoben, der Motor schaltet ab und man kann die Walzen wechseln. Der Stutzen vorn in der Mitte erlaubt es, eine Kurbel aufzustecken, diese Mangeln sind alle nachträglich elektrifiziert worden. Um 45-46 herum, als es tagsüber keinen Strom gab mußte das Ding wieder damit betätigt werden. Das habe ich gemacht, es war verdammte Schwerarbeit für einen Buben. Das ganze ist eine solide Holz-Konstruktion, da ist sehr wenig Metall dran.
|
|
Nach oben |
|
 |
sünnerklaas Mietzekatzenkater - treibt den Kessel
Anmeldungsdatum: 30.09.2006 Beiträge: 11052
Wohnort: Da, wo noch Ruhe ist
|
(#2052409) Verfasst am: 13.04.2016, 11:44 Titel: |
|
|
vrolijke hat folgendes geschrieben: | Im Galop zurück ins Mittelalter.
Zitat: | Das Badeleben war schon immer eng mit den Vorstellungen von Hygiene sowie entsprechend mit Scham, Lasterhaftigkeit oder eben Enthaltsamkeit verbunden. Seit dem späten Mittelalter galt öffentliches Baden als verwerflich. In christlichen Ländern propagierte die Kirche das Nicht-Baden und erhob es zur Tugend. Sie sah das Baden nicht nur als unsittlich, sondern zudem als überflüssigen Luxus und Verweichlichung an und sprach Verbote aus. | |
Hier habe ich gerade etwas zum Thema "mittelalterliche Badestuben" gefunden: die Ratsbadestube in Alfeld.
_________________ "Bullshit ist eine dritte Kategorie zwischen Wahrheit und Lüge" (Harry Frankfurt)
Ausser Hypochondrie habe ich alle Krankheiten.
Ich fordere: JEDEM VOLLPFOSTEN SEIN EIGENES "Mimi-Mimi!"
|
|
Nach oben |
|
 |
Ahriman Tattergreis
Anmeldungsdatum: 31.03.2006 Beiträge: 17976
Wohnort: 89250 Senden
|
(#2052411) Verfasst am: 13.04.2016, 12:06 Titel: |
|
|
Kleine Ergänzung: In Charles Dickens wunderbarem Roman "Unser gemeinsamer Freund" wird auch so eine Mangel erwähnt. Gabs also auch bei den Briten.
Was das Baden betrifft:
Chemnitz besaß damals das größte Hallenbad Europas. Das wurde m.W. erst nach dem Krieg durch Wuppertal übertroffen, als man dort die "Schwimmoper" baute. In diesem Hallenbad gab es auch Sauna, Massagen, medizinische Bäder und eine ganze Reihe Wannenbäder, die halbstundenweise vergeben wurden. Da waren große Wannen drin, ich bin da richtig drin geschwommen.
Erfreulicherweise wurde das Bad nicht von Bomben getroffen, allerdings wurde das Glasdach der großen Schwimmhalle vom Luftdruck zerstört. Aber da das Bad mit der Abwärme des nahen Kohlekraftwerkes geheizt wurde, war es auch im und nach dem Krieg betriebsfähig. Schwimmen konnte man in der kleinen Schulschwimmhalle (ja, hatte es auch!), bis das Glasdach notdürftig repariert war. Da saß ich oft in einer der großen Wannen, und in der großen Halle habe ich auch Schwimmen gelernt und wie man drei Meter tief taucht unter dem Sprungturm. Ich glaub, in dem Bad hätte wohl auch ein antiker Römer zufrieden sein können.
Ich erinnere mich: In der großen Eingangshalle hing riesengroß eine farbige anatomische Schnittzeichnung darstellend die männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane. Unmittelbar nach dem Krieg gab es wohl große Probleme mit Geschlechtskrankheiten, vor allem der Syphilis.
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/a/a9/Stadtbad_in_Chemnitz.jpg/800px-Stadtbad_in_Chemnitz.jpg
http://www.chemnitz.de/chemnitz/de/kultur-freizeit/sport/hallenbaeder/stadtbad/
Schaut euch mal den virtuellen Rundgang an!
|
|
Nach oben |
|
 |
sünnerklaas Mietzekatzenkater - treibt den Kessel
Anmeldungsdatum: 30.09.2006 Beiträge: 11052
Wohnort: Da, wo noch Ruhe ist
|
(#2052412) Verfasst am: 13.04.2016, 12:11 Titel: |
|
|
Ahriman hat folgendes geschrieben: | Kleine Ergänzung: In Charles Dickens wunderbarem Roman "Unser gemeinsamer Freund" wird auch so eine Mangel erwähnt. Gabs also auch bei den Briten.
Was das Baden betrifft:
Chemnitz besaß damals das größte Hallenbad Europas. Das wurde m.W. erst nach dem Krieg durch Wuppertal übertroffen, als man dort die "Schwimmoper" baute. In diesem Hallenbad gab es auch Sauna, Massagen, medizinische Bäder und eine ganze Reihe Wannenbäder, die halbstundenweise vergeben wurden. Da waren große Wannen drin, ich bin da richtig drin geschwommen.
Erfreulicherweise wurde das Bad nicht von Bomben getroffen, allerdings wurde das Glasdach der großen Schwimmhalle vom Luftdruck zerstört. Aber da das Bad mit der Abwärme des nahen Kohlekraftwerkes geheizt wurde, war es auch im und nach dem Krieg betriebsfähig. Schwimmen konnte man in der kleinen Schulschwimmhalle (ja, hatte es auch!), bis das Glasdach notdürftig repariert war. Da saß ich oft in einer der großen Wannen, und in der großen Halle habe ich auch Schwimmen gelernt und wie man drei Meter tief taucht unter dem Sprungturm. Ich glaub, in dem Bad hätte wohl auch ein antiker Römer zufrieden sein können.
Ich erinnere mich: In der großen Eingangshalle hing riesengroß eine farbige anatomische Schnittzeichnung darstellend die männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane. Unmittelbar nach dem Krieg gab es wohl große Probleme mit Geschlechtskrankheiten, vor allem der Syphilis.
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/a/a9/Stadtbad_in_Chemnitz.jpg/800px-Stadtbad_in_Chemnitz.jpg
http://www.chemnitz.de/chemnitz/de/kultur-freizeit/sport/hallenbaeder/stadtbad/
Schaut euch mal den virtuellen Rundgang an! |
Hier habe ich auch noch etwas vom alten Hallenbad in Oldenburg gefunden. Dort gab es Wannenbäder 1. und 2. Klasse. Eine Preisliste ist auf der Seite auch dokumentiert.
_________________ "Bullshit ist eine dritte Kategorie zwischen Wahrheit und Lüge" (Harry Frankfurt)
Ausser Hypochondrie habe ich alle Krankheiten.
Ich fordere: JEDEM VOLLPFOSTEN SEIN EIGENES "Mimi-Mimi!"
|
|
Nach oben |
|
 |
|