AdvocatusDiaboli Öffentlicher Mobber
Anmeldungsdatum: 12.08.2003 Beiträge: 26397
Wohnort: München
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(#266438) Verfasst am: 23.02.2005, 11:28 Titel: Kant in Teheran |
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Kant in Teheran
Zitat: |
"Menschenrechte" - hinter dieser Idee verbirgt sich für religiöse Ideologen wie Haddad Adel nicht mehr als ein imperialer Diskurs des Westens, sie meinen eine Rattenfängermelodie zu hören, die vorgebe, alle Menschen - egal ob Gläubige oder Atheisten, Christen oder Muslime - rechtlich gleich zu behandeln, und die dann doch bloß die individualistischen und säkularen Überzeugungen der westlichen Tradition hochhalten und die gläubigen Muslime unterdrücken wolle.
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Sehr interessanter Artikel, vor allem muss man den Mut einiger iranischer Teilnehmer bewundern.
_________________ Triggerwarnung: Der toxische Addi hat gepostet. Oh, zu spät, Sie haben das schon gelesen.
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Mautpreller Ortograf
Anmeldungsdatum: 17.02.2005 Beiträge: 246
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(#266470) Verfasst am: 23.02.2005, 14:05 Titel: Stimmt, |
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tatsächlich ein interessanter Artikel ... der bemerkenswert abwägend bleibt:
Zitat: | Aber gerade diese penetrante Wiederholung der Revolutionsszenen macht auch deutlich, warum hier jeder Dialog über die Menschenrechte so kompliziert ist: Die Rede über Modernisierung weckt selbst bei liberalen Intellektuellen sofort Erinnerungen an die repressiven Verwestlichungsversuche unter Schah Mohammed Resa, der die Polizei aufforderte, verhüllten Frauen auf offener Straße den Schleier vom Leib zu reißen. Aufklärung und Moderne sind im kollektiven Gedächtnis nicht unbedingt mit Freiheit und Selbstbestimmung verbunden, sondern auch mit Zwang und Verrohung. |
Nur was Kant angeht, wird der Artikel reichlich ungenau. Man lese mal die
"Präliminarartikel zum ewigen Frieden unter Staaten":
Zitat: | 3. „Stehende Heere (miles pepetuus) sollen mit der Zeit ganz aufhören." ... Denn sie bedrohen andere Staaten unaufhörlich mit Krieg ... Ganz anders ist es mit der freywilligen periodisch vorgenommenen Uebung der Staatsbürger in Waffen bewandt, sich und ihr Vaterland dadurch gegen Angriffe von außen zu sichern.
5. „Kein Staat soll sich in die Verfassung und Regierung eines andern Staats gewaltthätig einmischen." |
Und in der Folge denkt Kant zwar durchaus über eine Weltrepublik (hier geringfügig editiert) nach, hält diese aber für nicht sonderlich realistisch:
Zitat: | Für Staaten, im Verhältnisse unter einander, kann es nach der Vernunft keine andere Art geben, aus dem gesetzlosen Zustande, der lauter Krieg enthält, herauszukommen, als daß sie, ebenso wie einzelne Menschen, ihre wilde (gesetzlose) Freyheit aufgeben, sich zu öffentlichen Zwangsgesetzen bequemen, und so einen (freylich immer wachsenden) V ö l k e r st a a t (ciuitas gentium), der zuletzt alle Völker der Erde befassen würde, bilden. Da sie dieses aber nach ihrer Idee vom Völkerrecht durchaus nicht wollen, mithin, was in thesi richtig ist, in hypothesi verwerfen, so kann an die Stelle der positiven Idee e i n e r W e l t r e p u b l i k (wenn nicht alles verlohren werden soll) nur das n e g a t i v e Surrogat eines den Krieg abwehrenden, bestehenden, und sich immer ausbreitenden B u n d e s, den Strom der rechtscheuenden, feindseligen Neigung aufhalten, doch mit beständiger Gefahr ihres Ausbruchs |
Dh mir scheint, Kant kann man eher für eine tiefe Skepsis gegenüber einer menschenrechtlich motivierten Kriegspolitik als Zeugen benennen.
_________________ Die niederen Alkanthiole sind widerlich riechende Flüssigkeiten ohne besondere praktische Bedeutung (Lautenschläger u.a. 1987, Chemie - Fakten und Gesetze). --- Die Ärmsten!
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