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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#223212) Verfasst am: 03.12.2004, 16:01 Titel: |
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Hi Klaus-Peter,
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Hi Nuthouse!
Nuthouse hat folgendes geschrieben: | Ihr seid alle miteinander wiedermal abgedriftet - in SackGERANGEL. "jo, ICH weiß alles besser ..." *Lähm* |
Warum denn diese Nörgelei? Was gefällt Dir denn genau nicht? Und wieviel Drift gestattest Du denn?
| Genau diese Art ist es, was sie meint. Es ist eine Unsitte bei uns hier im FGH, dass keiner etwas so versteht, wie es da steht und wie es gemeint ist. Immer muss noch ein Krümel draufgekackt werden, irgendetwas Unproblemtisches muss noch ein bissele problematisiert werden, und einfach dem anderen mal recht geben, wenn er recht hat, gibts nicht für alles Gold der Welt. |
Stimmt, da ist 'was d'ran. Das Schlimme ist, daß es bei ein paar Menschen Methode hat, den arroganten Oberlehrer 'raushängen zu lassen, um etwaige Ego- und Kompetenzprobleme überzukompensieren. Armselig...
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#223230) Verfasst am: 03.12.2004, 16:58 Titel: |
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Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Hi Nuthouse!
Nuthouse hat folgendes geschrieben: | Ihr seid alle miteinander wiedermal abgedriftet - in SackGERANGEL. "jo, ICH weiß alles besser ..." *Lähm* |
Warum denn diese Nörgelei? Was gefällt Dir denn genau nicht? Und wieviel Drift gestattest Du denn?
| Genau diese Art ist es, was sie meint. Es ist eine Unsitte bei uns hier im FGH, dass keiner etwas so versteht, wie es da steht und wie es gemeint ist. Immer muss noch ein Krümel draufgekackt werden, irgendetwas Unproblemtisches muss noch ein bissele problematisiert werden, und einfach dem anderen mal recht geben, wenn er recht hat, gibts nicht für alles Gold der Welt. |
Ich habe keine Probleme mit Unsitten; aber bist Du etwa eine Elefantenkuh?
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#223266) Verfasst am: 03.12.2004, 19:41 Titel: |
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Hi Nuthouse,
Nuthouse hat folgendes geschrieben: | Rat hat folgendes geschrieben: | Interessante Frage, hat mich auch neugierig gemacht . Hier gibt es die Antwort. |
Cooler Link! Aber ich zweifle an der Aussage, daß das Elefantenbaby vermutlich aufgrund der Kreuzung gestorben ist. Viel öfter kommt es vor, daß Elefantenbabies in Gefangenschaft (Zoo) von der Mutter totgetreten oder nicht angenommen werden (These: In Gefangenschaft gehaltene Elefantenmütter kommen nicht mit den Schmerzen bei der Geburt klar und die soziale Struktur der Herde - andere Weibchen - funktioniert da nicht so wie in der Wildnis). |
hmmm, im detaillierten englischen Artikel stand was von einer Infektion im Nabelbereich. Könnte es sein, dass hier weder ein genetisches noch ein soziales Problem vorlag?
Grüßle
Thomas
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#223429) Verfasst am: 04.12.2004, 03:40 Titel: |
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Hi Martin!
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Wie aus der Suchfunktion hervorgeht, hatten wir das eine oder das andere hierzu schon einmal. Eine Bezeichnung wie "Natürliches System" klingt schon einigermaßen seltsam, läßt sich aber historisch im Zusammenhang mit dem Begriff 'Naturgesetz' erklären. Aber richtig, eine Genealogie sollte reichen, um systemisch den nötigen Informationsgehalt abzubilden. |
Was mich dabei interessieren würde ist, weshalb sich die Phylogenetische Systematik bis heute noch nicht allgemein durchgesetzt hat. Wie mir scheint (und Mahner auch beklagt), greifen die Evolutionsbiologen bis heute noch auf die traditionellen Kategorien (Gattungen, Familien, Ordnungen, Klassen...) zurück, obwohl a.) die Linnéische Systematik und auch die sog. "Evolutionäre" Systematik Mayrs evolutionäre Neuheiten bei der Klassifikation nicht konsequent berücksichtigen, so daß sie b.) auch die realhistorische Stammesgeschichte nicht objektiv rekonstruieren können. Was glaubst Du, woran dies liegt? |
Das ist zum einen einfach Gewohnheit. Auch Du als Chemiker wirst Dich wohl im täglichem Umgang nicht immer gemäß IUPAC ausdrücken (= Infernalisches Unbrauchbares Praxisfernes Abkürzungs-Chaos. BTW: Vgl. http://www.anti-iupac.tk ).
Zum anderen liegt es dem Menschen nahe, augenscheinlich ähnliches zu Mengen zusammenzufassen. Nimm als Beispiel für ein polyphyletisches Taxon die Fische. Enkaptisch gesehen würden auch wir Menschen dazu zählen. Gut, Du kannst das immer noch 'Organisationstufe' nennen.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Das Hauptproblem liegt ja gerade darin, die 'Hennigsche Methode' sauber anzuwenden. Wenn Du also Synapomorphien (für Interessierte: Gemeinsame abgeleitete Merkmale) anordnen willst: Kein Problem. Aber Du mußt sie erst einmal haben! |
Ja, klar - Kritiker weisen darauf hin, daß man die verschiedenen Kladogramme gegeneinander abwägen und bei der Beurteilung der Plausibilität auch die abgeleiteten Merkmale je nach Komplexität gewichten muß. Gegebenenfalls fließt dann auch evolutionsbiologisches Faktenwissen mit ein, um aus mehren gleich sparsamen Kladogrammen den "wahrscheinlichsten" zu ermitteln. |
Es fließt immer (!) evolutionsbiologisches Wissen mit ein. Vorher! Aber ein Kladogramm erzwingt ein gewisses systematisches Vorgehen. - Das ist aus meiner Sicht der Hauptverdienst der Kladistik. Eine befriedigende Lösung hätte ich allerdings anzubieten. Das wäre dann ein Sequenzvergleich.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Meines Erachtens läßt sich der Kladistik aus dem daraus resultierenden Interpretationsspielraum aber kein unerlaubter Zirkel unterstellen, wie die Muterkladisten dies zu bedenken gaben. Seit dem Scheitern des Positivismus ist klar, daß es so etwas wie theoriefreie Beobachtungen ohnehin nicht geben kann. AFAIK betonte schon Hennig, daß Beobachten und Theoretisieren immer Hand in Hand gehen. |
Alles richtig. Aber wie gesagt: Die Probleme hast Du schon vorher gelöst.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Bsp.: Die sparsamste Antwort auf die Frage "Woran erkennst Du einen Vogel?" wäre etwa: "An den Federn!" Mal abgesehen davon, das diese Frage für einen Zeitgenossen von Archaeopteryx vielleicht nicht so auf der Hand liegen würde: Welche Annahmen haben Dich verleitet, hier zur Gruppenkategorisierung ein "Merkmal" "Federn" zu nehmen und nicht bsw. "Flügel"? |
Hmmm... Könnte dies daran liegen, daß es sich bei den "Federn" um ein abgeleitetes Merkmal handelt, das ausschließlich für das Taxon der Vögel charakteristisch ist? |
Du reduzierst einen Organismus auf die Bedeutung eines einzigen Merkmals. Und ein Merkmal entsteht ja auch nicht unbedingt diskret, sondern kontinuierlich. Wann ist denn ein Merkmal ein Merkmal und wann nicht? Und vor allem: Wann ist es abgeleitet?
Um das Problem näher zu beleuchten: Woran unterscheidest Du die Gruppe "Linie der Fische, die zu Menschen wurden" von der Gruppe "Linie der Fische, die nicht zu Menschen wurden"?
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#223455) Verfasst am: 04.12.2004, 09:04 Titel: |
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Hi Lamarck,
Lamarck hat folgendes geschrieben: |
[ ... ]
Zum anderen liegt es dem Menschen nahe, augenscheinlich ähnliches zu Mengen zusammenzufassen. Nimm als Beispiel für ein polyphyletisches Taxon die Fische. Enkaptisch gesehen würden auch wir Menschen dazu zählen. Gut, Du kannst das immer noch 'Organisationstufe' nennen.
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Reif, ein Paläontologe aus Tübingen, hat gerade eine Artikelserie fertiggestellt (die ersten sind schon erschienen:
Reif, W.-E. (2003) 'Problematic issues of cladistics: 1. Ancestor recognition and phylogenetic classification' N. Jb. Geol. Paläont 230:97-148
IIRC ist Teil 13 gerade eingereicht und insgesamt sollen es 14 oder 15 werden), in der er die Probleme der Kladistik aus seiner Sicht recht umfassend darstellt.
Nur falls es Dich interessiert,
Grüßle
Thomas
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#223547) Verfasst am: 04.12.2004, 15:39 Titel: |
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Hi Lamarck,
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Was mich dabei interessieren würde ist, weshalb sich die Phylogenetische Systematik bis heute noch nicht allgemein durchgesetzt hat. Wie mir scheint (und Mahner auch beklagt), greifen die Evolutionsbiologen bis heute noch auf die traditionellen Kategorien (Gattungen, Familien, Ordnungen, Klassen...) zurück, obwohl a.) die Linnéische Systematik und auch die sog. "Evolutionäre" Systematik Mayrs evolutionäre Neuheiten bei der Klassifikation nicht konsequent berücksichtigen, so daß sie b.) auch die realhistorische Stammesgeschichte nicht objektiv rekonstruieren können. Was glaubst Du, woran dies liegt? |
Das ist zum einen einfach Gewohnheit. Auch Du als Chemiker wirst Dich wohl im täglichem Umgang nicht immer gemäß IUPAC ausdrücken (= Infernalisches Unbrauchbares Praxisfernes Abkürzungs-Chaos. BTW: Vgl. http://www.anti-iupac.tk ). |
Nett, das mit dem Diprotoniumoxid und der Dreifachbindung im Anilin Trotzdem wird man angesichts 20 Mio. organischer Verbindungen kaum auf eine international festgelegte Nomenklatur verzichten und für alle Substanzen Trivialnamen einführen können. Oder fällt Dir ein geeigneter Trivialname für diese Verbindung ein:
Zitat: | 3-Cyano-6-{4-[4-(5-heptyl-1,3,4-thiadiazol-2-yl)phenoxy]butanoyloxy}-2-nonylthio-4-oxo-4H-1-benzothiopyran 12.5 |
Aber um zum Thema zurückzukommen: Eigentlich ging's weniger um Konvention als um eine möglichst objektive Vorgehensweise bei der Rekonstruktion der Stammesgeschichte. Was ist denn davon zu halten, wenn sich bei Menschen wie z.B. Schindewolf, die sich an die althergebrachten Kategorien klammerten, die Meinung festgefahren hat, daß die Transformation von "Reptilien" zunächst zu "Gattungs-, und Familienunterschieden" führen müsse, bevor neue "Ordnungen" erscheinen, wobei wiederum mehrere Ordnungen "durchlaufen" werden müssen, bevor endlich mit dem "Bauplan der Vögel" eine neue Klasse entstanden war? Stellt die Kladistik die klassische Sichtweise, wonach sich Individuen "oberhalb des Artniveaus" langsam zu ranghöheren Taxa "emporhangeln" müßten, nicht geradezu auf den Kopf?
Gefallen hat mir übrigens ein Kommentar von Heberer, der lange vor Hennig die Typenlehre, auf die sich Schindewolf bezog, kritisiert hat:
Zitat: | Wenn man sich Kunstgebilde herstellt, wie es die Typen des Systemes sind, wenn man das tierische System in die 'Zwangsjacke der Typenlehren' (Groß) steckt, dann kann man sich schließlich nicht wundern, 'daß die Lückenhaftigkeit der Überlieferung ausgerechnet immer nur diese Generationenfolgen zwischen den Bauplänen' betrifft (...) Archäopteryx ist - nach Meinung der meisten Paläontologen - ein Vogel. Sie ist vom Reptil nach dem Urteil der Typengläubigen durch einen 'grundlegenden Wesensunterschied' getrennt. Man muß aber nicht kleingläubig werden - und das nicht nur in diesem Falle ! - wenn man (...) sich überlegt, was für eine Stellung im System die Gattung Archäopteryx einnähme, wenn sie nicht die jüngeren Vögel als Nachfolger hätten? Dann 'würde man sie als die differenzierteste Reptilordnung auffassen'! |
Heberer, G. (1943): Experimentelle Phylogenetik und Typensprunglehre. Stellungnahme zu dem vorstehenden Aufsatz von O. H. Schindewolf: Zur Frage der sprunghaften Entwicklung. Der Biologe 12, 248-255 (251).
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Kritiker weisen darauf hin, daß man die verschiedenen Kladogramme gegeneinander abwägen und bei der Beurteilung der Plausibilität auch die abgeleiteten Merkmale je nach Komplexität gewichten muß. Gegebenenfalls fließt dann auch evolutionsbiologisches Faktenwissen mit ein, um aus mehren gleich sparsamen Kladogrammen den "wahrscheinlichsten" zu ermitteln. |
Es fließt immer (!) evolutionsbiologisches Wissen mit ein. Vorher! |
Hmmm... Mahner hat mir mal geschrieben, daß man zuerst nach den Regeln der phylogenetischen Systematik (eventuell mehrere alternative) Verzweigungsschemata konstruiert und erst hinterher Interpretationen vornimmt bzw. (z.B. durch Merkmalsgewichtung) feststellt, welche Merkmale sich als abstammungsbedingte Ähnlichkeiten ("a posteriori-Homologien") ergeben. Wo also stecken Deiner Meinung nach die "Vorleistungen", wenn man zunächst nur ganz formal (z.B. mithilfe von Computeralgorithmen) Kladogramme erstellt?
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Aber ein Kladogramm erzwingt ein gewisses systematisches Vorgehen. - Das ist aus meiner Sicht der Hauptverdienst der Kladistik. |
Stimmt. Gefallen hat mir der Kommentar des Paläoanthropologen Tattersall, der AFAIK das Konzept der Kladistik gemeinsam mit Eldrege im Jahre 1975 in die Hominidenforschung eingeführt hatte:
Zitat: | Trotz aller Schwierigkeiten ermöglicht die Kladistik bei der Entwicklung und Prüfung phylogenetischer Hypothesen ein logisches Vorgehen, und wer für das Erkennen phylogenetischer Verwandtschaftsbeziehungen nach einem befriedigenderen Hilfsmittel als der Intuition suchte, empfand sie als frischen Windstoß. |
Tattersall, I. (1997): Puzzle Menschwerdung. Spektrum-Verlag, Heidelberg, 216.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Welche Annahmen haben Dich verleitet, hier zur Gruppenkategorisierung ein "Merkmal" "Federn" zu nehmen und nicht bsw. "Flügel"? |
Hmmm... Könnte dies daran liegen, daß es sich bei den "Federn" um ein abgeleitetes Merkmal handelt, das ausschließlich für das Taxon der Vögel charakteristisch ist? |
Du reduzierst einen Organismus auf die Bedeutung eines einzigen Merkmals. Und ein Merkmal entsteht ja auch nicht unbedingt diskret, sondern kontinuierlich. |
Ups, warum reduziere ich den Organismus auf ein Merkmal? IIRC dient doch die Autapomorphie nur dazu, das Taxon zu charakterisieren (bzw. dessen Monophylie zu prüfen), in das die Spezies eingeordnet wird. Mahner hat mir geschrieben, daß man bei den Vögeln über 50 Autapomorphien kennt - natürlich kann man die dann alle auch zur Charakterisierung des Taxons "Vögel" heranziehen. Wo ist das Problem?
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Wann ist denn ein Merkmal ein Merkmal und wann nicht? Und vor allem: Wann ist es abgeleitet?  |
Wenn ich's recht weiß, sind das solche, die in der Außengruppe nicht vorkommen. Hmmm... ich glaub' ich verstehe langsam: das Problem besteht darin, daß man nicht weiß, welche Außengruppe man zur Bestimmung abgeleiteter Merkmale heranziehen soll. (Es könnte ja vielleicht auch eine vermeintliche "evolutive Neuheit" bei der Außengruppe reduziert worden sein). Und um das "Lesrichtungsproblem" zu lösen, muß man auf biologische Theorien (wie z.B. auf die Rekapitulationsidee) zurückgreifen. Hab ich das jetzt richtig verstanden?
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Um das Problem näher zu beleuchten: Woran unterscheidest Du die Gruppe "Linie der Fische, die zu Menschen wurden" von der Gruppe "Linie der Fische, die nicht zu Menschen wurden"? |
Sorry, da bin ich als Nichtbiologe überfragt. Ich glaube mich nur zu erinnern, daß das entsprechende Fossil auf einen Seitenast gehört, wenn man bei ihm eine Autapomorphie findet. Findet man keine Autapomorphie, könnte es sich um eine Stammart handeln.
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#224267) Verfasst am: 06.12.2004, 00:46 Titel: |
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Hi Thomas!
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: |
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Zum anderen liegt es dem Menschen nahe, augenscheinlich ähnliches zu Mengen zusammenzufassen. Nimm als Beispiel für ein polyphyletisches Taxon die Fische. Enkaptisch gesehen würden auch wir Menschen dazu zählen. Gut, Du kannst das immer noch 'Organisationstufe' nennen.
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Reif, ein Paläontologe aus Tübingen, hat gerade eine Artikelserie fertiggestellt (die ersten sind schon erschienen:
Reif, W.-E. (2003) 'Problematic issues of cladistics: 1. Ancestor recognition and phylogenetic classification' N. Jb. Geol. Paläont 230:97-148
IIRC ist Teil 13 gerade eingereicht und insgesamt sollen es 14 oder 15 werden), in der er die Probleme der Kladistik aus seiner Sicht recht umfassend darstellt. |
Klingt interessant. Aber 15 Teile!
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#224272) Verfasst am: 06.12.2004, 00:51 Titel: |
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Hi Martin!
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Nett, das mit dem Diprotoniumoxid und der Dreifachbindung im Anilin Trotzdem wird man angesichts 20 Mio. organischer Verbindungen kaum auf eine international festgelegte Nomenklatur verzichten und für alle Substanzen Trivialnamen einführen können. Oder fällt Dir ein geeigneter Trivialname für diese Verbindung ein:
Zitat: | 3-Cyano-6-{4-[4-(5-heptyl-1,3,4-thiadiazol-2-yl)phenoxy]butanoyloxy}-2-nonylthio-4-oxo-4H-1-benzothiopyran 12.5 | |
Pastellgelbe-mit-Schmauchspuren-umrahmte-Verfärbung-an-der-Labordecke?
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Aber um zum Thema zurückzukommen: Eigentlich ging's weniger um Konvention als um eine möglichst objektive Vorgehensweise bei der Rekonstruktion der Stammesgeschichte. Was ist denn davon zu halten, wenn sich bei Menschen wie z.B. Schindewolf, die sich an die althergebrachten Kategorien klammerten, die Meinung festgefahren hat, daß die Transformation von "Reptilien" zunächst zu "Gattungs-, und Familienunterschieden" führen müsse, bevor neue "Ordnungen" erscheinen, wobei wiederum mehrere Ordnungen "durchlaufen" werden müssen, bevor endlich mit dem "Bauplan der Vögel" eine neue Klasse entstanden war? Stellt die Kladistik die klassische Sichtweise, wonach sich Individuen "oberhalb des Artniveaus" langsam zu ranghöheren Taxa "emporhangeln" müßten, nicht geradezu auf den Kopf? |
Den Begriff 'Fische' kannst Du schon objektivieren, aber eben nicht in besonderer Eignung für eine systematische Einteilung im phylogenetischen Sinne. Insofern ist die Sichtweise von Schindewolf einfach nicht zielführend. Aber da braucht es keine Kladistik, um dies nun gerade zu biegen. Systematische Einteilungen sind gegenüber Fragen der Abgrenzung immer problembehaftet.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Gefallen hat mir übrigens ein Kommentar von Heberer, der lange vor Hennig die Typenlehre, auf die sich Schindewolf bezog, kritisiert hat:
Zitat: | Wenn man sich Kunstgebilde herstellt, wie es die Typen des Systemes sind, wenn man das tierische System in die 'Zwangsjacke der Typenlehren' (Groß) steckt, dann kann man sich schließlich nicht wundern, 'daß die Lückenhaftigkeit der Überlieferung ausgerechnet immer nur diese Generationenfolgen zwischen den Bauplänen' betrifft (...) Archäopteryx ist - nach Meinung der meisten Paläontologen - ein Vogel. Sie ist vom Reptil nach dem Urteil der Typengläubigen durch einen 'grundlegenden Wesensunterschied' getrennt. Man muß aber nicht kleingläubig werden - und das nicht nur in diesem Falle ! - wenn man (...) sich überlegt, was für eine Stellung im System die Gattung Archäopteryx einnähme, wenn sie nicht die jüngeren Vögel als Nachfolger hätten? Dann 'würde man sie als die differenzierteste Reptilordnung auffassen'! |
Heberer, G. (1943): Experimentelle Phylogenetik und Typensprunglehre. Stellungnahme zu dem vorstehenden Aufsatz von O. H. Schindewolf: Zur Frage der sprunghaften Entwicklung. Der Biologe 12, 248-255 (251). |
Genau!
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Kritiker weisen darauf hin, daß man die verschiedenen Kladogramme gegeneinander abwägen und bei der Beurteilung der Plausibilität auch die abgeleiteten Merkmale je nach Komplexität gewichten muß. Gegebenenfalls fließt dann auch evolutionsbiologisches Faktenwissen mit ein, um aus mehren gleich sparsamen Kladogrammen den "wahrscheinlichsten" zu ermitteln. |
Es fließt immer (!) evolutionsbiologisches Wissen mit ein. Vorher! |
Hmmm... Mahner hat mir mal geschrieben, daß man zuerst nach den Regeln der phylogenetischen Systematik (eventuell mehrere alternative) Verzweigungsschemata konstruiert und erst hinterher Interpretationen vornimmt bzw. (z.B. durch Merkmalsgewichtung) feststellt, welche Merkmale sich als abstammungsbedingte Ähnlichkeiten ("a posteriori-Homologien") ergeben. Wo also stecken Deiner Meinung nach die "Vorleistungen", wenn man zunächst nur ganz formal (z.B. mithilfe von Computeralgorithmen) Kladogramme erstellt? |
Ich hatte ja schon mehrfach diese Frage in den Raum gestellt, die da lautet: Was ist ein Merkmal? Merkmalsgewichtungen baust Du übrigens vorher ein (oder machst Du vielmehr in einem iterativen Prozeß passend ... ). Also: Gewichten oder lieber doch nicht? Aber wenn ja, mit welchen Abstufungen? Und Homologien erkennst Du auch nicht so ohne weiteres. Schon gar nicht ohne theoretische Vorleistungen. Ich hoffe, ich kann das Problem weiter unten noch deutlicher darstellen.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Aber ein Kladogramm erzwingt ein gewisses systematisches Vorgehen. - Das ist aus meiner Sicht der Hauptverdienst der Kladistik. |
Stimmt. Gefallen hat mir der Kommentar des Paläoanthropologen Tattersall, der AFAIK das Konzept der Kladistik gemeinsam mit Eldrege im Jahre 1975 in die Hominidenforschung eingeführt hatte:
Zitat: | Trotz aller Schwierigkeiten ermöglicht die Kladistik bei der Entwicklung und Prüfung phylogenetischer Hypothesen ein logisches Vorgehen, und wer für das Erkennen phylogenetischer Verwandtschaftsbeziehungen nach einem befriedigenderen Hilfsmittel als der Intuition suchte, empfand sie als frischen Windstoß. |
Tattersall, I. (1997): Puzzle Menschwerdung. Spektrum-Verlag, Heidelberg, 216. |
Okay.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Welche Annahmen haben Dich verleitet, hier zur Gruppenkategorisierung ein "Merkmal" "Federn" zu nehmen und nicht bsw. "Flügel"? |
Hmmm... Könnte dies daran liegen, daß es sich bei den "Federn" um ein abgeleitetes Merkmal handelt, das ausschließlich für das Taxon der Vögel charakteristisch ist? |
Du reduzierst einen Organismus auf die Bedeutung eines einzigen Merkmals. Und ein Merkmal entsteht ja auch nicht unbedingt diskret, sondern kontinuierlich. |
Ups, warum reduziere ich den Organismus auf ein Merkmal? IIRC dient doch die Autapomorphie nur dazu, das Taxon zu charakterisieren (bzw. dessen Monophylie zu prüfen), in das die Spezies eingeordnet wird. Mahner hat mir geschrieben, daß man bei den Vögeln über 50 Autapomorphien kennt - natürlich kann man die dann alle auch zur Charakterisierung des Taxons "Vögel" heranziehen. Wo ist das Problem? |
Mahner wird hier wohl von Synapomorphien (= gemeinsame abgeleitete Grundplanmerkmale) gesprochen haben, um, wie hier der Fall, bsw. die Vögel zu charakterisieren. Das erstere war kein Vorwurf, sondern gehört zum methodischen Protokoll der Kladistik (jedenfalls nach der klassischen Weise). Du brauchst ja einen Grund, um eine Verzweigung vorzunehmen, die Autapomorphie (= abgeleitetes Merkmal) hat ja einen plesiomorphen Vorläufer (= ursprüngliches Merkmal). Was aber ursprünglich ist und was nun abgeleitet ist, das mußt Du schon wissen. Das Kladogramm ist geduldig.
Formal ausgedrückt: Hast Du die Morphien (a), (b) und (c) vorliegen, ergeben sich aus diesen Morphien noch keine Anordnungen.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Wann ist denn ein Merkmal ein Merkmal und wann nicht? Und vor allem: Wann ist es abgeleitet?  |
Wenn ich's recht weiß, sind das solche, die in der Außengruppe nicht vorkommen. Hmmm... ich glaub' ich verstehe langsam: das Problem besteht darin, daß man nicht weiß, welche Außengruppe man zur Bestimmung abgeleiteter Merkmale heranziehen soll. (Es könnte ja vielleicht auch eine vermeintliche "evolutive Neuheit" bei der Außengruppe reduziert worden sein). Und um das "Lesrichtungsproblem" zu lösen, muß man auf biologische Theorien (wie z.B. auf die Rekapitulationsidee) zurückgreifen. Hab ich das jetzt richtig verstanden? |
Ja.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Um das Problem näher zu beleuchten: Woran unterscheidest Du die Gruppe "Linie der Fische, die zu Menschen wurden" von der Gruppe "Linie der Fische, die nicht zu Menschen wurden"? |
Sorry, da bin ich als Nichtbiologe überfragt. Ich glaube mich nur zu erinnern, daß das entsprechende Fossil auf einen Seitenast gehört, wenn man bei ihm eine Autapomorphie findet. Findet man keine Autapomorphie, könnte es sich um eine Stammart handeln. |
Und da haben wir es: Du mußt Dich entscheiden. Ich glaube, Du kannst jetzt schon selbst Kladogramme aufstellen.
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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