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frajo dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 25.08.2003 Beiträge: 11440
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(#236114) Verfasst am: 01.01.2005, 13:38 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | frajo hat folgendes geschrieben: | andere formulierung: meine gefühle sind meine privatsache. ob, wann, wo und wem gegenüber ich die preisgebe, ist ausschließlich meine angelegenheit. die obrigkeit wie auch meine lieben mitmenschen haben sich da gefälligst rauszuhalten. |
So kann ich Deine Position schon wesentlich besser nachvollziehen. Auch ich würde an einer Schweigeminute nicht teilnehmen bzw. die Aufforderung dazu als illegitimen Zwang empfinden, wenn ich meine Gefühle dadurch verletzt fühlen würde.
Wenn gleichzeitig wesentliche Hilfsmaßnahmen ergriffen werden (Schuldenerlaß, Aufbau eines Warnsystems, ...), wirkt eine Schweigeminute auf mich nicht heuchlerisch. |
nur zur klarstellung:
ich respektiere das bedürfnis aller menschen, ihrer betroffenheit anläßlich eines geschehnisses auch in form öffentlicher schweigezeiten ausdruck zu verleihen -
solange niemand gezwungen wird, daran teilzunehmen.
und ich halte es für pietätlos, diese form des gedenkens zu stören.
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Reschi registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.09.2004 Beiträge: 3073
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(#236127) Verfasst am: 01.01.2005, 14:17 Titel: |
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Woici hat folgendes geschrieben: | gehört mit in diesen Bereich der unsäglichen öffentlichen Betroffenheitsscheisse...
Wenn ich betroffen bin, brauche ich niemanden der mich dazu auffordert... wenn ich nicht betroffen bin, erst recht nicht.
wenn ich spenden will, werde ich spenden, dazu brauche ich keine Aufforderung, wenn ich nicht spenden will, wird mich kein noch so dämlich formulierter Aufruf dazu bringen.
Nicht an einer Trauerminute teilzunehmen bedeutet nicht im Umkehrschluss nicht betroffen zu sein, oder im Fall von HMS das sogar gut zu heissen... |
Der Ausdruck "Betroffenheitsscheisse" bringt es genau auf den Punkt.
Immer diese maßlos übertriebene Pseudo-Betroffenheit.
Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Ich erinnere mich noch ganz gut an die Schweigeminuten in unserer Schule. Alle Schüler wurden auf dem Schulhof versammelt. Der Direktor sprach ein paar salbungsvolle Worte über den traurigen Anlass und die allgemeine Betroffenheit. Dann wurde um Schweigen gebeten. Das dauerte ca. 10 Sekunden. Dann fingen die ersten Leute an, zu lachen, sich zu unterhalten oder sogar bewusst zu stören. An diesem Punkt bedankte sich der Direktor, und die Vorstellung war beendet.
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Wir hatten so was erst 2 mal,denke ich. Ich weiß jetzt auch nicht warum, aber soweit ich mich erinnern kann, war es einfach absolut blöd, da es um Sachen ging, mit der niemand wirklich etwas zu tun hatte / die ihn betroffen hätten (irgendwas auf der anderen Seite der Welt; oder irgendwas völlig belangloses)
Zitat: |
Wegen mir braucht so ein Quatsch nicht stattfinden. Das hilft den Leuten in Sri Lanka nicht. |
ja eben, bringt denen gar nichts.
Ah, da fällt mir was ein.
Wir haben so ein Projekt mit ner Parterschule irgendwo in Südamerika, und da sollten wir mal einen Tag nichts zum Essen mitnehmen (als Jause) aus Solidarität zu den dortigen hungernden Kindern
Als wenn das denen irgendwas nützt, wenn wir nichts essen.
ah, wir sollten ja auch unser Jausengeld dann spenden !
und bekamen dafür von der Schule gratis Brote !
naja, dann hat es natürlich wieder einen Sinn.
Aber warum so umständlich ?
Und von all den Lehrern wurde uns eben immer dieses Argument:" Solidarität für die armen hungerdnen Kinder dort" entgegengeworfen.
Was natürlich absoluter Schwachsinn ist
Aber unser Direktor hat sich da offensichtlich doch was dabei gedacht, aber manche Lehrer haben es wohl einfach nicht verstanden und frönten lieber ihren pseudo-solidarischen Ambitionen
frajo hat folgendes geschrieben: |
nur zur klarstellung:
ich respektiere das bedürfnis aller menschen, ihrer betroffenheit anläßlich eines geschehnisses auch in form öffentlicher schweigezeiten ausdruck zu verleihen -
solange niemand gezwungen wird, daran teilzunehmen.
und ich halte es für pietätlos, diese form des gedenkens zu stören. |
ja, natürlich, wenn die anderen meinen, sie müssten es tun, dann sollen sie es machen, und es ist auch ihr gutes Recht.
Aber die Grenze ist natürlich dann immer da, wenn sie einem zwingen wollen, dass man es auch tut
_________________ You're not fanatical about something that you are sure about
(MacYoung)
Zuletzt bearbeitet von Reschi am 01.01.2005, 14:19, insgesamt einmal bearbeitet |
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#236128) Verfasst am: 01.01.2005, 14:18 Titel: |
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Es gibt noch einen anderen Aspekt. Die Geschäftigkeit wird unterbrochen. So wie die Betroffenen aus ihrem Lebenslauf herausgerissen wurden. Ein kleiner symbolischer Akt. Passt nicht in eine Zeit, in der die Menschen möglichst twentyfourseven in funktionale Prozesse eingebunden sind.
...
Nach dem Attentat bei den Olympischen Spielen in München gab es Stimmen, die den Abbruch der Spiele forderten.
Undenkbar. Heute erst recht.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#236136) Verfasst am: 01.01.2005, 14:30 Titel: |
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Schweigen - ist das nicht genau das, was man angesichts solcher Ereignisse nicht machen sollte?
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Reschi registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.09.2004 Beiträge: 3073
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(#236143) Verfasst am: 01.01.2005, 14:39 Titel: |
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Shadaik hat folgendes geschrieben: | Schweigen - ist das nicht genau das, was man angesichts solcher Ereignisse nicht machen sollte? |
ja, das sehe ich aus so
Denn Mitleid ohne Handeln/Hilfe halte ich für ein überflüssiges/sinnloses Gefühl, das gar nichts bringt.
_________________ You're not fanatical about something that you are sure about
(MacYoung)
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Nordseekrabbe linker Autist
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 31152
Wohnort: Dresden
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(#236153) Verfasst am: 01.01.2005, 14:45 Titel: |
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Shadaik hat folgendes geschrieben: | Schweigen - ist das nicht genau das, was man angesichts solcher Ereignisse nicht machen sollte? |
Genau. Man sollte spenden.
_________________ Autismus macht kein Urlaub.
"Seid unbequem. Seid Sand, nicht Öl im Getriebe der Welt." (Günter Eich)
"Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir für die Welt wünschst." (Mahatma Gandhi)
"Soldaten sind Mörder." (Kurt Tucholsky)
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caballito zänkisches Monsterpony
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary
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(#236203) Verfasst am: 01.01.2005, 15:29 Titel: Re: Schweigeminuten |
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Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben: | Heike Jackler hat folgendes geschrieben: |
Was haltet ihr von Schweigeminuten? |
Sie sind ein symbolischer Akt, ein Zeichen des öffentlichen Gedenkens. |
Nein, genau das sind sie eben nicht. Ein Zeichen öffentlichen Gedenkens wäre ein Staatdakt, vollzogen von den öffentlichen Repräsentanten (Die dabei in eben dieser Eigenschaft handeln, nicht als Privatpersonen!)
Eine Schweigeminute ist ein Akt kollektiven Gedenkens, bei dem jeder einzelne -als Individuum- einbezogen wird. Im Staatsakt trauert die Gemeinschaft - in der Schweigeminute jeder einzelne. Und diese verordnete Gefühlsbekundung ist abzulehnen - m.E. ist das emotionale Vergewaltigung.
_________________ Die Gedanken sind frei.
Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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annox Grim Reaper
Anmeldungsdatum: 30.05.2004 Beiträge: 5800
Wohnort: Berlin
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(#236206) Verfasst am: 01.01.2005, 15:30 Titel: |
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Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben: | Shadaik hat folgendes geschrieben: | Schweigen - ist das nicht genau das, was man angesichts solcher Ereignisse nicht machen sollte? |
Genau. Man sollte spenden.  |
german-foreign-policy hat folgendes geschrieben: | Strategische Abstimmung
BONN / BERLIN (Eigener Bericht) - Das Bundesministerium für Verteidigung nutzt die Flutkatastrophe in Asien zur praktischen Erprobung ,,zivil-militärischer Zusammenarbeit". Gleichzeitig entsendet das Bundesinnenministerium paramilitärische Einheiten, deren Tätigkeit die Arbeit der privaten Hilfsorganisationen überlagert und sie von den staatlichen Stabsstellen abhängig macht. Die gegenwärtigen Aktivitäten der deutschen Außenpolitik folgen großangelegten Manövern vom November 2004, bei denen die Einbindung ziviler Einrichtungen in den Umbau der Bundeswehr zu einem Instrument der ,,präventiven Kriegführung" geprobt worden ist. Als Koordinationsstelle ist das neu eingerichtete ,,Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe" tätig. Zu den Hauptaufgabenbereichen der sogenannten ,,Zivilen Verteidigung" gehört die ,,Unterstützung der Streitkräfte" durch ,,Maßnahmen im zivilen Bereich, die der Unterstützung der Operationsfreiheit und der Operationsfähigkeit dienen".
Während die deutsche Bevölkerung Millionenbeträge für die zivile Hilfe in den Katastrophengebieten spendet, nehmen mehrere Berliner Ministerien die verzweifelte Lage der Opfer zum Anlaß, ihre militärischen Planungen für internationale Katastropheneinsätze zu aktualisieren. Mit Sondermaschinen der deutschen Luftwaffe werden Spezialisten des Technischen Hilfswerks (THW) ausgeflogen. Die paramilitärische Organisation hält Berlin für Einsätze in sämtlichen Kriegs- und Krisengebieten der Welt bereit. Dem Berliner Innenministerium unterstellt, gelten sie als Voraustrupps der Bundeswehr. Die Kooperation mit zivilen Hilfsorganisationen und ihre Einbindung in staatliche Auslandsoperationen ist Gegenstand regelmäßiger Großübungen. |
_________________ Ich bin jenes Pferd, das unter der Peitsche der Kutscher den Wagen voller Gesindel hinter sich her ziehen muss.
[Sadegh Hedayat]
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caballito zänkisches Monsterpony
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary
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(#236219) Verfasst am: 01.01.2005, 15:44 Titel: |
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frajo hat folgendes geschrieben: |
ich respektiere das bedürfnis aller menschen, ihrer betroffenheit anläßlich eines geschehnisses auch in form öffentlicher schweigezeiten ausdruck zu verleihen -
solange niemand gezwungen wird, daran teilzunehmen.
und ich halte es für pietätlos, diese form des gedenkens zu stören. |
Wie war das nochmal mit "alle"? Das würde doch bedeuten, das jeder einzelne das Bedürfnis hat, solches zu tun - genau das wird bei solcghen Schwigeveranstaltungen aber gar nicht abgefragt,sondern lediglich pauschal festgestellt. Udn selbst wenn es (im Sinne einer Pauschalaussage) richtig ist, dass "alle" solches wollen, so betrifft die Handlungdirektive, eine Schweigeminute einzuhalten, eben doch alle (im Sinne einer Allaussage) - und das ist gar nicht ohne Zwang möglich, denn allein der Umstand, dass man sich durch Nichtteilnahme als "anders" (nämlich dieses kollektive Bedürfnis nach einer gemeinschaftlichen Betroffenheitsbezeuguzng nicht habend) outen würde, ist eine Form von Zwang.
_________________ Die Gedanken sind frei.
Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#236228) Verfasst am: 01.01.2005, 15:52 Titel: |
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Meist wird angenommen (und in der Tat nicht abgefragt), daß alle dieses Bedürfnis haben. Wenn aber - sagen wir in einem Großraumbüro - dem nicht so wäre, würde einfach kaum einer an der Schweigeminute teilnehmen.
Ich denke, Leute, die - bei so etwas wie einer Naturkatastrophe - mit einer Schweigeminute Probleme haben, zeigen mE fundamentalistischen Nonkonformismus oder Ideologismus.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#236230) Verfasst am: 01.01.2005, 15:54 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Ich denke, Leute, die - bei so etwas wie einer Naturkatastrophe - mit einer Schweigeminute Probleme haben, zeigen mE fundamentalistischen Nonkonformismus oder Ideologismus. |
Ich denke im gegenteil, Leute die Schweigeminuten verordnen unterliegen einer überaus seltsamen Ideologie.
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#236231) Verfasst am: 01.01.2005, 15:54 Titel: |
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Die paramilitäre Organisation THW kenne ich aus eigener Anschauung. Ich war dort ein Weile freiwilliger Helfer und habe eine Grundausbildung durchlaufen. Und das ist das Gesamtcurriculum:
- Knotenkunde
- Umgang mit Drahtseilen und Ketten
- Bewegen von Lasten und Handhabung von Hebezeugen
- Umgang mit Leitern
- Holzbearbeitung
- Metallbearbeitung
- Bearbeiten von Gestein
- Erdarbeiten
- Umgang mit Zweibock, Dreibock, Mastkran und Ausleger
- Abstützen von Lasten
- Ausleuchten von Einsatzstellen
- Arbeitssicherheit
- Erste Hilfe
- eine Einweisung im Führen von Motorbooten
Zusammengefasst drehte es sich darum, wie man Verletzte und Verschüttete bergen kann. Praktisch eingesetzt wurden wir vor allem zum Stegebau, wenn unsere Stadt vom Hochwasser betroffen war. In manchen Gegenden Deutschlands wird das THW im Rettungsdienst eingesetzt, ähnlich wie eine Feuerwehr.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#236234) Verfasst am: 01.01.2005, 16:01 Titel: |
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Shadaik hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ich denke, Leute, die - bei so etwas wie einer Naturkatastrophe - mit einer Schweigeminute Probleme haben, zeigen mE fundamentalistischen Nonkonformismus oder Ideologismus. |
Ich denke im gegenteil, Leute die Schweigeminuten verordnen unterliegen einer überaus seltsamen Ideologie. |
Ihr immer mit Eurem "Verordnen" ... ist die Schweigeminute eine Verordnung oder was? Es ist ein Appell oder ein Vorschlag zu einer gemeinsamen symbolischen Aktion, organisiert vom einer demokratisch beauftragten Person in Ausübung ihres Amtes. Was geschieht denn Schlimmes, wenn man nicht teilnimmt, sondern sagen wir am PC weiterarbeitet oder zuhause Musik hört?
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Rasmus entartet und notorisch gottlos - Ich bin Papst
Anmeldungsdatum: 20.05.2004 Beiträge: 17559
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(#236237) Verfasst am: 01.01.2005, 16:04 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Ich denke, Leute, die - bei so etwas wie einer Naturkatastrophe - mit einer Schweigeminute Probleme haben, zeigen mE fundamentalistischen Nonkonformismus oder Ideologismus. |
Was wäre denn, wenn statt der Schweigeminute ein kurzes Gebet für die Seelen der Opfer angesetzt würde?
Rasmus.
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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#236245) Verfasst am: 01.01.2005, 16:13 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Ihr immer mit Eurem "Verordnen" ... ist die Schweigeminute eine Verordnung oder was? Es ist ein Appell oder ein Vorschlag zu einer gemeinsamen symbolischen Aktion, organisiert vom einer demokratisch beauftragten Person in Ausübung ihres Amtes. Was geschieht denn Schlimmes, wenn man nicht teilnimmt, sondern sagen wir am PC weiterarbeitet oder zuhause Musik hört? |
Dazu aufrufen oder so etwas anregen kann man. Problematisch wird es z.B. an Schulen, wo man an so etwas teilnehmen muss.
Rasmus hat folgendes geschrieben: | Was wäre denn, wenn statt der Schweigeminute ein kurzes Gebet für die Seelen der Opfer angesetzt würde? |
Das finde ich vollkommen in Ordnung. Man kann andere Menschen auffordern, an einer Andacht teilzunehmen. Das fällt unter die freie Meinungsäußerung. Ob die Aufgeforderten dem nachkommen oder nicht, muss ihnen überlassen bleiben. Das fällt unter die Religionsfreiheit.
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Rasmus entartet und notorisch gottlos - Ich bin Papst
Anmeldungsdatum: 20.05.2004 Beiträge: 17559
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(#236252) Verfasst am: 01.01.2005, 16:21 Titel: |
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Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Das finde ich vollkommen in Ordnung. Man kann andere Menschen auffordern, an einer Andacht teilzunehmen. Das fällt unter die freie Meinungsäußerung. Ob die Aufgeforderten dem nachkommen oder nicht, muss ihnen überlassen bleiben. Das fällt unter die Religionsfreiheit. |
Ich war eigentlich auch eher davon ausgegangen, daß es um eine Situation wie Schule oder Arbeitsplatz geht.
Das natürlich ein Aufruf zu beidem völlig okay ist, sofern halt keinerlei Druck ausgeübt wird, sollte sich von selbst verstehen. Nur ist es halt nicht immer offensichtlich, wann oder wie solcher Druck ausgeübt werden könnte.
Rasmus.
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caballito zänkisches Monsterpony
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary
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(#236257) Verfasst am: 01.01.2005, 16:26 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: |
Ihr immer mit Eurem "Verordnen" ... ist die Schweigeminute eine Verordnung oder was? |
Ja.
step hat folgendes geschrieben: | Es ist ein Appell oder ein Vorschlag zu einer gemeinsamen symbolischen Aktion, |
Ein Apell. Eben. Es wird vorausgesetzt, dass "man" ein derartiges Bedürfnis habe, und derjenige, der es nicht hat, präsentiert sich als "anders", und zwar als defektiv.
step hat folgendes geschrieben: | Was geschieht denn Schlimmes, wenn man nicht teilnimmt, sondern sagen wir am PC weiterarbeitet oder zuhause Musik hört? |
Wer zuhause ist und Musik hört, wird kaum von einer Schweigeminute betroffen sein. Schweigeminuten sind -jedenfalls nach meinem Vertändnis- keine Veranstaltungen, zu denen man extra hingeht, sondern solche, die dort stattfinden, wo man bereits -zu einem anderen Zweck- versammelt ist. (Dass der Ort der Versammlung unter Umständen verlegt wird, ändert daran nichts)
Und nein, es wird dem sicher nichts geschehen, der nach der Ankündigung im Großraumbüro "Wir erheben uns zu einer Gedenkminute" munter weiter mit der Tastatur klappert ...
_________________ Die Gedanken sind frei.
Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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caballito zänkisches Monsterpony
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary
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(#236262) Verfasst am: 01.01.2005, 16:40 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Ich denke, Leute, die - bei so etwas wie einer Naturkatastrophe - mit einer Schweigeminute Probleme haben, zeigen mE fundamentalistischen Nonkonformismus oder Ideologismus. |
Wenn ich ein "fundamentalistischer Nonkonformist" oder "Ideologist" bin, weil ich es als Zumutung empfinde, wenn man von mir Betroffenheit erwartet, wo ich -mangels persönlicher Bekanntschaft mit einem einzigen der hunderttausend Opfer- schlicht nicht betroffen bin, dann nehme ich das als Ehrentitel. Ich habe nicht das Bedürfnis zu trauern, und ich empfinde die bloße Aufforderung, solches doch bitte trotzdem zu tun, als mangelnden Respekt vor meiner Person und als Beleidigung.
_________________ Die Gedanken sind frei.
Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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pyrrhon registrierter User
Anmeldungsdatum: 22.05.2004 Beiträge: 8770
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(#236271) Verfasst am: 01.01.2005, 16:51 Titel: |
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caballito hat folgendes geschrieben: | Wenn ich ein "fundamentalistischer Nonkonformist" oder "Ideologist" bin, weil ich es als Zumutung empfinde, wenn man von mir Betroffenheit erwartet, wo ich -mangels persönlicher Bekanntschaft mit einem einzigen der hunderttausend Opfer- schlicht nicht betroffen bin, dann nehme ich das als Ehrentitel. Ich habe nicht das Bedürfnis zu trauern, und ich empfinde die bloße Aufforderung, solches doch bitte trotzdem zu tun, als mangelnden Respekt vor meiner Person und als Beleidigung. |
http://de.wikipedia.org/wiki/Empathie
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Heike J registrierter User
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 26284
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(#236275) Verfasst am: 01.01.2005, 16:58 Titel: |
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Ich fühle schon Betroffenheit und trauere, obwohl ich niemanden der Opfer persönlich kenne. Aber mit den Schweigeminuten habe trotzdem Schwierigkeiten, weil meine Trauer etwas Persönliches ist. Und jeder hat auch eine andere Art, Trauer auszudrücken. Das zu einer bestimmten Uhrzeit und an einem bestimmten Ort, und mit den Menschen, die sich gerade zufällig am gleichen Ort befinden, mit Schweigen zu tun, empfinde ich als peinlich.
Wenn man an einen Ort zum Trauern zusammenkommt, ist das etwas anderes. Dann weiß ich, dass die anderen, die auch extra dorthin kommen, ähnlich empfinden wie ich. Dann habe ich wirklich ein Gemeinschaftsgefühl ohne Peinlichkeit.
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#236277) Verfasst am: 01.01.2005, 17:00 Titel: |
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Nagarjuna hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Wenn ich ein "fundamentalistischer Nonkonformist" oder "Ideologist" bin, weil ich es als Zumutung empfinde, wenn man von mir Betroffenheit erwartet, wo ich -mangels persönlicher Bekanntschaft mit einem einzigen der hunderttausend Opfer- schlicht nicht betroffen bin, dann nehme ich das als Ehrentitel. Ich habe nicht das Bedürfnis zu trauern, und ich empfinde die bloße Aufforderung, solches doch bitte trotzdem zu tun, als mangelnden Respekt vor meiner Person und als Beleidigung. |
http://de.wikipedia.org/wiki/Empathie |
Lexikoneinträge habe ich auch eine Menge zur Hand.
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#236283) Verfasst am: 01.01.2005, 17:06 Titel: |
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Ein Aufruf zu einer Schweigeminute
ist kein Aufruf, Betroffenheit zu zeigen.
Man kann sich auch einfach still verhalten, um diejenigen, die gedenken wollen, nicht zu stören.
Eine Aufforderung zu anderen Formen des Gedenkens, etwa zu einer Andacht,
kann als Aufforderung zum Heucheln aufgefasst werden,
und dagegen hätte auch ich eine Menge.
Aber wenn ich mich während einer Schweigeminute still verhalte,
dann heuchle ich nicht, weil ich nicht vorgebe, etwas anderes zu tun
als Rücksicht auf andere Gedenkende zu nehmen.
Wegen so etwas sehe ich keinen Grund zur Aufregung.
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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pyrrhon registrierter User
Anmeldungsdatum: 22.05.2004 Beiträge: 8770
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(#236286) Verfasst am: 01.01.2005, 17:10 Titel: |
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Shadaik hat folgendes geschrieben: | Lexikoneinträge habe ich auch eine Menge zur Hand. |
Freut mich für Dich.
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caballito zänkisches Monsterpony
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary
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(#236289) Verfasst am: 01.01.2005, 17:13 Titel: |
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Nagarjuna hat folgendes geschrieben: | caballito hat folgendes geschrieben: | Wenn ich ein "fundamentalistischer Nonkonformist" oder "Ideologist" bin, weil ich es als Zumutung empfinde, wenn man von mir Betroffenheit erwartet, wo ich -mangels persönlicher Bekanntschaft mit einem einzigen der hunderttausend Opfer- schlicht nicht betroffen bin, dann nehme ich das als Ehrentitel. Ich habe nicht das Bedürfnis zu trauern, und ich empfinde die bloße Aufforderung, solches doch bitte trotzdem zu tun, als mangelnden Respekt vor meiner Person und als Beleidigung. |
http://de.wikipedia.org/wiki/Empathie |
Sollte mir jemals jemand unterstellen, mich nicht in anderer Leute Empfindungen hineinversetzen zu können, nur, weil ich diese nicht zu meinen eigenen mache, und das gar, wenn ich gar keinen direkt Empfindenden kenne, so würde ich auch das Beleidigung verstehen.
_________________ Die Gedanken sind frei.
Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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annox Grim Reaper
Anmeldungsdatum: 30.05.2004 Beiträge: 5800
Wohnort: Berlin
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(#236291) Verfasst am: 01.01.2005, 17:18 Titel: |
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Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Die paramilitäre Organisation THW kenne ich aus eigener Anschauung. Ich war dort ein Weile freiwilliger Helfer und habe eine Grundausbildung durchlaufen. Und das ist das Gesamtcurriculum:
- Knotenkunde
- Umgang mit Drahtseilen und Ketten
- Bewegen von Lasten und Handhabung von Hebezeugen
- Umgang mit Leitern
- Holzbearbeitung
- Metallbearbeitung
- Bearbeiten von Gestein
- Erdarbeiten
- Umgang mit Zweibock, Dreibock, Mastkran und Ausleger
- Abstützen von Lasten
- Ausleuchten von Einsatzstellen
- Arbeitssicherheit
- Erste Hilfe
- eine Einweisung im Führen von Motorbooten
Zusammengefasst drehte es sich darum, wie man Verletzte und Verschüttete bergen kann. Praktisch eingesetzt wurden wir vor allem zum Stegebau, wenn unsere Stadt vom Hochwasser betroffen war. In manchen Gegenden Deutschlands wird das THW im Rettungsdienst eingesetzt, ähnlich wie eine Feuerwehr. |
Vermutlich missfaellt Dir die Assoziation, die man zwangslaeufig mit "Paramilitaer" herstellt. "Neben-Militaer" trifft es wohl eher. Tscha, sie sind militaerisch strukturiert, man kann seinen Wehrdienst bei ihnen leisten und sie scheinen eine Art Voraustrupp der Bundeswehr zu sein. Das sie Waffengewalt anwenden, wird ihnen sicher niemand unterstellen. Die NVA hatte Bausoldaten, die waren auch niemals bewaffnet.
_________________ Ich bin jenes Pferd, das unter der Peitsche der Kutscher den Wagen voller Gesindel hinter sich her ziehen muss.
[Sadegh Hedayat]
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Heike J registrierter User
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 26284
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(#236295) Verfasst am: 01.01.2005, 17:25 Titel: |
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Svantevit hat folgendes geschrieben: | man kann seinen Wehrdienst bei ihnen leisten . |
Nein, sondern langjährige Helfer werden vom Wehrdienst freigestellt. So wie es für andere Zivilschutzeinrichtungen ebenso gilt. Feuerwehr, DLRG u.a.
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#236298) Verfasst am: 01.01.2005, 17:31 Titel: |
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Svantevit hat folgendes geschrieben: | Vermutlich missfaellt Dir die Assoziation, die man zwangslaeufig mit "Paramilitaer" herstellt. "Neben-Militaer" trifft es wohl eher. |
Klasse, du hast die Vorsilbe "para-" korrekt übersetzt, sie bedeutet nmämlich "neben-".
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#236303) Verfasst am: 01.01.2005, 17:44 Titel: |
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Rasmus hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ich denke, Leute, die - bei so etwas wie einer Naturkatastrophe - mit einer Schweigeminute Probleme haben, zeigen mE fundamentalistischen Nonkonformismus oder Ideologismus. | Was wäre denn, wenn statt der Schweigeminute ein kurzes Gebet für die Seelen der Opfer angesetzt würde? |
Mitleid (und Hilfe) für die Opfer von Naturkatastrophen gehört für mich zu den Grundwerten des Zusammenlebens, anders als der Glaube an Seelen und einen bestimmten Gott. Ich würde also nicht mitbeten und auch den Aufruf dazu missbilligen.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#236308) Verfasst am: 01.01.2005, 17:54 Titel: |
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Heike Jackler hat folgendes geschrieben: | Ich fühle schon Betroffenheit und trauere, obwohl ich niemanden der Opfer persönlich kenne. Aber mit den Schweigeminuten habe trotzdem Schwierigkeiten, weil meine Trauer etwas Persönliches ist. Und jeder hat auch eine andere Art, Trauer auszudrücken. Das zu einer bestimmten Uhrzeit und an einem bestimmten Ort, und mit den Menschen, die sich gerade zufällig am gleichen Ort befinden, mit Schweigen zu tun, empfinde ich als peinlich.
Wenn man an einen Ort zum Trauern zusammenkommt, ist das etwas anderes. Dann weiß ich, dass die anderen, die auch extra dorthin kommen, ähnlich empfinden wie ich. Dann habe ich wirklich ein Gemeinschaftsgefühl ohne Peinlichkeit. |
Beides kann ich nachempfinden, auch wenn ich die Schweigeminute eher so wie Leony verstanden hatte. Ideal finde ich eine Schweigeminute nicht, sehe jedoch auch keinen Grund für zivilen oder bewaffneten Widerstand.
caballito hat folgendes geschrieben: | Und nein, es wird dem sicher nichts geschehen, der nach der Ankündigung im Großraumbüro "Wir erheben uns zu einer Gedenkminute" munter weiter mit der Tastatur klappert ... |
Die Schweigeminuten, die ich kenne, liefen anders ab. Die meisten wußten davon, viele hörten zu klappern auf, einige machten - rücksichtsvoll - weiter. Niemand mußte sich erheben, es gab keine Durchsage o.ä.
gruß/step
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annox Grim Reaper
Anmeldungsdatum: 30.05.2004 Beiträge: 5800
Wohnort: Berlin
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(#236324) Verfasst am: 01.01.2005, 18:26 Titel: |
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Heike Jackler hat folgendes geschrieben: | Svantevit hat folgendes geschrieben: | man kann seinen Wehrdienst bei ihnen leisten . |
Nein, sondern langjährige Helfer werden vom Wehrdienst freigestellt. So wie es für andere Zivilschutzeinrichtungen ebenso gilt. Feuerwehr, DLRG u.a. |
Ach so, also braucht niemand, der sich zum Dienst beim THW verpflichtet, den "klassischen" Wehrdienst leisten. Auch gut.
_________________ Ich bin jenes Pferd, das unter der Peitsche der Kutscher den Wagen voller Gesindel hinter sich her ziehen muss.
[Sadegh Hedayat]
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