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Nergal dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 11433
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(#281147) Verfasst am: 02.04.2005, 21:21 Titel: Titos Jugoslawien |
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Was habt ihr davon gehalten, was war gut, was war schlecht, was war besser als in anderen kommunistischen Staaten?
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Hannibal Freiheitskämpfer
Anmeldungsdatum: 07.11.2003 Beiträge: 5062
Wohnort: Wien
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(#281157) Verfasst am: 02.04.2005, 21:54 Titel: Re: Titos Jugoslawien |
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Nergal hat folgendes geschrieben: | Was habt ihr davon gehalten, was war gut, was war schlecht, was war besser als in anderen kommunistischen Staaten? |
Besser war, dass die Grenze zum Westen offener war. Einen "eisernen Vorhang" gab es unter Tito nicht.
Davon profitierte auch die Wirtschaft Jogoslawiens, denn damit konnten die jugoslawischen Gastarbeiter Geld und damit Devisen in ihr Heimatland schaffen. Ein weiterer Vorteil, der dadurch entstand, war, dass sich ein intensiverer, ebenfalls devisenbringender Transitverkehr bildete.
Er hat einer vielspaltigen und zerstrittenen Nation kurzfristig eine politische Einheit gegeben.
Allerdings war es ein schwerer Fehler, dass er in der Frage um die politische Einheit vor allem auf seine eigene Autorität vertraute. Er war es schließlich, der insbesondere nach dem Konflikt mit der UDSSR 1948 ein sehr dezentralisiertes System in seinem Land einführte. Teilrepubliken wie zb. Slowenien, Kroatien, Bosnien, Makedonien... haben eine weitgehende Selbstverwaltung gehabt, was dazu beitrug, dass sich dort viele Menschen viel mehr an die jeweilige Republik als an die gesamtjugoslawische Nation gebunden fühlten.
Ausserdem verfügten diese Teilrepubliken über eine derartige Selbstständigkeit, dass es ihnen dadurch wesentlich leichter wurde, sich Anfang der Neunziger unabhängig zu erklären. Auch besasen diese Teilrepubliken alle wesentlichen Verwaltungseinrichtungen, um einen eigenen Staat zu bilden.
Tito hat dieses föderalistische System geschaffen. Damit ist er in meinen Augen einer der Hauptverantwortlichen für den jugoslawischen Bürgerkrieg Anfang der Neunziger, welchen er übrigens sicherlich nicht gewollt hatte.
Auf lange Sicht gesehen, gab es in Jugoslawien niemanden, der diesen Bürgerkrieg besser auf Dauer hätte verhindern können, als Tito.
Unter ihm war die Verwaltung stabil und die Wirtschaft von relativem Wohlstand gekennzeichnet. Er unternahm dennoch viel zu wenig, um die politische Einheit seines Landes in der Zeit nach seinem Tod durch administratorische, politische oder wirtschaftliche Reformen zu sichern. Statt dessen hinterlies er eine schwache, instabile Zentralregierung, die ihrerseits vermehrt die nationalen Interessen der Serben und nicht mehr des Gesamtstaates vertrat, was über kurz oder lang zu den Unabhängigkeitserklärungen führen musste.
Hätte es eine starke Zentralregierung gegeben, in welcher alle Völker ausreichende Vertretung gefunden hätten, hätte es ein zentralisiertes System gegeben, in welchem es keine Teilrepubliken gäbe, die wie Staaten im Staat aggierten, wäre die Nation unter Tito dauerhaft zusammen gewachsen.
Statt dessen war die Zentralregierung spätestens nach Titos Tod eine Regierung, die sich nur den Serben gegenüber verantwortlich sah.
Das Traurigste an diesem Kapitel ist die Tatsache, dass der Fehler dieser extrem dezentralisierten Verwaltung in Bosnien wiederhollt wird. Gerade bei der Enstehung dieses Staates hätten die internationalen Kräfte dazu beitragen können, dass dort ein zentralistischer verwalteter Staat hätte entstehen können. Jetzt ist die schwache bosnische Zentralregierung weit davon entfernt, in der Lage zu sein, die Zweistaatlichkeit abzuschaffen, oder gar ihre Macht gegenüber den Kantonen auszuweiten.
Reformenversuche, wie zum Beispiel dort endlich einen einheitlichen Wirtschaftsraum zu schaffen, kommen dort bestenfalls schleppend voran.
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max registrierter User
Anmeldungsdatum: 18.07.2003 Beiträge: 3055
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(#281725) Verfasst am: 04.04.2005, 12:40 Titel: |
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Im Endeffekt ähnelte Jugoslawien den anderen staatskapitalistischen Staaten mit der Ausnahme, dass Jugoslawien blockfrei war und beiden Blöcken Handel betrieb.
Der Zerfall Jugoslawiens in die Einzelrepubliken ähnelt dem Zerfall der UdSSR bzw. auch deren Teilrepubliken nach deren Unabhängigkeit (z.B. Georgien).
Eine Einführung wäre "Der Zerfall Jugoslawiens und der Krieg auf dem Balkan".
Siehe hier
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Hannibal Freiheitskämpfer
Anmeldungsdatum: 07.11.2003 Beiträge: 5062
Wohnort: Wien
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(#281786) Verfasst am: 04.04.2005, 13:57 Titel: |
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max hat folgendes geschrieben: | Im Endeffekt ähnelte Jugoslawien den anderen staatskapitalistischen Staaten mit der Ausnahme, dass Jugoslawien blockfrei war und beiden Blöcken Handel betrieb. |
Bis hierher stimmts.
max hat folgendes geschrieben: |
Der Zerfall Jugoslawiens in die Einzelrepubliken ähnelt dem Zerfall der UdSSR bzw. auch deren Teilrepubliken nach deren Unabhängigkeit (z.B. Georgien). |
Das stimmt nicht. Der Zerfall der UDSSR basierte eher auf politischen Zugeständnissen der Parteiführung, die eine Antwort auf die Herausforderung des kalten Krieges waren, was dem radikalen Reformkurs starken Auftrieb verlieh. Die Zentralmacht wäre stark genug gewesen, die Einheit des Staates aufrecht zu erhalten. Die Sowjetunion war zb. im zweiten Weltkrieg weit härteren Belastungsproben ausgesetzt gewesen, ohne, dass die staatliche Einheit in ihren Grundfesten erschüttert gewesen wäre.
Politische Zugeständnisse der Führung die ursprünglich, besonders unter Chruschtschow, positive Impulse brachten, gerieten unter Gorbatschow ausser Kontrolle, da sie schlichtweg radikal waren und mit einem unvernünftigen Tempo voranstatten gingen.
Unter Chruschtschow hatte die UDSSR übrigens ziemlich hohe Wachstumsraten.
Nachdem Breschnew eine stetige Politik betrieb, die das Wirtschaftswachstum der UDSSR verlangsamte und die Herausforderung des kalten Krieges weiterhin bestand, kam Gorbatschow an die Macht und führte übereilt seine Reformen durch, ohne seine Herrschaft ausreichend abzusichern. Er war eben ein Idealist, wenngleich er andererseits auch die politische Realität bis zu einem gewissen Grad kannte. Das erkennt man an seinen Reformen, bevor er noch an die Macht kam.
Doch selbst unter Gorbatschow war die zentrale Führung stark genug, um nationalen Bestrebungen einen Riegel vorzuschieben, der Zerfall der UDSSR in mehrere Staaten begann vielmehr mit dem Sturz Gorbatschows.
Im Gegensatz dazu hatte der Zerfall Jugoslawiens seine Ursache in den von Anfang Titos Herrschaft an eingebetteten Dezentralisierungstendenzen. Nachdem Tito starb, wurde es in Jugoslawien immer instabiler, ohne, dass es dort Lockerungen gegeben hätte, die mit Peristroika oder Glasnost vergleichbar gewesen wären.
Auch wurde die Abspaltung der Teilrepubliken nicht damit ausgelöst, weil es in der Zenteralregierung einen grundlegenden Putsch gab (wie es bei dem Sturz Gorbatschows gewissermassen sogar doppelt der Fall war), sondern weil das instabile Gebilde des jugoslawischen Gesamtstaates durch die nach dem Tod Titos eingesetzte Entfremdung der in den Teilrepubliken ansässigen Bevölkerung zusammenbrach.
Innerhalb der Teilrepubliken gab es lokale Führer, die lange vor dem Bürgerkrieg offen auf einen Krieg mit der Zentralregierung zusteuerten. Solche Zustände hat es in der sowjetischen Verwaltung zumindest bis Gorbatschows Glasnost nie gegeben.
Hätte der Zusammenbruch der UDSSR dem Jugoslawiens geähnelt, dann wäre in der UDSSR ein gewaltiger Bürgerkrieg ausgebrochen. Tatsächlich blieb die Gewalt auf einige zentralasiatische Gebiete beschränkt, die weitgehend aber auch erst nach dem Sturz Gorbatschows, also dem Ende der UDSSR stattfand.
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max registrierter User
Anmeldungsdatum: 18.07.2003 Beiträge: 3055
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(#281858) Verfasst am: 04.04.2005, 17:01 Titel: |
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Kossuth hat folgendes geschrieben: | Das stimmt nicht. Der Zerfall der UDSSR basierte eher auf politischen Zugeständnissen der Parteiführung, die eine Antwort auf die Herausforderung des kalten Krieges waren, was dem radikalen Reformkurs starken Auftrieb verlieh. Die Zentralmacht wäre stark genug gewesen, die Einheit des Staates aufrecht zu erhalten. Die Sowjetunion war zb. im zweiten Weltkrieg weit härteren Belastungsproben ausgesetzt gewesen, ohne, dass die staatliche Einheit in ihren Grundfesten erschüttert gewesen wäre. |
Die Gemeinsamkeit ist, dass der Zerfall der UdSSR und Jugoslawiens vom herrschenden Apparat selbst ausging. Es gab keine Oppositionsbewegung oder nationale Unabhängigkeitsbewegung, sondern die Herrschenden der Teilrepubliken gingen über den Nationalismus (nicht der Zentralmacht, sondern der Teilrepubliken) zur Legitimisation ihrer Herrschaft zu benutzen.
Kossuth hat folgendes geschrieben: | Politische Zugeständnisse der Führung die ursprünglich, besonders unter Chruschtschow, positive Impulse brachten, gerieten unter Gorbatschow ausser Kontrolle, da sie schlichtweg radikal waren und mit einem unvernünftigen Tempo voranstatten gingen. |
Wichtig ist hier der wirtschaftliche Hintergrund. Sowohl die UdSSR, als auch Jugoslawien sind in der Folge der globalen wirtschaftlichen Probleme auseinandergebrochen. Bis in die 70er gab es global recht hohe Wachstumsraten - auch in den staatskapitalistischen Staaten. Diese waren das Ergebnis einer Sonderentwicklung der Wirtschaft in der Nachkriegszeit, in der viele typische Merkmale des Kapitalismus kompensiert wurden. Es gab häufig Vollbeschäftigung, die Profitraten waren hoch und selbst in den konjunkturell schwachen Jahren gab es kein Minuswachstum. In der BRD gab es z.B. zwischen 1950 und 1966 keine Rezession. Ab Ende der 60er/Mitte der 70er entwickelte sich weltweit die Wirtschaft wieder "normal", also mit den typischen kapitalistischen Krisentendenzen und Problemen. Die Antwort der Herrschenden war fast überall auf der Welt ein Schwenk zum Neoliberalismus
Chruschtschow und Tito herrschten in Zeiten, in der Wirtschaft noch stark wuchs. Ihre Nachfolger hatten mit den wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen und hatten dabei das Problem, dass der Staatskapitalismus nicht so einfach umstrukturiert werden konnte, wie die westlichen Konzerne. Für die Umsetzung der wirtschaftlichen Reformen wurde auf mehr Autonomie der Fabrikbosse und der regionalen politischen Apparate gesetzt. Mit zunehmenden wirtschaftlichen Probleme entwickelte sich eine Tendenz, die zu einem Auseinanderbrechen des Staates in die Teilrepubliken führte.
Kossuth hat folgendes geschrieben: | Hätte der Zusammenbruch der UDSSR dem Jugoslawiens geähnelt, dann wäre in der UDSSR ein gewaltiger Bürgerkrieg ausgebrochen. |
Die Kämpfe in Slowenien und Kroatien zu Beginn hatten durchaus Ähnlichkeiten mit den Kämpfen z.B. im Baltikum. Der entscheidende Unterschied war, dass es in Jugoslawien einen Krieg zwischen den beiden stärksten Teilrepubliken (Serbien, Kroatien) um die Kontrolle einer dritten Teilrepublik (Bosnien) gab, während beim Zerfall der UdSSR im wesentlichen nur Russland versuchte seinen Einfluss zu erhalten.
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#281905) Verfasst am: 04.04.2005, 18:41 Titel: |
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Kannst du vielleicht mal in einem Posting erklären wie die BRD Jugoslawien zerschlafen hat? So von Ende der 80er bis hin zum Kosovokrieg 1999.
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Hannibal Freiheitskämpfer
Anmeldungsdatum: 07.11.2003 Beiträge: 5062
Wohnort: Wien
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(#281981) Verfasst am: 04.04.2005, 23:44 Titel: |
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max hat folgendes geschrieben: |
Die Gemeinsamkeit ist, dass der Zerfall der UdSSR und Jugoslawiens vom herrschenden Apparat selbst ausging. Es gab keine Oppositionsbewegung oder nationale Unabhängigkeitsbewegung, sondern die Herrschenden der Teilrepubliken gingen über den Nationalismus (nicht der Zentralmacht, sondern der Teilrepubliken) zur Legitimisation ihrer Herrschaft zu benutzen. |
Das ist diesen Regionalpolitikern innerhalb des Titojugoslawischen Systems gelungen, allerdings nicht innerhalb der Sowjetunion.
Die Lage in der UDSSR war eine andere. Die Zentralregierung schlug unter Gorbatschow einen Kurs ein, der konsequent angewendet zur Abschaffung der SU führte. Die Regionalpolitiker spielten hier keine entscheidende Rolle und selbst als sie durch die Schwächung der Zentralregierung unter Gorbatschow einen gewissen Machtzuwachs verzeichnen konnten, waren sie nicht in der Lage einen solchen Widerstand zu mobilisieren, dass es zu einem Bürgerkrieg mit der sowjetischen Zentralmacht gekommen wäre.
Zwar gab es Kriege und Bürgerkriege innerhalb und zwischen den zentralasiatischen Nachfolgerstaaten, doch bekämpften sich diese Staaten und Regionen damals untereinander, als die UDSSR de facto nicht mehr bestand. Die UDSSR-Zentralregierung wurde meines Wissens nicht in Kämpfe mit regionalen Seperatisten verwickelt.
max hat folgendes geschrieben: |
Wichtig ist hier der wirtschaftliche Hintergrund. Sowohl die UdSSR, als auch Jugoslawien sind in der Folge der globalen wirtschaftlichen Probleme auseinandergebrochen. Bis in die 70er gab es global recht hohe Wachstumsraten - auch in den staatskapitalistischen Staaten. Diese waren das Ergebnis einer Sonderentwicklung der Wirtschaft in der Nachkriegszeit, in der viele typische Merkmale des Kapitalismus kompensiert wurden. Es gab häufig Vollbeschäftigung, die Profitraten waren hoch und selbst in den konjunkturell schwachen Jahren gab es kein Minuswachstum. In der BRD gab es z.B. zwischen 1950 und 1966 keine Rezession. Ab Ende der 60er/Mitte der 70er entwickelte sich weltweit die Wirtschaft wieder "normal", also mit den typischen kapitalistischen Krisentendenzen und Problemen. Die Antwort der Herrschenden war fast überall auf der Welt ein Schwenk zum Neoliberalismus. |
Die Ostblockstaaten hatten lange Zeit hohe Wachstumsraten und waren vor allem durch ihre Kredit-, Handels- und Entwicklungspolitik an das westliche kapitalistische System gebunden. Die Weltwirtschaftskrise der 20er Jahre ging an der Sowjetunion völlig vorbei, welches in dieser Zeit seine Industrie in schnellem Tempo aufbaute. Aber die Krise, die sich innerhalb der 70er Jahre anbannte, traff den Ostblock schwerer, als den Westen.
Zur damaligen Zeit verschuldeten sich diese Staaten stark. Die Notwendigkeit, die Verschuldung endlich zu zügeln fiel mit der Verteuerung der Ölexporte der Sowjetunion zusammen, was in allen Ostblockstaaten zu einem schweren Devisenmangel führte.
Polen war von diesen Problemen wohl am stärksten betroffen, da die dortige Staatsüberwachung am lockersten war und es innerhalb der Bevölkerung ohnehin gärte. Es kam immer häufiger zu Streiks und Demonstrationen, die der dortigen Wirtschaft zusätzlich schadeten: Zum einen unterbrachen sie die Produktion und brachten den ohnehin schon chaotischen Produktionsplan durcheinander und zum anderen zwangen sie den Staat zu immer mehr Lohnerhöhungen, was nicht nur eine Inflation bewirkte, sondern die Kosten der ohnehin schon stark Subventionierten Waren des Alltags real senkte, weil diese Lohnerhöhungen nicht immer von entsprechenden Produktivitätssteigerungen oder Preiserhöhungen der entsprechenden Waren begleitet wurden. Damit verlängerten sich die Warteschlangen und der Beruf wurde angesichts dieser immer härter werdenden Beschaffungsarbeit von vielen Menschen noch mehr vernachlässigt.
Die DDR konnte sich indes durch Kredite aus der BRD und durch einen besseren Polizeiapparat vor einer ähnlichen Situation retten.
Die Sowjetunion, die ihr Öl in die Ostblockstaaten exportierte profitierte zwar durch diese Teuerung, war aber selbst inzwischen hoch verschuldet, durch die hohen Militärausgaben und durch eine zunehmende Bürokratiesierung in Schwierigkeiten. Die Führung war überaltet, das System verfestigte sich und wurde maroder.
Die Wirtschaftssituation war aber nur ein Faktor, der in der UDSSR Probleme auslöste. Die Situation in Polen und die gescheiterte Invasion in Afghanistan führte zu einer weiteren Demoralisierung in der Sowjetunion schon unter Breschnew.
Doch selbst diese beiden Faktoren alleine hätten immer noch nicht den Untergang der UDSSR bedeutet. Die Diktatur hatte weiterhin feste Kontrolle, militärisch konnte die SU der USA bis zuletzt das Wasser reichen und es gab innerhalb der Union keine Aufstände.
Der Kurs Gorbatschows war aber eben meines Erachtens der entscheidende Wendepunkt. Die Regierung lies die Zügel so locker, dass die Gefahr eines Sturtzes schon da war, doch letztendlich wurde das Ganze mit einem innerparteilichen Coup beendet.
max hat folgendes geschrieben: |
Chruschtschow und Tito herrschten in Zeiten, in der Wirtschaft noch stark wuchs. Ihre Nachfolger hatten mit den wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen und hatten dabei das Problem, dass der Staatskapitalismus nicht so einfach umstrukturiert werden konnte, wie die westlichen Konzerne. Für die Umsetzung der wirtschaftlichen Reformen wurde auf mehr Autonomie der Fabrikbosse und der regionalen politischen Apparate gesetzt. Mit zunehmenden wirtschaftlichen Probleme entwickelte sich eine Tendenz, die zu einem Auseinanderbrechen des Staates in die Teilrepubliken führte. |
Soweit ich es gehört habe, hatte Jugoslawien noch lange vor diesen Problemen eine sehr dezentralisierte Verwaltung gehabt. Die Teilrepubliken hatten solche Kompetenzen, wie es innerhalb einer Diktatur bestenfalls eine Seltenheit war.
Soweit ich weis, kam es dort zu keinen großen Reformen. Aber Titos Tod löste ein Autoritätsvakuum aus, welches auch noch mit einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage zusammenfiel, während die Zentralregierung ihre Autorität allmählich nur auf Serbien zu beschränken begann.
max hat folgendes geschrieben: |
Die Kämpfe in Slowenien und Kroatien zu Beginn hatten durchaus Ähnlichkeiten mit den Kämpfen z.B. im Baltikum. Der entscheidende Unterschied war, dass es in Jugoslawien einen Krieg zwischen den beiden stärksten Teilrepubliken (Serbien, Kroatien) um die Kontrolle einer dritten Teilrepublik (Bosnien) gab, während beim Zerfall der UdSSR im wesentlichen nur Russland versuchte seinen Einfluss zu erhalten. |
In ihren Ausmaßen sind die Auseinandersetzungen auf dem Baltikum nicht mit dem Krieg zwischen den Serben, Kroaten und Bosniern zu vergleichen.
Die Kämpfe im Baltikum waren ein, teils militärischer, Putschversuch, aber bei weitem kein Brügerkrieg.
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