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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#2106858) Verfasst am: 12.09.2017, 10:47 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | Warum soll sich das nicht allgemein auf Systeme übertragen lassen? |
Das finde ich jetzt ganz wichtig. Weil Du damit die Evolutionstheorie verlässt. Ich habe nichts dagegen, wenn Du über Systeme sprichst. Du müsstest nur fairerweise dazusagen, daß das eben deine Privatmeinung ist. Oder irgendeinem anderen Fachbereich zugehörig. |
Mal abgesehen davon, dass das bis jetzt ein unbegründetes Grummeln und noch keine Erklärung ist, um die ich Dich gebeten hatte: Jetzt muss ich Dich doch mal fragen, wo ich mich in dem Sinne auf die Evolutionstheorie berufe, dass ich mich auf sie stütze.
Ich beziehe mich höchstens auf sie, indem ich ihr Vokabular wie Variation und Selektion, wo es allgemein verständlich ist, für einen strukturanalogen Prozess benutze. Dass er das ist, habe ich schon gezeigt, und an der Stelle kam auch kein Widerspruch. Berufen tue ich mich höchstens auf Luhmann, der so freundlich war, die Evolution und damit auch die Theorie dazu aus dem engen Umfeld der Biologie herauszuholen. Auf den kann ich mich berufen, weil er als Soziologe der "biologistischen Ubergriffigkeit" (ist nach meiner Erinnerung nicht von Dir, aber kam an dieser Stelle schon mal in einem anderen Thread) absolut unverdächtig ist, und gleichzeitig Wert darauf legt, dass seine Theorie so allgemein ist, dass sie auch die Biologie umfasst. |
OK, das habe ich jetzt registriert.
fwo hat folgendes geschrieben: | Kann es sein, dass da noch das alte Beleidigtsein der Geisteswissenschaften aus Dir spricht, das daher rührte, dass die Evolutionstheorie durch die Einreihung des Menschen in die Affen das Monopol gebrochen und damit auch die Biologie für den Menschen für zuständig erklärt hat? |
Nein, nu wirklich nicht. Alles was erklärt werden kann, soll erklärt werden. Wobei ich der einen Prämisse in deiner Aussage zur Monopolstellung so nicht folge. Aber das führt wieder auf einen anderen Pfad.
fwo hat folgendes geschrieben: | Dieses undifferenzierte Grummeln bei der Anwendung der Vokabel Evolution auf kulturelle Prozesse ist ja um so lustiger, als die Geisteswissenschaften, bevor das böse Wort Evolution ausgesprochen worden war, schon immer davon ausgegangen sind, dass auch Kultur einer Evolution unterliegt - oder wie nennt man diese Entwicklungen sonst, deren Ergebnisse man so gerne als Baumstruktur darstellt? Die vergleichende Linguistik hat von Anfang an Stammbäume der Sprachentwicklung entworfen. |
Ich reagiere eben sehr empfindlich auf Versuche, aus dem Sein ein Sollen zu folgern. Das Muster erscheint immer wieder in unterschiedlichen Variationen. Und ich glaube, es wäre fair und/oder kraftsparend, wenn du eingestehen würdest, daß es auch in diesem Fall deiner Argumentation unterlegt ist.
Du könntest ja sogar Gegenbeispiele für Normen anführen, denen ich zustimmen würde. Nimm den Schmerz, der in unserer Natur verankert ist, und die Einigkeit darüber, daß Handlungen, die Schmerz hervorrufen zunächst abzulehnen sind. Darüber könnten wir diskutieren. Aber die Berufung auf eine natürliche Normalität als Grundlage für eine soziale Norm ist aufgrund der unermeßlichen Komplexität von Gesellschaften und allen ihren unermeßlich komplexen Entitäten wie Gehirnen, Interessen, Geschichtlichkeit, Emotionalitäten, Theorien, technische Errungenschaften schlichtweg unzulässig. Und das wird dann richtig deutlich, wenn man sich mit System-Theorien versucht an die Evolutiontheorie zu lehnen. Schließlich ist das ja der Grund: Du brauchst eine systemische Ebene in Deiner Argumentation, die einerseits den Anschein verbreitet, auf evolutionstheoretischen Überlegungen zu basieren, und andererseits den Anschein, in die Region der Normativität zu reichen. Das ist genau der Punkt, an dem Deine Argumentation fehlschlägt.
Mit dieser Passage reißt Du deine obige Selbsteinschätzung, die ich registriert habe, wieder ein:
fwo hat folgendes geschrieben: | Ich wäre Dir also sehr verbunden, wenn Du mir in der Sache sagst, warum diese Dinge nicht strukturanalog sind und warum deshalb nach Deiner Meinung keine Evolution vorliegt, und dich nicht nur auf "Ih, Du hast Evolution gesagt und das gildet bei diesem Thema nicht" beschränkst, weil Du darauf bestehst, dass die enge Bedeutung, die Du mit dem Begriff Evolution verbindest, Allgemeingültigkeit hat. |
Postulierst Du nun einzig eine Strukturanalogie? (Deren Gültigkeit im Übrigen erstmal Du plausible machen müsstest. Was ich aus oa Gründen für unmöglich halte.)
Oder postulierst Du nun eine Evolutionstheorie, die die soziale Geschichte mitsamt Normativität umfasst?
edit: korrektur
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26441
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(#2106861) Verfasst am: 12.09.2017, 11:38 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | ....
Postulierst Du nun einzig eine Strukturanalogie? (Deren Gültigkeit im Übrigen erstmal Du plausible machen müsstest. Was ich aus oa Gründen für unmöglich halte.)
Oder postulierst Du nun eine Evolutionstheorie, die die soziale Geschichte mitsamt Normativität umfasst? |
Kannst Du mir mal den Unterschied zischen diesen beiden Positionen erläutern?
Die Evolutionstheorie ist auch in der Biologie nur eine abstrakte Prozessbeschreibung, die weder Zukunftsaussagen noch soetwas wie eine Ethik aus der Vergangenheit heraus ermöglicht.
zelig hat folgendes geschrieben: | ....
Ich reagiere eben sehr empfindlich auf Versuche, aus dem Sein ein Sollen zu folgern. Das Muster erscheint immer wieder in unterschiedlichen Variationen. Und ich glaube, es wäre fair und/oder kraftsparend, wenn du eingestehen würdest, daß es auch in diesem Fall deiner Argumentation unterlegt ist. ... |
Ich weiß nicht, wo Du das jetzt herhast, aber ich habe da nichts einzugestehen. Es sei denn, Du zeigst mir, dass ich an einer grundsätzlichen Stelle das Natürliche immer für das richtige halte. Ich glaube aber nicht, das Dir das gelingt. Stattdessen kannst Du von mir mit Sicherheit Aussagen in dieser Art finden (ich suche jetzt nicht extra, sondern formuliere einfach):
Naturwissenschaft entwickelt Beschreibungen der Welt, die im Idealfall Vorhersagen der Form "wenn wir dieses machen passiert mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit jenes" ermöglicht. Ob jenes gewollt ist, ist aber eine Entscheidung, die letzten Endes immer eine moralische ist. Wer also versucht, Politik wissenschaftlich zu begründen, begeht einen Irrtum und auf die Natur als letzte Instanz kann sich nur berufen, wer die Natur als göttliches Gesetz sieht.
Und nun erkläre mir, wie es möglich sein soll, aus der Beschreibung der kulturellen Entwicklung als Evolution ein Sollen in irgendeiner Richtung zu folgern, nachdem man begriffen hat, was die Evolutionstheorie sagt. ***
EDIT: ps
*** Es kann nie eine politische Entscheidung geben, die das Faktum, dass auch Kultur eine evolutionäre Entwicklung ist, ändert. Deshalb ist es unmöglich, aus der Beschreibung der Kultur als Evolution irgendeine politische Entscheidung abzuleiten.
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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smallie resistent!?
Anmeldungsdatum: 02.04.2010 Beiträge: 3726
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(#2106884) Verfasst am: 12.09.2017, 16:58 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | Dieses undifferenzierte Grummeln bei der Anwendung der Vokabel Evolution auf kulturelle Prozesse ist ja um so lustiger, als die Geisteswissenschaften, bevor das böse Wort Evolution ausgesprochen worden war, schon immer davon ausgegangen sind, dass auch Kultur einer Evolution unterliegt - oder wie nennt man diese Entwicklungen sonst, deren Ergebnisse man so gerne als Baumstruktur darstellt? Die vergleichende Linguistik hat von Anfang an Stammbäume der Sprachentwicklung entworfen. |
Ich reagiere eben sehr empfindlich auf Versuche, aus dem Sein ein Sollen zu folgern. Das Muster erscheint immer wieder in unterschiedlichen Variationen. Und ich glaube, es wäre fair und/oder kraftsparend, wenn du eingestehen würdest, daß es auch in diesem Fall deiner Argumentation unterlegt ist. |
Du beziehst dich vermutlich auf diese Stelle:
zelig hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | Aus der Sicht der Evolution in einer begrenzten Welt ist immer das System das überlegene, das es schafft, gegenüber den konkurrierenden Systemen den größten Teil der Ressourcen für sich zu beanspruchen. |
Ich glaube nicht, daß die Aussage Bestand hat. Wenn Du schreiben würdest,
Aus der Sicht der Evolutionstheorie in einer begrenzten Welt ist immer die Population überlegen, die es schafft, sich gegenüber der konkurrierenden Population durchzusetzen.
könnte ich mich dem anschließen. |
Was könnte fwo alles gemeint haben mit "den größten Teil der Ressourcen für sich zu beanspruchen"?
- Blattschneiderameisen, die sich Blattwerk als Ressource erschlossen haben.
- Ameisen, die Blattläuse als Ressource erschlossen haben und sie gegen Marienkäfer etc. verteidigen.
- See-Elefanten, die ihr Revier und ihre Weibchen gegen einen Konkurrenten verteidigen, der dann leer ausgeht.
- Silberrücken-Gorillas, die rangniedrigere Männchen an der Kopulation mit ihrem Haarem hindern.
- Kolonialstaaten, die die Ressourcen ihrer Kolonien für sich beanspruchen.
Derartiges fällt mir dazu ein. Ich mußte übrigens auch erstmal nachdenken, weil man fwos Formulierung über die Ressourcen heute nicht mehr ganz so oft liest. Sie gehört aber zum Fundament der ganzen Sache.
zelig hat folgendes geschrieben: | Meines Wissens lässt sich die Aussage nicht auf "Systeme" übertragen, noch lässt sich die Aussage zur Ressourcenbeanspruchung als alleinig entscheidende Größe verallgemeinern. |
Das erklärt noch nicht, warum du fwos These einen Drall unterstellst.
Es ist nicht so schwer, Negativbeispiele zur Ressourcenbeanspruchung zu finden, siehe das Beispiel von den Kolonialstaaten, und fwo ins Verhör zu nehmen, wie er das einordnet.
PS: Meta-Kommentar.
zelig hat folgendes geschrieben: | Aber insgesamt merkt man eben den Willen, eine Sache auf eine bestimmte Weise darzustellen, die naturwissenschaftlich einfach nicht haltbar ist. Unter Zuhilfenahme von Ungenauigkeiten. |
Die "bestimmte Weise" der Darstellung hast du unbestimmt gelassen. Es bleibt nur die Spekulation, daß mit der "bestimmten Weise" eine sozialdarwinistische Weise gemeint ist. Oder irgendetwas anderes unaussprechliches. Unter Freunden - dazu zähle ich dich - kann man sich schon mal ein "du Depp" oder "du Faschist" an den Kopf werfen. Dann weiß man, woran man ist, und niemand muß darüber spekulieren, was mit der "bestimmten Weise" gemeint sein könnte.
_________________ "There are two hard things in computer science: cache invalidation, naming things, and off-by-one errors."
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#2106886) Verfasst am: 12.09.2017, 17:25 Titel: |
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smallie hat folgendes geschrieben: | Die "bestimmte Weise" der Darstellung hast du unbestimmt gelassen. Es bleibt nur die Spekulation, daß mit der "bestimmten Weise" eine sozialdarwinistische Weise gemeint ist. Oder irgendetwas anderes unaussprechliches. Unter Freunden - dazu zähle ich dich - kann man sich schon mal ein "du Depp" oder "du Faschist" an den Kopf werfen. Dann weiß man, woran man ist, und niemand muß darüber spekulieren, was mit der "bestimmten Weise" gemeint sein könnte. |
Eyh, mal bisschen runterschrauben. Ich meine damit eben nur die Weise, wie fwo die Sache darstellt. Nicht einen bestimmten Typ der Darstellung. Ich weiß noch nicht mal, wie ich den Unterschied der Bedeutungen von "etwas auf eine Weise darstellen, die die Darstellung plausibel erscheinen lassen soll, obwohl sie nicht plausibel ist" und "etwas auf eine sozialdarwinistische oder eine andere unaussprechliche Weise darstellen" erklären soll. Ich habe nicht im Entfernten an Sozialdarwinismus gedacht in diesem Zusammenhang. Auf so eine Idee mus man erstmal kommen.
Und dann "Fascho" und "Depp". Da würde ich einem Freund auch mal den Vogel zeigen, wenn er oder sie auf die Idee kommt, ich würde was in dieser Richtung unterstellen [was ich hiermit mache: *vogelzeig* :-) ]
Hier gibt es keine erkennbaren Faschos zur Zeit, und deppert stellt sich jede/r mal an.
Das Thema aus meiner Sicht ist mal wieder der mehr oder weniger verdeckte naturalistische Fehlschluss in der Argumentation. Und ich dachte, ich hätte das mit "kein Sollen aus dem Sein" nachvollziehbar formuliert.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26441
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(#2106889) Verfasst am: 12.09.2017, 17:39 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | ....
Das Thema aus meiner Sicht ist mal wieder der mehr oder weniger verdeckte naturalistische Fehlschluss in der Argumentation. Und ich dachte, ich hätte das mit "kein Sollen aus dem Sein" nachvollziehbar formuliert. |
Hast Du.
Und ich weiß auch schon lange, dass man - nicht nur Du - ihn mir hier unterjubeln will.
fwo hat folgendes geschrieben: | ....
In dem von Dir beantworteten Post habe ich nur von Evolution geschrieben, von nichts anderem. Wie kommst Du darauf, dass ich da von irgendetwas anderem schreiben würde als von der evolutionären Überlegenheit? Erhebst Du jetzt den naturalistischen Fehlschluss zum Standard und bestehst deshalb darauf, keinen Vorgang dieser Erde unter einem anderen Standpunkt als dem humanistischen zu betrachten?.... |
fwo hat folgendes geschrieben: | ...
Eine evolutionäre Betrachtung ist nur dann eine wertende, wenn Du den naturalistischen Fehlschluss zum Standard erhebst. Das scheint hier sehr beliebt zu sein. |
Aber hier geht es gerade nicht einmal um die evolutionäre Betrachtung eines einzelnen Verhaltens, sondern um die Beschreibung einer Struktur als Evolution.
Auf das Problem, das sich daraus für die Unterstellung eines naturalistischen Fehlschlusses ergibt, habe ich oben hingewiesen und Du hast noch nicht gesagt, in welcher Weise hier überhaupt ein naturalistischer Fehlschluss möglich sein soll.
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smallie resistent!?
Anmeldungsdatum: 02.04.2010 Beiträge: 3726
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(#2106894) Verfasst am: 12.09.2017, 19:47 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | smallie hat folgendes geschrieben: | Die "bestimmte Weise" der Darstellung hast du unbestimmt gelassen. Es bleibt nur die Spekulation, daß mit der "bestimmten Weise" eine sozialdarwinistische Weise gemeint ist. Oder irgendetwas anderes unaussprechliches. Unter Freunden - dazu zähle ich dich - kann man sich schon mal ein "du Depp" oder "du Faschist" an den Kopf werfen. Dann weiß man, woran man ist, und niemand muß darüber spekulieren, was mit der "bestimmten Weise" gemeint sein könnte. |
Eyh, mal bisschen runterschrauben. |
Du kennst doch meinen Hang zu plakativen Formulierungen.
zelig hat folgendes geschrieben: | Ich meine damit eben nur die Weise, wie fwo die Sache darstellt. |
Welche Weise ist denn das? Die hast du immer noch nicht benannt.
zelig hat folgendes geschrieben: | Und dann "Fascho" und "Depp". Da würde ich einem Freund auch mal den Vogel zeigen, wenn er oder sie auf die Idee kommt, ich würde was in dieser Richtung unterstellen [was ich hiermit mache: *vogelzeig* ] |
You're welcome.
zelig hat folgendes geschrieben: | Das Thema aus meiner Sicht ist mal wieder der mehr oder weniger verdeckte naturalistische Fehlschluss in der Argumentation. Und ich dachte, ich hätte das mit "kein Sollen aus dem Sein" nachvollziehbar formuliert. |
Ich war noch nicht fertig und hab' noch mehr zum Thema.
zelig hat folgendes geschrieben: | Ich reagiere eben sehr empfindlich auf Versuche, aus dem Sein ein Sollen zu folgern. Das Muster erscheint immer wieder in unterschiedlichen Variationen. |
Wer macht denn das?
Religion war oder ist eine adaptive Sache, sie hatte wesentlichen Anteil bei der Ausformung von Gesellschaften von vor und nach der Zeitenwende. Das ist das Sein. Trotzdem wirst du weder von mir noch von fwo hören, wir sollten jetzt alle religiös werden.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26441
Wohnort: im Speckgürtel
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(#2106920) Verfasst am: 13.09.2017, 10:36 Titel: |
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@ zelig
Hilf mir doch mal, mir fällt nichts ein.
zelig hat folgendes geschrieben: | .....
Ich reagiere eben sehr empfindlich auf Versuche, aus dem Sein ein Sollen zu folgern. Das Muster erscheint immer wieder in unterschiedlichen Variationen. .... |
Du musst doch da etwas Bestimmtes im Kopf gehabt haben, was ich wie daraus folgern wollte, dass ich die menschliche Kultur zur Evolution erkläre. Das wüsste ich jetzt gerne, welcher naturalistische Fehlschluss hier möglich ist.
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Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#2106942) Verfasst am: 13.09.2017, 16:26 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | @ zelig
Hilf mir doch mal, mir fällt nichts ein.
zelig hat folgendes geschrieben: | .....
Ich reagiere eben sehr empfindlich auf Versuche, aus dem Sein ein Sollen zu folgern. Das Muster erscheint immer wieder in unterschiedlichen Variationen. .... |
Du musst doch da etwas Bestimmtes im Kopf gehabt haben, was ich wie daraus folgern wollte, dass ich die menschliche Kultur zur Evolution erkläre. Das wüsste ich jetzt gerne, welcher naturalistische Fehlschluss hier möglich ist. |
Nun ja, eine direkte moralische Forderung folgt daraus natürlich nicht. Der Subtext könnte aber sein, dass derjenige, der etwas "progressives" fordert, das (vermeintlich) evolutionäre ausgebildeten Eigenschaften widerspricht, sich gewissermaßen am Wesen des Menschen "versündige" und realitätsfremden Idealen nachhinge, während das Welt - und Menschenbild des Konservativen "realistischer" ist, indem es dem Menschen entspräche, wie er nun einmal (evolutionsbedingt) sei.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26441
Wohnort: im Speckgürtel
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(#2106946) Verfasst am: 13.09.2017, 17:50 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | @ zelig
Hilf mir doch mal, mir fällt nichts ein.
zelig hat folgendes geschrieben: | .....
Ich reagiere eben sehr empfindlich auf Versuche, aus dem Sein ein Sollen zu folgern. Das Muster erscheint immer wieder in unterschiedlichen Variationen. .... |
Du musst doch da etwas Bestimmtes im Kopf gehabt haben, was ich wie daraus folgern wollte, dass ich die menschliche Kultur zur Evolution erkläre. Das wüsste ich jetzt gerne, welcher naturalistische Fehlschluss hier möglich ist. |
Nun ja, eine direkte moralische Forderung folgt daraus natürlich nicht. Der Subtext könnte aber sein, dass derjenige, der etwas "progressives" fordert, das (vermeintlich) evolutionäre ausgebildeten Eigenschaften widerspricht, sich gewissermaßen am Wesen des Menschen "versündige" und realitätsfremden Idealen nachhinge, während das Welt - und Menschenbild des Konservativen "realistischer" ist, indem es dem Menschen entspräche, wie er nun einmal (evolutionsbedingt) sei. |
Dem kann man aber ganz freundlich antworten, dass es sich hier nicht um die genetische, sondern um die kulturelle Evolution handelt, die die absichtlichen Zutaten des Menschen bereits beinhaltet. Und Evolution ist nichts, was anhält. Wenn man also den bisherigen Verlauf der kulturellen Entwicklung als besonders wertvoll erachtet, weil er so stattgefunden hat, wie kulturelle Entwicklung halt stattfindet, muss diese Wertschätzung auch automatisch auf die weitere Entwicklung übertragen werden, weil die in der selben Weise stattfinden wird, nämlich durch das mehr oder weniger bewusste Zutun der Menschen.
Das genau war mit diesem Satz gemeint:
fwo hat folgendes geschrieben: | ....
EDIT: ps
*** Es kann nie eine politische Entscheidung geben, die das Faktum, dass auch Kultur eine evolutionäre Entwicklung ist, ändert. Deshalb ist es unmöglich, aus der Beschreibung der Kultur als Evolution irgendeine politische Entscheidung abzuleiten. |
Aber zelig hat weniger allgemein gesprochen, smallie hat die Zitate oben aufgereiht, sonder sein Gefühl war offensichtlich, dass ich damit etwas besonderes vorhabe, vielleicht ja auch unbewusst, auch wenn er mich gebeten hat, etwas zuzugeben. Und gerade, weil mir nichts einfällt, wie man hieraus überhaupt irgendetwas ableiten kann, besteht mein Rätsel ist jetzt immer noch darin, was zelig da bei mir am werken sah. Aber da kann nur er helfen.
Deshalb ja mein Gebet an ihn: Zelig hilf mir in der Not!
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#2107006) Verfasst am: 14.09.2017, 16:59 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Aber zelig hat weniger allgemein gesprochen, smallie hat die Zitate oben aufgereiht, sonder sein Gefühl war offensichtlich, dass ich damit etwas besonderes vorhabe |
Vorweg, nein!
Lass es mich so umschreiben: Du stellst das Verhältnis von Evolution und Kultur tendenziös dar. Aus Deiner Perspektive ist die Darstellung natürlich völlig korrekt. Aber damit ist nicht der Vorwurf einer bösen Absicht verknüpft. Ich verorte das irgendwo zwischen ideologisch und kämpferisch. Ist nicht böse gemeint, macht die Sache für Dich jedoch vermutlich nicht besser. Ich will das auch nicht weiter vertiefen.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Nun ja, eine direkte moralische Forderung folgt daraus natürlich nicht. Der Subtext könnte aber sein, dass derjenige, der etwas "progressives" fordert, das (vermeintlich) evolutionäre ausgebildeten Eigenschaften widerspricht, sich gewissermaßen am Wesen des Menschen "versündige" und realitätsfremden Idealen nachhinge, während das Welt - und Menschenbild des Konservativen "realistischer" ist, indem es dem Menschen entspräche, wie er nun einmal (evolutionsbedingt) sei. |
Ja.
So habe ich zum Beispiel den Eindruck, daß Du nicht mehr wahrnehmen kannst, daß die gefettete Prämisse mitsamt einiger folgender Aussagen noch Gegenstand der Diskussion ist.
fwo hat folgendes geschrieben: | Dem kann man aber ganz freundlich antworten, dass es sich hier nicht um die genetische, sondern um die kulturelle Evolution handelt, die die absichtlichen Zutaten des Menschen bereits beinhaltet. Und Evolution ist nichts, was anhält. Wenn man also den bisherigen Verlauf der kulturellen Entwicklung als besonders wertvoll erachtet, weil er so stattgefunden hat, wie kulturelle Entwicklung halt stattfindet, muss diese Wertschätzung auch automatisch auf die weitere Entwicklung übertragen werden, weil die in der selben Weise stattfinden wird, nämlich durch das mehr oder weniger bewusste Zutun der Menschen. |
Auch hier nochmal etwas als Faktum zu bezeichnen, was ja gerade zur Diskussion steht. Nämlich die Missachtung der Unterschiede 2er Sphären.
fwo hat folgendes geschrieben: | ....
EDIT: ps
*** Es kann nie eine politische Entscheidung geben, die das Faktum, dass auch Kultur eine evolutionäre Entwicklung ist, ändert. Deshalb ist es unmöglich, aus der Beschreibung der Kultur als Evolution irgendeine politische Entscheidung abzuleiten. |
Ehrlich gesagt, verstehe ich das auch nicht. Ich erkenne den Sinn nicht. Vielleicht bin ich zu begrenzt. Weshalb soll es unmöglich sein, "aus der Beschreibung der Kultur als Evolution irgendeine politische Entscheidung abzuleiten"? Ich verstehe den Schluss nicht. De facto wird und wurde das praktiziert.
Ich frage mich gerade, ob Du die Evolution einmal eher als Metapher für sich langsam wandelnde Prozesse verwendest, und ein andermal jedoch von der wissenschaftlichen Evolutionstheorie sprichst. Ohne den sich ändernden Gebrauch kenntlich zu machen. Aber ich bin mir nicht sicher.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26441
Wohnort: im Speckgürtel
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(#2107025) Verfasst am: 14.09.2017, 21:08 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | ....
fwo hat folgendes geschrieben: | ....
EDIT: ps
*** Es kann nie eine politische Entscheidung geben, die das Faktum, dass auch Kultur eine evolutionäre Entwicklung ist, ändert. Deshalb ist es unmöglich, aus der Beschreibung der Kultur als Evolution irgendeine politische Entscheidung abzuleiten. |
Ehrlich gesagt, verstehe ich das auch nicht. Ich erkenne den Sinn nicht. Vielleicht bin ich zu begrenzt. Weshalb soll es unmöglich sein, "aus der Beschreibung der Kultur als Evolution irgendeine politische Entscheidung abzuleiten"? Ich verstehe den Schluss nicht. De facto wird und wurde das praktiziert.
Ich frage mich gerade, ob Du die Evolution einmal eher als Metapher für sich langsam wandelnde Prozesse verwendest, und ein andermal jedoch von der wissenschaftlichen Evolutionstheorie sprichst. Ohne den sich ändernden Gebrauch kenntlich zu machen. Aber ich bin mir nicht sicher. |
Fangen wir damit an. Der Sinn ist ganz einfach und auch schon auf die Frage von Zumsel ausgewalzt:
fwo hat folgendes geschrieben: | Dem kann man aber ganz freundlich antworten, dass es sich hier nicht um die genetische, sondern um die kulturelle Evolution handelt, die die absichtlichen Zutaten des Menschen bereits beinhaltet. Und Evolution ist nichts, was anhält. Wenn man also den bisherigen Verlauf der kulturellen Entwicklung als besonders wertvoll erachtet, weil er so stattgefunden hat, wie kulturelle Entwicklung halt stattfindet, muss diese Wertschätzung auch automatisch auf die weitere Entwicklung übertragen werden, weil die in der selben Weise stattfinden wird, nämlich durch das mehr oder weniger bewusste Zutun der Menschen. |
Die kulturelle Evolution brauchte ich an dieser Stelle schon deshalb nicht in Frage zustellen, weil Zumsel mit seiner Frage von ihr ausging. Wenn sowohl das Alte wie auch das Neue Produkt der Evolution ist, dann ist das Beharren des Marschbauern mit "Dat heb wie jümmers so moked" eine stichhaltigere Argumentation als die Feststellung, dass das alte das Ergebnis der Evolution sei. Und mit diesen Bauern ist die Menschheit bisher auch immer gut fertig geworden.
Ich brauche sie aber auch aus einem anderen Grund nicht in Frage zu stellen (ich nehme mal die Stelle, in der ich diese Definition hier im Forum das erste Mal gebracht habe, damals ohne was von Luhmann gehört zu haben):
fwo hat folgendes geschrieben: | ....
Jede sich selbst reproduzierende Struktur, die Reproduktionsfehler zu- und damit ihre Entwicklungslinie verzweigen lässt, und die mit einer Endlichkeit ihrer Ausbreitungsmöglichkeiten kämpft, erfährt zwangsläufig durch diese Randbedingungen eine evolutionäre Entwicklung, d.h. bei der Kultur den Wettkampf ihrer eigenen Verzweigungen um die Ressource Mensch.
Die Selbstreproduktion der Kultur (meine Stegreifdefinition: Summe des gelebten Wissens einer Gesellschaft) geschieht hier nicht innerhalb eines Organismus, sondern über die Weitergabe (= Kopie) dieses Wissens von einer Trägergeneration an die nächste. Das heißt, hier liegt eine Struktur vor, die evoliert. Die evoluieren muss.(s.o.) .... |
Da habe ich die wenigen Bedingungen skizziert, die es braucht, damit es zu einer Evolution (=evlutionäre Entwicklung) kommt. Ich käme in echte Schwierigkeiten, wenn Du mir wenigstens theoretisch zeigen könntest, wie es unter diesen Bedingungen nicht zu einer Evolution kommt. Versuch es.
An diesem Beispiel siehst Du auch schon, dass es sich nicht mehr um ein biologisches Konzept handelt, sondern um eine Abstraktion davon, die nur in der Biologie auch verwirklicht ist. Durch diese Abstraktion ist die Evolution jetzt in die Mathematik oder die Kybernetik gerutscht. Entweder irgendein Prozess hat ihre Merkmale, dann ist es eine, oder es ist eben keine. Das hat sonst keine Folgen als dass es einen Beitrag zur Systematisierung der Welt darstellt. Vergleiche es mit einer Kleinschen Vierergruppe, auch ein rein theoretisches Konstrukt. Und wenn Du eine Gruppe mit vier Elementen findest, deren Eigenschaften Du kennst, dann ist es entweder eine Kleinsche Vierergruppe oder nicht - da lohnen keine Diskussionen und Implikationen hat das auch nicht.
Wenn das jetzt tendenziös ist - in welche Richtung? Ich kann mit diesem Urteil nichts anfangen, bitte erkläre es mir. Gerade das musst Du vertiefen, wenn ich Deine Kritik verstehen soll.
Und nun packe ich noch ein bisschen Luhmann aus dem Luhmann.Wiki dazu, um zu entspannen:
Zitat: | Luhmann geht gleich zu Beginn des Kapitels "Evolution und Geschichte" darauf ein, inwiefern es bisher nicht gelungen ist, innerhalb der Theorie einer Evolution biologischer oder sozialer Systeme einen wirklichen theoretischen Zugewinn zu erhalten: "Nach Darwin und im Zuge eines vertieften Verständnisses der Mechanismen, die Evolution produzieren, muß man davon absehen, die Evolution selbst als eine Art gesetzmäßig ablaufenden Kausalprozeß zu begreifen und sie sich mit der Metapher der Bewegung oder des Prozesses zu veranschaulichen."
"Statt als einheitlicher Kausalprozeß ist Evolution zu begreifen als eine Form der Veränderungen von Systemen, die darin besteht, daß Funktionen der Variation, der Selektion und der Stabilisierung differenziert, das heißt durch verschiedene Mechanismen wahrgenommen, und dann wieder kombiniert werden."
"Als Evolution ist dann der historische Zusammenhang derjenigen Strukturänderungen zu bezeichnen, die durch das Zusammenspiel dieser Mechanismen ausgelöst werden — wie immer sie im gesellschaftlichen Leben bewertet werden." |
Die besondere Vorsicht, die bei Eingriffen in biologische Systeme immer wieder gefordert wird, weil es sich um Produkte der Evolution handelt, hat weniger damit zu tun, dass die Evolution an sich ein Wert wäre, als vielmehr damit, dass wir diese Evolution bisher nur in ganz kleinen Bruchstücken verstanden haben.
Genetik: Wir wissen zwar, wie ein Eiweiß kodiert wird, aber wie innerhalb der DNA der Bauplan eines Lebewesen versteckt ist, haben wir keine Ahnung.
Ökologie: Wir teilen die Biosphäre zwar in Lebensräume ein, von denen wir die größeren Organismen zum großen Teil auch benennen können, aber von ihrer Biologie, d.h. ihren Bedürfnissen und Vernetzungen haben wir im Grunde noch keine Ahnung, wir sind schon überfordert, auch nur das Leben in einem Kuhfladen einigermaßen vollständig zu beschreiben. Das heißt, dass wir auch überfordert sind, bei ganz vielen Eingriffen, die wir machen, die Folgen wirklich vorherzusagen.
Unser praktische Wissen über unsere Kultur und unser Wirken in und an ihr wird sich dadurch, dass wir sie als Evolution erkennen nicht wirklich ändern. Warum sollte das also unseren Umgang mit ihr ändern?
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
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smallie resistent!?
Anmeldungsdatum: 02.04.2010 Beiträge: 3726
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(#2107032) Verfasst am: 14.09.2017, 22:10 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | Aber zelig hat weniger allgemein gesprochen, smallie hat die Zitate oben aufgereiht, sonder sein Gefühl war offensichtlich, dass ich damit etwas besonderes vorhabe |
Vorweg, nein!
Lass es mich so umschreiben: Du stellst das Verhältnis von Evolution und Kultur tendenziös dar. Aus Deiner Perspektive ist die Darstellung natürlich völlig korrekt. Aber damit ist nicht der Vorwurf einer bösen Absicht verknüpft. Ich verorte das irgendwo zwischen ideologisch und kämpferisch. |
Sehr ideologisch und sehr kämpferisch ist es zum Beispiel, wenn fwo und ich den evolutionär-adaptiven Wert von Religionen würdigen. Das ist schamlos tendenziös von uns beiden.
(Ich hoffe fwo hier nichts in den Mund zu legen.)
_________________ "There are two hard things in computer science: cache invalidation, naming things, and off-by-one errors."
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
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(#2107035) Verfasst am: 14.09.2017, 22:40 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | smallie hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | smallie hat folgendes geschrieben: | Witzig, daß du "tautologisch" sagst. Folgendes habe ich gestern aufgeschrieben, aber die Antwort nicht mehr fertig bekommen.
Evolution ist per Definition die Durchsetzung der Durchsetzungsfähigsten. Das wurde und wird der Evolutionstheorie oft als Nullaussage, als Tautologie, angekreidet.
|
Deine Aussage ist völlig falsch. Evolution ist das Überleben der zufällig am besten Angepassten und dies ist gerade keine Tautologie, weil hier a durch b erklärt wird und nicht a durch sich selbst. |
fwo hat das Stichwort bereits genannt: Häufigkeiten.
Du hast eine Menge von Dingen. Die Menge läßt sich in Untergruppen mit gemeinsamen Merkmalen zerlegen. Die Untergruppen haben eine bestimmte Häufigkeit. Jetzt betrachtest du eine Eltern- und eine Kindgeneration dieser Dinge. Die Änderung der Häufigkeit der Merkmale ist ihre Fitness. Wenn ein Merkmal eine bestimmte Fitness hat, dann ist der Anteil dieses Merkmals in der Folgegeneration um diesen Fitnessfaktor erhöht. |
Es sei denn, die Umwelt hat sich wieder mal geändert. Dann können die Eigenschaften, die früher *Fitness* waren, heute das Gegenteil davon sein. .... |
@Skeptiker
Wo ist da jetzt der Widerspruch in der Sache?
Fitness als Maß des Reproduktionserfolges ist immer ein Ausdruck der jeweiligen Situation. Genau so funktioniert Evolution und das, was smallie da beschrieben hat, findest Du unter dem Fachwort Gendrift bzw. Genshift, mit dem der Mechanismus erklärt wird, mit dem Anpassung in bei biologischen Populationen stattfindet - die Ebene der Evolution ist die Population und nicht das Individuum, auch wenn auch andere Perspektiven manchmal hilfreich sein können, wie bei Dawkins, der von der Fitness der Gene spricht.
Allerdings wird Dir ein Nachschlagen der einzelnen Begriffe nicht sehr viel nutzen, solange Du nicht selbst anfängst, in diesen Zusammenhängen zu denken. |
In welchen Zusammenhängen? smallie liefert hier eine theorielose Tautologie als *Definition von Evolution* und du gehst in keiner Weise auf meine Anmerkungen zu Gemeinschaft/Gesellschaft ein, sondern redest davon, dass Evolution in Populationen stattfinde.
Sind Kulturen oder Gesellschaften denn Populationen? Wohl kaum.
Bevor man allzu viel schreibt, muss man zuerst die Hausaufgaben machen, d.h. die Begriffe klären, anstatt mit völlig ungeklärten Begriffen immer weiter nach vorne hetzen - ins theoretische Nirgendwo.
Meine Aussage zum vermeintlichen Nutzen von Sexismus und Herrschaft war die, dass ich sinngemäß sagte: Diese Unterdrückungen und Diskriminierungen waren der Dummheit des Kulturneulings Mensch geschuldet und haben bis heute verheerende Schäden angerichtet.
Suboptimal und falsch war die menschliche Vergangenheit wie es auch die Gegenwart ist.
Und dann stellst du dich hin und plädierst dafür, auf genau die Weise fortzufahren, wie die Menschheit bisher fortgefahren ist?
Das nenne ich Affirmation des Bestehenden ohne einen Funken von Analyse und Kritik.
_________________ °
K.I.Z - Frieden
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26441
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(#2107052) Verfasst am: 15.09.2017, 04:11 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | smallie hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | smallie hat folgendes geschrieben: | Witzig, daß du "tautologisch" sagst. Folgendes habe ich gestern aufgeschrieben, aber die Antwort nicht mehr fertig bekommen.
Evolution ist per Definition die Durchsetzung der Durchsetzungsfähigsten. Das wurde und wird der Evolutionstheorie oft als Nullaussage, als Tautologie, angekreidet.
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Deine Aussage ist völlig falsch. Evolution ist das Überleben der zufällig am besten Angepassten und dies ist gerade keine Tautologie, weil hier a durch b erklärt wird und nicht a durch sich selbst. |
fwo hat das Stichwort bereits genannt: Häufigkeiten.
Du hast eine Menge von Dingen. Die Menge läßt sich in Untergruppen mit gemeinsamen Merkmalen zerlegen. Die Untergruppen haben eine bestimmte Häufigkeit. Jetzt betrachtest du eine Eltern- und eine Kindgeneration dieser Dinge. Die Änderung der Häufigkeit der Merkmale ist ihre Fitness. Wenn ein Merkmal eine bestimmte Fitness hat, dann ist der Anteil dieses Merkmals in der Folgegeneration um diesen Fitnessfaktor erhöht. |
Es sei denn, die Umwelt hat sich wieder mal geändert. Dann können die Eigenschaften, die früher *Fitness* waren, heute das Gegenteil davon sein. .... |
@Skeptiker
Wo ist da jetzt der Widerspruch in der Sache?
Fitness als Maß des Reproduktionserfolges ist immer ein Ausdruck der jeweiligen Situation. Genau so funktioniert Evolution und das, was smallie da beschrieben hat, findest Du unter dem Fachwort Gendrift bzw. Genshift, mit dem der Mechanismus erklärt wird, mit dem Anpassung in bei biologischen Populationen stattfindet - die Ebene der Evolution ist die Population und nicht das Individuum, auch wenn auch andere Perspektiven manchmal hilfreich sein können, wie bei Dawkins, der von der Fitness der Gene spricht.
Allerdings wird Dir ein Nachschlagen der einzelnen Begriffe nicht sehr viel nutzen, solange Du nicht selbst anfängst, in diesen Zusammenhängen zu denken. |
In welchen Zusammenhängen? smallie liefert hier eine theorielose Tautologie als *Definition von Evolution* und du gehst in keiner Weise auf meine Anmerkungen zu Gemeinschaft/Gesellschaft ein, sondern redest davon, dass Evolution in Populationen stattfinde.
Sind Kulturen oder Gesellschaften denn Populationen? Wohl kaum.
... |
Das lässt sich allgemein überhaupt nicht sagen. Z.B. Wenn eine Gesellschaft stabile Heiratsschranken aufbaut, kann sie durchaus als biologische Population betrachtet werden.
Meine Antwort kam zu diesen beiden Aussagen:
Zitat: | Evolution ist das Überleben der zufällig am besten Angepassten und dies ist gerade keine Tautologie, weil hier a durch b erklärt wird und nicht a durch sich selbst. |
Zitat: | Es sei denn, die Umwelt hat sich wieder mal geändert. Dann können die Eigenschaften, die früher *Fitness* waren, heute das Gegenteil davon sein. |
Ganz abgesehen davon dass Eigenschaften nie Fitness sind, sondern höchstens einen Einfluss auf sie haben können, klingen diese beiden Aussagen für mich sehr danach, dass Du Dich da auf der Ebene des Individuums befindest. Es gibt ein paar depperte Sozialdarwinisten, die versuchen, die Evolution da anzusiedeln, aber das ist kein diskutabler Erkenntnisstand, weshalb ich Dich darauf aufmerksam gemacht habe, dass sich Evolution wie smallie und ich sie gerade diskutieren, auf der Ebene der Population abspielt.
Was allerdings genau die Ebene der Population bedeutet, lässt sich nicht allgemein sagen, sondern hängt von dem System ab, dessen Evolution Du gerade betrachtest. Das können auch Kulturen sein, und damit meine ich gerade nicht eine Menge von Leuten, die gerade Träger einer bestimmten Kultur sind.
Deine Unterscheidung zwischen Population und Gesellschaft ist gerade so hilfreich wie beim Müller die Unterscheidung zwischen Weißbrot und Kuchen, während er dabei ist, sich Gedanken über sein Mahlwerk zu machen.
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26441
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(#2107060) Verfasst am: 15.09.2017, 09:25 Titel: |
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smallie hat folgendes geschrieben: | ....
Sehr ideologisch und sehr kämpferisch ist es zum Beispiel, wenn fwo und ich den evolutionär-adaptiven Wert von Religionen würdigen. Das ist schamlos tendenziös von uns beiden.
(Ich hoffe fwo hier nichts in den Mund zu legen.) |
N' bisschen was schon. Ich formuliere das mal anders: Man kann hier nachlesen, dass ich bei dem Thema "Religion und Kirche als evolutionäre Struktur" im Gegensatz zum Themen "Rolle der Kirchen in unserer Politik" oder "Rolle der religiösen Erziehung in unserer Kindheitsentwicklung" gefühlsmäßig relativ unbeteiligt bin; da bin ich auch nicht involviert. Aber mit "evolutionär-adaptiven Wert von Religionen" kann ich aus dem Stegreif nichts anfangen und "würdigen" klingt für mich eigenartig in dem Zusammenhang, das kann aber an mir liegen.
Zum Vergleich: Ich habe hier ganz viel über die Rolle der Tradition, insbesondere über die Rolle der Sprache in der Menschwerdung geschrieben. Mir käme es nie in den Sinn, zu sagen, dass ich da was gewürdigt hätte.
@ zelig: Aber über meine Tendenzen beim Thema kulturelle Evolution würde ich schon gerne mehr erfahren.
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Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#2107073) Verfasst am: 15.09.2017, 12:25 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: |
Dem kann man aber ganz freundlich antworten, dass es sich hier nicht um die genetische, sondern um die kulturelle Evolution handelt, die die absichtlichen Zutaten des Menschen bereits beinhaltet. Und Evolution ist nichts, was anhält. |
Ähh, ja, da stimme ich natürlich voll zu. War gerade nur kurz wegen der maximal missverständlichen Wortwahl irritiert.
fwo hat folgendes geschrieben: |
Wenn man also den bisherigen Verlauf der kulturellen Entwicklung als besonders wertvoll erachtet, weil er so stattgefunden hat, wie kulturelle Entwicklung halt stattfindet, muss diese Wertschätzung auch automatisch auf die weitere Entwicklung übertragen werden, weil die in der selben Weise stattfinden wird, nämlich durch das mehr oder weniger bewusste Zutun der Menschen. |
Ja, wobei natürlich schon die Frage ist, was die Begriffe "Kultur" und "Fitness" in diesem Zusammenhang heißen sollen, und in wekchem Verhältnis sie genau stehen.
Ad hoc finde z.B. ich die Verknüpfung von Ressourcen und Kultur erst mal unplausibel. Platon eröffnete seine Akademie ein paar Jahrzehnte NACHDEM Athen seine Hegemonie über Griechenland im Peleponesischen Krieg verloren hatte. Frankreich blühte als Kulturnation nach der Niederlage gegen Deutschland 1871 auf. Der Islam erfreut sich in der arabischen Welt trotz deren atemberaubenden Niederganges ungetrübter Beliebtheit. Kulturen sind auch erstaunlich gut darin, sich an neue Gegebenheiten anzupassen. Reichtum lässt die Bedürfnisse wachsen, während wirtschaftliche Rückständige Gemeinschaften gerade aus Armut und Verzicht eine Tugend machen, sie mitunter gar ins transzendente überhöhen. Insofern ist schon die Frage, welcher generelle Mechanismus mit dem Begriff "kulturelle Evolution" beschriebrn werden soll.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26441
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(#2107079) Verfasst am: 15.09.2017, 13:28 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: |
Dem kann man aber ganz freundlich antworten, dass es sich hier nicht um die genetische, sondern um die kulturelle Evolution handelt, die die absichtlichen Zutaten des Menschen bereits beinhaltet. Und Evolution ist nichts, was anhält. |
Ähh, ja, da stimme ich natürlich voll zu. War gerade nur kurz wegen der maximal missverständlichen Wortwahl irritiert.
fwo hat folgendes geschrieben: |
Wenn man also den bisherigen Verlauf der kulturellen Entwicklung als besonders wertvoll erachtet, weil er so stattgefunden hat, wie kulturelle Entwicklung halt stattfindet, muss diese Wertschätzung auch automatisch auf die weitere Entwicklung übertragen werden, weil die in der selben Weise stattfinden wird, nämlich durch das mehr oder weniger bewusste Zutun der Menschen. |
Ja, wobei natürlich schon die Frage ist, was die Begriffe "Kultur" und "Fitness" in diesem Zusammenhang heißen sollen, und in wekchem Verhältnis sie genau stehen.
Ad hoc finde z.B. ich die Verknüpfung von Ressourcen und Kultur erst mal unplausibel. Platon eröffnete seine Akademie ein paar Jahrzehnte NACHDEM Athen seine Hegemonie über Griechenland im Peleponesischen Krieg verloren hatte. Frankreich blühte als Kulturnation nach der Niederlage gegen Deutschland 1871 auf. Der Islam erfreut sich in der arabischen Welt trotz deren atemberaubenden Niederganges ungetrübter Beliebtheit. Kulturen sind auch erstaunlich gut darin, sich an neue Gegebenheiten anzupassen. Reichtum lässt die Bedürfnisse wachsen, während wirtschaftliche Rückständige Gemeinschaften gerade aus Armut und Verzicht eine Tugend machen, sie mitunter gar ins transzendente überhöhen. Insofern ist schon die Frage, welcher generelle Mechanismus mit dem Begriff "kulturelle Evolution" beschriebrn werden soll. |
Der Kuddelmuddel entsteht hier aus den unterschiedlichen Bedeutungen, in denen Du Kultur gerade parallel benutzt. Wenn Du von der Blüte Frankreichs als Kulturnation schreibst, dann ist das gerade die Bewertung der damaligen Elite aus dem heutigen Feuilleton, das ist auch die selbe Ebene, in der smallie regelmäßig die kulturelle Blüte des Islam beschreibt. Die Ressource, um die es mir bei meiner Betrachtung geht, sind die Köpfe der Menschen, und diese Blüten finden in einer verschwindenden Minderheit statt. Es kann sein, dass das den Weg in die Zukunft findet, muss aber nicht, wie die Geschichte des Islam zeigt (wenn die Leute, um die es da geht, überhaupt Muslime waren). Ob diese Ideen sich verbreiten, hängt von anderen Eigenschaften als ästhetische Klarheit usw, also dem, was ich eben als Feuilleton-Bewertung karikiert habe, ab, es hat zum Beispiel damit zu tun, wie diese Ideen sich selbst durch die Formierung ihrer Träger gegen andere Ideen zu schützen wissen. Als plakatives Beispiel aus diesem Zusammenhang fällt mir sofort das Apostasieverbot ein. Und wenn Du dann siehst, wie Generationen von verfolgten Apostaten sich in der nicht mehr verbal sondern auf der Gefühlsebene tradierten Gottesfurcht der Träger dieser Religionen niederschlägt, dann haben wir da ein extremes Beispiel dafür, was ich mit der Formierung der Träger einer Idee meine.
Der Islam ist natürlich ein Bilderbuchbeispiel, als er mit seinem harten Apsostasieverbot einen saubere vertikale Tradition, d.h. seine Weitergabe an die nächste Generation, sicherstellt. Die Geschichte wird natürlich komplizierter, wenn wir es zusätzlich mit horizontalen Informationsfüssen zu tun haben - eine derartige Unübersichtlichkeit der Kopierstränge existiert in der Biologie nur in der Welt der Bakterien.
Eine weitere Eigenschaft, die Kultur haben muss, um sich durchzusetzen, ist natürlich, ihre Träger in der Summe mit einem Überlebens-, bzw Fortpflanzungsvorteil auszustatten. Dass das nicht unbedingt heißt, dass eine erfolgreiche Kultur ihre Träger zum Kinderkriegen animiert, ist an den mittelalterlichen Mönchsorden zu sehen. Die Mitglieder selbst hatten die Vermehrung weitgehend eingestellt und bedienten sich der Brut ihrer Untertanen. Erfolgreich waren sie durch die Effektivität, in der sie das Leben, über das sie zu bestimmen hatten, organisierten, und trugen dadurch auch ihre Religion weiter.
Das nur mal so als Gedankensplitter zu dem Thema.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#2107080) Verfasst am: 15.09.2017, 13:38 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | smallie liefert hier eine theorielose Tautologie als *Definition von Evolution* und du gehst in keiner Weise auf meine Anmerkungen zu Gemeinschaft/Gesellschaft ein, sondern redest davon, dass Evolution in Populationen stattfinde.
Sind Kulturen oder Gesellschaften denn Populationen? Wohl kaum. ... |
Das lässt sich allgemein überhaupt nicht sagen. Z.B. Wenn eine Gesellschaft stabile Heiratsschranken aufbaut, kann sie durchaus als biologische Population betrachtet werden. |
Von Biologie reden wir doch gar nicht. Das Spiel heisst: "Such' die Population (bei der kulturellen Evolution)!"
Tja, wo isse denn da?
fwo hat folgendes geschrieben: | Meine Antwort kam zu diesen beiden Aussagen:
Zitat: | Evolution ist das Überleben der zufällig am besten Angepassten und dies ist gerade keine Tautologie, weil hier a durch b erklärt wird und nicht a durch sich selbst. |
Zitat: | Es sei denn, die Umwelt hat sich wieder mal geändert. Dann können die Eigenschaften, die früher *Fitness* waren, heute das Gegenteil davon sein. |
Ganz abgesehen davon dass Eigenschaften nie Fitness sind, sondern höchstens einen Einfluss auf sie haben können, klingen diese beiden Aussagen für mich sehr danach, dass Du Dich da auf der Ebene des Individuums befindest. Es gibt ein paar depperte Sozialdarwinisten, die versuchen, die Evolution da anzusiedeln, aber das ist kein diskutabler Erkenntnisstand, weshalb ich Dich darauf aufmerksam gemacht habe, dass sich Evolution wie smallie und ich sie gerade diskutieren, auf der Ebene der Population abspielt. |
Und wie lautet smallies tautologischer Satz?
smallie hat folgendes geschrieben: | Evolution ist per Definition die Durchsetzung der Durchsetzungsfähigsten. Das wurde und wird der Evolutionstheorie oft als Nullaussage, als Tautologie, angekreidet. |
Auch hier: "Such die Population!" oder auch: "Such die Kultur!"
Denn wie der Sozialdarwinismus ist smallies Satz sowohl auf dem Mond gültig als auch in einem Mars-Erdloch. Mit Evolutionstheorie gemäß Darwin oder Mayr hat das ungefähr so viel zu tun wie Luther mit Aufklärung.
fwo hat folgendes geschrieben: | Was allerdings genau die Ebene der Population bedeutet, lässt sich nicht allgemein sagen, sondern hängt von dem System ab, dessen Evolution Du gerade betrachtest. Das können auch Kulturen sein, und damit meine ich gerade nicht eine Menge von Leuten, die gerade Träger einer bestimmten Kultur sind. |
Sondern? Du solltest vielleicht auch mal sagen, was du meinst und nicht immer nur, was du nicht meinst.
fwo hat folgendes geschrieben: | Deine Unterscheidung zwischen Population und Gesellschaft ist gerade so hilfreich wie beim Müller die Unterscheidung zwischen Weißbrot und Kuchen, während er dabei ist, sich Gedanken über sein Mahlwerk zu machen. |
Von Evolution der Kultur reden, aber soziologisches Wissen als Teil fortschrittlicher Kultur & Bildung ignorieren passt nicht so wirklich zusammen. Dein Motto offensichtlich: "Gemeinschaft und Gesellschaft? Egal, ist eh alles dasselbe."
Alles Bio - oder was?
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K.I.Z - Frieden
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Zuletzt bearbeitet von Skeptiker am 15.09.2017, 14:19, insgesamt 7-mal bearbeitet |
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#2107081) Verfasst am: 15.09.2017, 13:57 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Der Kuddelmuddel entsteht hier aus den unterschiedlichen Bedeutungen, in denen Du Kultur gerade parallel benutzt. Wenn Du von der Blüte Frankreichs als Kulturnation schreibst, dann ist das gerade die Bewertung der damaligen Elite aus dem heutigen Feuilleton, das ist auch die selbe Ebene, in der smallie regelmäßig die kulturelle Blüte des Islam beschreibt. Die Ressource, um die es mir bei meiner Betrachtung geht, sind die Köpfe der Menschen, und diese Blüten finden in einer verschwindenden Minderheit statt. Es kann sein, dass das den Weg in die Zukunft findet, muss aber nicht, wie die Geschichte des Islam zeigt (wenn die Leute, um die es da geht, überhaupt Muslime waren). Ob diese Ideen sich verbreiten, hängt von anderen Eigenschaften als ästhetische Klarheit usw, also dem, was ich eben als Feuilleton-Bewertung karikiert habe, ab, es hat zum Beispiel damit zu tun, wie diese Ideen sich selbst durch die Formierung ihrer Träger gegen andere Ideen zu schützen wissen. Als plakatives Beispiel aus diesem Zusammenhang fällt mir sofort das Apostasieverbot ein. Und wenn Du dann siehst, wie Generationen von verfolgten Apostaten sich in der nicht mehr verbal sondern auf der Gefühlsebene tradierten Gottesfurcht der Träger dieser Religionen niederschlägt, dann haben wir da ein extremes Beispiel dafür, was ich mit der Formierung der Träger einer Idee meine.
Der Islam ist natürlich ein Bilderbuchbeispiel, als er mit seinem harten Apsostasieverbot einen saubere vertikale Tradition, d.h. seine Weitergabe an die nächste Generation, sicherstellt. Die Geschichte wird natürlich komplizierter, wenn wir es zusätzlich mit horizontalen Informationsfüssen zu tun haben - eine derartige Unübersichtlichkeit der Kopierstränge existiert in der Biologie nur in der Welt der Bakterien.
Eine weitere Eigenschaft, die Kultur haben muss, um sich durchzusetzen, ist natürlich, ihre Träger in der Summe mit einem Überlebens-, bzw Fortpflanzungsvorteil auszustatten. Dass das nicht unbedingt heißt, dass eine erfolgreiche Kultur ihre Träger zum Kinderkriegen animiert, ist an den mittelalterlichen Mönchsorden zu sehen. Die Mitglieder selbst hatten die Vermehrung weitgehend eingestellt und bedienten sich der Brut ihrer Untertanen. Erfolgreich waren sie durch die Effektivität, in der sie das Leben, über das sie zu bestimmen hatten, organisierten, und trugen dadurch auch ihre Religion weiter.
Das nur mal so als Gedankensplitter zu dem Thema. |
Das ist ja wie bei den Bienen und Ameisen. Wahrscheinlich haben die auch Kultur.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26441
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(#2107087) Verfasst am: 15.09.2017, 15:11 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | ....
Mit Evolutionstheorie gemäß Darwin oder Mayr hat das ungefähr so viel zu tun wie Luther mit Aufklärung.
... |
Sehr gut. Das hat aber ziemlich lange gedauert, obwohl ich es ein paar mal formuliert habe. Zuletzt hier:
fwo hat folgendes geschrieben: | ... An diesem Beispiel siehst Du auch schon, dass es sich nicht mehr um ein biologisches Konzept handelt, sondern um eine Abstraktion davon, die nur in der Biologie auch verwirklicht ist. Durch diese Abstraktion ist die Evolution jetzt in die Mathematik oder die Kybernetik gerutscht. Entweder irgendein Prozess hat ihre Merkmale, dann ist es eine, oder es ist eben keine. .... |
Dementsprechend findet hier auch kein Bezug auf Darwin oder Mayr statt, sondern höchstens einer auf Luhmann, also so völlig unsoziologisch geht das hier gar nicht zu.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | ....
Das ist ja wie bei den Bienen und Ameisen. Wahrscheinlich haben die auch Kultur. |
Gar nicht so schlecht, aber bei denen läuft das über die Genetik.
Das Wort Kultur benutzen wir hier übrigens in der biologischen Bedeutung.
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
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Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#2107090) Verfasst am: 15.09.2017, 15:27 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: |
Der Kuddelmuddel entsteht hier aus den unterschiedlichen Bedeutungen, in denen Du Kultur gerade parallel benutzt. |
Jaja, natürlich, das war durchaus gewollt. Unter "Kultur" kann man sich schließlich alles und nichts vorstellen.
fwo hat folgendes geschrieben: |
Die Ressource, um die es mir bei meiner Betrachtung geht, sind die Köpfe der Menschen, und diese Blüten finden in einer verschwindenden Minderheit statt. |
Also geht es im Grunde um die Frage, wie es dazu kam, dass sich bestimmte Ideen durchgesetzt haben. Aber auf den Trichter, dass es ganz interessant sein könnte, das mal unter die Lupe zu nehmen, kam man ja nun auch schon ohne Evolutionstheorie...
fwo hat folgendes geschrieben: |
Es kann sein, dass das den Weg in die Zukunft findet, muss aber nicht, wie die Geschichte des Islam zeigt (wenn die Leute, um die es da geht, überhaupt Muslime waren). Ob diese Ideen sich verbreiten, hängt von anderen Eigenschaften als ästhetische Klarheit usw, also dem, was ich eben als Feuilleton-Bewertung karikiert habe, ab, es hat zum Beispiel damit zu tun, wie diese Ideen sich selbst durch die Formierung ihrer Träger gegen andere Ideen zu schützen wissen. Als plakatives Beispiel aus diesem Zusammenhang fällt mir sofort das Apostasieverbot ein. Und wenn Du dann siehst, wie Generationen von verfolgten Apostaten sich in der nicht mehr verbal sondern auf der Gefühlsebene tradierten Gottesfurcht der Träger dieser Religionen niederschlägt, dann haben wir da ein extremes Beispiel dafür, was ich mit der Formierung der Träger einer Idee meine. |
Ok, und glaubst du, man könnte das auf diese Weise auch für z.B. die griechische Neigung zum rationalen Denken durchdeklinieren? Oder überhaupt für die Idee philosphischer und wissenschaftlicher Wahrheitssuche? Denn das ist ja nun gerade das, was europäische Kultur im besten Sinne auszeichnet. In anderen Weltgegenden nahmen sie nicht annähernd diese Stellenwert ein wie hier. Und auch in Europa war diese Entwicklung ja keine gradlinige. Es gibt natürlich eine ganze Reihe von Theorien darüber, wie sich derartige Ideen historisch ausbilden und durchsetzen konnten, was sie gehemmt, was gefördert hat. Ich frage mich nur, inwiefern die Idee einer kulturellen Evolution hier einen Beitrag zur Klarheit leisten kann. Inwiefern dadurch etwas verständlicher wird, das vorher im Dunkeln lag.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#2107096) Verfasst am: 15.09.2017, 16:35 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | .... Mit Evolutionstheorie gemäß Darwin oder Mayr hat das ungefähr so viel zu tun wie Luther mit Aufklärung. ... |
Sehr gut. Das hat aber ziemlich lange gedauert, obwohl ich es ein paar mal formuliert habe. Zuletzt hier:
fwo hat folgendes geschrieben: | ... An diesem Beispiel siehst Du auch schon, dass es sich nicht mehr um ein biologisches Konzept handelt, sondern um eine Abstraktion davon, die nur in der Biologie auch verwirklicht ist. Durch diese Abstraktion ist die Evolution jetzt in die Mathematik oder die Kybernetik gerutscht. Entweder irgendein Prozess hat ihre Merkmale, dann ist es eine, oder es ist eben keine. .... |
Dementsprechend findet hier auch kein Bezug auf Darwin oder Mayr statt, sondern höchstens einer auf Luhmann, also so völlig unsoziologisch geht das hier gar nicht zu. |
Und was ist dann mit den Populationen? Du hattest doch eben noch behauptet, dass smallie und du angeblich von Populationen reden würdet.
Bring doch mal etwas System in dein Denken und Schreiben. Ich habe den Eindruck, daran fehlt es am meisten.
fwo hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | .... Das ist ja wie bei den Bienen und Ameisen. Wahrscheinlich haben die auch Kultur. |
Gar nicht so schlecht, aber bei denen läuft das über die Genetik.
Das Wort Kultur benutzen wir hier übrigens in der biologischen Bedeutung. |
Ach in der biologischen Bedeutung plötzlich wieder! Na da schau her!
Plötzlich ist nicht mehr von Abstraktion die Rede.
Ich schlage einfach mal vor, du sortierst dich erst mal und schreibst so lange erst mal nix mehr.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26441
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(#2107097) Verfasst am: 15.09.2017, 16:48 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | ...
Ok, und glaubst du, man könnte das auf diese Weise auch für z.B. die griechische Neigung zum rationalen Denken durchdeklinieren? Oder überhaupt für die Idee philosphischer und wissenschaftlicher Wahrheitssuche? Denn das ist ja nun gerade das, was europäische Kultur im besten Sinne auszeichnet. In anderen Weltgegenden nahmen sie nicht annähernd diese Stellenwert ein wie hier. Und auch in Europa war diese Entwicklung ja keine gradlinige. Es gibt natürlich eine ganze Reihe von Theorien darüber, wie sich derartige Ideen historisch ausbilden und durchsetzen konnten, was sie gehemmt, was gefördert hat. Ich frage mich nur, inwiefern die Idee einer kulturellen Evolution hier einen Beitrag zur Klarheit leisten kann. Inwiefern dadurch etwas verständlicher wird, das vorher im Dunkeln lag. |
Es gibt durchaus auch Ansätze einzelne Prozesse wie den die Entstehung einer Veröffentlichung nach Luhmanns Konzept zu analysieren und dann als Evolution zu bezeichnen, das ist aber nicht mein Thema, ich halte das für eine Verwässerung.
Etwas mehr in meine Richtung geht hier die Betrachtung des Medienpolitik.
Aber um auf die letzte Frage generell zu antworten: An der Stelle ist hierdurch nicht mehr Helligkeit zu erwarten - aber das ist zwangsläufig. Zum Vergleich: Für die Entwicklung des Pferdes bietet die Evolutionstheorie auch keine weitere Erklärung als die durch den paläontologischen Befund mit seiner Abfolge ähnlicher Skelette. Jede Evolutuionstheorie bietet immer nur einen theoretischen Überbau und lässt keine deduktiven Schlüsse zu. Die drei Sätze von Luhmann, die ich in der Antwort an zelig zitiert habe, geben den Rahmen gut wieder, was von der Evolutionstheorie zu erwarten ist - auch in der Biologie. In der letzteren wirkt das alles immer nur deshalb so gewaltig, weil es immer mit dem Wissen um Einzelprozesse wie z.B. die Meiose oder die Eiweißsynthese verknüpft wird, das natürlich den Gesamtprozess verständlicher macht, aber zur eigentlichen Evolutionstheorie nicht mehr dazu gehört, und auch nicht in der Lage ist, einen historischen Prozess einer speziellen Artbildung wirklich zu erklären.
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(#2107098) Verfasst am: 15.09.2017, 16:53 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | ....
Ach in der biologischen Bedeutung plötzlich wieder! Na da schau her!
Plötzlich ist nicht mehr von Abstraktion die Rede.
Ich schlage einfach mal vor, du sortierst dich erst mal und schreibst so lange erst mal nix mehr. |
Blubber doch rum. Darfst auch heulen.
Lies erst mal nach, wie der Kulturbegriff in der Biologie aussieht, vielleicht ahnst Du dann auch, warum ich den benutze. Auch für eine abstrakteren Betrachtung der Entwicklung von Kultur.
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#2107100) Verfasst am: 15.09.2017, 17:33 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Lies erst mal nach, wie der Kulturbegriff in der Biologie aussieht |
Zitat: | Der Kulturbegriff in der Biologie
Wie sehr auch immer sich ein Tier oder eine Pflanze an seine Umwelt anpasst: Eine Vererbung der durch Lernen oder durch physiologische Anpassung erworbenen Eigenschaften gilt als unmöglich, da die im Genom angelegten angeborenen Eigenschaften – abgesehen von wenigen epigenetischen Faktoren, deren Einflussbreite aber bereits im Genom verankert war – durch Umwelteinflüsse nicht verändert werden. Gleichwohl ist es möglich, dass ein Tier von den Eltern durch Prägung oder Imitationslernen erworbene Eigenschaften an die eigenen Nachkommen weitergibt. „Die Übertragung von Informationen von einer Generation zur nächsten auf nichtgenetischem Wege wird im Allgemeinen als kulturelle Tradition bezeichnet.“[32] In der Biologie werden solche kulturellen Traditionen allerdings häufig verkürzt als Kultur bezeichnet.[33]
Kulturelle Traditionen gibt es beispielsweise bei Vögeln, bei denen die Jungtiere den arttypischen Gesang im Wege der Prägung von den Eltern übernehmen. Auch der Werkzeuggebrauch bei Tieren entspricht häufig der Definition von kultureller Tradition. Die weitreichendsten Beispiele finden sich bei den Menschenaffen.[34] |
https://de.wikipedia.org/wiki/Kultur#Der_Kulturbegriff_in_der_Biologie
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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smallie resistent!?
Anmeldungsdatum: 02.04.2010 Beiträge: 3726
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(#2107104) Verfasst am: 15.09.2017, 18:44 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | smallie hat folgendes geschrieben: | fwo hat das Stichwort bereits genannt: Häufigkeiten.
Du hast eine Menge von Dingen. Die Menge läßt sich in Untergruppen mit gemeinsamen Merkmalen zerlegen. Die Untergruppen haben eine bestimmte Häufigkeit. Jetzt betrachtest du eine Eltern- und eine Kindgeneration dieser Dinge. Die Änderung der Häufigkeit der Merkmale ist ihre Fitness. Wenn ein Merkmal eine bestimmte Fitness hat, dann ist der Anteil dieses Merkmals in der Folgegeneration um diesen Fitnessfaktor erhöht. |
Es sei denn, die Umwelt hat sich wieder mal geändert. Dann können die Eigenschaften, die früher *Fitness* waren, heute das Gegenteil davon sein. |
Ja, natürlich.
Dafür gibt es in der Gleichung von Price den Term E(w dz).
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Dein Begriff von Fitness ist falsch. Deshalb das Tautologische in deinen Aussagen. |
Wenn er falsch ist, dann muß ein Teil der Fachliteratur seit den 1930er Jahren eingestampft werden. Der Begriff ist ja nicht auf meinem Mist gewachsen. Wenn du das alles schlüssig widerlegen kannst, dann hast du dir in der Zunft einen Namen gemacht.
Fitness ist wohl ein Begriff mit mehreren Bedeutungen. Einmal der exakte Begriff, wie er in der Literatur verwendet wird. Einmal der landläufige Begriff, etwa im Sinne des weißen Felles eines Schneehasen. In der Literatur wäre das eher ein predictor, also eine Größe, die eine Vorhersage zur Fitness erlaubt.
fwo hat es gut gesagt: Ganz abgesehen davon dass Eigenschaften nie Fitness sind, sondern höchstens einen Einfluss auf sie haben können
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Nur das mit der Fitness, das üben wir noch mal. |
No sports.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Denn wie der Sozialdarwinismus ist smallies Satz sowohl auf dem Mond gültig als auch in einem Mars-Erdloch. |
Interessant. An etwas ähnliches hatte ich auch gedacht. Ich sollte darauf zurückkommen.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Mit Evolutionstheorie gemäß Darwin oder Mayr hat das ungefähr so viel zu tun wie Luther mit Aufklärung. |
Stimmt so nicht. Darwin hat über kulturelle Evolution nachgedacht. Das ist, aus welchem Grund auch immer, in Vergessenheit geraten.
_________________ "There are two hard things in computer science: cache invalidation, naming things, and off-by-one errors."
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smallie resistent!?
Anmeldungsdatum: 02.04.2010 Beiträge: 3726
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(#2107108) Verfasst am: 15.09.2017, 19:25 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | Nun ja, eine direkte moralische Forderung folgt daraus natürlich nicht. Der Subtext könnte aber sein, dass derjenige, der etwas "progressives" fordert, das (vermeintlich) evolutionäre ausgebildeten Eigenschaften widerspricht, sich gewissermaßen am Wesen des Menschen "versündige" und realitätsfremden Idealen nachhinge, während das Welt - und Menschenbild des Konservativen "realistischer" ist, indem es dem Menschen entspräche, wie er nun einmal (evolutionsbedingt) sei. |
Diese zwei Argumente haben wir alle schon mal gehört. Einige werden ihnen zustimmen.
- Kommunismus kann nicht funktionieren, die Natur des Menschen gibt das nicht her.
- Pazifismus kann nicht funktionieren. Irgendwo gibt es immer irgendein Deutschland, das irgendein Polen überfallen will.
(Simple Feststellung. Ein Argument dazu fällt mir nicht ein.)
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Ja, wobei natürlich schon die Frage ist, was die Begriffe "Kultur" und "Fitness" in diesem Zusammenhang heißen sollen, und in wekchem Verhältnis sie genau stehen. ... Insofern ist schon die Frage, welcher generelle Mechanismus mit dem Begriff "kulturelle Evolution" beschriebrn werden soll. |
Eine kleine Auswahl, was aus der Ecke so kommt:
- Entwicklung der Monogamie. Hat sich durchgesetzt, weil Monogamie für die Gesellschaft ein Vorteil ist. Wie üblich wurde der eigentliche Grund nicht erkannt, sondern vorhandene moralische Regeln überformt, um sie durchzusetzen.
- Absinken der Geburtenrate. Das ist mit biologischer Evolution nicht zu erklären - eine riesige Erklärungslücke, die viel zu leichtfertig übersehen wird. Das Fachgebiet hat eine Erklärung dafür. Mehrere sogar.
- In den Schützengräben des ersten Weltkrieges entwickelte sich an manchen Frontabschnitten spontan ein System des Leben und Leben-lassens. Sehr zum Mißfallen der Heeresleitungen auf beiden Seiten. Die Populationen sind hier die Kompanien, die sich gegenüberstehen.
- merkantile Gesellschaften neigen zu mehr Offenheit und zu mehr gesellschaftlichen Freiheiten.
- Verlust von praktischen, handwerklichen Fähigkeiten, sobald eine Bevölkerungsschwelle unterschritten wird. So passiert in Tasmanien.
PS: Muß unbedingt mal die Geschichte von Mary Wollstonecraft erzählen.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26441
Wohnort: im Speckgürtel
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(#2107116) Verfasst am: 15.09.2017, 20:03 Titel: |
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smallie hat folgendes geschrieben: | Zumsel hat folgendes geschrieben: | Nun ja, eine direkte moralische Forderung folgt daraus natürlich nicht. Der Subtext könnte aber sein, dass derjenige, der etwas "progressives" fordert, das (vermeintlich) evolutionäre ausgebildeten Eigenschaften widerspricht, sich gewissermaßen am Wesen des Menschen "versündige" und realitätsfremden Idealen nachhinge, während das Welt - und Menschenbild des Konservativen "realistischer" ist, indem es dem Menschen entspräche, wie er nun einmal (evolutionsbedingt) sei. |
Diese zwei Argumente haben wir alle schon mal gehört. Einige werden ihnen zustimmen.
- Kommunismus kann nicht funktionieren, die Natur des Menschen gibt das nicht her.
- Pazifismus kann nicht funktionieren. Irgendwo gibt es immer irgendein Deutschland, das irgendein Polen überfallen will.
(Simple Feststellung. Ein Argument dazu fällt mir nicht ein.)
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passt aber überhaupt nicht zu Zumsels Frage bei der es um angebliche kulturimmanente Eigenschaften ging, die durch die Feststellung einer kulturellen Evolution entstehen könnten. Was Du gerade bringst, sind behauptete Eigenschaften des Menschen und nicht einer kulturellen Entwicklung.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44647
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(#2107118) Verfasst am: 15.09.2017, 20:19 Titel: |
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smallie hat folgendes geschrieben: | Diese zwei Argumente haben wir alle schon mal gehört. Einige werden ihnen zustimmen.
- Kommunismus kann nicht funktionieren, die Natur des Menschen gibt das nicht her.
- Pazifismus kann nicht funktionieren. Irgendwo gibt es immer irgendein Deutschland, das irgendein Polen überfallen will.
(Simple Feststellung. Ein Argument dazu fällt mir nicht ein.) |
Das Interessante ist ja, das nur eine dieser beiden Begründungsfiguren tatsächlich ein ganz konkretes Argument beinhaltet, das nicht weiterer Erläuterung oder Begründung bedarf.
Dass kapitalistische Märkte in der "Natur des Menschen" lägen, ist übrigens recht einfach historisch zu widerlegen. Das Inka-Reich etwa kam jahrhundertelang praktisch völlig ohne Märkte und ohne Geld aus.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 15.09.2017, 20:22, insgesamt einmal bearbeitet |
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26441
Wohnort: im Speckgürtel
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(#2107119) Verfasst am: 15.09.2017, 20:20 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | Lies erst mal nach, wie der Kulturbegriff in der Biologie aussieht |
Zitat: | Der Kulturbegriff in der Biologie
Wie sehr auch immer sich ein Tier oder eine Pflanze an seine Umwelt anpasst: Eine Vererbung der durch Lernen oder durch physiologische Anpassung erworbenen Eigenschaften gilt als unmöglich, da die im Genom angelegten angeborenen Eigenschaften – abgesehen von wenigen epigenetischen Faktoren, deren Einflussbreite aber bereits im Genom verankert war – durch Umwelteinflüsse nicht verändert werden. Gleichwohl ist es möglich, dass ein Tier von den Eltern durch Prägung oder Imitationslernen erworbene Eigenschaften an die eigenen Nachkommen weitergibt. „Die Übertragung von Informationen von einer Generation zur nächsten auf nichtgenetischem Wege wird im Allgemeinen als kulturelle Tradition bezeichnet.“[32] In der Biologie werden solche kulturellen Traditionen allerdings häufig verkürzt als Kultur bezeichnet.[33]
Kulturelle Traditionen gibt es beispielsweise bei Vögeln, bei denen die Jungtiere den arttypischen Gesang im Wege der Prägung von den Eltern übernehmen. Auch der Werkzeuggebrauch bei Tieren entspricht häufig der Definition von kultureller Tradition. Die weitreichendsten Beispiele finden sich bei den Menschenaffen.[34] |
https://de.wikipedia.org/wiki/Kultur#Der_Kulturbegriff_in_der_Biologie
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Was hast Du erwartet, als ich Skeptiker diesen Hinweis gab, nachdem er gegreint hat, dass ich einmal ganz abstrakt sei und nun so speziell biologisch?
Dieser Kulturbegriff stellt ersteinmal klar, dass weder der Inhalt des gleichnamigen Beutels noch das aktuelle Angebot an Oper-, Theater- und Kinoaufführungen gemeint ist. Außerdem hat er den Charme, alles vom Familiengesang des Schwertwals bis zum Konstruktivismus zu umfassen.
Auch wenn unsere Kulturbetrachtung zu speziell ist, auch den Beginn der Menschheit zu umfassen, taugt sie nichts.
Dieser Begriff ist also einfach zweckmäßig.
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