Freigeisterhaus Foren-Übersicht
 FAQFAQ   SuchenSuchen   MitgliederlisteMitgliederliste   NutzungsbedingungenNutzungsbedingungen   BenutzergruppenBenutzergruppen   LinksLinks   RegistrierenRegistrieren 
 ProfilProfil   Einloggen, um private Nachrichten zu lesenEinloggen, um private Nachrichten zu lesen   LoginLogin 

folter - und ihre förderer
Gehe zu Seite Zurück  1, 2, 3 ... 5, 6, 7 ... 11, 12, 13  Weiter
 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen   Drucker freundliche Ansicht    Freigeisterhaus Foren-Übersicht -> Politik und Geschichte
Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  
Autor Nachricht
step
registriert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#229689) Verfasst am: 18.12.2004, 19:21    Titel: Antworten mit Zitat

Die Tatsache, ob das Kind zum Zeitpunkt der anzudrohenden Folter noch am Leben war oder nicht, darf bei der Abwägung mE überhaupt keine Rolle spielen. Auch geht es mir weniger um eine Schuldzuweisung an Daschner, sondern um die ethische Norm.

Ich persönlich bin für ein vollständiges Verbot von Folter oder ihrer Androhung, selbst wenn erwiesen wäre, daß Kriminalistik (oder auch Pädagogik zynisches Grinsen ) dadurch kurzfristig etwas weniger effizient wären. Auch nur das Zuschauen oder Vorstellen von Folterszenen - und sei der Gefolterte noch so ein Schwein - finde ich unerträglich. Natürlich würde ich das anders sehen, wenn mein eigenes Kind akut betroffen wäre.

Langfristig muß die Lösung mE dahingehen, minimalinvasive Techniken zur Wahrheitsfindung (und damit potentiellen Kindsrettung) zu entwicklen.

gruß/step
_________________
Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
caballito
zänkisches Monsterpony



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary

Beitrag(#229739) Verfasst am: 18.12.2004, 20:41    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
caballito hat folgendes geschrieben:
Fakt ist, Jakob war tot, es gab also kein Menschenleben zu retten.


das war Fakt, _nachdem_ man seine Leiche fand. Vorher nicht.


Wir sprechen hier nicht über Schrödingers Katze. Er war von dem Moment an tot, als er gestorben ist, und nicht erst. als die Polizei ihn fand.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
caballito hat folgendes geschrieben:
Damit stehen wir vor folgender Situation:


Ex falsi quodlibet.


Aber nur, wenn es wirklich falsch ist.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
caballito hat folgendes geschrieben:
Entweder man meint es ernst damit, dass Folter nur dann erkaubt sein solle, wenn damit tatsächlich Leben gerettet werden kann - dann war sie es im Fall Daschner eben nicht.


Das stimmt nicht. _Während_ des Vorgangs wusste nur einer, dass Jakob tot war.


Die Tatsache, dass nur einer die Tatsachen kannte, ändert nichts daran, dass es Tatsachen waren. Und es ist nun mal eine Tatsache, dass Jaklob tot war und also durch keinerlei Folter hätte tatsächlich gerettet werden können.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
caballito hat folgendes geschrieben:
Dann ist aber auch kein Fall denkbar, in dem sie es jemals wäre, denn z.B. im Falle Gäfgen hätte man, damit sie zulässig gewesen wäre, definitiv wissen müssen, das Jakob noch lebt.


Dann stell Dir mal folgenden Fall vor: Gräfgen hat den Jungen nicht getötet, sondern in einen Raum verbracht, in dem eine WebCam mit Mikrophon installiert ist. Die Bilder werden aufgezeichnet. Auf den ersten Bilden ist Gräfgen eindeutig zu erkennen. Im Verhörzimmer sieht man via Internet den noch lebenden Jungen, der zu erkennen gibt, dass er bald stirbt, falls man ihn nicht findet.


Woher weiß man, dass die Übertragung nicht zeitversetzt ist? Woher erkennt man anhand der Übetragung, dass nicht an die Tür zum Versteck eine Bombe angeschlossen ist? (Ja, das ist konstruiert, aber das ist dein Beispiel auch schon).

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
caballito hat folgendes geschrieben:
Dieses Wissen hätte aber vorausgesett, dass man seinen Aufenthaltsort kennt - und dann wäre keine Folter nötig gewesen.


Ich hoffe, dass Du einsiehst, dass das nicht stimmt.


Diese Hoffnung muss ich leider enttäuschen.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Ich hoffe, Du siehst ein, dass Deine Logik eher zynisch als gültig ist.


Eben weil sie zynisch ist, ist sie gültig.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
caballito hat folgendes geschrieben:
Oder man meint tatsächluich, dass Folter zulässig sein sollte, wenn man mein,t damit eventuell Leben retten zu können - das wäre Folter auf Verdacht - im Fall Dascher auf den Verdacht, dass der Junge noch lebt. Dann aber sind die Schleusen offen, denn dann ist die Folterung Tatverdächtiger nicht weit. Denn wenn man Foltern darf, obwohl gar nicht sicher ist, dass es etwas zu retten gibt, warum sollte dann nicht auch gefoltert werden, wenn nicht hundertprozentig sicher ist, ob der Verdächtige die Information überhaupt besitzt?


Das ist nun wieder der allseits beliebte slippery slope AKA National Geographic Argument.


Nein, es ist kein slippery slope. Denn slippery slope setzt voraus, dass es den gewünschten Zustand, von dem man dann wegslippern kann, tatsächlich gibt. Das ist in diesem Fall nicht der Fall.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Ich bin gegen Folter. Androhung von Folter ist schon schlimm genug. ... Aber wenn Menschen aufgrund einer Güterabwägung foltern, die nachvollziehbar ist, sollte man so vorgehen wie beim Hosenbandorden.


Diese Güterabwägung ist getroffen - und der Entscheid gegen Folter ist gefallen. Etwas anderes ist es, wenn man sagt, dass bestimmte Verhaltensweisen menschlich verständlich sind. Das aber kennt man auch in anderen Fällen - es soll ja gelegentlich sogar Mordfälle geben, in denen man dazu geneigt ist, sich mit dem Mörder zu solidarisieren. Und man kann darüber reden, in solchen Fällen gnädig zu sein - aber Morde sind es trotzdem. Gleiches gilt für jedes beliebige denkbare Verbrechen, Folter eingeschlossen. Aber das setzt persönliche emotionale Verstrickung voraus - ein in Ausübung seines Dienstes handelnder Polizist kann sich auf solches nie und nimmer berufen. Und selbst wenn: Solches entschuldigt den Täter, aber es rechtfertigt niemals die Tat. Mord bleibt Mord, Folter bleibt Folter, egal, wie nachvollziehbar die Motive waren.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Spätestens dann merkst Du, dass auch Menschenrechte keine sichere Richtschnur sind (weil ja _zwei_ kollidieren) und dass das direkt zur Frage: Gesinnungs- oder Verantwortungsethik führt.


Selbiges ist mir durchaus bewust. Und ich darf dir versichern, dass ich ganz gewiss kein Gesinnungsethiker bin.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Ist doch nicht meine Schuld, wenn das Kind stirbt, weil ich es ja nicht eingesperrt habe.


Ist es doch auch nicht. (BTW: Ist dir bewusst, dass es die Verneinung dieses Satzes ist, die eine Tat wie die von Gäfgen erst ermöglicht hat? Es gäbe gar kein Kidnapping, wenn die Täter nicht darauf rechnen könnten, dass gezahlt wird - und sie können darauf rechnen, weil die Erpressten das Gefühl haben, am Schicksal des Opfers schuld zu sein, wenn sie nicht zahlen. Kennst du den Film "Ransom"?)

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Als Verantwortungsethiker hingegen könnte man sich zu der Frage hinreißen lassen, ob die Weigerung zu foltern in bestimmten Fällen nicht eine Anklage wegen unterlassener Hilfeleistung nach sich ziehen könnte.


Ebenso wie zu der Frage, ob angesichts verhungernder Kinder in Afrika nicht die Unterlassung eines Bankraubs eben die selbe Anklage bewirken könnte. Eine Antwort ist damit nicht gegeben.
_________________
Die Gedanken sind frei.

Aber nicht alle Gedanken wissen das.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
caballito
zänkisches Monsterpony



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary

Beitrag(#229751) Verfasst am: 18.12.2004, 21:00    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
es hat nie ein Zweifel daran bestanden, dass Daschner Gesetze gebrochen hat.


Nein. Das nicht. Wohl aber, ob diese Gesetze so sein sollten. Und zwar insbesondere auch von dir! Denn wenn Folter in bestimmten Situationen vertretbar ist, dann heißt das, dass die Gestze, die sie in solchen Situationen verbieten, falsch sind. Und jetzt steht nicht man, sondern jetzt stehst du vor folgendem Dilemma: Entweder du bist für eine Änderung dieser Gesetze, also für eine offizielle Erlaubnis, oder aber du bist für die Beibegaltung des status quo. Dann aber frage ich dich, wie du diese Forderung, dass eine nicht verwerfliche Handlung verboten bleiben soll, begründest. Also bitte nochmal Butter bei die Fische: Warum soll, deiner Meinung nach, Daschners Handlung mit Strafe bewehrt bleiben?

Und ehe du jetzt sagst, diese Gesetze hätten nie in Frage gestanden - doch, das haben sie, genau darum geht die öffentliche Debatte. Genau deswegen wehren sich zahlreiche Vertreter der Staatsmacht so vehemnt dagegen, Daschers Handeln als "Folter" zu qualifizieren. Es geht nämlcih um nicht weniger als darum, berstimmte Formen der Folter qua Gesetzt zur Nicht-Folter zu erklären udn dann höchst offiziell zu erlauben.

Ich glaube dir sogar, Thomas, dass du eben das nicht willst - aber andere wollen es. Und der Fall Daschner ist der Aufhänger.
_________________
Die Gedanken sind frei.

Aber nicht alle Gedanken wissen das.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11519

Beitrag(#229856) Verfasst am: 18.12.2004, 23:42    Titel: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
die Frage war, was sollte der verhörende Beamte tun, solange er nicht _sicher_ sein konnte, dass das Kind tot ist.


Dann wollen wir doch jetzt mal mit ganz zynischer Logik ein wenig Butter bei die Fische geben:

Fakt ist, Jakob war tot, es gab also kein Menschenleben zu retten. Damit stehen wir vor folgender Situation:

Entweder man meint es ernst damit, dass Folter nur dann erkaubt sein solle, wenn damit tatsächlich Leben gerettet werden kann - dann war sie es im Fall Daschner eben nicht.

Soweit korrekt.

Zitat:
Dann ist aber auch kein Fall denkbar, in dem sie es jemals wäre, denn z.B. im Falle Gäfgen hätte man, damit sie zulässig gewesen wäre, definitiv wissen müssen, das Jakob noch lebt.

Nein, das hätte man dieser Argumentation zufolge eben nicht wissen müssen. Die Tatsache, ob jemand tatsächlich gerettet werden kann ist nämlich völlig unabhängig davon, ob man sicher weiss, ob er noch am Leben ist. Die Schlussfolgerung wäre nur dann zutreffend, wenn Du oben geschrieben hättest: "Entweder man meint es tatsächlich ernst damit, dass Folter nur dann erlaubt sein sollte, wenn man sicher weiss, dass damit Leben gerettet werden kann." Diese Position hat hier allerdings niemand vertreten, denn selbstverständlich weiss man niemals sicher, ob man durch Folter tatsächlich Leben retten kann. Damit bleibt aber nur die Frage nach der Wahrscheinlichkeit, dass Leben gerettet werden kann und gegen die ist die Tatsache, dass der Junge in diesem Fall schon tot war eben kein sehr starkes Argument. Darüber bleibt uns nichts übrig als Überlegungen anzustellen, dass die Wahrscheinlichkeit in solchen Fällen nicht sonderlich hoch ist, denn sonst hätte der Entführer vermutlich den Ort auch ohne Folterandrohung preisgegeben, denn ein lebend gefundener Junge hätte ihm mehr genützt als ein tot aufgefundener Junge. Allerdings erlaube ich mir die Bemerkung, dass eine gering eingeschätzte Erfolgswahrscheinlichkeit schwerer Gewaltanwendung in Nothilfe- oder Notwehrsituationen allein kein sehr zuverlässiger Prädiktor für das ethische Empfinden der meisten darstellt. Jedenfalls habe ich noch niemanden erlebt, der auf die Idee gekommen wäre, jemandes Handeln als verwerflich zu bezeichnen, der sich gegen die Aggression einer deutlichen Übermacht mit Waffengewalt zur Wehr setzt, um wenigstens die kleine Chance zu nutzen, sein Leben zu retten. An diesem Punkt deshalb Zustimmung @Thomas Waschke, was die Frage nach einem absolut gültigen einzigen ethischen Prinzip betrifft.

Zitat:
Denn wenn Folter in bestimmten Situationen vertretbar ist, dann heißt das, dass die Gestze, die sie in solchen Situationen verbieten, falsch sind.

Widerspruch hier. Diese Ansicht ist idealistisch und mE wenn überhaupt nur dann gültig, wenn man Strafe lediglich die Funktion einer Vergeltung zuweist. Tun wir aber nicht und deshalb können wir selbstverständlich auch Handlungen verbieten und bestrafen, die uns im Einzelfall nicht verwerflich erscheinen, nämlich genau dann, wenn deren Nichtsanktionierung auch in Ausnahmefällen weit größeren erwarteten Schaden als Nutzen für alle bedeuten würde.
_________________
posted by Babyface
.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
rabenkrähe
Gast






Beitrag(#229978) Verfasst am: 19.12.2004, 05:06    Titel: Antworten mit Zitat

shiningthrough hat folgendes geschrieben:
Nach strengster Güterabwägung halte ich es für legitim, Methoden der Bewußtseinsbeeinflussung zur Rettung von Menschenleben anzuwenden.

Ich gehe sogar noch weiter und würde das derzeitige Strafsystem durch gezielte Maßnahmen zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft unter Anwendung mikrochirurgischer, pharmakotechnischer und ähnl. Methoden ersetzen. Wer das als inhuman bezeichnet muss mir das Humane am derzeitigen Strafvollzug erklären; der muss mir erklären, was am Einsperren von Menschen wie Tiere in Käfigen human ist. Die Strafmoral muss durch Wissenschaft ersetzt werden oder wir bleiben im primitiven rachsüchtigen Elend gefangen.


Und wer entscheidet über Einzelheiten und Grenzen? Du?
Und was sollte das Ziel dieser Drastik sein? Die Einordnung von Menschen in ein Mehrheitssystem?
Und je nachdem, wer die Mehrheit hat, läßt die Andersdenkenden und Andersglaubenden und gegen die Gesetze der Mehrheit verstoßenden operieren und einpassen?
Hast Du eigentlich schon mal darüber nachgedacht, warum wir eine Dreiteilung der staatlichen Gewalt haben, und warum das oberstes demokratisches Prinzip ist?
Um Kontrollmöglichkeiten zu schaffen und manipuliver Einzelherrschaft vorzubeugen.
Was am realen Strafvollzug sinnvoll ist, frage ich mich auch immer wieder, schon weil bekanntermaßen Haftanstalten die aktivsten Drogenumschlagplätze hierzulande sind und dort eher Kriminalität forciert, als beseitigt wird.
Ziel kann ja auch nur sein, Straftaten und Kriminalität zu verhindern. Und dieses Ziel zu erreichen fängt mich Sicherheit dort an, wo das Recht jeden einzelnen Menschen respektiert wird, und nicht dort, wo es, warum auch immer, mit Füßen getreten wird.

bin rabenkrähe Anbetung des lila Einhorns
Nach oben
rabenkrähe
Gast






Beitrag(#229979) Verfasst am: 19.12.2004, 05:14    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Hi max,

max hat folgendes geschrieben:
[ ... ]


es ist nicht leicht, einen argumentativen Offenbarungseid zu toppen. Du hast es geschafft.

(Hint: wie begründest Du Deine ehrabschneiderischen Behauptungen über Daschner?)

Grüßle

Thomas


Also, TW, wenn hier einer Offenbarungseide toppt, dann wahrlich Du.
Was Max noch sehr vorsichtig und bedacht formuliert und umschrieben hat, läßt sich aus der jüngsten deutschen Geschichte viel plastischer und dramatischer wiedergeben.
Die Nazis haben ja ohne jedes Maß gefoltert und kaum ein Polizist oder sonstiger Staatsmensch hat sich dem entgegengestellt.
Offenbar war bei dieser Widerlichkeit auch ein hohes Maß an Perversion mit im Spiele, aber auch die Neigung "wo Gewalt ist, ist ein Geständnis".
Und glaube mal nicht, daß auch nur die Hälfte dieser Geständnisse stimmten, die Gefolterten wollten nur noch und einzig irgendwie überleben.

Und nun kannst Du auch noch in Anlehnung an Deine Argumentationsschiene damit kommen, zu schreiben, jaaaaaaaaaaaaa, aber unter Hitler konnten Frauen sich auf die Straße wagen und es gab viel weniger Gewalt.
Na klar, das ist so, weil der Staat sich das Gewaltmonopol gegriffen und genußvoll gestaltet hatte. Da durften dann eben keine Juden, Zigeuner, Ausländer, Fremdarbeiter, Sieche, psychisch Kranke etcpp auf die Straße. Und in diversen Staatseinrichtungen war die Gewalt zum Selbstzweck geworden.
Das kommt bei Folter und solchem Dreck raus.
Wenn der vergleichsweise anonyme Staat nichtmal Menschenrechte hochhält, werden dies Einzelpersonen schon gar nicht tun.

bin rabenkrähe Anbetung des lila Einhorns
Nach oben
El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#229983) Verfasst am: 19.12.2004, 07:39    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Rabenkrähe,

rabenkrähe hat folgendes geschrieben:
Wenn der vergleichsweise anonyme Staat nichtmal Menschenrechte hochhält, werden dies Einzelpersonen schon gar nicht tun.


nun, 'der Staat' hat Daschner angeklagt, und er wird verurteilt werden.

Daschner hat auch Menschenrecht gegen Menschenrecht abgewogen.

Wo liegt das Problem?

Grüßle

Thomas
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#229984) Verfasst am: 19.12.2004, 07:51    Titel: Antworten mit Zitat

Hi max,

max hat folgendes geschrieben:
Also ein Zitat zu dem Konflikt zwischen den Grundrechten:
Justus Leicht hat folgendes geschrieben:
[...]Erb behauptet zunächst, der Staat sei zur Rettung des Lebens des Entführungsopfers unbedingt verpflichtet, dies gehe dem Schutz der Menschenwürde des Täters vor. Hier sollte man sich daran erinnern, dass in den 70-er Jahren die Familienangehörigen des von RAF-Terroristen entführten Hanns-Martin Schleyer das Bundesverfassungsgericht anriefen, um die damalige Bundesregierung per Eilantrag zu verpflichten, den Forderungen der Entführer nachzugeben, um das Leben des Opfers zu retten. Das Gericht lehnte ab, der Lebensschutz sei nicht absolut, die Regierung habe einen Ermessensspielraum. Schleyer wurde ermordet.

Auch beim Fall Daschner stellt sich die Frage: Wenn es tatsächlich nur um die Rettung des Lebens des Kindes um jeden Preis ging, warum bot Daschner dem Entführer dann nicht die Freilassung an, wenn dieser den Aufenthaltsort des Opfers nennen würde?

Ich bin selbst auch schon darauf eingegangen:
max hat folgendes geschrieben:
Das Grundrecht auf Leben des Kindes kann eben nicht zu Rechtfertigung von Folter verwendet werden, weil es eben sich nicht um eine Notwehrsituation handelt, sondern um eine Situation, in dem das Handeln der Folterer von reinen Mutmassungen bestimmt war.

Daschner konnte also überhaupt nicht wissen, ob es wirklich einen Konflikt zwischen Grundrechten gab, sondern sein Handeln beruhte nur auf puren Spekulationen und seinen eigenen Ansichten.


deshalb wurde er ja auch vor Gericht gestellt.

Bei der Güterabwägung sind natürlich noch andere Gesichtspunkte beteiligt. Es gibt halt kein 'summum bonum', weder das Lebensrecht des Kindes noch die Unverletzlichkeit der Person Gäfgens. Kommt jetzt darauf an, ob wir den Einzelfall oder ganz allgemeine Überlegungen anstellen. Ich habe dazu schon in meinem ersten Posting etwas geschrieben (welche 'message' geht an potenzielle Entführer?).

max hat folgendes geschrieben:
Und noch mal grundsätzlich:
Justus Leicht hat folgendes geschrieben:
Erb behauptet dann, die Mehrheit des Volkes hätte erkannt, dass das Handeln von Daschner moralisch und menschlich richtig gewesen sei, und warnt, wenn er bestraft würde, müssten "die Bürger den Eindruck gewinnen, unser Recht (einschließlich des Folterverbots - das sollte vor allem die Vertreter von Menschenrechtsorganisationen veranlassen, ihren Ruf nach einer Bestrafung Daschners gründlich zu überdenken) sei in seiner Starrheit und Unflexibilität etwas ganz Furchtbares. In einer ohnehin durch verbreitete Staatsverdrossenheit geprägten Zeit könnten Ansehen und Akzeptanz unserer Rechtsordnung in der Bevölkerung hierdurch Schaden erleiden." Die darin beinhaltete logische Schlussfolgerung, das "gesunde Volksempfinden" nach 70 Jahren wieder zur Rechtsquelle zu machen, sprach Erb dann aber lieber doch nicht explizit aus.

Hier werden die Konsequenzen des Plädoyers von Staatsanwalt Möllers für Daschner und seines Rufs nach einem Urteil weit unterhalb der Mindeststrafe trotz eindeutiger Rechtslage klar. Derlei juristische Konstrukte wurden von rechten und konservativen Rechtslehrern bereits in den 20-er Jahren der Weimarer Republik entwickelt, bevor sie dann im Dritten Reich zu voller Blüte gelangten. Ob und wie jemand bestraft wird, der in das Recht von anderen auf Menschenwürde und Leben eingreift, soll weniger davon abhängen, was er getan hat. Abzustellen sein soll darauf, ob er dabei "ehrenvolle" Motive hatte.

Wer bestimmt aber, was ehrenvoll und moralisch ist und was nicht? Der liberale Jurist Hans Kelsen erklärte dazu 1926: "Und wer die Antwort sucht, der findet, fürchte ich, nicht die absolute Wahrheit der Metaphysik noch die absolute Gerechtigkeit des Naturrechts. Wer den Schleier hebt und sein Auge nicht schließt, dem starrt das Gorgonenhaupt der Macht entgegen." (zitiert nach: Schröder, Rechtsgeschichte, Münster 2000, S. 150).

Zitate aus Daschner-Prozess: Staatsanwaltschaft fordert Beinahe-Freispruch


Dacht' ich mir, dass das nun auch noch ausgepackt wird. Kommt natürlich immer noch darauf an, wie man 'den Staat' betrachtet. Kann sein, dass junge Menschen, die sich eher als potenzielles Opfer der Staatsgewalt sehen, weil sie ihre anarchistische Phase noch nicht überwunden haben, Dinge anders beurteilen als Familienväter, die auch daran denken, dass ihr Kind entführt werden könnten.

Stimmt wirklich, Gewissheit gibt es in diesen Fragen nicht. Neben dem Gorgonenhaupt der Macht gibt es auch noch den Flausenkopf.

Grüßle

Thomas
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#229985) Verfasst am: 19.12.2004, 07:53    Titel: Antworten mit Zitat

Hi step,

[ ... ]

step hat folgendes geschrieben:
Langfristig muß die Lösung mE dahingehen, minimalinvasive Techniken zur Wahrheitsfindung (und damit potentiellen Kindsrettung) zu entwicklen.


Deine 'Lösung' erinnert mich ein wenig an den 'neuen Menschen', der den Kommunismus auf Erden ermögichen sollte.

Hat Daschner Deiner Auffassung nach aus unethischen Gründen gehandelt? Würde sich Deine Einschätzung ändern, falls es Dein Kind gewesen wäre?


Grüßle

Thomas
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
step
registriert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#230001) Verfasst am: 19.12.2004, 11:52    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Langfristig muß die Lösung mE dahingehen, minimalinvasive Techniken zur Wahrheitsfindung (und damit potentiellen Kindsrettung) zu entwicklen.
Deine 'Lösung' erinnert mich ein wenig an den 'neuen Menschen', der den Kommunismus auf Erden ermögichen sollte.

Deine weitläufige Assoziation sei Dir unbenommen, auch wenn ich mich darin nicht wiederfinde. Aber was genau willst Du auf diese Weise an meinem Vorschlag kritisieren? Schließlich ist er weder kommunistisch noch erfordert er einen neuen Menschen.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Hat Daschner Deiner Auffassung nach aus unethischen Gründen gehandelt?

Falls Du mit "unethischen Gründen" meinst, sich "des Schadens für die Allgemeinheit bewußt" zu sein, dann würde ich "Nein" antworten. Ich nehme ihm ab, daß er das Kind retten wollte. Spielt aber in der ethischen Diskussion keine Rolle. Wie ich bereits schrieb, geht es mir nicht um eine Schuldzuweisung an Daschner.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Würde sich Deine Einschätzung ändern, falls es Dein Kind gewesen wäre?

Wie ich bereits schrieb: Vermutlich ja. Ich bitte in solchen Fällen darum, meine Meinung - sollte ich in eine solche Situation kommen - als verständlich, als menschlich respektabel, aber als nicht neutral, als nicht ethisch-rational anzusehen.

gruß/step
_________________
Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
max
registrierter User



Anmeldungsdatum: 18.07.2003
Beiträge: 3055

Beitrag(#230003) Verfasst am: 19.12.2004, 11:59    Titel: Antworten mit Zitat

Die "eingeschränkten" Folterbefürworter hier haben zwei Probleme:
1.) Sie können nicht darlegen, warum Folter nach ihren Vorstellung auf Einzelfälle beschränkt bleiben und nicht in staatliche Willkür ausarten würde. Hinweise, dass sie selbst Familienvater sind und deshalb wohl sich hysterisch verhalten würden, wenn sie selbst betroffen wären und vollkommen naive Annahmen über den Charakter des Staates, die alleine schon durch das viel zu niedrige geforderte Strafmass widerlegt werden, sowie Pöbeleien über angebliche anarchistische Phasen anderer Diskussionsteilnehmer ersetzen hier kein Argument.

2.) Eine Güterabwägung, eine Abwägung zwischen Grundrechten würde es sich nur handeln, wenn es um eine klassische Notwehrsituation geht. Diese setzt aber voraus, dass es eindeutig ist, wer der Täter ist und dass das Opfer mit einer solchen Aktion gerettet werden kann. Beides ist meist nicht der Fall. Im Gegenteil wird wohl eher Folter dazu verwendet, den Täter zu finden und herauszufinden, ob das Opfer gerettet werden kann. Eine Notwehrsituation hat auch einen zeitlichen Rahmen. Jemanden zwei Monate nach einem Angriff zu erschiessen ist ja auch keine Notwehr, sondern Rache, also Mord. Notwehr ist eine unmittelbare Reaktion auf eine Bedrohung. Folter kann niemals eine unmittelbare Reaktion auf eine Bedrohung sein, da alleine der Prozess des Folterns langwierig ist und dazu meist an anderen Orten (und unter Ausschluss der Öfentlichkeit) stattfindet.

Und um so länger ich hier die Argumente der Befürworter betrachte, umso mehr bin ich der Meinung, dass es sich um eine hysterische Reaktion angesichts einer möglichen Situation handelt, in der man relativ ohnmächtig ist. Das Klammern an Foltern ist verzweifelte Versuch ein Mittel als Ausweg aus einer Situation zu finden, aus der es eben keinen einfachen Ausweg gibt. Angesichts von Gewaltverbrechen ist es leider sehr oft zu beobachten, dass eigentlich auch sehr rational denkende Menschen plötzlich bereit sind, jedes Opfer in Kauf zu nehmen und den "starken" Staat fordern. Dabei zeigt eben die Geschichte klar, dass ein "starker" Staat erstens nicht in der Lage ist Verbrechen zu verhindern und zweitens die Verbrechen des "starken" Staates selbst enorm zunehmen.
_________________
Für die AGENDA 3010! 30-Stunden-Woche mit vollen Lohnausgleich und 10 Euro gesetzlicher Mindestlohn!

The only general I like is called strike
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#230012) Verfasst am: 19.12.2004, 12:21    Titel: Antworten mit Zitat

Hi step,

step hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Hat Daschner Deiner Auffassung nach aus unethischen Gründen gehandelt?

Falls Du mit "unethischen Gründen" meinst, sich "des Schadens für die Allgemeinheit bewußt" zu sein, dann würde ich "Nein" antworten. Ich nehme ihm ab, daß er das Kind retten wollte. Spielt aber in der ethischen Diskussion keine Rolle. Wie ich bereits schrieb, geht es mir nicht um eine Schuldzuweisung an Daschner.


mir eigentlich so gut wie ausschließlich. Der ganze Rest ist ein zu großes Fass.

step hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Würde sich Deine Einschätzung ändern, falls es Dein Kind gewesen wäre?

Wie ich bereits schrieb: Vermutlich ja. Ich bitte in solchen Fällen darum, meine Meinung - sollte ich in eine solche Situation kommen - als verständlich, als menschlich respektabel, aber als nicht neutral, als nicht ethisch-rational anzusehen.


Es geht hier mindestens um zwei Threads: eine _ethische_ Frage (ist Folter überhaupt zu rechtfertigen?). Um die ging es mir nicht.

Bestenfalls kann ich dazu sagen, dass vielleicht schon der Ansatz, dass eine Ethik neutral, rational etc. sein muss, problematisch ist. Kann sein, dass wir letztendlich immer nur auf Konventionen zurückgreifen können. Kann sein, dass unsere 'angeborenen Lehrmeister' letztendlich entscheiden. Kann sein, dass Ethik nicht lebbar ist.

Dann eine eher staatsrechtliche: was darf 'der Staat' mit seinen Bürgern machen? Darum ging es mir auch nicht.

Eher darum: wie sollte man einen Menschen beurteilen, der aus nachvollziehbaren Gründen Gesetze übertreten hat. Eben am konkreten Fall Daschner. Und da Daschner vor Gericht gestellt wurde, anerkannt ist, dass er etwas tat, das illegal ist und dass die Gesetze nicht geändert werden sollten, sehe ich nur noch den Punkt, ob er hart oder nicht hart bestraft werden soll. Ich tendiere in Richtung Hosenbandorden.

Grüßle

Thomas
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
step
registriert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#230015) Verfasst am: 19.12.2004, 12:32    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Würde sich Deine Einschätzung ändern, falls es Dein Kind gewesen wäre?
Wie ich bereits schrieb: Vermutlich ja. Ich bitte in solchen Fällen darum, meine Meinung - sollte ich in eine solche Situation kommen - als verständlich, als menschlich respektabel, aber als nicht neutral, als nicht ethisch-rational anzusehen.
Es geht hier mindestens um zwei Threads: ...

Oder drei, wie Du selbst im folgenden aufzählst. Nicht alle haben das übrigens so klar beherzigt. Aber z.B. max und auch ich haben darauf hingewiesen.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
... eine _ethische_ Frage (ist Folter überhaupt zu rechtfertigen?). Um die ging es mir nicht. ...

Mir schon.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Dann eine eher staatsrechtliche: was darf 'der Staat' mit seinen Bürgern machen? Darum ging es mir auch nicht.

Mir schon.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Eher darum: wie sollte man einen Menschen beurteilen, der aus nachvollziehbaren Gründen Gesetze übertreten hat. Eben am konkreten Fall Daschner. Und da Daschner vor Gericht gestellt wurde, anerkannt ist, dass er etwas tat, das illegal ist und dass die Gesetze nicht geändert werden sollten, sehe ich nur noch den Punkt, ob er hart oder nicht hart bestraft werden soll. Ich tendiere in Richtung Hosenbandorden.

Genau um diesen Punkt ging es mir nicht. Aber wenn er Dich (angesichts der laufenden Anklage) besonders interessiert: Ich bin auf jeden Fall gegen einen "Orden", denn Daschner hat sich mE falsch verhalten. Ich könnte aber verstehen, wenn er nicht als schuldig angesehen wird - bis hin zum Freispruch - weil der ganze Kontext der Situation (Prozeduren, Ausbildung, Situationsdruck, emotionale Komponente ...) sein Verhalten verständlich macht. Man sollte daher - und da laufen die drei Fragen wieder zusammen - den Fall mindestens zum Anlaß nehmen, die Prozeduren rund um Vernehmungen strukturell abzusichern, in dem Sinne, daß die Prozedur selbst in Zukunft den Vernehmungsbeamten noch stärker vor einem verständlichen Ausrasten schützt.

gruß/step
_________________
Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
shiningthrough
deaktiviert



Anmeldungsdatum: 08.11.2003
Beiträge: 1099

Beitrag(#230016) Verfasst am: 19.12.2004, 12:33    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Und wer entscheidet über Einzelheiten und Grenzen? Du?


Nein, die vom Volk gewählte Regierung.
Natürlich gibt es Risiken aber einen orwellschen Staat sehe ich da noch lange nicht.

Aber wie sähen denn eigentlich Deine Vorschläge aus, Rabenkrähe?
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25405

Beitrag(#230022) Verfasst am: 19.12.2004, 12:59    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
minimalinvasive Techniken zur Wahrheitsfindung

Ich wünschte, Du könntest das konkretisieren.
Ich denk grad an den Film "Marathon-Mann". Meinst Du es so?

Auf die Gefahr hin durch Wiederholung zu langweilen:
Zitat:
Wer dafür plädiert, die Folter nicht von vornherein zu tabuisieren, macht sich zum Herrn über Leben, Tod und Schmerz. Dabei könnte die Stärke eines Rechtsstaats darin bestehen, bestimmte Methoden zu seiner Verteidigung kategorisch abzulehnen.

und
Zitat:
Wenn beispielsweise die Folterung eines Gefangenen diesem das Geheimnis eines geplanten Massakers entreißen könnte? Wie würden Sie entscheiden, soll Niklas Luhmann einmal gefragt haben, wenn sich ein nukleares Terrorattentat durch Folter verhindern ließe?

Ach, Luhmann, er ruhe sanft. Wozu die abgründige Bosheit dieser moralischen Entsicherungskasuistik mit seinem Namen verbinden? Genügt nicht die Erinnerung an Legionen von Prüfungskommissionen, die jugendliche Kriegsdienstverweigerer mit Fragen dieser Art traktierten: Was würden Sie tun, wenn ein Rotarmist vor Ihren Augen Ihre kleine Schwester vergewaltigte?

So wie man damals die Vermeintlichkeit des Pazifismus vermeintlicher Pazifisten entlarvte, so meint man jetzt, die Gratismoral von existentiell ungeprüften Demokraten entlarven zu können.

So wie man damals unwillige Rekruten in den Konjunktiv einer moralischen Ausnahmesitutation lockte, so lockt man jetzt ganze Bevölkerungen in die Diskussion über „schärfere Mittel“ und „alle Maßnahmen“ angesichts der unerhört verschärften Lage, in der wir angeblich stehen.

Es mag ja dem Menschen schmeichelhaft erscheinen, sich derart in Gefahr zu sehen. Es gibt eine Romantik der Verschärfung, die gerade jetzt wieder um sich greift.

aus
Die Wahrheit der Folter
http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/43/32011/print.html
_________________
Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
step
registriert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#230057) Verfasst am: 19.12.2004, 15:35    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
minimalinvasive Techniken zur Wahrheitsfindung
Ich wünschte, Du könntest das konkretisieren.
Ich denk grad an den Film "Marathon-Mann". Meinst Du es so?

Leider kenne ich sehr wenige Filme, auch diesen nicht. Aber ich kann es gerne trotzdem konkretisieren:

Mit minimalinvasiv meine ich, daß das Gefühl der Würdeverletzung minimiert wird. Wenn es also in Zukunft z.B. neurologische, psychologische oder biochemische Verfahren gäbe, um die Information aus dem mutmaßlichen Täter herausholen, ohne erniedrigend und schmerzhaft zu sein, könnte ich mir das als legitim vorstellen.

Solche Verfahren wären zwar auch mißbrauchbar, aber so geht es mit jeder Technologie.

Nochwas anderes:

Der Vergeltungsgedanke - bzw. die Vorstellung, Gewalt rechtfertige Gewalt - ist sehr tief in unserer Natur verankert. Kein Wunder, denn tit-for-tat ist nunmal eine besonders stabile und erfolgreiche Strategie in der 1:1 Interaktion von Individuen in einer Gruppe.

Dieser Fall ist aber in einer freiheitlichen Demokratie nicht mehr in Reinform gegeben, denn deren Gestze müssen das Gemeinwohl explizieren und Vertrauen beim Individuum erzielen, das Verantwortlichkeiten an die Allgmeinheit abtritt. Das ist der Grund, warum der Racheakt eines vezweifelten Vaters verständlich ist, aber nicht Gesetz werden darf.

gruß/step
_________________
Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Demosthenes
Revolutinär mit Leidenschaft



Anmeldungsdatum: 12.11.2004
Beiträge: 32
Wohnort: Homburg

Beitrag(#230079) Verfasst am: 19.12.2004, 16:59    Titel: Antworten mit Zitat

Es ist ein wesentlicher Unterschied, ob ein Familienvater mit all seinen Emotionen handelt oder ob es sich um die "Staatsmacht" dreht. Wir sind gottseidank heute in einem Stadium, indem die Menschenrechte wenigstens weitgehend beachtet werden in unserem Land.
Es wird deshalb zu Recht vorausgesetzt, daß unsere Polizeibehörden jeden Fall objektiv und ohne Verletzung der Menschenrechte behandeln. Wir müssen also unterscheiden zwischen dem Menschen als Polizist und dem Träger der Staatsgewalt. Daß Daschner hier in einen Konflikt geriet, kann ich ihm nicht verübeln, aber er hätte den Fall abgeben müssen, wenn er ihn so überforderte.
Die von einigen Beiträgen geforderte Folter im Einzelfall zur Rettung von Menschenleben ist natürlich Unsinn. Wer will das entscheiden und wo hört das auf? Sobald die Grundsätze der Menschenwürde, die auch einem Schwerverbrecher zusteht, aufweichen, haben wir bald wieder Zustände wie im Dritten Reich. Und das möchte ich nicht mehr erleben müssen.
_________________
Demosthenes

Habe den Mut, dich deines Verstandes zu bedienen.
(Immanuel Kant)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25405

Beitrag(#230088) Verfasst am: 19.12.2004, 17:57    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
minimalinvasive Techniken zur Wahrheitsfindung
Ich wünschte, Du könntest das konkretisieren.
Ich denk grad an den Film "Marathon-Mann". Meinst Du es so?

Leider kenne ich sehr wenige Filme, auch diesen nicht. Aber ich kann es gerne trotzdem konkretisieren:

Ich muss mich entschuldigen. Man muss den Film ja nicht kennen. Dustin Hofman spielte einen Läufer, der von einem Altnazi, gequält wird. In einem Zahnarztstuhl gefesselt entfernt der ihm ohne Betäubung einen (war es einer?) Zahn. Die Bilder lassen dich nicht los wenn du es gesehen hast.
step hat folgendes geschrieben:
Mit minimalinvasiv meine ich, daß das Gefühl der Würdeverletzung minimiert wird. Wenn es also in Zukunft z.B. neurologische, psychologische oder biochemische Verfahren gäbe, um die Information aus dem mutmaßlichen Täter herausholen, ohne erniedrigend und schmerzhaft zu sein, könnte ich mir das als legitim vorstellen.

Ich habe sowas befürchtet.
Mir ist nicht klar, warum Du hier "Würde" ins Spiel bringst. Jedenfalls, wenn Du es schon tust... ich kann mir wenig vorstellen, was mehr entwürdigt als der direkte Zugriff auf die Gedanken gegen den Willen des Opfers.
Glaubst Du, daß es darauf ankommt, das Gefühl der Würdeverletzung zu minimieren? Wird die Integrität -ein Begriff der mir besser gefällt- objektiv verletzt oder nicht? Könnten wir nicht jede/n einer Behandlung zuführen, an die sich die Person hinterher nicht mehr erinnern kann?
Wäre das legitim?
_________________
Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#230090) Verfasst am: 19.12.2004, 17:59    Titel: Antworten mit Zitat

Hi zelig,

zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
minimalinvasive Techniken zur Wahrheitsfindung
Ich wünschte, Du könntest das konkretisieren.
Ich denk grad an den Film "Marathon-Mann". Meinst Du es so?

Leider kenne ich sehr wenige Filme, auch diesen nicht. Aber ich kann es gerne trotzdem konkretisieren:

Ich muss mich entschuldigen. Man muss den Film ja nicht kennen. Dustin Hofman spielte einen Läufer, der von einem Altnazi, gequält wird. In einem Zahnarztstuhl gefesselt entfernt der ihm ohne Betäubung einen (war es einer?) Zahn. Die Bilder lassen dich nicht los wenn du es gesehen hast.


IIRC hat er 'nur' gebohrt. Und Nelkenöl empfohlen.

Grüßle

Thomas
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25405

Beitrag(#230092) Verfasst am: 19.12.2004, 18:05    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Hi zelig,
IIRC hat er 'nur' gebohrt. Und Nelkenöl empfohlen.
Grüßle
Thomas

Richtig. Das Schlimmste konnte ich also vergessen.

Grüße
_________________
Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
step
registriert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#230094) Verfasst am: 19.12.2004, 18:17    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Mit minimalinvasiv meine ich, daß das Gefühl der Würdeverletzung minimiert wird. Wenn es also in Zukunft z.B. neurologische, psychologische oder biochemische Verfahren gäbe, um die Information aus dem mutmaßlichen Täter herausholen, ohne erniedrigend und schmerzhaft zu sein, könnte ich mir das als legitim vorstellen.
Ich habe sowas befürchtet.
Mir ist nicht klar, warum Du hier "Würde" ins Spiel bringst. Jedenfalls, wenn Du es schon tust... ich kann mir wenig vorstellen, was mehr entwürdigt als der direkte Zugriff auf die Gedanken gegen den Willen des Opfers. Glaubst Du, daß es darauf ankommt, das Gefühl der Würdeverletzung zu minimieren?

Ja, beim Behandelten und bei den anderen. Dazu gehören auch die Gefühle, die sich erst später einstellen. Wenn ein Gerät in solchen Extremfällen meine Gedanken liest, begrenzt auf den Tatzusammenhang, schmerz- und angstfrei, fände ich das deutlich weniger entwürdigend als Folter. Eher wie eine Operation, die in eine Therapie eingebettet ist.

zelig hat folgendes geschrieben:
Wird die Integrität -ein Begriff der mir besser gefällt- objektiv verletzt oder nicht?

Die Integrität würde in gewisser Weise verletzt, die Rechte dieses Menschen in gewisser Weise eingeschränkt. Das allein scheint mir aber kein ausreichendes Argument, werden unsere Rechte doch ständig durch Natur und soz. Zusammenleben eingeschränkt.

zelig hat folgendes geschrieben:
Könnten wir nicht jede/n einer Behandlung zuführen, an die sich die Person hinterher nicht mehr erinnern kann? Wäre das legitim?

So allgemein würde ich es nicht für legitim halten. Dennoch kann es eine gute Technik sein, Erinnerungen zu löschen.

Ich gebe aber zu, daß ich mit allen "Lösungen" dieses Dilemmas so meine Bauchschmerzen habe. Sicher weiß ich aber, daß es Folter nicht sein kann.

gruß/step
_________________
Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
caballito
zänkisches Monsterpony



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary

Beitrag(#230165) Verfasst am: 19.12.2004, 21:56    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
caballito hat folgendes geschrieben:


Entweder man meint es ernst damit, dass Folter nur dann erkaubt sein solle, wenn damit tatsächlich Leben gerettet werden kann - dann war sie es im Fall Daschner eben nicht.

Soweit korrekt.


Da du die von mir gegebene Begrümdung im Folgenden verwirfst, kannst du mir bitte erklären, worauf diese Zustimmung gründet?

Babyface hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Dann ist aber auch kein Fall denkbar, in dem sie es jemals wäre, denn z.B. im Falle Gäfgen hätte man, damit sie zulässig gewesen wäre, definitiv wissen müssen, das Jakob noch lebt.

Nein, das hätte man dieser Argumentation zufolge eben nicht wissen müssen. Die Tatsache, ob jemand tatsächlich gerettet werden kann ist nämlich völlig unabhängig davon, ob man sicher weiss, ob er noch am Leben ist.


Soweit richtig, aber:

Babyface hat folgendes geschrieben:
Die Schlussfolgerung wäre nur dann zutreffend, wenn Du oben geschrieben hättest: "Entweder man meint es tatsächlich ernst damit, dass Folter nur dann erlaubt sein sollte, wenn man sicher weiss, dass damit Leben gerettet werden kann."


Falsch. Was du hier beschreibst, ist die Situation der faktischen Ungewissheit über die tatsächliche Zulässigkeit. Was aber soll bei derartiger faltischer Ungewissheit gelten? Es gibt nur drei Möglichkeiten: Entweder man sagt, die Durchführung setzt Sicherheit über die Zulässigkeit voraus - dann ist der von dir gemachte Zusatz implizit und ich habe recht. Oder man sagt, die Durchführung ist dann möglich, wenn die Zulässigkeit wahrscheinlich ist - dann hast zwar du recht, aber dann gilt faktisch nicht mehr die eigentlich gemeinte strenge Regelung, sondern die Zuläsigeit bei Verdacht. Oder aber man maht es wirklich von der unbekannten tatsächlichen Situation abhängig - und setzt damit den Ausführenden in eine Situation, in der er nicht a priori beurteilen kann, ob seine Handlungsweise legitim ist. Ein derartiges Hazardspiel wiederum kann man keinem zumuten, außerdem widerspricht es rechtsstaatlichen Prinzipien der Vorhersehbarkeit.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Damit bleibt aber nur die Frage nach der Wahrscheinlichkeit, dass Leben gerettet werden kann und gegen die ist die Tatsache, dass der Junge in diesem Fall schon tot war eben kein sehr starkes Argument.


Und das wäre die Zulässigkeit aufgrund Verdachts. Genau das hatte ich behauptet.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Darüber bleibt uns nichts übrig als Überlegungen anzustellen, dass die Wahrscheinlichkeit in solchen Fällen nicht sonderlich hoch ist, denn sonst hätte der Entführer vermutlich den Ort auch ohne Folterandrohung preisgegeben, denn ein lebend gefundener Junge hätte ihm mehr genützt als ein tot aufgefundener Junge.


Eine Überlegung, die in einer derartigen Debatte von zentraler Bedeutung sein dürfte.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Allerdings erlaube ich mir die Bemerkung, dass eine gering eingeschätzte Erfolgswahrscheinlichkeit schwerer Gewaltanwendung in Nothilfe- oder Notwehrsituationen allein kein sehr zuverlässiger Prädiktor für das ethische Empfinden der meisten darstellt. Jedenfalls habe ich noch niemanden erlebt, der auf die Idee gekommen wäre, jemandes Handeln als verwerflich zu bezeichnen, der sich gegen die Aggression einer deutlichen Übermacht mit Waffengewalt zur Wehr setzt, um wenigstens die kleine Chance zu nutzen, sein Leben zu retten.


Wobei dieser Vergleich in diesem Zusammenhang allerdings sehr stark hinkt.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Denn wenn Folter in bestimmten Situationen vertretbar ist, dann heißt das, dass die Gestze, die sie in solchen Situationen verbieten, falsch sind.

Widerspruch hier. Diese Ansicht ist idealistisch und mE wenn überhaupt nur dann gültig, wenn man Strafe lediglich die Funktion einer Vergeltung zuweist.


Dem widerspreche nun wieder ich. Das Argument gilt auch und gerade unter dem Aspekt der Generalprävention.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Tun wir aber nicht und deshalb können wir selbstverständlich auch Handlungen verbieten und bestrafen, die uns im Einzelfall nicht verwerflich erscheinen, nämlich genau dann, wenn deren Nichtsanktionierung auch in Ausnahmefällen weit größeren erwarteten Schaden als Nutzen für alle bedeuten würde.


Das sehe ich gänzlich anders.
_________________
Die Gedanken sind frei.

Aber nicht alle Gedanken wissen das.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#230199) Verfasst am: 19.12.2004, 23:01    Titel: Antworten mit Zitat

Hi step,
step hat folgendes geschrieben:
Ja, beim Behandelten und bei den anderen. Dazu gehören auch die Gefühle, die sich erst später einstellen. Wenn ein Gerät in solchen Extremfällen meine Gedanken liest, begrenzt auf den Tatzusammenhang, schmerz- und angstfrei, fände ich das deutlich weniger entwürdigend als Folter. Eher wie eine Operation, die in eine Therapie eingebettet ist.


neulich habe ich einen Freund, der nicht Deutsch kann, während einer schmerzhaften Untersuchung begleitet. Er bekam ein Mittel gespritzt und dämmert dann so vor sich hin. Er verzog allerdings mehrfach sehr stark das Gesicht, schien also Schmerzen zu fühlen. Ein paar Minuten nach dem Eingriff war er im Prinzip klar, ich half ihm beim Anziehen und habe ihn im Prinzip wie einen etwas Angetrunkenen nach Hause geschleppt. Er konnte gehen, war klar und wir haben uns eigentlich fast normal unterhalten.

Dann schlief er und als er wieder erwachte, fehlten ihm zwei Stunden seines Lebens. Er konnte sich noch daran erinnern, dass wir das Behandlungszimmer betraten, seine Erinnerung setzt aber erst wieder ein, als er nach seinem Schlaf erwachte. Ich erzählte ihm einige Details der Unterhaltung, die wir auf dem Heimweg geführt hatten, er konnte sich an nichts erinnern.

Angenommen, man könnte das Mittel so 'umbauen', dass der Mensch dabei klar bleibt, also Schmerzen fühlt und Antworten geben kann, aber diese Zeit total vergisst (womöglich gar nicht ins Langzeitgedächtnis gelangt), wäre das in etwa das, was Du 'minimalinvasiv' bezeichnest?

Was konkret würde bei Anwendung des Mittels geschädigt, wenn man dafür sorgt, dass die 'Befragung' keinerlei körperliche Spuren hinterlässt? Der Mensch kann sich an nichts mehr erinnern, subjektiv fand die 'Befragung' gar nicht statt.

Grüßle

Thomas
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
step
registriert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#230207) Verfasst am: 19.12.2004, 23:06    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Angenommen, man könnte das Mittel so 'umbauen', dass der Mensch dabei klar bleibt, also Schmerzen fühlt und Antworten geben kann, aber diese Zeit total vergisst (womöglich gar nicht ins Langzeitgedächtnis gelangt), wäre das in etwa das, was Du 'minimalinvasiv' bezeichnest?

Was konkret würde bei Anwendung des Mittels geschädigt, wenn man dafür sorgt, dass die 'Befragung' keinerlei körperliche Spuren hinterlässt? Der Mensch kann sich an nichts mehr erinnern, subjektiv fand die 'Befragung' gar nicht statt.

Mich würde stören, daß er doch Schmerzen empfand. Wenn man das auch noch wegbringen könnte?

gruß/step
_________________
Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#230212) Verfasst am: 19.12.2004, 23:09    Titel: Antworten mit Zitat

Hi step,

step hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Angenommen, man könnte das Mittel so 'umbauen', dass der Mensch dabei klar bleibt, also Schmerzen fühlt und Antworten geben kann, aber diese Zeit total vergisst (womöglich gar nicht ins Langzeitgedächtnis gelangt), wäre das in etwa das, was Du 'minimalinvasiv' bezeichnest?

Was konkret würde bei Anwendung des Mittels geschädigt, wenn man dafür sorgt, dass die 'Befragung' keinerlei körperliche Spuren hinterlässt? Der Mensch kann sich an nichts mehr erinnern, subjektiv fand die 'Befragung' gar nicht statt.

Mich würde stören, daß er doch Schmerzen empfand. Wenn man das auch noch wegbringen könnte?


das ist kein Problem. Man nennt das 'Narkose'.

Grüßle

Thomas
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25405

Beitrag(#230218) Verfasst am: 19.12.2004, 23:13    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Angenommen, man könnte das Mittel so 'umbauen', dass der Mensch dabei klar bleibt, also Schmerzen fühlt und Antworten geben kann, aber diese Zeit total vergisst (womöglich gar nicht ins Langzeitgedächtnis gelangt), wäre das in etwa das, was Du 'minimalinvasiv' bezeichnest?

Was konkret würde bei Anwendung des Mittels geschädigt, wenn man dafür sorgt, dass die 'Befragung' keinerlei körperliche Spuren hinterlässt? Der Mensch kann sich an nichts mehr erinnern, subjektiv fand die 'Befragung' gar nicht statt.

Mich würde stören, daß er doch Schmerzen empfand. Wenn man das auch noch wegbringen könnte?

gruß/step

Nur, um Dich richtig zu verstehen. Es kommt darauf an, beim Einbruch keine Spuren zu hinterlassen?
_________________
Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
narziss
auf Wunsch deaktiviert



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 21939

Beitrag(#230222) Verfasst am: 19.12.2004, 23:20    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Angenommen, man könnte das Mittel so 'umbauen', dass der Mensch dabei klar bleibt, also Schmerzen fühlt und Antworten geben kann, aber diese Zeit total vergisst (womöglich gar nicht ins Langzeitgedächtnis gelangt), wäre das in etwa das, was Du 'minimalinvasiv' bezeichnest?

Was konkret würde bei Anwendung des Mittels geschädigt, wenn man dafür sorgt, dass die 'Befragung' keinerlei körperliche Spuren hinterlässt? Der Mensch kann sich an nichts mehr erinnern, subjektiv fand die 'Befragung' gar nicht statt.

Mich würde stören, daß er doch Schmerzen empfand. Wenn man das auch noch wegbringen könnte?

gruß/step

Nur, um Dich richtig zu verstehen. Es kommt darauf an, beim Einbruch keine Spuren zu hinterlassen?
Es kommt darauf an, dass das Opfer des Einbruchs danach immer noch alle Wertgegenstände besitzt. So als hätte man nichts gestohlen sondern es sich nur für einen Tag lang ausgeliehen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
step
registriert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#230225) Verfasst am: 19.12.2004, 23:22    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Nur, um Dich richtig zu verstehen. Es kommt darauf an, beim Einbruch keine Spuren zu hinterlassen?

Möglichst wenig, ja, das scheint mir eine notwendige Bedingung. Eine andere ist, daß beim "Einbruch" nichts abhanden kommt, das die Würde der Person gewährleistet.

gruß/step
_________________
Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25405

Beitrag(#230228) Verfasst am: 19.12.2004, 23:25    Titel: Antworten mit Zitat

narziss hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Angenommen, man könnte das Mittel so 'umbauen', dass der Mensch dabei klar bleibt, also Schmerzen fühlt und Antworten geben kann, aber diese Zeit total vergisst (womöglich gar nicht ins Langzeitgedächtnis gelangt), wäre das in etwa das, was Du 'minimalinvasiv' bezeichnest?

Was konkret würde bei Anwendung des Mittels geschädigt, wenn man dafür sorgt, dass die 'Befragung' keinerlei körperliche Spuren hinterlässt? Der Mensch kann sich an nichts mehr erinnern, subjektiv fand die 'Befragung' gar nicht statt.

Mich würde stören, daß er doch Schmerzen empfand. Wenn man das auch noch wegbringen könnte?

gruß/step

Nur, um Dich richtig zu verstehen. Es kommt darauf an, beim Einbruch keine Spuren zu hinterlassen?
Es kommt darauf an, dass das Opfer des Einbruchs danach immer noch alle Wertgegenstände besitzt. So als hätte man nichts gestohlen sondern es sich nur für einen Tag lang ausgeliehen.

Du weißt, wie sich Einbruchsopfer nach dem Einbruch fühlen?
Wie findest Du die Vorstellung einer Vergewaltigung während einer Narkose wenn sichergestellt ist, daß das Opfer hinterher nichts davon wissen und spüren wird?
_________________
Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
step
registriert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#230229) Verfasst am: 19.12.2004, 23:28    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Wie findest Du die Vorstellung einer Vergewaltigung während einer Narkose wenn sichergestellt ist, daß das Opfer hinterher nichts davon wissen und spüren wird?

Ich denke, wenn Du konkret formulierst, was an dieser Vorstellung Du unerträglich findest, kommst Du selbst drauf, warum der Vergleich hinkt.

gruß/step
_________________
Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen   Drucker freundliche Ansicht    Freigeisterhaus Foren-Übersicht -> Politik und Geschichte Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde
Gehe zu Seite Zurück  1, 2, 3 ... 5, 6, 7 ... 11, 12, 13  Weiter
Seite 6 von 13

 
Gehe zu:  
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.



Impressum & Datenschutz


Powered by phpBB © 2001, 2005 phpBB Group