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Liegt der Aufklärung auch ein inhumanes Potential zu Grunde?

 
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Zoidberg
registrierter User



Anmeldungsdatum: 26.04.2005
Beiträge: 2

Beitrag(#289486) Verfasst am: 26.04.2005, 20:07    Titel: Liegt der Aufklärung auch ein inhumanes Potential zu Grunde? Antworten mit Zitat

Hallo Leute Sehr glücklich,

ich habe ein kleines Problem in einer Diskussion mit einem Bekannten und ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir einen Ratschlag oder Komentar geben könntet.


Kurze Einleitung:

Das Gespräch dreht sich um die Inhumanität des Christentums.

Ich vertrete den Standpunkt, dass das Christentum keine lammfromme, tolerante Ideologie ist, sondern sehr starke unmenschliche Züge besitzt.

Die Verbrechen die im Laufe der Geschichte von Christen gegen Christen und Andersdenkende und-gläubige begangen wurden, leiten sich meines Erachtens direkt aus der Schrift dieser Ideologie hervor und keine Pervertierungen sind.

Mein Gegenüber (ein angeblicher Agnostiker) ist der Auffassung, dass das Christentum eine durchweg positive Religion sei, die durch aus ihre Fehler habe und die Taten wie Hexenverbrennungen, Verfolgung der Donatisten etc... rein menschlicher Natur seien und höchsten eine Instrumentalisierung des Christentums wäre.

Nun hat er seine Taktik geändert, er meine wenn man das Christentum aus inhumanen Inhalten ablehne müße man logischerweise (er meint wohl konseqenterweise) auch die Aufklärung und die Wissenschaft bzw. jegliche Philosophie ablehnen. Selbst diese haben inhumane Inhalte.


Hier seine Antwort auf meinen letzten Post:



Zitat:
Natürlich hast du recht, wenn du sagst, das die Bibel z.T. in ihren Inhalten widersprüchlich ist, und ebenso das uns einige der Aussagen heute hart bis unmenschlich erscheinen. (bzw. einfach so, ohne Erklärung, es auch tatsächlich sind).
Und natürlich stimmt es auch, das die Bibel, wie jedes andere Buch, interpetierbar und instrumentalisierbar ist (zum Guten wie zum schlechten).

Aber als Konsequenz dessen das Christentum insgesamt abzulehnen, erscheint mir als äußerst unlogisch.
Denn unter diesem Aspekt dürfte man so gut wie keine Philosophie oder Erkenntnislehre akzeptieren: denn alles was irgendwelchen grundlegenden "eisernen" Prinzipien (Dogmen) folgt und/oder schriftlich festgehalten ist, ist interpretierbar.

Also müsste man, wenn man das Christentum wegen unmoralischer Inhalte bzw. entsprechender Interpretation ablehnt, konsequenterweise auch moderne Wissenschaft oder gar die hoch geschätzte Aufklärung aus dem selben Grund ablehnen.

Denn Wissenschaft wird und wurde ja bekanntermaßen schon häufig für alle möglichen dubiosen Aussagen instrumentalisiert - von der mittlerweile verpönten Rassenlehre (die, im Gegensatz zu landläufigen Meinung, nicht nur von ein paar rechten Idioten ernst genommen wurde, sondern im 19. Jahrhunder durchaus als seriöse Disziplin galt) bis hin zu weniger dramatischen Ausprägungen wie "Shampoo mit Aminosäuren" oder der kürzlichen Diskusion rund um den Feinstaub. (Was nicht heißt das heute keine "wissenschaflichen Irrlehren" mehr in die Welt posaunt werden - weiter vorne habe ich z.B. 2 Seiten zum Thema Aids verlinkt )

Und eben auch die Aufklärung kann man wegen unschöner Interpretation durchaus an den Pranger stellen: ist nicht die Forderung nach bürgerlichen, demokratischen Nationalstaaten eines der Themen, das bei den meisten frühen Aufklärern einen zentralen Stellenwert hat? Und ist nicht genau diese Forderung verantwortlich für z.B. das Terrorregime des Robbespierre? Oder, noch drastischer, könnte die Aufklärung damit nicht ursächlich verantwortlich für die Entwicklung eines "völkischen Bewußtseins" und damit mehr oder weniger direkt für Rassismus und damit für einen Großteil der Genozide und ethnischen Säuberungen des 20ten Jahrhunderts sein?
Verdammt, letzten Endes haben selbst die Nazis ihr Tun mit "aufgeklärter Logik" gerechtfertigt. Ein Dr. Mengele war ein äußerst sympathischer, aufgeklärter und logischer junger Wissenschaftler.

-> Keine Weltanschauung ist sicher vor negativer Instrumentalisierung. Also waren ruhig vor "funamentalistischen Christen", aber bitte auch vor "fundamentalistischen Aufklärern" oder "fundamentalistischen Wissenschaftlern".
Ausgeprägter Extremismus ist immer negativ, egal von welcher Seite er kommt.





Ich vermute ja, dass er die Begriffe Instrumentalisierung und Fundamentalismus durcheinander schmeißt.

Eine Instrumentalisierung muß nicht zwangsläufig aus der entsprechenden Ideologie entspringen.

Fehler kann man nur dann der Ideologie anlasten, wenn sie sich dort nachweisen lassen.

Und seine Warnung vor fundamentalistischen Wissenschaftlern und Aufklärern finde ich äußerst erheiternd.


Was meint ihr zu seiner These?

(Sorry, dass mein Standpunkt zu seiner Behauptung etwas knapp ausgefallen ist, aber ich muß gleich zu meinem Studentenstammtisch. Verlegen )
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#289496) Verfasst am: 26.04.2005, 20:40    Titel: Antworten mit Zitat

Wichtig scheint mir hier, eine Vermischung der Bewertungskriterien zu vermeiden, man sollte von dem Ausdruck "das Christentum insgesamt ablehnen" wegkommen:

Die biblische Weltbeschreibung kann man beispielsweise ablehnen, weil die wissenschaftliche Methode sich als effizienter zur Modellierung der Welt und Voraussage erwiesen hat und deren Ergebnisse den biblischen widersprechen (Schöpfung, Sintflut, Auferstehung, freier Wille, ...)

Die neutestamentliche Moral kann man beispielsweise ablehnen, weil sie der Gleichberechtigung der Frau widerspricht oder weil sie Mission über Famile stellt.

Lehnt man die jesuanische oder die katholische Moral nicht ab, sondern hält sie für sinnvoll, so bedeutet das noch nicht, daß deshalb die biblische Weltbeschreibung stimme oder daß es eine Gott gäbe, und umgekehrt.

Jede Ideologie, dogmatisch vertreten, heiligt die Mittel und wird dadurch ethisch fragwürdig.

Daß Aufklärung, Rationalismus und wissenschaftliche Methode auch Fehlgriffe hervorbrachten, bedeutet nicht, daß sie nicht besser seien als das damalige Christentum. Sie sind erwiesenermaßen besser in bezug auf bestimmte Ziele und Werte (z.B. Wissen über die Welt, Medizin, Gleichberechtigung, ...). Umgekehrt ist nicht gesagt, daß die Menschheit durch Wissen letztlich glücklicher wird als durch Aberglauben, es könnte sich auch das Gegenteil herausstellen. Aber Aberglauben wäre es dennoch.

gruß/step
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Sermon
panta rhei



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 18430
Wohnort: Sine Nomine

Beitrag(#289499) Verfasst am: 26.04.2005, 20:48    Titel: Re: Liegt der Aufklärung auch ein inhumanes Potential zu Grunde? Antworten mit Zitat

Zoidberg hat folgendes geschrieben:
Was meint ihr zu seiner These?


Christoph Bördlein: Das sockenfressende Monster in der Waschmaschine. Eine Einführung ins skeptische Denken. 199 Seiten, kartoniert, Euro 14.- Aschaffenburg (Alibri) 2002. ISBN 3-932710-34-7

(Textauszug) Unwahrscheinliche Dinge sind unwahrscheinlich wahrscheinlich



Hubert Schleichert: Wie man mit Fundamentalisten diskutiert, ohne den Verstand zu verlieren. Anleitung zum subversiven Denken. München 1997. C.H.Beck; 200 Seiten, ISBN 3-406-41989-5



Franz Buggle: Denn sie wissen nicht, was sie glauben Oder warum man redlicherweise nicht mehr Christ sein kann. Eine Streitschrift. Aschaffenburg (Alibri) 2004. ISBN 3-932710-77-0

Inhaltsverzeichnis



Hans Albert: Das Elend der Theologie. Kritische Auseinandersetzung mit Hans Küng. Erweiterte Neuauflage. 222 Seiten, kartoniert, Euro 15.- Aschaffenburg (Alibri) 2005. ISBN 3-86569-001-7
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#289524) Verfasst am: 26.04.2005, 22:07    Titel: Antworten mit Zitat

Folgende Probleme sehe ich in der Argumentation des Agnostikers:

Beleg für Instrumentalisierung
Wo ist überhaupt der Beweis dafür, dass das Christentum instrumentalisiert wurde?
Hier liegt das grundsätzliche Auffassungsproblem. Denn Religionen werden nur ganz selten wirklich instrumentalisiert. Die allermeisten religiösen Übeltäter handeln aus voller Überzeugung. Sie benutzen nicht die Religion in hinterhältiger Weise, sondern sie leben ihre Religion. Die Inquisitoren haben die Bergpredigt sehr wohl gelesen.
Er soll mal konkrete Beispiele für Mißbrauch nennen.

Annahme eines guten Christentums gerechtfertigt?
Die implizite Annahme, dass das Christentum selbst, was auch immer das ist, gut ist, ist ebenfalls unbegründet. Was, wenn diejenigen, die die Bibel schrieben, selbst schon instrumentalisierten?

Zitat:
Johannes 15,6-5 :5 Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht, denn getrennt von mir könnt 6 Wenn jemand nicht in mir bleibt, so wird er hinausgeworfen wie die Rebe und verdorrt; und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen.

Hier spricht Jesus davon, dass diejenigen, die nicht mit ihm sind dem Feuertod verdienen. Und genau das taten die Inquisitoren auch. Sie verbrannten Ungläubige. Wo ist da die Instrumentalisierung? Weiters steht in der Bibel, man solle Hexen verbrennen. Auch das wurde getan. Die Schuld liegt also auch bei den Urhebern, nicht nur bei den Interpreten der Bibel.

Zudem ist der biblische Text enorm jenseitslastig. Das birgt enome Gefahren in Sich.

Jedenfalls ist der Agnostiker hier in der Bringschuld. Er muss belegen, dass das Christentum inherent gut ist, denn nur so könnten alle negativen davon abgeleiteten Phänomene als "Mißbrauch" oder "Fehlinterpretation" abgetan werden. Wenn er von uns verlangt diese Annahme zu akzeptieren, dann muss er das belegen können.

Praktikabilität
Eine gute Weltanschauung muss auch praktikabel sein. Was nutzt es uns, wenn das Christentum eine gute Utopie darstellt, aber in 99% aller Fälle mißbraucht wird? Eine leicht mißbrauchbare Ideologie kann keine gute sein. Wäre die Welt eine bessere mit oder ohne der Bibel und speziell mit oder ohne ihrer unzähligen problematischen Passagen?

Relativismus
Dass jede Ideologie theoretisch mißbraucht werden kann, ist plausibel. Sind deshalb alle Ideologien gleich schlecht oder gleich gut? Jede Ideologie kann so verteidigt werden. Man ersetze Christentum durch Stalinismus, Nationalsozialismus, Faschismus usw. Die Anhänger dieser Ideologien tun übrigens genau das. Wenn man so argumentiert, kann man keine Ideologie ablehnen. Die Aussage eine Ideologie sei gut oder schlecht wäre dann vollkommen bedeutungslos.

Wissenschaft
Die Wissenschaft selbst ist eine selbstkorrigierende Methode. Die Rassenlehre war eine Zeit lang eine Auffassung der Wissenschaft, bis sie durch den wissenschaftlichen Prozess selbst widerlegt wurde. Auch hier gibt es übrigens keinen Mißbrauch. Ein Mißbrauch wäre eine vorsätzliche Falschanwendung.
Die Wissenschaft kann man jedenfalls an ihren Früchten messen. Wo wären wir ohne sie? Wir würden noch immer durch die Steppen Afrikas laufen und hätten ein kurzes, krankheitsgeplagtes, gewaltätiges und unkomfortables Leben. Wissenszuwachst hat und auf jeden Fall geholfen auch und gerade bei der Gleichberechtigung von Rassen, Frauen, Sklaven usw. Erst als wir schrittweise erkannten, dass die wahrgenommen ein Defizite dieser Gruppen haltlos sind, folgte eine Gleichberechtigung.

Den gleichen Test besteht das Christentum jedenfalls nicht. Erst seit sich Europa davon entfernt und es ins Private gedrängt hat, gab es Platz für Fortschritte.

Problem des Bösen
Das Argument wird für den Agnostiker wohl nicht zählen, aber für den Gläubigen. Wenn das Buch der Bücher selbst, das ja vom lieben Gott höchstpersönlich stammen soll, zu Bösem mißbraucht werden kann, dann muss Gott entweder unfähig oder böse sein. Konnte er sich nicht klarer ausdrücken? Wozu all die Aufrufe zur Gewalt, die angeblich nur symbolisch zu werten sind? Ich könnte ein wesentlich besseres Buch schreiben, das nicht einmal annähernd so "mißbraucht" werden kann, wie die Bibel. Jedes Kind kann das, warum nicht Gott?
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Hatuey
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Anmeldungsdatum: 26.02.2004
Beiträge: 2821

Beitrag(#289650) Verfasst am: 27.04.2005, 15:07    Titel: Antworten mit Zitat

Durch die Aufklärung kam auch der Rassimus und Nationalismus.
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Poldi
Bin Daheim



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 4559
Wohnort: Bavarian Congo

Beitrag(#289654) Verfasst am: 27.04.2005, 15:15    Titel: Antworten mit Zitat

milhous hat folgendes geschrieben:
Durch die Aufklärung kam auch der Rassimus und Nationalismus.


Genau, und die Erde ist eine Scheibe .... Argh
_________________
gG,
Poldi
Doch leider kanns gefählich sein, den Satan in dir zu verstehen.
Jeder Mensch ein Sünderschwein, Oh christliches Vergehen.
Die Trennung zwischen Gut und Bös die wirst du niemals finden
nur leider kanns gefährlich sein das den Pfaffen auf die Nasen zu binden.
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Graf Zahl
untot



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 7040
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Beitrag(#289659) Verfasst am: 27.04.2005, 15:25    Titel: Antworten mit Zitat

milhous hat folgendes geschrieben:
Durch die Aufklärung kam auch der Rassimus und Nationalismus.

Ist diese Aussage Dein Ernst? Bist Du allen Ernstes der Meinung, daß es vor der Aufklärung noch keinen Rassismus/Nationalismus gab?

Ach ja, früher war einfach alles anders. Da waren die Gummistiefel wenigstens noch aus Holz...
_________________
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Hatuey
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Anmeldungsdatum: 26.02.2004
Beiträge: 2821

Beitrag(#289670) Verfasst am: 27.04.2005, 15:39    Titel: Meine Argumente Antworten mit Zitat

Graf Zahl hat folgendes geschrieben:
milhous hat folgendes geschrieben:
Durch die Aufklärung kam auch der Rassimus und Nationalismus.

Ist diese Aussage Dein Ernst? Bist Du allen Ernstes der Meinung, daß es vor der Aufklärung noch keinen Rassismus/Nationalismus gab?

Ach ja, früher war einfach alles anders. Da waren die Gummistiefel wenigstens noch aus Holz...



http://www.dir-info.de/literatur/schattenseiten.shtml
Zitat:
Gudrun Hentges erbrachte den Nachweis, "dass im aufklärerischen Denken das Postulat der "Gleichheit" partiell zurückgenommen wird aufgrund einer Kategorisierung und Hierarchisierung verschiedener Menschengruppen. Bereits ein Jahrhundert vor dem Aufkommen in sich geschlossener rassistischer Theorien gab es im Denken der Aufklärung Ansätze zu einer Aufteilung der Menschheit in "Rassen". Dies zeigte sich insbesondere auch daran, dass das Judentum nicht nur als Religion kritisiert wurde, sondern "Juden" bestimmte unveränderliche Wesens- und Charaktermerkmale zugeschrieben worden sind."
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Graf Zahl
untot



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 7040
Wohnort: Universum

Beitrag(#289685) Verfasst am: 27.04.2005, 16:07    Titel: Re: Meine Argumente Antworten mit Zitat

milhous hat folgendes geschrieben:
Graf Zahl hat folgendes geschrieben:
milhous hat folgendes geschrieben:
Durch die Aufklärung kam auch der Rassimus und Nationalismus.

Ist diese Aussage Dein Ernst? Bist Du allen Ernstes der Meinung, daß es vor der Aufklärung noch keinen Rassismus/Nationalismus gab?

Ach ja, früher war einfach alles anders. Da waren die Gummistiefel wenigstens noch aus Holz...



http://www.dir-info.de/literatur/schattenseiten.shtml
Zitat:
Gudrun Hentges erbrachte den Nachweis, "dass im aufklärerischen Denken das Postulat der "Gleichheit" partiell zurückgenommen wird aufgrund einer Kategorisierung und Hierarchisierung verschiedener Menschengruppen. Bereits ein Jahrhundert vor dem Aufkommen in sich geschlossener rassistischer Theorien gab es im Denken der Aufklärung Ansätze zu einer Aufteilung der Menschheit in "Rassen". Dies zeigte sich insbesondere auch daran, dass das Judentum nicht nur als Religion kritisiert wurde, sondern "Juden" bestimmte unveränderliche Wesens- und Charaktermerkmale zugeschrieben worden sind."


Das ist doch kein Beleg dafür, daß es vor der Aufklärung keinen Rassismus/Nationalismus gab. Rassismus war schon in der Antike vorzufinden und Deine Aussage, daß erst durch die Aufklärung Rassismus/Nationalismus kam, schlichtweg falsch.
Wenn Du Deine Aussage bezüglich eines modernen Rassismus spezifizierst, kann man Dir evtl. zustimmen, doch rassistisches bzw. nationalistisches Denken per se ist nichts neues.
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Hatuey
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Anmeldungsdatum: 26.02.2004
Beiträge: 2821

Beitrag(#289686) Verfasst am: 27.04.2005, 16:25    Titel: Re: Meine Argumente Antworten mit Zitat

Graf Zahl hat folgendes geschrieben:

Das ist doch kein Beleg dafür, daß es vor der Aufklärung keinen Rassismus/Nationalismus gab. Rassismus war schon in der Antike vorzufinden und Deine Aussage, daß erst durch die Aufklärung Rassismus/Nationalismus kam, schlichtweg falsch.
Wenn Du Deine Aussage bezüglich eines modernen Rassismus spezifizierst, kann man Dir evtl. zustimmen, doch rassistisches bzw. nationalistisches Denken per se ist nichts neues.

Ich würde meine These korregieren und sagen der moderne Rassismus kam mit der Aufklärung, aber der Nationalismus ist eine morderne Erfindung, die erst mit der französischen Revolution kam.
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pyrrhon
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Anmeldungsdatum: 22.05.2004
Beiträge: 8770

Beitrag(#289687) Verfasst am: 27.04.2005, 16:34    Titel: Re: Meine Argumente Antworten mit Zitat

milhous hat folgendes geschrieben:
der Nationalismus ist eine morderne Erfindung, die erst mit der französischen Revolution kam.


Zumindest kann man vor 1800 nicht von Nationen im modernen Sinn sprechen. Bis ca. 1800 war eher die Bindung an den jeweiligen Lehnsherrn entscheidend. Der Nationalismus bekam schließlich durch die Französische Revolution einen enormen Schub.
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zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25405

Beitrag(#289765) Verfasst am: 27.04.2005, 20:43    Titel: Antworten mit Zitat

Hervorhebungen von mir.
Jürgen Habermas hat folgendes geschrieben:
Auch wenn sich dieser Zweifel ausräumen lässt, bleibt es dabei, dass liberale Ordnungen auf die Solidarität ihrer Staatsbürger angewiesen sind – und deren Quellen könnten infolge einer „entgleisenden“ Säkularisierung der Gesellschaft im ganzen versiegen. Diese Diagnose ist nicht von der Hand zu weisen, aber sie muss nicht so verstanden werden, dass die Gebildeten unter den Verteidigern der Religion daraus gewissermaßen einen „Mehrwert“ schöpfen (3). Stattdessen werde ich vorschlagen, die kulturelle und gesellschaftliche Säkularisierung als einen doppelten Lernprozess zu verstehen, der die Traditionen der Aufklärung ebenso wie die religiösen Lehren zur Reflexion auf ihre jeweiligen Grenzen nötigt

[...]

Exkurs. Anknüpfungspunkt für den philosophischen Diskurs über Vernunft und Offenbarung ist eine immer wiederkehrende Denkfigur: Die auf ihren tiefsten Grund reflektierende Vernunft entdeckt ihren Ursprung aus einem Anderen; und dessen schicksalhafte Macht muss sie anerkennen, wenn sie nicht in der Sackgasse hybrider Selbstbemächtigung ihre vernünftige Orientierung verlieren soll.

[...]

Jede Religion ist ursprünglich „Weltbild“ oder „comprehensive doctrine“ auch in dem Sinne, dass sie die Autorität beansprucht, eine Lebensform im ganzen zu strukturieren. Diesen Anspruch auf Interpretationsmonopol und umfassende Lebensgestaltung musste die Religion unter Bedingungen der Säkularisierung des Wissens, der Neutralisierung der Staatsgewalt und der verallgemeinerten Religionsfreiheit aufgeben.

[...]


Für den religiös unmusikalischen Bürger bedeutet das die keineswegs triviale Aufforderung, das Verhältnis von Glauben und Wissen aus der Perspektive des Weltwissens selbstkritisch zu bestimmen. Die Erwartung einer fortdauernden Nicht-Übereinstimmung von Glauben und Wissen verdient nämlich nur dann das Prädikat „vernünftig“, wenn religiösen Überzeugungen auch aus der Sicht des säkularen Wissens ein epistemischer Status zugestanden wird, der nicht schlechthin irrational ist. In der politischen Öffentlichkeit genießen deshalb naturalistische Weltbilder, die sich einer spekulativen Verarbeitung wissenschaftlicher Informationen verdanken und für das ethische Selbstverständnis der Bürger relevant sind, keineswegs prima facie Vorrang vor konkurrierenden weltanschaulichen oder religiösen Auffassungen.


http://www.information-philosophie.de/philosophie/HabermasRatzinger2.htm

Text ist etwas länger.
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Evilbert
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Anmeldungsdatum: 16.09.2003
Beiträge: 42408

Beitrag(#289844) Verfasst am: 28.04.2005, 01:12    Titel: Antworten mit Zitat

Thukydides muss prophetische Gaben gehabt haben, als er Perikles die Epitaphien in den Mund legte, wenn es Nationalismus erst über 2600 Jahre nach der Veröffentlichung seiner Schrift über den peloponnesischen Krieg erstmals gab... Mit den Augen rollen
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Sermon
panta rhei



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 18430
Wohnort: Sine Nomine

Beitrag(#290571) Verfasst am: 30.04.2005, 09:14    Titel: Antworten mit Zitat

In Europa stehen sich zwei Gegner gegenüber: das Christentum und die Kultur der Aufklärung. Was sind die Wurzeln dieses Gegensatzes? Aus dem letzten Vortrag von Kardinal Joseph Ratzinger, gehalten am Vorabend des Todes von Papst Johannes Paul II.
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Mario Hahna
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Anmeldungsdatum: 04.04.2005
Beiträge: 9607
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Beitrag(#290694) Verfasst am: 30.04.2005, 19:09    Titel: Antworten mit Zitat

Altbekannte These. Recherchier doch mal unter dem Stichwort "Dialektik der Aufklärung".
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Zoidberg
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Anmeldungsdatum: 26.04.2005
Beiträge: 2

Beitrag(#291523) Verfasst am: 03.05.2005, 20:19    Titel: Antworten mit Zitat

Danke, für eure Antworten. Sehr glücklich


@step, übrigens um eine komplette Ablehnung des Christentums ging es mir nicht. Diese Position hat mein Bekannter mir aufgrund meiner Kritik untergeschoben.


@Sokrateer, er ist wirklich der Meinung die Verfolgung von Andersdenkenden im Christentum (Stichwort Inquisition) wäre wirklich ein Mißbrauch, bzw. käme wegen der ambivalenten Interpretierbarkeit der Bibel zustande.
Die Bibel wäre nie "Wort Gottes" gewesen, sondern nur ein Buch von Menschen über Gott und Jesus.
Die Kirchen hätten nur einzelne Gebote als göttlich anerkannt, nie das gesamte Buch.
Das Alte Testament hätte im Christentum keine Bedeutung.


Er ist wirklich der Meinung das Christentum wäre für Aufklärung, Demokratie und Wissenschaft verantwortlich.
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Hatuey
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Anmeldungsdatum: 26.02.2004
Beiträge: 2821

Beitrag(#292475) Verfasst am: 07.05.2005, 11:27    Titel: Antworten mit Zitat

Sermon hat folgendes geschrieben:
In Europa stehen sich zwei Gegner gegenüber: das Christentum und die Kultur der Aufklärung. Was sind die Wurzeln dieses Gegensatzes? Aus dem letzten Vortrag von Kardinal Joseph Ratzinger, gehalten am Vorabend des Todes von Papst Johannes Paul II.

Ratzingers These, die Aufklärung habe Europa geschadet würde auch bei islamischen Fundamentalisten Zustimmung finde, die eine Islamisierung Europas befürworten.

Ratzinger macht den falschen Schritt wenn er glaubt sich damit bei diesen Leuten einzuschleimen.
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pyrrhon
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Anmeldungsdatum: 22.05.2004
Beiträge: 8770

Beitrag(#292483) Verfasst am: 07.05.2005, 11:44    Titel: Antworten mit Zitat

milhous hat folgendes geschrieben:
Sermon hat folgendes geschrieben:
In Europa stehen sich zwei Gegner gegenüber: das Christentum und die Kultur der Aufklärung. Was sind die Wurzeln dieses Gegensatzes? Aus dem letzten Vortrag von Kardinal Joseph Ratzinger, gehalten am Vorabend des Todes von Papst Johannes Paul II.

Ratzingers These, die Aufklärung habe Europa geschadet würde auch bei islamischen Fundamentalisten Zustimmung finde, die eine Islamisierung Europas befürworten.

Ratzinger macht den falschen Schritt wenn er glaubt sich damit bei diesen Leuten einzuschleimen.


Ich bezweifle, dass seine Aussagen darauf abzielen, sich ausgerechnet bei islamischen Fundamentalisten einzuschleimen.
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Hatuey
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Anmeldungsdatum: 26.02.2004
Beiträge: 2821

Beitrag(#292491) Verfasst am: 07.05.2005, 12:23    Titel: Antworten mit Zitat

viator hat folgendes geschrieben:

Ich bezweifle, dass seine Aussagen darauf abzielen, sich ausgerechnet bei islamischen Fundamentalisten einzuschleimen.

Aber die würden seinen Thesen mit Sicherheit zustimmen. Das würde sich etwas zusammentuen, was zusammen gehört
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pyrrhon
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Anmeldungsdatum: 22.05.2004
Beiträge: 8770

Beitrag(#292506) Verfasst am: 07.05.2005, 13:39    Titel: Antworten mit Zitat

milhous hat folgendes geschrieben:
viator hat folgendes geschrieben:

Ich bezweifle, dass seine Aussagen darauf abzielen, sich ausgerechnet bei islamischen Fundamentalisten einzuschleimen.

Aber die würden seinen Thesen mit Sicherheit zustimmen. Das würde sich etwas zusammentuen, was zusammen gehört


Gewiss. Es ist nur eine Sache, ob sie seinen Thesen zustimmen, aber eine andere, ob Ratzinger sich einschleimen will. Ich vermute, dass Ersteres der Fall ist, Zweiteres nicht.
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