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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#2215278) Verfasst am: 14.06.2020, 18:29 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | beachbernie hat folgendes geschrieben: | Geht's eigentlich noch deutlicher? |
Ja, in der Tat. Die No-Go-Areas sind einfach kein Beleg oder Beispiel für deine Behauptung, in den USA müsse "jeder" im relevanten Sinne über seine Hautfarbe nachdenken. Schon diese falsche Verwendung läd leider zu genau diesem Missverständnis ein. Allerdings gestehe ich zu, dass das ein Resultat der Undurchdachtheit deines Beispiels war und dir daher nicht wirklich zur Last gelegt werden kann. In diesem Zusammenhang möchte ich dementsprechend meine Entschuldigung für meine Fehlinterpretation wiederholen. |
Mein posting geht deshalb auch noch weiter. Ich führe aus wie stark in den USA alles auf Hautfarbe und ethnische Herkunft ausgerichtet wird, auch und gerade von denen, die eigentlich Rassismus bekaempfen wollen und stelle fest, dass Du im Amiland gar nicht mehr anders kannst als ständig ueber Deine Hautfarbe nachzudenken. Du bekommst die naemlich ständig von allen Seiten unter die Nase gerieben! Egal ob Du weiss oder schwarz oder sonstwas bist! Diese Fixierung auf Hautfarbe ist ein Kernproblem dieser Gesellschaft und Rassismus nur der hässlichste Teil davon.
Mir wurde das zum ersten Mal richtig klar als ich vor ca. 40 Jahren ein Touristenvisum fuer die USA beantragte und mir im Antragsformular die Frage nach meiner Hautfarbe unangenehm aufstiess. Ich fragte mich zuerst was das soll und beschloss dadurch mein politisches Statement zu machen, dass ich "other" ankreuzte und "beige" dahinterschrieb. Das trifft meine Hautfarbe sowieso besser als "weiss". Und ja, da stand wörtlich "color of skin".
Waehrend meiner Reisen und sonstiger Zeit in den USA fiel mir immer wieder auf wie sehr diese Gesellschaft von Unterschieden in Hautfarbe und ethnischer Herkunft bestimmt wird. Viele Städte sind immer noch nach Ethnien in Stadtviertel sortiert. Ich z.B. wohnte mit meiner Freundin im Stadtteil Mount Pleasant in Washington. Das Viertel war ursprünglich zu ueber 90% schwarz (schwarze gehobene Mittelschicht) und wurde allmählich von Neuankömmlingen aus Lateinamerika majorisiert. In dem Masse wie Immigranten aus Mexiko, Kuba und sonstwo ankamen zogen Schwarze weg, was schliesslich irgendwann zu den Rassenunruhen führte, die ich live miterlebte. Inzwischen dürfte das fast ein reines Latinoviertel geworden sein. Du kannst auch als Weisser nicht in so einem Umfeld leben ohne Dir Deiner Hautfarbe bzw. ethnischen Herkunft als Kaukasier bewusst zu sein, weil die hat Konsequenzen fuer dein tägliches Leben, hier konkret, dass die allgegenwaertige Rivalität und die Spannungen zwischen den beiden Mehrheitsgruppen weitgehend an Dir vorbeigehen, zumindest solange Du Dein Äußeres so gestaltest, dass Du nicht fuer einen Latino gehalten wirst. Du hast dort praktisch den Status eines Neutralen. Ökonomische Unterschiede gab es der Zeit in Mount Pleasant kaum. Die wohlhabenderen schwarzen waren schon laengst ueber alle Berge und übrig blieben die ärmeren Schwarzen, die sich das nicht leisten konnten und dazu kamen mittellose ueberwiegend Kubaner. Meine Freundin und ich und die meisten anderen dort lebenden Weissen waren ökonomisch auch nicht bessergestellt.
Linke Idenditaetspolitik hilft nicht diese Fixierung auf Hautfarbe in Frage zu stellen. Im Gegenteil, die verstärkt sie eher noch. Schon lange geht es z.B. bei der Verleihung der Oskars nicht mehr so sehr darum, wer die besten Filme macht, sondern es steht immer mehr im Vordergrund wer welche Hautfarbe hat. So löst man das zugrundeliegende Problem nicht, man fügt ihm lediglich eine neue Dimension hinzu.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
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(#2215280) Verfasst am: 14.06.2020, 18:34 Titel: |
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beachbernie, ich war vor nicht mal fünf Jahren für ein Jahr in Chicago und Umgebung (und mit Umgebung meine ich den ganzen Bundesstaat Illinois). Dort muss nicht jeder Weiße ständig über seine Hautfarbe nachdenken, und schon gar nicht in dem Sinne, um den es in der Diskussion mit Alchemist ging. Deine Behauptung ist falsch, und dein Beispiel dafür ist auch falsch. Bestenfalls basiert die Behauptung auf Erfahrungen, die vierzig Jahre alt sind. Dass die Prävalenz von Diskriminierung in einer Gesellschaft sich auch auf Leute auswirkt, die zu den durch sie Privilegierten gehören, ist in dieser Allgemeinheit zwar richtig, geht aber auch am Punkt vorbei. (Zumindest so, wie ich Alchemists Punkt verstehe, er kann mich da gerne korrigieren.)
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#2215281) Verfasst am: 14.06.2020, 18:41 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | beachbernie, ich war vor nicht mal fünf Jahren für ein Jahr in Chicago und Umgebung (und mit Umgebung meine ich den ganzen Bundesstaat Illinois). Dort muss nicht jeder Weiße ständig über seine Hautfarbe nachdenken, und schon gar nicht in dem Sinne, um den es in der Diskussion mit Alchemist ging. Deine Behauptung ist falsch, und dein Beispiel dafür ist auch falsch. Bestenfalls basiert die Behauptung auf Erfahrungen, die vierzig Jahre alt sind. Dass die Prävalenz von Diskriminierung in einer Gesellschaft sich auch auf Leute auswirkt, die zu den durch sie Privilegierten gehören, ist in dieser Allgemeinheit zwar richtig, geht aber auch am Punkt vorbei. (Zumindest so, wie ich Alchemists Punkt verstehe, er kann mich da gerne korrigieren.) |
Dass ich vor ca. 40 Jahren mein erstes Touristenvisum fuer die USA beantragte, bedeutet jetzt nicht, dass alle meine Erfahrungen mit den USA 40 Jahre alt sind. Das verstehst Du doch hoffentlich.
Ansonsten stelle ich fest, dass wir in diesem Punkt ganz einfach unterschiedlicher Meinung sind.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
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(#2215282) Verfasst am: 14.06.2020, 18:43 Titel: |
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beachbernie hat folgendes geschrieben: | Dass ich vor ca. 40 Jahren mein erstes Touristenvisum fuer die USA beantragte, bedeutet jetzt nicht, dass alle meine Erfahrungen mit den USA 40 Jahre alt sind. Das verstehst Du doch hoffentlich.  |
Fair enough. Dann wäre eben zu klären, warum wir beide so unterschiedliche Erfahrungen in den USA gemacht haben. Ich musste jedenfalls nicht ständig an meine Hautfarbe denken, um dort zu überleben. Selbst in den Risikogebieten habe ich mehr daran gedacht, ob ich zu schick angezogen bin, als an meine Hautfarbe. Und ja, ich war auch das eine oder andere Mal dort unterwegs. Nachts natürlich klarerweise nicht, aber tagsüber.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#2215283) Verfasst am: 14.06.2020, 18:56 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | beachbernie hat folgendes geschrieben: | Dass ich vor ca. 40 Jahren mein erstes Touristenvisum fuer die USA beantragte, bedeutet jetzt nicht, dass alle meine Erfahrungen mit den USA 40 Jahre alt sind. Das verstehst Du doch hoffentlich.  |
Fair enough. Dann wäre eben zu klären, warum wir beide so unterschiedliche Erfahrungen in den USA gemacht haben. |
Weil ihr ganz unterschiedliche - wie heißt das in politischen Umfragen immer so schön - „längerfristige Grundüberzeugungen“ habt?
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
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(#2215284) Verfasst am: 14.06.2020, 19:01 Titel: |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Weil ihr ganz unterschiedliche - wie heißt das in politischen Umfragen immer so schön - „längerfristige Grundüberzeugungen“ habt? |
Dürfte ganz sicher eine Rolle spielen. Ist mir als Einzeiler aber zu dünn.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
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(#2215285) Verfasst am: 14.06.2020, 19:04 Titel: |
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Es stimmt übrigens, dass Rasse und Hautfarbe in den USA eine kulturell sehr tief verankerte Bedeutung haben und man natürlich auch als Weißer sehr oft darauf stößt. Aber das ist nicht das selbe wie die Behauptung, man müsse als Weißer ständig an die eigene Hautfarbe denken, um überleben zu können - oder auch nur man müsse es überhaupt in dem Sinne, um den es Alchemist wohl ging, so wie ich ihn verstanden habe. Letzteres stimmt mit meiner Erfahrung jedenfalls nicht überein.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#2215287) Verfasst am: 14.06.2020, 19:23 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | beachbernie hat folgendes geschrieben: | Dass ich vor ca. 40 Jahren mein erstes Touristenvisum fuer die USA beantragte, bedeutet jetzt nicht, dass alle meine Erfahrungen mit den USA 40 Jahre alt sind. Das verstehst Du doch hoffentlich.  |
Fair enough. Dann wäre eben zu klären, warum wir beide so unterschiedliche Erfahrungen in den USA gemacht haben. Ich musste jedenfalls nicht ständig an meine Hautfarbe denken, um dort zu überleben. Selbst in den Risikogebieten habe ich mehr daran gedacht, ob ich zu schick angezogen bin, als an meine Hautfarbe. Und ja, ich war auch das eine oder andere Mal dort unterwegs. Nachts natürlich klarerweise nicht, aber tagsüber. |
Ich brauchte nicht darueber nachzudenken ob ich zu schick angezogen bin, weil ich keine schicken Klamotten hatte.
Ich verbrachte meine 2 Jahre in Washington, wenn ich nicht gerade mit meiner Freundin im Bett lag, 2 Nachmittage pro Woche als Voluntaer im Smithsonian im Flechtenherbar, und arbeitete ansonsten als Freiwilliger bei der Suppenküche "Martha's Table" im Stadtteil "Adams Morgan". Unsere Freunde und Bekannte waren ueberwiegend Schwarze sowie Angehoerige der Lesbenszene, weil mein Freundin erst 2 Jahre bevor sie mich kennenlernte ihr coming out als Heterosexuelle hatte und es sehr viele Ex-Freundinnen von ihr gab. Ich habe in der Zeit sozusagen die hässliche Unterseite der USA mitgekriegt, habe Stadtviertel gesehen, die von der Polizei aufgegeben waren und jede Menge soziale Ungerechtigkeit miterleben muessen. Dabei habe ich auch viele bewundernswerte Menschen aus den unterschiedlichsten Zusammenhaengen erlebt, die trotzig versuchten ihren Stadtteil, ihre Enkel etc. davor zu bewahren voellig runterzukommen und sich und ihren Mitmenschen ihre Menschlichkeit und Menschenwürde zu bewahren. Meine Zeit dort war oft sehr gruselig, ich konnte dort allerdings Erfahrungen sammeln, die ich heute nicht mehr missen moechte. Das hat mich in vielem geprägt und mich vor allem gelehrt, meine Mitmenschen als Individuen wahrzunehmen und zu beurteilen und dass Gruppenmerkmale nur sehr bedingt zur Beurteilung Einzelner taugen, gleichgültig ob es dabei um Hautfarbe, ethnische Herkunft, Geschlecht, aber auch religiöse Zugehörigkeit, ökonomische Gruppenzugehörigkeit, letztlich sogar politische Affililiation geht. In den USA und leider zunehmend auch in Europa geht der Zug zur Zeit in die entgegengesetzte Richtung, in die falsche, wie ich meine.
Vielleicht erklaeren sich viele meiner kontroverseren Standpunkte aus meiner Zeit in Brainwashington DC. Zu keiner anderen Zeit musste ich soviel einstige Gewissheiten revidieren wie damals. Viele Linke hier im Forum erinnern mich sehr stark an mich selbst bevor ich in Washington lebte und an meine damaligen unschuldig-naiven Irrtümer, die ich irgendwann schmerzlich als solche erkennen musste.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
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(#2215289) Verfasst am: 14.06.2020, 19:31 Titel: |
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Okay, ganz so viel Engagement kann ich dann wohl doch nicht für mich verbuchen - aber ich war auch nicht so lange da. Aber ich glaube schon, dass ich auch von den Problemgebieten Chicagos so einiges mitbekommen habe. Und klar wird man allenorts auf die Thematik gestoßen - wie gesagt glaube ich nicht, dass das Alchemists Punkt war. Über meine eigene Hautfarbe als Weißer habe ich trotzdem nie im hier gemeinten Sinne nachdenken müssen.
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- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#2215290) Verfasst am: 14.06.2020, 19:42 Titel: |
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Und diese Rassenunruhen habe ich damals quasi hautnah mitbekommen:
Zitat: | ....In May 1991, a black woman police officer shot a Latino man, leading to a multi-day riot. Two days of fighting erupted between the Salvadoran Latinos and blacks in the neighborhood, accompanied by looting, arson and attacks on the police. Property damage was in the millions, and 19 police cars were destroyed; twelve people were injured but no one was killed.[6] In response, the Metropolitan Police Department, under Chief Isaac Fulwood, and city government began an outreach effort to the Latino population.[7]... |
https://en.wikipedia.org/wiki/Mount_Pleasant_(Washington,_D.C.)
Da ging's ausnahmsweise mal nicht um den Gegensatz Weisse gegen Schwarze, sondern zwei ethnische Minderheiten hatten sich da in der Wolle.
Der Vollständigkeit halber moechte ich ergänzen wie es zu dem Vorfall gekommen war. Eine schwarze Polizistin erwischte einen männlichen Latino dabei wie er auf offener Strasse Alkohol trank. Sie nahm ihm die Flasche weg und schüttete sie vor seinen Augen aus. Der Mann konnte es nicht ertragen, dass ihm ausgerechnet eine Frau und dazu noch eine schwarze den Schnapps wegnahm und er zog ein Messer und bedrohte sie. Die Polizistin zog daraufhin die Knarre und schoss. Daraufhin wurde der Mann mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert. Zum Glueck war er nach 2-3 Tagen ausser Lebensgefahr, was die Unruhen dann abklingen liess.
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Alchemist registrierter User
Anmeldungsdatum: 03.08.2004 Beiträge: 27897
Wohnort: Hamburg
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(#2215292) Verfasst am: 14.06.2020, 21:01 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Es stimmt übrigens, dass Rasse und Hautfarbe in den USA eine kulturell sehr tief verankerte Bedeutung haben und man natürlich auch als Weißer sehr oft darauf stößt. Aber das ist nicht das selbe wie die Behauptung, man müsse als Weißer ständig an die eigene Hautfarbe denken, um überleben zu können - oder auch nur man müsse es überhaupt in dem Sinne, um den es Alchemist wohl ging, so wie ich ihn verstanden habe. Letzteres stimmt mit meiner Erfahrung jedenfalls nicht überein. |
Du hast das ganz richtig verstanden.
Was mich dazu brachte waren zum einen diverse Reisen, ich war bisher etwa zehnmal in den USA, aber vor allem persönliche Berichte dunkelhäutiger Menschen, in den USA, wie auch in Deutschland:
Solche Berichte erzählen immer wieder das ständige Nachdenken über die eigene Hautfarbe:
Beim Einkaufen, beim Restaurantbesuch, beim Spazierengehen, beim Reisen, bei Polizei in der Nähe.
Das sind alles ausnahmslos alltägliche Situationen und Bernie kann mir nicht erzählen, dass er sich in solchen Situationen Gedanken über seine Hautfarbe machen müsse.
DAS ist white privilege. Genau das meine ich, die Abwesenheit der Relevanz der eigenen Hautfarbe im Alltag.
Warum, so wie zelig es vorhin eben beschrieb, nun Leute bei Benennung dieser Tatsache sich persönlich angegriffen fühlen, ist mir nicht begreiflich
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
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(#2215295) Verfasst am: 14.06.2020, 21:16 Titel: |
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Alchemist hat folgendes geschrieben: | Du hast das ganz richtig verstanden.
Was mich dazu brachte waren zum einen diverse Reisen, ich war bisher etwa zehnmal in den USA, aber vor allem persönliche Berichte dunkelhäutiger Menschen, in den USA, wie auch in Deutschland:
Solche Berichte erzählen immer wieder das ständige Nachdenken über die eigene Hautfarbe:
Beim Einkaufen, beim Restaurantbesuch, beim Spazierengehen, beim Reisen, bei Polizei in der Nähe.
Das sind alles ausnahmslos alltägliche Situationen und Bernie kann mir nicht erzählen, dass er sich in solchen Situationen Gedanken über seine Hautfarbe machen müsse.
DAS ist white privilege. Genau das meine ich, die Abwesenheit der Relevanz der eigenen Hautfarbe im Alltag. |
Dann decken sich deine Erfahrungen mit meinen.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#2215297) Verfasst am: 14.06.2020, 21:54 Titel: |
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beachbernie hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | beachbernie hat folgendes geschrieben: | Dass ich vor ca. 40 Jahren mein erstes Touristenvisum fuer die USA beantragte, bedeutet jetzt nicht, dass alle meine Erfahrungen mit den USA 40 Jahre alt sind. Das verstehst Du doch hoffentlich.  |
Fair enough. Dann wäre eben zu klären, warum wir beide so unterschiedliche Erfahrungen in den USA gemacht haben. Ich musste jedenfalls nicht ständig an meine Hautfarbe denken, um dort zu überleben. Selbst in den Risikogebieten habe ich mehr daran gedacht, ob ich zu schick angezogen bin, als an meine Hautfarbe. Und ja, ich war auch das eine oder andere Mal dort unterwegs. Nachts natürlich klarerweise nicht, aber tagsüber. |
Ich brauchte nicht darueber nachzudenken ob ich zu schick angezogen bin, weil ich keine schicken Klamotten hatte.
Ich verbrachte meine 2 Jahre in Washington, wenn ich nicht gerade mit meiner Freundin im Bett lag, 2 Nachmittage pro Woche als Voluntaer im Smithsonian im Flechtenherbar, und arbeitete ansonsten als Freiwilliger bei der Suppenküche "Martha's Table" im Stadtteil "Adams Morgan". Unsere Freunde und Bekannte waren ueberwiegend Schwarze sowie Angehoerige der Lesbenszene, weil mein Freundin erst 2 Jahre bevor sie mich kennenlernte ihr coming out als Heterosexuelle hatte und es sehr viele Ex-Freundinnen von ihr gab. Ich habe in der Zeit sozusagen die hässliche Unterseite der USA mitgekriegt, habe Stadtviertel gesehen, die von der Polizei aufgegeben waren und jede Menge soziale Ungerechtigkeit miterleben muessen. Dabei habe ich auch viele bewundernswerte Menschen aus den unterschiedlichsten Zusammenhaengen erlebt, die trotzig versuchten ihren Stadtteil, ihre Enkel etc. davor zu bewahren voellig runterzukommen und sich und ihren Mitmenschen ihre Menschlichkeit und Menschenwürde zu bewahren. Meine Zeit dort war oft sehr gruselig, ich konnte dort allerdings Erfahrungen sammeln, die ich heute nicht mehr missen moechte. Das hat mich in vielem geprägt und mich vor allem gelehrt, meine Mitmenschen als Individuen wahrzunehmen und zu beurteilen und dass Gruppenmerkmale nur sehr bedingt zur Beurteilung Einzelner taugen, gleichgültig ob es dabei um Hautfarbe, ethnische Herkunft, Geschlecht, aber auch religiöse Zugehörigkeit, ökonomische Gruppenzugehörigkeit, letztlich sogar politische Affililiation geht. In den USA und leider zunehmend auch in Europa geht der Zug zur Zeit in die entgegengesetzte Richtung, in die falsche, wie ich meine.
Vielleicht erklaeren sich viele meiner kontroverseren Standpunkte aus meiner Zeit in Brainwashington DC. Zu keiner anderen Zeit musste ich soviel einstige Gewissheiten revidieren wie damals. Viele Linke hier im Forum erinnern mich sehr stark an mich selbst bevor ich in Washington lebte und an meine damaligen unschuldig-naiven Irrtümer, die ich irgendwann schmerzlich als solche erkennen musste. |
Du meinst, du hast abgeschworen?
Nee, Spaß beiseite, hört sich interessant an, diese Schilderung über deine Zeit in Washington.
Ich selbst war eine Zeit in Nordamerika und kann eigentlich nur so viel sagen, dass mir die sozialen Unterschiede krass aufgefallen und aufgestoßen sind. So spazierte ich mal in Los Angeles herum und musste auf dem Gehweg ununterbrochen über die Beine der auf dem *Bürgersteig* liegenden und sitzenden Obdachlosen steigen. Es waren viele Dutzend arme Seelen inmitten des glitzendernden Reichtums. Auch sonst in anderen Städten waren die Unterschiede zwischen den Stadteilen extrem (nicht radikal!).
Die sozialen Unterschiede heute sind nicht weniger geworden; im Gegenteil, sie haben weiter zugenommen. Und damit hat auch die Gewalt in der Bevölkerung aber auch von seiten des Staates und seines Polizei-, Justiz- und Gefängnisapparates zugenommen. Der Rassismus und die soziale Frage überlagern sich dabei und verstärken sich gegenseitig.
Es ist - u.a. durch MLKs Politik gelungen, vielen schwarzen Amerikanern und sonstigen Ethnien einen gesellschaftlichen Aufstieg zu ermöglichen. Doch für die Mehrheit dieser Gruppen hat sich das Leben nicht verbessert und sie erfahren auch von den schwarzen und dunkelhäutigen Aufsteigern keine Solidarität außer warmen Worten. Ähnlich ist es mit vielen Frauen in hohen Positionen, die sich um ihre gesellschaftlich immer noch vielfach benachteiligten Schwestern nicht mehr kümmern.
Insofern dominieren die sozialen Gegensätze eigentlich die der Ethnie und des Geschlechts nach wie vor.
Malcom X meinte mal: "Es ist falsch, die Rebellion der Schwarzen einfach als Rassenkonflikt von Schwarzen gegen Weiße oder als ein rein amerikanisches Problem zu betrachten."
Ich meine auch, dass die Probleme, wie sich sich etwa in der staatlichen Gewalt gegen Schwarze - aber nicht nur gegen Schwarze - zeigen bis hin zu Polizei-Morden, tiefer liegen als nur im Rassismus.
_________________ °
K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
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(#2215298) Verfasst am: 14.06.2020, 22:13 Titel: |
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Also eine sehr bizarre Erfahrung in Chicago, bei der ich tatsächlich schon sehr früh mit der Nase auf meine Hautfarbe gestoßen wurde, war sogar innerhalb der ersten zwei Wochen meiner Anwesenheit dort. Ich war mit einem Freund auf dem Rückweg von einer von Chicagos Beer Halls nach Upper River North, um von dort die Straßenbahn zurück nach Hyde Park zu nehmen. In Upper River North kommt uns ein vermutlich obdachloser Schwarzer entgegen und will uns eine Schuhreinigung verkaufen. Wir lehnen höflich ab, und er beginnt uns zu folgen und uns weiter das selbe Angebot nachzurufen. Nach so einem Block kommt ihm dann ein älterer, gut gekleideter weißer Herr entgegen, merkt wohl, was vorgeht, und beginnt den Schwarzen richtig übel rassistisch zu beschimpfen und ihm mit der Polizei zu drohen (nebst einem gehässigen "er wisse ja, was die Polizei mit Leuten wie ihm mache"). Der Schwarze verzieht sich dann, und dafür fängt der Weiße an, uns zu folgen, und uns nachzurufen, wir Weißen müssten zusammenhalten, und ob wir nicht daran interessiert wären, uns mal mit Gleichgesinnten zu Gesprächen zu treffen, etc. Das geht dann über mindestens zwei Blocks so, aber irgendwann ist er auch weg.
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- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#2215301) Verfasst am: 14.06.2020, 22:38 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | beachbernie hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | beachbernie hat folgendes geschrieben: | Dass ich vor ca. 40 Jahren mein erstes Touristenvisum fuer die USA beantragte, bedeutet jetzt nicht, dass alle meine Erfahrungen mit den USA 40 Jahre alt sind. Das verstehst Du doch hoffentlich.  |
Fair enough. Dann wäre eben zu klären, warum wir beide so unterschiedliche Erfahrungen in den USA gemacht haben. Ich musste jedenfalls nicht ständig an meine Hautfarbe denken, um dort zu überleben. Selbst in den Risikogebieten habe ich mehr daran gedacht, ob ich zu schick angezogen bin, als an meine Hautfarbe. Und ja, ich war auch das eine oder andere Mal dort unterwegs. Nachts natürlich klarerweise nicht, aber tagsüber. |
Ich brauchte nicht darueber nachzudenken ob ich zu schick angezogen bin, weil ich keine schicken Klamotten hatte.
Ich verbrachte meine 2 Jahre in Washington, wenn ich nicht gerade mit meiner Freundin im Bett lag, 2 Nachmittage pro Woche als Voluntaer im Smithsonian im Flechtenherbar, und arbeitete ansonsten als Freiwilliger bei der Suppenküche "Martha's Table" im Stadtteil "Adams Morgan". Unsere Freunde und Bekannte waren ueberwiegend Schwarze sowie Angehoerige der Lesbenszene, weil mein Freundin erst 2 Jahre bevor sie mich kennenlernte ihr coming out als Heterosexuelle hatte und es sehr viele Ex-Freundinnen von ihr gab. Ich habe in der Zeit sozusagen die hässliche Unterseite der USA mitgekriegt, habe Stadtviertel gesehen, die von der Polizei aufgegeben waren und jede Menge soziale Ungerechtigkeit miterleben muessen. Dabei habe ich auch viele bewundernswerte Menschen aus den unterschiedlichsten Zusammenhaengen erlebt, die trotzig versuchten ihren Stadtteil, ihre Enkel etc. davor zu bewahren voellig runterzukommen und sich und ihren Mitmenschen ihre Menschlichkeit und Menschenwürde zu bewahren. Meine Zeit dort war oft sehr gruselig, ich konnte dort allerdings Erfahrungen sammeln, die ich heute nicht mehr missen moechte. Das hat mich in vielem geprägt und mich vor allem gelehrt, meine Mitmenschen als Individuen wahrzunehmen und zu beurteilen und dass Gruppenmerkmale nur sehr bedingt zur Beurteilung Einzelner taugen, gleichgültig ob es dabei um Hautfarbe, ethnische Herkunft, Geschlecht, aber auch religiöse Zugehörigkeit, ökonomische Gruppenzugehörigkeit, letztlich sogar politische Affililiation geht. In den USA und leider zunehmend auch in Europa geht der Zug zur Zeit in die entgegengesetzte Richtung, in die falsche, wie ich meine.
Vielleicht erklaeren sich viele meiner kontroverseren Standpunkte aus meiner Zeit in Brainwashington DC. Zu keiner anderen Zeit musste ich soviel einstige Gewissheiten revidieren wie damals. Viele Linke hier im Forum erinnern mich sehr stark an mich selbst bevor ich in Washington lebte und an meine damaligen unschuldig-naiven Irrtümer, die ich irgendwann schmerzlich als solche erkennen musste. |
Du meinst, du hast abgeschworen?
Nee, Spaß beiseite, hört sich interessant an, diese Schilderung über deine Zeit in Washington.
Ich selbst war eine Zeit in Nordamerika und kann eigentlich nur so viel sagen, dass mir die sozialen Unterschiede krass aufgefallen und aufgestoßen sind. So spazierte ich mal in Los Angeles herum und musste auf dem Gehweg ununterbrochen über die Beine der auf dem *Bürgersteig* liegenden und sitzenden Obdachlosen steigen. Es waren viele Dutzend arme Seelen inmitten des glitzendernden Reichtums. Auch sonst in anderen Städten waren die Unterschiede zwischen den Stadteilen extrem (nicht radikal!).
Die sozialen Unterschiede heute sind nicht weniger geworden; im Gegenteil, sie haben weiter zugenommen. Und damit hat auch die Gewalt in der Bevölkerung aber auch von seiten des Staates und seines Polizei-, Justiz- und Gefängnisapparates zugenommen. Der Rassismus und die soziale Frage überlagern sich dabei und verstärken sich gegenseitig.
Es ist - u.a. durch MLKs Politik gelungen, vielen schwarzen Amerikanern und sonstigen Ethnien einen gesellschaftlichen Aufstieg zu ermöglichen. Doch für die Mehrheit dieser Gruppen hat sich das Leben nicht verbessert und sie erfahren auch von den schwarzen und dunkelhäutigen Aufsteigern keine Solidarität außer warmen Worten. Ähnlich ist es mit vielen Frauen in hohen Positionen, die sich um ihre gesellschaftlich immer noch vielfach benachteiligten Schwestern nicht mehr kümmern.
Insofern dominieren die sozialen Gegensätze eigentlich die der Ethnie und des Geschlechts nach wie vor.
Malcom X meinte mal: "Es ist falsch, die Rebellion der Schwarzen einfach als Rassenkonflikt von Schwarzen gegen Weiße oder als ein rein amerikanisches Problem zu betrachten."
Ich meine auch, dass die Probleme, wie sich sich etwa in der staatlichen Gewalt gegen Schwarze - aber nicht nur gegen Schwarze - zeigen bis hin zu Polizei-Morden, tiefer liegen als nur im Rassismus. |
Nein. Abgeschworen habe ich nicht, nur dazugelernt.
Ansonsten werde ich Deiner Einschätzung, dass hier mehr ein sozialer Konflikt vorliegt als ein ethnischer, nicht grundsaetzlich widersprechen. Das ist alles unaufloeslich miteinander verknüpft.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
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(#2215302) Verfasst am: 14.06.2020, 22:45 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ich meine auch, dass die Probleme, wie sich sich etwa in der staatlichen Gewalt gegen Schwarze - aber nicht nur gegen Schwarze - zeigen bis hin zu Polizei-Morden, tiefer liegen als nur im Rassismus. |
Sehe ich im Prinzip übrigens auch so. Die Sache ist nur die, dass sich die Diskriminierung nach Hautfarbe auch nicht einfach herauskürzen lässt. Etwas verschwindet ja nicht dadurch, dass es weiterer Erklärung und Kontextualisierung bedarf.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Alchemist registrierter User
Anmeldungsdatum: 03.08.2004 Beiträge: 27897
Wohnort: Hamburg
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(#2215311) Verfasst am: 15.06.2020, 10:42 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | beachbernie hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | beachbernie hat folgendes geschrieben: | Dass ich vor ca. 40 Jahren mein erstes Touristenvisum fuer die USA beantragte, bedeutet jetzt nicht, dass alle meine Erfahrungen mit den USA 40 Jahre alt sind. Das verstehst Du doch hoffentlich.  |
Fair enough. Dann wäre eben zu klären, warum wir beide so unterschiedliche Erfahrungen in den USA gemacht haben. Ich musste jedenfalls nicht ständig an meine Hautfarbe denken, um dort zu überleben. Selbst in den Risikogebieten habe ich mehr daran gedacht, ob ich zu schick angezogen bin, als an meine Hautfarbe. Und ja, ich war auch das eine oder andere Mal dort unterwegs. Nachts natürlich klarerweise nicht, aber tagsüber. |
Ich brauchte nicht darueber nachzudenken ob ich zu schick angezogen bin, weil ich keine schicken Klamotten hatte.
Ich verbrachte meine 2 Jahre in Washington, wenn ich nicht gerade mit meiner Freundin im Bett lag, 2 Nachmittage pro Woche als Voluntaer im Smithsonian im Flechtenherbar, und arbeitete ansonsten als Freiwilliger bei der Suppenküche "Martha's Table" im Stadtteil "Adams Morgan". Unsere Freunde und Bekannte waren ueberwiegend Schwarze sowie Angehoerige der Lesbenszene, weil mein Freundin erst 2 Jahre bevor sie mich kennenlernte ihr coming out als Heterosexuelle hatte und es sehr viele Ex-Freundinnen von ihr gab. Ich habe in der Zeit sozusagen die hässliche Unterseite der USA mitgekriegt, habe Stadtviertel gesehen, die von der Polizei aufgegeben waren und jede Menge soziale Ungerechtigkeit miterleben muessen. Dabei habe ich auch viele bewundernswerte Menschen aus den unterschiedlichsten Zusammenhaengen erlebt, die trotzig versuchten ihren Stadtteil, ihre Enkel etc. davor zu bewahren voellig runterzukommen und sich und ihren Mitmenschen ihre Menschlichkeit und Menschenwürde zu bewahren. Meine Zeit dort war oft sehr gruselig, ich konnte dort allerdings Erfahrungen sammeln, die ich heute nicht mehr missen moechte. Das hat mich in vielem geprägt und mich vor allem gelehrt, meine Mitmenschen als Individuen wahrzunehmen und zu beurteilen und dass Gruppenmerkmale nur sehr bedingt zur Beurteilung Einzelner taugen, gleichgültig ob es dabei um Hautfarbe, ethnische Herkunft, Geschlecht, aber auch religiöse Zugehörigkeit, ökonomische Gruppenzugehörigkeit, letztlich sogar politische Affililiation geht. In den USA und leider zunehmend auch in Europa geht der Zug zur Zeit in die entgegengesetzte Richtung, in die falsche, wie ich meine.
Vielleicht erklaeren sich viele meiner kontroverseren Standpunkte aus meiner Zeit in Brainwashington DC. Zu keiner anderen Zeit musste ich soviel einstige Gewissheiten revidieren wie damals. Viele Linke hier im Forum erinnern mich sehr stark an mich selbst bevor ich in Washington lebte und an meine damaligen unschuldig-naiven Irrtümer, die ich irgendwann schmerzlich als solche erkennen musste. |
Du meinst, du hast abgeschworen?
Nee, Spaß beiseite, hört sich interessant an, diese Schilderung über deine Zeit in Washington.
Ich selbst war eine Zeit in Nordamerika und kann eigentlich nur so viel sagen, dass mir die sozialen Unterschiede krass aufgefallen und aufgestoßen sind. So spazierte ich mal in Los Angeles herum und musste auf dem Gehweg ununterbrochen über die Beine der auf dem *Bürgersteig* liegenden und sitzenden Obdachlosen steigen. Es waren viele Dutzend arme Seelen inmitten des glitzendernden Reichtums. Auch sonst in anderen Städten waren die Unterschiede zwischen den Stadteilen extrem (nicht radikal!).... |
Noch nie soviele Obdachlose und offensichtlich verarmte Menschen wie dort gesehen.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26447
Wohnort: im Speckgürtel
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(#2215322) Verfasst am: 15.06.2020, 15:16 Titel: |
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Das mag Realität sein, aber wenn ich sie ändern will, muss ich verstehen, wie sie entsteht.
Und da kann man begründet anderer Meinung sein.
Ich empfehle mal «Rassismus existiert, aber er erklärt nicht, was hier passiert»
Zitat: | Der Aufruhr über Polizeigewalt sei die Folge einer verzerrten Darstellung des Problems, sagt der schwarze «Nein-Sager» und Ökonom Glenn Loury. Er lenke mit der «leeren These vom Rassismus» den Blick von den wirklichen Problemen der schwarzen Amerikaner ab.
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Ich würde dabei Louries Nullhypothese, dass es etwa in der Rechtsprechung keinen nennenswerten Rassismus gibt, nicht ohne Überprüfung glauben, aber indirekt erzählt auch Alice Goffman eine ähnliche Story von einem sich selbst verstärkenden Regelkreis von Selbstverständnis im schwarzen Wohngebiet mit einer bestimmten Haltung gegenüber der Polizei und der Haltung der Polizei gegenüber den Bewohnern dieses Gebietes.
Dazu passt auch - ich weiß nicht mehr, wer die Zahlen hier zitiert hat - dass der absolut größte Anteil der von der Polizei getöteten Schwarzen von schwarzen Polizisten getötet wurde. Auch der Anteil der getöteten pro 10 000 Verhaftungen, das waren in den letzten Jahren 3 Schwarze gegenüber 4 Weißen klingt nicht so sehr nach dem Rassismus in der Polizei als dem wesentlichen Faktor.
Ich kenne nicht Goffmans Arbeit, aber in dem Interview kommt sie nur anekdotisch und bringt keine Zahlen. Wenn hier wirklich Rassismus das Hauptproblem ist, muss er aber auch in den Zahlen sichtbar werden - bis dahin sehe ich ihre Arbeit eher als einen Akt des embedded journalism, mit allen Vorteilen und Nachteilen, die diese Form der Berichterstattung hat.
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Wilson zwischen gaga und dada
Anmeldungsdatum: 04.02.2008 Beiträge: 21455
Wohnort: Swift Tuttle
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(#2215324) Verfasst am: 15.06.2020, 16:07 Titel: |
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der verlinkte artikel ist vom autor Peter Winkler
dieser peter winkler?
https://www.infosperber.ch/FreiheitRecht/Trotz-Menschenrechten-NZZ-relativiert-CIA-Folterungen
Zitat: | Einige Fakten sind unbestritten: Die CIA hat Gefangene in unmöglichen Körperhaltungen bei Scheinwerferlicht oder in kompletter Dunkelheit bis zu sieben Tagen nicht schlafen lassen, Gefangene mehrmals bis zur Bewusstlosigkeit ins Wasser getaucht, und die Därme von Gefangenen von hinten mit Wasser vollgepumpt.
Doch Peter Winkler, US-Korrespondent der NZZ, warnt in einem Aufmacherartikel vor «raschen Pauschalurteilen». Den CIA-Bericht bezeichnet Winkler als «einseitig», nicht etwa weil ihn die CIA zensuriert hat, sondern weil er den historischen Kontext ausblende. (...)
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und der interviewte, der wiedergeborene christ glenn loury:
Zitat: | Sieben von zehn schwarzen Kindern werden ausserhalb der Ehe geboren. Es ist eine Tatsache, dass eine Familienstruktur, in der eine Mutter, aber kein Vater vorkommt, für das Einüben normativer Praktiken in der Gesellschaft ungesund ist, sozial ungesund, weil es verhaltensauffällige Jugendliche produziert. |
aus dem link
https://en.wikipedia.org/wiki/Glenn_Loury
Zitat: | He is a supporter of the 1776 Project. |
https://en.wikipedia.org/wiki/1776_Project
schließlich ist kontext wichtig, sagt herr winkler oben.
ach und nochwas aus fwos link-tipp:
Zitat: | Der Schutz des Lebens und des Privatbesitzes ist die wichtigste Aufgabe des Staats,(...) |
das erklärt eine menge.
der ganze artikel ist übrigens ansonsten schrott.
_________________ "als ob"
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26447
Wohnort: im Speckgürtel
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(#2215327) Verfasst am: 15.06.2020, 16:56 Titel: |
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Wilson hat folgendes geschrieben: | ....
ach und nochwas aus fwos link-tipp:
Zitat: | Der Schutz des Lebens und des Privatbesitzes ist die wichtigste Aufgabe des Staats,(...) |
das erklärt eine menge.
der ganze artikel ist übrigens ansonsten schrott. |
Welch tiefgehende Analyse
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Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Wilson zwischen gaga und dada
Anmeldungsdatum: 04.02.2008 Beiträge: 21455
Wohnort: Swift Tuttle
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(#2215328) Verfasst am: 15.06.2020, 17:00 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Wilson hat folgendes geschrieben: | ....
ach und nochwas aus fwos link-tipp:
Zitat: | Der Schutz des Lebens und des Privatbesitzes ist die wichtigste Aufgabe des Staats,(...) |
das erklärt eine menge.
der ganze artikel ist übrigens ansonsten schrott. |
Welch tiefgehende Analyse |
die kannst du hier lesen, der artikel scheint dir entgangen.
https://www.nzz.ch/feuilleton/wenn-sich-stereotype-mit-institutionen-verbinden-wie-der-rassismus-in-den-usa-entstanden-ist-und-bis-heute-wirkt-ld.1559595
ps ich hätte echt nicht gedacht, das du dem von dir verlinkten inhaltlich zustimmst. echt nicht.
edit:
zu erwähntem project 1619
https://www.nytimes.com/2019/08/23/podcasts/1619-slavery-anniversary.html
Zitat: | Bei dem Podcast geht es um nicht weniger als die Geschichte der Sklaverei in den USA. 400 Jahre über den Beginn und das Wirken der Sklaverei ist viel Stoff – vor allem schwerer Stoff, den man nicht mal eben so erzählt. Doch wenn man sich auf das Thema einmal eingelassen hat, ist es gut und abwechslungsreich erzählt, so dass man als Hörer am Ball bleibt. |
https://www.deutschlandfunkkultur.de/new-york-times-podcast-1619-ueber-sklaverei-die-heuchelei.2156.de.html?dram:article_id=460004
Podcasts von Nikole Hannah-Jones vom New York Times Magazin. pulitzerpreis.
https://en.wikipedia.org/wiki/1776_Project
Zitat: | The 1776 Project (also known as "1776", 1776 Unites, and the 1776 Initiative) is an effort by African-American historians, academics, and advocates to address what they consider historical inaccuracies of the 1619 Project, which was created by the New York Times journalist Nikole Hannah-Jones. The 1776 Project is supported by the Robert Woodson Center. Some of the high-profile academics include Carol M. Swain, Glenn Loury, Jason D. Hill, Wilfred Reilly, Shelby Steele, John McWhorter, and John Sibley Butler.[1] Other contributors include journalists Coleman Hughes and Clarence Page.[2] |
fett von mir; das ist der interviewte im nzz-artikle von fwo verlinkt
die anderen erwähnten sollte man auch mal gugln
_________________ "als ob"
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#2215331) Verfasst am: 15.06.2020, 17:49 Titel: |
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Du glaubst tatsaechlich vor 40 Jahren war das anders? Du verkennst, dass der Rassismus gegen Schwarze in Nordamerika eine 400 Jahre alte Tradition hat.
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sehr gut dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 05.08.2007 Beiträge: 14852
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(#2215332) Verfasst am: 15.06.2020, 17:52 Titel: |
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Auch hier: »Doch die soziale Wirkung des Civil-Rights-Erfolgs wurde – so wie schon nach 1865 mittels lokaler Gesetze – neutralisiert, nun durch einen im Namen von Law and Order geführten «Krieg gegen die Drogen», den alle Präsidenten seit Richard Nixon aktiv betrieben haben. Im Verlauf dieses innenpolitischen Krieges hat sich seit 1970 die Zahl der amerikanischen Häftlinge versechsfacht.«
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#2215333) Verfasst am: 15.06.2020, 17:55 Titel: |
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beachbernie hat folgendes geschrieben: |
Du glaubst tatsaechlich vor 40 Jahren war das anders? Du verkennst, dass der Rassismus gegen Schwarze in Nordamerika eine 400 Jahre alte Tradition hat. |
Der "War on Crime" startete erst zu dieser Zeit. Ja, diese Ideologie hat viel verändert.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#2215335) Verfasst am: 15.06.2020, 18:42 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | beachbernie hat folgendes geschrieben: |
Du glaubst tatsaechlich vor 40 Jahren war das anders? Du verkennst, dass der Rassismus gegen Schwarze in Nordamerika eine 400 Jahre alte Tradition hat. |
Der "War on Crime" startete erst zu dieser Zeit. Ja, diese Ideologie hat viel verändert. |
Trotzdem gab es genau die gleichen "race riots" aus genau den gleichen Gründen schon vor mehr als 100 Jahren.
In seiner neuesten Sendung "this week tonight" gestern Abend verglich John Oliver historische "race riots" aus dem letzten Jahrhundert mit den derzeitigen Geschehnissen (soweit ich mich erinnere wurde als ältestes Datum hier 1913 genannt). Die Ähnlichkeit ist verblüffend. Zunaechst kommt ein Schwarzer durch exzessiven Gewalteinsatz der Polizei zu Tode, dann kocht die Wut dareueber ueber, dann wird gelabert, dass sich was aendern muss und schliesslich ändert sich........ nichts....bis zum naechsten Mal. Das Einzige was wirklich neu ist (und was Mut macht) ist dass heute nicht, wie frueher, fast nur Schwarze protestieren, sondern erheblich breitere Schichten der Bevoelkerung.
John Oliver weist danach auf die Ursprünge der amerikanischen Polizei als Jaeger entlaufener Sklaven hin und zitiert mehrere historische Äusserungen amerikanischer Politiker, in denen es als Hauptaufgabe der Polizei bezeichnet wird die "Negroes" unter Kontrolle zu halten. Der "war on crime" ist dabei genauso nur ein Glied in einer sehr langen Kette wie der "war on drugs", der sich ja auch hauptsächlich gegen Nichtweisse richtete.
Was sich vor allem in jüngster Zeit veraendert hat ist die Militarisierung der Polizei im 21. Jahrhundert. Amerikanische Polizisten sind schon rein Äußerlich kaum noch von Soldaten unterscheidbar, verfügen ueber Waffen und sonstige Ausruestung aus Armeebeständen und benutzen diese Dinge auch reichlich im polizeilichen Alltag, z.B. sieht man heutzutage Polizisten in "Humvees", die bereits in Afghanistan im Einsatz waren, durch die Strassen patrouillieren.
Dies hat zu einem allgemeinen "disconnect" mit der Zivilbevölkerung gefuehrt, der die gesamte Gesellschaft betrifft und natuerlich auch das Verhältnis der Polizei zu den Schwarzen beruehrt, aber eben nicht nur. Sichtbar auch daran, dass waehrend der jüngsten Proteste nicht nur Schwarze Opfer umprovozierter unverhältnismäßiger Polizeigewalt wurden, sondern auch Weisse wie z.B. in Buffalo als ein 75-jähriger weisser Demonstrant grundlos zu Boden gestossen und dabei schwer verletzt wurde.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26447
Wohnort: im Speckgürtel
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(#2215338) Verfasst am: 15.06.2020, 19:08 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | beachbernie hat folgendes geschrieben: |
Du glaubst tatsaechlich vor 40 Jahren war das anders? Du verkennst, dass der Rassismus gegen Schwarze in Nordamerika eine 400 Jahre alte Tradition hat. |
Der "War on Crime" startete erst zu dieser Zeit. Ja, diese Ideologie hat viel verändert. |
Es kam außerdem mindestens noch "war on drugs" dazu. Es gibt kein anderes Land, das soviel Leute in dem Gefängnissen hat wie die USA.
Die USA hat inzwischen zwei Gruppen, die dem Staat den Krieg erklärt haben, das ist zum Einen die Alt-Right.Bewegung mit ihrem Exponenten Stephen Bannon, und zum Anderen, nicht strategisch geplant sondern in verzweifelter Abwehrhaltung, die unterprivilegierten Bewohner bestimmter Stadtteile, in denen es inzwischen zu einer echten Gegenkultur gekommen ist.
Anstatt hier mit Maßnahmen zu beginnen, die geeignet sind, diesen Teufelskreis zu durchbrechen, macht man das, was man in des US schon immer gemacht hat, wenn auch mit umgekehrtem Vorzeichen: Man konzentriert sich auf die Polizeiarbeit.
Dabei bräuchte man sich neben den Zahlen der Gefängnisinsassen nur die Zahlen der Kosten für diese Arbeit anzusehen, und dabei im Auge zu behalten, dass die einzelnen Polizisten von diesem Kriegsdienst, in den sie nur mit einer Selbstverteidigungsausbildung geschickt werden, nicht leben können, um zu sehen, dass dieses Konzept der Konzentration auf die Polizei, das bisher übrigens auch von den Demokraten getragen wurde, noch nie funktioniert hat. Allerdings hat es für eine Spaltung der Gesellschaft gesorgt, die nicht dadurch weg sein wird, dass man die Polizeikräfte einfach verringert. Es geht also darum, wie man sich aus diesen Zuständen herausschleichen kann, und zwar u.a. mit dieser Polizei, weil man keine andere hat. Was aber vorweglaufen muss, ist eine Resozialisierung der Problemviertel, die nicht mit der Polizei, und besonders nicht mit dieser Polizei machbar ist - dafür fehlt denen jegliche Ausbildung. Was hier gefragt ist, ist Bildungs- und Sozialpolitik.
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26447
Wohnort: im Speckgürtel
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(#2215339) Verfasst am: 15.06.2020, 19:30 Titel: |
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Wilson hat folgendes geschrieben: | ...
ps ich hätte echt nicht gedacht, das du dem von dir verlinkten inhaltlich zustimmst. echt nicht.
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Ich vermute, das liegt daran, dass Dir einige seiner Aussagen so gegen den Strich gehen, dass Du ihn gar nicht richtig gelesen hast. Der Mann stellt sich durchaus selbst in Frage.
Allerdings sieht er auch ein großes Problem in der Diskussionskultur, die indirekt im Wesentlichen von den Rassisten, bzw. von der krampfhaften Bemühung um Abgrenzung von diesen bestimmt sieht.
Loury in der NZZ hat folgendes geschrieben: | Es ist eine legitime Frage, warum schwarze Männer mehr Verbrechen begehen als Weisse. Aber es ist eine Tatsache, dass sie massiv mehr Tötungsdelikte verüben; fast 50 Prozent bei einem Bevölkerungsanteil von vielleicht 7 oder 8 Prozent. Es werden auch mehr Weisse von Schwarzen beraubt als umgekehrt, und zwar in absoluten Zahlen, nicht proportional. |
Dieses Thema wird aber gar nicht diskutiert, obwohl man damit ganz schnell an den Ursprung der Probleme gelangen könnte, die mit Sicherheit nicht mit einer Schuldzuweisung an die kriminellen Schwarzen, die hier nur ein Symptom der gesellschaftlichen Verwerfungen sind, aus der Welt geschafft werden kann. Nur, man kommt auch nicht zum Kern der Probleme, wenn man es unterlässt, sich die Symptome anzusehen.
Loury in der NZZ hat folgendes geschrieben: | Ich glaube, wir leben nicht in einem wirklich freien Raum für die Diskussion dieser Fragen. Es herrscht ein sehr starker Druck zu Konformität, weil niemand den Eindruck erwecken will, er stehe auf der falschen Seite bei den grossen moralischen Fragen. Das heisst, jeder folgt dem anderen, wie in einer Herde. Alle wollen ihre Tugendhaftigkeit unterstreichen, indem sie der Welt zeigen: Ich stehe für Gerechtigkeit ein, gegen Rassismus. Ein Teil davon ist ganz einfach eine stillschweigende Übereinkunft, die wir auch politische Korrektheit nennen.
Erschwerend kommt aber dazu, dass es eben auch immer noch wirkliche Rassisten gibt, die von der Überlegenheit der Weissen und der Unterlegenheit der Schwarzen überzeugt sind. Sie glauben, dass die Probleme, die wir hier besprechen, genau der Beweis sind für die angebliche Unterlegenheit der Schwarzen. Obwohl das eine kleine Minderheit ist, gibt es diese Stimmen, und man will unter allen Umständen verhindern, dass man mit ihr in Verbindung gebracht wird oder sie in irgendeiner Weise bestärken könnte.
Weil man grösste Distanz sucht zu solch offenem Rassismus, weicht man Debatten wie jener über schwarze Kriminalität aus. Weil Rassisten sagen, schwarze Kriminalität ist furchtbar, fürchten wir uns, das Thema überhaupt anzusprechen und einzugestehen, dass es ein Problem ist. Man hat beispielsweise auch Angst zu sagen, Polizisten fürchteten junge schwarze Männer, weil diese zu oft bewaffnet seien und auch bereit, die Waffen zu benutzen. Man hat Angst, weil das genau die Dinge sind, die auch weisse Chauvinisten sagen. Dann schweigt man halt lieber. |
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Wilson zwischen gaga und dada
Anmeldungsdatum: 04.02.2008 Beiträge: 21455
Wohnort: Swift Tuttle
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(#2215340) Verfasst am: 15.06.2020, 19:53 Titel: |
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wieso wird die frage nicht diskutiert, die loury stellt?
das denke ich nicht.
wie lautet denn deiner meinung nach der kern der probleme?
_________________ "als ob"
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26447
Wohnort: im Speckgürtel
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(#2215344) Verfasst am: 15.06.2020, 20:51 Titel: |
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Wilson hat folgendes geschrieben: | wieso wird die frage nicht diskutiert, die loury stellt?
das denke ich nicht.
wie lautet denn deiner meinung nach der kern der probleme? |
Wenn Du das nach den beiden Posts noch fragst, brauche ich gar nicht erst zu versuchen, das zu beantworten.
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