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Aufklärung im arabischen Raum

 
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#269312) Verfasst am: 02.03.2005, 16:00    Titel: Aufklärung im arabischen Raum Antworten mit Zitat

Mautpreller hat folgendes geschrieben:
Es liegt auf der Hand, dass Aussagen über "die Araber" massenhaft getroffen werden, Sokrateer. Anders als Du behauptest, sind diese recht unterschiedlicher Natur. Wie oft ich schon gehört habe, dass "die Araber" erstmal ne ordentliche Aufklärung bräuchten, wie wir sie angeblich hatten, geht auf keine Kuhhaut. (Und ist zumindest in dieser Fassung ein unglaublicher Schmarrn, der mehr der Selbstbestätigung der eigenen Gruppe dient: wir sind die Aufgeklärten!, und von geradezu unfasslichem Desinteresse an der tatsächlichen arabischen wie europäischen Geschichte zeugt.)


Mir gefällt der Aufklärungsbegriff Kants ganz besonders:
Immanuel Kant hat folgendes geschrieben:

AUFKLÄRUNG ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.

Aufklärung hat jedenfalls mit dem Verhalten von Menschen zu tun. Insofern kann man sehr wohl von aufgeklärten Menschen sprechen. Das sind nämlich diejenigen, die sich gemäß der Aufklärung verhalten.

Du scheinst mir weiters auf zwei Hochzeiten tanzen zu wollen. Die Europäer als aufgeklärt zu bezeichnen, das lehnst du als anmaßend ab. Gleichzeitig lehnst du es aber ab die Araber als nicht aufgeklärt zu bezeichnen. Araber = aufgeklärt. Europäer nicht?

Wenn dein Aufklärungsbegriff nicht an Menschen festmachbar ist, dann scheint er mir bedeutungslos zu sein. Das ist ungefähr so wie der "Geist Europas", der erst durch die EU-Erweiterung endlich in die Türkei gelangen könne....
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Mautpreller
Ortograf



Anmeldungsdatum: 17.02.2005
Beiträge: 246

Beitrag(#269328) Verfasst am: 02.03.2005, 16:45    Titel: Re: Aufklärung im arabischen Raum Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Mautpreller hat folgendes geschrieben:
Es liegt auf der Hand, dass Aussagen über "die Araber" massenhaft getroffen werden, Sokrateer. Anders als Du behauptest, sind diese recht unterschiedlicher Natur. Wie oft ich schon gehört habe, dass "die Araber" erstmal ne ordentliche Aufklärung bräuchten, wie wir sie angeblich hatten, geht auf keine Kuhhaut. (Und ist zumindest in dieser Fassung ein unglaublicher Schmarrn, der mehr der Selbstbestätigung der eigenen Gruppe dient: wir sind die Aufgeklärten!, und von geradezu unfasslichem Desinteresse an der tatsächlichen arabischen wie europäischen Geschichte zeugt.)


Mir gefällt der Aufklärungsbegriff Kants ganz besonders:
Immanuel Kant hat folgendes geschrieben:

AUFKLÄRUNG ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.

Aufklärung hat jedenfalls mit dem Verhalten von Menschen zu tun. Insofern kann man sehr wohl von aufgeklärten Menschen sprechen. Das sind nämlich diejenigen, die sich gemäß der Aufklärung verhalten.

Du scheinst mir weiters auf zwei Hochzeiten tanzen zu wollen. Die Europäer als aufgeklärt zu bezeichnen, das lehnst du als anmaßend ab. Gleichzeitig lehnst du es aber ab die Araber als nicht aufgeklärt zu bezeichnen. Araber = aufgeklärt. Europäer nicht?

Wenn dein Aufklärungsbegriff nicht an Menschen festmachbar ist, dann scheint er mir bedeutungslos zu sein. Das ist ungefähr so wie der "Geist Europas", der erst durch die EU-Erweiterung endlich in die Türkei gelangen könne....

Huhu, Sokrateer,

nun hör ich dazu also noch was. Das ist schön.

Aufklärung, wie ich den Begriff fasse, ist kein Set von Gesetzen, Anweisungen, Verfahren oder gar Werten. Aufklärung ist ein Prozess, und zwar ein prinzipiell unendlicher: sich des eigenen Verstandes zu bedienen ist eine Reise, von der man zu keinem Zeitpunkt sagen kann, wohin sie noch führen wird.

Entsprechend halte ich es für nicht sinnvoll, davon zu sprechen, es würde sich jemand "gemäß der Aufklärung" verhalten. Das ist meines Erachtens ein falsches Verständnis von Aufklärung, ein Abchecken am Gesetzbuch. Problematisch ist für mein Gefühl auch die Formulierung "ein aufgeklärter Mensch". Das könnte man in Bezug auf einen bestimmten Gegenstand sagen (zB Sex), da wärs dann genau genommen aber ein belehrter Mensch - das wäre ein Verständnis von Aufklärung als Belehrung. (Übrigens auch kein unsinniges Verständnis; gefällt mir besser als das Verständnis, das darin einen Wertekanon sieht.)

Es gibt noch eine andere Möglichkeit. Du kannst die Aufklärung als eine Epoche betrachten (das wäre dann aber gerade nicht Kants Begriff) und kannst sagen, in Europa gab es diese (geistesgeschichtliche) Epoche, in der arabischen Welt nicht. Das kann man allerdings mit guten Gründen bestreiten (und dabei auf diverse Epochen verweisen, vom maurischen Islam bis zu den starken säkularen Phasen des 19. und 20. Jahrhunderts). Andererseits kann man sagen, in der europäischen Geistesgeschichte hat das "Enlightenment" eine ganz besondere Bedeutung, in der arabischen ist es damit nicht so weit her. Auch dafür spricht manches. Wiederum andererseits ist die Epoche der Aufklärung in Europa nicht so sehr vom selbstständigen Verstandes-Bedienen der Individuen geprägt gewesen, sondern vom aufgeklärten Absolutismus - ein Problem der an die Epoche der Aufklärung angelehnten Denkformen, das auch heute noch nicht so recht überwunden ist. Das alles scheint mir noch diskutabel.

Völlig unsinnig wird der Begriff aber m.E. bei der Formierung von Kollektiven. Willst Du ernsthaft behaupten, die Europäer bedienten sich ihres eigenen Verstandes ohne Leitung anderer? Und die Araber täten dies nicht? Diese beiden Behauptungen sind gar nicht "wahrheitsfähig", genauso wenig wie ihr Gegenteil es wäre. Es kann auch nicht "den Europäern" zugerechnet werden, was Kant schrieb, ebenso wenig wie ein wie auch immer definierter Islamismus "den Arabern" zuzurechnen ist. Bei dieser Konstruktion von Kollektiven horche ich auf, und mir fällt auf: Das reale Interesse an "der arabischen Welt" ist besonders bei diesen Abgrenzungskämpfen nicht stark ausgeprägt. Meine These ist: Hier gehts in erster Linie um "uns". Mit Hilfe des un-aufgeklärten Arabers fassen "wir" uns als Aufgeklärte und spalten im Zuge dieses Prozesses sowohl den Zweifel als auch das "Rückständige" und Destruktive ab; es bleibt dann bei den Arabern. Praktische Sache. Rächt sich aber ...

Mit der zersetzenden Tätigkeit des "eigenen Verstandes" hat das nichts zu tun.
_________________
Die niederen Alkanthiole sind widerlich riechende Flüssigkeiten ohne besondere praktische Bedeutung (Lautenschläger u.a. 1987, Chemie - Fakten und Gesetze). --- Die Ärmsten!
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#269472) Verfasst am: 02.03.2005, 23:38    Titel: Re: Aufklärung im arabischen Raum Antworten mit Zitat

Mautpreller hat folgendes geschrieben:

nun hör ich dazu also noch was. Das ist schön.·

Ich bin, wie schon erwähnt, kein Experte für den arabischen Raum. Ich halte lediglich die herkömmliche Sicht, wonach der arabische Raum die Aufklärung noch vor sich habe, für die plausibelste. Und diese Sicht vertreten Orientalisten, linke arabische Intellektuelle und liberale Islamexperten und Reformislamisten. (Tariq Ramadan, Bassam-Tibi, obwohl man die beiden eigentlich nicht in einem Atemzug nennen dürfte) Ich kann lediglich einen allgemeinen Senf über die Aufklärung dazu geben.

Maturpreller hat folgendes geschrieben:

das wäre ein Verständnis von Aufklärung als Belehrung

So wird der Begriff leider häufig verwendet. Darum kann es wohl nicht gehen.

Maturpreller hat folgendes geschrieben:

Es gibt noch eine andere Möglichkeit. Du kannst die Aufklärung als eine Epoche betrachten

Auch das ist für das Thema nicht von Belang.

Mautpreller hat folgendes geschrieben:

Meine These ist: Hier gehts in erster Linie um "uns". Mit Hilfe des un-aufgeklärten Arabers fassen "wir" uns als Aufgeklärte und spalten im Zuge dieses Prozesses sowohl den Zweifel als auch das "Rückständige" und Destruktive ab; es bleibt dann bei den Arabern. Praktische Sache. Rächt sich aber ...

Das ist ein Fehlschluss. Unangenehme Konsequenzen einer Behauptung entkräften die Behauptung nicht.

Ich kenne persönlich Menschen, die ich als unaufgeklärt bezeichnen würde. Das sind alte Leute vom Land, die ihrem eigenen Verstand nicht trauen und immer die Meinung der Kirche, der wichtigen Bauern, der Partei oder der Tradition über die eigene Vernunft stellen.

Dein Posting hat wenig Substanz. Du beschreibst die Aufklärung als Prozess. Fein. Aber du wirst nicht konkret. Woran kann man diesen Prozess erkennen? Was verändert dieser Prozess? Dein Aufklärungsbegriff bleibt nebulös, ja wirkt fast übernatürlich.

Über den arabischen Raum hast du nichts konkretes geschrieben, sondern wiederrum nur die Gegenposition angegriffen.

Ich habe jedenfalls gelesen, dass der arabische Raum enormen Wert auf das Auswendiglernen legt. Jemand, der seine Position per Zitat auf eine anerkannte Autorität stützen kann, ist hoch angesehen und er wird gehört. Jemand, der selber argumentiert, nicht.
Die arabische Kultur ist extrem obrigkeitshörig. Deshalb können Fortschritte auch nur immer dann erzielt werden, wenn Kleriker, Clanchefs oder Dorfälteste überzeugt werden. (Die jüngsten Erfolge bei der Bekämpfung von FGM konnten nur mit dieser Taktik erzielt werden)
Politik muss immer unter Berücksichtigung dieser Strukturen gemacht werden.
Dort, wo es anonyme Wahlen gibt, wird gewählt, was die mächtigen Männer empfehlen. Im Libanon kannst du anhand der Wahlergebnisse die Zahl der Christen, Shiiten und Sunniten ablesen, denn fast jeder wählt die Partei seiner Religion. Iraq detto.
Wann immer es Reformen geben soll, heißt es: "Aber nur im Einklang mit dem Islam!". Weit kommt man dann nicht. (Beispiele: Marokko und Pakistan hatten erst kürzlich so eine tolle Reform, wo dann nichts dabei rausgeschaut hat, bis auf die Abschaffung der einen oder anderen Tradition, die im Islam nicht verlangt wird.)
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Mautpreller
Ortograf



Anmeldungsdatum: 17.02.2005
Beiträge: 246

Beitrag(#269564) Verfasst am: 03.03.2005, 10:41    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Dein Posting hat wenig Substanz.

Danke ergebenst. Du kannst Dich mit meinen Argumenten befassen oder es bleiben lassen. Offenbar ziehst Du es vor, das bleiben zu lassen. Bittschön, bedien Dich. Dies jedoch mit der Behauptung zu verknüpfen, sie hätten "wenig Substanz", ist doch wohl'n büschen arg schwach.
Zitat:
Ich halte lediglich die herkömmliche Sicht, wonach der arabische Raum die Aufklärung noch vor sich habe, für die plausibelste. Und diese Sicht vertreten Orientalisten, linke arabische Intellektuelle und liberale Islamexperten und Reformislamisten.

Du redest wie George in einem anderen thread (oder ist das gegen die Netiquette? Dann nehm ichs zurück.) "Ich kenn berühmte Wissenschaftler, die sagen das und das." Es handelt sich hier vermutlich darum, sich des eigenen Verstandes ohne Leitung eines andern zu bedienen. Oder?
Zitat:
Ich kann lediglich einen allgemeinen Senf über die Aufklärung dazu geben.

Dann tus doch, Himmel nochmal!
Zitat:
Ich kenne persönlich Menschen, die ich als unaufgeklärt bezeichnen würde. Das sind alte Leute vom Land

Jaja. Woraus natürlich folgt, dass ... ja was wohl?
Zitat:
Ich habe jedenfalls gelesen ... Jemand, der seine Position per Zitat auf eine anerkannte Autorität stützen kann, ist hoch angesehen und er wird gehört. ... Dort, wo es anonyme Wahlen gibt, wird gewählt, was die mächtigen Männer empfehlen. ... (usw.)

Entschuldige, aber das ist lächerlich. Ich bin auch nicht grade 'n Experte für den "arabischen Raum". Aber immerhin hab ich schon von Frantz Fanon, Tariq Ali, Michel Afleck gehört - keine Einzelgänger, wenns recht ist. Nicht dass ich jetzt für die Experte wäre ...

Ich will mal noch'n paar Takte zum Aufklärungsbegriff sagen. Aufklärerisches Denken ist eine Bewegung, die (da sie auf eine Leitung bei der Anwendung des eigenen Verstandes verzichtet) vor nichts haltmacht. Sie untergräbt damit auch ihre eigenen metaphysischen Grundlagen (wie man z.B. in der "Dialektik der Aufklärung" beobachten kann). Und das ist auch gut so ... Sie erkennt vor allem, dass nichts dem Zweifel enthoben ist. So ist zum Beispiel unschwer zu erkennen (Du wolltest doch Erkennungszeichen!), dass eine identifikatorische Haltung: Wir haben die Aufklärung geschafft, wir sind nun aufgeklärt, jene hingegen nicht! prinzipiell nicht selbst aufklärerisch sein kann. In diesem Fall haben Resultate des Aufklärungsdenkens zu einer Stillstellung des Denkprozesses geführt. Wo man das reflexive Zurückschlagen des Aufklärungsprozesses auf sich selbst nicht mehr beobachten kann, ist Aufklärung am Ende. (Dagegen kann in der Kritik am Islam mit Mitteln des Islam durchaus ein aufklärerisches Element liegen.) Lessing hat in der Ringparabel so schön den Verlust des Echten, Authentischen vorgeführt, der m.E. notwendig zu einem richtig verstandenen Aufklärungsbegriff gehört. Er enthält die Trauer, die darum empfunden wird (über den vorkritischen Zustand der Unschuld - das verlorne Paradies), und die entschlossene Kritik des Scheins, man habe es nun (wieder oder neu, im Fundamentalismus z.B.), gleichermaßen.
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#269644) Verfasst am: 03.03.2005, 17:54    Titel: Antworten mit Zitat

Mautpreller hat folgendes geschrieben:

Du redest wie George in einem anderen thread (oder ist das gegen die Netiquette? Dann nehm ichs zurück.) "Ich kenn berühmte Wissenschaftler, die sagen das und das." Es handelt sich hier vermutlich darum, sich des eigenen Verstandes ohne Leitung eines andern zu bedienen. Oder?

Mit dem großen Unterschied, dass du es bist, der hier die abweichende Meinung vertritt. Also müsstest du eigentlich erkären, was dir an der gängigen Sicht nicht passt. Ich kann das ja nicht wissen, schließlich kann ich keine Gedanken lesen.

Mautpreller hat folgendes geschrieben:

Zitat:
Ich kann lediglich einen allgemeinen Senf über die Aufklärung dazu geben.

Dann tus doch, Himmel nochmal!

Genau das habe ich getan.

Mautpreller hat folgendes geschrieben:

Zitat:
Ich kenne persönlich Menschen, die ich als unaufgeklärt bezeichnen würde. Das sind alte Leute vom Land

Jaja. Woraus natürlich folgt, dass ... ja was wohl?

Nichts. Das ist nur ein Beispiel für jemanden der gemäß meinem Aufklärungsbegriff nicht aufgeklärt ist. Du kannst, wenn du willst statt dem Wort "Aufkärung" ein anderes Benutzen um die Eigenschaft zu beschrieben, die besagte Leute eben nicht haben. Oder streitest du etwa ab, dass es Menschen gibt, die ihrem eigenen Verstand nicht trauen?

Mautpreller hat folgendes geschrieben:

Zitat:
Ich habe jedenfalls gelesen ... Jemand, der seine Position per Zitat auf eine anerkannte Autorität stützen kann, ist hoch angesehen und er wird gehört. ... Dort, wo es anonyme Wahlen gibt, wird gewählt, was die mächtigen Männer empfehlen. ... (usw.)

Entschuldige, aber das ist lächerlich. Ich bin auch nicht grade 'n Experte für den "arabischen Raum". Aber immerhin hab ich schon von Frantz Fanon, Tariq Ali, Michel Afleck gehört - keine Einzelgänger, wenns recht ist. Nicht dass ich jetzt für die Experte wäre ...

Tariq Ali kannte ich; die anderen nicht. Laut Google sind das keine Soziologen, oder sehe ich das falsch? Tariq Ali verfolgt jedes Übel der arabischen Welt, à la Chomsky auf den Westen zurück. (Ganz ähnlich zu Edward Said)
Jedenfalls sind das nur einzelne Intellektuelle, oder was willst du mir damit sagen? Etwa dass diese Leute Beispiel für aufgeklärte Araber sein sollen? (Tariq Ali ist gar kein Araber) Aber das kann es wohl nicht sein, denn du lehnst es ja strikt ab Einzelpersonen oder irgendwelche Völker als aufgeklärt zu betrachten.

Immanuel Kant und Lessing lebten auch zu einer Zeit, die nicht aufgeklärt war, obwohl sie selbst diesen Prozess vorantrieben. Ich kann dir sogar aufklärerische Araber aus dem ersten Jahrtausend nennen. Viele davon wurden glyncht und er Theologe Ghazhali kam zum Schluß, dass schon die kleinste Abweichung vom islamischen Glaubenssystem und seien es nur Lächerlichkeiten, wie Dschinns oder das böse Auge, letztendlich zum Unglauben führt und daher bekämpft werden müsse. Einzelbeispiele für Rationalisten, Querdenker, Skeptiker sind also kein Beleg für eine aufklärerische Zeit.

Sorry, aber wenn du eine Auffassung über die Aufklärung im arabischen Raum vertreten willst, dann musst du schon auf Informationen über arabische Gesellschaften zurückgreifen. Das ist nicht fremdgeleitetes Denken. Wenn ich noch nie in China war, dann muss ich mich auf die Aussagen, Mitbringsel, Fotos usw. anderer verlassen. Ich kann nur entscheiden, welche Aussagen ich als plausibler betrachte. Aufkärung kann nicht die Ablehnung jeglicher Empirik sein.

Mautpreller hat folgendes geschrieben:

Ich will mal noch'n paar Takte zum Aufklärungsbegriff sagen. Aufklärerisches Denken ist eine Bewegung, die (da sie auf eine Leitung bei der Anwendung des eigenen Verstandes verzichtet) vor nichts haltmacht. Sie untergräbt damit auch ihre eigenen metaphysischen Grundlagen (wie man z.B. in der "Dialektik der Aufklärung" beobachten kann). Und das ist auch gut so ... Sie erkennt vor allem, dass nichts dem Zweifel enthoben ist. So ist zum Beispiel unschwer zu erkennen (Du wolltest doch Erkennungszeichen!), dass eine identifikatorische Haltung: Wir haben die Aufklärung geschafft, wir sind nun aufgeklärt, jene hingegen nicht! prinzipiell nicht selbst aufklärerisch sein kann. In diesem Fall haben Resultate des Aufklärungsdenkens zu einer Stillstellung des Denkprozesses geführt. Wo man das reflexive Zurückschlagen des Aufklärungsprozesses auf sich selbst nicht mehr beobachten kann, ist Aufklärung am Ende. (Dagegen kann in der Kritik am Islam mit Mitteln des Islam durchaus ein aufklärerisches Element liegen.) Lessing hat in der Ringparabel so schön den Verlust des Echten, Authentischen vorgeführt, der m.E. notwendig zu einem richtig verstandenen Aufklärungsbegriff gehört. Er enthält die Trauer, die darum empfunden wird (über den vorkritischen Zustand der Unschuld - das verlorne Paradies), und die entschlossene Kritik des Scheins, man habe es nun (wieder oder neu, im Fundamentalismus z.B.), gleichermaßen.

Vor allem der untere Teil erzeugt bei mir nur Frage Frage Frage

Zum Fettgedruckten:
Deiner Meinung nach ist jeder, der ein Kriterium postuliert, um eine Gruppe als aufgeklärt oder unaufgeklärt zu bezeichnen, selbst nicht aufgeklärt.
Aber das Fettgedruckte genügt genau dieser Bedingung! Du selbst teilst also Menschen in aufgekärt und unaufgeklärt ein und gehörst somit nach deiner eigenen Definition zu den Unaufgeklärten. Lachen

Deiner Definition nach ist also jeder Aufklärungsbegriff, der gemäß dem kritischen Rationalismus überprüfbar ist, abzulehnen. Damit ist dein Aufklärungsbegriff übernatürlich, oder paranormal und hat damit genausoviel Substanz wie "Seele" oder "Geist".
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Mautpreller
Ortograf



Anmeldungsdatum: 17.02.2005
Beiträge: 246

Beitrag(#269726) Verfasst am: 03.03.2005, 21:44    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Genau das habe ich getan.

Nein.

Frantz Fanon, Tariq Ali und Michel Afleck vertreten einflussreiche bzw. einflussreich gewesene politische Bewegungen im arabischen Raum, die sich Deinem Bild in keiner Weise fügen. Frantz Fanon (Les damnés de la terre, wichtig besonders für Algerien) einen antikolonialen und antiimperialen Sozialismus, Tariq Ali verschiedene Varianten sozialistischer bzw. trotzkistischer Demokratie (einer der Anführer eines erfolgreichen Volksaufstandes in Pakistan 1969), Michel Afleck einen panarabischen Nationalismus (Ba'ath) (nicht den heutigen von Saddam und Assad, schon eher den von Nasser ...). Es gäbe viele hinzuzufügen. Ich will keine Heiligsprechung dieser sehr unterschiedlichen Personen betreiben, ich weise lediglich darauf hin, dass Deine Vorstellung von Autoritäts- und Traditionshörigkeit im arabischen Raum entweder auf Unkenntnis oder auf grober Verzerrung beruht. Über Tariq Ali weißt Du übrigens offenbar auch nicht viel. Lies mal seinen "Brief an einen jungen Muslim" ...

Dass Du mich nicht verstehst, ist schade - aber ich habs eigentlich erwartet.

Deinen Gebrauch des PPP "aufgeklärt" beanstande ich ganz entschieden und ich weiß eigentlich nicht, warum ich das zehnmal schreiben soll. Ein "Aufklärungsbegriff", der "gemäß dem kritischen Rationalismus überprüfbar" sein soll, wäre der reine Unsinn. Ein Begriff, der trennscharf zeigt, wer dazu gehört und wer nicht, wäre aus eben diesem Grunde für die Beschreibung (eben durchaus unscharfer) sozialer Gruppierungen und Denkformen unbrauchbar (wie sich Dir leicht erschließen wird, wenn Du mal versuchst, deutsche Philosophen nach ihrer "Zugehörigkeit" zu Aufklärung, Romantik etc. einzuteilen - und Dich hinterher dann vielleicht auch noch fragst, wozu diese Arbeit denn wohl gut war ...). Sinnvoll kann aber z.B. ein kritischer Begriff sein, der die Anwendung eines Gedanken auf das eigene Denken hinterfragt. "Paranormal" finde ich recht lustig.

Meine Hauptkritik an Dir ist nicht, dass Du "die Araber" für unaufgeklärt erklärst, sondern dass Du mit eben diesem Kunstgriff "uns" für aufgeklärt erklärst. Diese identifikatorische Konstruktion hat mit dem, was Du von Kant zitierst, aber auch gar nichts zu tun. Es ist Erstarrung und Dogmatisierung früherer Resultate von Aufklärung.
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Anmeldungsdatum: 06.10.2004
Beiträge: 684

Beitrag(#269810) Verfasst am: 04.03.2005, 00:16    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:

Die Europäer als aufgeklärt zu bezeichnen


welche europär ???

die im big brother haus sind ?

die in den nachmittagstalkshows auftrettenden europärn ?

oder du als europär ?

du sokrateer bist aufgeklärt ?

wer ist der maßstab von aufklärung ??

wer kann sagen, wer wirklich aufgeklärt ist ??

für muslime ist europa wieder in der jahilyya !!!

kants aller weltsaussagen sind so konstruiert,
das keiner etwas dagegen sagen, muslime würden dem zustimmen,
aber anders lesen, genauso wie du es tust !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

also wer bist du, der weiß wer aufgeklärt ist und wer nicht ?????????
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#269814) Verfasst am: 04.03.2005, 00:22    Titel: Antworten mit Zitat

Mautpreller hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Genau das habe ich getan.

Nein.

Frantz Fanon, Tariq Ali und Michel Afleck vertreten einflussreiche bzw. einflussreich gewesene politische Bewegungen im arabischen Raum, die sich Deinem Bild in keiner Weise fügen. Frantz Fanon (Les damnés de la terre, wichtig besonders für Algerien) einen antikolonialen und antiimperialen Sozialismus, Tariq Ali verschiedene Varianten sozialistischer bzw. trotzkistischer Demokratie (einer der Anführer eines erfolgreichen Volksaufstandes in Pakistan 1969), Michel Afleck einen panarabischen Nationalismus (Ba'ath) (nicht den heutigen von Saddam und Assad, schon eher den von Nasser ...). Es gäbe viele hinzuzufügen. Ich will keine Heiligsprechung dieser sehr unterschiedlichen Personen betreiben, ich weise lediglich darauf hin, dass Deine Vorstellung von Autoritäts- und Traditionshörigkeit im arabischen Raum entweder auf Unkenntnis oder auf grober Verzerrung beruht.

Mitnichten. Ich habe ja nicht behauptet, dass sich nichts verändert, dass es keine politischen Parteien und Bewegungen gibt usw.
Populär und einflußreich wurden all diese Bewegungen (auch der Kemalismus), wenn sie sich zu dem entwickelten, was sie später waren. Vom späteren Ba'athismus hast du dich ja distanziert. Michel Aflaq tat das hingegen nicht. Ja, den schreibt man mit einem "q". Hab mal herumgegoogelt. Er verehrte die Nazis, begrüßte ihre Machtübernahme. Er sah die Araber als Herrenrasse und nahm im Regime seines großen Verehrers Saddam Hussein eine wichtige Stellung ein. Mit den Augen rollen

Auch der Hintergrund dieser Persönlichkeiten muss untersucht werden. Walid Jumblatt geht ja wegen der aktuellen Entwicklungen im Libanon wieder durch die Medien. Er ist liberaler Intellektueller, Sozialist und Revoluzzer zugleich. Heute wird er als Oppositionsführer. Er vertritt zwar die Verschwörungstheorie, wonach der 11.9. vom CIA geplant wurde, aber hey, Aufklärung schützt vor Verschwörungstheorien nicht.
Was selten erwähnt wird, ist dass er auch Erbfolger des mächtigsten Drusenclans ist. Damit hatte er Authorität, die er für seine Vorhaben nutzen konnte.

Warum du hier politische Parteien und Bewegungen als Beispiel anführst, ist mir unklar.
Arbeiteraufstände, Bauernaufstände, Arbeiterparteien, sowjetisch- oder nazifinanzierte politische Bewegungen, ...., was hat das alles mit Aufklärung oder soziologischen Betrachtungen zu tun?

Ich behaupte ja auch nicht Rosa Luxemburg sei der Beweis für die europäische Aufklärung. Ganz im Gegenteil, die politischen Parteien waren in Österreich bis in die 80er noch massive Vorgabe für fremdgeleitetes Denken. Dank den Grünen und Haider hat sich das geändert. Der Lack ist ab von den Parteiführern, deren Wort von braven Parteisoldaten wie eine heilige Schrift rezitiert wurde. Allerdings war die Alternative, die Haider anbot, nicht besser. Witzig war es einen Haider-Anhänger bei einer Ansicht zu erwischen, die Haider selbst ablehnt. "Der Haider ist da aber dagegen!" Das brachte seine Anhänger schnell durcheinander; verunsicherte sie.
Aber selbst das hat ein Ende genommen. Der Mann hat sich in den letzten glücklicherweise selbst demontiert, sodass ihn keiner mehr für voll nimmt.....

Mautpreller hat folgendes geschrieben:

Dass Du mich nicht verstehst, ist schade - aber ich habs eigentlich erwartet.

Deinen Gebrauch des PPP "aufgeklärt" beanstande ich ganz entschieden und ich weiß eigentlich nicht, warum ich das zehnmal schreiben soll. Ein "Aufklärungsbegriff", der "gemäß dem kritischen Rationalismus überprüfbar" sein soll, wäre der reine Unsinn.

Aha, für deinen Aufklärungsbegriff musst du schon mal die Erkenntnistheorie negieren.

Mautpreller hat folgendes geschrieben:

Ein Begriff, der trennscharf zeigt, wer dazu gehört und wer nicht,

Habe ich nicht verlangt. Das wäre ja zu schön. Du lieferst weder was scharfes, noch was unscharfes, sondern nur nicht falsifizierbares, nicht messbares, nicht fassbares, nicht realitätsgebundenes.

Mautpreller hat folgendes geschrieben:

Meine Hauptkritik an Dir ist nicht, dass Du "die Araber" für unaufgeklärt erklärst, sondern dass Du mit eben diesem Kunstgriff "uns" für aufgeklärt erklärst. Diese identifikatorische Konstruktion hat mit dem, was Du von Kant zitierst, aber auch gar nichts zu tun. Es ist Erstarrung und Dogmatisierung früherer Resultate von Aufklärung.

Was genau ist die Erstarrung? Vielleicht kannst du da ja was konkretes dazu sagen...
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#269822) Verfasst am: 04.03.2005, 00:38    Titel: Antworten mit Zitat

Muslim hat folgendes geschrieben:

welche europär ???

die im big brother haus sind ?

die in den nachmittagstalkshows auftrettenden europärn ?

Wenn sie sich ihre eigenen Gedanken machen und nicht ganz einfach die Überzeugungen von irgendwelchen Gurus übernehmen, dann sind sie es und das unabhängig davon, welche Aussagen die dort machen mögen.

Aber da ich keinen Fernseher habe und weder Big Brother, noch Nachmittagstalkshows schaue, kann ich das nicht so genau beurteilen. Du bist schließlich der Experte was westliche Dekadenz, 16-Jährige in Push-ups und dergleichen angeht. zwinkern

Muslim hat folgendes geschrieben:

für muslime ist europa wieder in der jahilyya !!!

Ja und das alte Ägypten und das antike Griechenland waren Dschahilia und Persien auch. Wann soll denn Europa nicht in der Dschahilia (Zeit der Ignoranz) gewesen sein? Daten, Fakten, archäologische Beweise?
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Critic
oberflächlich



Anmeldungsdatum: 22.07.2003
Beiträge: 16339
Wohnort: Arena of Air

Beitrag(#269853) Verfasst am: 04.03.2005, 03:27    Titel: Antworten mit Zitat

Muslim hat folgendes geschrieben:
Zitat:

Die Europäer als aufgeklärt zu bezeichnen


welche europär ???

die im big brother haus sind ?

die in den nachmittagstalkshows auftrettenden europärn ?


1. Nein, wider Erwarten halte ich "Big Brother", die Talk- und Gerichtsshows nicht für einen Hort der Kultur. Da wird vielmehr Personal, von dem gar nicht so sicher ist, daß es jemals lesen und schreiben gelernt hat, zu einer Art kultureller Elite aufgebauscht, und die Adressaten sind sogar noch so dumm, das unbesehen zu übernehmen. Das ist vielmehr so für das Proletariat, das heute nicht mehr den Anspruch hat, sich in irgendeiner Form zu bilden. Der ewig menschelnde Fliege und das betuliche Vorbild einer Nachmittags-Gerichtsshow mit Guido Neumann, wo seinerzeit und dann und wann - auch wenn die Themen teilweise ziemlich abseitig sind - noch halbwegs intellegible Exemplare der Gattung Mensch vorgeführt werden, mag da noch eine Ausnahme sein, ein Lindenblättchen in der alltäglichen "Leidkultur"...

2. Ich sehe ja eigentlich relativ viel fern: Heute z.B. "Kontraste" in der ARD. Da befanden dann nicht nur Muslime, sondern auch die eine oder andere Christin vom Balkan, daß Bestrafung - bis zum Ehrenmord? - für untreue Frauen durchaus rechtmäßig sei.

Dieses antiaufklärerische Denken ist gar nicht so sehr muslimisch, sondern viel stärker ethnisch und damit vorreligiös geprägt. Bei manchen Menschen ist das natürlich religiös überformt, daß sie meinen, die Frauen müßten sich verschleiern, weil Allah das gesagt habe, obwohl es eigentlich eher der überkommenen Tradition der patriarchalischen Gesellschaft ihrer Heimat entspricht.

3. Gleichzeitig aber gucken sich auch junge muslimische Männer gerne die freizügigen Frauen aus den dekadenten westlichen Videoclips an zwinkern. Steckt da nicht eine gewisse Doppelmoral dahinter?

Aber es geht noch um eine ganz andere Befindlichkeit: Warum maßregelt eine Religion das Leben der Menschen im Diesseits, verspricht ihnen aber jene Vergnügungen für das Jenseits, die sie sich hier versagen mußten? Das hat von meinem Standpunkt aus gar keine Logik. (Ich beziehe mich da auf die angeblichen Jungfrauen, die Selbstmordattentätern von der Seite ihrer Terrorpaten versprochen werden, die dann ziemlich sicher nicht in Sack und Asche herumlaufen werden wie sie verfügen, daß die Frauen im Diesseits tun müßten, sondern gerade im westlich-dekadenten Sinne...)
_________________
"Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"

Dann bin ich halt bekloppt. Mit den Augen rollen

"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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vanitas
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Anmeldungsdatum: 28.01.2005
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Beitrag(#269860) Verfasst am: 04.03.2005, 04:19    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Mautpreller hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Genau das habe ich getan.

Nein.

Frantz Fanon, Tariq Ali und Michel Afleck vertreten einflussreiche bzw. einflussreich gewesene politische Bewegungen im arabischen Raum, die sich Deinem Bild in keiner Weise fügen. Frantz Fanon (Les damnés de la terre, wichtig besonders für Algerien) einen antikolonialen und antiimperialen Sozialismus, Tariq Ali verschiedene Varianten sozialistischer bzw. trotzkistischer Demokratie (einer der Anführer eines erfolgreichen Volksaufstandes in Pakistan 1969), Michel Afleck einen panarabischen Nationalismus (Ba'ath) (nicht den heutigen von Saddam und Assad, schon eher den von Nasser ...). Es gäbe viele hinzuzufügen. Ich will keine Heiligsprechung dieser sehr unterschiedlichen Personen betreiben, ich weise lediglich darauf hin, dass Deine Vorstellung von Autoritäts- und Traditionshörigkeit im arabischen Raum entweder auf Unkenntnis oder auf grober Verzerrung beruht.

Mitnichten. Ich habe ja nicht behauptet, dass sich nichts verändert, dass es keine politischen Parteien und Bewegungen gibt usw.
Populär und einflußreich wurden all diese Bewegungen (auch der Kemalismus), wenn sie sich zu dem entwickelten, was sie später waren. Vom späteren Ba'athismus hast du dich ja distanziert. Michel Aflaq tat das hingegen nicht. Ja, den schreibt man mit einem "q". Hab mal herumgegoogelt. Er verehrte die Nazis, begrüßte ihre Machtübernahme. Er sah die Araber als Herrenrasse und nahm im Regime seines großen Verehrers Saddam Hussein eine wichtige Stellung ein. Mit den Augen rollen

Auch der Hintergrund dieser Persönlichkeiten muss untersucht werden. Walid Jumblatt geht ja wegen der aktuellen Entwicklungen im Libanon wieder durch die Medien. Er ist liberaler Intellektueller, Sozialist und Revoluzzer zugleich. Heute wird er als Oppositionsführer. Er vertritt zwar die Verschwörungstheorie, wonach der 11.9. vom CIA geplant wurde, aber hey, Aufklärung schützt vor Verschwörungstheorien nicht.
Was selten erwähnt wird, ist dass er auch Erbfolger des mächtigsten Drusenclans ist. Damit hatte er Authorität, die er für seine Vorhaben nutzen konnte.

Warum du hier politische Parteien und Bewegungen als Beispiel anführst, ist mir unklar.
Arbeiteraufstände, Bauernaufstände, Arbeiterparteien, sowjetisch- oder nazifinanzierte politische Bewegungen, ...., was hat das alles mit Aufklärung oder soziologischen Betrachtungen zu tun?

Ich behaupte ja auch nicht Rosa Luxemburg sei der Beweis für die europäische Aufklärung. Ganz im Gegenteil, die politischen Parteien waren in Österreich bis in die 80er noch massive Vorgabe für fremdgeleitetes Denken. Dank den Grünen und Haider hat sich das geändert. Der Lack ist ab von den Parteiführern, deren Wort von braven Parteisoldaten wie eine heilige Schrift rezitiert wurde. Allerdings war die Alternative, die Haider anbot, nicht besser. Witzig war es einen Haider-Anhänger bei einer Ansicht zu erwischen, die Haider selbst ablehnt. "Der Haider ist da aber dagegen!" Das brachte seine Anhänger schnell durcheinander; verunsicherte sie.
Aber selbst das hat ein Ende genommen. Der Mann hat sich in den letzten glücklicherweise selbst demontiert, sodass ihn keiner mehr für voll nimmt.....

Mautpreller hat folgendes geschrieben:

Dass Du mich nicht verstehst, ist schade - aber ich habs eigentlich erwartet.

Deinen Gebrauch des PPP "aufgeklärt" beanstande ich ganz entschieden und ich weiß eigentlich nicht, warum ich das zehnmal schreiben soll. Ein "Aufklärungsbegriff", der "gemäß dem kritischen Rationalismus überprüfbar" sein soll, wäre der reine Unsinn.

Aha, für deinen Aufklärungsbegriff musst du schon mal die Erkenntnistheorie negieren.

Mautpreller hat folgendes geschrieben:

Ein Begriff, der trennscharf zeigt, wer dazu gehört und wer nicht,

Habe ich nicht verlangt. Das wäre ja zu schön. Du lieferst weder was scharfes, noch was unscharfes, sondern nur nicht falsifizierbares, nicht messbares, nicht fassbares, nicht realitätsgebundenes.

Mautpreller hat folgendes geschrieben:

Meine Hauptkritik an Dir ist nicht, dass Du "die Araber" für unaufgeklärt erklärst, sondern dass Du mit eben diesem Kunstgriff "uns" für aufgeklärt erklärst. Diese identifikatorische Konstruktion hat mit dem, was Du von Kant zitierst, aber auch gar nichts zu tun. Es ist Erstarrung und Dogmatisierung früherer Resultate von Aufklärung.

Was genau ist die Erstarrung? Vielleicht kannst du da ja was konkretes dazu sagen...


Wollt oder könnt ihr euch nicht verstehen?
Ich kann nicht ganz begreifen weshalb hier derart Widersprüche aufgebauscht werden müssen, wo eigentlich nur verschiedene Perspektiven wetteifern.

Mal ein Beispiel für unsere mystische Aufklärungsbegrifflichkeit:
Globalisierung ist ein Prozess, er beschreibt die zunehmende Vernetzung verschiedenster Prozesse, vor allem des Handels und der Kultur.
Gibt es Protagonisten der Globalisierung? Sicher könnte man einige besonders aktive Personen als Globalisierer bezeichen. Sind diese Menschen jedoch globalisiert (bspw. im Denken)? Nein, das würde ja bedeuten sie würden über unserer eingeschränkten Erfahrungswelt hinaus ragen können.
Gibt es ein Zeitalter der Globalisierung? Ja, man bezeichnet die modernen Ausmasse dieses Prozesses als Zeitalter der Globalisierung, der Prozess selbst existiert jedoch schon seit es überhaupt Menschen gibt bzw. in einem übertragenen Sinne auch schon vorher.
Gibt es eine globalisierte Welt? Nein, wie sollte man sich eine beendete, absolute Globalisierung vorstellen?
Kann man den Begriff eines globalisierten Wirtschaftsraums verwenden um im Gegenzug beschreiben zu können, dass Afrika aus dieser Globalisierung größtenteils ausgeschlossen wird, also globalisierter Wirtschaftsraum als Kontrastbegriff zum weniger globalisierten Wirtschaftsraum? Ja kein Problem, ein Begriff hat immer seine definierte Bedeutung und wenn man will kann man auch seinen Hund Globalisierung nennen.
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Sokrateer
souverän



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Beitrag(#270089) Verfasst am: 04.03.2005, 16:36    Titel: Antworten mit Zitat

Also der Vergleich mit der Globalisierung hinkt ja gewaltig. Globalisierung hat schon mal nichts mit menschlichem Denken zu tun.

Bei der Globalisierung geht es um wirtschaftliche Interaktion. Man kann sie an Warenflüssen, oder an Gesetzen erkennen. (Meistbegünstigungsklausel, Freihandel, niedrige, oder keine Zölle, hoher Austausch von Waren, wenig vollständige lokale Produktion (Erdäpfel werden nach Italien zum Waschen gebracht, dann nach Spanien zum Schälen, usw.)

Man kann sie auch an ihren negativen Folgen erkennen. Konzernbosse drohen mittlerweile unverhohlen Standorte zu verlegen, wenn gewisse Forderungen nicht erfüllt werden. Früher wäre das wegen flexiblerer Zölle nicht möglich gewesen.

Globalisierung erkennt man auch über die Konsolodierung von Unternehmen über Landesgrenzen hinweg. In Österreich gibt es zum Beispiel nur mehr eine Supermarktkette im österreichischem Besitz. Das gleiche gilt für Banken. Wenn die wichtigsten Kapitalisten nicht mehr im eigenen Land sitzen, sondern im Ausland, dann ist das Globalisierung. Die Nahrungsmittelindustrie fest ist in der Hand von einer Handvoll Unternehmen (Nestlé, Nabisco, Procter&Gamble, ...).
Die Konsolodierung auf dem Biermarkt wäre auch so ein Beispiel.

Eine Zeit lang wurde die Globalisierung von Politikern mit entsprechenden Gesetzesvorhaben aktiv vorangetrieben und als große Chance beworben. Umgekehrt gibt es viele, die die negativen Effekte der Globalisierung merken und sich dagegen auflehnen.

Das alles sind Merkmale, die man in der Realität beobachten kann, keine abgehobenen Semantikspielchen.

Ein Globalisierter Hund hingegen, das ergibt keinen Sinn


Zuletzt bearbeitet von Sokrateer am 04.03.2005, 17:11, insgesamt einmal bearbeitet
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Sokrateer
souverän



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Beitrag(#270108) Verfasst am: 04.03.2005, 17:09    Titel: Antworten mit Zitat

Critic hat folgendes geschrieben:

Das ist vielmehr so für das Proletariat, das heute nicht mehr den Anspruch hat, sich in irgendeiner Form zu bilden.

Frage
Soweit ich weiß steigt der durchschnittliche IQ nach wie vor. Wo ist das Problem?

Witzig finde ich es ja, dass diejenigen, die an Talkshows den Untergang des Abendlandes erkennen wollen, solche Experten darin sind.

Menschen streiten sich nun mal, manche mehr, manche weniger, manche um Wichtiges, manche um Nichtiges. Menschen sind weiters an Konflikten interessiert, manche mehr, manche weniger. Folglich ist es kein Wunder, dass es Fernsehsendungen gibt, in denen sich Leute um Nichtiges streiten und Menschen die sich das gerne ansehen. Das ist halt menschlich.

In den islamischen Ländern gibt es übrigens auch BigBrother&Co. Der erste BigBrother Arabiens musste allerdings abgebrochen werden. Ein männlicher arabischer Herrenmensch küsste einen weiblichen malaysischen Untermenschen auf die Wange. Das führte zum Eklat und zur Beendigung der Sendung.

Critic hat folgendes geschrieben:

2. Ich sehe ja eigentlich relativ viel fern: Heute z.B. "Kontraste" in der ARD. Da befanden dann nicht nur Muslime, sondern auch die eine oder andere Christin vom Balkan, daß Bestrafung - bis zum Ehrenmord? - für untreue Frauen durchaus rechtmäßig sei.

Dieses antiaufklärerische Denken...

Wieso ist die Befürwortung der Steinigung inhärent antiaufklärerisch? Trifft das auf die Todesstrafe generell zu? Auf Strafe generell? Wo ziehst du die Grenze? An dieser Stelle wäre auch interessant zu wissen, was die berühmten Aufklärer von Prügelstrafe, Todesstrafe und Ehezucht hielten. Nietzsche's Ansichten dürften ja bekannt sein.

Laut meinem und Kants Aufklärungsbegriff reicht es, wenn das Thema frei und nicht fremdbestimmt diskutiert wird. Das Ergebnis dieser Diskussion ist dafür nicht relevant.

Im Übrigen sollte dir auch klar sein, dass die Gäste in Talkshows entsprechend vorselektiert sind. Für einen Hundekampf nimmt man ja auch kein harmloses Schoßhündchen, sondern einen bissigen, agressiven Köter. Eine Talkshow, in der alle geshlossen gegen die Steinigung sind, ist ziemlich fad.
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vanitas
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Beitrag(#270545) Verfasst am: 05.03.2005, 16:22    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Also der Vergleich mit der Globalisierung hinkt ja gewaltig. Globalisierung hat schon mal nichts mit menschlichem Denken zu tun.

Bei der Globalisierung geht es um wirtschaftliche Interaktion. Man kann sie an Warenflüssen, oder an Gesetzen erkennen. (Meistbegünstigungsklausel, Freihandel, niedrige, oder keine Zölle, hoher Austausch von Waren, wenig vollständige lokale Produktion (Erdäpfel werden nach Italien zum Waschen gebracht, dann nach Spanien zum Schälen, usw.)

Man kann sie auch an ihren negativen Folgen erkennen. Konzernbosse drohen mittlerweile unverhohlen Standorte zu verlegen, wenn gewisse Forderungen nicht erfüllt werden. Früher wäre das wegen flexiblerer Zölle nicht möglich gewesen.

Globalisierung erkennt man auch über die Konsolodierung von Unternehmen über Landesgrenzen hinweg. In Österreich gibt es zum Beispiel nur mehr eine Supermarktkette im österreichischem Besitz. Das gleiche gilt für Banken. Wenn die wichtigsten Kapitalisten nicht mehr im eigenen Land sitzen, sondern im Ausland, dann ist das Globalisierung. Die Nahrungsmittelindustrie fest ist in der Hand von einer Handvoll Unternehmen (Nestlé, Nabisco, Procter&Gamble, ...).
Die Konsolodierung auf dem Biermarkt wäre auch so ein Beispiel.

Eine Zeit lang wurde die Globalisierung von Politikern mit entsprechenden Gesetzesvorhaben aktiv vorangetrieben und als große Chance beworben. Umgekehrt gibt es viele, die die negativen Effekte der Globalisierung merken und sich dagegen auflehnen.

Das alles sind Merkmale, die man in der Realität beobachten kann, keine abgehobenen Semantikspielchen.

Ein Globalisierter Hund hingegen, das ergibt keinen Sinn


Ein Vergleich dient zum vergleichen und nicht zum erklären. Man kann auch Äpfel mit Birnen vergleichen, jedoch dann zu sagen der Vergleich wäre unsinnig weil Äpfel nicht auf Birnbäumen wachsen klingt recht merkwürdig. Konkret, Globalisierung und Aufklärung sind nicht an sich ähnlich, jedoch haben sie teilweise recht ähnliche Begriffverwirrrungen. Bei dem einen geht es um Freihandel bei dem anderen um Presse- und Meinungsfreiheit, unterschiedliche Dinge doch immer auch elementare Forderungen des jeweiligen Prozesses.

Das spielen mit Semantik ist dir ja aber auch nicht so fremd. Die Spiele mit kritischen Rationalismus, Falsifizierbarkeit und einem aus praktischen Gründen statisch gemachten Aufklärungsbegriff sind nicht immer nachvollziehbar. In vielen Punkten kann ich euch beiden zustimmen und die wirklichen Widerprüche sind minimal und unbedeutend. Das der Kantsche Aufklärungsbegriff umstritten ist, für mich gerade in der Unterscheidung zwischen persönlicher und öffentlicher Freiheit, ist ja auch nicht der wesentliche Streitpunkt. Aber einen individuellen Aufklärungsbegriff mit einen soziologisch-historischen Aufklärungsbegriff zu vergleichen und dann das jeweilig andere abzulehnen weil es den eigenen Methoden nicht entspricht wirkt unsinnig. Auch verteidigt Mautpreller einen Aufklärungsbegriff den du mit den Worten "Mir gefällt der Aufklärungsbegriff Kants ganz besonders: " zitiert hast.

Mal ein Auszug: "aufgeklärter Mensch"

Sokrateer = Ein Mensch der sich nach den Idealen der Aufklärung richtet und versucht diese zu realisieren. Also der aufgeklärte Mensch als Mensch der über die Aufklärung aufgeklärt ist (schönes Wortspiel), ein Protagonist der Aufklärung, jemand der versucht diesen Prozess voran zu treiben. (bei Mautpreller wohl der "aufklärende Mensch" oder der "Aufklärer")

Mautpreller = Ein theoretischer Mensch der seiner Meinung nach den Gipfel des Aufklärungsprozesses erreicht hat und von hier aus nun den anderen zusieht wie sie diesen Gipfel entgegen streben. Kritik: diesen Gipfel gibt es nicht und wer ihn definiert erklärt den Reifungsprozess seines Verstandes für beendet (Trilemma), kann also kein Aufklärer mehr sein. Gleichzeitig stellt sich dann natürlich auch die Frage ob ein Mensch wirklich einem solchen Ideal des sich nie als fertig verstehenden Menschen akzeptieren kann, da er ja Gefahr läuft im Sumpf der Letztbegründungen unterzugehen. Selbst Kant entspricht mit seinem moralischen Gesetz und dem Dogma eines Gottes nicht ganz diesem Ideal.

Man es nun Sinn sich über die Existenz eines aufgeklärten Menschen zu streiten wenn man ihn unterschiedlich definiert? Für mich wirkt das ganze absurd.


PS: Das Beispiel mit dem Hund war zwar nicht ernst gemeint hat aber auch etwas für sich:
Globalisierung sitz
Globalisierungs bei Fuß
Globalisierungs hols Stöckchen
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Sokrateer
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Beitrag(#270554) Verfasst am: 05.03.2005, 16:59    Titel: Antworten mit Zitat

vanitas hat folgendes geschrieben:

Mal ein Auszug: "aufgeklärter Mensch"

Sokrateer = Ein Mensch der sich nach den Idealen der Aufklärung richtet und versucht diese zu realisieren. Also der aufgeklärte Mensch als Mensch der über die Aufklärung aufgeklärt ist (schönes Wortspiel), ein Protagonist der Aufklärung, jemand der versucht diesen Prozess voran zu treiben. (bei Mautpreller wohl der "aufklärende Mensch" oder der "Aufklärer")

Da hast du mich leider komplett falsch verstanden.

Ein aufgeklärter Mensch ist für mich jemand, der nicht fremdgeleitet denkt, der Mut hat selbst zu denken, der Vertrauten in den eigenen Verstand hat. Siehe nochmal das Zitat Kants.

Aufklärung verlangt nicht die Aufklärung voranzutreiben oder sie zu befürworten. Es gibt eine Reihe von aufgeklärten Persönlichkeiten, die gegen die Aufklärung arbeiten. Gerade Ideologen radikaler Gruppierungen gehören dazu. Das sind Leute, die schon selber denken, aber auch wollen, dass alle anderen exakt so denken wie sie und das nicht über Argumentation, sondern Zensur, Organisation, Frontalunterricht, Gewalt, usw. erreichen.

Aufklärung verlangt auch nicht über die Aufklärung informiert zu sein. Die Gäste von den Nachmittagstalkshows, die ich sehr wohl als aufgeklärt ansehe, haben wohl im Schnitt wenig Wissen über die Auklärung.

Weiters siehst du meinen Aufklärungsbegriff als statisch. "Unterwegs sein" ist auch ein Zustand. "Beschleunigung" ist auch ein Zustand. Ein Zustand bedeutet nicht, dass sich nichts ändert.

Ist Europa perfekt aufgeklärt? Sicher nicht und noch lange nicht.
Genauso gibt es keinen perfekten Kreis auf dieser Welt. Sollen wir deshalb das Kreisbegriff aus unserem Wortschatz streichen und aufhören Objekte als Kreise zu bezeichnen?
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Mautpreller
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Anmeldungsdatum: 17.02.2005
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Beitrag(#271178) Verfasst am: 07.03.2005, 11:15    Titel: Antworten mit Zitat

Nun muss ich hier doch mal 'n bisschen Antworten verteilen.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Warum du hier politische Parteien und Bewegungen als Beispiel anführst, ist mir unklar.

Weil politische Parteien und Bewegungen, wenn sie sich als durchsetzungsfähig erweisen, doch wohl zeigen, welche Art von Denken und Politikmachen in einem Raum durchsetzungsfähig sind. Wenn man unbedingt im Singular vom "arabischen Raum" sprechen will, dann kann man das vernünftig nur, wenn man den Faktor der Politik wenigstens einbezieht. Ich habe Beispiele für starke säkulare Bewegungen genannt, die sich übrigens durchaus an den Vorbildern der aufklärerischen Kritik orientiert haben. Auch und gerade in ihrer Kritik des Westens!
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Aha, für deinen Aufklärungsbegriff musst du schon mal die Erkenntnistheorie negieren.

Die Vorstellung, es gäbe "die Erkenntnistheorie", die man negieren könnte, ist das klassische Beispiel eines Dogmas. Du springst mit der Aufklärung um wie mit einer Kirche.
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Was genau ist die Erstarrung?

Ein Beispiel für Erstarrung. - Eine klassische aufklärerische Figur ist die Kritik der Religion als verhimmelte Form irdischer Zustände und/oder Wünsche. Sie erledigt sich prinzipiell auch nicht. Doch wenn nun daraus der Schluss gezogen wird, man müsse sozusagen Himmel durch Erde ersetzen und wer dies nicht wolle, sei nur noch nicht so weit, ist die Erstarrung da. Denn ganz offensichtlich hängen an der Religion erhebliche Hoffnungen und Wünsche, die man nicht einfach umpflanzen kann und die sie nach wie vor attraktiv halten für viele. Eine dogmatisierte Aufklärung, die diese Wünsche und Hoffnungen, sozusagen das utopische Potenzial der Religion nicht zu sehen vermag, wird platt und plump. Sie kann zum Herrschaftsinstrument werden und ist es historisch auch geworden (und damit gerade zum Gegenteil des selbstständigen Denkens). Eine lebendige Aufklärung sollte weiter die Frage stellen: Was ist es an der Wirklichkeit, das die Leute Zuflucht zur Religion nehmen lässt? Sie sollte zum Beispiel die Frage stellen: Was ist es an der Wirklichkeit "im arabischen Raum", was zunächst säkulare und dann wieder religiöse Ideen attraktiv machte? Es gibt dann natürlich eine weitere Form der Dogmatisierung, die Du selbst erwähntest: diejenige nämlich, dass die Leute niemals etwas dafür könnten, was sie selber machen und denken, sondern dies alles durch die Umstände bedingt sei. Auch dabei kann aufklärerisches Denken nicht stehen bleiben. Es muss weiter fragen: Wie kommen nun Leute dazu, sich ausgerechnet dem Islam unterzuordnen? (Denn zumindest diejenigen, die islamistische Bewegungen anführen, sind durchaus welche, die in der Lage sind, selbst zu denken - und das auch tun.) Diese ständige Bewegung ist ein Spezifikum aufklärerischen Denkens (denn das Denken lässt sich nicht stoppen, sofern man es nicht selbst stoppt).
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Globalisierung hat schon mal nichts mit menschlichem Denken zu tun.

Meinst du das ernst?
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Laut meinem und Kants Aufklärungsbegriff reicht es, wenn das Thema frei und nicht fremdbestimmt diskutiert wird. Das Ergebnis dieser Diskussion ist dafür nicht relevant.

Das ist offenbar dein Aufklärungsbegriff, Kants ist es nicht. Was Kant mit dem Ausgang des Menschen aus seiner selbstbestimmten Unmündigkeit meint", ist etwas anderes. "Wenn denn nun gefragt wird: Leben wir jetzt in einem aufgeklärten Zeitalter? so ist die Antwort: Nein, aber wohl in einem Zeitalter der Aufklärung" - ja wie mag das zu interpretieren sein? Da gibts nur eine Antwort: als Prozess der Selbstbefreiung. "Satzungen und Formeln, diese mechanischen Werkzeuge eines vernünftigen Gebrauchs oder vielmehr Mißbrauchs seiner Naturgaben, sind die Fußschellen einer immerwährenden Unmündigkeit. Wer sie auch abwürfe, würde dennoch auch über den schmalsten Graben einen nur unsicheren Sprung tun, weil er zu dergleichen freier Bewegung nicht gewöhnt ist. Daher gibt es nur Wenige, denen es gelungen ist, durch eigene Bearbeitung ihres Geistes sich aus der Unmündigkeit heraus zu wickeln und dennoch einen sicheren Gang zu tun. " Ein schönes Beispiel für Kritik an Dogmatisierung der Aufklärung (nämlich die für Kant bereits überkommene, von Leibniz und Thomasius und was weiß ich wem herkommende Aufklärung des 17. und 18. Jahrhunderts, die so groß in Satzungen und Formeln war ...)

@vanitas: ich halte den Unterschied nicht für geringfügig. Für meinen Eindruck geht es hier darum, ob man vom Standpunkt des (angeblich) erreichten Ziels die Leute in "Kulturen" oder "Räume" o.ä einteilt und damit (zumindest im eigenen Hirn) einsperrt oder ob man die Dynamik des aufklärerischen Denkens weitertreiben will. Das halte ich für eine sehr wichtige Frage. Wos aber ums wechselseitige Verstehen geht - ich habe einige Versuche unternommen, Sokrateers Texte zu interpretieren, um rauszukriegen, wie er es meint; allmählich gelingt mir das (hoffentlich). Ob Sokrateer das auch versucht, weiß ich nicht; zumindest strengt er sich nicht sonderlich an?
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vanitas
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Beitrag(#271364) Verfasst am: 07.03.2005, 18:02    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Ist Europa perfekt aufgeklärt? Sicher nicht und noch lange nicht.
Genauso gibt es keinen perfekten Kreis auf dieser Welt. Sollen wir deshalb das Kreisbegriff aus unserem Wortschatz streichen und aufhören Objekte als Kreise zu bezeichnen?


Ist es falsch zu sagen das ist aber in Wirklichkeit gar kein Kreis sondern eine Ellipse? Wäre dies nicht trotzdem richtig und sogar korrekter als ein falsch verstandener Alltagsbegriff? Wo wäre die Wissenschaft wenn sie Begriffe wie Zeit oder Gleichzeitigkeit im Sprachgebrauch eines Durchschnittsbürgers verwenden würde und alles andere gleich als "semantische Wortspielereien" abstempelt?

Sokrateer hat folgendes geschrieben:

Da hast du mich leider komplett falsch verstanden.

Ein aufgeklärter Mensch ist für mich jemand, der nicht fremdgeleitet denkt, der Mut hat selbst zu denken, der Vertrauten in den eigenen Verstand hat. Siehe nochmal das Zitat Kants.



So diametral entgegen gesetzt sehe ich meine und deine Definition des "aufgeklärten Menschen" garnicht. Es bringt hier auch nicht viel allein die Kurzform des Kantschen Aufklärungsbegriffes zu betrachten, daher die folgenden Zitate (teilweise schon bei Mautpreller) oder den Gesamttext "Was ist Aufklärung?" bei Wikisouces (Google hilft auch).

Kant: „Wenn denn nun gefragt wird: Leben wir jetzt in einem aufgeklärten Zeitalter? so ist die Antwort: Nein, aber wohl in einem Zeitalter der Aufklärung. Daß die Menschen, wie die Sachen jetzt stehen, im ganzen genommen, schon im Stande wären, oder darin auch nur gesetzt werden könnten, in Religionsdingen sich ihres eigenen Verstandes ohne Leitung eines andern sicher und gut zu bedienen, daran fehlt noch sehr viel. Allein, daß jetzt ihnen doch das Feld geöffnet wird, sich dahin frei zu bearbeiten, und die Hindernisse der allgemeinen Aufklärung, oder des Ausganges aus ihrer selbst verschuldeten Unmündigkeit, allmählich weniger werden, davon haben wir doch deutliche Anzeigen. In diesem Betracht ist dieses Zeitalter das Zeitalter der Aufklärung, oder das Jahrhundert Friederichs.“

Wenn man dies konsequent zuende denkt kann es kein aufgeklärtes Zeitalter nach Kantscher Definition geben und da ist nichts zu diskutieren und dies ist auch ganz einfach jedweder Erkenntnismethode zugänglich. Setze für Kirche irgendeine der Physik bzw. der Realität nicht entsprechende intuitive Vorstellung ein und du wirst sehen das der Mensch niemals in der Lage sein wird ohne diese Krücken der Unmündigkeit zu Leben. Es gibt keinen absolut aufgeklärten (=mündigen) Menschen und eben kein wirklich aufgeklärtes Zeitalter. Das sagst du ja auch, bitte berücksichtige dies auch konsequent. Nach Kant gehört hierzu aber auch noch mehr, was man in den folgenden Abschnitten gut sieht. Das Motto der Aufklärung sollte man auch nicht mit der Definition der Aufklärung verwechseln.
Ist dies nun Pedanterie einiger Fanatiker des Aufklärungsbegriffes? Es ist nicht mehr und nicht weniger als ein recht exakter Begriff der Aufklärung nach Kant (die Probleme sind an anderer Stelle).
Wo liegt der enorme Widerspruch zwischen meinem "Ein Mensch der sich nach den Idealen der Aufklärung richtet und versucht diese zu realisieren." (Idealen der Aufklärung= selbstbestimmtes Denken, öffentliche Freiheit) und deinem "Ein aufgeklärter Mensch ist für mich jemand, der nicht fremdgeleitet denkt, der Mut hat selbst zu denken, der Vertrauten in den eigenen Verstand hat."? Wieso verlangt die Aufklärung von jemand der sich als aufgeklärten Menschen (nach deiner Def.) versteht nicht auch das dieser die Aufklärung voran treibt, also deren Ideale umsetzt bzw. versucht diese umzusetzen (zumindest in Bezug auf sich selbst)? Wie kann ein Mensch sich nach den "Idealen der Aufklärung" richten und gleichzeitig nichts im Sinne der Aufklärung tun?

PS: Was ist genau mit Vertrauen auf den Verstand gemeint? Ob Vertrauen und Erkenntnis sich vertragen wage ich zu bezweifeln. Etwas besser als das Vertauen auf die eigene Wahrnehmung oder die Aussagen des Hobbydemagogen aus der Nachbarschaft, trotzdem halte ich den Begriff Vertrauen hier generell für problematisch. Gerade Misstrauen gegenüber sich selbst und seinem Empfinden, Denken und nicht zuletzt dem Verstand ist ein elementares Charakteristika für Wissenschaft. Das hat auch Grenzen der Akzeptanz bestimmten Wissens bzw. der Methoden, jedoch wäre ein Gleichsetzen von Akzeptanz und Vertrauen etwas potentiell erkenntnisfeindliches, wenn es sich auch "menschlich" und intuitiv gebiert, also eigentlich ganz normal und "selbstverständlich" ist. Dazu hat Kant in seinen 3 Kritiken auch das "ein oder andere" geschrieben.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Aufklärung verlangt nicht die Aufklärung voranzutreiben oder sie zu befürworten. Es gibt eine Reihe von aufgeklärten Persönlichkeiten, die gegen die Aufklärung arbeiten. Gerade Ideologen radikaler Gruppierungen gehören dazu. Das sind Leute, die schon selber denken, aber auch wollen, dass alle anderen exakt so denken wie sie und das nicht über Argumentation, sondern Zensur, Organisation, Frontalunterricht, Gewalt, usw. erreichen.


Kant: „Ein Zeitalter kann sich nicht verbünden und darauf verschwören, das folgende in einen Zustand zu setzen, darin es ihm unmöglich werden muß, seine (vornehmlich so sehr angelegentliche) Erkenntnisse zu erweitern, von Irrtümern zu reinigen, und überhaupt in der Aufklärung weiter zu schreiten. Das wäre ein Verbrechen wider die menschliche Natur, deren ursprüngliche Bestimmung gerade in diesem Fortschreiten besteht; und die Nachkommen sind also vollkommen dazu berechtigt, jene Beschlüsse, als unbefugter und frevelhafter Weise genommen, zu verwerfen.“

Kant: „Dagegen als Gelehrter, der durch Schriften zum eigentlichen Publikum, nämlich der Welt, spricht, mithin der Geistliche im öffentlichen Gebrauche seiner Vernunft, genießt einer uneingeschränkten Freiheit, sich seiner eigenen Vernunft zu bedienen und in seiner eigenen Person zu sprechen. Denn daß die Vormünder des Volks (in geistlichen Dingen) selbst wieder unmündig sein sollen, ist eine Ungereimtheit, die auf Verewigung der Ungereimtheiten hinausläuft.“

Bei der Inquisition bzw. generell in der Theologie gab es schon immer vergleichsweise mündige Hauptverantwortliche. Diese Leute verstanden sehr wohl Galilei oder Kepler und die nutzen auch deren Erfindungen für ihre eigenen Forschungen. Hier und auch anderorts schreibt Kant jedoch explizit was er von diesen hält.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Aufklärung verlangt auch nicht über die Aufklärung informiert zu sein. Die Gäste von den Nachmittagstalkshows, die ich sehr wohl als aufgeklärt ansehe, haben wohl im Schnitt wenig Wissen über die Auklärung.


Kant: „Daß aber ein Publikum sich selbst aufkläre, ist eher möglich; ja es ist, wenn man ihm nur Freiheit läßt, beinahe unausbleiblich. Denn da werden sich immer einige Selbstdenkende, sogar unter den eingesetzten Vormündern des großen Haufens, finden, welche, nachdem sie das Joch der Unmündigkeit selbst abgeworfen haben, den Geist einer vernünftigen Schätzung des eigenen Werts und des Berufs jedes Menschen, selbst zu denken, um sich verbreiten werden. Besonders ist hierbei: daß das Publikum, welches zuvor von ihnen unter dieses Joch gebracht worden, sie hernach selbst zwingt, darunter zu bleiben, wenn es von einigen seiner Vormünder, die selbst aller Aufklärung unfähig sind, dazu aufgewiegelt worden; so schädlich ist es, Vorurteile zu pflanzen, weil sie sich zuletzt an denen selbst rächen, die, oder deren Vorgänger, ihre Urheber gewesen sind. Daher kann ein Publikum nur langsam zur Aufklärung gelangen. Durch eine Revolution wird vielleicht wohl ein Abfall von persönlichem Despotismen und gewinnsüchtiger oder herrschsüchtiger Bedrückung, aber niemals wahre Reform der Denkungsart zu Stande kommen; sondern neue Vorurteile werden, eben sowohl als die alten, zum Leitbande des gedankenlosen großen Haufens dienen.“ (Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? Berlinische Monatsschrift, 1784,2, S. 481-494)

"Aufklärung verlangt auch nicht über die Aufklärung informiert zu sein"

Es soll Dinge geben die finden statt ohne das wir sie verstehen. Ist diese Festellung nicht eine Binsenweisheit? Worauf bezieht sich diese Aussage? Das es auch vor der Kantschen Definition von Aufklärung, bereits vor tausenden von Jahren, schon Aufklärer im Sinne Kants gab?

"Die Gäste von den Nachmittagstalkshows, die ich sehr wohl als aufgeklärt ansehe"

Also hier wird dein Begriff der Aufklärung unscharf. Alle Menschen sind aufgeklärt? Prima schön, was soll man aber mit einer solchen Definition von aufgeklärt anfangen? Oder meinst du die Aufklärung im Sinne der menschlichen Sexualität, der man sich in derartigen Sendungen wohl des öfteren eine annimmt?

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Weiters siehst du meinen Aufklärungsbegriff als statisch. "Unterwegs sein" ist auch ein Zustand. "Beschleunigung" ist auch ein Zustand. Ein Zustand bedeutet nicht, dass sich nichts ändert.


Semantikspielereien?

Weder die Geschwindigkeit noch die Beschleunigung sind Zustandsgrößen, es sind Prozessgrößen. Hier geht es aber darum das man einerseits auf "räumliche" und andererseits auf die zeitliche Problematik konzentrieren kann. Begriffe die man bei der Frage "ist eine Gesellschaft relativ zu einer anderen in stärkerem Maße aufgeklärt" gut anwenden kann machen bei der Frage "Was ist Aufklärung?" oft keinen Sinn. Auch Begriffe haben einen Definitionsbereich und deine Verwendung von Aufklärung entspricht oft der vieldeutigen Verwendbarkeit bspw. des Begriffs "Glauben" in der Theologie.

@Mautpreller: Der Unterschied ist enorm wenn man das gleiche Problem mit den gleichen Methoden und Begriffen erörtern will, er ist jedoch unerheblich wenn man hinter Begriffe schaut und berücksichtigt worum es den jeweils anderen eventuell geht. Bestes Beispiel ist wohl das mit dem Kreis. Da ich auch meine das obiges wichtig ist für eine fuktionierende Gesprächskultur wünschte ich jedoch auch das man von einer Konkurrenz der Begriffe zu einer Konkurrenz der Ideen kommen würde. Übrigens, bei Zeitalter der Aufklärung könnte man noch das ein oder andere hierzu schreiben, oder?
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Beiträge: 11649
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Beitrag(#275765) Verfasst am: 20.03.2005, 22:31    Titel: Antworten mit Zitat

Darauf hatte ich fast vergessen.

Ich habe keine Lust hier eine Kant-Exegese zu betreiben. Kants Begriff ist wesentlich strenger als der Kern seines Aufkärungsbegriff, den ich unterstütze. Das steht aber in jedem Fall im großen Widerspruch zum leider gängigen Aufklärungsbegriff von "Aufklären als Belehren". Und Kants Begriff steht umso mehr als meiner im Widerspruch zu dem von Mautpreller, indem er in der Realität begründet ist.
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