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Volker Bekennender Atheist
Anmeldungsdatum: 29.07.2003 Beiträge: 190
Wohnort: Würzburg
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(#229669) Verfasst am: 18.12.2004, 17:06 Titel: Wozu Religion? Anthropologen erforschen die Macht der Rituale- |
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Wozu dient Eurer Meinung nach Religion? Was für eine Funktion hat sie? Was ist ihr Zweck? Und vor allem: Wozu dienen eigentlich Opfer und religiöse Rituale?
In der neuen Ausgabe der Zeitschrift "Gehirn und Geist" findet sich darauf eine ebenso einfache wie auch verblüffende (und experimentell nachprüfbare) Antwort.
Es gibt ja schon eine ganze Menge guter Ideen und Ansätze. Wenn man eine Theorie hat, warum Menschen einer Religion folgen, so müsste diese Theorie eine Reihe von Kriterien erfüllen, um brauchbar zu sein:
- Sie müsste alle Religionen erklären können und nicht nur die monotheistischen - dazu muss man bedenken, dass es auch rein atheistische Religionen gibt.
- Sie müsste experimentell falsifizierbar sein.
- Alle ihre wichtigen Gesichtspunkte müssten für experimentelle Überprüfung zugänglich sein und auch einer Prüfung standhalten.
- Sie müsste sowohl die "objektive" Seite (Rituale, Opfer, kultische Handlungen etc.) erklären können als auch die subjektive Seite (das Empfinden der Gläubigen, soweit möglich).
- Sie dürfte generell akzeptierten anthopologischen oder evolutionären nicht ohne eine plausible Begründung widersprechen.
- Man sollte analoge Vorformen auch im Tierreich finden (Kontinuität der Entwicklung).
- Die Theorie sollte insgesamt plausibel sein und keine logischen Widersprüche enthalten (natürlich ...).
Bislang gibt es m. W. erst eine Theorie, die alle diese Kriterien erfüllt (die von Pascal Boyer). Allerdings ist seine Erklärung der Opfer, die Gläubige für ihre Religion bringen, nicht komplett erklärt, aber auf seiner Basis lässt sich diese Schwäche leicht ausgleichen.
Mit "Opfern" sind nicht alleine Tieropfer und Opfer zugunsten einer Gottheit gemeint, sondern die Tatsache, dass Menschen Zeit und Energie darauf verwenden, für die Religion etwas zu tun (wie stundenlanges Beten an der Klagemauer - in der Zeitschrift waren dazu noch einige extreme Beispiele aufgeführt von Menschen, die sich Haken durch die Haut bohren und Gewichte daran aufhängen, um ihrem Gott zu huldigen - ähnliche Praktiken kennt man hier bei uns nur noch in ähnlicher Form von von Opus Dei, Stichwort Bußgürtel). Auch der sonntägliche Kirchgang ist durchaus ein Opfer - wer gerne lange schläft, könnte ja auch einfach im Bett bleiben stattdessen oder etwas anderes tun.
Aber was ist der Nutzen dessen? Für einen selbst, für die Gemeinschaft, in der man lebt? Gibt es überhaupt einen? Oder ist es nur der individuelle Nutzen, weil man es so toll findet, Sonntags in die Kirche zu gehen? Und wie ist das mit den Haken im Fleisch und den Gewichten? Gibt es da einen individuellen Nutzen oder einen für die Gemeinschaft? Und wenn ja, welchen? Darf man hier überhaupt von einem "Nutzen" sprechen oder ist das schon verkehrt? Oder gibt es einen prinzipiellen Unterschied zwischen diesen Dingen?
Diese Art Opfer (im weitesten Sinne) werden tatsächlich nur von Menschen gebracht, im Tierreich kennt man dies nur, wenn es ziemlich unmittelbar dem Überleben, dem Paarungsverhalten oder der Brutpflege dient - alles Dinge, die man bei der Religion als unmittelbaren Antrieb ausschließen kann.
Kommen wir nun zu der Begründung. Was ist das Geheimnis der Rituale?
Werfen wir einen Blick in der Evolution, ob wir ähnliche Verhaltensweise finden. In der Tat finden wir in der Biologie eine Fülle von Verhaltensweisen, die eine große Signalwirkung haben. Wie verhält sich z. B. ein Springbock, der plötzlich einem Raubtier gegenübersteht? Die unmittelbare Vermutung ist: Er flieht. Aber genau das tut der Springbock nicht! Stattdessen stellt er sich vor das Raubtier und spingt mehrfach hoch. Dieses Verhalten bezeichnet man als prunken.
Der Sinn dieses Verhaltens ist unmittelbar einsichtig: Er signalisiert dem Raubtier sieh, ich strotze vor Kraft, ich bin stark und schnell, ich kann es mir leisten, meine Energie sinnlos zu verschwenden, weil ich soviel davon habe. Die Raubtiere verstehen dieses Signal - Verfolgung zwecklos, den kriege ich doch nicht. Sie verzichten auf einen Angriff.
Nun darf man diese Analogie nicht überbewerten - Anhänger einer Religion prunken nicht mit ihrem Ritualen, um Angreifer zu beeindrucken. Sie haben einen ganz anderen Grund dafür.
Ich sagte schon, dass der Mensch sich als Kooperationswesen netwickelt hat. Der einzelne Mensch ist - verglichen mit den meisten Räubern - langsam, schwach und schlecht bewaffnet. Aber durch seine Fähigkeit zur Kooperation und durch seine Werkzeuge kann er diese Nachteile so ausgleichen, dass er zur beherrschenden Spezies auf diesem Planeten wurde!
Aber Kooperation birgt immer ein Risiko und ein Nachteil - es gibt immer Schmarotzer, die das ausnutzen und die sich auf Kosten anderer bereichern. Schmarotzen bietet kurzfristig große Vorteile und ist ökonomischer als selbst zu arbeiten. Demnach gibt es immer einen Trend, dass sich eine freigiebige Gemeinschaft schmarotzende Individuen heranzieht. Damit wäre dann der evolutionäre Vorteil der Kooperation dahin. Daher muss eine Gemeinschaft, die überleben will, Mittel und Wege entwickeln, um Schmarotzer zu entlarven und sich nicht ausnutzen zu lassen. Denn die ganze Gruppe geht unter, wenn sie Schmarotzer duldet. Andererseits kann man die Vorteile der Kooperation nicht ausnutzen, wenn man zu misstrauisch ist.
Also: Eine Gruppe (und damit das Individuum dieser Gruppe) überlebt, weil es kooperiert und keine Schmarotzer duldet. Es gibt also einen Zielkonflikt zwischen den Vorteilen der Kooperation und den Nachteilen des Ausgenutztwerdens. Und es ist wichtig - wenn man nur überleben kann, weil man kooperiert - dem andern zu signalisieren, dass man zur Kooperation bereit ist, dass man kräftig und gut genug und willens ist, auch dann etwas für die Kooperationsgemeinschaft zu tun, wenn man selbst keinen unmittelbaren Vorteil davon hat. Nur die Individuen, die dies erfolgreich signalisieren, finden Kooperationspartner und überleben.
Wie kann man erfolgreich signalisieren, dass man zur Kooperation in einer Gruppe bereit ist? In dem man Dinge für die Gruppe tut, die einem erkennbar keinen Vorteil bieten. Rituale sind dafür besonders geeignet - vor allem, wenn sie an sich völlig sinnlos sind. Sie sind ein wiederkehrendes Signal: Seht her, ich bin stark, ich bin bereit, mich für die Gemeinschaft aufzuopfern, ich bin bereit, dies auch dann zu tun, wenn ich keinen persönlichen Vorteil davon habe - wähle mich für eine Kooperation, ich bin verlässlich, ich habe Kraft, ich kann etwas tun, ohne davon einen Vorteil zu haben.!
Das ist sehr viel überzeugender als eine bloße Behauptung. Es ist ein deutliches Signal, ein Beweis, dass Vertrauen gerechtfertigt ist. Wer dieses Vertrauen aufbaut, hat eine größere Chance, Kooperationspartner zu finden - und überlebt daher auch eher als jemand, der diese Signale nicht gibt.
Wie kann man jemandem verdeutlichen, dass man loyal ist? Stefan hat das (in einem anderen Forum) sehr schön veranschaulicht:
Zitat: | Ich glaube, ich weiss worauf Du hinaus willst. Ich denke da z.B. am eine Szene aus dem zweiten Teil von der Verfilmung vom "Herrn der Ringe": Der Anführer einer Horde von Banditen schwört Saruman die Treue und schneidet sich dabei so richtig tief in die Handfläche. Mit derartigen, eigentlich sinnlosen Ritualen, signalisiert man Opferbereitschaft und absolute Loyalität. Ritualisiert man ein solches Verhalten auch in Zeiten des Friedens und des Wohlstands, hat man in Zeiten der Not und im Kriegsfall zuverlässigere Soldaten. |
Kurz, man hat zuverlässige Kooperationspartner - und es ist deutlich im Nutzen des Individuums, genau das auch zu signalisieren.
Die Aufopferung für die Gemeinschaft hat also einen Nutzen, gerade auch dann, wenn sie sinnlos ist. Wer wird schon gerne mit jemandem kooperieren, der nur alleine für seinen eigenen Vorteil handelt? Muss ich nicht damit rechnen, dass er seine Kooperation aufkündigt, wenn er keinen Nutzen mehr davon hat?
In dieser Dialektik zwischen Kooperation und Eigennutz haben sich die religiösen Rituale entwickelt. Und die Begründungen der Religion sind nichts weiter als Rationalisierungen - nachträgliche Erfindungen eines Grunds für ein Verhalten, dass sich "hinter dem Rücken" der Beteiligten vollzieht. Die Menschen wissen meist nicht, warum sie auf eine bestimmte Weise handeln, sie tun es, und es funktioniert, auch ohne dass sie es wissen. Das Wissen um die Bedeutung dessen ist völlig überflüssig - denn wenn es jemand bewusst tut, dann tut er es wiederum aus berechnendem Eigennutz, und das mindert die Signalwirkung, wenn es den Beteiligten bewusst wäre. Deswegen ist es sinnlos, Gläubige zu fragen, warum sie diese Rituale tun - sie wissen es nicht, und es ist auch besser so.
Aber natürlich handelt niemand "einfach so" ohne einen Grund, daher muss nachträglich ein plausibler erfunden werden.
Tatsächlich hat sich gezeigt, bei den Kibbuzim, dass die religiösen Kibbuzim stärker kooperieren und zu mehr Verzicht für die Gemeinschaft neigen. Anders als bei den weltlichen Kibbuzim gibt es aber eine deutliche Geschlechterdifferenz, was damit zu tun hat, dass im Judentum vor allem die Männer für die öffentlichen Rituale zuständig sind und nicht die Frauen, die daher weniger Grund für eine Kooperationsbereitschaft haben.
Rituale sind ein prunken mit den eigenen Fähigkeiten und der eigene Aufopferungsbereitschaft. Aber es wäre sinnlos, ein solches Signal auszusenden, wenn man sich nicht dementsprechend später verhält, irgendwann würde man als ein Sozialbetrüger durchschaut und aus der Gemeinschaft entfernt.
Menschen haben eine Reihe von Mechanismen entwickelt, um ihre soziale Zuverlässigkeit unter Beweis zu stellen und zu durchschauen, ob jemand nur so tut. Sehr viel von unseren sozialen Fähigkeiten haben sich nur entwickelt, um Schmarotzer zu durchschauen oder um zu verhindern, dass die anderen vermuten, man sei ein Schmarotzer - dau gehört beispielsweise das Gewissen. Seht her, ich habe ein Gewissen, ich verhalte mich auch anständig und betrüge Dich nicht, wenn Du gerade nicht hinschaust. Mit mir kannst Du kooperieren! Und wir haben die Fähigkeit entwickelt, herauszufinden, ob jemand ein Gewissen hat oder nicht - und mit denen wird man eher kooperieren, und diese haben daher eine größere Chance, sich fortzupflanzen und gehören daher eher zu unseren Vorfahren.
Religiöse Rituale haben also einen gewichtigen evolutionären Vorteil. Es gibt noch andere Vorteile der Religion wie Förderung der Gruppenzusammengehörigkeit und bieten damit auch einen Weg, sich und anderen zu beweisen, dass man dazugehört und kein Sozialschmarotzer ist.
Natürlich denken die Menschen, sie führten die Rituale aus, weil sie eine Art Wahrheit reflektieren würden - das gehört aber schon zur Rationalisierung. Dies macht die Religion im Bewusstsein zur Hauptsache, währen sie in Wahrheit eine bedeutungslose Nebensache ist - jedes sinnlose Ritual kann die Zugehörigkeit fördern, deswegen haben die verschiedenen Kulturen auch verschiedene Rituale entwickelt, weil die "inhaltliche Bedeutung" völlig wahlfrei (willkürlich) ist. Aber sie haben Rituale entwickelt, weil dies zur evolutionären Entwicklung wichtig ist.
Deswegen finden wir keine menschliche Kultur ohne Aufopferungsrituale, aber wir finden die unterschiedlichsten Formen. Ob ich mir nun die Hand aufschlitze, mir schmerzhafte Tätowierungen zufüge, mich verstümmeln lasse, Gewichte an Haken anhänge und mir diese Haken ins Fleisch stecke, oder stundelnag in glühender Sonne bete, das alles sind bedeutungslose Details, die per Rationalisierung zur Hauptsache erhoben werden. Religion ist notwendig falsches Bewusstsein, weil diese Rituale ihre Wirkung verlieren würden, wenn sie sinnvoll und zum Nutzen des Individuums wären. Da aber niemand gerne sinnlose Dinge tut, muss die Rationalisierung einspringen, um einen vor dieser Sinnlosigkeit zu bewahren und den Ritualen so eine "tiefere Deutung" geben, denn die "wahre Deutung" wäre nur wieder Eigennutz, und dann würde das Ritual seine Wirkung verlieren.
Und natürlich werden nur die Erklärungen für Rituale weitergegeben, die sich einerseits nicht widerlegen lassen - dann würde nämlich der "Schwindel" irgendwann auffliegen - und weil andererseits ungewöhnliche Dinge besser im Gedächtnis haften bleiben. Oder anders gesagt, nur die Rituale, die eine ungewöhnliche Erklärung haben und die völlig sinnlos sind, "überleben" und werden weitergegeben. Und nur wenn der Grund für das Ritual nicht falsch sein kann, kann die Rationalisierung dauerhaft funktionieren. Daher das Bestreben, nicht widerlegbare Erklärungen dafür zu erfinden.
(Das ist ein Zusammenschnitt aus drei Postings aus einem anderen Forum - alle von mir, abgesehen von dem Zitat - und auf Wunsch eines FGH-Posters hier nochmal veröffentlicht. Es ist nicht auszuschließen, dass ich das überarbeite und auf meiner Website veröffentliche )
_________________ Die erste Sünde der Menschheit war Glauben, ihre erste Tugend war Zweifel.
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Volker Bekennender Atheist
Anmeldungsdatum: 29.07.2003 Beiträge: 190
Wohnort: Würzburg
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(#230550) Verfasst am: 20.12.2004, 18:51 Titel: |
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Was mich ein bisschen wundert ist der Umstand, dass noch keiner das Posting kommentiert hat. Ist das so langweilig und uninteressant? Hätte ich mir das Posting sparen können?
_________________ Die erste Sünde der Menschheit war Glauben, ihre erste Tugend war Zweifel.
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Nergal dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 11433
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(#230551) Verfasst am: 20.12.2004, 18:56 Titel: |
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Nicht langweilig, aber mir zB fällt keine andere Theorie ein die das alles erklären würde.
Die oben beschriebene ist recht gut.
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Heike N. wundert gar nix mehr
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 26138
Wohnort: Bottrop
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(#230575) Verfasst am: 20.12.2004, 19:48 Titel: |
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Volker hat folgendes geschrieben: | Was mich ein bisschen wundert ist der Umstand, dass noch keiner das Posting kommentiert hat. Ist das so langweilig und uninteressant? Hätte ich mir das Posting sparen können? |
Das ist das Schicksal eines jeden Textes, der durchdacht und abgeschlossen ist.
_________________ God is Santa Claus for adults
Front Deutscher Äpfel (F.D.Ä.) - Nationale Initiative gegen die Überfremdung des deutschen Obstbestandes und gegen faul herumlungerndes Fallobst
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GermanHeretic Individualoptimist & Kulturpessimist
Anmeldungsdatum: 16.06.2004 Beiträge: 4932
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(#230633) Verfasst am: 20.12.2004, 21:20 Titel: Re: Wozu Religion? Anthropologen erforschen die Macht der Rituale- |
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Volker hat folgendes geschrieben: | Wozu dient Eurer Meinung nach Religion? Was für eine Funktion hat sie? Was ist ihr Zweck? |
Ich denke mal zweierlei:
1. dient sie der Befriedigung (mindestens) zweier menschlichen Grundbedürfnisses, nämlich a) der Neugier und b) der Wegnahme der Angst vorm Tod. Wobei man b) vielleicht als Spezialfall von a) nehmen kann. Da aber die Angst vorm Tod für viele Menschen wohl die entscheidende Triebfeder sein dürfte, sich einer Religion anzuschließen, habe ich sie mal gesondert aufgeführt. Religion dient dem Menschen dazu, seine Wissenslücken zu füllen ("god of gaps"). Früher mal, wo die Blitze herkommen, heute wie die Materie oder das Leben oder die Moral entstand.
2. (und das meine ich wirklich zweitrangig, denn auch ohne diesen Zweck würde es Religionen aufgrund von 1. geben) dient sie der Beherrschung von Menschen. Christentum ist da eigentlich ideal, eine Religion für Sklaven und Habenichste, denen ein besseres Los im Jenseits versprochen wird, je miserabler es ihnen im Diesseits geht, und dann noch existierende Herrschaftsstrukturen als gottgegeben hinstellt. Hätten die Cäsaren das mal schon ab dem 1. statt dem 4. Jahrhundert kapiert, hätte es weniger Löwenfutter und mehr Konzile gegeben.
_________________ "Nehmen Sie einem Durchschnittsmenschen die Lebenslüge, und Sie nehmen ihm zu gleicher Zeit das Glück." (Henrik Ibsen)
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Flipper in the Fishhandel !empirischer Nihilist!
Anmeldungsdatum: 23.12.2004 Beiträge: 394
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(#231931) Verfasst am: 23.12.2004, 12:02 Titel: |
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Eine wirklich gut ausgearbeitete These.
Ich hätte nur einige Fragen dazu, ich bin erst neu hier und möchte gleich dazu sagen, dass ich gerne Fragen stelle, denn diese muss man nicht beweisen !
Wäre es auch denkbar, das Rituale auch aus psyschichen Problemen entstanden sind, man kenn ja Leute die sich selbst Schmerzen zufügen, weil es sie stimuliert oder weil es interessant ist.
Ich denke nicht, dass dies die Antwort auf die Entstehung von Ritualen ist, da ist Volkers These viel gründlciher. Aber ich stelle mir nur vor das die meist schmerzlichen Rituale entweder aus langeweile entstanden sein könnten oder auch durch psyschiche Störungen.
Nur ein Denkanstoß!
_________________ Ich kenne unzählige Menschen, die nach dem ewigen Leben dürsten, aber mit einem verregneten Sonntagnachmittag nichts anzufangen wissen. (Johannes Gross, ehemaliger Chefredakteur der Zeitschrift Capital)
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Bongo registrierter User
Anmeldungsdatum: 01.05.2004 Beiträge: 76
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(#231964) Verfasst am: 23.12.2004, 13:11 Titel: |
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Und je mehr Menschen sich an den gemeinsamen Ritualen beteiligen, desto glaubhafter werden diese Rituale für den Einzelnen nach dem Motto: So viele Menschen können sich nicht irren.
Gruß, Bongo
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#232904) Verfasst am: 25.12.2004, 17:47 Titel: |
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Die Religion mag v ielleicht evolutiven Nutzen für die gesamte Spezies Mensch haben, für das einzelne Individuum bestimmt nicht. So fördern viel Religionen die Bevölkerungsexplosion, was mehr Menschen, diesen aber auch mehr Leid beschert.
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frajo dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 25.08.2003 Beiträge: 11440
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(#232976) Verfasst am: 25.12.2004, 19:54 Titel: |
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Heike N. hat folgendes geschrieben: | Volker hat folgendes geschrieben: | Was mich ein bisschen wundert ist der Umstand, dass noch keiner das Posting kommentiert hat. Ist das so langweilig und uninteressant? Hätte ich mir das Posting sparen können? |
Das ist das Schicksal eines jeden Textes, der durchdacht und abgeschlossen ist.  |
volkers text ist sehr durchdacht und sehr schlüssig; sicherlich einer der besten texte des FGH überhaupt.
aber nicht abgeschlossen.
denn vom gehalt gilt er für mehr gesellschaftliche phänomene als nur die religion.
Zitat: | Es gibt also einen Zielkonflikt zwischen den Vorteilen der Kooperation und den Nachteilen des Ausgenutztwerdens. |
ist m.e. die zentrale aussage. sie gilt für alle "systeme", deren konstituenten als kooperierende komponenten aufgefaßt werden können.
also auch für politische systeme, d.h. für gesellschaften im engeren sinne.
die politischen gesellschaften mit ihren ritualen, opfern und zwängen, denen sich das individuum kaum entziehen kann (und auch nicht entziehen will (siehe das kleben der user an windows, was artverwandt ist mit der begeisterung weiter kreise der römischen bevölkerung für ihre circenses)),
konnten möglicherweise erst auf dem geistigen boden entstehen, der durch religiöse rituale, opfer und zwänge geschaffen worden ist.
daher halte ich es für zu kurz gegriffen, aufklärung lediglich als religiöse aufklärung zu begreifen.
stichwort "schmarotzer":
diesen begriff halte ich wegen seiner herabwürdigenden bedeutung für diskussionsungeeignet. schließlich ist es in aller regel nur eine frage der (definitions)macht, welche seite die andere als "schmarotzer" bezeichnen kann.
in der derzeit global dominierenden marktwirtschaft gilt als "schmarotzer", wer nicht zur produktivität beiträgt, wobei "produktivität" sehr eng, nämlich im pekuniären sinn verstanden wird.
in einer fiktiven nicht-marktwirtschaftlichen gesellschaft wären aber jene "schmarotzer" (an der menschheit), die die globalen ressourcen der menschheit irreversibel ausplündern, nach dem motto "nach mir die sintflut".
ein weiterer gesichtspunkt, der in volkers text nicht zur sprache kommt, ist das - wohl unausweichliche - entstehen und sich-verhärten von teilgruppen, die sich der funktion der genannten rituale sehr bewußt sind, und sie für ihre privilegierte position ausnutzen. für diese leute könnte der begriff "die herrschenden klassen" gebraucht werden. sie sind leicht erkennbar daran, daß sie a) materiell privilegiert sind und b) de facto straflos regeln übertreten können, wo anderen leuten gefahr für leib und leben droht.
(beispiele: kleriker der RKK und parlamentarier der tonangebenden parteien.)
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Volker Bekennender Atheist
Anmeldungsdatum: 29.07.2003 Beiträge: 190
Wohnort: Würzburg
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(#234697) Verfasst am: 29.12.2004, 13:47 Titel: |
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Kommunisti hat folgendes geschrieben: | Wäre es auch denkbar, das Rituale auch aus psyschichen Problemen entstanden sind, man kenn ja Leute die sich selbst Schmerzen zufügen, weil es sie stimuliert oder weil es interessant ist.
Ich denke nicht, dass dies die Antwort auf die Entstehung von Ritualen ist, da ist Volkers These viel gründlciher. Aber ich stelle mir nur vor das die meist schmerzlichen Rituale entweder aus langeweile entstanden sein könnten oder auch durch psyschiche Störungen.
Nur ein Denkanstoß! |
Es wäre falsch, wenn man monokausal unterstellen würde, dass der von den Anthropologen skizzierte Grund "der" Grund schlechthin ist und dass es keine weiteren Gründe gibt. Im Gegenteil, es gibt einen hauptsächlichen, objektiven Grund (wie skizziert) und eine Vielzahl subjektiver Gründe, hinter denen zwar "letztlich" der Hauptgrund steht, aber dieser setzt sich quasi "hinter dem Rücken der Beteiligten" durch.
Und dieser subjektive Grund kann tatsächlich der "masochistische Genuss" sein, der andernfalls gesellschaftlich nicht anerkannt wäre, aber im Rahmen des Rituals nun doch seine Anerkennung findet. Aber ein anderes Individuum hat einen anderen, eigenen Grund. Und manche können eben so ihre "Störungen" ausleben, ohne mit der Gesellschaft in Konflikt zu geraten, im Gegenteil, jetzt genießen sie sogar Anerkennung.
_________________ Die erste Sünde der Menschheit war Glauben, ihre erste Tugend war Zweifel.
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Volker Bekennender Atheist
Anmeldungsdatum: 29.07.2003 Beiträge: 190
Wohnort: Würzburg
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(#234699) Verfasst am: 29.12.2004, 13:57 Titel: |
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narziss hat folgendes geschrieben: | Die Religion mag v ielleicht evolutiven Nutzen für die gesamte Spezies Mensch haben, für das einzelne Individuum bestimmt nicht. So fördern viel Religionen die Bevölkerungsexplosion, was mehr Menschen, diesen aber auch mehr Leid beschert. |
Es gibt nicht unbedingt einen Widerspruch zwischen dem "Nutzen des Individuums" und "dem Nutzen der Gruppe". Denn dem Individuum nützt, was der Gruppe nützt, und der Gruppe nützt, was dem Individuum nützt.
Es sind auch nicht die Religionen, die das Bevölkerungswachstum fördern: Dann müsste man erklären, warum inhaltlich unterschiedliche Religionen (etwa die afrikanischen Religionen) dies auch tun. Es ist genau umgekehrt: Arterhaltung plus "egoistische" Gene sind der Motor der Bevölkerungsexplosion, Religion ist nur ein nachträgliche Rationalisierung dieses Verhaltens, eine Erklärung dessen, was man auch ohne Religion ohnehin machen würde.
In gewisser Hinsicht wirkt Religion wie eine große Verschwörung: Sie setzt sich hinter dem Rücken der Individuen durch, "als ob" ein geheimer Drahtzieher im Hintergrund die Fäden zöge, aber dieser Drahtzieher ist weder ein Individuum noch eine Gruppe, sondern ein "Ensemble von tatsächlichen Verhältnissen" - sei es die Ausbalancierung von Kooperation/Schmarotzertum oder unserer Hirnstruktur oder genetischen Verhältnissen etc. pp. Daran ändert es auch nichts, dass es eine Gruppe von Individuen gibt (Priester) die tatsächlich einen Nutzen davon haben: denn diese durchschauen die Verhältnisse meist so wenig wie die anderen.
_________________ Die erste Sünde der Menschheit war Glauben, ihre erste Tugend war Zweifel.
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Stefan auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 03.08.2004 Beiträge: 6217
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(#235097) Verfasst am: 30.12.2004, 11:05 Titel: |
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Gutes Posting, aber ich neige auch eher zu der These, dass Religion hauptsächlich zur Kompensation der Angst vorm Tod entspringt.
Der Mensch als Wesen mit dem Bewustssein seiner Vergänglichkeit, dem Wissen sterben zu müssen, entwickelte Religionen. Tiere nicht, sie sind sich ihrer Vergänglichkeit nicht bewusst, sie haben keine Religionen. Aber dennoch gibt es auch bei ihnen Rituale.
Rituale dienen sicherlich als Zeichen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gemeinschaft, sie müssen ja auch nicht immer leidvoll sein, z.B. gibt es Trinkrituale oder den Bruderkuss...
Wir (meine frühere Clique) hatten (in meiner Jugendzeit) immer das Ritual uns auf eine ganz bestimmte Art und Weise die Hand zu geben, wenn wir uns trafen. K.A. wie das entstanden war, gehörte einfach dazu. Nie braucht sowas eine religiöse Begründung, wozu auch ?
Und da Religionen eben Gemeinschaften sind, haben sie halt auch ihre Rituale. Aber nicht umgekehrt.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#235107) Verfasst am: 30.12.2004, 11:25 Titel: |
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Ich denke, daß die von Volker angesprochenen Mechanismen (man nennt das mW in der Fachliteratur "image scoring") eine wichtige Rolle spielen. Man sollte aber nicht übersehen, daß sie eher eine Erklärung für Rituale und Kooperationsverhalten insgesamt und weniger speziell für religiösen Glauben oder gar Religionen darstellen. Religiöser Glauben, und noch mehr institutionalisierte Religionen, sind ein Konglomerat an Verhaltensweisen, individuellen wie kollektiven.
Zudem wäre ich etwas vorsichtiger mit dem Begriff "evolutionär vorteilhaft", insbesondere wenn es sich um nicht genetisch tradierte Verhaltensweisen handelt.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44647
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(#235126) Verfasst am: 30.12.2004, 12:07 Titel: |
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Rituale sind keinesfalls religionstypisch. Jeder hat seine antrainierten "Rituale", die er täglich oder wöchentlich regelmäßig durchführt, jeder hat eine gewisse Symbolik, etc.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#235132) Verfasst am: 30.12.2004, 13:04 Titel: |
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@ step: Ihc finde evolutionär vorteilhaft in Ordnung, da die Evolution mit der Weitergabe von Erbinformationen zu tun hat.
Diese sind in der Biologie meist genetisch, speziell beim menschen können sie aber auch psychologisch sein. Wichtig ist nur, dass eine weitergegebene Eigenschaft eine Rolle bei der Selektion spielt.
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Domingo ungläubig
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 1167
Wohnort: Westkanada
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(#241350) Verfasst am: 10.01.2005, 03:20 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Rituale sind keinesfalls religionstypisch. Jeder hat seine antrainierten "Rituale", die er täglich oder wöchentlich regelmäßig durchführt, jeder hat eine gewisse Symbolik, etc. |
Wiederum (und in Anlehnung an steps Beitrag) wäre zu untersuchen, in wievielen Religionen der Glaube überhaupt eine Rolle spielt. Paradebeispiel sind die antiken "heidnischen" Religionen, bei denen niemand fragte, ob der oder diejenige an die Götter tatsächlich glaubte, solange er/sie das Ritual durchführte.
Bei den meisten Religionen scheint der tatsächliche Glaube eher nebensächlich. Da stellt sich natürlich gleich die Frage, warum in einigen Religionen der Glaube wiederum plötzlich so wichtig wird.
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ALGDGADU registrierter User
Anmeldungsdatum: 12.01.2004 Beiträge: 392
Wohnort: Nürnberg
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(#258929) Verfasst am: 09.02.2005, 13:28 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Rituale sind keinesfalls religionstypisch. Jeder hat seine antrainierten "Rituale", die er täglich oder wöchentlich regelmäßig durchführt, jeder hat eine gewisse Symbolik, etc. |
Dem kann ich nur beipflichten. Ich beobachte das z. B. sehr genau bei meinen Kindern. Da gibt es dutzende von täglichen Ritualen: beim Frühstück, beim Anziehen,....bis hin zum Schlafengehen. Ändern wir z. B. mal den Ablauf des "Schlafengeh-Rituals" (Sandmännchen kucken, Waschen, ins Bett legen, Geschichte vorlesen, nochmal knuddeln, nochmal ein Glas mit Wasser holen und trinken lassen, Licht aus...), dann schlafen sie entweder nicht gleich ein, werden unruhig oder kommen nach einer halben Stunde wieder zu uns ins Wohnzimmer mit irgendeinem "Anliegen". Scheinbar braucht der Mensch irgendwelche Rituale, um zu wissen, dass jetzt "alles in Ordnung" ist. Kürzlich habe ich sogar an mir selbst entdeckt, dass ich (unbewusst!) sogar beim Zähneputzen ritualisiert vorgehe: Die Art und Weise die Zahncremtube zu öffen, die Putzreihenfolge, wie oft welche Kreiselbewegungen, die Anzahl der "Schlücke" aus dem Zahnputzbecher, dann beim Aufräumen der Zahncreme werfe ich mit der Tube immer einen "Salto" . Aufgefallen ist mir diese unbewusste Ritualisierung, weil ich - eben kürzlich - einen (absolut nutzlosen!) Schritt in meinem "Zahnputzritual" ausgelassen hatte und danach immer das Gefühl hatte, irgendwas sei heute beim Zähneputzen "nicht in Ordnung" gewesen...bis ich merkte, was anders war.
Gruß
A.L.G.D.G.A.D.L.U.
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defensor_fidei Gast
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(#258933) Verfasst am: 09.02.2005, 13:33 Titel: |
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A.:L.:G. .:G.:A. .:U.: hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Rituale sind keinesfalls religionstypisch. Jeder hat seine antrainierten "Rituale", die er täglich oder wöchentlich regelmäßig durchführt, jeder hat eine gewisse Symbolik, etc. |
Dem kann ich nur beipflichten. Ich beobachte das z. B. sehr genau bei meinen Kindern. Da gibt es dutzende von täglichen Ritualen: beim Frühstück, beim Anziehen,....bis hin zum Schlafengehen. Ändern wir z. B. mal den Ablauf des "Schlafengeh-Rituals" (Sandmännchen kucken, Waschen, ins Bett legen, Geschichte vorlesen, nochmal knuddeln, nochmal ein Glas mit Wasser holen und trinken lassen, Licht aus...), dann schlafen sie entweder nicht gleich ein, werden unruhig oder kommen nach einer halben Stunde wieder zu uns ins Wohnzimmer mit irgendeinem "Anliegen". Scheinbar braucht der Mensch irgendwelche Rituale, um zu wissen, dass jetzt "alles in Ordnung" ist. Kürzlich habe ich sogar an mir selbst entdeckt, dass ich (unbewusst!) sogar beim Zähneputzen ritualisiert vorgehe: Die Art und Weise die Zahncremtube zu öffen, die Putzreihenfolge, wie oft welche Kreiselbewegungen, die Anzahl der "Schlücke" aus dem Zahnputzbecher, dann beim Aufräumen der Zahncreme werfe ich mit der Tube immer einen "Salto" . Aufgefallen ist mir diese unbewusste Ritualisierung, weil ich - eben kürzlich - einen (absolut nutzlosen!) Schritt in meinem "Zahnputzritual" ausgelassen hatte und danach immer das Gefühl hatte, irgendwas sei heute beim Zähneputzen "nicht in Ordnung" gewesen...bis ich merkte, was anders war.
Gruß
A.L.G.D.G.A.D.L.U. |
Auch die Freimaurer haben Rituale. - Und die sind sogar "geheim".
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scilla registrierter User
Anmeldungsdatum: 16.01.2005 Beiträge: 185
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(#258951) Verfasst am: 09.02.2005, 14:07 Titel: |
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wichtig ist die Unterscheidung zwischen dualistischem und nicht dualistischem Denken
ein Dualist glaubt (selbst wenn er es nicht zugibt) an zwei Götter
der eine ist gut. der andere böse
der eine ist geheim, der andere ist bekannt
der eine ist männlich, der andere ist weiblich
der eine ist streng, der andere freizügig
der eine ist hochwertig, der andere minderwertig
der eine kommt vorher, der andere nachher
etc
dieses Denken ist das Denken der Indogermanen
wenn Wissenschaftler auf Fakten und Falsifizierbarkeit pochen,
dann steckt ebendieses Denken dahinter
mehr als eine dualistische Wahrheit lässt sich so nicht erforschen
nichtdualistische Wahrheiten kennt jeder
(aus den Wissenschaften!!!)
z.B. das Periodensystem
z.B. die Sphäre
z.B. die Phase
(aus der Kunst)
z.B. die Verwandlung
z.B. der Vollzug
z.B. die Vollendung
(dualistisch)
z.B der Versuch (Gedankenexperiment/Experiment)
nichtdualistisch ist die Evolution
dualistisch ist die Anthropologie
bei den im Eingangsthread aufgelisteten Punkten,
welche eine Theorie erfüllen muss,
herrscht ein Durcheinander zwischen dualistischen und nichtdualistischen Denkweisen vor
..............
und jetzt zum Thema
Religion nichtdualistisch
Jagdzeremonie
Baumorakel
Sein
Theater
Tragödie (Evangelien)
Protestanten
Aufklärung
Demokratie (Diskussion)
Religion dualistisch
Angst
Opfer
technische Erfindungen
schlechtes Gewissen
Mitleid
Würde
Demokratie (Wahl)
Zeitachse jeweils von oben nach unten zu lesen
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ALGDGADU registrierter User
Anmeldungsdatum: 12.01.2004 Beiträge: 392
Wohnort: Nürnberg
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(#259038) Verfasst am: 09.02.2005, 17:05 Titel: |
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defensor_fidei hat folgendes geschrieben: | Auch die Freimaurer haben Rituale. - Und die sind sogar "geheim".
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Hallo defensor,
ja und nein!
Ja, weil wir Freimaurer untereinander Verschwiegenheit nach Außen vereinbart haben über alles, was das freim. Ritual betrifft. Nicht, weil das freim. Ritual das Licht der Öffentlichkeit scheuen müsste. Es ist weder unmoralisch, es passieren dort keinerlei gesetzeswidrigen Dinge, es widerspricht nicht der Menschenwürde (eher im Gegenteil), noch ist es gar satanistisch, wie uns aus Deinen Kreisen von Zeit zu Zeit gerne vorgeworfen wird. Warum also die "Geheimhaltung"? Ganz einfach: Das was die Freimaurerei dem Einzelnen geben kann, fußt zum größten auf dem Erleben, es kann eigentlich nur emotional erfasst werden. Dieses emotionale Erleben (zum Bsp. bei einer Aufnahme eines Kandidaten) funktioniert nicht mehr, wenn dem Betreffenden das "Drehbuch" vorher bekannt ist. Weiterhin wollen Freimaurer ihr Ritual, das ihnen sehr viel bedeutet, vor "Profanisierung" schützen und - was vielleicht viel wichtiger ist - davor, dass man es in der Öffentlichkeit lächerlich macht.
Nein, weil die frm. Rituale vielfach veröffentlicht wurden. In jeder besseren Uni-Bibliothek findest Du sie, wenn Du Dir ein bißchen Mühe gibst. Auch wenn die Rituale somit eigentlich nicht mehr "geheim" sind, halten sich Freimaurer auch heute noch streng daran, sie nicht selbst der Öffentlichkeit preiszugeben.
Defensor, was ist eigentlich verwerflich daran, mit Gleichgesinnten ein gemeinsames Geheimnis zu haben?
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Heike N. wundert gar nix mehr
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 26138
Wohnort: Bottrop
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(#259049) Verfasst am: 09.02.2005, 17:21 Titel: |
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A.:L.:G. .:G.:A. .:U.: hat folgendes geschrieben: | Warum also die "Geheimhaltung"? Ganz einfach: Das was die Freimaurerei dem Einzelnen geben kann, fußt zum größten auf dem Erleben, es kann eigentlich nur emotional erfasst werden. Dieses emotionale Erleben (zum Bsp. bei einer Aufnahme eines Kandidaten) funktioniert nicht mehr, wenn dem Betreffenden das "Drehbuch" vorher bekannt ist. Weiterhin wollen Freimaurer ihr Ritual, das ihnen sehr viel bedeutet, vor "Profanisierung" schützen und - was vielleicht viel wichtiger ist - davor, dass man es in der Öffentlichkeit lächerlich macht.
[...]
Defensor, was ist eigentlich verwerflich daran, mit Gleichgesinnten ein gemeinsames Geheimnis zu haben? |
Nichts, wenn man so ein Drumherum-Schnickschnack braucht, um irgendwelche Erkenntnisse zu gewinnen.
_________________ God is Santa Claus for adults
Front Deutscher Äpfel (F.D.Ä.) - Nationale Initiative gegen die Überfremdung des deutschen Obstbestandes und gegen faul herumlungerndes Fallobst
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ALGDGADU registrierter User
Anmeldungsdatum: 12.01.2004 Beiträge: 392
Wohnort: Nürnberg
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(#259066) Verfasst am: 09.02.2005, 17:46 Titel: |
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Heike N. hat folgendes geschrieben: | A.:L.:G. .:G.:A. .:U.: hat folgendes geschrieben: | [...]
Defensor, was ist eigentlich verwerflich daran, mit Gleichgesinnten ein gemeinsames Geheimnis zu haben? |
Nichts, wenn man so ein Drumherum-Schnickschnack braucht, um irgendwelche Erkenntnisse zu gewinnen.  |
Hallo Heike,
zum einen "braucht" man diesen "Schnickschnack" tatsächlich nicht, niemand behauptet, dass man ihn "braucht". Zum Anderen geht es dem Freimaurer weniger um "Erkenntnisse", als vielmehr um "Selbsterkenntnisse". Und hierfür kann - ich betone: kann - das (freim.) Ritual durchaus eine große Hilfe sein - zumindest für Menschen, die dafür emotional empfänglich sind.
Natürlich gibt es tausend andere Wege und Möglichkeiten, die "Arbeit an sich selbst" zu bewerkstelligen. Keine/r davon ist "besser" oder "schlechter". Und der freim. Weg ist nur eine dieser Möglichkeiten.
Es grüßt Dich
ALGDGADU
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defensor_fidei Gast
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(#259071) Verfasst am: 09.02.2005, 17:54 Titel: |
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A.:L.:G. .:G.:A. .:U.: schrieb:
Zitat: | Defensor, was ist eigentlich verwerflich daran, mit Gleichgesinnten ein gemeinsames Geheimnis zu haben? |
Erklärung des Sekretariats der Deutschen Bischofskonferenz Dokumentation 10/80 vom 12.5.1980 schreibt:
Zitat: | In ausführlichen Gesprächen und Erklärungen wurden die drei Ritualien des Lehrlings-, des Gesellen- und des Meistergrades erörtert. Diese Ritualhandlungen zeigen in Wort und Symbol einen sakramentsähnlichen Charakter. Sie erwecken den Anschein, als würde hier unter Symbolhandlungen objektiv etwas den Menschen Verwandelndes bewirkt. Inhalt ist eine symbolhafte Initiation des Menschen, die ihrem ganzen Charakter nach in einer deutlichen Konkurrenz zu seiner sakramentalen Umwandlung steht. |
P.S. edit: Daß in deinem Nick Zeichen in Smilies umgewandelt werden, dafür kann ich nichts.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44647
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(#259073) Verfasst am: 09.02.2005, 18:00 Titel: |
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defensor_fidei hat folgendes geschrieben: | Erklärung des Sekretariats der Deutschen Bischofskonferenz Dokumentation 10/80 vom 12.5.1980 schreibt: |
Na, wenn die das schreibt, dann wird es ja wohl stimmen...
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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annox Grim Reaper
Anmeldungsdatum: 30.05.2004 Beiträge: 5800
Wohnort: Berlin
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(#259074) Verfasst am: 09.02.2005, 18:02 Titel: |
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defensor_fidei hat folgendes geschrieben: | A.: L.: G.: D.: G.: A.: D.: U.: schrieb:
Zitat: | Defensor, was ist eigentlich verwerflich daran, mit Gleichgesinnten ein gemeinsames Geheimnis zu haben? |
Erklärung des Sekretariats der Deutschen Bischofskonferenz Dokumentation 10/80 vom 12.5.1980 schreibt:
Zitat: | In ausführlichen Gesprächen und Erklärungen wurden die drei Ritualien des Lehrlings-, des Gesellen- und des Meistergrades erörtert. Diese Ritualhandlungen zeigen in Wort und Symbol einen sakramentsähnlichen Charakter. Sie erwecken den Anschein, als würde hier unter Symbolhandlungen objektiv etwas den Menschen Verwandelndes bewirkt. Inhalt ist eine symbolhafte Initiation des Menschen, die ihrem ganzen Charakter nach in einer deutlichen Konkurrenz zu seiner sakramentalen Umwandlung steht. |
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Konkurrenz ist verwerflich?
_________________ Ich bin jenes Pferd, das unter der Peitsche der Kutscher den Wagen voller Gesindel hinter sich her ziehen muss.
[Sadegh Hedayat]
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ALGDGADU registrierter User
Anmeldungsdatum: 12.01.2004 Beiträge: 392
Wohnort: Nürnberg
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(#259076) Verfasst am: 09.02.2005, 18:13 Titel: |
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@Defensor
Sag mal, warum postest Du eigentlich immer, wenn man Dich persönlich etwas zu diesem Thema fragt, die Meinung der Deutschen Bischofskonferenz?
Hast Du keine eigene?
Abgesehen davon beantwortet das Zitat meine Frage nicht, ob Du ein gemeinsames Geheimnis Gleichgesinnter per se als verwerflich ansiehst!
Nun zum Zitat: Du hast ja schon hervorgehoben:
Zitat: | Sie erwecken den Anschein, als würde hier unter Symbolhandlungen objektiv etwas den Menschen Verwandelndes bewirkt. Inhalt ist eine symbolhafte Initiation des Menschen, die ihrem ganzen Charakter nach in einer deutlichen Konkurrenz zu seiner sakramentalen Umwandlung steht. |
Mal abgesehen davon, dass das Humbug ist, was die Bischofskonferenz da kundtut (man könnte es schlicht auch eine Lüge nennen, denn die Bischofskonferenz hat in den 70er-Jahren volle Einsicht in die FM-Rituale erhalten - sie verkündet hier also etwas wider besseren Wissens), selbst wenn es so wäre (ich möcht mirs gar nicht vorstellen... ), dass die FM hier eine "sakramentale Konkurrenz" zur kath. Kirche darstellen würde, warum wäre dies verwerflich? Weil es dem Alleinvertretungsanspruch der Kath. Kirche zuwiderlaufen würde?
Aber ich kann Dich beruhigen: Die FM ist rein diesseitsbezogen. Und Sakramente gibts auch keine, wer solche zu brauchen meint, den schicken wir gerne zu Euch...
ALGDGADU
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defensor_fidei Gast
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(#259084) Verfasst am: 09.02.2005, 18:30 Titel: |
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Hier geht es nicht um die Freimaurerei allein oder die Beziehung von Kirche zur Freimaurerei, sondern um Rituale. - Selbst wenn ich die Dokumente der DBK zitiere, so kann das doch durchaus bedeuten, daß ich hinter diesen Aussagen stehe und mir nicht etwas "freies" zurechtlegen muß. Denn darin, daß es bei den FM "angeblich" keine Dogmen gibt - dem allein öffnet sich schon die Tür und das Tor für alle möglichen Dinge. [Außer einem Dogma: Es ist verboten, in der Loge über Religion zu diskutieren.]
Im Übrigen verstehst du scheinbar auch nicht - wie auch deine beiden Vorposter - nicht, was die DBK meint. Denn durchaus ist in den Ritualen der Aufnahme in den Lehrlings-, Gesellen- und Meister"stand" eine Initiation zu sehen, die sakramentalen Handelns durchaus ähnlich aussieht, aber in keinster Weise eine sakramentale Handlung ist.
Und gerade hier legt es natürlich die Freimaurerei auf den Synkretismus an: Mit einem "scheinbar" religiösen, aber freimaurerischen Zeremonial etwas vorgaukeln, was gar nix wert ist.
Gruß
d_f
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ALGDGADU registrierter User
Anmeldungsdatum: 12.01.2004 Beiträge: 392
Wohnort: Nürnberg
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(#259416) Verfasst am: 10.02.2005, 01:02 Titel: |
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defensor_fidei hat folgendes geschrieben: | Hier geht es nicht um die Freimaurerei allein oder die Beziehung von Kirche zur Freimaurerei, sondern um Rituale. |
Lieber Defensor,
sorry, aber die Freimaurerei hast Du ins Spiel gebracht, als Du gesehen hast, dass ich zum Thema "Rituale" etwas gepostet habe. Da hast Du - ein wenig stichelnd - die "geheimen Rituale der Freimaurer" reingebracht und ich hab' darauf geantwortet. Aber ich hab auch nichts dagegen, das hier zu diskutieren, nur wird das eben schwierig, wenn das Gegenüber keine eigene Meinungsbildung zu erkennen gibt, sondern nur gebetsmühlenartig irgendwelche Verlautbarungen seiner Bischofskonferenz zum besten gibt...
defensor_fidei hat folgendes geschrieben: | - Selbst wenn ich die Dokumente der DBK zitiere, so kann das doch durchaus bedeuten, daß ich hinter diesen Aussagen stehe und mir nicht etwas "freies" zurechtlegen muß. |
Ja, das kann es durchaus, aber Du schmeißt solche Verlautbarungen ja immer - zumindest bei diesem Thema - kommentarlos in den Thread rein, so dass ich davon ausgehen muss, dass Du auch die Meinung übernehmen würdest, Schnee sei Schwarz, wenn es nur die Bischofskonferenz so beschließen würde...
defensor_fidei hat folgendes geschrieben: | Denn darin, daß es bei den FM "angeblich" keine Dogmen gibt - dem allein öffnet sich schon die Tür und das Tor für alle möglichen Dinge. |
Ja nun, für welche Dinge öffnet es denn Tür und Tor?
defensor_fidei hat folgendes geschrieben: | [Außer einem Dogma: Es ist verboten, in der Loge über Religion zu diskutieren.] |
Richtig ist: In den Logen ist es verboten religiöse oder (partei)politische Diskussionen zu führen. Das ist kein Dogma, sondern die Voraussetzung für eine funktionierende brüderliche Gemeinschaft, in der sich Menschen über alle religiösen und politischen Grenzen hinweg zusammenfinden. Außerdem sind es gerade religiöse und politische Themen, die Menschen dazu verleiten, missionieren zu wollen. Und genau das wollen wir in den Logen vermeiden. Deshalb sollen diese beiden Themen tabu sein. Dass es sich hier aber um kein Dogma handelt zeigt, dass solche Diskussionen, die auch Religion oder Politik berühren, natürlich trotzdem immer wieder geführt werden. Aber hier ist man sich dann durchaus der Gradwanderung bewusst und jeder gibt sich dann besonders viel Mühe, die tolerante Diskussionskultur zu wahren. Würde sich eine solche Diskussion zu einem Streitgespräch entwickeln, dann würde sie sofort abgebrochen werden.
defensor_fidei hat folgendes geschrieben: | Im Übrigen verstehst du scheinbar auch nicht - wie auch deine beiden Vorposter - nicht, was die DBK meint. Denn durchaus ist in den Ritualen der Aufnahme in den Lehrlings-, Gesellen- und Meister"stand" eine Initiation zu sehen, die sakramentalen Handelns durchaus ähnlich aussieht, aber in keinster Weise eine sakramentale Handlung ist. |
Initiation: ja
Ähnlichkeiten mit sakramentalen Handlungen: Quatsch hoch drei!
Übrigens gibt es in der FM auch keinen "Stand" (wie Du es formulierst) sondern "Grade". Und die haben nichts mit Hirarchie zu tun. Wir sind hier allerdings sowieso schon viel zu weit OFF TOPIC, so dass ich das jetzt nicht weiter ausführen werde...
defensor_fidei hat folgendes geschrieben: | Und gerade hier legt es natürlich die Freimaurerei auf den Synkretismus an: Mit einem "scheinbar" religiösen, aber freimaurerischen Zeremonial etwas vorgaukeln, was gar nix wert ist.
Gruß
d_f |
Auch durch die Wiederholung einer falschen Behauptung wird diese nicht richtiger: Die FM ist weder "scheinbar", noch wirklich religiös. Sie gibt keine Antworten auf religiöse Fragen (wie z. B. ob es ein Leben nach dem Tode gibt, etc.). Religion und Freimaurerei sind nicht nur zwei völlig verschiedene "Ligen", sondern sogar zwei völlig verschiedene "Sportarten". Vielleicht verstehst Du ja diese Metapher...
Ach ja, und zum "Wert": Den Freimaurern ist die FM sehr viel wert. Dir muss sie nichts wert sein. Ein absolutes Urteil, das für jeden gilt, steht Dir aber überhaupt nicht zu.
Gruß
ALGDGADU
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