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narzistische Hohepriester der Wissenschaft
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Darwin Upheaval
Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator



Anmeldungsdatum: 23.01.2004
Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden

Beitrag(#210565) Verfasst am: 10.11.2004, 12:58    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Thomas,

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Aber die erfolgreiche Heuristik des hyp. Realismus ist nicht, wie Du schon oft behauptet hast, aus einer ontologischen Annahme (des An-Sich-Seienden) abgeleitet, sondern umgekehrt: Manche hyp. Realisten leiten aus dem Erfolg der Heuristik unbegründet eine ontologische Annahme ab.


langsam kommen wir uns näher. Mahner / Bunge machen das _explizit_.


Stimmt. Daß der ontologische Realismus der Heuristik vorangestellt wird, ist eigentlich auch nichts besonderes, denn auch Theorien sind oft der Beobachtung vorgelagert. Hinterher wird dann gefragt, ob sich die mit dem ontologischen Realismus kompatible Heuristik gemäß den Erwartungen erfolgreich anwenden läßt. Scheint mir analog zum Hypothetico-Deduktivismus zu funktionieren.


Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Sie bezeichnen als 'Ontologie' in etwa das, was dabei herauskommt, wenn man die _Methoden_, die man verwendet, in einen Gesamtrahmen stellt.


Genauer: die Ontologie ist der Gesamtrahmen, in dem alles interpretiert wird. Genauso, wie eine spezielle Theorie den Interpretationsrahmen für ein bestimmtes empirisches Datum liefert.


Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
BTW, ich vermute, dass es für Mahner / Bunge besser gewesen wäre, auf den Begriff 'Ontologie' zu verzichten. Das würde manchem Leser eine Denkblockade ersparen.


Das kann man so sehen. Nachvollziehen kann ich es aber nicht, weil dieser Begriff IIRC ja gerade deshalb vorgeschlagen wurde, um ihn von der traditionellen Metaphysik (genauer: von der Naturtheologie) abzukoppeln. Daher ist die religiöse Metaphysik eigentlich kein Bestandteil der Ontologie mehr ist. Etymologisch gesehen ist die Bezeichnung ("Lehre des Seins") auch völlig korrekt.

Grüße

Martin
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"Science is a candle in the dark." - Carl Sagan

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Lamarck
Radikaler Konstruktivist



Anmeldungsdatum: 28.03.2004
Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main

Beitrag(#210566) Verfasst am: 10.11.2004, 13:04    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Thomas!

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Nagarjuna hat folgendes geschrieben:
[...] und können die Realität an sich prinzipiell nicht direkt wahrnehmen.

Würde ich auch so sehen. Und deshalb hat sie auch keine Bedeutung. Wenn man etwas prinzipiell nicht wahrnehmen kann, dann kann man imho mit Fug und Recht behaupten, dass es nicht wirklich existiert. Bzw. seine Existenz wäre derart bedeutungslos, dass es ist, als würde es nicht existieren.

Ich schlage Dir ein klitzekleines Experiment vor. Nimm Anlauf, und lauf mit dem Kopf gegen die Wand. Du wirst die Wand nicht direkt wahrnehmen. Sondern nur, je nach Tempo, ein Schädelbrummen oder einen Schädelbruch, also wieder Konstrukte Deiner Wahrnehmung. Trotzdem hat die Wand auf überzeugende Weise mit Dir wechselgewirkt.

Warum benötigst Du hier keine Hypothese? Wie stellen sich hier die Popperschen "Kübel" und "Scheinwerfer" dar?

schon die alten Griechen verwendeten derartige 'schlagende' Argumente gegen Solipsisten, die sie damit allerdings genauso wenig überzeugten wie Dich. Vermutlich aus demselben Grund.


Ja. Eine Philosophie muß eine Antwort auf das Problem des Solipsismus vorweisen oder sie ist gescheitert.

Aber verstehe ich Dich hier recht: Ist also bei diesem KP-Experiment die Hypothesenproduktion entbehrlich? Was ist mit dem Gedächtnis?


Cheers,

Lamarck
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„Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)

„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)

„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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Darwin Upheaval
Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator



Anmeldungsdatum: 23.01.2004
Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden

Beitrag(#210568) Verfasst am: 10.11.2004, 13:07    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Lamarck,

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Einsicht in die Modellgüte ist ein Ausdruck, der mir nun sehr gefällt. Aber wie löst Du diesen Zirkel:

Theorien ⇔ wahrnehmbare Welt


Ich kann mit Deinem Zirkel noch immer nichts anfangen. Natürlich gibt es hier in gewisser Weise ein zirkuläres Vorgehen. Das ist ein alter Hut, mit dem schon die Positivisten niemanden überzeugen konnten. Mit einem "circulus vitiosus" ("Ich setze A voraus, daraus folgt, daß A existiert - q.e.d") hat das eben nichts zu tun.

Grüße

Martin
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Lamarck
Radikaler Konstruktivist



Anmeldungsdatum: 28.03.2004
Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main

Beitrag(#210576) Verfasst am: 10.11.2004, 13:15    Titel: Antworten mit Zitat

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Hi Lamarck,

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Einsicht in die Modellgüte ist ein Ausdruck, der mir nun sehr gefällt. Aber wie löst Du diesen Zirkel:

Theorien ⇔ wahrnehmbare Welt


Ich kann mit Deinem Zirkel noch immer nichts anfangen. Natürlich gibt es hier in gewisser Weise ein zirkuläres Vorgehen. Das ist ein alter Hut, mit dem schon die Positivisten niemanden überzeugen konnten. Mit einem "circulus vitiosus" ("Ich setze A voraus, daraus folgt, daß A existiert - q.e.d") hat das eben nichts zu tun.


Tautologien eignen sich eben nicht als Begründungen. Auch Dein Hinweis auf die Positivisten taugt hier nicht als hinreichendes Argument. Da muß Dir schon besseres einfallen.


Cheers,

Lamarck
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Lamarck
Radikaler Konstruktivist



Anmeldungsdatum: 28.03.2004
Beiträge: 2148
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Beitrag(#210577) Verfasst am: 10.11.2004, 13:23    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Martin!

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Stimmt. Daß der ontologische Realismus der Heuristik vorangestellt wird, ist eigentlich auch nichts besonderes, denn auch Theorien sind oft der Beobachtung vorgelagert. Hinterher wird dann gefragt, ob sich die mit dem ontologischen Realismus kompatible Heuristik gemäß den Erwartungen erfolgreich anwenden läßt. Scheint mir analog zum Hypothetico-Deduktivismus zu funktionieren.



Was kannst Du denn aus der Ontologie deduzieren? Das 'Sein' ist doch beliebig groß. Da wird dann auch beliebiges herauskommen.


Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Genauer: die Ontologie ist der Gesamtrahmen, in dem alles interpretiert wird. Genauso, wie eine spezielle Theorie den Interpretationsrahmen für ein bestimmtes empirisches Datum liefert.


Ontologie ist ja gerade nicht eine spezielle Theorie. Das klingt bei Dir hier eher nach Weltbild.


Cheers,

Lamarck
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Darwin Upheaval
Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator



Anmeldungsdatum: 23.01.2004
Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden

Beitrag(#210581) Verfasst am: 10.11.2004, 13:38    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Lamarck,

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Ich kann mit Deinem Zirkel noch immer nichts anfangen. Natürlich gibt es hier in gewisser Weise ein zirkuläres Vorgehen. Das ist ein alter Hut, mit dem schon die Positivisten niemanden überzeugen konnten. Mit einem "circulus vitiosus" ("Ich setze A voraus, daraus folgt, daß A existiert - q.e.d") hat das eben nichts zu tun.


Tautologien eignen sich eben nicht als Begründungen. Auch Dein Hinweis auf die Positivisten taugt hier nicht als hinreichendes Argument. Da muß Dir schon besseres einfallen.


Lies genauer: Mit einer tautologischen Begründung hat die Begründung der Realitätsthese eben gerade nichts zu tun. Sie hat doch eine Erklärungsfunktion, um die Du Dich bislang herumgedrückt hast. zwinkern


Lamarck hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
schon die alten Griechen verwendeten derartige 'schlagende' Argumente gegen Solipsisten, die sie damit allerdings genauso wenig überzeugten wie Dich. Vermutlich aus demselben Grund.


Ja. Eine Philosophie muß eine Antwort auf das Problem des Solipsismus vorweisen oder sie ist gescheitert. Aber verstehe ich Dich hier recht: Ist also bei diesem KP-Experiment die Hypothesenproduktion entbehrlich? Was ist mit dem Gedächtnis?


IMAO war das gerade ein Wink mit dem Zaunpfahl: Thomas wollte Dir vermutlich deutlich machen, daß Dein Weltbild für einen Solipsisten metaphysisch ebenso unhaltbar ist, wie der Realismus für Dich. Daher wäre es an der Zeit, von zwei konsistenten Möglichkeiten eine zu wählen.

Grüße

Martin
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Lamarck
Radikaler Konstruktivist



Anmeldungsdatum: 28.03.2004
Beiträge: 2148
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Beitrag(#210585) Verfasst am: 10.11.2004, 13:43    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Thomas!

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:

Axiom 1 des Radikalen Konstruktivismus: Wahrnehmung ist abhängig vom Geisteszustand.

Du machst in meinen Augen einen großen Fehler: Du wirfst Ontologie und Epistemologie durcheinander. Dein Geisteszustand kann Deine Episteme durcheinander bringen, aber für das Ons, das Du via Konzept wahrnimmst, ist das belanglos.


Das bedarf allerdings alles einer gewissen Begründung. Warum kann ich Dein "Ons" denn nicht direkt wahrnehmen und muß sie gar durch Konzepte verfälschen? Warum gehört das Subjekt nicht zum "Ons"? Du kannst doch Ontologie und Epistemologie nicht trennen. Entweder ist alles Ontologie oder alles Epistemologie. Entwickeln wir also gewisse Hypothesen. Dazu zunächst:

Wie kann ich epistemologisch das "Ons" fassen? Teufel


Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Was folgt aus der 'Welt für mich' für die 'Welt an sich'? Es ist vielleicht möglich, dass sich _Deine_ 'Welt als ob' mit _Deinem_ Geisteszustand verändert. Aber gerade um auszudrücken, dass das irrelevant für den Rest der Welt ist, sprechen wir von einer 'Welt an sich'.


Damit hast Du nicht das Beobachterproblem gelöst. Wenn Du von einer "Welt an sich" sprichst, hast Du ja ebenfalls 'nur' ein Konzept. Du willst hinter diesen Konzepten mehr sehen. Das kannst Du aber nicht. Du weist nur gewissen Konzepten aus subjektivem Grund einen Wahrheitswert zu. Du kannst den Hypothesenraum allerdings nicht verlassen.


Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:

Axiom 2 des Radikalen Konstruktivismus: Irrtum läßt sich niemals ausschließen.

Und nun sind wir uns 100-prozentig einig, weil das ja in _hypothetischer_ Realismus explizit eingepreist ist.


Ja. Allerdings ist auch der Realismus miteingepreist. Die Begriffsverbindung lenkt aber nur davon ab, dass Hypothese und Realität nie deckungsgleich sein können: Hypothese wird niemals "Realität" und "Realität" wird niemals Hypothese. Du kannst aber "Realität" nur als subjektives Konstrukt bekommen - egal, was Du zahlst.


Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Und nun solltest Du uns die Vorzüge Deines Modells darstellen. Zum Beispiel zeigen, _warum_ bestimmte Konzept (beispielsweise 'Schwerkraft' oder '2. HS') viabel sind und andere nicht. Woran scheitern die eigentlich? Mit Pertubationen kommst Du da nicht weit.


Das hatte ich ja unter Hinweis auf die Evolutionsmechanismen durchaus schon versucht. Spiele einfach mal mit Deiner Family Risiko oder Monopoly und überlege Dir dann die Gründe, warum jemand gewinnt oder verliert. zwinkern


Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Je mehr Postings ich von Dir lese, desto massiver vestärkt sich mein Eindruck: Du machst dasselbe wie die FET. Ein gewaltiges verbales Brimborium und ein Eindreschen auf den MainStream, aber wenn man die aufgeblasene Kontrastverschärfung abzieht bleibt ein kleiner, wertvoller Kern übrig, den man problemlos in den MainStream einbauen kann.


Wo macht die FET oder ich ein Brimborium?


Cheers,

Lamarck
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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#210588) Verfasst am: 10.11.2004, 13:45    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Lamarck,

Lamarck hat folgendes geschrieben:

Ja. Eine Philosophie muß eine Antwort auf das Problem des Solipsismus vorweisen oder sie ist gescheitert.


dann kenne ich keine Philosophie, die noch nicht gescheitert ist. Wittgenstein meinte zwar, eine Lösung gefunden zu haben, aber die war nicht überzeugend. Mir wäre auch neu, dass der Radikale Konstruktivismus eine Lösung gefunden hätte, die darüber hinausgeht, dass er, konsequent vertreten, Solipsismus pur ist.

Lamarck hat folgendes geschrieben:

Aber verstehe ich Dich hier recht: Ist also bei diesem KP-Experiment die Hypothesenproduktion entbehrlich? Was ist mit dem Gedächtnis?


Beides ist irrelevant. Für das Weltbild des hypothetischen Realisten ist das trivial, für den Solipsisten ist es Hose wie Jacke, was er sich noch alles in seiner Welt dazuphantasiert.

Grüßle

Thomas
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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#210591) Verfasst am: 10.11.2004, 13:48    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Lamarck,

Lamarck hat folgendes geschrieben:

Ontologie ist ja gerade nicht eine spezielle Theorie. Das klingt bei Dir hier eher nach Weltbild.


Bingo!

Hand auf's Herz: sagen wir das nicht schon explizit seit Anno LeipzigEinUndLeipzig?

Grüßle

Thomas
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Lamarck
Radikaler Konstruktivist



Anmeldungsdatum: 28.03.2004
Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main

Beitrag(#210594) Verfasst am: 10.11.2004, 13:54    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Martin!

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Lies genauer: Mit einer tautologischen Begründung hat die Begründung der Realitätsthese eben gerade nichts zu tun. Sie hat doch eine Erklärungsfunktion, um die Du Dich bislang herumgedrückt hast. zwinkern


Ich lese IMMER genau. Die Begründung der Realitätsthese ist demnach nach wie vor offen. Was aber meinst Du hier mit "Erklärungsfunktion"? Was willst Du denn erklären? Ich jedenfalls kann Realität nur als Konzept erklären. Das willst Du aber nicht hören und beharrst auf mystische Dinge hinter den Konzepten, die Du von mir nicht bekommen kannst. Vom HR übrigens auch nicht.


Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
IMAO war das gerade ein Wink mit dem Zaunpfahl: Thomas wollte Dir vermutlich deutlich machen, daß Dein Weltbild für einen Solipsisten metaphysisch ebenso unhaltbar ist, wie der Realismus für Dich. Daher wäre es an der Zeit, von zwei konsistenten Möglichkeiten eine zu wählen.


Kennst Du denn jemanden, der sich selbst als Solipsist bezeichnet?


Cheers,

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Lamarck
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Anmeldungsdatum: 28.03.2004
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Wohnort: Frankfurt am Main

Beitrag(#210596) Verfasst am: 10.11.2004, 13:58    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Thomas!

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Ontologie ist ja gerade nicht eine spezielle Theorie. Das klingt bei Dir hier eher nach Weltbild.

Bingo!

Hand auf's Herz: sagen wir das nicht schon explizit seit Anno LeipzigEinUndLeipzig?

Das nun nicht. Aber Weltbilder ändern sich doch im Laufe der Zeit. Folglich auch das "Ons". Willkommen im Club.


Cheers,

Lamarck
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Darwin Upheaval
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Anmeldungsdatum: 23.01.2004
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Beitrag(#210597) Verfasst am: 10.11.2004, 13:58    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Lamarck,

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Stimmt. Daß der ontologische Realismus der Heuristik vorangestellt wird, ist eigentlich auch nichts besonderes, denn auch Theorien sind oft der Beobachtung vorgelagert. Hinterher wird dann gefragt, ob sich die mit dem ontologischen Realismus kompatible Heuristik gemäß den Erwartungen erfolgreich anwenden läßt. Scheint mir analog zum Hypothetico-Deduktivismus zu funktionieren.


Was kannst Du denn aus der Ontologie deduzieren? Das 'Sein' ist doch beliebig groß. Da wird dann auch beliebiges herauskommen.


Aus der Ontologie ergeben sich keineswegs beliebige Folgerungen. Die Geschichte mit dem kohärenten Theoriengebäude hatten wir aber schon einmal.


Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Genauer: die Ontologie ist der Gesamtrahmen, in dem alles interpretiert wird. Genauso, wie eine spezielle Theorie den Interpretationsrahmen für ein bestimmtes empirisches Datum liefert.


Lamarck hat folgendes geschrieben:
Ontologie ist ja gerade nicht eine spezielle Theorie. Das klingt bei Dir hier eher nach Weltbild.


Und? Ist das evolutionäre Weltbild nicht auch ein Weltbild? Mir ging's darum, festzuhalten, daß Theorien einen Interpretationsrahmen liefern, der mehr oder minder adäquat sein kann. Weshalb ein adäquates Weltbild über den Haufen werfen?

Grüße

Martin
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Lamarck
Radikaler Konstruktivist



Anmeldungsdatum: 28.03.2004
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Beitrag(#210604) Verfasst am: 10.11.2004, 14:13    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Martin!

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Aus der Ontologie ergeben sich keineswegs beliebige Folgerungen. Die Geschichte mit dem kohärenten Theoriengebäude hatten wir aber schon einmal.


Ja. Du konntest bisher nicht aufzeigen, warum "Dein" Theoriengebäude kohärent (zu was?) ist.


Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Genauer: die Ontologie ist der Gesamtrahmen, in dem alles interpretiert wird. Genauso, wie eine spezielle Theorie den Interpretationsrahmen für ein bestimmtes empirisches Datum liefert.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Ontologie ist ja gerade nicht eine spezielle Theorie. Das klingt bei Dir hier eher nach Weltbild.

Und? Ist das evolutionäre Weltbild nicht auch ein Weltbild? Mir ging's darum, festzuhalten, daß Theorien einen Interpretationsrahmen liefern, der mehr oder minder adäquat sein kann. Weshalb ein adäquates Weltbild über den Haufen werfen?


Nocheinmal: Weltbilder können sich ändern. Wenn Ontologie nun neuerdings bei Dir ein Weltbild umschreiben, dann müssen sich auch Ontologien im Laufe der Zeit verändern können. Die Eigenschaft zur Veränderung bedeutet selbstverständlich noch nicht unbedingt Beliebigkeit, wie Du unterstellst. Also: Können sich Ontologien oder das "Ons" verändern?


Cheers,

Lamarck
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Beitrag(#210608) Verfasst am: 10.11.2004, 14:16    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Lamarck,

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Ich lese IMMER genau. Die Begründung der Realitätsthese ist demnach nach wie vor offen. Was aber meinst Du hier mit "Erklärungsfunktion"? Was willst Du denn erklären?


Lies doch einfach, was ich heute um 9:44 Uhr und davon schon x Male geschrieben habe. Warum funktioniert Deine "Realität als ob-Heuristik"? Warum bewähren sich Deine semantischen Annahmen, mit denen Du eine formale Theorie ausstattest? Warum gibt es überhaupt eine "Psyche des Lamarck" und woraufhin wurde die optimiert? Auf eine "Realität als ob"? Auf den Arm nehmen

Grüße

Martin
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Lamarck
Radikaler Konstruktivist



Anmeldungsdatum: 28.03.2004
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Beitrag(#210612) Verfasst am: 10.11.2004, 14:20    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Thomas!

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:

Ja. Eine Philosophie muß eine Antwort auf das Problem des Solipsismus vorweisen oder sie ist gescheitert.

dann kenne ich keine Philosophie, die noch nicht gescheitert ist. Wittgenstein meinte zwar, eine Lösung gefunden zu haben, aber die war nicht überzeugend. Mir wäre auch neu, dass der Radikale Konstruktivismus eine Lösung gefunden hätte, die darüber hinausgeht, dass er, konsequent vertreten, Solipsismus pur ist.



Also, eine Philosophie kenne ich. zwinkern

Wenn der Solipsist denkt, dann denkt er auch an ein Objekt. Auch wenn dieses Objekt er selbst ist. Damit hat er a la Münchhausen eine Subjekt/Objekt-Trennung erfolgreich vollzogen.



Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Aber verstehe ich Dich hier recht: Ist also bei diesem KP-Experiment die Hypothesenproduktion entbehrlich? Was ist mit dem Gedächtnis?

Beides ist irrelevant. Für das Weltbild des hypothetischen Realisten ist das trivial, für den Solipsisten ist es Hose wie Jacke, was er sich noch alles in seiner Welt dazuphantasiert.


Warum also Hypothesen?


Cheers,

Lamarck
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Beitrag(#210618) Verfasst am: 10.11.2004, 14:31    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Lamarck,

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Aber verstehe ich Dich hier recht: Ist also bei diesem KP-Experiment die Hypothesenproduktion entbehrlich? Was ist mit dem Gedächtnis?

Beides ist irrelevant. Für das Weltbild des hypothetischen Realisten ist das trivial, für den Solipsisten ist es Hose wie Jacke, was er sich noch alles in seiner Welt dazuphantasiert.


Warum also Hypothesen?


Aus Sicht des Realwissenschaftlers ist die Antwort trivial: Durch Hypothesenbildung wird die Welt erschlossen. Der Solipsist hingegen kann sich zu seiner Welt dazuphantasieren, was immer er mag - da braucht er keine empirische Wissenschaft für. Weshalb konstruierst Du Dir Deine Diskussionspartner eigentlich nicht selber dazu, sondern rekurrierst hierfür im FGH auf "reale Diskussionspartner als ob"? Smilie

Grüße

Martin
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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#210622) Verfasst am: 10.11.2004, 14:46    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Lamarck,

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Das nun nicht. Aber Weltbilder ändern sich doch im Laufe der Zeit.


Bingo!

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Folglich auch das "Ons".



Sorry, das ist ein klassisches non sequitur. Was sich ändert ist die 'Welt für mich'. Der 'Welt an sich' ist das Hose wie Jacke.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Willkommen im Club.


Ad nauseam: ich bin Konstruktivist in dem Sinn, dass ich mir ein _Bild_ der Welt konstruiere. Ich habe keinerlei Hinweis, ob oder wie weit mein Bild der Welt entspricht. Bestenfalls ist es viabel. Kann sein, dass meine Abbildung im Lauf der Zeit immer besser wird, kann sein, dass das ein Zeichen für eine bessere Abbildung ist, who knows?

In diesem Club lasse ich mich gerne begrüßen.

Aber ich bin kein Konstruktivist in dem Sinn, dass ich mir die _Welt_ konstruiere.

Eine Mitgliedschaft im Club der Solipsisten hingegen scheint mir ein Oxymoron zu sein.

Grüßle

Thomas
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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#210624) Verfasst am: 10.11.2004, 14:49    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Lamarck,

Lamarck hat folgendes geschrieben:

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:

Ja. Eine Philosophie muß eine Antwort auf das Problem des Solipsismus vorweisen oder sie ist gescheitert.

dann kenne ich keine Philosophie, die noch nicht gescheitert ist. Wittgenstein meinte zwar, eine Lösung gefunden zu haben, aber die war nicht überzeugend. Mir wäre auch neu, dass der Radikale Konstruktivismus eine Lösung gefunden hätte, die darüber hinausgeht, dass er, konsequent vertreten, Solipsismus pur ist.



Also, eine Philosophie kenne ich. :wink:


eine Ein-Mann-Show?

Lamarck hat folgendes geschrieben:

Wenn der Solipsist denkt, dann denkt er auch an ein Objekt. Auch wenn dieses Objekt er selbst ist. Damit hat er a la Münchhausen eine Subjekt/Objekt-Trennung erfolgreich vollzogen.


Herzlichen Glückwunsch. Geht es ihm dann besser?

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Aber verstehe ich Dich hier recht: Ist also bei diesem KP-Experiment die Hypothesenproduktion entbehrlich? Was ist mit dem Gedächtnis?

Beides ist irrelevant. Für das Weltbild des hypothetischen Realisten ist das trivial, für den Solipsisten ist es Hose wie Jacke, was er sich noch alles in seiner Welt dazuphantasiert.


Warum also Hypothesen?


Für's Weltbild. Ist einfach 'runder', als nur Perturbationen ausgeliefert zu sein.

Grüßle

Thoams
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Klaus-Peter
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#210644) Verfasst am: 10.11.2004, 15:49    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Ich sehe den "wertvollen Kern" nicht. Ich sehe nichts, was nicht schon von Anfang an im richtig verstandenen "erkenntnistheoretischen Mainstream" enthalten wäre. Könntest Du mit ein zwei Stichworten umreissen, was in diesem entlüfteten Kern wertvoll sein könnte?


die Übertragung von das, was man in der Philosophie als 'linguistic turn' bezeichnet, auf den Rest der Wissenschaften.

Danke für die Info. Es hätte ja sein können dass ich etwas übersehen habe. Das scheint aber nicht der Fall zu sein. Was vom "linguistic turn" an Nutzen für die Wissenschaft abfällt, erschliesst sich mir nämlich genausowenig. Ich habe vor zwei Jahren mit ein paar linguistisch angetörnten eine Diskussion über das Bewusstsein geführt, die war etwa so ergiebig wie die Diskussion über den Konstruktivismus mit Lamarck. Ich möchte nicht behaupten, der linguistisch gewandete Kaiser habe keine Kleider an. Ich sage nur: Falls er welche anhaben sollte, dann wären sie hauchdünn und sehr transparent.

Gruss

KP
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Klaus-Peter
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Beitrag(#210648) Verfasst am: 10.11.2004, 15:57    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Der Begriff "Modell" macht für mich nur Sinn, wenn das Modell etwas modelliert.

Korrekt.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Daher ist der Realismus kein "Modell".

Das folgt aber nicht daraus. Daß Du Realismus nicht als Modell ansiehst, liegt daran, daß Du Dich weigerst, genau zu definieren, was Du damit meinst (siehe den thread über die Bedingungen von Realität). Der Realismus - also die Klassifizierung bestimmter Phänomene als "Ding" oder "real" ist eine Theorie, und zwar eine sehr nützliche und dahr schon fast instinktive, wenn auch eine letztlich nicht grundlegende.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Ein "Modell an sich" ist ein sinnfreier Begriff. Was Dein "Modell an sich" sein soll, weiss ich nicht.

Ich habe nichts über ein "Modell an sich" geschrieben. Keine Ahnung, was Du damit sagen willst.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Das, was ein Modell modelliert, nenne ich Realität.

Du nennst es Realität, wenn Du - vereinfacht gesagt - Dir wehtuhst, wenn Du mit dem Kopf dagegenstößt. Du hast Kriterien für Realität, auch wenn Du es manchmal nicht zugibst. Wenn Du jetzt Realität nicht nur als subsumptiven Begriff für Phänomene benutzt, die diese Kriterien erfüllen, sondern darüberhinaus behauptest, dieser Realität komme ein "An-Sich" zu, so machst Du Dir ein (letztlich vereinfachtes, aber recht gut funktionierendes) Modell der Welt.
Ähnliche Beispiele gab es schon oft in der Wissenschaft, etwa wurde früher der Kraftbegriff "ontisiert", später dann durch grundlegendere Konzepte ersetzt.

gruß/step

Um das Ganze nicht zu zerreissen, nur eine Frage: Was modelliert Dein Modell? oder anders formuliert: Wovon ist Dein Modell ein Modell?

Gruss

KP
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Klaus-Peter
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Beitrag(#210651) Verfasst am: 10.11.2004, 16:05    Titel: Antworten mit Zitat

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Ich schlage Dir ein klitzekleines Experiment vor. Nimm Anlauf, und lauf mit dem Kopf gegen die Wand. Du wirst die Wand nicht direkt wahrnehmen. Sondern nur, je nach Tempo, ein Schädelbrummen oder einen Schädelbruch, also wieder Konstrukte Deiner Wahrnehmung. Trotzdem hat die Wand auf überzeugende Weise mit Dir wechselgewirkt.

Warum benötigst Du hier keine Hypothese? Wie stellen sich hier die Popperschen "Kübel" und "Scheinwerfer" dar?

Weil die real existierende Wand den real existierenden Schädel unabhängig davon einschlägt, ob der Schädel das erkennt oder nicht. Erkenntnis wird daraus erst, wenn im Schädel die Hypothese konstruiert wird, dass man nicht mit dem Kopf durch die Wand könne. Dieses Konstrukt ist viabel, wenn bei jedem weiteren Versuch der Schädel bricht. Falls die Wand bricht, ist das Konstrukt nicht viabel.

Gruss

KP
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Darwin Upheaval
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Beitrag(#210655) Verfasst am: 10.11.2004, 16:20    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Klaus-Peter,

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Um das Ganze nicht zu zerreissen, nur eine Frage: Was modelliert Dein Modell? oder anders formuliert: Wovon ist Dein Modell ein Modell?


Gib's auf! Ich hab die letzten Wochen gefragt und heute wieder gefragt. Und nach den Erklärungsleistungen seines Weltbildes noch dazu. Kein Anschluß unter dieser Nummer...

Grüße

Martin
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Klaus-Peter
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Beitrag(#210657) Verfasst am: 10.11.2004, 16:23    Titel: Antworten mit Zitat

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Hi Klaus-Peter,

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Um das Ganze nicht zu zerreissen, nur eine Frage: Was modelliert Dein Modell? oder anders formuliert: Wovon ist Dein Modell ein Modell?


Gib's auf! Ich hab die letzten Wochen gefragt und heute wieder gefragt. Kein Anschluß unter dieser Nummer...

Die Frage ging an Step. Da hoffe ich schon noch auf einen Anschluss.

Gruss

KP
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Darwin Upheaval
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Beitrag(#210658) Verfasst am: 10.11.2004, 16:26    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Hi Klaus-Peter,

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Um das Ganze nicht zu zerreissen, nur eine Frage: Was modelliert Dein Modell? oder anders formuliert: Wovon ist Dein Modell ein Modell?


Gib's auf! Ich hab die letzten Wochen gefragt und heute wieder gefragt. Kein Anschluß unter dieser Nummer...

Die Frage ging an Step. Da hoffe ich schon noch auf einen Anschluss.


Ups, sorry - hab' mich verlesen... Verlegen
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Lamarck
Radikaler Konstruktivist



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Beitrag(#210686) Verfasst am: 10.11.2004, 18:03    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Martin!

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Gib's auf! Ich hab die letzten Wochen gefragt und heute wieder gefragt. Und nach den Erklärungsleistungen seines Weltbildes noch dazu. Kein Anschluß unter dieser Nummer...


Aber, aber. Es scheint mir doch so, als ob ich ein zu gutes Gedächtnis habe, um Hypothetischer Realist sein zu können.

Nun gut, neue Version. Das folgende ist ein Satz, den der Radikale Konstruktivismus unterstreicht:

Jedes Wissen ist eine Konstruktion, weil das wissende Subjekt keine Möglichkeit hat, sein Wissen jenseits seiner subjektiven Erfahrungswelt zu verifizieren.

Lies diesen doch bitte genau durch, bedenke die Konsequenzen und berichte, ob Du diese Aussage teilen kannst.

Und nun noch einmal mehr zur Erklärungsleistung:

Zitat:
"Fragen Sie einen Menschen, ob die folgenden Begriffe Entdeckungen oder Erfindungen sind: Ordnung, Zahlen, Formeln, Symmetrien, Naturgesetze, Gegenstände, Taxonomien, usw. Neigt er dazu, diese Begriffe als Erfindungen zu bezeichnen, so haben Sie es mit einem Konstruktivisten zu tun." (Foerster, Heinz von: Entdecken oder Erfinden. Wie lässt sich Verstehen verstehen? In: Foerster, Glasersfeld, Hejl, Schmidt, Watzlawick: Einführung in den Konstruktivismus. München, 1998; S. 45).


Siehst Du es nun?

Die unabhängige Wahrnehmung der Wirklichkeit ist nicht möglich. Realität ist 'nur' eine interaktive Konzeption, in der Beobachter und Beobachtetes gegenseitig und strukturell miteinander gekoppelt sind. Noch ein nützlicher Link:


http://www.weknow.ch/marco/A1992/Heid/Maturana921018.htm


Cheers,

Lamarck
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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



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Beitrag(#210692) Verfasst am: 10.11.2004, 18:24    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Lamarck,

Lamarck hat folgendes geschrieben:

Nun gut, neue Version. Das folgende ist ein Satz, den der Radikale Konstruktivismus
unterstreicht:

Jedes Wissen ist eine Konstruktion, weil das wissende Subjekt keine Möglichkeit
hat, sein Wissen jenseits seiner subjektiven Erfahrungswelt zu verifizieren.


Lies diesen doch bitte genau durch, bedenke die Konsequenzen und berichte, ob Du diese
Aussage teilen kannst.


ich denke, Du solltest zwischen Konstruktivismus und _radikalem_ Konstruktivismus differenzieren. Was Du gerade dargestellt hast, ist das, was ich als Konstruktivismus unterschreibe.

Dass 'Verifizierung' gar nicht möglich ist, hat ja auch schon Popper selig festgestellt. Die Konsequenzen sind trivial: wir haben nur _Bilder_ der Welt und können die nicht an 'der Welt an sich' eichen. Merkwürdig, dass man Dir diese Banalität schon etwa das 20. Mal postet und Du dann immer wieder dasselbe auf andere Art und Weise aus der Schublade holst.

Geh doch einfach davon aus, dass dieser Fisch geschuppt ist und wir nun zu den _interessanten_ Fragen kommen. Beispielsweise wie es kommt, dass ein Konzept viabel ist, ein anderes nicht.

Noch ein Detail: in Deinem Satz kommt 'Wissen' vor. Ich habe Dir geschrieben, dass Du die epistemische und die ontische Ebene durcheinander wirfst. Das machst Du gerade wieder: Du redest von Episteme. Und hier sind vermutlich die meisten Mitleser mir Dir einer Meinung.

Aber Du gehst noch einen Schritt weiter: aus der Unmöglichkeit, _sicheres_ Wissen von der 'Welt an sich' zu erlangen, bestreitest Du die _Existenz_ derselben. Das ist eine _ontische_ Aussage und durch Deine Epistemologie nicht begründbar.

Wenn Du sagst: es kann keine 'Welt an sich' geben, dann musst Du das erst noch begründen. Bisher hast Du das nicht einmal versucht.

Wenn Du sagst: über die 'Welt an sich' weiß ich nichts, deshalb lasse ich sie aus meiner Methodologie heraus ist das okay. Dann darfst Du uns gerne schildern, was wir so _gewinnen_.

Grüßle

Thomas
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Darwin Upheaval
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Anmeldungsdatum: 23.01.2004
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Beitrag(#210694) Verfasst am: 10.11.2004, 18:42    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Lamarck,

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Gib's auf! Ich hab die letzten Wochen gefragt und heute wieder gefragt. Und nach den Erklärungsleistungen seines Weltbildes noch dazu. Kein Anschluß unter dieser Nummer...


Aber, aber. Es scheint mir doch so, als ob ich ein zu gutes Gedächtnis habe, um Hypothetischer Realist sein zu können.

Nun gut, neue Version. Das folgende ist ein Satz, den der Radikale Konstruktivismus unterstreicht:

Jedes Wissen ist eine Konstruktion, weil das wissende Subjekt keine Möglichkeit hat, sein Wissen jenseits seiner subjektiven Erfahrungswelt zu verifizieren.

Lies diesen doch bitte genau durch, bedenke die Konsequenzen und berichte, ob Du diese Aussage teilen kannst.


Natürlich! Verifikationen im strengen (das heißt: formallogischen) Sinn sind doch nie möglich. Die Frage ist nur, ob man im Keller sitzen bleibt oder weiterdenkt. "Wissen" wird doch erst dadurch interessant, wenn es in einem Interpretationsrahmen gesehen wird, der etwas über die triviale Erkenntnis hinausgehende behauptet.


Lamarck hat folgendes geschrieben:
Und nun noch einmal mehr zur Erklärungsleistung:

Zitat:
"Fragen Sie einen Menschen, ob die folgenden Begriffe Entdeckungen oder Erfindungen sind: Ordnung, Zahlen, Formeln, Symmetrien, Naturgesetze, Gegenstände, Taxonomien, usw. Neigt er dazu, diese Begriffe als Erfindungen zu bezeichnen, so haben Sie es mit einem Konstruktivisten zu tun." (Foerster, Heinz von: Entdecken oder Erfinden. Wie lässt sich Verstehen verstehen? In: Foerster, Glasersfeld, Hejl, Schmidt, Watzlawick: Einführung in den Konstruktivismus. München, 1998; S. 45).


Siehst Du es nun?


Alles, was ich sehe ist, daß ein Mensch die richtigen Analysen getroffen, aber sich um die eigentliche Frage herumgemogelt hat:

Zitat:
Was macht das Theorienkonstrukt zu einer adäquaten Beschreibung des Weltbildes?


Mir gibt es zu denken, daß Du dieser Frage immerzu auf's Neue ausweichst. Daher noch einmal: Warum funktioniert Deine "Realität als ob-Heuristik"? Warum gibt es eine "Psyche des Lamarck" und woraufhin wurde die optimiert?


Lamarck hat folgendes geschrieben:
Die unabhängige Wahrnehmung der Wirklichkeit ist nicht möglich. Realität ist 'nur' eine interaktive Konzeption, in der Beobachter und Beobachtetes gegenseitig und strukturell miteinander gekoppelt sind.


Was sagst Du mir da Neues? Ist das, was Du schreibst, eine hinreichende Begründung für den radikalen Konstruktivismus?

Grüße

Martin
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Klaus-Peter
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Beitrag(#210711) Verfasst am: 10.11.2004, 19:59    Titel: Antworten mit Zitat

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Mir gibt es zu denken, daß Du dieser Frage immerzu auf's Neue ausweichst. Daher noch einmal: Warum funktioniert Deine "Realität als ob-Heuristik"? Warum gibt es eine "Psyche des Lamarck" und woraufhin wurde die optimiert?

Ich glaube, ich habe die Denkblockade entdeckt, kann sie aber womöglich noch nicht perfekt formulieren. Es ist eine Art infiniter Regress: Wir sagen: "Das Konstrukt wird durch die Wirklichkeit korrigiert", er meint, diese Korrektur sie wieder ein Konstrukt, und damit auch die Realität selber wieder nur ein Konstrukt, und so weiter.

Ihm fehlt die Antwort auf die Frage: "wie kommt ein solcher Prozess von verschachtelten Konstruktionen aus dem ursprünglichen, unkonstruierten Münchhausensumpf", man könnte es auch das "Bootstrap-Problem" nennen.

Und weil er diese Lösung nicht sieht, lehnt er die Idee einer Welt als prinzipiell unzugänglich ("metaphysisch") ab (das schafft das Solipsismusproblem, aber das ist ihm wurst, und er sieht es auch nicht ein). Dass da ein Problem ist hast Du womöglich auch noch nicht gesehen - ich habe es auch erst vorhin entdeckt. Ich hoffe ich konnte klarmachen, dass da ein Problem ist und welches es ist.

Die Lösung ist einfach, und ich habe (implizit, weil ich das Problem da noch nicht so explizit gesehen habe) versucht, sie mit meinem "Kopf durch die Wand" Beispiel zu zeigen: Die ultimative Lösung dieses "Interaktionsproblems" Konstrukt/Welt, sozusagen der "Bootstrap" des ganzen Erkenntnisprozesses, ist die existentielle, unmittelbare, unkonstruierte und tödliche Wechselwirkung zwischen Welt und konstruierendem Subjekt. In meinem Beispiel: Der Kopf prallt auf die Wand, und stellt das Konstruieren ein für alle mal ein. Für diese lethale, das Subjekt zerstörende Interaktion ist keinerlei Konstruktion notwendig. Das geht von selber und rein realweltlich/physikalisch. Jede nichtlethale Wechselwirkung setzt dagegen bereits die Existenz passender untergeordneter Konstrukte voraus (Sehzellen, Nervenzellen, ...). Aber alle lassen sich auf irgendetwas lethales (ein "Verbrauchsmaterial", das bei der Wechselwirkung mit der Welt zerstört wird) zurückführen. Auch im Auge gibt es lichtempfindliche Moleküle, die beim Aufprall eines Photons zerstört werden, sie sind der Startpunkt der Wahrnehmung und zu diesem Zweck "konstruiert". Ihr Tod ermöglicht uns, unsere Konstrukte durch die Welt korrigieren zu lassen. Um sehen zu können, müssen wir dieses Verbrauchsmateriel laufend nachproduzieren.

Das ist die mir momentan bestmögliche Beschreibung meines Verständnisses des Radikalkonstruktivistischen Denkfehlers und seiner Auflösung.

Gruss

KP
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El Schwalmo
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Anmeldungsdatum: 06.11.2003
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Beitrag(#210719) Verfasst am: 10.11.2004, 20:19    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Klaus-Peter,

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:

Ich glaube, ich habe die Denkblockade entdeckt, kann sie aber womöglich noch nicht perfekt formulieren. Es ist eine Art infiniter Regress: Wir sagen: "Das Konstrukt wird durch die Wirklichkeit korrigiert", er meint, diese Korrektur sie wieder ein Konstrukt,


bis hierher hat er vollkommen recht. Eben weil man 'die Wahrheit' schon kennen müsste, um zu entscheiden, ob ein Konstrukt 'wahr' ist (wobei 'wahr' hier im Sinne einer Abbildtheorie, beispielsweise als adaequatio, zu verstehen ist).

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
und damit auch die Realität selber wieder nur ein Konstrukt, und so weiter.


Genau hier liegt das Problem von Lamarck.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Ihm fehlt die Antwort auf die Frage: "wie kommt ein solcher Prozess von verschachtelten Konstruktionen aus dem ursprünglichen, unkonstruierten Münchhausensumpf", man könnte es auch das "Bootstrap-Problem" nennen.


Meine Antwort ist: gar nicht. Wir haben nur einen _hypothetischen_ Realismus. _Wenn_ der als gültig _vorausgesetzt_ wird, sieht es gut aus. Das Modell hat sich bewährt. Ich kenne nichts, was ihm widersprechen würde. Lassen wir es im guten Lorenzschen Sinn als 'Hypothese vom anscheinend Wahren' durchgehen.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Und weil er diese Lösung nicht sieht, lehnt er die Idee einer Welt als prinzipiell unzugänglich ("metaphysisch") ab (das schafft das Solipsismusproblem, aber das ist ihm wurst, und er sieht es auch nicht ein). Dass da ein Problem ist hast Du womöglich auch noch nicht gesehen - ich habe es auch erst vorhin entdeckt. Ich hoffe ich konnte klarmachen, dass da ein Problem ist und welches es ist.


Wenn Lamarck _ontisch_ und _epistemisch_ auseinander hält, hat er gar kein Problem. Er kann zur _Hypothese_ 'an sich seiende Welt' sagen: 'Sire, ich benötige diese Hypothese nicht' und dann 'business as usual' machen. Allerdings mit Risiken und Nebenwirkungen.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Die Lösung ist einfach, und ich habe (implizit, weil ich das Problem da noch nicht so explizit gesehen habe) versucht, sie mit meinem "Kopf durch die Wand" Beispiel zu zeigen: Die ultimative Lösung dieses "Interaktionsproblems" Konstrukt/Welt, sozusagen der "Bootstrap" des ganzen Erkenntnisprozesses, ist die existentielle, unmittelbare, unkonstruierte und tödliche Wechselwirkung zwischen Welt und konstruierendem Subjekt.


So sehe ich das auch. Aber ich vermeide Anglizismen und bezeichne das als 'letal'.

Grüßle

Thomas
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Anmeldungsdatum: 23.01.2004
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Wohnort: Tief im Süden

Beitrag(#211002) Verfasst am: 11.11.2004, 12:53    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Klaus-Peter,

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Ich glaube, ich habe die Denkblockade entdeckt, kann sie aber womöglich noch nicht perfekt formulieren. Es ist eine Art infiniter Regress: Wir sagen: "Das Konstrukt wird durch die Wirklichkeit korrigiert", er meint, diese Korrektur sie wieder ein Konstrukt, und damit auch die Realität selber wieder nur ein Konstrukt, und so weiter.


Das stimmt in doppelter Hinsicht: Unter dem evolutionären Aspekt werden die neuronalen Verknüpfungen, die unser Weltbild konstruieren infolge der Rückkopplung mit der Wirklichkeit laufend optimiert. Obwohl es immer nur um Konstrukte geht, sehe ich nicht, wie eine EE ohne Realismus auskommen könnte - es gäbe ja kein "bewertendes Korrektiv". Unter erkenntnistheoretischem Aspekt werden auch unsere Theorien-Konstrukte im Hinblick auf die Wirklichkeit optimiert. Wenn es kein Korrektiv gäbe, wäre es unerklärlich, warum es den Wissenschaften gelingt, ein kohärentes Theoriengebäude zu erstellen.

Denk z.B. an das "theoretische Konstrukt" der Antimaterie. AFAIK hatte sie Dirac zunächst aufgrund von Symmetrieüberlegungen konstruiert. Das überraschende ist nun, daß sich dieses "Konstrukt" nicht nur in der QM bewährt hat, sondern in zahlreichen anderen (z.B. in kosmologischen) Theorien ebenfalls in Erscheinung tritt und eine Reihe von empirischen Effekten (wie z.B. die Lamb-shift) erklärt, die in ganz anderen Disziplinen eine Rolle spielen. Diese fachübergreifende Kohärenz von Theorien und theoretischen Begriffen ist aus Sicht eines Anti-Realisten völlig unerklärlich und eine der besten Stützen für die Annahme, daß unsere Theorien Teile der Wirklichkeit repräsentieren.


Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Und weil er diese Lösung nicht sieht, lehnt er die Idee einer Welt als prinzipiell unzugänglich ("metaphysisch") ab (das schafft das Solipsismusproblem, aber das ist ihm wurst, und er sieht es auch nicht ein). Dass da ein Problem ist hast Du womöglich auch noch nicht gesehen - ich habe es auch erst vorhin entdeckt. Ich hoffe ich konnte klarmachen, dass da ein Problem ist und welches es ist.


[Edit (12:20 Uhr)]:

Ich sehe unser "Problem", habe Lamarck aber schon oft geschrieben, daß es nur für einen Positivisten, der sich an "Beweise" klammert, so schwerwiegend sein kann, daß er die "Hypothese Welt an sich" ausklammert. Auch das, was Du eben abstrakt formuliert hast, habe ich Lamarck schon in allen möglichen Varianten zu konkretisieren versucht habe. Das eben genannte "Kohärenzprinzip" ist nur eine davon. Um solche Phänomene zu erklären, kommt man nicht umhin, eine Korrespondenz zwischen Konstrukt und Wirklichkeit anzunehmen.


Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Die Lösung ist einfach, und ich habe (implizit, weil ich das Problem da noch nicht so explizit gesehen habe) versucht, sie mit meinem "Kopf durch die Wand" Beispiel zu zeigen: Die ultimative Lösung dieses "Interaktionsproblems" Konstrukt/Welt, sozusagen der "Bootstrap" des ganzen Erkenntnisprozesses, ist die existentielle, unmittelbare, unkonstruierte und tödliche Wechselwirkung zwischen Welt und konstruierendem Subjekt. In meinem Beispiel: Der Kopf prallt auf die Wand, und stellt das Konstruieren ein für alle mal ein. Für diese lethale, das Subjekt zerstörende Interaktion ist keinerlei Konstruktion notwendig.


Stimmt. Man kann auch eine "positive Lösung" konstruieren und fragen, wie die "Psyche des Lamarck" überhaupt entstanden ist bzw. im Hinblick worauf sie optimiert wurde. Ich vermute, derartige Fragen spielen im Weltbild von Lamarck einfach keine Rolle - er existiert einfach. Daher sieht er auch nicht, daß er ein Erklärungsdefizit hat.


Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Das geht von selber und rein realweltlich/physikalisch. Jede nichtlethale Wechselwirkung setzt dagegen bereits die Existenz passender untergeordneter Konstrukte voraus (Sehzellen, Nervenzellen, ...). Aber alle lassen sich auf irgendetwas lethales (ein "Verbrauchsmaterial", das bei der Wechselwirkung mit der Welt zerstört wird) zurückführen.


Man kann das auch etwas prosaischer ausdrücken und einfach "Ausmerze der weniger Tüchtigen" dazu sagen. Was übrig bleibt, ist zwangsläufig an die Erfordernisse der Wirklichkeit besser angepaßt. Ein Mensch, der laufend mit dem Kopf gegen die Wand rennt und davon nichts merkt, bildet die Welt eben nicht adäquat ab und verschwindet. Daher sind unsere Gehirne sozusagen "fleischgewordene Hypothesen der Wirklichkeit", die sich bewährt haben. Wer dagegen auf die Wirklichkeit verzichtet, kann die Frage nicht beantworten, warum es Hypothesen gibt, die sich bewähren und solche, die es nicht tun.

Grüße

Martin
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