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Sind Kinder "Intuitive Theisten"?

 
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11519

Beitrag(#283797) Verfasst am: 09.04.2005, 13:14    Titel: Sind Kinder "Intuitive Theisten"? Antworten mit Zitat

Eher ja, meint zumindest Deborah Kelemen von der Boston University in ihrem 2004 in der Fachzeitschrift Psychological Science (Vol 15, Nr.5) veröffentlichten Übersichtsartikel.

Gestützt wird diese Sichtweise nach Kelemen u.a. durch Untersuchungen, die zeigen, dass Kleinkinder dazu neigen, natürliche Phänomene als zwar nicht von Menschen, aber dennoch von jemandem zu einem bestimmten Zweck geschaffen zu deuten (z.b. Regen ist nicht das, was eine Wolke einfach tut, sondern die Wolke ist dazu da, dass es regnet). Solche teleologischen Erklärungen werden von Kindern auch dann noch präferiert, wenn man sie wissen lässt, dass Erwachsene hierfür physikalische Erklärungen geben.

Kelemen sieht diese Ergebnisse übrigens als Seiteneffekt menschlicher sozialer Intelligenz: Die Fähigkeit, die Intentionen von sozialen Interaktionspartnern zu durchschauen ermöglicht es uns, auch von diesen geschaffene Gegenstände als Werkzeuge für ein bestimmtes Ziel nach ihrer Funktion zu kategorisieren. Vorstellungen, auch natürliche Entitäten wären von jemandem (z.b. Gott) geschaffen und dienten folglich einem bestimmten Zweck, wären somit lediglich Übergeneralisierungen einer im Prinzip nützlichen menschlichen Fähigkeit.
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posted by Babyface
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44649

Beitrag(#283800) Verfasst am: 09.04.2005, 13:33    Titel: Re: Sind Kinder "Intuitive Theisten"? Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Solche teleologischen Erklärungen [...]


...haben für mich wenig mit Theismus zu tun.

Es wäre genauso denkbar, dass Kinder intuitive Solipsisten sind.
Sie sind "der Einzige" und die Welt ist genau so geschaffen, dass sie für sie passt.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#283801) Verfasst am: 09.04.2005, 13:34    Titel: Re: Sind Kinder "Intuitive Theisten"? Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Eher ja, meint zumindest Deborah Kelemen von der Boston University in ihrem 2004 in der Fachzeitschrift Psychological Science (Vol 15, Nr.5) veröffentlichten Übersichtsartikel.

Gestützt wird diese Sichtweise nach Kelemen u.a. durch Untersuchungen, die zeigen, dass Kleinkinder dazu neigen, natürliche Phänomene als zwar nicht von Menschen, aber dennoch von jemandem zu einem bestimmten Zweck geschaffen zu deuten (z.b. Regen ist nicht das, was eine Wolke einfach tut, sondern die Wolke ist dazu da, dass es regnet). Solche teleologischen Erklärungen werden von Kindern auch dann noch präferiert, wenn man sie wissen lässt, dass Erwachsene hierfür physikalische Erklärungen geben.

Kelemen sieht diese Ergebnisse übrigens als Seiteneffekt menschlicher sozialer Intelligenz: Die Fähigkeit, die Intentionen von sozialen Interaktionspartnern zu durchschauen ermöglicht es uns, auch von diesen geschaffene Gegenstände als Werkzeuge für ein bestimmtes Ziel nach ihrer Funktion zu kategorisieren. Vorstellungen, auch natürliche Entitäten wären von jemandem (z.b. Gott) geschaffen und dienten folglich einem bestimmten Zweck, wären somit lediglich Übergeneralisierungen einer im Prinzip nützlichen menschlichen Fähigkeit.

Ich denke, das trifft es ziemlich gut. Wir alle - und insbesondere Leute mit wenig wissenschaftlicher Bildung - tun uns schwer mit Phänomenen, deren Modellierung zum Überleben im "Mesokosmos" nicht nötig war/ist. Ich würde aber eher wie Du von "intuitiven Teleologen" oder gar "intuitiven Schamanisten" als von "intuitiven Theisten" sprechen.

gruß/step
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#283802) Verfasst am: 09.04.2005, 13:35    Titel: Re: Sind Kinder "Intuitive Theisten"? Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Solche teleologischen Erklärungen [...]


...haben für mich wenig mit Theismus zu tun.

Es wäre genauso denkbar, dass Kinder intuitive Solipsisten sind.
Sie sind "der Einzige" und die Welt ist genau so geschaffen, dass sie für sie passt.

Nein, ich denke, das wäre nicht denkbar. Intuitive Solipsisten hätten die Evolution nicht überlebt, aus den von Babyface genannten sozialen Gründen.

gruß/step
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44649

Beitrag(#283808) Verfasst am: 09.04.2005, 13:56    Titel: Re: Sind Kinder "Intuitive Theisten"? Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Intuitive Solipsisten hätten die Evolution nicht überlebt.


Das gilt nur dann, wenn aus einem Solipsismus auch immer ein radikaler geistiger Egoismus folgen würde.
Das wiederum ist aber nur dann richtig, wenn man das solus ipse (das Subjekt) mit dem denkenden Ego gleichsetzt, und das ist m.E. mehr als nur problematisch.

Mit Solipsismus meinte ich auch nicht die herkömmliche Form des Solipsismus, sondern das, was Wittgenstein in den letzten Abschnitten des Tractatus beschreibt (bzw. nicht beschreibt):
Das Subjekt nicht als identisch mit dem Geist bzw. dem Ego, sondern der Geist vollkommen als Teil der Welt und das Subjekt als Grenze der Welt.

Wenn ihr wollt, poste ich die entsprechenden Stellen.
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Lamarck
Radikaler Konstruktivist



Anmeldungsdatum: 28.03.2004
Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main

Beitrag(#283814) Verfasst am: 09.04.2005, 14:18    Titel: Antworten mit Zitat

Hi,

teleologische Erklärungsversuche können leicht als Projektionen ausgemacht werden. Und weil es aus evolutionärer Sicht sicher vorteilhafter ist, bezüglich der Fähigkeiten zur Mustererkennung lieber mal eine Regel zuviel als zuwenig zu erkennen, ist hier der Ursprung von Aberglauben (inkl. Religionen, Nominalismus und die Numerologie von Fußballexperten) zu suchen. Vor diesem Hintergrund kann es dann auch kaum überraschen, dass auch schon bei Tieren Aberglauben feststellbar ist.


Cheers,

Lamarck
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„Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)

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kolja
der Typ im Maschinenraum
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Anmeldungsdatum: 02.12.2004
Beiträge: 16631
Wohnort: NRW

Beitrag(#283824) Verfasst am: 09.04.2005, 14:49    Titel: Antworten mit Zitat

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Vor diesem Hintergrund kann es dann auch kaum überraschen, dass auch schon bei Tieren Aberglauben feststellbar ist.

Interessant, erzähl mal mehr!
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11519

Beitrag(#283836) Verfasst am: 09.04.2005, 15:06    Titel: Re: Sind Kinder "Intuitive Theisten"? Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Solche teleologischen Erklärungen [...]


...haben für mich wenig mit Theismus zu tun.

Kelemen stützt sich ja noch auf weitere Befunde, z.b. dass Kleinkinder (aber auch ältere Kinder) kreationistische Erklärungen ("God made it") bevorzugen, und zwar unabhängig davon, ob sie aus fundamentalistisch-religiösen Elternhäusern stammen oder nicht. Die Einstellung der Eltern hat offenbar erst viel später (ca. ab 11 Jahren) einen Einfluss.

Zitat:
Es wäre genauso denkbar, dass Kinder intuitive Solipsisten sind.
Sie sind "der Einzige" und die Welt ist genau so geschaffen, dass sie für sie passt.

Die Kinder wurden auch gefragt, warum Felsen scharfkantig sind. Sie bevorzugten dann eher Erklärungen wie "so dass Tiere nicht auf ihnen sitzen und sie kaputt machen" oder "damit Tiere sich daran kratzen können, wenn es juckt."). Die Zuweisung von Funktionen erfolgt also nicht nur aus der egozentrischen Perspektive.
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Tarvoc
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Beiträge: 44649

Beitrag(#283862) Verfasst am: 09.04.2005, 15:49    Titel: Re: Sind Kinder "Intuitive Theisten"? Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Die Zuweisung von Funktionen erfolgt also nicht nur aus der egozentrischen Perspektive.


Ich habe doch schon gesagt, dass ich Ego und solus ipse (Subjekt) nicht gleichsetze.

Im Grunde hätte ich in diesem Zusammenhang ohnehin lieber den Begriff "(radikaler) Konstruktivismus" verwenden sollen als den Begriff "Solipsismus"...
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step
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Beitrag(#283878) Verfasst am: 09.04.2005, 16:24    Titel: Antworten mit Zitat

Wie man an Babyfaces Beispielen sieht, unterschieden Kinder intuitiv nicht gut zwischen "wie" (Zusammenhang, Funktion), "warum" (Ursache, Grund) und "wozu" (Zweck, Ziel).

Die meisten Erwachsenen können zwichen Ursache und Zweck unterschieden, weil sie mit der Zeit nur einen Teil ihrer Umwelt als intentional erleben.

Viele haben aber auch als Erwachsene Schwierigkeiten, "Warum" und "Wie" zu trennen, sie können sich keine akausalen Zusammenhänge vorstellen. So kommt es zu "primum movens" - Diskussionen, Deismus, Ontologie und dergleichen.

gruß/step
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Tarvoc
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Beitrag(#283887) Verfasst am: 09.04.2005, 16:39    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Diskussionen


Was ist daran schlimm?

step hat folgendes geschrieben:
Deismus


Der Deismus ist für mich mehr eine Frage der Ästhetik als der Ontik.

step hat folgendes geschrieben:
Ontologie


Du kannst ja 'mal versuchen, den Begriff "IST" komplett aus deinem Denken zu verbannen.
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step
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Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#283892) Verfasst am: 09.04.2005, 16:52    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Diskussionen
Was ist daran schlimm?

An Diskussionen? Nichts. Wieso?

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Deismus
Der Deismus ist für mich mehr eine Frage der Ästhetik als der Ontik.

Ästhetik und Kausalitätsprojektion schließen sich nicht aus. Warum findest Du ein Schöpfermodell ästhetisch?

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ontologie
Du kannst ja 'mal versuchen, den Begriff "IST" komplett aus deinem Denken zu verbannen.

Wieso? Ich verbanne doch auch andere Projektionen nicht aus meinem Denken.

gruß/step
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Zuletzt bearbeitet von step am 09.04.2005, 18:08, insgesamt einmal bearbeitet
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Katatonia
...the quiet cold of late november



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Beitrag(#283914) Verfasst am: 09.04.2005, 17:58    Titel: Re: Sind Kinder "Intuitive Theisten"? Antworten mit Zitat

Zitat:
Kelemen stützt sich ja noch auf weitere Befunde, z.b. dass Kleinkinder (aber auch ältere Kinder) kreationistische Erklärungen ("God made it") bevorzugen, und zwar unabhängig davon, ob sie aus fundamentalistisch-religiösen Elternhäusern stammen oder nicht.


Wobei sie aber wohl nur dann solche Erklärungen abgeben, sofern sie zuvor mit dem Begriff eines Gottes bzw. einer Gottesidee in Berührung gekommen sind, oder? Von alleine erfinden sie wahrscheinlich keinen Gott als Ursache. Und dass eine solche Gottesvorstellung die Kinder dann in ihrem Antwortverhalten in Bezug auf für sie in diesem Alter schwer verständliche oder unerklärliche Phänomene entsprechend beeinflusst, ist meiner Meinung nach verständlich.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44649

Beitrag(#283922) Verfasst am: 09.04.2005, 18:39    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Warum findest Du ein Schöpfermodell ästhetisch?


Gute Frage. Wieso eigentlich?

Ich weiss nicht, ob man Ästhetik überhaupt sinnvoll begründen kann...

step hat folgendes geschrieben:

Wieso? Ich verbanne doch auch andere Projektionen nicht aus meinem Denken.


Ja - wieso eigentlich nicht? zwinkern
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Leony
gottlos



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Beitrag(#283925) Verfasst am: 09.04.2005, 18:58    Titel: Antworten mit Zitat

Von teleologischen Vorstellungen -
nach denen z. B. bestimmte Dinge zu bestimmten Zwecken zur Entstehung gebracht wurden -
ist es nur ein kleiner Schritt
zum naturalistischen Fehlschluss:
"Also sollen sie auch zu diesen Zwecken verwendet werden!"

Ein solcher Fehlschluss kommt manchmal recht hochtrabend daher,
z. B. in der Aufforderung, "im Einklang mit der Natur" zu leben.
Wobei übrigens oft vergessen wird,
dass nicht nur der Ist-Zustand zur Natur gehört,
sondern auch die Möglichkeiten zur verändernden Fortentwicklung dieses Zustandes
und die Wünsche nach einer verändernden Fortentwicklung dieses Zustandes.

Es wäre interessant,
ob bzw. inwieweit teleologische Vorstellungen und/oder naturalistischer Fehlschluss
positiv korreliert sind
mit entschieden konservativen Vorstellungen in den Bereichen von Ethik, Gesellschaft und Politik.
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Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren Sehr glücklich)
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step
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Beitrag(#283927) Verfasst am: 09.04.2005, 19:06    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wieso? Ich verbanne doch auch andere Projektionen nicht aus meinem Denken.
Ja - wieso eigentlich nicht? zwinkern

Weil sie im Alltag nützliche (hinreichend leistungsfähige) Modelle darstellen. Man sollte aber ihren Projektionscharakter kennen, um falsche Extrapolationen zu vermeiden.

gruß/step
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
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Wohnort: Germering

Beitrag(#283930) Verfasst am: 09.04.2005, 19:11    Titel: Antworten mit Zitat

Leony hat folgendes geschrieben:
Von teleologischen Vorstellungen -
nach denen z. B. bestimmte Dinge zu bestimmten Zwecken zur Entstehung gebracht wurden -
ist es nur ein kleiner Schritt
zum naturalistischen Fehlschluss:
"Also sollen sie auch zu diesen Zwecken verwendet werden!"

Ein solcher Fehlschluss kommt manchmal recht hochtrabend daher,
z. B. in der Aufforderung, "im Einklang mit der Natur" zu leben.
Wobei übrigens oft vergessen wird,
dass nicht nur der Ist-Zustand zur Natur gehört,
sondern auch die Möglichkeiten zur verändernden Fortentwicklung dieses Zustandes
und die Wünsche nach einer verändernden Fortentwicklung dieses Zustandes.

Es wäre interessant,
ob bzw. inwieweit teleologische Vorstellungen und/oder naturalistischer Fehlschluss
positiv korreliert sind
mit entschieden konservativen Vorstellungen in den Bereichen von Ethik, Gesellschaft und Politik.

Teleologische Vorstellungen sind z.B. ein wesentlicher Teil des Kommunismus, in Form eines diesseitig-transzendentalen "Ziels der Geschichte". Ich könnte mir aber eine Definition von "Konservativität" oder "Ideologismus" vorstellen, in der diese Korrelation tatsächlich zuträfe, um nicht zu sagen, definierend wäre.

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Heike N.
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
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Beitrag(#283997) Verfasst am: 09.04.2005, 22:10    Titel: Re: Sind Kinder "Intuitive Theisten"? Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Eher ja, meint zumindest Deborah Kelemen...


Nö. Falsch.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44649

Beitrag(#284042) Verfasst am: 09.04.2005, 23:15    Titel: Antworten mit Zitat

Leony hat folgendes geschrieben:
Ein solcher Fehlschluss kommt manchmal recht hochtrabend daher, z. B. in der Aufforderung, "im Einklang mit der Natur" zu leben.


Die meisten Leute, die ich kenne, die sowas fordern, wissen selbst nicht, wovon sie sprechen...
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Galaxisherrschers Katze
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Anmeldungsdatum: 06.04.2005
Beiträge: 5018

Beitrag(#284047) Verfasst am: 09.04.2005, 23:22    Titel: Antworten mit Zitat

Diese Behauptung kann ich zumindest überhaupt nicht bestätigen. Meine Eltern sind schon lange vor meiner Geburt aus der Kirche ausgetreten und ich hatte keinerlei religiöse Erziehung; natürlich hatte ich schon von Gott gehört (später hab ich ja auch in der Schule am Religionsunterricht teilgenommen), aber er war für mich eben nur eine Märchenfigur. Ich dachte damals sogar, die meisten Menschen wären Atheisten... Mit den Augen rollen
Das heißt nicht, dass ich mir keine Gedanken über Themen wie z.B., was nach dem Tod passiert, gemacht hätte. Allerdings würde ich daraus nicht schließen, dass ich theistisch wäre. Schlüsse hab ich zumindest meistens in der richtigen Richtung geschlossen. (Wenn eine Wolke da ist, kann es regnen; Regen brauchen Pflanzen zum Wachsen. Aber doch nicht: es gibt Wolken, damit Pflanzen wachsen können...)
Das Ganze erinnert mich an Douglas Adams Ausführungen zur Religion, der die anthropozentrischen Erklärungsversuche der Religionen mit einer Pfütze, die glaubt die Mulde, in der sie zusammengeflossen ist, wäre extra für sie gemacht, weil sie da so gut rein passt, verglichen hat. zwinkern
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Leony
gottlos



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus

Beitrag(#284071) Verfasst am: 10.04.2005, 00:55    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Teleologische Vorstellungen sind z.B. ein wesentlicher Teil des Kommunismus, in Form eines diesseitig-transzendentalen "Ziels der Geschichte". Ich könnte mir aber eine Definition von "Konservativität" oder "Ideologismus" vorstellen, in der diese Korrelation tatsächlich zuträfe, um nicht zu sagen, definierend wäre.

Ja, der Kommunismus - der war wohl mal revolutionär, damals, als Marx das Kommunistische Manifest verfasste;
aber spätestens unter Stalin waren die im Kommunismus vorherrschenden Kräfte
auf ihre Art auf die Erhaltung von Bestehendem aus, und das mit repressiven Mitteln.

Es stimmt: Bevor man untersuchen kann, ob konservative Vorstellungen mit irgendetwas korreliert sind,
müsste man erst mal definieren, was man denn genau unter "konservativ" versteht.
Ich assoziiere mit dem Begriff "konservativ"
nicht nur das Streben nach Erhaltung von Bestehendem,
sondern zugleich den Anspruch, bestimmte - meist traditionelle - Werte und/oder Strukturen auf autoritäre Weise durchzusetzen,
und eine dementsprechend skeptische bis feindselige Haltung gegenüber individueller Freiheit.
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Babyface
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Beiträge: 11519

Beitrag(#284347) Verfasst am: 10.04.2005, 20:10    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Vor diesem Hintergrund kann es dann auch kaum überraschen, dass auch schon bei Tieren Aberglauben feststellbar ist.

Interessant, erzähl mal mehr!

Berühmt sind wohl Skinners Versuche zum operanten Konditionieren mit Tauben. Skinner belohnte die Tiere in bestimmten zeitlichen Abständen (alle 15 sec.) unabhängig von ihrem Verhalten mit Futterpillen. Bei manchen Tauben traten in der Folge vermehrt solche (sinnlose) Verhaltensweisen auf, die sie zufällig unmittelbar vor der Belohnung gezeigt hatten (z.b. sich im Kreis drehen, den Kopf schiefhalten, bestimmte Flügelstellungen, Picken etc.).
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Wolf
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Anmeldungsdatum: 23.08.2004
Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause

Beitrag(#284353) Verfasst am: 10.04.2005, 20:15    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
kolja hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Vor diesem Hintergrund kann es dann auch kaum überraschen, dass auch schon bei Tieren Aberglauben feststellbar ist.

Interessant, erzähl mal mehr!

Berühmt sind wohl Skinners Versuche zum operanten Konditionieren mit Tauben. Skinner belohnte die Tiere in bestimmten zeitlichen Abständen (alle 15 sec.) unabhängig von ihrem Verhalten mit Futterpillen. Bei manchen Tauben traten in der Folge vermehrt solche (sinnlose) Verhaltensweisen auf, die sie zufällig unmittelbar vor der Belohnung gezeigt hatten (z.b. sich im Kreis drehen, den Kopf schiefhalten, bestimmte Flügelstellungen, Picken etc.).
Ich kenne es mit einer Ratte. Sie musst durch ein Labyrinth zum essen, doch wenn sie zu schnell war ging das Tor zu und sie bekam nichts. Irgendwann war die Ratte schon so verhungert, dass sie nicht ordentlich lief und dabei stürzte und so spät genug ankam. Als Folge stürzte sie sich nun immerhin, anstatt einfach langsamer zu gehen.
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ALGDGADU
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Anmeldungsdatum: 12.01.2004
Beiträge: 392
Wohnort: Nürnberg

Beitrag(#291260) Verfasst am: 03.05.2005, 09:31    Titel: Antworten mit Zitat

Na ja, das mit der Studie nehm' ich nicht so ernst. Denn zum einen muss man da erst mal den weltanschaulichen Hintergrund von Deborah Kelemen hinterfragen (viele Gläubige oder z. B. auch Ideologen wollen durch solche Studien ja nur ihre eigene Weltsicht bestätigen oder zumindest uns glauben machen, sie würden dadurch bestätigt).

Dann stelle ich mal dahin, dass meine Kinder auch glauben, der Osterhase versteckt die Osternester und der Weihnachtsmann Geschockt bringt Ende des Jahres die Geschenke. Warum? Ganz einfach: Weil sie's von ihrer Umwelt so aufgeschnappt haben. Kinder lernen schnell: ohne Ursache - keine Wirkung! Alleine wenn ich mal aufzähle, in wie vielen Kinderliedern das Wort "Gott" auftaucht, da bleibt schon was in den Köpfen hängen. Das hat mit Sicherheit nichts mit "Veranlagung" zu tun.

Ich glaube im Gegenteil (und bilde mir ein, das auch bei meinen Kindern zu beobachten), dass Kinder (wenn man sie unbeeinflusst lässt) eher so "veranlagt" sind, nach rationalen Erklärungsmustern zu suchen. Die Gottesvorstellung kommt, wenn überhaupt, erst durch den Einfluß des Umfelds bzw. des Elternhauses ins Spiel.
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Evilbert
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Beiträge: 42408

Beitrag(#291383) Verfasst am: 03.05.2005, 16:32    Titel: Antworten mit Zitat

Ist übrigens sehr schwierig, festzustellen, was Kinder wirklich glauben. Ich erinnere mich noch, dass ich als Vorschulkind zwar vom Weihnachtsmann und vom Osterhasen gesprochen habe, aber sehr wohl wusste, wer die "Urheber" der entsprechenden Geschenke waren. Trotzdem reagierte ich in geünschter Weise auf Ermahnungen wie "wenn Du nicht phrav bist, dann...", und ich stellte mir dann auch vor, wie ein Weihnachtsmann die Rute statt eines Geschenkes hervorzog.

Das ganze war jedoch nur ein Code, auch wenn ich das natürlich als Vorschulkind nicht gewußt habe. Hätte man mich befragt, wäre ich sicher als Osterhasengläubig eingestuft worden, obwohl ich sehr genau wusste, dass meine Eltern die Eier im Supermarkt eingekauft hatten.
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