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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26439
Wohnort: im Speckgürtel
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(#2191622) Verfasst am: 05.10.2019, 13:31 Titel: |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: | ....
Nicht Wahrnehmung ist unser einziger Zugang zur Wirklichkeit, sondern das Wechselspiel von Modellbildung und Erfahrung, und das über Generationen. Niemand von uns erlebt etwas voraussetzungslos, wir alle wachsen in Erfahrungen und Vorstellungen hinein, in einen psychosozialen Habitus, der uns prägt, bevor wir noch recht in der Lage sind, selbständig zu denken. ... |
passt.
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#2191623) Verfasst am: 05.10.2019, 13:37 Titel: |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: | ... Nicht Wahrnehmung ist unser einziger Zugang zur Wirklichkeit, sondern das Wechselspiel von Modellbildung und Erfahrung, und das über Generationen. Niemand von uns erlebt etwas voraussetzungslos, wir alle wachsen in Erfahrungen und Vorstellungen hinein, in einen psychosozialen Habitus, der uns prägt, bevor wir noch recht in der Lage sind, selbständig zu denken. |
Sicher richtig, aber auch trivial. Ich nehme an, niemand bestreitet das - und es hilft auch nicht weiter bei der wissenschaftlichen Frage, wie "Geschlecht" funktioniert.
Ein Problem, das ich bei manchen GenderwissenschaftlerInnen sehe, betrifft mE auch viele Geisteswissenschaften: Viele AutorInnen trennen nicht klar zwischen der wissenschaftlichen Analyse der Welt (z.B. welche biologischen bzw. sozialen Bedingungen bestimmen "Geschlecht"?) und politisch-ideologischen Agenden (z.B. welche Deutungsmodelle führen zu mehr Gleichberechtigung und Diversität?). Ein ähnliches Problem gibt es in der Philosophie, den Politikwissenschaften, VWL/Ökonomie, Theologie u.ä.. Auch hier in der Diskussion wird das nicht immer klar auseinandergehalten.
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Die Idee, man müsse nur unsere Sprache ändern, und schon ändere sich mit unserer Wahrnehmung von der Welt diese Welt selbst, ist die Fantasie, der Irrtum vom voraussetzungslosen Menschen, die Wahnidee des „Neuen Menschen“. Da unsere Sprache aber nicht nur unsere Wahrnehmung bestimmt, sondern auch Folge und Ausdruck unserer Beziehungen untereinander ist, die sich nicht ändern, nur weil jemand an der Sprache dreht, ist dieses Projekt zum Scheitern verurteilt ... |
Wer fordert denn, "nur die Sprache zu ändern"? Und ich denke, Du unterschätzt auch den Einfluß von Sprache. Es gibt z.B. Kulturen, da ist die Geschlechterrolle, oder auch die gesellschaftliche Rolle/Kaste durch die Sprache zementiert, also z.B. werden bestimmte Ausdrücke traditionell nur von Frauen verwendet, was ihre sozial zugewiesene/tradierte Rolle zementiert. Wenn die jetzt auch die "männlichen" Wendungen benutzen, signalisieren sie damit ihre Ermächtigung und beeinflussen so auch die tatsächlichen Verhältnisse. Natürlich reicht das nicht aus, man braucht auch Rechte/Gesetze, evtl. auch Quoten usw.
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | ... so wie aus einem Lehrling einen Azubi zu machen, seine Lage nicht verbessert hat, sich vielmehr der neue Begriff des alten Inhalts bemächtigt. |
Der neue Begriff "Auszubildender" stand auch für (und ging einher mit) einer tatsächlichen Änderung der Lage - soweit mir bekannt, wurden gleichzeitig bestimmte Formen der Diskriminierung abgeschafft - etwa die strenge Gehorsamspflicht, Lehrgeld, gabs zuvor nicht sogar auch Züchtigung? Und dann gibt es natürlich noch sublimale Aspekte, etwa in diesem Fall das "-ling", dem häufig eine passive, verkleinernde, respektlose Bedeutung anhaftet.
Noch früher hieß der Lehrling ja Stift, was vermutlich sogar direkt "etwas Kleines, Geringwertiges", evtl. aus dem Rotwelschen(?), bedeutet.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#2191624) Verfasst am: 05.10.2019, 13:53 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Ein Problem, das ich bei manchen GenderwissenschaftlerInnen sehe, betrifft mE auch viele Geisteswissenschaften: Viele AutorInnen trennen nicht klar zwischen der wissenschaftlichen Analyse der Welt (z.B. welche biologischen bzw. sozialen Bedingungen bestimmen "Geschlecht"?) und politisch-ideologischen Agenden (z.B. welche Deutungsmodelle führen zu mehr Gleichberechtigung und Diversität?). Ein ähnliches Problem gibt es in der Philosophie, den Politikwissenschaften, VWL/Ökonomie, Theologie u.ä.. Auch hier in der Diskussion wird das nicht immer klar auseinandergehalten. |
Da ist Marcellinus aber ja im Grunde voll mit auf einer Linie, der, wenn ich das recht sehe, jede Form des Wirklichkeitsbezuges in sozialen Beziehungen aufgehen sieht. Damit ist dann aber auch letztlich nicht mehr zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und gesellschaftlich vorherrschender Praxis zu unterscheiden. Diese Art des Wissenschaftsrelativismus ist ja ziemlich genau das, was auch die (radikaleren) Genderforscher behaupten.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#2191625) Verfasst am: 05.10.2019, 14:15 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ein Problem, das ich bei manchen GenderwissenschaftlerInnen sehe, betrifft mE auch viele Geisteswissenschaften: Viele AutorInnen trennen nicht klar zwischen der wissenschaftlichen Analyse der Welt (z.B. welche biologischen bzw. sozialen Bedingungen bestimmen "Geschlecht"?) und politisch-ideologischen Agenden (z.B. welche Deutungsmodelle führen zu mehr Gleichberechtigung und Diversität?). Ein ähnliches Problem gibt es in der Philosophie, den Politikwissenschaften, VWL/Ökonomie, Theologie u.ä.. Auch hier in der Diskussion wird das nicht immer klar auseinandergehalten. | Da ist Marcellinus aber ja im Grunde voll mit auf einer Linie, der, wenn ich das recht sehe, jede Form des Wirklichkeitsbezuges in sozialen Beziehungen aufgehen sieht. ... |
... was aber nicht für mich gilt, denn ich meine, daß man das sehr wohl auseinanderhalten kann und muß.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Damit ist dann aber auch letztlich nicht mehr zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und gesellschaftlich vorherrschender Praxis zu unterscheiden. Diese Art des Wissenschaftsrelativismus ist ja ziemlich genau das, was auch die (radikaleren) Genderforscher behaupten. |
Das mag für einige zutreffen, ist aber weder meine Ansicht, noch sollte es als Argument gegen die gesamte Genderwissenschaft dienen. Es gibt da nämlich sehr wohl AutorInnen, die sich an die wissenschaftliche Methode halten. Ich habe auf diesen Punkt auch deshalb hingewiesen, da Leute, die bei "Gender" rot sehen, das vielleicht bei Soziologie oder Politikwissenschaften objektiver sehen können.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26439
Wohnort: im Speckgürtel
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(#2191626) Verfasst am: 05.10.2019, 14:23 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ein Problem, das ich bei manchen GenderwissenschaftlerInnen sehe, betrifft mE auch viele Geisteswissenschaften: Viele AutorInnen trennen nicht klar zwischen der wissenschaftlichen Analyse der Welt (z.B. welche biologischen bzw. sozialen Bedingungen bestimmen "Geschlecht"?) und politisch-ideologischen Agenden (z.B. welche Deutungsmodelle führen zu mehr Gleichberechtigung und Diversität?). Ein ähnliches Problem gibt es in der Philosophie, den Politikwissenschaften, VWL/Ökonomie, Theologie u.ä.. Auch hier in der Diskussion wird das nicht immer klar auseinandergehalten. |
Da ist Marcellinus aber ja im Grunde voll mit auf einer Linie, der, wenn ich das recht sehe, jede Form des Wirklichkeitsbezuges in sozialen Beziehungen aufgehen sieht. Damit ist dann aber auch letztlich nicht mehr zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und gesellschaftlich vorherrschender Praxis zu unterscheiden. Diese Art des Wissenschaftsrelativismus ist ja ziemlich genau das, was auch die (radikaleren) Genderforscher behaupten. |
Wenn ich feststelle, dass Erkenntnis grundsätzlich einen historischen und damit auch sozialen Hintergrund hat, heißt das nicht, dass ich nicht mehr zwischen Wissenschaft und Labern unterscheide. Denn die definierten Regeln, die heute die Akkumulation des wissenschaftlichen Wissens kontrollieren, gehören auch zu diesem Hintergrund - in der Wissenschaft.
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Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44645
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(#2191627) Verfasst am: 05.10.2019, 14:29 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Wolltest Du nicht aufzählen, was ich bisher gesagt habe? Warum tust Du es nicht? |
Also gut.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | (1) Du hast Einzelsätze aus dem Kontext gezogen und dich einen Scheißdreck dafür interessiert, worum es in dem betreffenden Text oder Diskurs eigentlich geht. |
U.A
https://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=2191438#2191438[quote="Tarvoc" postid=2191596]/uploads/2016/08/Voss-
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | (2) Du hast Darlegungen ohne Argument oder Erklärung als trivial abgetan, ohne auch nur darüber nachzudenken, worum es in ihnen gehen könnte. |
U.A.:
https://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=2191562#2191562
https://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=2191620#2191620
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | (3) Du hast Vorwürfe wiederholt und dabei Erklärungen ignoriert, die dir dazu schon gegeben wurden. |
U.A.:
https://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=2191594#2191594
fwo hat folgendes geschrieben: | Ob Du es nun glaubst oder nicht, das ist ein inzwischen lange kalter Kaffee |
Wenn das alles kalter Kaffee ist, warum ignorierst du es dann ständig?
fwo hat folgendes geschrieben: | Bis dahin bleibt Dein Schniedel Dein Schniedel. |
Woher kommt eigentlich deine Obsession mit Meinem Einzigen Geschlecht, fwo?
fwo hat folgendes geschrieben: | Ich sage das Gegenteil von "unsere Sprache macht das eben so", wenn ich darauf hinweise, dass die Sprache unsere stärkstes und folgenschwerste soziale Konstruktion überhaupt ist, weil wir spätestens seit Wittgensteins Traktatus wissen sollten, dass sie unser Denk- und damit auch unser Erkenntnisvehikel ist. |
Ob du's glaubst oder nicht, das ist doch alles längst kalter Kaffee. Und außerdem genau das, worauf ich hier die ganze Zeit hinweise, und worauf du regelmäßig antwortest, es sei doch längst kalter Kaffee. Insofern: Danke, dass du meinen Punkt für mich machst.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44645
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(#2191628) Verfasst am: 05.10.2019, 14:39 Titel: |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Nicht Wahrnehmung ist unser einziger Zugang zur Wirklichkeit, sondern das Wechselspiel von Modellbildung und Erfahrung, und das über Generationen. |
Ja, das war meinerseits schlecht formuliert.
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Niemand von uns erlebt etwas voraussetzungslos, wir alle wachsen in Erfahrungen und Vorstellungen hinein, in einen psychosozialen Habitus, der uns prägt, bevor wir noch recht in der Lage sind, selbständig zu denken. |
Eben. Das ist doch genau der eigentliche Punkt hier.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44645
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(#2191629) Verfasst am: 05.10.2019, 14:42 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Ein Problem, das ich bei manchen GenderwissenschaftlerInnen sehe, betrifft mE auch viele Geisteswissenschaften: Viele AutorInnen trennen nicht klar zwischen der wissenschaftlichen Analyse der Welt (z.B. welche biologischen bzw. sozialen Bedingungen bestimmen "Geschlecht"?) und politisch-ideologischen Agenden (z.B. welche Deutungsmodelle führen zu mehr Gleichberechtigung und Diversität?) |
Das betrifft aber nicht nur die Geisteswissenschaften. Ein Freund von mir (mit geistes- und naturwissenschaftlichen Abschlüssen) schreibt gerade eine Arbeit über Naturwissenschaftler im NS. Da fallen dir die Ohren ab, wie extrem da diesbezüglich "nicht getrennt" (bzw. absichtlich vermischt) wurde. Und es ist auch ganz sicher nicht so, als hätte dieses Problem erst mit der Machtergreifung angefangen und dann mit dem Fall Berlins spontan auch wieder aufgehört. In so einer Situation wird das nur ganz besonders deutlich.
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- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#2191630) Verfasst am: 05.10.2019, 14:48 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Zumsel hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ein Problem, das ich bei manchen GenderwissenschaftlerInnen sehe, betrifft mE auch viele Geisteswissenschaften: Viele AutorInnen trennen nicht klar zwischen der wissenschaftlichen Analyse der Welt (z.B. welche biologischen bzw. sozialen Bedingungen bestimmen "Geschlecht"?) und politisch-ideologischen Agenden (z.B. welche Deutungsmodelle führen zu mehr Gleichberechtigung und Diversität?). Ein ähnliches Problem gibt es in der Philosophie, den Politikwissenschaften, VWL/Ökonomie, Theologie u.ä.. Auch hier in der Diskussion wird das nicht immer klar auseinandergehalten. |
Da ist Marcellinus aber ja im Grunde voll mit auf einer Linie, der, wenn ich das recht sehe, jede Form des Wirklichkeitsbezuges in sozialen Beziehungen aufgehen sieht. Damit ist dann aber auch letztlich nicht mehr zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und gesellschaftlich vorherrschender Praxis zu unterscheiden. Diese Art des Wissenschaftsrelativismus ist ja ziemlich genau das, was auch die (radikaleren) Genderforscher behaupten. |
Wenn ich feststelle, dass Erkenntnis grundsätzlich einen historischen und damit auch sozialen Hintergrund hat, heißt das nicht, dass ich nicht mehr zwischen Wissenschaft und Labern unterscheide. Denn die definierten Regeln, die heute die Akkumulation des wissenschaftlichen Wissens kontrollieren, gehören auch zu diesem Hintergrund - in der Wissenschaft. |
Nun geht es aber ja gerade darum, inwiefern der gesellschaftliche Hintergrund das Verständnis der Wirklichkeit prägt. Wenn aber zugleich der wissenschaftliche Hintergrund vollständig im gesellschaftlichen aufgeht, würde die Änderung dieses gesellschaftlichen Hintergrundes auch die des wissenschaftlichen nach sich ziehen und sich damit gewissermaßen selbst legitimieren. Unter diesen Voraussetzungen ist es dann recht witzlos, auf die Autorität wissenschaftlicher Erkenntnis zu verweisen
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26439
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(#2191632) Verfasst am: 05.10.2019, 14:58 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ...
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Niemand von uns erlebt etwas voraussetzungslos, wir alle wachsen in Erfahrungen und Vorstellungen hinein, in einen psychosozialen Habitus, der uns prägt, bevor wir noch recht in der Lage sind, selbständig zu denken. |
Eben. Das ist doch genau der eigentliche Punkt hier. |
Das wäre der Punkt, wenn irgendjemand das bestritte.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26439
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(#2191633) Verfasst am: 05.10.2019, 15:04 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ...
Ob du's glaubst oder nicht, das ist doch alles längst kalter Kaffee. Und außerdem genau das, worauf ich hier die ganze Zeit hinweise, und worauf du regelmäßig antwortest, es sei doch längst kalter Kaffee. Insofern: Danke, dass du meinen Punkt für mich machst. |
Ich habe es hier bereits selbst als kalter Kaffee bezeichnet, den ich übrigens für trinkbar halte, der aber eben nicht mehr heiß ist. Auf der geisteswissenschaftlichen Ebene kann man auch trivial dazu sagen, was nicht heißt, dass man es ignoriert, sondern nur, dass es nicht mehr neu ist, weshalb ich es auch schon in der Schule lernen konnte.
Und an einer Stelle werden wir nie auf einen gemeinsamen Nenner kommen: Wo Du meinst, ich hätte einen Satz aus dem Zusammenhang gerissen und Deine Erklärungen ignoriert, da sehe ich das so, dass dieser Satz der Zusammenhang ist, unter dem der ganze Rest zu sehen ist und nicht zu erklären ist. Ganz präzise ist das hier noch einmal dargestellt:
fwo hat folgendes geschrieben: | ...
Andersherum: Man sollte in einem ernsthaften Gespräch nichts anderes meinen als man sagt:
Zitat: | Die queer-feministische Philosophin Judith Butler arbeitete dann dezidiert und differenziert heraus, das und wie sex – und auch andere körperliche Merkmale – in konkreten historischen Kontexten hergestellt werden. |
Wer davon spricht, dass körperliche Merkmale im historischen Kontext hergestellt werden, der redet entweder wirr, weil er von der Herstellung körperlicher Merkmale spricht und die auch meint oder weil er davon spricht und etwas anderes meint. Die einzige Möglichkeit, da herauszukommen, die Du hast, besteht darin, zu zeigen, dass wir uns in einer Wissenschaft befinden, in der der Begriff "körperliches Merkmal" ganz offiziell als Fachbegriff über eine Definition eine eigene Bedeutung erhält. Bis dahin bleibt Dein Schniedel Dein Schniedel.
... |
btw: Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ...
Woher kommt eigentlich deine Obsession mit Meinem Einzigen Geschlecht, fwo?
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Betrachte es als Zitat: Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Klar geht es in solchen Diskussionen normalerweise um den Begriff von Geschlechtlichkeit und nicht um Meine eigenen, Einzigen Geschlechtsorgane. |
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26439
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(#2191634) Verfasst am: 05.10.2019, 15:14 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | Zumsel hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ein Problem, das ich bei manchen GenderwissenschaftlerInnen sehe, betrifft mE auch viele Geisteswissenschaften: Viele AutorInnen trennen nicht klar zwischen der wissenschaftlichen Analyse der Welt (z.B. welche biologischen bzw. sozialen Bedingungen bestimmen "Geschlecht"?) und politisch-ideologischen Agenden (z.B. welche Deutungsmodelle führen zu mehr Gleichberechtigung und Diversität?). Ein ähnliches Problem gibt es in der Philosophie, den Politikwissenschaften, VWL/Ökonomie, Theologie u.ä.. Auch hier in der Diskussion wird das nicht immer klar auseinandergehalten. |
Da ist Marcellinus aber ja im Grunde voll mit auf einer Linie, der, wenn ich das recht sehe, jede Form des Wirklichkeitsbezuges in sozialen Beziehungen aufgehen sieht. Damit ist dann aber auch letztlich nicht mehr zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und gesellschaftlich vorherrschender Praxis zu unterscheiden. Diese Art des Wissenschaftsrelativismus ist ja ziemlich genau das, was auch die (radikaleren) Genderforscher behaupten. |
Wenn ich feststelle, dass Erkenntnis grundsätzlich einen historischen und damit auch sozialen Hintergrund hat, heißt das nicht, dass ich nicht mehr zwischen Wissenschaft und Labern unterscheide. Denn die definierten Regeln, die heute die Akkumulation des wissenschaftlichen Wissens kontrollieren, gehören auch zu diesem Hintergrund - in der Wissenschaft. |
Nun geht es aber ja gerade darum, inwiefern der gesellschaftliche Hintergrund das Verständnis der Wirklichkeit prägt. Wenn aber zugleich der wissenschaftliche Hintergrund vollständig im gesellschaftlichen aufgeht, würde die Änderung dieses gesellschaftlichen Hintergrundes auch die des wissenschaftlichen nach sich ziehen und sich damit gewissermaßen selbst legitimieren. Unter diesen Voraussetzungen ist es dann recht witzlos, auf die Autorität wissenschaftlicher Erkenntnis zu verweisen |
Der gefettete Satz ist in meinen Augen falsch, weil der gesellschaftliche Hintergrund nicht nach den Regeln des wissenschaftlichen akkumuliert wird. Und diese Regeln können sinnvoll nur innerhalb der Wissenschaft geändert werden.
Ansonsten haben wir genau diesen Effekt, den ein Freund tarvocs wohl gerade beschreibt:
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ein Problem, das ich bei manchen GenderwissenschaftlerInnen sehe, betrifft mE auch viele Geisteswissenschaften: Viele AutorInnen trennen nicht klar zwischen der wissenschaftlichen Analyse der Welt (z.B. welche biologischen bzw. sozialen Bedingungen bestimmen "Geschlecht"?) und politisch-ideologischen Agenden (z.B. welche Deutungsmodelle führen zu mehr Gleichberechtigung und Diversität?) |
Das betrifft aber nicht nur die Geisteswissenschaften. Ein Freund von mir (mit geistes- und naturwissenschaftlichen Abschlüssen) schreibt gerade eine Arbeit über Naturwissenschaftler im NS. Da fallen dir die Ohren ab, wie extrem da diesbezüglich "nicht getrennt" (bzw. absichtlich vermischt) wurde. Und es ist auch ganz sicher nicht so, als hätte dieses Problem erst mit der Machtergreifung angefangen und dann mit dem Fall Berlins spontan auch wieder aufgehört. In so einer Situation wird das nur ganz besonders deutlich. |
Was im (und vor) dem "dritten Reich" stattgefunden hat, war vom Prinzip her political correctness at its best, nämlich die Übernahme gesamtgesellschaftlicher Hintergründe ohne Beachtung der Regeln, die sich die Wissenschaft selbst bereits gegeben hatte.
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#2191636) Verfasst am: 05.10.2019, 15:25 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Zumsel hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | Zumsel hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ein Problem, das ich bei manchen GenderwissenschaftlerInnen sehe, betrifft mE auch viele Geisteswissenschaften: Viele AutorInnen trennen nicht klar zwischen der wissenschaftlichen Analyse der Welt (z.B. welche biologischen bzw. sozialen Bedingungen bestimmen "Geschlecht"?) und politisch-ideologischen Agenden (z.B. welche Deutungsmodelle führen zu mehr Gleichberechtigung und Diversität?). Ein ähnliches Problem gibt es in der Philosophie, den Politikwissenschaften, VWL/Ökonomie, Theologie u.ä.. Auch hier in der Diskussion wird das nicht immer klar auseinandergehalten. |
Da ist Marcellinus aber ja im Grunde voll mit auf einer Linie, der, wenn ich das recht sehe, jede Form des Wirklichkeitsbezuges in sozialen Beziehungen aufgehen sieht. Damit ist dann aber auch letztlich nicht mehr zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und gesellschaftlich vorherrschender Praxis zu unterscheiden. Diese Art des Wissenschaftsrelativismus ist ja ziemlich genau das, was auch die (radikaleren) Genderforscher behaupten. |
Wenn ich feststelle, dass Erkenntnis grundsätzlich einen historischen und damit auch sozialen Hintergrund hat, heißt das nicht, dass ich nicht mehr zwischen Wissenschaft und Labern unterscheide. Denn die definierten Regeln, die heute die Akkumulation des wissenschaftlichen Wissens kontrollieren, gehören auch zu diesem Hintergrund - in der Wissenschaft. |
Nun geht es aber ja gerade darum, inwiefern der gesellschaftliche Hintergrund das Verständnis der Wirklichkeit prägt. Wenn aber zugleich der wissenschaftliche Hintergrund vollständig im gesellschaftlichen aufgeht, würde die Änderung dieses gesellschaftlichen Hintergrundes auch die des wissenschaftlichen nach sich ziehen und sich damit gewissermaßen selbst legitimieren. Unter diesen Voraussetzungen ist es dann recht witzlos, auf die Autorität wissenschaftlicher Erkenntnis zu verweisen |
Der gefettete Satz ist in meinen Augen falsch,... |
Das ist aber die Behauptung, die ich Marcellinus zuschreibe. Er mag da gerne widersprechen und richtigstellen.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#2191637) Verfasst am: 05.10.2019, 16:05 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ein Problem, das ich bei manchen GenderwissenschaftlerInnen sehe, betrifft mE auch viele Geisteswissenschaften: Viele AutorInnen trennen nicht klar zwischen der wissenschaftlichen Analyse der Welt (z.B. welche biologischen bzw. sozialen Bedingungen bestimmen "Geschlecht"?) und politisch-ideologischen Agenden (z.B. welche Deutungsmodelle führen zu mehr Gleichberechtigung und Diversität?) | Das betrifft aber nicht nur die Geisteswissenschaften. Ein Freund von mir (mit geistes- und naturwissenschaftlichen Abschlüssen) schreibt gerade eine Arbeit über Naturwissenschaftler im NS. Da fallen dir die Ohren ab, wie extrem da diesbezüglich "nicht getrennt" (bzw. absichtlich vermischt) wurde. Und es ist auch ganz sicher nicht so, als hätte dieses Problem erst mit der Machtergreifung angefangen und dann mit dem Fall Berlins spontan auch wieder aufgehört. In so einer Situation wird das nur ganz besonders deutlich. |
Ja, so etwas passiert tatsächlich auch mal in den Naturwissenschaften. Philipp Lenard ist in D vermutlich das krasseste Beispiel, auch der Lyssenkoismus unter Stalin oder IntelligentDesign könnte man anführen. Es sind aber über alles betrachtet doch Ausnahmen, die zudem vom naturwissenschaftlichen Mainstream immer recht schnell widerlegt wurden - letztlich aufgrund der robusten Methodik (Voraussage und Experiment). Bei manchen Geisteswissenschaften dagegen ist die Gefahr der Vermischung bereits in der Methodik angelegt - so kann man zwar z.B. Soziologie auch sehr wissenschaftlich betreiben, andererseits wird von einem philosophischen Autor gar nicht erst erwartet, daß er seine persönliche Botschaft oder Ansicht zurückhält, ähnlich wie bei einem Regisseur oder Leitartikler.
Letztlich geht es mir natürlich nicht darum, hier einen Graben aufzumachen, sondern ich wünsche mir, daß alle Wissenschaften wissenschaftlich arbeiten. Ich weiß, daß dies auch in Soziologie und Genderwissenschaft möglich ist, oder auch in der Rassismusforschung, und all diese haben ja auch schon belastbare Ergebnisse produziert.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44645
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(#2191640) Verfasst am: 05.10.2019, 17:49 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | Das ist genau die Beliebigkeit der Sprache, von der ich gesprochen habe.  |
Kleiner Tipp: Du tust dem Realismus nun wirklich keinen Gefallen, wenn du ihn mit so bescheuerten Argumenten wie "unsere Sprache macht das eben so, basta!" verteidigst. |
Ich sage das Gegenteil von "unsere Sprache macht das eben so", wenn ich darauf hinweise, dass die Sprache unsere stärkstes und folgenschwerste soziale Konstruktion überhaupt ist, weil wir spätestens seit Wittgensteins Traktatus wissen sollten, dass sie unser Denk- und damit auch unser Erkenntnisvehikel ist. |
Ob du's glaubst oder nicht, das ist doch alles längst kalter Kaffee. Und außerdem genau das, worauf ich hier die ganze Zeit hinweise, und worauf du regelmäßig antwortest, es sei doch längst kalter Kaffee. Insofern: Danke, dass du meinen Punkt für mich machst. |
Nachtrag dazu: Dass das kalter Kaffee ist, ändert übrigens überhaupt nichts an meiner Feststellung, dass du deinem Realismus mit diesem Argument keinen Gefallen tust. Wittgenstein selbst steht diesbezüglich den Leuten, die du hier kritisierst, nämlich philosophisch deutlich näher als du selbst, und zwar sowohl im Tractatus als auch im Spätwerk - welches du übrigens interessanterweise geflissentlich ignorierst. Lies z.B. mal On Certainty oder Wittgensteins Schriften zur Philosophie der Religion. Da bleibt nämlich buchstäblich nichts mehr übrig, was für die von dir hier vertretene Variante des Realismus verwendbar wäre. Ach ja, die Sprachtheorie des Tractatus ist übrigens nachweislich falsch und wurde u.A. von Wittgenstein selbst im Spätwerk zu Tode kritisiert - aber das nur am Rande.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 05.10.2019, 18:24, insgesamt 3-mal bearbeitet |
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44645
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(#2191641) Verfasst am: 05.10.2019, 17:56 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Zumsel hat folgendes geschrieben: | Nun geht es aber ja gerade darum, inwiefern der gesellschaftliche Hintergrund das Verständnis der Wirklichkeit prägt. Wenn aber zugleich der wissenschaftliche Hintergrund vollständig im gesellschaftlichen aufgeht, würde die Änderung dieses gesellschaftlichen Hintergrundes auch die des wissenschaftlichen nach sich ziehen und sich damit gewissermaßen selbst legitimieren. Unter diesen Voraussetzungen ist es dann recht witzlos, auf die Autorität wissenschaftlicher Erkenntnis zu verweisen |
Der gefettete Satz ist in meinen Augen falsch, weil der gesellschaftliche Hintergrund nicht nach den Regeln des wissenschaftlichen akkumuliert wird. |
Non sequitur. Der Nachsatz ist zwar richtig, aber dass das den gefetteten Satz von Zumsel widerlegen würde, passt nicht.
Seine Behauptung war ja nicht, dass der gesellschaftliche Hintergrund von den Regeln der Wissenschaft bestimmt würde, sondern genau umgekehrt.
fwo hat folgendes geschrieben: | Und diese Regeln können sinnvoll nur innerhalb der Wissenschaft geändert werden. |
So? Das wäre jetzt aber schon begründungsbedürftig.
fwo hat folgendes geschrieben: | Was im (und vor) dem "dritten Reich" stattgefunden hat, war vom Prinzip her political correctness at its best |
Im dritten Reich, vor ihm und nach ihm. Genauer gesagt: Das hat nie aufgehört. Es geht dabei auch keineswegs primär um irgendwelche Mechanismen direkter staatlicher Zensur (u.A. auch weil sich besagte Tendenzen nicht nur auf Deutschland beschränkten und z.T. noch nicht mal in Deutschland ihren Ausgangspunkt hatten), sondern um die Annäherung wissenschaftlicher Communities an gesellschaftliche und politische Agenden aus eigenem Antrieb. Du bildest dir anscheinend ein, dass es Zeiten oder Orte gegeben habe, wo solche Mechanismen der willentlichen Anpassung der Naturwissenschaften an politische Agenden nicht stattgefunden haben. Ich glaube kaum, dass du mir zeigen kannst, wo und wann das gewesen sein soll.
fwo hat folgendes geschrieben: | nämlich die Übernahme gesamtgesellschaftlicher Hintergründe ohne Beachtung der Regeln, die sich die Wissenschaft selbst bereits gegeben hatte. |
Nein, so einfach kann man es sich auch nicht machen. Die Verletzung dieser Regeln ist immer noch im Einzelfall nachzuweisen, und das gelingt keineswegs immer.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 05.10.2019, 18:23, insgesamt 5-mal bearbeitet |
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44645
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(#2191642) Verfasst am: 05.10.2019, 18:09 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Ja, so etwas passiert tatsächlich auch mal in den Naturwissenschaften. Philipp Lenard ist in D vermutlich das krasseste Beispiel, auch der Lyssenkoismus unter Stalin oder IntelligentDesign könnte man anführen. Es sind aber über alles betrachtet doch Ausnahmen, die zudem vom naturwissenschaftlichen Mainstream immer recht schnell widerlegt wurden [...] |
Genau. Die Naturwissenschaften sind nicht dadurch so robust, dass solche Tendenzen der Anpassung an gesellschaftliche und politische Moden oder Agenden in ihnen nicht vorkämen, sondern dadurch, dass sie sich meistens nur ein paar Jahrzehnte halten. Aber in Wirklichkeit ist das in den Sozialwissenschaften gar nicht so viel anders. Die einzigen, die diesbezüglich etwas träger sind, sind die Geisteswissenschaften - allerdings auch wieder nicht ohne Grund. Die Geisteswissenschaften (insbesondere die Philosophie) haben nämlich Ideensysteme und Überzeugungen selbst zum Gegenstand ihrer Forschung, und daher u.A. einen Anspruch auf Gründlichkeit bei der Erforschung von Ideensystemen selbst - auch solchen, die bereits als widerlegt gelten - den es so in den Naturwissenschaften nicht gibt. (Dass es sich bei den Anpassungen, um die es hier geht, um Ausnahmen im Sinne letztlich irrelevanter Einzelfälle handelt, bestreite ich übrigens. Es ist noch nicht mal richtig, anzunehmen, dass selbst als bereits widerlegt geltende Theorien selbst in den Naturwissenschaften auch nach der Anerkennung ihrer Widerlegung nicht trotzdem weiterhin subtil weiterwirken können.)
step hat folgendes geschrieben: | - letztlich aufgrund der robusten Methodik (Voraussage und Experiment). Bei manchen Geisteswissenschaften dagegen ist die Gefahr der Vermischung bereits in der Methodik angelegt - so kann man zwar z.B. Soziologie auch sehr wissenschaftlich betreiben, andererseits wird von einem philosophischen Autor gar nicht erst erwartet, daß er seine persönliche Botschaft oder Ansicht zurückhält, ähnlich wie bei einem Regisseur oder Leitartikler. |
Hast du dir mal die Frage gestellt, ob womöglich zumindest in gewissen Zusammenhängen die direkte Offenlegung eines möglichen Bias seitens des Autors hilfreicher sein könnte als Versuche des Zurückhaltens, die womöglich erfolglos bleiben und lediglich dazu führen, dass das entsprechende Bias lediglich weniger sichtbar weiterwirkt? Das betreffende Bias wird ja durch die Offenlegung auch unmittelbarer kritikfähig. Gerade bei den Sozialwissenschaften halte ich jedenfalls die Idee, sie völlig von ihrer gesellschaftlichen Einbettung reinigen zu wollen, für wenig praktikabel.
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- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#2191645) Verfasst am: 05.10.2019, 18:30 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Dass es sich dabei um Ausnahmen im Sinne minimal relevanter Einzelfälle handelt, bezweifle ich übrigens. |
Wenig relevant für den heutigen Inhalt der wissenschaftlichen Erkenntnis meinte ich hier. Es kann natürlich eine katalytische Wirkung haben (etwa bei der Widerlegung oder wenn Experimente zu anderen Erkenntnissen führen oder den Fokus verschieben), ebenso kann es auch gesellschaftlich relevante Folgen geben (etwa über Kriege, Hungersnöte ...)
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Es ist noch nicht mal richtig, dass selbst als bereits widerlegt geltende Theorien nicht in den Naturwissenschaften weiterwirken können. |
Aber doch eher indirekt. So wie man aus Fehlern lernt zum Beispiel.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Hast du dir mal die Frage gestellt, ob womöglich zumindest in gewissen Zusammenhängen die direkte Offenlegung eines möglichen Bias seitens des Autors hilfreicher sein könnte als Versuche des Zurückhaltens, die womöglich erfolglos bleiben und lediglich dazu führen, dass das entsprechende Bias lediglich weniger sichtbar weiterwirkt? Das betreffende Bias wird ja durch die Offenlegung auch unmittelbarer kritikfähig. |
Ja, sicher. Es gibt ja solche Forderungen schon lange in bezug auf "Biases", die durch einen Interessenkonflikt bzw. Abhängigkeit entstehen, also Fördermittel, Arbeitgeber usw. - speziell in Medizin / Pharma. Ich denke durchaus, daß das hilfreich wäre, aber mir erscheint eine Disziplin des Trennens bzw. eine das Trennen erzwingende Methodik noch hilfreicher. Zumindest in der Soziologie und Psychologie habe ich das auch schon gesehen.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Gerade bei den Sozialwissenschaften halte ich jedenfalls die Idee, sie völlig von ihrer gesellschaftlichen Einbettung reinigen zu wollen, für wenig praktikabel. |
Naja, völlig wohl nicht. Aber es macht schon einen Unterschied, ob man eine methodisch korrekte (also u.a. nachprüfbare) soziologische, gendertheoretische oder religionskundliche Feldstudie macht oder ob man eine spezifische Ideologie voraussetzt.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44645
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(#2191648) Verfasst am: 05.10.2019, 18:59 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Dass es sich dabei um Ausnahmen im Sinne minimal relevanter Einzelfälle handelt, bezweifle ich übrigens. |
Wenig relevant für den heutigen Inhalt der wissenschaftlichen Erkenntnis meinte ich hier. |
Wenn es spezifisch um die Naturwissenschaften in der Weimarer Republik und im NS geht, mag das sein (obwohl ich mich dazu erst näher informieren müsste). Du kannst dir aber eben nicht sicher sein, dass vergleichbare Mechanismen der Anpassung nicht heute wieder am Werk und relevant sind.
step hat folgendes geschrieben: | Ja, sicher. Es gibt ja solche Forderungen schon lange in bezug auf "Biases", die durch einen Interessenkonflikt bzw. Abhängigkeit entstehen, also Fördermittel, Arbeitgeber usw. - speziell in Medizin / Pharma. Ich denke durchaus, daß das hilfreich wäre, aber mir erscheint eine Disziplin des Trennens bzw. eine das Trennen erzwingende Methodik noch hilfreicher. Zumindest in der Soziologie und Psychologie habe ich das auch schon gesehen. |
Wie sagte doch Lenin immer so schön: Man soll das eine tun und das andere nicht lassen.
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- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26439
Wohnort: im Speckgürtel
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(#2191652) Verfasst am: 05.10.2019, 19:25 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | Zumsel hat folgendes geschrieben: | Nun geht es aber ja gerade darum, inwiefern der gesellschaftliche Hintergrund das Verständnis der Wirklichkeit prägt. Wenn aber zugleich der wissenschaftliche Hintergrund vollständig im gesellschaftlichen aufgeht, würde die Änderung dieses gesellschaftlichen Hintergrundes auch die des wissenschaftlichen nach sich ziehen und sich damit gewissermaßen selbst legitimieren. Unter diesen Voraussetzungen ist es dann recht witzlos, auf die Autorität wissenschaftlicher Erkenntnis zu verweisen |
Der gefettete Satz ist in meinen Augen falsch, weil der gesellschaftliche Hintergrund nicht nach den Regeln des wissenschaftlichen akkumuliert wird. |
Non sequitur. Der Nachsatz ist zwar richtig, aber dass das den gefetteten Satz von Zumsel widerlegen würde, passt nicht.
Seine Behauptung war ja nicht, dass der gesellschaftliche Hintergrund von den Regeln der Wissenschaft bestimmt würde, sondern genau umgekehrt. |
Sehr schön gesehen, so habe ich Zumsel nämlich auch verstanden, und nur deshalb passt mein Satz auch: Wenn der wissenschaftliche im gesellschaftlichen Hintergrund auf geht, heißt das nicht, dass der letztere durch den ersten bestimmt wierd, sondern dass es zu einer nicht näher definierten Mischung kommt, in der die Regeln für die wissenschaftliche Akkumulation nicht existieren, weshalb sich dieser Hintergrund für die Wissenschaft verbietet.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | Und diese Regeln können sinnvoll nur innerhalb der Wissenschaft geändert werden. |
So? Das wäre jetzt aber schon begründungsbedürftig. |
Worauf bezieht sich wohl das Wörtchen diese? Ich rede hier von den Regeln, die sich die Wissenschaft selbst gegeben hat. Was soll ich da noch begründen?
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | Was im (und vor) dem "dritten Reich" stattgefunden hat, war vom Prinzip her political correctness at its best |
Im dritten Reich, vor ihm und nach ihm. Genauer gesagt: Das hat nie aufgehört. Es geht dabei auch keineswegs primär um irgendwelche Mechanismen direkter staatlicher Zensur (u.A. auch weil sich besagte Tendenzen nicht nur auf Deutschland beschränkten und z.T. noch nicht mal in Deutschland ihren Ausgangspunkt hatten), sondern um die Annäherung wissenschaftlicher Communities an gesellschaftliche und politische Agenden aus eigenem Antrieb. Du bildest dir anscheinend ein, dass es Zeiten oder Orte gegeben habe, wo solche Mechanismen der willentlichen Anpassung der Naturwissenschaften an politische Agenden nicht stattgefunden haben. Ich glaube kaum, dass du mir zeigen kannst, wo und wann das gewesen sein soll. |
Habe ich auch nicht vor. Genau, weil ich davon ausgehe, dass bereits vor und anschließend im "dritten Reich" prinzipiell nichts anderes war als heute, habe ich das auch als pc beschrieben.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | nämlich die Übernahme gesamtgesellschaftlicher Hintergründe ohne Beachtung der Regeln, die sich die Wissenschaft selbst bereits gegeben hatte. |
Nein, so einfach kann man es sich auch nicht machen. Die Verletzung dieser Regeln ist immer noch im Einzelfall nachzuweisen, und das gelingt keineswegs immer. |
Und das ist auch nicht unbedingt überall der Fall. Es gibt normalerweise auch unbehelligte Bereiche der Wissenschaft, für die sich die Gesellschaft gerade nicht interessiert, wie es auch einzelne Wissenschaftler gibt, die sich diesem gesellschaftlichen Druck nicht ergeben. Ein positives Beispiel im Moment ist z.B. Inarah in Sachen Islamwissenschaften, oder auch Ian Hacking mit "Why race still matters"..
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#2191653) Verfasst am: 05.10.2019, 19:30 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ja, so etwas passiert tatsächlich auch mal in den Naturwissenschaften. Philipp Lenard ist in D vermutlich das krasseste Beispiel, auch der Lyssenkoismus unter Stalin oder IntelligentDesign könnte man anführen. Es sind aber über alles betrachtet doch Ausnahmen, die zudem vom naturwissenschaftlichen Mainstream immer recht schnell widerlegt wurden [...] |
Genau. Die Naturwissenschaften sind nicht dadurch so robust, dass solche Tendenzen der Anpassung an gesellschaftliche und politische Moden oder Agenden in ihnen nicht vorkämen, sondern dadurch, dass sie sich meistens nur ein paar Jahrzehnte halten. Aber in Wirklichkeit ist das in den Sozialwissenschaften gar nicht so viel anders. Die einzigen, die diesbezüglich etwas träger sind, sind die Geisteswissenschaften - allerdings auch wieder nicht ohne Grund. Die Geisteswissenschaften (insbesondere die Philosophie) haben nämlich Ideensysteme und Überzeugungen selbst zum Gegenstand ihrer Forschung, und daher u.A. einen Anspruch auf Gründlichkeit bei der Erforschung von Ideensystemen selbst - auch solchen, die bereits als widerlegt gelten - den es so in den Naturwissenschaften nicht gibt. (Dass es sich bei den Anpassungen, um die es hier geht, um Ausnahmen im Sinne letztlich irrelevanter Einzelfälle handelt, bestreite ich übrigens. Es ist noch nicht mal richtig, anzunehmen, dass selbst als bereits widerlegt geltende Theorien selbst in den Naturwissenschaften auch nach der Anerkennung ihrer Widerlegung nicht trotzdem weiterhin subtil weiterwirken können.)
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Da möchte ich gern Norbert Elias zitierten:
„Man kann mit hoher Bestimmtheit sagen, daß es keine wissenschaftliche Methode gibt, deren Anwendung den wissenschaftlichen Wert einer Forschungsarbeit garantiert und vor Zeitvergeudung schützt, wenn der Konsens und die Kriterien der Fachvertreter in mehr oder weniger hohem Maße von außenwissenschaftlichen, von heteronomen Gesichtspunkten, etwas von politischen, religiösen, nationalen oder vielleicht auch von beruflichen Statuserwägungen bestimmt werden, wie das gerade in den Gesellschaftswissenschaften bisher nicht selten der Fall war und ist.“
(Norbert Elias: Was ist Soziologie?, 1970, S. 64f)
Und so etwas gab und gibt es eben auch in den Naturwissenschaften, wenn die außenwissenschaftlichen Einflüsse nur stark genug sind, seien sie wirtschaftlicher oder politischer Art.
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44645
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(#2191654) Verfasst am: 05.10.2019, 19:33 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | Zumsel hat folgendes geschrieben: | Nun geht es aber ja gerade darum, inwiefern der gesellschaftliche Hintergrund das Verständnis der Wirklichkeit prägt. Wenn aber zugleich der wissenschaftliche Hintergrund vollständig im gesellschaftlichen aufgeht, würde die Änderung dieses gesellschaftlichen Hintergrundes auch die des wissenschaftlichen nach sich ziehen und sich damit gewissermaßen selbst legitimieren. Unter diesen Voraussetzungen ist es dann recht witzlos, auf die Autorität wissenschaftlicher Erkenntnis zu verweisen |
Der gefettete Satz ist in meinen Augen falsch, weil der gesellschaftliche Hintergrund nicht nach den Regeln des wissenschaftlichen akkumuliert wird. |
Non sequitur. Der Nachsatz ist zwar richtig, aber dass das den gefetteten Satz von Zumsel widerlegen würde, passt nicht.
Seine Behauptung war ja nicht, dass der gesellschaftliche Hintergrund von den Regeln der Wissenschaft bestimmt würde, sondern genau umgekehrt. |
Sehr schön gesehen, so habe ich Zumsel nämlich auch verstanden, und nur deshalb passt mein Satz auch: Wenn der wissenschaftliche im gesellschaftlichen Hintergrund auf geht, heißt das nicht, dass der letztere durch den ersten bestimmt wierd, sondern dass es zu einer nicht näher definierten Mischung kommt, in der die Regeln für die wissenschaftliche Akkumulation nicht existieren, weshalb sich dieser Hintergrund für die Wissenschaft verbietet. |
Äh, was soll das denn bitte heißen, dass sich für die Wissenschaft etwas "verbietet", das als Hintergrund für ihre eigene Existenz und ihr eigenes Funktionieren konstitutiv ist? Das ergibt noch nicht mal Sinn. Darf ich das so verstehen, dass du an die Wissenschaften die Forderung stellst, sie hätten gefälligst als eine vom Rest der Gesellschaft völlig isolierte, autonome Blase zu funktionieren? Fordern kannst du natürlich, was du willst. Vielleicht kommt ja auch irgendwann das christliche Himmelreich, in dem ist das vielleicht sogar möglich.
fwo hat folgendes geschrieben: | Genau, weil ich davon ausgehe, dass bereits vor und anschließend im "dritten Reich" prinzipiell nichts anderes war als heute, habe ich das auch als pc beschrieben. |
Der Begriff "Political Correctness" trifft es aber nicht, weil er nahelegt, dass es immer darum ginge, dass sich Wissenschaftler einem von außen kommenden gesellschaftlichen Druck beugen würden, und nicht etwa darum, dass sie ihre Arbeit aus eigenem Antrieb politischen oder gesellschaftlichen Agenden oder auch nur Moden unterwerfen.
fwo hat folgendes geschrieben: | Es gibt normalerweise auch unbehelligte Bereiche der Wissenschaft, für die sich die Gesellschaft gerade nicht interessiert, wie es auch einzelne Wissenschaftler gibt, die sich diesem gesellschaftlichen Druck nicht ergeben. |
Es geht überhaupt nicht nur um "gesellschaftlichen Druck", sondern um willentliche Ausrichtung an bestimmten gesellschaftlichen und politischen Agenden.
fwo hat folgendes geschrieben: | Ein positives Beispiel im Moment ist z.B. Inarah in Sachen Islamwissenschaften, oder auch Ian Hacking mit "Why race still matters".. |
Damit ist im Kontext dieser Diskussion allenfalls gezeigt, dass es Leute gibt, die sich einer bestimmten gesellschaftlich-politischen Agenda nicht beugen. Als ob Leute, die Rassenrealismus vertreten, irgendwie grundsätzlich über jede Zweifel erhaben seien, irgendwelche außerwissenschaftlichen Agenden zu verfolgen. Sorry fwo, aber veräppeln kann ich mich selber.
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- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#2191659) Verfasst am: 05.10.2019, 20:48 Titel: |
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Ich halte die "Genderwissenschaften" für eine vorübergehende Modeerscheinung, die bereits in wenigen Jahrzehnten wieder verschwunden sein wird und hoffe, dass es den rechten Fortschrittsfeinden nicht gelingen wird im Rahmen der Abwicklung dieser Pseudowissenschaft die Errungenschaften der grossen sozialen Bewegungen, wie z.B. die weitgehende Gleichstellung der Frau und von Homosexuellen und sonstigen sexuellen Minderheiten sowie die sexuelle Aufklärung gleich mitabzuwickeln. Das ist nämlich die grosse Gefahr bei der Geschichte.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44645
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(#2191673) Verfasst am: 06.10.2019, 05:18 Titel: |
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Dass die Gender Studies eine vorübergehende Erscheinung sind, kann durchaus sein. In ihrer heutigen Form m.E. sogar auf jeden Fall, und das habe ich hier auch schon einige Male gesagt. Mit dem Aufstieg der Alt Right haben sie aber nichts zu tun, jedenfalls nicht als verursachender Faktor.
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- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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DonMartin registrierter User
Anmeldungsdatum: 13.08.2013 Beiträge: 6817
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(#2191675) Verfasst am: 06.10.2019, 08:40 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Dass die Gender Studies eine vorübergehende Erscheinung sind, kann durchaus sein. In ihrer heutigen Form m.E. sogar auf jeden Fall, und das habe ich hier auch schon einige Male gesagt. Mit dem Aufstieg der Alt Right haben sie aber nichts zu tun, jedenfalls nicht als verursachender Faktor. |
Wenn jemandem das Gender-Gaga auf den Zeiger geht, wo sollte er denn politisch andocken, wenn nicht bei den Rechten?
Die Linke, die vor 50 Jahren mal für Aufklärung und entspanntes Verhältnis zur Sexualität stand,
sind in dieser Hinsicht jedenfalls ein Totalausfall.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44645
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(#2191676) Verfasst am: 06.10.2019, 08:48 Titel: |
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DonMartin hat folgendes geschrieben: | Wenn jemandem das Gender-Gaga auf den Zeiger geht, wo sollte er denn politisch andocken, wenn nicht bei den Rechten? |
So ein Quatsch. Dass es "Pipelines" gibt, ist schon klar, aber niemand landet allein deshalb schon zwangsläufig bei der Alt Right, weil er Gender Studies belächelt.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#2191678) Verfasst am: 06.10.2019, 12:25 Titel: |
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DonMartin hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Dass die Gender Studies eine vorübergehende Erscheinung sind, kann durchaus sein. In ihrer heutigen Form m.E. sogar auf jeden Fall, und das habe ich hier auch schon einige Male gesagt. Mit dem Aufstieg der Alt Right haben sie aber nichts zu tun, jedenfalls nicht als verursachender Faktor. | Wenn jemandem das Gender-Gaga auf den Zeiger geht, wo sollte er denn politisch andocken, wenn nicht bei den Rechten? Die Linke, die vor 50 Jahren mal für Aufklärung und entspanntes Verhältnis zur Sexualität stand, sind in dieser Hinsicht jedenfalls ein Totalausfall. |
Die Alt Right bietet ja nun programmatisch erst recht kein "entspanntes Verhältnis zur Sexualität" - normierte Geschlechterrollen, Homophobie, TrueLoveWaits, Austragungszwang ... bleibt wohl nur das männliche Recht auf Pussygrabbing.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#2191679) Verfasst am: 06.10.2019, 12:28 Titel: |
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DonMartin hat folgendes geschrieben: | Wenn jemandem das Gender-Gaga auf den Zeiger geht, wo sollte er denn politisch andocken, wenn nicht bei den Rechten? |
Katholische Kirche oder Islam wären Optionen.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#2191680) Verfasst am: 06.10.2019, 12:32 Titel: |
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beachbernie hat folgendes geschrieben: | Ich halte die "Genderwissenschaften" für eine vorübergehende Modeerscheinung, die bereits in wenigen Jahrzehnten wieder verschwunden sein wird ... |
Das könnte sein, insbesondere falls sich die Verhältnisse tatsächlich so positiv entwickeln würden, daß das Problem keins mehr ist. Oder sie werden einfach zu einem Spezialgebiet z.B. der Soziologie, Entwicklungspsychologie o.ä..
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Lila Einhorn dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 30.11.2013 Beiträge: 650
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(#2191681) Verfasst am: 06.10.2019, 13:36 Titel: |
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beachbernie hat folgendes geschrieben: | Ich halte die "Genderwissenschaften" für eine vorübergehende Modeerscheinung, die bereits in wenigen Jahrzehnten wieder verschwunden sein wird ... |
Die Spinner haben doch schon längst eine Rolle inne, die dem der Marxismus-Lenininismus-Studien in der Ostzone nahekommt. Der Spuk wird weitergehen, solange das Regime genug Geld hat, seinen staatstragenden Ideologen Geld in den Rachen zu stopfen.
Parallel dazu wird allerdings die naturwissenschaftliche Sichtweise auf den Mensch (und damit die beiden Geschlechter) rasante Fortschritte machen: DNA-Sequenzierung wird immer billiger, die Datenbanken mit Samples wachsen, immer bessere Computer erlauben uns immer komplexere Simulationen laufen zu lassen, maschinelles Lernen wird uns unterstützen, usw. Das sind alles Methoden, deren Beherrschung eine fundierte mathematisch-orientierte Ausbildung voraussetzt. Die Geisteswissenschaftler und damit auch die Gendertanten haben diese nicht, die haben ihre kritischen Jahren mit Focault-Lektüre und ähnlichem Unsinn vergeudet. Sie können da nicht länger mitreden, werden nur wirres Zeug von sich geben und von informierten Kreise zunehemend verachtet werden (was natürlich nur begrenzt öffentlich zugegeben wird, Regimetreue zahlt sich aus; aber am Ende glauben sie denen, die tolle Medikamente entwickelt haben, nicht denen, die sie ideologisch gängeln)
Da sie in China nicht vom Genderismus befallen sind, die aber fleißig mit derartigen Methoden arbeiten, bin ich recht optimistisch, dass diese Entwicklung nicht gestoppt werden kann. Natürlich werden die Genderisten Forschungsprojekte sabotieren und mit ihren Hexenjagden an ihren Unis alle zum schweigen bringen, die etwas Falsches sagen. Aber die Untersuchungen werden dann eben von China oder von privaten Institutionen übernommen werden.
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