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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#264799) Verfasst am: 19.02.2005, 15:46 Titel: |
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Hi Martin!
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Um mal wieder auf den Punkt zu kommen: Ich halte es für eine wissenschaftlich interessante Frage, warum (d.h. wie) Theorien funktionieren. Und ich halte sie für (heuristisch) beantwortbar. |
Martin und ich halten das auch für möglich ;-> |
Jepp |
Na also! Wenn also diese Frage heuristisch beantwortbar ist, dann ist hierzu auch keine Ontologie nötig.
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#264802) Verfasst am: 19.02.2005, 15:51 Titel: |
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Lamarck hat folgendes geschrieben: | El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | So sehe ich das auch. Ein Mensch, mit dem ich privat diskutiere, hat mir mal ein hübsches historisches Bild geschickt, in der Niels Bohr eine Vorlesung hielt. |
IIRC habe ich dieses Bild hier gepostet. |
Nein, step war es. ;-) |
mag sein. Ich habe das Bild vor vielen Jahren in einem Buch gesehen und anlässlich einer Diskussion mit step im Web gesucht. Ich weiß nicht mehr, ob ich es step gemailt oder hier gepostet habe. Ich denke aber, dass das Hose wie Jacke ist.
_________________ Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)
Der Christengott ist immens schwach!
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#264814) Verfasst am: 19.02.2005, 16:01 Titel: |
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | IIRC habe ich dieses Bild hier gepostet. |
Nein, step war es.  |
mag sein. Ich habe das Bild vor vielen Jahren in einem Buch gesehen und anlässlich einer Diskussion mit step im Web gesucht. Ich weiß nicht mehr, ob ich es step gemailt oder hier gepostet habe. Ich denke aber, dass das Hose wie Jacke ist. |
Es war tatsächlich Thomas.
Aber eine solche Trompete ist zuweilen durchaus angebracht. Der Mensch ist - selbst wenn nicht immer Konstruktivist - so doch radikaler Konstrukteur.
gruß/step
EDIT (Nagarjuna): QUOTE-Tags in Ordnung gebracht.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#264823) Verfasst am: 19.02.2005, 16:08 Titel: |
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Hi Lamarck,
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | So in etwa kommen mir auch ein paar Leute im Forum vor: sie stellen den ganzen Tag ontologische Überlegungen (über die Beschaffenheit der Welt) an, aber sobald der Begriff "Ontologie" oder "Metaphysik" explizit fällt, kurbeln sie die Rolläden herunter. Und das, obwohl ein paar Menschen Hypothesen über Vielwelten-Universum etc. vertreten... |
Erinnere Dich doch mal an einen alten Hinweis von mir und formuliere "Ontologie" mal in Form einer falsifizierbaren Theorie. Ein "Ontologie = allgemein" ist zu allgemein.  |
Das ist wirklich ein alter Hut. Also das ganze noch einmal von vorne, Sam: Jede Wissenschaft hat spezielle Theorien. Die Ontologie faßt Theorien, die den Rahmen der Speziellen hinausgehen und somit für alle Wissenschaften mehr oder weniger interessant sind. Also Fragen in der Art: "Was ist Zeit?", "gibt es Ursachen für Ereignisse?" etc. Der allgemeine ontologische Rahmen hierfür wäre dann wiederum der Naturalismus, Realismus etc.
Nun lassen sich einzelwissenschaftliche Aussagen widerlegen, im Prinzip auch wissenschaftliche Theorien. Das gilt natürlich (in der Praxis etwas eingeschränkter) auch für allgemeine Theorien, wie z.B. die Quantenmechanik. Dieses Prinzip ist vice versa auch auf ontologische Positionen anwendbar. Der einzige "Sonderstatus" hierbei ist, daß aus eine empirische Widerlegung ausscheidet, weil die epistemologischen und ontologischen Prämissen ja gerade die Voraussetzung für das Betreiben empirischer Wissenschaften sind. Aber rational sind sie natürlich angreifbar: der Naturalismus z.B., wenn man keine gesetzmäßige Ordnung im Universum vorfände. Und der Realismus z.B., wenn keine Kumulation des Wissens (sprich: kein systematischer Wissensfortschritt) möglich wäre. Wenn wir mit anderen Worten nur verstreute "Wissensbrocken" und Theorien hätten, die untereinander nicht kompatibel sind, wäre dies geradezu ein Reichsfackelzug für den radikalen Konstruktivismus
Und nun formuliert bitte einmal ein "Falsifikationskriterium" für den radikalen Konstruktivismus, bevor Du die vermeintlichen Aprorien des Realismus vorschnell zum Streitpunkt erklärst. Da stehen übrigens noch ein paar Inkohärenzen des rK zur Debatte...
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
Zuletzt bearbeitet von Darwin Upheaval am 19.02.2005, 16:17, insgesamt 3-mal bearbeitet |
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#264832) Verfasst am: 19.02.2005, 16:14 Titel: |
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | So sehe ich das auch. Ein Mensch, mit dem ich privat diskutiere, hat mir mal ein hübsches historisches Bild geschickt, in der Niels Bohr eine Vorlesung hielt. |
IIRC habe ich dieses Bild hier gepostet. |
Nein, step war es.  |
mag sein. Ich habe das Bild vor vielen Jahren in einem Buch gesehen und anlässlich einer Diskussion mit step im Web gesucht. Ich weiß nicht mehr, ob ich es step gemailt oder hier gepostet habe. Ich denke aber, dass das Hose wie Jacke ist. |
Thomas war es.
Aber manchmal ist so eine Trompete gar nicht schlecht, der Mensch ist - selbst wenn nicht immer Konstruktivist - so doch meist radikaler Konstrukteur.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
Zuletzt bearbeitet von step am 19.02.2005, 16:34, insgesamt 2-mal bearbeitet |
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#264844) Verfasst am: 19.02.2005, 16:30 Titel: |
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Hi Lamarck,
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Um mal wieder auf den Punkt zu kommen: Ich halte es für eine wissenschaftlich interessante Frage, warum (d.h. wie) Theorien funktionieren. Und ich halte sie für (heuristisch) beantwortbar. |
Martin und ich halten das auch für möglich ;-> |
Jepp |
Na also! Wenn also diese Frage heuristisch beantwortbar ist, dann ist hierzu auch keine Ontologie nötig. |
Mein Argument war, daß der rK hierzu Etikettenschwindel betreiben muß. Er legt sich eine "Quasi-Ontologie" zurecht, um sich eine Plausibilität zu verschaffen, die er ohne sie gar nicht hätte. Hinterher wird sie dann in einem Akt der semantischen Verrenkung wieder wegdefiniert.
Grüße
Martin
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#264860) Verfasst am: 19.02.2005, 16:55 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Jepp. Ich wußte nur nicht, ob ich Dein "Inkognito" wahren soll oder nicht... :wink: |
welchen Grund könnte es geben, meine SIG belassen zu haben?
_________________ Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)
Der Christengott ist immens schwach!
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#264861) Verfasst am: 19.02.2005, 16:57 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Jepp. Ich wußte nur nicht, ob ich Dein "Inkognito" wahren soll oder nicht... :wink: |
welchen Grund könnte es geben, meine SIG belassen zu haben?
_________________ Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#264896) Verfasst am: 19.02.2005, 18:17 Titel: |
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Hi Martin!
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Erinnere Dich doch mal an einen alten Hinweis von mir und formuliere "Ontologie" mal in Form einer falsifizierbaren Theorie. Ein "Ontologie = allgemein" ist zu allgemein. |
Das ist wirklich ein alter Hut. Also das ganze noch einmal von vorne, Sam: Jede Wissenschaft hat spezielle Theorien. Die Ontologie faßt hingegen Theorien, die den Rahmen der Speziellen hinausgehen und somit für alle Wissenschaften mehr oder weniger interessant sind. Also Fragen in der Art: "Was ist Zeit?", "gibt es Ursachen für Ereignisse?" etc. Die allgemeine ontologische Rahmen hierfür wäre dann wiederum der Naturalismus, Materialismus, Realismus etc. |
Kannst Du übrigens mit dem Babuschka-Prinzip etwas anfangen? Du sprichst hier doch einfach nur von Induktion und Deduktion. Und auch das Allgemeinste kann wieder als Spezialfall zu einem noch Allgemeineren gebündelt werden. Deine ontologische Rahmen wären übrigens Dogmen, wenn sie irgendeinen Inhalt hätten. Ich hingegen fasse bsw. Naturalismus, Materialismus und sogar Realismus als Hilfshypothesen auf. Ähnlich würde ich mit einem Ontologie-Begriff verfahren, aber ... .
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Nun lassen sich einzelwissenschaftliche Aussagen widerlegen, im Prinzip auch wissenschaftliche Theorien. Das gilt natürlich (in der Praxis etwas eingeschränkter) auch für allgemeine Theorien, wie z.B. die Quantenmechanik, Atomtheorie etc. Dieses Prinzip ist vice versa auch für ontologische Positionen der Fall. Der einzige "Sonderstatus" hierbei ist, daß aus begreiflichen Gründen eine empirische Widerlegung ausscheidet, weil die epistemologischen und ontologischen Prämissen ja gerade die Voraussetzung für das Betreiben empirischer Wissenschaften sind. Aber rational sind sie natürlich angreifbar: der Naturalismus z.B., wenn man keine gesetzmäßige Ordnung im Universum vorfände. Und der Realismus z.B., wenn keine Kumulation des Wissens (sprich: kein systematischer Wissensfortschritt) möglich wäre. Wenn wir mit anderen Worten nur verstreute "Wissensbrocken" und Theorien hätten, die untereinander nicht kompatibel sind, wäre dies geradezu ein Reichsfackelzug für den radikalen Konstruktivismus
Also formuliere daher doch bitte einmal ein "Falsifikationskriterium" für den radikalen Konstruktivismus, bevor Du die vermeintlichen Aprorien des Realismus zum Streitpunkt erklärst. Da stehen übrigens noch ein paar Inkohärenzen des rK zur Debatte... |
Wenn Du etwas nicht hinterfragen kannst oder darfst, dann ist das kein Naturalismus! In der Tat sind mir die Gründe unbegreiflich. Aber richtig: das Theoriengebäude des Realismus ist auf ontologischem Sand gebaut und fällt trotzdem um, obwohl das materialistische Dach dicht ist!
Da es immer nur ein subjektives Subjekt gibt - eben das ICH - sind notwendigerweise alle Theorien über das Ich verbunden. Für eine Theorie des radikalen Konstruktivismus reicht als fundamentaler Satz eine Aussage: 'Es existiert das Subjekt!' oder noch rudimentärer: 'IST!'
Und bezüglich Deiner angeblichen Inkohärenzen: Was ist der Unterschied von real und irreal?
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
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„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#264924) Verfasst am: 19.02.2005, 18:48 Titel: |
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | So sehe ich das auch. Ein Mensch, mit dem ich privat diskutiere, hat mir mal ein hübsches historisches Bild geschickt, in der Niels Bohr eine Vorlesung hielt. |
IIRC habe ich dieses Bild hier gepostet. |
Nein, step war es.  |
mag sein. Ich habe das Bild vor vielen Jahren in einem Buch gesehen und anlässlich einer Diskussion mit step im Web gesucht. Ich weiß nicht mehr, ob ich es step gemailt oder hier gepostet habe. Ich denke aber, dass das Hose wie Jacke ist. |
Thomas war es.
Aber manchmal ist so eine Trompete gar nicht schlecht, der Mensch ist - selbst wenn nicht immer Konstruktivist - so doch meist radikaler Konstrukteur.
gruß/step
PS: Edit, weil ich eine zeitlang keinen schreibenden Zugriff mehr auf diesen thread hatte.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#264953) Verfasst am: 19.02.2005, 19:46 Titel: |
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Hi Lamarck,
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Erinnere Dich doch mal an einen alten Hinweis von mir und formuliere "Ontologie" mal in Form einer falsifizierbaren Theorie. Ein "Ontologie = allgemein" ist zu allgemein. |
Das ist wirklich ein alter Hut. Also das ganze noch einmal von vorne, Sam: Jede Wissenschaft hat spezielle Theorien. Die Ontologie faßt hingegen Theorien, die den Rahmen der Speziellen hinausgehen und somit für alle Wissenschaften mehr oder weniger interessant sind. Also Fragen in der Art: "Was ist Zeit?", "gibt es Ursachen für Ereignisse?" etc. Die allgemeine ontologische Rahmen hierfür wäre dann wiederum der Naturalismus, Materialismus, Realismus etc. |
Kannst Du übrigens mit dem Babuschka-Prinzip etwas anfangen? Du sprichst hier doch einfach nur von Induktion und Deduktion. Und auch das Allgemeinste kann wieder als Spezialfall zu einem noch Allgemeineren gebündelt werden. Deine ontologische Rahmen wären übrigens Dogmen, wenn sie irgendeinen Inhalt hätten. Ich hingegen fasse bsw. Naturalismus, Materialismus und sogar Realismus als Hilfshypothesen auf. Ähnlich würde ich mit einem Ontologie-Begriff verfahren, aber ... .  |
Sorry, aber Du argumentiert gerade wie ein Evolutionsgegner, der den Naturalismus torpediert: "der Naturalismus ist ein Dogma, das nicht zu hinterfragen ist". Ich gehe aber davon aus, daß Du als Naturalist den Unsinn in dieser Argumentation durchschaust. Und nun nimm den hypothetischen Realismus, der denselben methodologischen Status genießt, wie der hypothetische Naturalismus und denk noch einmal gründlich über die Sache nach...
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Also formuliere daher doch bitte einmal ein "Falsifikationskriterium" für den radikalen Konstruktivismus, bevor Du die vermeintlichen Aprorien des Realismus zum Streitpunkt erklärst. Da stehen übrigens noch ein paar Inkohärenzen des rK zur Debatte... |
Wenn Du etwas nicht hinterfragen kannst oder darfst, dann ist das kein Naturalismus! In der Tat sind mir die Gründe unbegreiflich. Aber richtig: das Theoriengebäude des Realismus ist auf ontologischem Sand gebaut und fällt trotzdem um, obwohl das materialistische Dach dicht ist! |
Ich sehe Dein Problem nicht; Du kannst den Realismus doch hinterfragen! Aber doch nicht dadurch, indem Du einfach irgendwelche Apriorien dagegensetzst, das überlassen wir doch lieber einer anderen Fraktion, oder?
Versteh' mich nicht falsch: ich setze den hypothetischen Realismus doch nicht sakrosankt. Natürlich ist der fehlbar, wie jede andere These. Aber bevor ich den aus dem Methodenkanon der Naturwissenschaften herausschieße, sollte schon ein bißchen mehr kommen, als: "ich kenne nur mein subjektives Subjekt - das ICH - demnach konstruiert mein Gehirn nicht nur mein Weltbild, sondern auch die Welt mit dazu. BASTA!". Verzeih', wenn mir das etwas insuffizient erscheint.
Und erneut: Wie kann man den radikalen Konstruktivismus prinzipiell widerlegen?
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Da es immer nur ein subjektives Subjekt gibt - eben das ICH - sind notwendigerweise alle Theorien über das Ich verbunden. Für eine Theorie des radikalen Konstruktivismus reicht als fundamentaler Satz eine Aussage: 'Es existiert das Subjekt!' oder noch rudimentärer: 'IST!' |
Ja und? Muß man deswegen die philosophischen Voraussetzungen der Wissenschaft auf eine Trivialität herunterbrechen?
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#264955) Verfasst am: 19.02.2005, 19:54 Titel: |
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Hi Thomas,
El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Jepp. Ich wußte nur nicht, ob ich Dein "Inkognito" wahren soll oder nicht... |
welchen Grund könnte es geben, meine SIG belassen zu haben? |
Vielleicht ein blödes Versehen. Das schien mir plausibler als die Annahme, daß sich jemand ein Pseudonym zulegt, obwohl jeder weiß, wer dahintersteckt...
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#265987) Verfasst am: 22.02.2005, 02:25 Titel: |
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Nur erklärt das, was daran "im Grundsatz richtig" war, nicht,
warum bestimmte Pumpen funktionieren.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Was ich damit sagen will ist, daß Teile des Wissens (ungeachtet der Unvollständigkeit und partiellen Fehlerhaftigkeit unserer Theorien) die Welt korrekt beschreiben. Ansonsten wäre wissenschaftlicher Fortschritt kaum vorstellbar. Das alles rechtfertigt eher einen gemäßigten Skeptizismus. |
Das sehe ich auch so. Ich fand nur das "horror vacui"-Beispiel wenig geeignet, das zu illustrieren.
Es kommt mir eher wie ein Zufall vor,
dass etwas gefunden wurde, worauf die alten Worte passen.
In alten Zeiten war die Theorie vom "horror vacui"
eine Theorie zur Erklärung bestimmter Phänomene, z. B. zur Erklärung der Funktion von Pumpen.
Als solche war sie definitiv falsch.
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#265993) Verfasst am: 22.02.2005, 02:41 Titel: |
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Hi Martin!
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Erinnere Dich doch mal an einen alten Hinweis von mir und formuliere "Ontologie" mal in Form einer falsifizierbaren Theorie. Ein "Ontologie = allgemein" ist zu allgemein. |
Das ist wirklich ein alter Hut. Also das ganze noch einmal von vorne, Sam: Jede Wissenschaft hat spezielle Theorien. Die Ontologie faßt hingegen Theorien, die den Rahmen der Speziellen hinausgehen und somit für alle Wissenschaften mehr oder weniger interessant sind. Also Fragen in der Art: "Was ist Zeit?", "gibt es Ursachen für Ereignisse?" etc. Die allgemeine ontologische Rahmen hierfür wäre dann wiederum der Naturalismus, Materialismus, Realismus etc. |
Kannst Du übrigens mit dem Babuschka-Prinzip etwas anfangen? Du sprichst hier doch einfach nur von Induktion und Deduktion. Und auch das Allgemeinste kann wieder als Spezialfall zu einem noch Allgemeineren gebündelt werden. Deine ontologische Rahmen wären übrigens Dogmen, wenn sie irgendeinen Inhalt hätten. Ich hingegen fasse bsw. Naturalismus, Materialismus und sogar Realismus als Hilfshypothesen auf. Ähnlich würde ich mit einem Ontologie-Begriff verfahren, aber ... .  |
Sorry, aber Du argumentiert gerade wie ein Evolutionsgegner, der den Naturalismus torpediert: "der Naturalismus ist ein Dogma, das nicht zu hinterfragen ist". Ich gehe aber davon aus, daß Du als Naturalist den Unsinn in dieser Argumentation durchschaust. Und nun nimm den hypothetischen Realismus, der denselben methodologischen Status genießt, wie der hypothetische Naturalismus und denk noch einmal gründlich über die Sache nach... |
Na, na, na!
Erkenntnistheorie befasst sich nach meinen Verständnis mit dem Wissen von der Welt inkl. der dazugehörigen Fragestellungen (genauer: die Fragen und ihre vielleicht möglichen Antworten, z . B.: Was kann ich wissen?). Da ist Ontologie schlicht überflüssig: Wenn Ontologie nicht grundsätzlich epistemologisch behandelt werden darf, ist sie nicht Wissenschaft, sondern Aberglauben. Und nur die Epistemologie kann einen methodischen Status begründen!
Und da es aus meiner Sicht das Allgemeinste nicht gibt, sind alle Fragen speziell. Und nur so kann ich auch etwa die Frage “Was ist die Welt?” bsw. sowohl aus physikalischer als auch aus neurologischer Sicht stellen; ansonsten wäre diese nur aus ontologischer Sicht sinnvoll stellbar - dies ist offensichtlich nicht der Fall.
Und wie ich doch schon einmal dargelegt habe: Es ist durchaus legitim, den Gegenstand des Naturalismus axiomatisch zu setzen - aber natürlich nur dann, wenn dessen Gültigkeit unbestritten ist. Falls aber der Naturalismus selbst untersucht werden soll, wird er so zu einer Theorie des Naturalismus und wir beide haben hierfür unsere Argumente. Welche Argumente hast Du nun bezüglich einer Ontologie? - Wissenskohärenz und Wissensfortschritt. Das ist sehr dürftig, zumal es hierzu wesentliche bessere Ansätze gibt (etwa der Radikale Konstruktivismus). Außerdem: Wenn Du aus Deiner Argumentation Ontologie ableiten könntest, wäre dies übrigens ein epistemischer Vorgang und die Ontologie würde nicht neben, sondern als Untermenge innerhalb der Epistemologie ihr trauriges Dasein fristen. Wie nun aber die Untermengen voneinander unterscheiden?
Mit anderen Worten: Epistemik ist nicht kompatibel mit Ontik.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Also formuliere daher doch bitte einmal ein "Falsifikationskriterium" für den radikalen Konstruktivismus, bevor Du die vermeintlichen Aprorien des Realismus zum Streitpunkt erklärst. Da stehen übrigens noch ein paar Inkohärenzen des rK zur Debatte... |
Wenn Du etwas nicht hinterfragen kannst oder darfst, dann ist das kein Naturalismus! In der Tat sind mir die Gründe unbegreiflich. Aber richtig: das Theoriengebäude des Realismus ist auf ontologischem Sand gebaut und fällt trotzdem um, obwohl das materialistische Dach dicht ist! |
Ich sehe Dein Problem nicht; Du kannst den Realismus doch hinterfragen! Aber doch nicht dadurch, indem Du einfach irgendwelche Apriorien dagegensetzst, das überlassen wir doch lieber einer anderen Fraktion, oder?
Versteh' mich nicht falsch: ich setze den hypothetischen Realismus doch nicht sakrosankt. Natürlich ist der fehlbar, wie jede andere These. Aber bevor ich den aus dem Methodenkanon der Naturwissenschaften herausschieße, sollte schon ein bißchen mehr kommen, als: "ich kenne nur mein subjektives Subjekt - das ICH - demnach konstruiert mein Gehirn nicht nur mein Weltbild, sondern auch die Welt mit dazu. BASTA!". Verzeih', wenn mir das etwas insuffizient erscheint.
Und erneut: Wie kann man den radikalen Konstruktivismus prinzipiell widerlegen?
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Da es immer nur ein subjektives Subjekt gibt - eben das ICH - sind notwendigerweise alle Theorien über das Ich verbunden. Für eine Theorie des radikalen Konstruktivismus reicht als fundamentaler Satz eine Aussage: 'Es existiert das Subjekt!' oder noch rudimentärer: 'IST!' |
Ja und? Muß man deswegen die philosophischen Voraussetzungen der Wissenschaft auf eine Trivialität herunterbrechen? |
Natürlich kann auch der Radikale Konstruktivismus widerlegt werden: Deswegen habe ich doch zwei entsprechende Aussagen gemacht: Widerlege etwa 'Es existiert das Subjekt!'
Und genaugenommen setzt der Radikale Konstruktivismus keine Apriorien: Es geschieht halt einfach, wenn mit ‘Denken’ begonnen wird. Und bei entsprechender Leistungsfähigkeit denkt der Denker sein Weltbild und schließt vom Weltbild auf “Welt”. Methodenkanon der Naturwissenschaften mit inbegriffen.
Wenn Du ein gedankliches Konstrukt entwickelst, produzierst Du dadurch einen Ordnungszustand, selbst wenn dieses Konstrukt absolut zufällig herbeigeführt wurde. Es dient aber als Ausgangspunkt für weitere Überlegungen (und auch Widerlegungen). So entsteht ein ganzer Baum von Konstrukten, der - gegebenfalls auch durch Widersprüche (!) - zusammenhängt. Dieser Erkenntnisbaum ist Dein Wissensfortschritt. Also: Der Radikale Konstruktivist erfindet Bildungsgesetze, von denen der Realist glaubt, nur die Untermenge der Realen Zahlen existiert und möchte nun mittels dieser Realen Zahlen die Unmöglichkeit der Irrealen Zahlen “beweisen”, weil er nun denkt, jemand, der mit Irrealen Zahlen operiert wie mit realen Zahlen, rechnet in “Wirklichkeit” mit realen Zahlen. Die subjektiven Bildungsgesetze sind allerdings die Basis von allem. Du siehst, Realität muss doch ziemlich teleologisch sein.
Sind übrigens die durch einen naiven Empirismus gewonnene Erkenntnisse auch hypothetisch real?
Cheers,
Lamarck
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#265996) Verfasst am: 22.02.2005, 02:55 Titel: |
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mig hat folgendes geschrieben: | Kann man etwas wissen? |
step hat folgendes geschrieben: | Leony hat folgendes geschrieben: | Sokrateer, ich stimme zu, dass es nützlich ist, ein Wort wie "Wissen" zu behalten. Man muss es nur eben nicht als "absolut gesichertes Wissen" interpretieren. |
Man darf es sogar nicht einmal. Wissen bedeutet, eine funktionierende Theorie zu haben. |
Sicher darf man es nicht.
Das "muss" ist nur in meinen Satz geraten, weil ich mich gegen die Unterstellung verteidigt habe,
ich hätte mit "Wissen" ein absolut gesichertes Wissen gemeint.
step hat folgendes geschrieben: | Leony hat folgendes geschrieben: | Ich will mal eine Definition versuchen, die zum einen der Bedeutung des Wortes im alltäglichen Gebrauch möglichst nahe kommt,
andererseits den Grundgedanken von Kritischem Rationalismus und konsequentem Fallibilismus Rechnung tragen: Definition:
Der Satz "Die Person P weiß, dass die Aussage A wahr ist" ist folgendermaßen zu verstehen:"Die Person P verfügt über Informationen,
die es rechtfertigen,
dass P sich - vorläufig natürlich - darauf verlässt, dass A wahr sei,
d. h.,
dass P - vorläufig - nicht
in irgendeiner für ihr Leben und lebenspraktisches Denken relevanten Weise damit rechnet,
dass A falsch sein könnte,
solange P keine neuen Informationen erhält, die Anlass zu begründeten Zweifeln an der Wahrheit von A geben." |
Es ist vielleicht etwas irritierend, daß Du in Deiner Definition gleich zwei Problemkreise streifst, nämlich was es bedeutet, daß "die Person P weiß", und was es bedeutet, daß "die Aussage A wahr ist".
Letzteres kommt - nach meinem Geschmack - etwas zu kurz. Es ist nämlich ein Unterschied, ob es eine Aussage in einem formalen System oder eine Aussage über die sich uns darbietende Welt ist. |
Die Frage, "was es bedeutet, daß 'die Aussage A wahr ist'",
ist natürlich für Aussagen in einem formalen System leichter zu beantworten:
Eine solche Aussage kann als "wahr" erwiesen werden,
indem nachgewiesen wird, dass sie sich aus dem Axiomensystem des formalen Systems logisch herleiten lässt.
Bei Aussagen über "die sich uns darbietende Welt" ist es schwieriger:
Zum einen hat man nicht, wie bei einem formalen System,
eine festgelegte und überschaubare Basis, die aus nur einigen wenigen Axiomen besteht;
stattdessen hat man eine unüberschaubar große Menge von Eindrücken, die diese Welt uns beschert.
Statt daraus in ähnlicher Weise logische Schlüsse zu ziehen wie aus einem Axiomensystem,
können wir nur Theorien aufstellen und überprüfen,
und wenn wir Glück haben, finden wir Theorien, die sich bewähren, zumindest in weiten Bereichen bewähren.
Zum zweiten hat man das Problem, dass umstritten ist,
ob man "die sich uns darbietende Welt" überhaupt als etwas auffassen kann,
das objektiv existiert, also unabhängig von der subjektiven Wahrnehmung durch Menschen oder andere Lebewesen.
Eine "objektive Wahrheit", definiert als "Übereinstimmung mit den Tatsachen",
kann es nur geben,
wenn es eine objektiv existierende Welt mit objektiv existierenden Tatsachen gibt.
Dass es die gibt, halte ich für eine sehr brauchbare und bewährte Hypothese.
In dieser Hinsicht sehe ich mich in Übereinstimmung mit Karl Popper.
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#266006) Verfasst am: 22.02.2005, 03:38 Titel: |
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Hi Leony!
Leony hat folgendes geschrieben: | Eine "objektive Wahrheit", definiert als "Übereinstimmung mit den Tatsachen",
kann es nur geben,
wenn es eine objektiv existierende Welt mit objektiv existierenden Tatsachen gibt. |
Es zeigt sich also nach wie vor folgendes Problem: ∃ Objektivität?
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#266481) Verfasst am: 23.02.2005, 14:45 Titel: |
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Hi Lamarck,
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Erkenntnistheorie befasst sich nach meinen Verständnis mit dem Wissen von der Welt inkl. der dazugehörigen Fragestellungen (genauer: die Fragen und ihre vielleicht möglichen Antworten, z . B.: Was kann ich wissen?). Da ist Ontologie schlicht überflüssig: Wenn Ontologie nicht grundsätzlich epistemologisch behandelt werden darf, ist sie nicht Wissenschaft, sondern Aberglauben. Und nur die Epistemologie kann einen methodischen Status begründen! |
Der ontologische Realismus wird doch erkenntnistheoretisch begründet. Er fußt im wesentlichen auf der Erkenntnis, daß keine „prästabilisierte Harmonie“ zwischen theoretischen Begriffen und der „subjektimmanenten Wirklichkeit“ existiert: Theorien können scheitern, deren Begriffe und Werte sich als sinnlos herausstellen [wie z.B. die negative Lösung beim Fallgesetz t= Quadratwurzel (2s/g)], und beim „Abgleich“ von physikalischen Größen und Einheiten können Dissonanzen auftreten. Es geht also immer nur um die Frage, auf die Du noch nie eine Antwort gehabt hast: woran scheitern Theorien?
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Und da es aus meiner Sicht das Allgemeinste nicht gibt, sind alle Fragen speziell. Und nur so kann ich auch etwa die Frage “Was ist die Welt?” bsw. sowohl aus physikalischer als auch aus neurologischer Sicht stellen; |
Nein. Du kannst, wie schon mehrmals betont, weder auf neurologische noch physikalische, noch sonst irgendwelche realwissenschaftliche Aspekte rekurrieren, ohne inkonsistent zu werden. Denn schon die materielle Grundlage dessen, was Du „Bewußtsein“ nennst, ist ja nichts anderes, als deren ontologische Entsprechung! Nur mit Ontologie gelingt es Dir überhaupt, zu erklären, weshalb und auf welche Weise sich das Gehirn selbst Systemzustände schafft und welche Limitierungen damit verbunden sind. Und das Wissen um die neuronalen Vorgänge, Randbedingungen, Limitierungen etc. setzt wiederum die Annahme des epistemologischen Realismus voraus. Auch hier zeigt sich wieder deutlich: der rK muß eine „Quasi-Ontologie“ voraussetzen, um sich Plausibilität zu erschwindeln, die er ohne sie gar nicht hatte.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | ansonsten wäre diese nur aus ontologischer Sicht sinnvoll stellbar - dies ist offensichtlich nicht der Fall. |
Wie gesagt, die Tatsache, daß auch Du auf das Gehirn als „selbstreferentielles System“ rekurrierst, zeigt, daß ich recht habe. Warum nicht bloß das Bewußtsein, sondern auch noch das Gehirn sowie die Erkenntnisse über die Gehirn-Vorgänge als ontologischen Ballast mit sich herumschleppen?
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Und wie ich doch schon einmal dargelegt habe: Es ist durchaus legitim, den Gegenstand des Naturalismus axiomatisch zu setzen - aber natürlich nur dann, wenn dessen Gültigkeit unbestritten ist. Falls aber der Naturalismus selbst untersucht werden soll, wird er so zu einer Theorie des Naturalismus und wir beide haben hierfür unsere Argumente. Welche Argumente hast Du nun bezüglich einer Ontologie? - Wissenskohärenz und Wissensfortschritt. Das ist sehr dürftig, zumal es hierzu wesentliche bessere Ansätze gibt (etwa der Radikale Konstruktivismus). |
Sorry, aber wenn es keine Kontinuität im Wissensfortschritt geben würde, würde dies der rK erst recht als Bestätigung seiner Position ansehen. In dieser Hinsicht ist er also omniexplanatorisch: egal, wie die Wirklichkeit aussieht, das „selbstreferentielle System“ hat’s halt aus irgendwelchen nicht näher definierbaren Gründen so und nicht anders eingerichtet.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Außerdem: Wenn Du aus Deiner Argumentation Ontologie ableiten könntest, wäre dies übrigens ein epistemischer Vorgang und die Ontologie würde nicht neben, sondern als Untermenge innerhalb der Epistemologie ihr trauriges Dasein fristen. Wie nun aber die Untermengen voneinander unterscheiden? Mit anderen Worten: Epistemik ist nicht kompatibel mit Ontik. |
Ups. Mir wäre neu, daß die realistische (und evolutionäre) Erkenntnistheorie nicht mit dem ontologischen Realismus kompatibel sein soll.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Natürlich kann auch der Radikale Konstruktivismus widerlegt werden: Deswegen habe ich doch zwei entsprechende Aussagen gemacht: Widerlege etwa 'Es existiert das Subjekt!' |
Ey, das ist ja super - ein Subjekt, das seine eigene Existenz widerlegt! Was kommt nun als nächstes - „widerlege die Logik auf logischem Wege“... ?
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Und genaugenommen setzt der Radikale Konstruktivismus keine Apriorien: Es geschieht halt einfach, wenn mit ‘Denken’ begonnen wird. |
Die Aussage erinnert mich stark an Kants synthetische a priori-Urteile. Genauso gut kann ich argumentieren, daß die Vorstellung von der Existenz einer Realität angeboren ist bzw. mit dem Denken einsetzt.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Und bei entsprechender Leistungsfähigkeit denkt der Denker sein Weltbild und schließt vom Weltbild auf “Welt”. |
Bingo!
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Wenn Du ein gedankliches Konstrukt entwickelst, produzierst Du dadurch einen Ordnungszustand, selbst wenn dieses Konstrukt absolut zufällig herbeigeführt wurde. Es dient aber als Ausgangspunkt für weitere Überlegungen (und auch Widerlegungen). So entsteht ein ganzer Baum von Konstrukten, der - gegebenfalls auch durch Widersprüche (!) - zusammenhängt. Dieser Erkenntnisbaum ist Dein Wissensfortschritt. |
Dein „Erkenntnisbaum“ erklärt trotz allem nicht, woran Welbilder (inklusive der Gehirne) scheitern. Wenn alles (die Welt eingeschlossen) das reine Produkt neuronaler Ordnungszustände wäre, könnte Dein Erkenntnisbaum genauso gut ein Weltbild „beherbergen“, in dem nur Schwarze Löcher, 10 Milliardenfach höhere Gravitationskonstanten und Elementarteilchen mit der Ladung Null vorkommen. Und warum soll das neuronale System nicht mal durch Fluktuation von einem stabilen Zustand in einen anderen „kippen“? Wenn es kein ontisches Korrektiv gibt, ist alles vorstellbar, was nicht an den „subjektiven Bildungsgesetzen“ des Gehirns scheitert. Die beschreibenden Theorien bräuchten dann nicht einmal im Sinne der ‚externen Konsistenz’ miteinander zu harmonieren! Fakt, ist daß sie es trotzdem tun, womit sich eine zentrale Erwartung des ontologischen Realismus erfüllt.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Also: Der Radikale Konstruktivist erfindet Bildungsgesetze, von denen der Realist glaubt, nur die Untermenge der Realen Zahlen existiert und möchte nun mittels dieser Realen Zahlen die Unmöglichkeit der Irrealen Zahlen “beweisen”, weil er nun denkt, jemand, der mit Irrealen Zahlen operiert wie mit realen Zahlen, rechnet in “Wirklichkeit” mit realen Zahlen. Die subjektiven Bildungsgesetze sind allerdings die Basis von allem. Du siehst, Realität muss doch ziemlich teleologisch sein. |
Dein Vergleich haut mal wieder um Lichtjahre daneben. Natürliche Zahlen sind genauso Teil des formalen Hintergrunds von Theorien, wie irreale Zahlen. Aber kein Mensch sucht im reellen Sinne nach Zahlen, weil er ja nicht das formale, theoretische Instrumentarium mit einem ontologischen Status ausstattet, sondern nur ganz bestimmten Sachverhalte, die dadurch entstehen, wenn man die Theorie mit einer semantischen Interpretation versieht. Die Interpretation ist natürlich kontextabhängig; sie folgt den üblichen methodologischen Prinzipien im Rahmen der Naturwissenschaften. Nur wenn sich ein postulierter Sachverhalt bei der Erklärung bewährt, sich als heuristisch fruchtbar erweist usw., wird ihm ein ontologischer Status zuerkannt. Du siehst, von Teleologie keine Spur!
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Sind übrigens die durch einen naiven Empirismus gewonnene Erkenntnisse auch hypothetisch real? |
Wenn wir mal davon absehen, daß die Prämissen des Empirismus falsch sind, sicher. Bloß handelt es sich ausnahmslos um niederrangige empirische Verallgemeinerungen vom Typ: „Zucker schmeckt süß“, „Flammen sind heiß“, „gelbe Scheibe dreht sich um flache Erde“, „die Erkenntnis ist die Erkenntnis des erkennenden Subjekts“...
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#270009) Verfasst am: 04.03.2005, 13:34 Titel: |
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Hi,
ich hätte mal eine Frage:
Gibt es - eurer Auffassung nach - weitere Alternativen zu folgenden Möglichkeiten?1. ein - wie auch immer gearteter - Realismus (evtl. hypothetisch, partiell, ...)
2. Solipsismus
3. Agnostizismus hinsichtlich der Frage, ob 1. oder 2. den Vorzug verdient
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#271419) Verfasst am: 07.03.2005, 20:24 Titel: |
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Hi Leony,
im Wissenschaftsbetrieb ist der Fachbereich Mathematik einer der kostengünstigsten, denn zu seiner Arbeit benötigt der Mathematiker nur Papier, Bleistift und einen Papierkorb. Noch günstiger kommt hier nur noch der Philosoph: Dieser braucht nicht mal einen Papierkorb ... .
Demzufolge gibt es eine Reihe von Philosophien, je nachdem, welches Detail in den Vordergrund gerückt wird. Der Unterschied ist auch nicht immer einfach, etwa der zwischen Hypothetischem Realismus und Kritischem Rationalismus (also eher vom Autor abhängig, der eine bestimmte Richtung vertritt). Und wenn ein Solipsismus existieren würde, wäre der Solipsist gegebebenfalls auch ein Realist.
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#271452) Verfasst am: 07.03.2005, 21:04 Titel: |
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Hi Lamarck,
Lamarck hat folgendes geschrieben: | im Wissenschaftsbetrieb ist der Fachbereich Mathematik einer der kostengünstigsten, denn zu seiner Arbeit benötigt der Mathematiker nur Papier, Bleistift und einen Papierkorb. |
Als ich Mathematik studiert habe (bis 1975), habe ich dabei eines der teuersten Geräte benutzt: einen Computer.
In der Zeit der Ringkernspeicher waren die Dinger ja noch richtig teuer.
Freilich weiß ich nicht, wie sich die Situation seitdem entwickelt hat.
Ein Teil dessen, was damals noch unter "Mathematik" lief, läuft heute sicherlich unter "Informatik".
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#272362) Verfasst am: 09.03.2005, 20:21 Titel: |
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Offen gestanden, als ich fragte: Leony hat folgendes geschrieben: | Gibt es - eurer Auffassung nach - weitere Alternativen zu folgenden Möglichkeiten?1. ein - wie auch immer gearteter - Realismus (evtl. hypothetisch, partiell, ...)
2. Solipsismus
3. Agnostizismus hinsichtlich der Frage, ob 1. oder 2. den Vorzug verdient |
da war's bei mir nicht nur die Neugier, ob ich vielleicht etwas Unerwartetes erfahren könnte, was ich bislang übersehen hätte.
Außerdem hatte ich im Hinterkopf den Gedanken, ob vielleicht irgendjemand mir antworten würde,
die Frage sei "irrelevant", "metaphysisch, folglich nicht zu beantworten und damit uninteressant" oder gar "sinnlos".
@ Lamarck, Martin: Wie wär's, wenn ihr eure erkenntnistheoretische Diskussion hier fortsetzen würdet?
Interessierte werden sie eher hier suchen als im Thread "(Wie) kann man jemanden zum Nachdenken bringen?".
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#272393) Verfasst am: 09.03.2005, 21:32 Titel: |
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Leony hat folgendes geschrieben: | Hi,
ich hätte mal eine Frage:
Gibt es - eurer Auffassung nach - weitere Alternativen zu folgenden Möglichkeiten?1. ein - wie auch immer gearteter - Realismus (evtl. hypothetisch, partiell, ...)
2. Solipsismus
3. Agnostizismus hinsichtlich der Frage, ob 1. oder 2. den Vorzug verdient |
Ob es meiner Auffassung nach Alternativen gibt, verstehe ich so wie: ob ich diese und andere Positionen für logisch oder sonstwie nachvollziehbar halte, auch wenn ich sie mglw. nicht teile?
Man könnte 3. weglassen, denn es stellt kein Weltbild bezüglich dieser Frage dar, sondern nur bezüglich der, ob man es entscheiden könne, und würde für 1. und 2. nur fundamentalistische Positionen übriglassen.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#272415) Verfasst am: 09.03.2005, 22:19 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Leony hat folgendes geschrieben: | ... |
Ob es meiner Auffassung nach Alternativen gibt, verstehe ich so wie: ob ich diese und andere Positionen für logisch oder sonstwie nachvollziehbar halte, auch wenn ich sie mglw. nicht teile?
Man könnte 3. weglassen, denn es stellt kein Weltbild bezüglich dieser Frage dar, sondern nur bezüglich der, ob man es entscheiden könne, und würde für 1. und 2. nur fundamentalistische Positionen übriglassen. |
Das sehe ich nicht so.
Für 1. habe ich ja einen hypothetischen Realismus ausdrücklich zugelassen,
und auch für 2. wäre ein hypothetischer Solipsismus denkbar.
Agnostizismus würde heißen, dass man völlig unentschieden bleibt zwischen 1. und 2.,
oder jedenfall keiner von beiden Möglichkeiten in der Weise den Vorzug gibt,
dass man sie zu derjenigen Hypothese macht,
von der man ausgeht in seinem lebenspraktischen Denken, Entscheiden und Handeln.
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#272505) Verfasst am: 10.03.2005, 02:30 Titel: |
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Hi Leony!
Leony hat folgendes geschrieben: | Offen gestanden, als ich fragte: Leony hat folgendes geschrieben: | Gibt es - eurer Auffassung nach - weitere Alternativen zu folgenden Möglichkeiten?1. ein - wie auch immer gearteter - Realismus (evtl. hypothetisch, partiell, ...)
2. Solipsismus
3. Agnostizismus hinsichtlich der Frage, ob 1. oder 2. den Vorzug verdient |
da war's bei mir nicht nur die Neugier, ob ich vielleicht etwas Unerwartetes erfahren könnte, was ich bislang übersehen hätte.
Außerdem hatte ich im Hinterkopf den Gedanken, ob vielleicht irgendjemand mir antworten würde,
die Frage sei "irrelevant", "metaphysisch, folglich nicht zu beantworten und damit uninteressant" oder gar "sinnlos".
@ Lamarck, Martin: Wie wär's, wenn ihr eure erkenntnistheoretische Diskussion hier fortsetzen würdet?
Interessierte werden sie eher hier suchen als im Thread "(Wie) kann man jemanden zum Nachdenken bringen?". |
Du kennst doch die ursprüngliche Bedeutung von 'Mathematik'?
Eigentlich habe ich Deine Frage aus meiner Sicht schon beantwortet; aber wie es scheint, bist Du damit nicht zufrieden. Deshalb zunächst zur Begriffsklärung: Würdest Du den Mathematik für real halten? Oder kann nur ein Solipsist Mathematiker sein?
Zitat: | "Insofern sich die Sätze der Mathematik auf die Wirklichkeit beziehen, sind sie nicht sicher, und insofern sie sicher sind, beziehen sie sich nicht auf die Wirklichkeit." Einstein, Albert (1934): Mein Weltbild. |
Cheers,
Lamarck
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#272670) Verfasst am: 10.03.2005, 18:47 Titel: |
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Lamarck hat folgendes geschrieben: | Hi Leony!
Du kennst doch die ursprüngliche Bedeutung von 'Mathematik'?  |
Ich weiß, dass die Mathematik ihre Ursprünge in dem Bemühen hat,
Aufgaben des Zählens, Rechnens und Messens zu erfüllen.
Sie hat sich dann aber verselbständigt zu einer Strukturwissenschaft,
die ihre Sätze allein aus ihren Axiomensystemen mit Hilfe der Logik herleitet.
Womit ich nicht bestreiten will, dass es weiterhin enge Beziehungen
zwischen Mathematik und Betrachtung der physischen Realität gibt.
So können beispielsweise Zeichnungen Anregungen zu Vermutungen geben, welche geometrischen Sätze gelten könnten,
und sie können für Vermutungen von geometrischen Sätzen eine erste Plausibilitätsprüfung liefern.
Andererseits kann die Tatsache, dass die Mathematik für die wissenschaftliche und sonstige Erfassung der Welt
vielseitig verwendbar ist,
den Mathematikern Anregungen liefern, welche Art von Sätzen interessant sein könnten
und wonach sie suchen könnten.
Die Entstehung von Computern
hat eine Fülle von Rechenmethoden und dahinter stehenden mathematischen Sätzen interessant gemacht,
die früher uninteressant gewesen wären,
weil der Rechenaufwand zur Anwendung dieser Methoden viel zu groß gewesen wäre.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Eigentlich habe ich Deine Frage aus meiner Sicht schon beantwortet; aber wie es scheint, bist Du damit nicht zufrieden. Deshalb zunächst zur Begriffsklärung: Würdest Du den Mathematik für real halten? |
Die Gegebenheiten der Mathematik sind nicht Teil jener Realität,
die wir aus unseren Sinneswahrnehmungen rekonstruieren oder zu rekonstruieren versuchen.
Insofern stimme ich deinem Einstein-Zitat zu:
Zitat: | "Insofern sich die Sätze der Mathematik auf die Wirklichkeit beziehen, sind sie nicht sicher, und insofern sie sicher sind, beziehen sie sich nicht auf die Wirklichkeit." Einstein, Albert (1934): Mein Weltbild. |
Ob man den Begriff "real" so auffassen soll,
dass man den Gegebenheiten der Mathematik eine andere Art von "Realität" zuerkennt,
weil dort in vielen Fällen nachprüfbar ist, was wahr ist und was falsch -
dass das also nicht ins Belieben des Mathematikers gestellt ist,
wie es etwa in einem Roman ins Belieben des Autors gestellt ist, welche Aussagen dort als wahr gelten und welche nicht -
das sehe ich weniger als eine sachliche Frage an,
sondern vielmehr als eine Frage, wie der Begriff "real" am sinnvollsten zu definieren wäre.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Oder kann nur ein Solipsist Mathematiker sein? |
Nein. Auch ein Mathematiker kann Nicht-Solipsist sein hinsichtlich jener Realität,
die wir aus unseren Sinneswahrnehmungen rekonstruieren oder zu rekonstruieren versuchen.
Trotzdem kann er der Meinung sein,
dass die Gegenstände der Mathematik nur menschliche Konstrukte seien,
keine Rekonstruktionen einer vorgegebenen Realität.
Allerdings wird er, wenn er als Nicht-Solipsist davon ausgeht, dass andere Mathematiker ebenso real seien wie er selbst,
vermutlich davon ausgehen,
dass die Gemeinsamkeiten in den mathematischen Vorstellungen dieser Mathematiker dadurch zu erklären sind,
dass sie auf gemeinsamen Originalen basieren -
allerdings Originalen, die nicht Teile einer vorgegebenen und sinnlich wahrnehmbaren Realität sind,
sondern von Menschen konstruiert.
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#272812) Verfasst am: 10.03.2005, 22:19 Titel: |
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Hi Leony,
Leony hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Hi Leony!
Du kennst doch die ursprüngliche Bedeutung von 'Mathematik'?  |
Ich weiß, dass die Mathematik ihre Ursprünge in dem Bemühen hat,
Aufgaben des Zählens, Rechnens und Messens zu erfüllen.
Sie hat sich dann aber verselbständigt zu einer Strukturwissenschaft,
die ihre Sätze allein aus ihren Axiomensystemen mit Hilfe der Logik herleitet.
Womit ich nicht bestreiten will, dass es weiterhin enge Beziehungen
zwischen Mathematik und Betrachtung der physischen Realität gibt. |
Man beachte vor allem den Unterschied zwischen Struktur- und Realwissenschaften. Bei Radikalkonstruktivisten kann es hier gelegentlich zu Verwirrungen kommen...
Leony hat folgendes geschrieben: | So können beispielsweise Zeichnungen Anregungen zu Vermutungen geben, welche geometrischen Sätze gelten könnten, und sie können für Vermutungen von geometrischen Sätzen eine erste Plausibilitätsprüfung liefern. |
Wobei die mathematischen Beziehungen nur abstrakte Idealisierungen der Wirklichkeit sind. So wirst Du Dich z.B. schwer damit tun, in der Natur einen kugelförmigen Körper zu finden, aus dem sich die Kreiszahl Pi exakt ermitteln läßt. Genauso wirst Du finden, daß die Naturgesetze die empirische Wirklichkeit nur näherungsweise beschreiben. Nun kann man natürlich behaupten, daß sich hier das Gehirn selbst ein Bein stellt, weil es seinen formalen Konstrukten aus nicht näher nachvollziehbaren Gründen eine "imperfekte" Erfahrungwelt gegenüberstellt. Wer diesen Sachverhalt aber nicht einfach ins Mystisch-Anthropozentrische abschieben, sondern wirklich erklären möchte, kommt nicht umhin, eine subjektunabhängige Wirklichkeit zu postulieren, an der unsere theoretischen Konstrukte scheitern können.
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#273073) Verfasst am: 11.03.2005, 20:06 Titel: |
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Hi Martin,
zu deinem letzten Beitrag: Im Wesentlichen bin ich ganz deiner Meinung.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | ... Wobei die mathematischen Beziehungen nur abstrakte Idealisierungen der Wirklichkeit sind. So wirst Du Dich z.B. schwer damit tun, in der Natur einen kugelförmigen Körper zu finden, aus dem sich die Kreiszahl Pi exakt ermitteln läßt. |
Ja, da könnte man vielleicht nicht einmal feststellen,
ob die Kreiszahl π, wie sie in der Mathematik definiert ist,
für reale Körper überhaupt die Bedeutung hat, die ihr in der euklidischen Geometrie zugeschrieben wird.
In gekrümmten Räumen könnte beispielsweise
der Umfang einer Kugel oder eines Kreises
andere Werte annehmen als 2π mal Radius,
wie ich hier näher ausgeführt habe.
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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R@bbi registrierter User
Anmeldungsdatum: 17.03.2005 Beiträge: 39
Wohnort: Berlin
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(#274857) Verfasst am: 17.03.2005, 16:52 Titel: |
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@ narziss
Eigentlich kaum zu glauben, dass Decartes auf diese schwammige Lösung verfallen ist. Wahrscheinlich war er an diesem Tag sehr aufgeregt oder hatte Abgabetermin bei seinem Verleger.
Ich halte dieses Diktum für genauso nebulös wie: "Wer an mich glaubt, wird leben." Oder auch: "Wer nicht an mich glaubt, MUSS leben."
Parmenides von Elea nahm sogar das genaue Gengenteil von Decartes an. Denken und Sein sind dasselbe, weshalb das Denken mit einem Denker zu verbinden irrig ist.
Gruss
R@bbi
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