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Kreationismuskritik - angemessen oder kontraproduktiv?
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Was haltet Ihr von dem kreationismuskritischen Text?
Die Replik ist der Sache angemessen
89%
 89%  [ 17 ]
Die Replik ist kontraproduktiv
10%
 10%  [ 2 ]
Stimmen insgesamt : 19

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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#305433) Verfasst am: 16.06.2005, 18:31    Titel: Antworten mit Zitat

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Deshalb lassen sich moralische Normen naturalistisch und nur naturalistisch begründen. Der "ethische Nihilismus" ist alles andere als eine Konsequenz materialistischer Weltanschauung. Dies zu behaupten, wäre ein naturalistischer Fehlschluß!

mich würde ernsthaft interessieren, was 'naturalistischer Fehlschluss' in diesem Zusammenhang bedeutet.

Mir liegt jetzt nicht allzu viel daran, den 'advocatus diaboli' zu spielen, aber Ethik ist ein wenig komplexer. Es ist ein Thread, Argumente für das eigene Weltbild zu finden, ein anderer, das von der Warte anderer Weltbilder aus zu seine.

Im obigen Ansatz steckt beispielsweise ein Problem: der menschlichen Ratio wird ein sehr hoher Stellenwert zugemessen. Man könnte beispielsweise auch sagen, dass das, was Du als "gesundes Rechtsempfinden" bezeichnet hast, von Gott eingegeben wird. Dann löst sich Dein Problem: Gott hat keinen Grund, anderes zu befehlen, als das, was diesem entspricht. Zudem hätte er uns den Verstand gegeben, um ihn zu erkennen (ich schreib's extra dazu: ich _referiere_ einen Standpunkt, den ich nicht teile).

Auch 'evolutionär' im geschilderten Kontext ist problematisch. Die Generationsdauer des Menschen ist zu lang, um Allele zu fixieren, die so was schaffen. Das läuft üblicherweise tradigenetisch. Und das läuft anders als die Evolution, mit der sich Biologen befassen. Auch 'spieltheoretisch' ist so etwas wie 'systemtheoretisch': ist damit ein _Mechanismus_ oder eine _Beschreibung_ gemeint?

Noch ein Thread sind ethische Universalien, die es nach Meinung einiger Autoren gibt. Die wären dann explizit das, was Du als 'gesundes Rechtsempfinden' bezeichnest. Aber genau das, was einen utilitaristischen Ansatz in Probleme bringt. Zudem hättest Du hier ein echtes Beispiel für einen naturalistischen Fehlschluss.
_________________
Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)

Der Christengott ist immens schwach!
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Dr. Andreas Beyer
registrierter User



Anmeldungsdatum: 16.06.2005
Beiträge: 40

Beitrag(#305436) Verfasst am: 16.06.2005, 18:57    Titel: Antworten mit Zitat

[quote="El Schwalmo"]
Imposant waren auch die Auslassungen der mitlesenden Christen.
[/quote]

ok, herre we go:
Als ein bekennender und praktizierender Christ habe ich mich in meinem Text (der zweite der beiden abzustimmenden nämlich, die Replik auf die W&W -Ankündigung) bereits geoutet.

Was die Diskussion anbelangt, die Schwalmo losgetreten hat, so kann ich seine Beweggründe und Gedankengänge beim besten Willen nicht nachvollziehen. Was den Anlass anbelangt, so ist alles im Text von W&W nachzulesen, die Analyse dazu steht in meinem Text, meine Intention ebenfalls.

Dem dürfte kaum etwas hinzuzufügen sein, daher beteilige ich mich auch nicht an dieser Diskussion, sie bringt nichts, sondern schadet nur. Ernst zu nehmende und ernst gemeinte Anfragen beantworte ich gerne: wer möchte, kann mich über die HP der AG Evolutionsbiologen kontaktieren.

besten Gruß an die Gemeinde

Andreas Beyer
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shiningthrough
deaktiviert



Anmeldungsdatum: 08.11.2003
Beiträge: 1099

Beitrag(#305438) Verfasst am: 16.06.2005, 19:27    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Zudem ist die Sache wirklich nicht trivial: Menschenrechte kann man AFAIK stringent nur über eine imago dei begründen (ich bin Konventionalist mit starkem Hang zum Nihilismus, ich gehe davon aus, dass man ethische Normen sowieso nicht (letzt)begründen kann und braucht).


Nein, sie lassen sich auch buddhistisch begründen, also ohne einen Schöpfergott, welcher die Welt irgendwie leitet. Sie lassen sich sogar ungeheuer trivial begründen. Sie lassen sich in der sehr einfachen Erkenntnis begründen, dass alle fühlenden Wesen Glück erreichen und Leid vermeiden wollen. Dieses in Zusammenhang mit der - wiederum trivialen - Kausalität gesehen, reicht völlig aus für eine sehr solide Begründung von Menschen- und übrigens auch Tierrechten.
Wir sehen über die Jahrtausende die Resultate resp. Wirkungen intoleranter, nahezu immer mit Alleinvertretungsanspruch daherkommder Glaubenssysteme. Die haben ja alle mal mit der großen "Liebe über alles" angefangen. Und dann ging es alsbald in Streiterei, Kämpferei und Grausamkeit über. Arianer, Nestorianer, Monophysiten, etc. lagen sich "in den Haaren" wegen der Trinität. Und das war erst der Anfang. Schiiten und Sunniten sind auch nicht gerade die besten Freunde. Die sog. monotheistischen Systeme mögen erstmal Ordnung im eigenen Hause schaffen bevor ihre exotischsten Exemplare, die Evangelikalfundamantalisten, sich wiederum in historischer Wiederholung unter modernen Vorzeichen aufspielen, als hätten sie Recht und Wahrheit für sich gepachtet. Das gilt auch und wegen ihres politschen Einflusses umsomehr für die Romkirche, die es sogar fertig bringt einen christlichen Fundamantalismus zu vertreten, ohne dabei in Konflikt mit dem Neodarwinismus zu geraten (Respekt!). Aber so weit sind die anderen noch nicht. Naja, der Solascripturismus ist protestantisch und die haben ja auch später angefangen Smilie.

Ich bin Nonkonformist mit starkem Hang zum Buddhismus. Ich gehe davon aus, dass man ethische Normen erst dann begründen muss, wenn man sie nicht als unserem Wesen innewohnend wahrnimmt. Die Welt läßt sich nunmal nicht endlos im Intellekt "doppeln" - sie übersteigt unser begriffliches Denken.
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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#305460) Verfasst am: 16.06.2005, 21:21    Titel: Antworten mit Zitat

shiningthrough hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Zudem ist die Sache wirklich nicht trivial: Menschenrechte kann man AFAIK stringent nur über eine imago dei begründen (ich bin Konventionalist mit starkem Hang zum Nihilismus, ich gehe davon aus, dass man ethische Normen sowieso nicht (letzt)begründen kann und braucht).


Nein, sie lassen sich auch buddhistisch begründen,


stimmt, mein Fehler war, 'stringent' geschrieben zu haben. Ich hätte '_letzt_begründet' schreiben müssen.

[ übereinstimmungshalber gesnippt ]

shiningthrough hat folgendes geschrieben:
Ich bin Nonkonformist mit starkem Hang zum Buddhismus. Ich gehe davon aus, dass man ethische Normen erst dann begründen muss, wenn man sie nicht als unserem Wesen innewohnend wahrnimmt.


In meinem Weltbild immer dann, wenn Interessenkonflikte auftreten. Dann sieht man schnell, dass 'in unserem Wesen innewohnend' nicht unproblematisch ist. Jede Gemeinschaft, die über kleine Kerngruppen hinausgeht, muss ihr Zusammenleben mehr oder weniger formal regeln. Schon anhand der Tatsache, dass es viele derartige Regelsysteme gibt, die oft nicht kompatibel sind, siehst Du, dass diese nicht dem menschlichen Wesen innewohnen.

shiningthrough hat folgendes geschrieben:
Die Welt läßt sich nunmal nicht endlos im Intellekt "doppeln" - sie übersteigt unser begriffliches Denken.


Stimmt. Aber was besagt diese Erkenntnis? Wir müssen uns selber Regeln geben. Und irgendwann kommt man in Bereiche, in denen Begründungen sehr schwierig bis unmöglich werden. Meist behilft man sich mit Konventionen.
_________________
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shiningthrough
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Anmeldungsdatum: 08.11.2003
Beiträge: 1099

Beitrag(#305485) Verfasst am: 16.06.2005, 22:13    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
In meinem Weltbild immer dann...


Völlig O.K.

Zitat:
Schon anhand der Tatsache, dass es viele derartige Regelsysteme gibt, die oft nicht kompatibel sind, siehst Du, dass diese nicht dem menschlichen Wesen innewohnen.


Stimmt auch. Man sieht daran, was dabei herauskommt, wenn "der Blick" immer nur nach außen geht und Individualillusionen, die dem nicht korrekt Wahrgenommenen entspringen, projiziert. Das "Innewohnende", der Erleber gleichermaßen, wird nicht einmal wahrgenommen.

Zitat:
Wir müssen uns selber Regeln geben.


Wir müssen gar nichts. Wir tun, weil wir glauben zu müssen. Konventionen sind Absprachen unter Gleichgläubigen. Virtuelle Umzäunungen von Ich-Genossenschaften. Das Ganze stellt sich dann als selbstbegründende Kreisläufe heraus. Man kann darüber nachdenken, ob der o.g. Erleber identisch ist mit Mensch, Tier oder sonstwas oder ob er etwas gans anderes ist, das sich nur Kraft Konvention mit der jeweiligen Erscheinungsform identifiziert. (Buddhas sind weder Menschen noch Götter - das wird oft vergessen, was vielleicht an den vielen Statuen liegen mag.)
Ich denke, das - nennen wir es metaphorisch Raum - das also dem Raum ein unerschöpfliches Potential an Phänomenalität innewohnt (schon wieder "innewohnend" - man merkt vielleicht, worauf das hinauslaufen mag). Die Erkenntnis der raumhaften Projektion, dessen also, was man Leerheit nennt, ist der Ausgang aus den Konventionen, das, was man letztgültige Wahrheit nennen mag: Die wahrhafte Bestehensweise oder wie die Dinge wirklich sind. Konvention ist eine Ebene mit ihren "Gesetzen" - Letztgültigkeit ist eine andere Ebene, die keiner Gesetze bedarf. Konvention ist Spiel mit bzw. nach Regeln. Letzgültigkeit ist das bewußte Spiel oder das Nein zum Spiel - ganz nach Belieben. Denn den Konventionen haftet wenig Bewußtsein an. Nach Regeln zu leben bedeutet "Urlaub" für das Bewußtsein. Andere sagen, wo es lang geht - dazu braucht man nicht viel Bewußtheit. Bis zur völligen Aussensteuerung, bis zu reinem reflektorischen Sein. Das aber ist unsere stammesgeschichtliche Vergangenheit, nicht unsere Zukunft.
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göttertod
Atheist und Zweifelsäer



Anmeldungsdatum: 20.08.2004
Beiträge: 1565
Wohnort: Freiburg

Beitrag(#305521) Verfasst am: 16.06.2005, 23:53    Titel: Antworten mit Zitat

ok hallo,

erstmal werde ich den Text von Andreas Beyer kommentieren:

Zitat:
Um es an dieser Stelle deutlich zu sagen: Empirische Wissenschaft kann und will über die etwaige Existenz eines Gottes nichts aussagen und auch etwaige übernatürliche Einflüsse auf das Weltgeschehen nicht berücksichtigen. Ihr Gegenstandsbereich ist die real (er)fassbare Welt - nicht mehr und nicht weniger. Hier funktioniert sie "methodisch-materialistisch", d.h. sie kümmert sich nur um das, was mit empirischen Mitteln untersuchbar ist. Mit Atheismus (im Sinne einer anti-theistischen Zielrichtung) hat das nichts zu tun: Auch ein Bäcker macht sein Brot ohne metaphysische Schritte im Backrezept, und niemand käme auf die Idee, ihn allein deswegen einen Atheisten zu schimpfen.


das fand ich mit am wichtigsten, wobei ich ein bischen schmunzeln muss, dass er so etwas schreibt, aber trotzdem Christ ist....

aber genau solche Menschen braucht die Menschheit.... Menschen, die mit der Aufklärung und dem kritischen Rationalismus so sehr "infiziert" sind, das sie es als vollkommen und absolut unangemessen ansehen, diese logische Sicht der Dinge aufzugeben... und das verbunden mit dem Christentum, ganz wichtig.....

Er hat ja öfter betont er sei liberaler Christ.... durch solche Menschen wird der Konflikt innerhalb der Weltanschauung des Christentums (oder der Monotheismen) ausgetragen.... innerhalb der Gehirne von religiösen Menschen, welche sich Argumenten echter Atheisten oder/und Agnos. entziehen und/oder mauern.
Man kann sagen die Aufklärung hat die dogmatische Ideologie des Christentums hier in Europa aufgeweicht, zugänglich gemacht der Wissenschaft gegenüber, dem Skeptizismus gegenüber, dem Empirismus gegenüber, etc. weg von stupidem Vertrauen den Vorfahren gegenüber und Ihren Gedankengebäuden. Hin zur Verbesserung von Gedanken, zur Auflösung und zur Aufhebung von überholtem und schlechtem Gedankengut, was der Menschheit schadet und sie einengt in ihrer Entfaltung.

Martin hat herrvorragend zusammengefasst:
Zitat:
Das Argument lautet sinngemäß, daß moralische Wertvorstellungen immer das Ergebnis pragmatischer Überlegungen sind. Da wir Menschen in komplexen Sozitäten leben, ist es nötig, bestimmte Normen zu erstellen, die das Zusammenleben regeln und zugleich das Interesse des Einzelnen wahren. Das Fehlen jeglicher Werte würde unweigerlich im Anarchismus enden und damit nicht nur dem Interesse des Einzelnen, sondern auch der Gruppe schaden. Wenn ich z.B. für mich in Anspruch nehme, daß mein Nachbar meine Besitzansprüche respektiert, folgt daraus, daß ich ihm dasselbe Recht zugestehen muß. Und es läßt sich spieltheoretisch zeigen, daß ein kooperatives und altruistisches Verhalten nur dann einen (dann allerdings den maximalen) Selektionsvorteil besitzt, wenn der andere genauso denkt und handelt. Ein solches Gruppenverhalten ist also evolutionär begründet. Analoges gilt selbstverständlich auch für Gefühle, wie z.B. Liebe oder Haß.

Interessanterweise gehen Mahner und Bunge sogar noch weiter, indem sie behaupten, daß moralische Werte gar nicht religiös begründet werden können! Weshalb denn nicht? Nun, sähe man in Gott so etwas wie eine letzte moralische Instanz, könnte der moralische Sinn seiner Gebote nicht weiter hinterfragt werden. Das hieße aber, daß alles, was Gott befiehlt, oberstes Gesetz wäre. Was wäre nun aber, wenn es Gott gefiele, daß wir uns gegenseitig umbringen? Wäre dieser Gott dann immer noch ein guter Gott? Die meisten Christen würden dies wohl verneinen. Es ist auch ganz interessant, zu sehen, was ein Christ antwortet, wenn man ihn fragt, weshalb Gott nicht Mord und Totschlag predigt. Die meisten werden antworten, daß Gott so etwas niemals zuließe, denn er liebt seine Schöpfung über alles.

Ahaaa! Offenbar verfügen wir über so etwas wie ein gesundes Rechtsempfinden, das uns jenseits aller göttlichen Verfügungsgewalt sagt, was gut ist und was schlecht. Moralische Normen rekurrieren also auf rein naturale Sachverhalte. Ein solcher Gott wäre ganz einfach deshalb schlecht, weil er damit zum "Zerstörer" des Friedens in unserer Gesellschaft (und damit der Gesellschaft selbst) würde. Damit ist Gott nicht mehr unangefochtener Souverän, sondern bestenfalls so etwas wie ein "kosmischer Polizist", der dafür sorgen kann, daß die Regel eingehalten werden und das davon abweichende Verhalten sanktioniert. Deshalb lassen sich moralische Normen naturalistisch und nur naturalistisch begründen. Der "ethische Nihilismus" ist alles andere als eine Konsequenz materialistischer Weltanschauung. Dies zu behaupten, wäre ein naturalistischer Fehlschluß!


Und genau die Christen wie Andreas müssen sich lautstark zu Worte melden, wenn sie verhindern wollen, dass Ihre Kinder nicht mehr die Welt so verstehen, wie sie sie zu verstehen gelernt haben.
Die Ideologie fundamentaler gottgläubiger Juden, Christen und Moslems ist schädlich für die Menschheit. Auch wenn es vielen nicht gefällt es zu hören.....
All das was die Menschheit erreicht hat, ist geschaffen worden gegen die Gedankengebäude der einzelnen Götter dieser Religionen.
Und um diesen, nur durch Einbildung wahrzunehmenden, Göttern einhalt zu gebieten brauchen wir das Gefühl der liberalen Monotheisten, Anspruch auf Wissen zu haben, Anspruch auf Kritik zu haben. Anspruch zu haben nicht einfach nur Schlucken zu müssen was mir irgendsoein Hohlbrot von Kleriker vorkaut....
Keine Lust zu haben wieder über Scheiterhaufen hinweg Wissen erkämpfen zu müssen....

Deswegen finde ich es unumgänglich, dass sich vorallem die liberaleren Monotheisten stark machen für Ihre gedankliche Freiheit.

Deswegen finde ich die Replik gerechtfertigt und in meinen Augen eines Atheisten sogar noch zu schwach. Aber für mich sind Menschen wie Andreas verbündete im Leben, wir schlucken nicht einfach, sondern denken.
_________________
auf dass die Bücher von "Iain Banks" Wirklichkeit werden
The Jimmy Dore Show
jede Tradition ist es wert sich an sie zu erinnern, aber nicht jede Tradition ist es wert gelebt zu werden
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Schmerzlos
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Anmeldungsdatum: 02.08.2003
Beiträge: 4554

Beitrag(#305526) Verfasst am: 17.06.2005, 00:02    Titel: Antworten mit Zitat

shiningthrough hat folgendes geschrieben:
Wir müssen gar nichts.


"Freiheit ist Einsicht in die Notwendigkeit" (Hegel)

Zitat:
Denn den Konventionen haftet wenig Bewußtsein an.


- Wenn Form besteht, kann der Tod sein.
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Katatonia
...the quiet cold of late november



Anmeldungsdatum: 05.04.2005
Beiträge: 826

Beitrag(#305547) Verfasst am: 17.06.2005, 02:25    Titel: Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:


Mit diesem Ansatz ist prinzipiell keine _Letzt_begründung möglich, weil die Normen immer relativ zu einem Nutzen sind. Andere Ansätze, beispielsweise der christliche, 'begründen' diese Werte durch den Bezug auf Gott.


Nun ja, was akzeptiert man denn als so genannte Letztbegründung? (Bietet Kant eine Letztbegründung? Schließlich abstrahiert er völlig vom Nutzen.)
Man kann immer weiterfragen und für jede Begründung eine neue fordern; auch wenn auf Gott verwiesen wird. Warum sollten wir Gottes Moralgesetzen gehorchen (hier könnte auch wieder der Nutzen ins Spiel kommen), sind Gottes Gesetze gut etc? Und das wichtigste fehlt sowieso...ein Nachweis der Existenz Gottes.
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Katatonia
...the quiet cold of late november



Anmeldungsdatum: 05.04.2005
Beiträge: 826

Beitrag(#305548) Verfasst am: 17.06.2005, 02:33    Titel: Antworten mit Zitat

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:

Und es läßt sich spieltheoretisch zeigen, daß ein kooperatives und altruistisches Verhalten nur dann einen (dann allerdings den maximalen) Selektionsvorteil besitzt, wenn der andere genauso denkt und handelt. Ein solches Gruppenverhalten ist also evolutionär begründet.


Begründet im Sinne einer kausalen Erklärung, aber nicht zugleich normativ gerechtfertigt.

Zitat:
Interessanterweise gehen Mahner und Bunge sogar noch weiter, indem sie behaupten, daß moralische Werte gar nicht religiös begründet werden können! Weshalb denn nicht? Nun, sähe man in Gott so etwas wie eine letzte moralische Instanz, könnte der moralische Sinn seiner Gebote nicht weiter hinterfragt werden. Das hieße aber, daß alles, was Gott befiehlt, oberstes Gesetz wäre. Was wäre nun aber, wenn es Gott gefiele, daß wir uns gegenseitig umbringen? Wäre dieser Gott dann immer noch ein guter Gott? Die meisten Christen würden dies wohl verneinen. Es ist auch ganz interessant, zu sehen, was ein Christ antwortet, wenn man ihn fragt, weshalb Gott nicht Mord und Totschlag predigt. Die meisten werden antworten, daß Gott so etwas niemals zuließe, denn er liebt seine Schöpfung über alles.


Das Euthyphron-Dilemma. Als Ausweg wird von W.L. Craig vorgeschlagen:
Zitat:
Glücklicherweise ist dieses Dilemma ein falsches. Es existiert eine dritte Alternative. Nämlich die, dass Gottes Natur selber das Gute ist (aus Güte besteht), und dass Seine Weisungen an uns daher notwendigerweise Seinem eigenen moralischen Charakter entstammen. Daher ist das Gute weder unabhängig von Gott, noch willkürlich durch Seinen Willen erschaffen.

Keine Ahnung, inwiefern das plausibel ist.


Zitat:
Ahaaa! Offenbar verfügen wir über so etwas wie ein gesundes Rechtsempfinden, das uns jenseits aller göttlichen Verfügungsgewalt sagt, was gut ist und was schlecht. Moralische Normen rekurrieren also auf rein naturale Sachverhalte.


Zumindest auf unser Empfinden.
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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#305555) Verfasst am: 17.06.2005, 06:25    Titel: Antworten mit Zitat

Katatonia hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:


Mit diesem Ansatz ist prinzipiell keine _Letzt_begründung möglich, weil die Normen immer relativ zu einem Nutzen sind. Andere Ansätze, beispielsweise der christliche, 'begründen' diese Werte durch den Bezug auf Gott.


Nun ja, was akzeptiert man denn als so genannte Letztbegründung? (Bietet Kant eine Letztbegründung? Schließlich abstrahiert er völlig vom Nutzen.)
Man kann immer weiterfragen und für jede Begründung eine neue fordern; auch wenn auf Gott verwiesen wird. Warum sollten wir Gottes Moralgesetzen gehorchen (hier könnte auch wieder der Nutzen ins Spiel kommen), sind Gottes Gesetze gut etc? Und das wichtigste fehlt sowieso...ein Nachweis der Existenz Gottes.

es gibt bestimmte Auffassungen von Ethik, die davon ausgehen, dass eine gültige Ethik nur auf der Basis absoluter Werte möglich sei. Ich habe vor langer Zeit versucht, im Ethik-Forum hier eine Diskussion dazu zu starten, aber die Resonanz war eher Null.

Ich kopier Dir mal, was ich dort angeführt hatte:

Zitat:
Bertrand Russell hat schon vor langer Zeit (1927) eine Rede ('Why I am Not a Christian') gehalten

Original

Übertragung

die Pflichtlektüre für jeden Schüler werden sollte. Russell widerlegt darin 'klassische' Gottesbeweise und begründet, warum Jesus für ihn nicht "the best and the wisest of men" war. Russell zeigt das anhand der Geschichte mit dem Feigenbaum und der Austreibung der bösen Geister.

Ralph Allan Smith hat eine interessante Replik auf diesen Artikel geschrieben, in der die oben erwähnte Aussage Russells kritisiert wird:

Why Bertrand Russell Was Not A Christian

Smith argumentiert darin, dass Russell die moralische Integrität Jesu gar nicht bewerten könne, da ihm ein übergeordneter Maßstab fehlt. Letztlich vertrete Russell nur seine Privatmeinung.


Eine gültige Letztbegründung ist mir nicht bekannt. Es gibt auch Versuche, das auf nicht-theistische Weise zu machen (beispielsweise transzendentalpragmatisch), aber keiner dieser Versuche ist anerkannt.
_________________
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#305580) Verfasst am: 17.06.2005, 09:54    Titel: Antworten mit Zitat

Katatonia hat folgendes geschrieben:
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Und es läßt sich spieltheoretisch zeigen, daß ein kooperatives und altruistisches Verhalten nur dann einen (dann allerdings den maximalen) Selektionsvorteil besitzt, wenn der andere genauso denkt und handelt. Ein solches Gruppenverhalten ist also evolutionär begründet.
Begründet im Sinne einer kausalen Erklärung, aber nicht zugleich normativ gerechtfertigt.

Was genau sollte das denn sein, eine wirkliche "Rechtfertigung"? Mehr als eine Begründung durch Rückführung auf eine willkürliche Behauptung? Können wir nicht das Phänomen moralischer Empfindungen heute schon als kausal erklärt betrachten?

Katatonia hat folgendes geschrieben:
Das Euthyphron-Dilemma. Als Ausweg wird von W.L. Craig vorgeschlagen:
Zitat:
Glücklicherweise ist dieses Dilemma ein falsches. Es existiert eine dritte Alternative. Nämlich die, dass Gottes Natur selber das Gute ist (aus Güte besteht), und dass Seine Weisungen an uns daher notwendigerweise Seinem eigenen moralischen Charakter entstammen. Daher ist das Gute weder unabhängig von Gott, noch willkürlich durch Seinen Willen erschaffen.
Keine Ahnung, inwiefern das plausibel ist.

Gegen diesen Ausweg spricht die empirische Tatsache, daß das "Gute" je nach Gott ganz verschieden ist und sich sogar innerhalb einer Religion mit der Zeit anpasst. Zudem wissen wir, daß Gottes Realität (selbst nach den Maßstäben seiner "eigenen" moralischen Weisungen) ziemlich suboptimal gecoached / gemanagt wird.

Katatonia hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Ahaaa! Offenbar verfügen wir über so etwas wie ein gesundes Rechtsempfinden, das uns jenseits aller göttlichen Verfügungsgewalt sagt, was gut ist und was schlecht. Moralische Normen rekurrieren also auf rein naturale Sachverhalte.
Zumindest auf unser Empfinden.

Nein, auch auf naturale Sachverhalte. Wie erklärst Du sonst, daß die sozialen Instinkte nicht "betfähiger" Tiere im Effekt eine große Überlappung mit den sozialen Empfindungen des Menschen haben?

gruß/step
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Mautpreller
Ortograf



Anmeldungsdatum: 17.02.2005
Beiträge: 246

Beitrag(#305587) Verfasst am: 17.06.2005, 10:21    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Können wir nicht das Phänomen moralischer Empfindungen heute schon als kausal erklärt betrachten?

Nein. Probiers doch mal.
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Mautpreller
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Anmeldungsdatum: 17.02.2005
Beiträge: 246

Beitrag(#305592) Verfasst am: 17.06.2005, 10:42    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Das Argument lautet sinngemäß, daß moralische Wertvorstellungen immer das Ergebnis pragmatischer Überlegungen sind. Da wir Menschen in komplexen Sozitäten leben, ist es nötig, bestimmte Normen zu erstellen, die das Zusammenleben regeln und zugleich das Interesse des Einzelnen wahren. Das Fehlen jeglicher Werte würde unweigerlich im Anarchismus enden und damit nicht nur dem Interesse des Einzelnen, sondern auch der Gruppe schaden. Wenn ich z.B. für mich in Anspruch nehme, daß mein Nachbar meine Besitzansprüche respektiert, folgt daraus, daß ich ihm dasselbe Recht zugestehen muß. Und es läßt sich spieltheoretisch zeigen, daß ein kooperatives und altruistisches Verhalten nur dann einen (dann allerdings den maximalen) Selektionsvorteil besitzt, wenn der andere genauso denkt und handelt. Ein solches Gruppenverhalten ist also evolutionär begründet. Analoges gilt selbstverständlich auch für Gefühle, wie z.B. Liebe oder Haß.

Entschuldige, Martin, aber das ist hanebüchen. Kein einziger der logischen Schlüsse, die Du hier referierst, hält auch nur schwache Belastung aus.

Es mag sein, dass "bestimmte Normen erstellt werden müssen", damit ist aber nicht erklärt, ob, wie und warum sie wirklich zustande kommen. Es ist ein klassischer funktionalistischer Fehler, eine aus irgendeiner Funktion abgeleitete Notwendigkeit mit einem realen Prozess und seinen Antrieben, Motiven usw. gleichzusetzen. Völlig unklar ist, wieso diese Normen "das Interesse des Einzelnen wahren müssen"; empirisches Faktum ist, dass sie es oft genug nicht tun! Was ein "Fehlen jeglicher Werte" als (Gegen-)Hypothese in dieser logischen Kette zu suchen hat, mögen die Götter wissen, ich weiß es nicht. Auch die Reziprozität, die hier vorausgesetzt wird, ist keineswegs zwingend. Selbstverständlich gestehen viele Ichs sich Rechte gegenüber anderen zu, die sie diesen sich gegenüber nicht zugestehen, und begründen das auch noch ethisch, nämlich z.B. mit der höheren Verantwortung der eigenen Person oder mit göttlichem Ratschluss oder dem Recht der Gsechichte ... ach suchs dir aus. Das spieltheoretische Argument ist sogar noch schwächer; es endet nämlich in einem Dilemma, weil man eben nicht weiß, wie sich der andere verhalten wird. So ist zum Beispiel dieser Ausgang denkbar und häufig: Ich verhalte mich lieber nicht kooperativ. Ich kann nämlich nicht darauf vertrauen, dass sich der andere kooperativ verhält, denn wenn er es nicht tut und ich tu es, kann er einen großen Vorteil einstecken und ich hab den Nachteil. Versetz ich mich in seine Lage, komm ich zum selben Ergebnis: Für ihn ist es dasselbe Risiko. Selbst wenn die Prämisse gesichert wäre, dass insgesamt Kooperation den größten Vorteil ergibt (was sehr oft nicht so ist), kommt es zum Dilemma, weil in allen Fällen kooperatives Verhalten bestraft werden kann. Du weißt doch auch genau, dass so zu beschreibende Situationen sehr häufig sind und keineswegs in die Hochschätzung der Kooperation münden müssen. Wie man nun schließen kann, "ein solches" (??? welches denn eigentlich?) Gruppenverhalten sei "evolutionär bedingt", ist mir vollkommen schleierhaft.
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Darwin Upheaval
Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator



Anmeldungsdatum: 23.01.2004
Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden

Beitrag(#305596) Verfasst am: 17.06.2005, 10:54    Titel: Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Deshalb lassen sich moralische Normen naturalistisch und nur naturalistisch begründen. Der "ethische Nihilismus" ist alles andere als eine Konsequenz materialistischer Weltanschauung. Dies zu behaupten, wäre ein naturalistischer Fehlschluß!

mich würde ernsthaft interessieren, was 'naturalistischer Fehlschluss' in diesem Zusammenhang bedeutet.


Das "Humesche Prinzip": Aus deskriptiven Aussagen folgen nicht zwingend bestimmte Wertungen. Wenn jemand die Selektionstheorie akzeptiert, folgt daraus nicht, daß er eine bestimmte Vorstellung über die Art des Zusammenlebens akzeptieren muß. Ob die Selektion (ontisch!) bestimmte Verhaltensweisen begünstigt, ist ein ganz anderer Aspekt; beides zu vermischen, wäre ein Kategorienfehler.


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Im obigen Ansatz steckt beispielsweise ein Problem: der menschlichen Ratio wird ein sehr hoher Stellenwert zugemessen. Man könnte beispielsweise auch sagen, dass das, was Du als "gesundes Rechtsempfinden" bezeichnet hast, von Gott eingegeben wird. Dann löst sich Dein Problem: Gott hat keinen Grund, anderes zu befehlen, als das, was diesem entspricht. Zudem hätte er uns den Verstand gegeben, um ihn zu erkennen (ich schreib's extra dazu: ich _referiere_ einen Standpunkt, den ich nicht teile).


Damit löst Du kein einziges Problem. Die Naturrechtslehre, auf die Du hier offenbar rekurrierst, steht vor denselben Fragen: Ist Gottes Schöpfung nur deshalb gut, weil er ihr Urheber ist? Haben wir nur deshalb einen Verstand, weil er von Gott kommt? In diesem Fall gäbe es keine Bewertungsmaßstäbe, außer Gott selbst: Gut und vernüftig wäre nur das, was von Gott kommt. Damit würde sich Gott die Prädikate "gut" und "vernünftig" selbst ausstellen. Würde er fordern, daß wir unsere Nachbarn umbringen, wäre das ebenfalls gut.

Hat Gott hingegen gezielt eine bestimmte Naturordnung (eventuell gar die die beste aller möglichen Welten) erschaffen und uns mit Verstand ausgestattet, um sie zu erkennen, heißt das nichts anderes, als daß er - wenn er moralisch handeln will - bestimmte logische und ontische Aspekte berücksichtigen muß, die jenseits seiner Wirkungssphäre liegen. Damit verliert Gott als letzter Grund der Moral jeden Nutzwert, denn zum Verständnis von Logik und Moral genügt der Verweis auf weltimmanente Prinzipien. Es bedarf keiner „göttlichen Inspiration“, um zu verstehen, unter welchen Voraussetzung eine bestimmte Handlungsweise destruktiv wirkt. AFAIK steht das alles auf S. 189 ff....


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Auch 'evolutionär' im geschilderten Kontext ist problematisch. Die Generationsdauer des Menschen ist zu lang, um Allele zu fixieren, die so was schaffen. Das läuft üblicherweise tradigenetisch.


Selbstverständlich spielt Tradierung eine wichtige Rolle (beim Menschen). Aber was nützt die schönste Tradition, wenn sie nicht überlebensadäquat ist? Bestimmte Verhaltensmuster (der Hang zum Altruismus, zur Kooperation, das "tit for tat",...) sind eben nicht tradigenetisch entstanden, sondern evolutionär angelegt. Entsprechend findet man solche Verhaltensweisen auch bei Organismen, die der nächsten Generation kein Wissen vermitteln können, wie z.B. bei Affen oder staatenbildenden Insekten.


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Und das läuft anders als die Evolution, mit der sich Biologen befassen. Auch 'spieltheoretisch' ist so etwas wie 'systemtheoretisch': ist damit ein _Mechanismus_ oder eine _Beschreibung_ gemeint?


Der Mechanismus ist Variation in Kombination mit Selektion. "Spieltheoretisch" bezieht sich auf die "constraints", die die Entstehung bestimmter Verhaltensweisen „kanalisieren“. Auch hier entbirgt sich mir Dein Argument nicht.


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Noch ein Thread sind ethische Universalien, die es nach Meinung einiger Autoren gibt. Die wären dann explizit das, was Du als 'gesundes Rechtsempfinden' bezeichnest. Aber genau das, was einen utilitaristischen Ansatz in Probleme bringt. Zudem hättest Du hier ein echtes Beispiel für einen naturalistischen Fehlschluss.


Es gilt zu unterscheiden zwischen Selektionstheorie und Selektion als ontischen Sachverhalt. Man kann sehr wohl die Entstehung bestimmter ethischer Vorstellungen oder Verhaltensweise unter Bezugnahme auf naturalistische Sachverhalte begründen. Man kann aber nicht eine bestimmte Moral unter Verweis auf die Selektionstheorie erzwingen.
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El Schwalmo
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Beitrag(#305605) Verfasst am: 17.06.2005, 12:03    Titel: Antworten mit Zitat

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
[ ... ]


mein Punkt war ein wenig anders als das, was Du geantwortet hast. Ist in etwa wie bei meinen Einwänden gegen Beyers Text: ich rede von A, Du antwortest mit B. Und das immer unter der Prämisse, dass Dein Weltbild korrekt ist und es daher schon ein G'schmäckle hat, einen kritischen oder gar konträren Gedankengang auch nur in Erwägung zu ziehen.

Zunächst folgendes: Bunge / Mahner (beachte bitte die Reihenfolge, die hat eine große Bedeutung) stellen in diesem Buch ihre umfassende Weltsicht dar. Du weißt, dass ich die teile, und vermutlich weißt Du auch, dass Mahner das weiß. Aber nun hast Du in dem Buch ein paar zig Seiten über Religion und Ethik. Dir ist sicher klar, dass es viele andere Ethiken gibt. Die meisten sind nicht in dem Buch erwähnt, vermutlich nicht mal in den Quellen, die in dem Buch angegeben sind. Man kann sogar den Standpunkt vertreten, dass das gut ist. Aber wenn man gegen diese polemisiert, gilt das 'principle of charity': man muss diesen Standpunkt verstehen, selbst wenn man ihn ablehnt. Sonst wird die eigene Kritik angreifbar.

Das bedeutet, dass Du bereit sein musst, auch mal einen Schritt zurückzutreten und Dir die bunte Welt anzusehen, bevor Du mit bestimmten Formulierungen arbeitest. Das ist Dir vermutlich bei meinem letzten Posting nicht klar geworden.

Ich gehe daher mal einen Schritt zurück und versuche, detaillierter aufzuzeigen, was ich meinte.

Und, gleich vorweg, ich _referiere_, vertrete also nicht meinen eigenen Standpunkt.

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Das Argument lautet sinngemäß, daß moralische Wertvorstellungen immer das Ergebnis pragmatischer Überlegungen sind.


Hier ist schon das erste Problem: Wert_vorstellungen_ sind nicht Werte. Werte 'hat' man schon, bevor man darüber nachdenkt. Du musst auch noch näher analysieren, was 'pragmatisch' in diesem Kontext bedeutet. Sonst mogelst Du den Utilitarismus in die Prämissen und darfst Dich nicht wundern, wenn er in den Konklusionen auftaucht. Wahlweise kannst Du das auch als Tatsachenfeststellung betrachten und anhand von konkreten Beispielen aufweisen.

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Da wir Menschen in komplexen Sozitäten leben, ist es nötig, bestimmte Normen zu erstellen,


Das ist schon der zweite Schritt. Vor allem, wenn Du Selektion ins Spiel bringen willst. Die Frage ist, ob Normen 'besser' sind, weil sie besser _begründet_ oder weil sie selektiv _erfolgreicher_ sind. Hier ist schon eine Menge Klärungsbedarf.

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
die das Zusammenleben regeln und zugleich das Interesse des Einzelnen wahren. Das Fehlen jeglicher Werte


Du sprichst weiter unten von "gesundem Rechtsempfinden" aus. Vermutlich sind wir uns einig, dass das auch Werte 'begründen' kann. Daher können Werte nie fehlen.

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
würde unweigerlich im Anarchismus enden und damit nicht nur dem Interesse des Einzelnen, sondern auch der Gruppe schaden. Wenn ich z.B. für mich in Anspruch nehme, daß mein Nachbar meine Besitzansprüche respektiert, folgt daraus, daß ich ihm dasselbe Recht zugestehen muß.


Nur in einem _rationalen_ Diskurs. Es ist eine interessante Frage, ob man zeigen kann, dass sich Gesellschaften die sich diese Werte gegeben haben, 'durchsetzen' konnten. Das war(?) lange Zeit, falls überhaupt, nur für die eigene Gruppe gültig (denk an Eroberungskriege). Sind Gesellschaften mit 'vernünftigen' Normen _langfristig_ im Vorteil? Warum ging beispielswiese die griechische Polis unter, obwohl deren Ethik auch heute noch diskutiert wird?

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Und es läßt sich spieltheoretisch zeigen, daß ein kooperatives und altruistisches Verhalten nur dann einen (dann allerdings den maximalen) Selektionsvorteil besitzt, wenn der andere genauso denkt und handelt.


Auch das ist problematisch. Du denkst vermutlich an Axelrod, 'Tit for Tat' und so weiter. Damit kommst Du bestenfalls zu einem 'Unentschieden'. Ich habe mir sagen lassen, dass es Strategien gibt, die 'besser' sind.

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Ein solches Gruppenverhalten ist also evolutionär begründet. Analoges gilt selbstverständlich auch für Gefühle, wie z.B. Liebe oder Haß.


Was meinst Du hier genau mit 'begründet'? Historisch, normativ oder was? Ist es eine Tatsachenfeststellung, dass Völker, die so leb(t)en, einen Selektionsvorteil hatten? Ist das durch Befunde der vergleichenden Anthropologie gedeckt?

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Interessanterweise gehen Mahner und Bunge sogar noch weiter, indem sie behaupten, daß moralische Werte gar nicht religiös begründet werden können! Weshalb denn nicht? Nun, sähe man in Gott so etwas wie eine letzte moralische Instanz, könnte der moralische Sinn seiner Gebote nicht weiter hinterfragt werden.


Hier ist schon der entscheidende Punkt: das wäre dann Fakt. Gott wäre einfach 'höher' als unsere Ratio. Das ist ein _anderer_ Ansatz, der schon die Prämisse der (modernen) Ethik, nämlich, dass diese eine _Vernunft_ethik zu sein habe, infrage stellt.

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Das hieße aber, daß alles, was Gott befiehlt, oberstes Gesetz wäre. Was wäre nun aber, wenn es Gott gefiele, daß wir uns gegenseitig umbringen?


Dann wäre das einfach so.

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Wäre dieser Gott dann immer noch ein guter Gott?


Natürlich. Denn _unsere_ Kategorie 'gut' würde dann für Gott nicht gelten.

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Die meisten Christen würden dies wohl verneinen. Es ist auch ganz interessant, zu sehen, was ein Christ antwortet, wenn man ihn fragt, weshalb Gott nicht Mord und Totschlag predigt. Die meisten werden antworten, daß Gott so etwas niemals zuließe, denn er liebt seine Schöpfung über alles.


Das ist wieder ein anderer Ansatz. Erstens spezifisch auf Christentum bezogen (der Gott des AT hat beispielsweise explizit Mord und Totschlag befohlen und keiner hat sich was dabei gedacht, weil Gott letzte moralische Instanz war), zweitens könnte man, unter der christlichen Prämisse, sich fragen, wie man wohl auf die komische Idee kommen kann, dass Gott Mord und Totschlag predigen könnte. Bevor man nicht zeigen kann, dass der 'Gott der Liebe' des NT das tut, ist die Frage so wichtig wie die, ob die Menschen auf anderen Planeten auch durch Jesu Kreuzestod erlöst wurden. Solange man nicht weiß, ob es diese Menschen gibt, ist es kein Argument für oder gegen irgendetwas, wie man diese Frage beantwortet.

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Ahaaa! Offenbar verfügen wir über so etwas wie ein gesundes Rechtsempfinden, das uns jenseits aller göttlichen Verfügungsgewalt sagt,


Warum 'jenseits'? Ich sagte doch, dass in diesem Weltbild Gott uns dieses Rechtsempfinden eingegeben hat.

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
was gut ist und was schlecht. Moralische Normen rekurrieren also auf rein naturale Sachverhalte.


Was soll 'also' in diesem Satz bedeuten? _Wenn_ es einen Gott gibt, ist diese Sachverhalt eben _nicht_ 'natural'.

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Ein solcher Gott wäre ganz einfach deshalb schlecht, weil er damit zum "Zerstörer" des Friedens in unserer Gesellschaft (und damit der Gesellschaft selbst) würde.


_Warum_ zerstört er den Frieden in der Gesellschaft? Er würde das nur dann machen, wenn er sinnlose Normen willkürlich setzen würde.

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Damit ist Gott nicht mehr unangefochtener Souverän,


Warum? Er hat diese Eigenschaft doch 'implementiert'.

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
sondern bestenfalls so etwas wie ein "kosmischer Polizist", der dafür sorgen kann,


Die Frage, ob er neben der Normenfindung und -inkraftsetzung auch noch die Durchsetzung übernimmt, ist noch eine weitere Frage, die auf einem anderen Blatt steht.

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
daß die Regel eingehalten werden und das davon abweichende Verhalten sanktioniert.


Auch das ist nicht zwingend. _Wenn_ er uns solche Regeln gibt, die das Zusammenleben so regeln, wie wir es durch Deine spieltheoretischen oder evolutionären Regeln als optimal erkennen, sanktionieren wir uns selber, indem wir gegen seine Regeln verstoßen.

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Deshalb


Das ist ein non sequitur, wenn man Deine Prämissen nicht anerkennt.

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
lassen sich moralische Normen naturalistisch und nur naturalistisch begründen.


Der Knackpunkt hier ist 'begründen'. Kann sein, dass Gott uns Regeln gibt, aber die können wir nicht begründen. Dann können wir zwar naturalistisch etwas begründen, kommen aber letztendlich auf dieselben Regeln, die uns Gott gegeben hat.

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Der "ethische Nihilismus" ist alles andere als eine Konsequenz materialistischer Weltanschauung. Dies zu behaupten, wäre ein naturalistischer Fehlschluß!


Du solltest hier erst erklären, was Du unter 'ethischem Nihilismus' verstehst. Das macht nur auf der Basis Sinn, dass es nur göttliche Werte geben könnte. Dieser Standpunkt ist gar nicht so unüblich.

Das Problem ist aber auch, zu zeigen, dass es _gültige_ ethischen Regeln gibt, die naturalistisch erhalten wurden. Und da bist Du beim 'Humeschen Prinzip' ('naturalistic fallacy' hat Moore geprägt): Du musst Dir sehr genau überlegen, wie Du Deine spieltheoretisch oder evolutionär erhaltenen Werte begründest. Reicht dafür die Tatsache, dass sie 'funktionieren'?

Grüßle

Thomas
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Mautpreller
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Beitrag(#305607) Verfasst am: 17.06.2005, 12:09    Titel: Antworten mit Zitat

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Offenbar verfügen wir über so etwas wie ein gesundes Rechtsempfinden, das uns jenseits aller göttlichen Verfügungsgewalt sagt, was gut ist und was schlecht.

Nee nee. Das auch noch. Ob "wir" (wer? alle Menschen? zu allen Zeiten? alle das gleiche?) ein "naturales" Rechtsempfinden haben, mag dahingestellt sein (ich hab bisher noch keine Anhaltspunkte dafür gesehen), und wieso dieses hypothetische Rechtsempfinden "gesund" sein soll, weiß ich auch nicht. Sicher ist aber, dass es als kulturelle, historische Entwicklung Recht gibt, empfunden, gesetzt, kodifiziert ... von durchaus unterschiedlicher Natur ... daneben Sitte, Brauch und andere Regeln ... Oft sagen welche, dies sei von Gott (oder Ähnlichem) gegeben. Ich wüsste nicht, wieso es besser würde, wenn man in diesem Satz "Gott" durch "Natur" ersetzt.
Zitat:
Moralische Normen rekurrieren also auf rein naturale Sachverhalte.

Äh ... wieso "also"? Solche Wörter weisen auf ein kausales Schließen hin - woraus ist das geschlossen? Und woher weißt Du das?
Zitat:
Der "ethische Nihilismus" ist alles andere als eine Konsequenz materialistischer Weltanschauung.

Ja natürlich! Wer nicht an Gott glaubt und "die" Evolutionstheorie für richtig hält, braucht kein ethischer Nihilist sein. Stimmt! Aber warum dann vorher diese endlose Kette weit reichender fragwürdiger Behauptungen und unzulässiger logischer Schlüsse? Ich halte es für absolut überflüssig, zu diesem Zweck zu "beweisen", dass Ethik, Moral, Recht und Werte "natürlich" sind. Das ist gar nicht zu schaffen. Du handelst Dir nur jede Menge Inkonsistenzen ein. Aber Du brauchst es auch gar nicht. Du brauchst auch keinen Gott. Warum solltest du nicht ganz einfach Moral und Ethik und Religion etc. als menschliche Schöpfungen ansehen?
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Darwin Upheaval
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Beitrag(#305624) Verfasst am: 17.06.2005, 12:52    Titel: Antworten mit Zitat

Komisch, warum antwortet keiner auf das Posting, das ich heute morgen erstellt habe? Im Grunde ist die Sache doch ganz einfach: Wenn Gott per definitionem vorgibt, was Moral ist - dann brauchen wir über ethische Begründungen nicht weiter zu diskutieren. Einfach deshalb, weil er als Maß aller Dinge die Moral willkürlich festlegt. (Genauso gut könnte ein saddistischer Vernichter seine Moral auf den Nationalsozialismus gründen und das Ergebnis für "gut" befinden.) Wenn es keine Bewertungs-Maßstäbe gibt, die außerhalb von dem liegen, was Gott befiehlt, gibt es nichts, um "das Gute" der göttlichen Moral (und damit die Moral selbst) zu legitimieren. Dies wäre nur möglich wenn sich Gottes Güte auf Prinzipien zurückführen ließen, die sich "ontisch objektiv" (d.h. in unserer Welt und in unserer Sozietät) bewähren. Um eine Moral auf weltimmanente Prinzipien zu stützen, brauche ich aber keinen Gott. Er hat hier keinerlei Nutzwert, den man in einer materialistischen Weltsicht nicht ebenso findet. Freilich kann man eine Moral mit einem bestimmten Gottesbild verbinden, das hat auch kein G'schmäckle, wie manch einer meint. Aber Gott (und das ist mein eigentliches Argument) läßt sich nicht als letzter Grund für moralisches Handeln anführen. Und man kann erst recht nicht behaupten, daß in einer nicht-theistischen Weltanschauung für moralische Vorstellungen kein Raum sei Ausrufezeichen
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Mautpreller
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Beitrag(#305630) Verfasst am: 17.06.2005, 13:05    Titel: Antworten mit Zitat

Warum sollte man eine Moral in erster Linie auf Prinzipien stützen, die sich "bewähren"? Empirisch würde ich sagen, es ist eher das Gegenteil der Fall: allzuoft ist Moral (christlich oder theistisch oder nichttheistisch, was du willst) eben das nicht zu Schaffende, niemals wirklich Bewährte. Ich finde immer noch, dass Du vielzuviel unterstellst.
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El Schwalmo
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Beitrag(#305631) Verfasst am: 17.06.2005, 13:06    Titel: Antworten mit Zitat

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Komisch, warum antwortet keiner auf das Posting, das ich heute morgen erstellt habe?


weil mir dort zu viele Formulierungen vorkommen, die ich lieber anhand Deines Ausgangspostings geklärt haben wollte.
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Darwin Upheaval
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Beitrag(#305632) Verfasst am: 17.06.2005, 13:13    Titel: Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
mein Punkt war ein wenig anders als das, was Du geantwortet hast. Ist in etwa wie bei meinen Einwänden gegen Beyers Text: ich rede von A, Du antwortest mit B. Und das immer unter der Prämisse, dass Dein Weltbild korrekt ist und es daher schon ein G'schmäckle hat, einen kritischen oder gar konträren Gedankengang auch nur in Erwägung zu ziehen.

Zunächst folgendes: Bunge / Mahner (beachte bitte die Reihenfolge, die hat eine große Bedeutung) stellen in diesem Buch ihre umfassende Weltsicht dar. Du weißt, dass ich die teile, und vermutlich weißt Du auch, dass Mahner das weiß. Aber nun hast Du in dem Buch ein paar zig Seiten über Religion und Ethik. Dir ist sicher klar, dass es viele andere Ethiken gibt.


Bei Dir habe ich immer den Eindruck, daß Du annimmst, der Wert einer Argumentation hänge davon ab, welchen Standpunkt andere vertreten. Wer eine solche Meinung vertritt, kann gleich aufhören zu diskutieren, weil man sich dann nie darüber einig wird, was man unter einem Argument versteht. Tatsache ist: Die Welt kann so "bunt" sein wie sie will, das hat mit meiner Argumentation nichts zu tun. Ich habe anhand von Argumenten meinen Standpunkt (genauer: den Standpunkt von Bunge und Mahner) dargelegt. Und jeder, der eine andere Ethik vertritt und im Rahmen dieser Ethik zu Schlußfolgerungen gelangt, die meinen Begründungen widersprechen, muß sich an den Argumenten versuchen, die ich vorgelegt habe. Da ist es völlig wurscht, wieviele Ethiken nun Mahner und Bunge gerücksichtigen oder nicht...
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El Schwalmo
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Beitrag(#305633) Verfasst am: 17.06.2005, 13:24    Titel: Antworten mit Zitat

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Bei Dir habe ich immer den Eindruck, daß Du annimmst, der Wert einer Argumentation hänge davon ab, welchen Standpunkt andere vertreten.


stimmt. So ist 'Elaboriertheit' definiert (Insiderjoke).

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Wer eine solche Meinung vertritt, kann gleich aufhören zu diskutieren, weil man sich dann nie darüber einig wird, was man unter einem Argument versteht. Tatsache ist: Die Welt kann so "bunt" sein wie sie will, das hat mit meiner Argumentation nichts zu tun.


Das erklärt vieles. Ich wollte Dir verdeutlichen, dass es einen Unterschied macht, ob man _in_ unserem Rahmen steht, oder diesen _von_außen_ betrachtet. Aber, wie schon gesagt, ich habe keine Lust, den 'advocatus diaboli' zu spielen. Wende Dich vertrauensvoll an Mautpreller.

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Ich habe anhand von Argumenten meinen Standpunkt (genauer: den Standpunkt von Bunge und Mahner) dargelegt.


Ich habe schon gesagt, dass sich meine Auffassung weitgehend mit deren deckt. Und, Hand auf's Herz, wenn ich Einwände hätte, würde ich die wohl kaum hier mit Dir diskutieren, sondern mich dann gleich direkt an die Menschen wenden, deren Auffassung Du referierst.

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Und jeder, der eine andere Ethik vertritt und im Rahmen dieser Ethik zu Schlußfolgerungen gelangt, die meinen Begründungen widersprechen, muß sich an den Argumenten versuchen, die ich vorgelegt habe. Da ist es völlig wurscht, wieviele Ethiken nun Mahner und Bunge gerücksichtigen oder nicht...


Genau. Und da ich explizit geschrieben habe, dass ich nur referiere, sehe ich keinen Anlass, das zu tun.
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Darwin Upheaval
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Beitrag(#305637) Verfasst am: 17.06.2005, 13:38    Titel: Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Wer eine solche Meinung vertritt, kann gleich aufhören zu diskutieren, weil man sich dann nie darüber einig wird, was man unter einem Argument versteht. Tatsache ist: Die Welt kann so "bunt" sein wie sie will, das hat mit meiner Argumentation nichts zu tun.


Das erklärt vieles. Ich wollte Dir verdeutlichen, dass es einen Unterschied macht, ob man _in_ unserem Rahmen steht, oder diesen _von_außen_ betrachtet.


Mein Punkt war, daß die Folgerichtigkeit eines Arguments nicht dadurch Schaden erleidet, weil zig andere das Argument für "quatsch" halten. Und den Standpunkt einer theistischen Argumentation habe ich in meiner (bzw. in der Darlegung von Bunge/Mahners Argumentation) bereits berücksichtigt. Daher liegt der Ball (übrigens seit Jahrhunderten unangetastet) im Spielfeld der anderen Seite.

Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Genau. Und da ich explizit geschrieben habe, dass ich nur referiere, sehe ich keinen Anlass, das zu tun.


Dann solltest Du hier etwas weniger referieren und mehr mit Junker und Scherer diskutieren. Und sei es nur dadurch, indem Du Bunge und Mahners Auffassung referierst Mr. Green
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Katatonia
...the quiet cold of late november



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Beitrag(#305647) Verfasst am: 17.06.2005, 14:31    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Katatonia hat folgendes geschrieben:
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Und es läßt sich spieltheoretisch zeigen, daß ein kooperatives und altruistisches Verhalten nur dann einen (dann allerdings den maximalen) Selektionsvorteil besitzt, wenn der andere genauso denkt und handelt. Ein solches Gruppenverhalten ist also evolutionär begründet.
Begründet im Sinne einer kausalen Erklärung, aber nicht zugleich normativ gerechtfertigt.

Was genau sollte das denn sein, eine wirkliche "Rechtfertigung"? Mehr als eine Begründung durch Rückführung auf eine willkürliche Behauptung? Können wir nicht das Phänomen moralischer Empfindungen heute schon als kausal erklärt betrachten?


Von einer wirklichen Rechtfertigung habe ich nicht gesprochen; ich weiß nicht, ob es eine solche geben kann.
Was ich sagen wollte, war, dass eine Erklärung über das Zustandekommen von moralischen Empfindungen etc. nicht ihre moralische Rechtfertigung bedeutet. Wenn sich Vergewaltigung in der Evolution durchgesetzt hat, heißt dies nicht, dass wir sie gutheißen müssen.

Zitat:
Katatonia hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Ahaaa! Offenbar verfügen wir über so etwas wie ein gesundes Rechtsempfinden, das uns jenseits aller göttlichen Verfügungsgewalt sagt, was gut ist und was schlecht. Moralische Normen rekurrieren also auf rein naturale Sachverhalte.
Zumindest auf unser Empfinden.

Nein, auch auf naturale Sachverhalte. Wie erklärst Du sonst, daß die sozialen Instinkte nicht "betfähiger" Tiere im Effekt eine große Überlappung mit den sozialen Empfindungen des Menschen haben?


Klar, ich sehe das genauso. Bloß kann jemand natürlich sagen, moralische Empfindungen seien in einer übernatürlichen Seele angesiedelt, die von Gott erschaffen wurde.
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Darwin Upheaval
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Beitrag(#305648) Verfasst am: 17.06.2005, 14:37    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Step,

freut mich, daß Du Dich wieder dazu durchgerungen hast, etwas mitzudiskutieren; willkommen zurück zwinkern


step hat folgendes geschrieben:
Katatonia hat folgendes geschrieben:
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Und es läßt sich spieltheoretisch zeigen, daß ein kooperatives und altruistisches Verhalten nur dann einen (dann allerdings den maximalen) Selektionsvorteil besitzt, wenn der andere genauso denkt und handelt. Ein solches Gruppenverhalten ist also evolutionär begründet.
Begründet im Sinne einer kausalen Erklärung, aber nicht zugleich normativ gerechtfertigt.

Was genau sollte das denn sein, eine wirkliche "Rechtfertigung"? Mehr als eine Begründung durch Rückführung auf eine willkürliche Behauptung? Können wir nicht das Phänomen moralischer Empfindungen heute schon als kausal erklärt betrachten?


Sicher. Aber normative Aussagen bedürfen eine Legitimation, die sich an den Interessen und Bedürfnissen der in einer Sozität lebenden Organismen orientiert. Insofern gibt und braucht es immer eine Rechtfertigung für eine bestimmte Ethik; darauf heben ja zurecht auch Christen ab. Mein Argument war nur, daß Gott nicht als letzter Grund für moralisches Handeln infragekommen kann, weil der Sinn und die Vernunft einer Moral an weltimmanente Prinzipien (die z.B. durch die Art des Zusammenlebens definiert werden) gekoppelt ist. Wenn dem so ist, bedarf es auch keiner "göttlichen Inspiration", um die Menschen zur Anerkennung moralischer Werte zu bewegen. Die Erziehung, unser evolutionäres Erbe und die Vernunft genügen völlig.


step hat folgendes geschrieben:
Katatonia hat folgendes geschrieben:
Das Euthyphron-Dilemma. Als Ausweg wird von W.L. Craig vorgeschlagen:
Zitat:
Glücklicherweise ist dieses Dilemma ein falsches. Es existiert eine dritte Alternative. Nämlich die, dass Gottes Natur selber das Gute ist (aus Güte besteht), und dass Seine Weisungen an uns daher notwendigerweise Seinem eigenen moralischen Charakter entstammen. Daher ist das Gute weder unabhängig von Gott, noch willkürlich durch Seinen Willen erschaffen.
Keine Ahnung, inwiefern das plausibel ist.

Gegen diesen Ausweg spricht die empirische Tatsache, daß das "Gute" je nach Gott ganz verschieden ist und sich sogar innerhalb einer Religion mit der Zeit anpasst. Zudem wissen wir, daß Gottes Realität (selbst nach den Maßstäben seiner "eigenen" moralischen Weisungen) ziemlich suboptimal gecoached / gemanagt wird.


Vor allem hat Craig das Problem nicht gelöst, sondern nur definitorisch überspielt. Wenn ich ihn recht verstehe, sagt er hier doch nichts anderes als: "Gott ist per definitionem das Gute". Und da Gott angeblich einen freien Willen hat, beruht die Moral auf einem Akt der Willkür. Daran rollt sich auch die ganze Theodizee-Problematik auf. Es sei denn, man entkoppelt die Begriffe "Gott" und "Moral", dann bedarf es zur Aufrechterhaltung einer Wertegesellschaft allerdings auch keines Gottes...


Step hat folgendes geschrieben:
Katatonia hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Ahaaa! Offenbar verfügen wir über so etwas wie ein gesundes Rechtsempfinden, das uns jenseits aller göttlichen Verfügungsgewalt sagt, was gut ist und was schlecht. Moralische Normen rekurrieren also auf rein naturale Sachverhalte.
Zumindest auf unser Empfinden.

Nein, auch auf naturale Sachverhalte. Wie erklärst Du sonst, daß die sozialen Instinkte nicht "betfähiger" Tiere im Effekt eine große Überlappung mit den sozialen Empfindungen des Menschen haben?


ACK.

Grüße

Martin
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El Schwalmo
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Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#305649) Verfasst am: 17.06.2005, 14:43    Titel: Antworten mit Zitat

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Wer eine solche Meinung vertritt, kann gleich aufhören zu diskutieren, weil man sich dann nie darüber einig wird, was man unter einem Argument versteht. Tatsache ist: Die Welt kann so "bunt" sein wie sie will, das hat mit meiner Argumentation nichts zu tun.


Das erklärt vieles. Ich wollte Dir verdeutlichen, dass es einen Unterschied macht, ob man _in_ unserem Rahmen steht, oder diesen _von_außen_ betrachtet.


Mein Punkt war, daß die Folgerichtigkeit eines Arguments nicht dadurch Schaden erleidet, weil zig andere das Argument für "quatsch" halten. Und den Standpunkt einer theistischen Argumentation habe ich in meiner (bzw. in der Darlegung von Bunge/Mahners Argumentation) bereits berücksichtigt. Daher liegt der Ball (übrigens seit Jahrhunderten unangetastet) im Spielfeld der anderen Seite.


mein Argument war nur, dass Folgerichtigkeit ein Thread ist, und Eindreschen auf andere Positionen ein anderer.

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Genau. Und da ich explizit geschrieben habe, dass ich nur referiere, sehe ich keinen Anlass, das zu tun.


Dann solltest Du hier etwas weniger referieren und mehr mit Junker und Scherer diskutieren. Und sei es nur dadurch, indem Du Bunge und Mahners Auffassung referierst :mrgreen:


Das machst Du doch schon.
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Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)

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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
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Beitrag(#305705) Verfasst am: 17.06.2005, 16:42    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Nein, auch auf naturale Sachverhalte. Wie erklärst Du sonst, daß die sozialen Instinkte nicht "betfähiger" Tiere im Effekt eine große Überlappung mit den sozialen Empfindungen des Menschen haben?


was sind 'soziale Empfindungen des Menschen'? Was meinst Du mit 'Überlappung' mit 'sozialen Instinkten' von Tieren?
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#305713) Verfasst am: 17.06.2005, 17:20    Titel: Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Nein, auch auf naturale Sachverhalte. Wie erklärst Du sonst, daß die sozialen Instinkte nicht "betfähiger" Tiere im Effekt eine große Überlappung mit den sozialen Empfindungen des Menschen haben?
was sind 'soziale Empfindungen des Menschen'? Was meinst Du mit 'Überlappung' mit 'sozialen Instinkten' von Tieren?


Viele der moralischen Aspekte, die in verschiedenen menschlichen Gesellschaften übereinstimmen, findet man so ähnlich auch bei sozial lebenden höheren Tieren z.B. als Instinkt oder tradiertes Verhalten. Beispiele sind Artschranke und Inzesttabu beim Sex, Tötungshemmung / Tötungsverbot, Respekt vor den Alten, Kinderfürsorge, gegenseitige Vertrauensbeweise, Aufopferung für die Gemeinschaft. Während also Evolution und Spieltheorie immerhin ein grobes Erklärungsmodell für das Entstehen moralischer Systeme bis auf kleinere kulturelle Unterschiede bieten, kann ein Anhänger des direkten Links "Gott -> religiöses Wesen -> moralische Norm" keine Erklärung dafür liefern.

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Aber normative Aussagen bedürfen eine Legitimation, die sich an den Interessen und Bedürfnissen der in einer Sozität lebenden Organismen orientiert.

Richtig. Aber - ohne in die Determinismusdiskussion abgleiten zu wollen - diese Interessen sind letztlich keine wirkliche Rechtfertigung, sondern nur "natürlicher" Spiegel der momentanen Disposition dieser Gesellschaft.

Katatonia hat folgendes geschrieben:
Was ich sagen wollte, war, dass eine Erklärung über das Zustandekommen von moralischen Empfindungen etc. nicht ihre moralische Rechtfertigung bedeutet. Wenn sich Vergewaltigung in der Evolution durchgesetzt hat, heißt dies nicht, dass wir sie gutheißen müssen.

Absolut richtig. Schließlich sind ja auch Verhaltensänderungen ein wesentlicher Bestandteil der Natur. Mir ist nur wichtig, daß eine Rückführung auf eine willkürliche Behauptung das Problem fehlender echter Normativität nicht löst. Wir müssen uns damit abfinden, daß es für den Menschen keine absoluten Normen geben kann.

gruß/step
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Darwin Upheaval
Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator



Anmeldungsdatum: 23.01.2004
Beiträge: 5491
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Beitrag(#305715) Verfasst am: 17.06.2005, 17:25    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Göttertod,

göttertod hat folgendes geschrieben:
erstmal werde ich den Text von Andreas Beyer kommentieren:

Zitat:
Um es an dieser Stelle deutlich zu sagen: Empirische Wissenschaft kann und will über die etwaige Existenz eines Gottes nichts aussagen und auch etwaige übernatürliche Einflüsse auf das Weltgeschehen nicht berücksichtigen. Ihr Gegenstandsbereich ist die real (er)fassbare Welt - nicht mehr und nicht weniger. Hier funktioniert sie "methodisch-materialistisch", d.h. sie kümmert sich nur um das, was mit empirischen Mitteln untersuchbar ist. Mit Atheismus (im Sinne einer anti-theistischen Zielrichtung) hat das nichts zu tun: Auch ein Bäcker macht sein Brot ohne metaphysische Schritte im Backrezept, und niemand käme auf die Idee, ihn allein deswegen einen Atheisten zu schimpfen.


das fand ich mit am wichtigsten, wobei ich ein bischen schmunzeln muss, dass er so etwas schreibt, aber trotzdem Christ ist....


Warum? Bedenke, daß in den Augen liberaler Christen wie Beyer die fundamentalistische Deutung der Bibel eine Pervertierung des christlichen Glaubens darstellt. In deren Augen ist solch ein Verhalten nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für die Theologie ruinös. Das hat z.B. auch v. Ditfurth so gesehen, und so abwegig finde ich das nicht. Weißt Du, wenn jemand meint, seinen Glauben fundamentalistisch ausrichten zu müssen, wäre es nur konsequent, die Wissenschaft links liegen zu lassen und sich an der Bibel zu orientieren. Doch anstatt einen Bibelkreis zu gründen, versuchen diese Menschen, der Wissenschaft am Zeug zu flicken und ihren Glauben irgendwie rational zu machen. Das kann eigentlich nur schiefgehen. Mehrere Christen haben mir schon geschrieben, daß sie das als "Verrat" an der Wissenschaft und am Glauben ansehen. Die können nicht ab, wenn ihnen jemand vorschreibt, daß sie das rationale Begreifen der Welt in die Tonne hauen und nach kindlichen Glaubensgrundsätzen leben sollen, wenn sie nicht in der Hölle schmoren wollen.


Göttertod hat folgendes geschrieben:
aber genau solche Menschen braucht die Menschheit.... Menschen, die mit der Aufklärung und dem kritischen Rationalismus so sehr "infiziert" sind, das sie es als vollkommen und absolut unangemessen ansehen, diese logische Sicht der Dinge aufzugeben... und das verbunden mit dem Christentum, ganz wichtig.....


So sehe ich das auch. Der Punkt ist, daß sich ein nicht unerheblicher Prozentsatz (wen nicht gar die Mehrheit) in der Bevölkerung nun einmal an metaphysische Illusionen hängt. Da ist es unserer Sache durchaus zuträglich, wenn jemand diese Menschen dort "abholt", wo sie stehen. Als überzeugter Atheist erreiche ich diese Menschen nicht, aber Beyer. Denen dann einbleuen zu wollen, daß sie nur die Wahl haben zwischen einem konsequenten Atheismus und einem Bibel-Fundamentalismus, halte ich daher nicht für besonders pfiffig.


Göttertod hat folgendes geschrieben:
Man kann sagen die Aufklärung hat die dogmatische Ideologie des Christentums hier in Europa aufgeweicht, zugänglich gemacht der Wissenschaft gegenüber, dem Skeptizismus gegenüber, dem Empirismus gegenüber, etc. weg von stupidem Vertrauen den Vorfahren gegenüber und Ihren Gedankengebäuden. Hin zur Verbesserung von Gedanken, zur Auflösung und zur Aufhebung von überholtem und schlechtem Gedankengut, was der Menschheit schadet und sie einengt in ihrer Entfaltung.


Wenn man mal vom Empirismus absieht, hast Du so in etwa Recht... Mr. Green


Göttertod hat folgendes geschrieben:
Martin hat herrvorragend zusammengefasst:


Ups... Verlegen


[...]

Göttertod hat folgendes geschrieben:
Und genau die Christen wie Andreas müssen sich lautstark zu Worte melden, wenn sie verhindern wollen, dass Ihre Kinder nicht mehr die Welt so verstehen, wie sie sie zu verstehen gelernt haben. Die Ideologie fundamentaler gottgläubiger Juden, Christen und Moslems ist schädlich für die Menschheit. Auch wenn es vielen nicht gefällt es zu hören.....


Sagen wir, sie sind zumindest eine intellektuelle Gefahr. Aber Du hast Recht: Wenn diese Menschen tatsächlich schalten und walten könnten, wie sie es gerne hätten, dürfte es sehr ungemütlich werden. Es ist leider Fakt, daß die Länder, in denen Religion fundamentalistisch verstanden wird, zu den konfliktreichsten der Welt gehört. Da Lob ich mir good old Europe, dessen Werteordnung gottlob Mr. Green in der Tradition des Humanismus und der Aufklärung stehen. Und wenn jemand wie Düsing mit solchen Polemiken querschießen, zeigt das nur, wohin mit diesen Menschen die Reise geht.


Göttertod hat folgendes geschrieben:
All das was die Menschheit erreicht hat, ist geschaffen worden gegen die Gedankengebäude der einzelnen Götter dieser Religionen. Und um diesen, nur durch Einbildung wahrzunehmenden, Göttern einhalt zu gebieten brauchen wir das Gefühl der liberalen Monotheisten, Anspruch auf Wissen zu haben, Anspruch auf Kritik zu haben. Anspruch zu haben nicht einfach nur Schlucken zu müssen was mir irgendsoein Hohlbrot von Kleriker vorkaut....
Keine Lust zu haben wieder über Scheiterhaufen hinweg Wissen erkämpfen zu müssen....

Deswegen finde ich es unumgänglich, dass sich vorallem die liberaleren Monotheisten stark machen für Ihre gedankliche Freiheit. Deswegen finde ich die Replik gerechtfertigt und in meinen Augen eines Atheisten sogar noch zu schwach.


zwinkern

Grüße

Martin
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Katatonia
...the quiet cold of late november



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Beiträge: 826

Beitrag(#305723) Verfasst am: 17.06.2005, 17:53    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

Katatonia hat folgendes geschrieben:
Was ich sagen wollte, war, dass eine Erklärung über das Zustandekommen von moralischen Empfindungen etc. nicht ihre moralische Rechtfertigung bedeutet. Wenn sich Vergewaltigung in der Evolution durchgesetzt hat, heißt dies nicht, dass wir sie gutheißen müssen.

Absolut richtig. Schließlich sind ja auch Verhaltensänderungen ein wesentlicher Bestandteil der Natur. Mir ist nur wichtig, daß eine Rückführung auf eine willkürliche Behauptung das Problem fehlender echter Normativität nicht löst. Wir müssen uns damit abfinden, daß es für den Menschen keine absoluten Normen geben kann.


Hm, welche willkürliche Behauptung meinst du? Dass es absolute Normen gäbe?
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
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Beitrag(#305726) Verfasst am: 17.06.2005, 18:00    Titel: Antworten mit Zitat

Katatonia hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Mir ist nur wichtig, daß eine Rückführung auf eine willkürliche Behauptung das Problem fehlender echter Normativität nicht löst. Wir müssen uns damit abfinden, daß es für den Menschen keine absoluten Normen geben kann.
Hm, welche willkürliche Behauptung meinst du? Dass es absolute Normen gäbe?

Daß Gott x das Gebot y erlassen habe. Oft wird behauptet, im Gegensatz zum kritischen Rationalismus böten Religionen eine Rückführung moralischer Normen auf eine wirkliche Letztnorm. Das ist aber schlicht falsch, sie bieten nur Hilfestellung bei der (scheinbar angenehmen) Einbildung, es sei so.

gruß/step
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