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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#210603) Verfasst am: 10.11.2004, 14:11 Titel: Thermodynamische Ethik? |
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Hier ist die Fortsetzung einer Randdiskussion aus dem "Wert eines Menschenleben" - Threads, die ich doch gerne ausführlicher diskutieren würde.
sascha hat folgendes geschrieben: | Fällt mir gerade so ein, Nietzsche war ja zum Beispiel glaube ich der Meinung, dass eine "Sklavenmoral" zwischen Gut und Böse unterscheide, eine "Herrenmoral" hingegen zwischen Gut und Schlecht.
Und ich persönlich sehe nach wie vor zwischen (Gut und Schlecht) und (Negentropie und Entropie) Paralellen. Könnten wir nicht einfach sagen, dass was die Entropie auf der Erde senkt, gut ist, und dass Handlungen, die die Entropie erhöhen, böse sind? ;-D Dann könnten wir einfach chemisch klassifizieren, welche Handlungen gut, und welche böse sind. Allerdings müsste man bei den Energiegewinnungsverfahren wohl ne Ausnahme machen, denn nach diesem Regelsystem wär Kernfusion ja böse. |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | sascha hat folgendes geschrieben: | Und ich persönlich sehe nach wie vor zwischen (Gut und Schlecht) und (Negentropie und Entropie) Paralellen. Könnten wir nicht einfach sagen, dass was die Entropie auf der Erde senkt, Gut ist, und das Handlungen, die die Entropie erhöhen, böse sind? ;-D Dann könnten wir einfach chemisch klassifizieren, welche Handlungen gut, und welche böse sind. |
Würde der diskordischen "Kreativität" und "Destruktivität" entsprechen, aber wie du schon sagtest auch der Nietzscheschen Herrenmoral. Finde ich ganz gut...
Eine Sklavenmoral unterscheidet also zwischen gut und böse (d.h. im Grunde zwischen Ordnung (Anpassung, Unterwerfung, Demut, Schwäche) und Unordnung (Abgrenzung, Widerstand, Selbstverbesserung, Stärke)), während eine Herrenmoral zwischen negentropisch und entropisch unterscheidet (wobei Negentropie sowohl geordnet als auch ungeordnet sein kann*). Gefällt mir ausgesprochen gut!!!
sascha hat folgendes geschrieben: | Allerdings müsste man bei den Energiegewinnungsverfahren wohl ne Ausnahme machen, denn nach diesem Regelsystem wär Kernfusion ja böse. |
Ein bisschen inkonsequent, oder?
Naja. "Lerne die Regeln, um sie (bei Bedarf) zu brechen." (Dalai Lama)  |
* imho sogar meistens beides gleichzeitig ist...
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Graf Zahl untot
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 7040
Wohnort: Universum
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(#210605) Verfasst am: 10.11.2004, 14:14 Titel: |
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Wäre das nicht im Ethik-Forum besser aufgehoben?
_________________ 42
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Kookie Gast
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Graf Zahl untot
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 7040
Wohnort: Universum
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(#210610) Verfasst am: 10.11.2004, 14:18 Titel: |
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Könntest Du mir den Zusammenhang erläutern?
_________________ 42
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#210626) Verfasst am: 10.11.2004, 15:03 Titel: |
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Graf Zahl hat folgendes geschrieben: |
Könntest Du mir den Zusammenhang erläutern? |
Mir bitte auch...
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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sascha bekennender magnusfe-Fan
Anmeldungsdatum: 30.08.2004 Beiträge: 1449
Wohnort: Bremen
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(#210637) Verfasst am: 10.11.2004, 15:29 Titel: |
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Also ich glaub nicht, dass so etwas wie eine Entropie/Negentropie-basierte Ethik möglich ist.. Ich habe halt nur den Eindruck, dass viele Handlungen, die wir als böse bezeichnen, zufällig auch Entropie-erhöhende Handlungen sind, und dass das biologische Leben auf der Erde ja eigentlich Negentropie pur ist. Daraus, dass wir Menschen Ordnung in unserer Wohnung lieben, und Krankheit & Alter & Tod ja ähmm sozusagen eigentlich auch Zustände hoher Entropie sind, während ein junger, knackiger, gesunder Körper totale Negentropie ist , schließe ich, dass wir offenbar irgendwie Negentropie-Fans sind. Auf der anderen Seite ist ein freier Staat, in dem jeder mehr oder weniger machen kann, was er will, wohl ein Staat mit hoher Entropie, während ein Staat, in dem dem Volk alle möglichen Regeln von oben aufgedoktert werden, ein Staat mit geringer Entropie ist(?). Und letzterer würde von uns sicher als schlechter empfunden werden als ersterer, also kann ein negentroper (=unter Ordnungswahn leidender ) Staat wohl nicht gut sein? *grübel*
Zuletzt bearbeitet von sascha am 10.11.2004, 16:09, insgesamt einmal bearbeitet |
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#210639) Verfasst am: 10.11.2004, 15:33 Titel: |
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sascha hat folgendes geschrieben: | Auf der anderen Seite ist ein freier Staat, in dem jeder mehr oder weniger machen kann, was er will, wohl ein Staat mit hoher Entropie, während ein Staat, in dem dem Volk alle möglichen Regeln von oben aufgedoktert werden, ein Staat mit geringer Entropie ist (?). |
Ich bin mir da nicht ganz sicher. Mir macht bei dieser Definition das Kommunikationsgleichheitsprinzip (SNAFU-Prinzip) zu schaffen. Es scheint so zu sein, dass Auferlegung von gesellschaftlicher Ordnung zur Eskalation gesellschaftlichen Chaos zu führen pflegt, und zwar je höher die Ordnung, desto mächtiger das Chaos am Ende. Man sehe sich nur einmal die Verwirrung bei den US-Geheimdiensten an, oder in der Verwaltung...
Auch zu bedenken wäre, dass ein Staat umso mehr Gewalt anwenden (die Entropie vergrößern) muss, je diktatorischer er ist (Beispiel 3. Reich, oder auch Sowjetunion, wo Aufstände brutal niedergeschlagen wurden und Andersdenkende sofort exekutiert wurden).
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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sascha bekennender magnusfe-Fan
Anmeldungsdatum: 30.08.2004 Beiträge: 1449
Wohnort: Bremen
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(#210646) Verfasst am: 10.11.2004, 15:52 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Auch zu bedenken wäre, dass ein Staat umso mehr Gewalt anwenden (die Entropie vergrößern) muss, je diktatorischer er ist (Beispiel 3. Reich, oder auch Sowjetunion, wo Aufstände brutal niedergeschlagen wurden und Andersdenkende sofort exekutiert wurden). | Ja, das Komische ist eben, dass alle möglichen Leute durch Uniformierung und anderweitige Gesetze gleichmachen zu wollen, oder auch Städte komplett nach Plan aus dem Boden zu stampfen ("Germania", Wolfsburg ), Entropie verringernde Maßnahmen sind (oder zumindest Maßnahmen, die die Entropie verringern sollen), und Leute umbringen und Städte kaputtbomben total Entropie-vergrößernde Maßnahmen sind. Sonderbar
Womit allerdings bewiesen wäre, dass der Nationalsozialsozialismus bereits auf der thermodynamischen Ebene widersprüchlich, ja, idiotisch ist, denn warum sollte man wohl total Entropie verringernde Maßnahmen und total Entropie erhöhende Maßnahmen zugleich treffen?
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sascha bekennender magnusfe-Fan
Anmeldungsdatum: 30.08.2004 Beiträge: 1449
Wohnort: Bremen
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(#210663) Verfasst am: 10.11.2004, 16:32 Titel: |
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sascha hat folgendes geschrieben: | Also ich glaub nicht, dass so etwas wie eine Entropie/Negentropie-basierte Ethik möglich ist.. Ich habe halt nur den Eindruck, dass viele Handlungen, die wir als böse bezeichnen, zufällig auch Entropie-erhöhende Handlungen sind, und dass das biologische Leben auf der Erde ja eigentlich Negentropie pur ist. Daraus, dass wir Menschen Ordnung in unserer Wohnung lieben, und Krankheit & Alter & Tod ja ähmm sozusagen eigentlich auch Zustände hoher Entropie sind, während ein junger, knackiger, gesunder Körper totale Negentropie ist , schließe ich, dass wir offenbar irgendwie Negentropie-Fans sind. | Btw, ferner essen wir ja auch praktisch nur mit dem Zweck, die Negentropie in unserem Körper aufrecht zu erhalten. Ein weiteres Indiz, dass wir Negentropie-süchtig sind
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#210668) Verfasst am: 10.11.2004, 17:01 Titel: |
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Von einer Sucht würde ich nicht sprechen, eher von einer Notwendigkeit. Komplexe Strukturen wie der Mensch wären ohne Negentropie schlichtweg nicht möglich. Möglicherweise ist das menschliche Streben nach Negentropie schlichtweg ein Selbsterhaltungsmechanismus...
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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sascha bekennender magnusfe-Fan
Anmeldungsdatum: 30.08.2004 Beiträge: 1449
Wohnort: Bremen
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(#210698) Verfasst am: 10.11.2004, 18:59 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Von einer Sucht würde ich nicht sprechen, | Nein, ich ja auch nicht, dass Wort "süchtig" hätte da auch in Anführungszeichen gehört.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | eher von einer Notwendigkeit. Komplexe Strukturen wie der Mensch wären ohne Negentropie schlichtweg nicht möglich. Möglicherweise ist das menschliche Streben nach Negentropie schlichtweg ein Selbsterhaltungsmechanismus... | Ich sehe das jetzt ein. Das eine bedingt das andere. Ohne Negentropie keine Organismen, daher ist wohl nur der Selbsterhaltungstrieb des Menschen für das Streben nach Negentropie, nämlich nach nur einer Negentropie im eigenen Körper, ursächlich. Ansonsten gibt es wohl kein Streben nach Negentropie.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#210737) Verfasst am: 10.11.2004, 20:38 Titel: |
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sascha hat folgendes geschrieben: | Ansonsten gibt es wohl kein Streben nach Negentropie. |
Da bin ich nicht sicher...
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- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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