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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#305727) Verfasst am: 17.06.2005, 18:04 Titel: |
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Mautpreller hat folgendes geschrieben: | Warum sollte man eine Moral in erster Linie auf Prinzipien stützen, die sich "bewähren"? Empirisch würde ich sagen, es ist eher das Gegenteil der Fall: allzuoft ist Moral (christlich oder theistisch oder nichttheistisch, was du willst) eben das nicht zu Schaffende, niemals wirklich Bewährte. Ich finde immer noch, dass Du vielzuviel unterstellst. |
Nimm' doch einfach den Nationalsozialismus als Beispiel: Die Rassenideologie und der rücksichtslose Genozid haben dazu geführt, daß sich zwischen 1939 und 1945 etwa 5% der Erdbevölkerung selbst vernichtet hat. Auch wenn es sich makaber anhört, so kann man doch unter diesem Gesichtspunkt feststellen, daß sich diese "Moral" nun nicht unbedingt "bewährt" hat. Ein paar Jahrzehnte länger und die Menschheit hätte sich gänzlich ausradiert. Unter diesem Eindruck kamen dann ein paar Nationen auf die Idee, die UN und die Menschenrechtscharta aus dem Boden zu stampfen. Glaubst Du, die haben das deswegen getan, weil sie sich daran erinnerten, daß vor ein paar Jahrtausendem ihnen mal einer die 10 Gebote ins Stammbuch geschrieben hat?
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#305733) Verfasst am: 17.06.2005, 18:25 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Nein, auch auf naturale Sachverhalte. Wie erklärst Du sonst, daß die sozialen Instinkte nicht "betfähiger" Tiere im Effekt eine große Überlappung mit den sozialen Empfindungen des Menschen haben? | was sind 'soziale Empfindungen des Menschen'? Was meinst Du mit 'Überlappung' mit 'sozialen Instinkten' von Tieren? |
Viele der moralischen Aspekte, die in verschiedenen menschlichen Gesellschaften übereinstimmen, findet man so ähnlich auch bei sozial lebenden höheren Tieren z.B. als Instinkt oder tradiertes Verhalten. |
[ ... ]
Okay, Du meinst 'moralanaloges Verhalten'. Mir war nicht klar, was 'Überlappung' ist. Aber alle diese Verhaltensweise sind problematisch: man findet sie nicht bei _allen_ sozialen Lebewesen. Zudem bewegen sich solche Argumente immer haarscharf am Rande des naturalistischen Fehlschlusses oder der Naturrechtslehre.
Ein weiteres Problem besteht darin, dass hier meist ein Eklektizismus vorliegt: man sucht sich die Verhaltensweise heraus, die einem als 'moralanalog' in den Kram passen und übersieht die anderen Verhaltensweisen, die weniger 'schön' sind. Beispielsweise Hierarchien, Hackordnungen, die Tatsache, dass ein Männchen Vater der meisten Kinder ist, Tötung der Säuglinge, wenn der Rudelführer wechselt und so weiter.
step hat folgendes geschrieben: | Während also Evolution und Spieltheorie immerhin ein grobes Erklärungsmodell für das Entstehen moralischer Systeme bis auf kleinere kulturelle Unterschiede bieten, kann ein Anhänger des direkten Links "Gott -> religiöses Wesen -> moralische Norm" keine Erklärung dafür liefern. |
Hmmmm, das scheint mir ein wenig dürftig. Es geht doch um _Vernunft_ethik mit _begründeten_ Verhaltensnormen. Wenn die sozusagen aus dem Tierreich vererbt sind, sind das eigentlich keine derartigen Normen. Eins kommt noch dazu: Im Tierreich steht die Fitness-Optimierung (im Sinne von: möglichst viel eigene Gene in die nächste Generation bringen) im Vordergrund. Wenn die 'moralanalogen' Verhaltensweise im Tierreich darauf beruhen, ist das keine gute Basis für eine Ethik.
_________________ Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)
Der Christengott ist immens schwach!
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#305736) Verfasst am: 17.06.2005, 18:39 Titel: |
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Okay, Du meinst 'moralanaloges Verhalten'. Mir war nicht klar, was 'Überlappung' ist. Aber alle diese Verhaltensweise sind problematisch: man findet sie nicht bei _allen_ sozialen Lebewesen. Zudem bewegen sich solche Argumente immer haarscharf am Rande des naturalistischen Fehlschlusses oder der Naturrechtslehre. |
Siehst Du Deinen Kategorienfehler noch immer nicht?
Es sind doch zwei Paar Stiefel, ob ich sage, "die Selektion begünstigt bestimmte Verhaltenweisen" oder ob man sagt: "aus der Selektionstheorie resultiert eine bestimmte Werteordnung"!
El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Hmmmm, das scheint mir ein wenig dürftig. Es geht doch um _Vernunft_ethik mit _begründeten_ Verhaltensnormen. Wenn die sozusagen aus dem Tierreich vererbt sind, sind das eigentlich keine derartigen Normen. |
Gibt es hier nur ein "Entweder - Oder"? Es ist schon richtig, daß ethische Normen tradigenetisch vererbt werden und sozusagen auch eine "Verstandesangelegenheit" sind. Aber genauso richtig ist, daß gewisse Verhaltensweise sowie unsere Emotionen stammesgeschichtlich erworben sind. Wie kann man daran zweifeln?
El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Eins kommt noch dazu: Im Tierreich steht die Fitness-Optimierung (im Sinne von: möglichst viel eigene Gene in die nächste Generation bringen) im Vordergrund. Wenn die 'moralanalogen' Verhaltensweise im Tierreich darauf beruhen, ist das keine gute Basis für eine Ethik. |
Sorry, wie definierst Du "Fitneß-Optimierung"? Hat es nichts mit Fitneß-Optimierung zu tun, wenn aufgrund von Altruismus und Kooperation in der Gruppe die Sterberate auf einen Bruchteil zurückgeht, so daß es sich die Population leisten kann, weniger Nachkommen in die Welt zu setzen und ihnen dafür ihre ganze Aufmerksamkeit zu schenken
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#305737) Verfasst am: 17.06.2005, 18:47 Titel: |
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Es geht doch um _Vernunft_ethik mit _begründeten_ Verhaltensnormen. Wenn die sozusagen aus dem Tierreich vererbt sind, sind das eigentlich keine derartigen Normen. |
Es sind moralische Normen, nur genügen sie eben nicht unbedingt einer Vernunftethik. Moral gibt es auch ohne abstraktes Wertesystem und ohne Vernunft.
Eine Vernunftethik brauchen wir deshalb, weil aufgeklärten Menschen eine inkonsistente abergläubische Steintafelmoral nicht mehr zu vermitteln ist. Sie ist nicht per se besser, sie passt nur besser zu aufgeklärten Gehirnen. Eine Vernunftethik kann zwar konsistenter, freier von Aberglauben und effizienter auf ein z.B. konsentes Ziel gerichtet sein, ist aber nicht letztbegründet.
El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Eins kommt noch dazu: Im Tierreich steht die Fitness-Optimierung (im Sinne von: möglichst viel eigene Gene in die nächste Generation bringen) im Vordergrund. Wenn die 'moralanalogen' Verhaltensweise im Tierreich darauf beruhen, ist das keine gute Basis für eine Ethik. |
Das würde ich auch so nie behaupten. Daß die ererbten Moralaspekte darauf beruhen, ist ein Fakt, mehr nicht. Denn es ist ja keineswegs ausgemacht, daß das konsente Ziel, das sich in einer Gesellschaft stärker bewußter Wesen ausbildet und deren Vernunftethik formt, evolutionär stabil ist. Zudem ist es keineswegs ausgemacht, daß Gesellschaften bewußter Wesen auf Dauer nur den klassischen Kräften der Evolution unterliegen.
Es ist aber klar, daß Gesellschaften bewußter Wesen, die es nach langer Zeit noch gibt, Ethiken hatten, die evolutionär hinreichend stabil waren.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#305740) Verfasst am: 17.06.2005, 18:52 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Okay, Du meinst 'moralanaloges Verhalten'. Mir war nicht klar, was 'Überlappung' ist. Aber alle diese Verhaltensweise sind problematisch: man findet sie nicht bei _allen_ sozialen Lebewesen. Zudem bewegen sich solche Argumente immer haarscharf am Rande des naturalistischen Fehlschlusses oder der Naturrechtslehre. |
Siehst Du Deinen Kategorienfehler noch immer nicht? :shock: |
was könnte ich wohl dabei gedacht haben, als ich 'haarscharf' schrieb?
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shiningthrough deaktiviert
Anmeldungsdatum: 08.11.2003 Beiträge: 1099
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(#305741) Verfasst am: 17.06.2005, 18:52 Titel: nur mal so nebenbei |
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Das Argument des nicht hinreichenden menschlichen Maßstabes, der an Gottes Entscheidungen zu Unrecht angelegt wird, sticht nicht - zumindest, was den Bibelgott anbelangt.
Denn Genesis 3, Vers 22, klärt uns auf:
"Und Gott der Herr sprach: "Siehe, der Mensch ist wie einer von uns geworden - er erkennt Gut und Böse."
Damit wird dem Menschen ein ausreichender Maßstab zugestanden, denn die Fähigkeit ethischer Erkenntnis wird hier ja von Gott positiv quittiert (von der paulinischen Aussage, alles zu prüfen und das Beste zu behalten mal ganz abgesehen - ich tat das ja und kam dem Buddhismus nahe ).
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#305745) Verfasst am: 17.06.2005, 19:04 Titel: Re: nur mal so nebenbei |
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shiningthrough hat folgendes geschrieben: | Das Argument des nicht hinreichenden menschlichen Maßstabes, der an Gottes Entscheidungen zu Unrecht angelegt wird, sticht nicht - zumindest, was den Bibelgott anbelangt.
Denn Genesis 3, Vers 22, klärt uns auf:
"Und Gott der Herr sprach: "Siehe, der Mensch ist wie einer von uns geworden - er erkennt Gut und Böse." |
Ein solcher Satz bringt das ganze Spektrum der Theodizee-Problematik mit sich. Es läßt sich nicht gerade behaupten, daß der Mensch "Gut" und "Böse" so zu trennen vermag, daß allgemein Konsens darüber herrscht, was man darunter nun zu verstehen hat. Ebenso wenig läßt sich sagen, daß wir in der besten aller denkbaren Welten leben. Hatte Gott hier womöglich ein paar Schöpfungs-Fehler übersehen?
Shiningthrough hat folgendes geschrieben: | Damit wird dem Menschen ein ausreichender Maßstab zugestanden, denn die Fähigkeit ethischer Erkenntnis wird hier ja von Gott positiv quittiert (von der paulinischen Aussage, alles zu prüfen und das Beste zu behalten mal ganz abgesehen - ich tat das ja und kam dem Buddhismus nahe ). |
Nunja, was heißt "positiv quittiert"? Mal ist davon die Rede, daß der Ehebrecherin verziehen wird, mal wird dazu aufgerufen, Homosexuelle zu steinigen; mal ist davon die Rede, daß Gott weniger an seinen Schäflein als an den verlorenen Söhnen liegt, dann wieder droht letzteren die ewige Verdammnis...
Üblicherweise suchen sich gläubige Menschen ihre Bibelstellen so zusammen, daß der Eindruck eines allgütigen Schöpfers entsteht. Der große Rest der nicht so ganz ins Bild passenden Zitate wird dann durch exegetische Kunstgriffe entsprechend ausgelegt und wurde auch im Laufe der 2000-jährigen Geschichte des Christentums auf die unterschiedlichste Weise hin- und hergedeutet. Das also versteht man unter "ausreichender Fähigkeit zur Erkenntnis"...
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#305760) Verfasst am: 17.06.2005, 19:54 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Es geht doch um _Vernunft_ethik mit _begründeten_ Verhaltensnormen. Wenn die sozusagen aus dem Tierreich vererbt sind, sind das eigentlich keine derartigen Normen. |
Es sind moralische Normen, nur genügen sie eben nicht unbedingt einer Vernunftethik. |
ich habe so langsam den Überblick verloren, um was es eigentlich geht. Martin schwingt schon die Keule 'Kategorienfehler', er hat nur noch vergessen, auch den 'genetischen Fehlschluss' anzuführen.
Geht es nun um _Begründung_ von Normen oder um die _Herkunft_? Oder darum, zu klären, warum es überhaupt Normen gibt?
step hat folgendes geschrieben: | Moral gibt es auch ohne abstraktes Wertesystem und ohne Vernunft. |
Das ist die spannende Frage. In meinem Weltbild eben nicht. 'Gab' es Zahlen bevor Menschen zählten? Es gibt _Verhaltensweisen_, die wir _nachträglich_ als 'moralisch' klassifizieren. Das sind bestenfalls Analogien.
step hat folgendes geschrieben: | Eine Vernunftethik brauchen wir deshalb, weil aufgeklärten Menschen eine inkonsistente abergläubische Steintafelmoral nicht mehr zu vermitteln ist. |
So in etwa sehe ich das auch. Aber keinerlei Zusammenhang mit dem Verhalten von Tieren. Eben weil die nicht in der Lage sind, zu reflektieren, welche Moral man ihnen andrehen möchte.
step hat folgendes geschrieben: | Sie ist nicht per se besser, sie passt nur besser zu aufgeklärten Gehirnen. Eine Vernunftethik kann zwar konsistenter, freier von Aberglauben und effizienter auf ein z.B. konsentes Ziel gerichtet sein, ist aber nicht letztbegründet. |
Das ist wieder ein anderer Thread. Ich sehe nur, dass 'effizient' etc. in die Prämissen eingebaut wird. Das führt dann selbstverständlich dazu, dass man beim Utilitarismus landet. Ist Glück nützlich?
step hat folgendes geschrieben: | El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Eins kommt noch dazu: Im Tierreich steht die Fitness-Optimierung (im Sinne von: möglichst viel eigene Gene in die nächste Generation bringen) im Vordergrund. Wenn die 'moralanalogen' Verhaltensweise im Tierreich darauf beruhen, ist das keine gute Basis für eine Ethik. |
Das würde ich auch so nie behaupten. Daß die ererbten Moralaspekte darauf beruhen, ist ein Fakt, mehr nicht. |
Auch das scheint mir problematisch zu sein. Bestenfalls würde ich das gelten lassen, wenn wir von Menschenaffen und Menschen sprechen. Aber selbst dann besteht das Problem darin, dass sich die sozialen Strukturen dieser Gruppen vollkommen unterscheiden. Vergleiche nur Gorilla, Schimpanse und Oran Utan (ich kann Dir gerne Literatur nennen). Und die mit dem, wie man vermutet, dass unsere Vorfahren im TMÜ gelebt haben. Das muss man schon sehr differenziert diskutieren.
step hat folgendes geschrieben: | Denn es ist ja keineswegs ausgemacht, daß das konsente Ziel, das sich in einer Gesellschaft stärker bewußter Wesen ausbildet und deren Vernunftethik formt, evolutionär stabil ist. Zudem ist es keineswegs ausgemacht, daß Gesellschaften bewußter Wesen auf Dauer nur den klassischen Kräften der Evolution unterliegen. |
Üblicherweise wird behauptet, dass die Gesetze, nach denen die menschliche Evolution verläuft (tradigenetisch, also genuin lamarckistisch) so gut wie nichts mehr mit dem zu tun hat, was unsere Mitlebewesen evolviert (darwinistische Evolution). Ich frage mich daher, ob es sinnvoll ist, irgendwelche Parallelen irgendwelcher tierlichen Verhaltensweisen in Diskussionen über Ethik einzubringen.
step hat folgendes geschrieben: | Es ist aber klar, daß Gesellschaften bewußter Wesen, die es nach langer Zeit noch gibt, Ethiken hatten, die evolutionär hinreichend stabil waren. |
Das würde nur gelten, wenn auch deren Ethik lange Zeit Bestand gehabt hätte. Ich hatte schon die griechische Polis erwähnt. Deren Ethik scheint mir in bestimmter Hinsicht durchaus stabil zu sein. Kaum ein Reich bestand länger als das der Ägypter. Hatten die eine vorbildliche Ethik?
_________________ Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)
Der Christengott ist immens schwach!
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shiningthrough deaktiviert
Anmeldungsdatum: 08.11.2003 Beiträge: 1099
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(#305814) Verfasst am: 17.06.2005, 23:00 Titel: |
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Zitat: | Nunja, was heißt "positiv quittiert"? Mal ist davon die Rede, daß der Ehebrecherin verziehen wird, mal wird dazu aufgerufen, Homosexuelle zu steinigen; mal ist davon die Rede, daß Gott weniger an seinen Schäflein als an den verlorenen Söhnen liegt, dann wieder droht letzteren die ewige Verdammnis...
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Ach, Martin. Dir ist wohl die Ironie meines Beitrages nicht bewußt geworden?
Na gut, dann muss der "Buddha" seinen zornvollen Aspekt zeigen und eine Breitseite schießen:
Es gibt rd. 400.000.000 homosexuell bzw. lesbisch empfindender Menschen auf diesen Planeten.
Nach fundamentalistischer Lesart steht diesen Menschen - und ich betone MENSCHEN - nichts zu als der ewige Tod oder die ewige Verdammnis. Was heißt das?
Das heißt, das die Fundis monotheistischer Coleur, welche eine Spielart der Natur als zutiefst todsündig ansehen, völlig mit der ewigen Vernichtung resp. Verdammnis dieser 400.000.000 MENSCHEN übereinstimmen. Oder - wie ich in einem anderen Thread schrieb - wer an einen Killergott glaubt, befürwortet das Killen. So sieht das aus! Wo ist denn die Grenze zwischen Bibel- oder Koranfundamentalismus und Bibel- oder Koranfaschismus?
Nun klar, wo ich stehe?
Eine eher abgehobene und unfruchtbare Diskussion über Hypothesen der Entstehung der Ethik scheint mir am Problem vorbei zu gehen.
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#305907) Verfasst am: 18.06.2005, 13:21 Titel: |
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shiningthrough hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Nunja, was heißt "positiv quittiert"? Mal ist davon die Rede, daß der Ehebrecherin verziehen wird, mal wird dazu aufgerufen, Homosexuelle zu steinigen; mal ist davon die Rede, daß Gott weniger an seinen Schäflein als an den verlorenen Söhnen liegt, dann wieder droht letzteren die ewige Verdammnis...
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Ach, Martin. Dir ist wohl die Ironie meines Beitrages nicht bewußt geworden?
Na gut, dann muss der "Buddha" seinen zornvollen Aspekt zeigen und eine Breitseite schießen:
Es gibt rd. 400.000 homosexuell bzw. lesbisch empfindender Menschen auf diesen Planeten.
Nach fundamentalistischer Lesart steht diesen Menschen - und ich betone MENSCHEN - nichts zu als der ewige Tod oder die ewige Verdammnis. Was heißt das?
Das heißt, das die Fundis monotheistischer Coleur, welche eine Spielart der Natur als zutiefst todsündig ansehen, völlig mit der ewigen Vernichtung resp. Verdammnis dieser 400.000 MENSCHEN übereinstimmen. Oder - wie ich in einem anderen Thread schrieb - wer an einen Killergott glaubt, befürwortet das Killen. So sieht das aus! Wo ist denn die Grenze zwischen Bibel- oder Koranfundamentalismus und Bibel- oder Koranfaschismus?
Nun klar, wo ich stehe?
Eine eher abgehobene und unfruchtbare Diskussion über Hypothesen der Entstehung der Ethik scheint mir am Problem vorbei zu gehen. |
Das Problem ist, daß sich in diesem Thread einige Nebenthemen herauskristallisiert haben. Weiter oben wurde die Steilthese aufgeworfen, daß in einem materialistischen Weltbild keinen Platz für moralische Begriffe sei. Seitdem versuche ich zu begründen, daß sich ethische Normen sehr wohl aus der Perspektive eines materialistischen Weltbildes denken lassen. Und hierbei spielen sowohl evolutionäre Aspekte (bestimmte Verhaltenprogramme und Emotionen) als auch rationale Entscheidungen eine Rolle. Das Thema tangiert (vor allem im Hinblick auf Düsings Steilvorlage) selbstverständlich auch die Frage, inwieweit die Theologie selbst bei ihrem Versuch, ihre Ethik durch Gott zu rechtfertigen, in eine Sackgasse gerät.
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
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Mautpreller Ortograf
Anmeldungsdatum: 17.02.2005 Beiträge: 246
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(#305926) Verfasst am: 18.06.2005, 14:31 Titel: |
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Zitat: | Weiter oben wurde die Steilthese aufgeworfen, daß in einem materialistischen Weltbild keinen Platz für moralische Begriffe sei. |
Wer soll denn diese (unsinnige) These aufgeworfen haben? Worauf beziehst Du Dich?
_________________ Die niederen Alkanthiole sind widerlich riechende Flüssigkeiten ohne besondere praktische Bedeutung (Lautenschläger u.a. 1987, Chemie - Fakten und Gesetze). --- Die Ärmsten!
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#305928) Verfasst am: 18.06.2005, 14:36 Titel: |
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Mautpreller hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Weiter oben wurde die Steilthese aufgeworfen, daß in einem materialistischen Weltbild keinen Platz für moralische Begriffe sei. |
Wer soll denn diese (unsinnige) These aufgeworfen haben? Worauf beziehst Du Dich? |
Lies, was eingangs geschrieben wurde:
Zitat: | Menschenrechte kann man AFAIK stringent nur über eine imago dei begründen |
Diese Aussage ist, gelinde ausgedrückt, äußerst problematisch. Und zwar in mehrerlei Hinsicht. Es bringt aber nichts, alle Argumente noch einmal aufzurollen; was es dazu zu sagen gibt, habe ich gesagt.
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#305932) Verfasst am: 18.06.2005, 14:46 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Mautpreller hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Weiter oben wurde die Steilthese aufgeworfen, daß in einem materialistischen Weltbild keinen Platz für moralische Begriffe sei. |
Wer soll denn diese (unsinnige) These aufgeworfen haben? Worauf beziehst Du Dich? |
Lies, was eingangs geschrieben wurde:
Zitat: | Menschenrechte kann man AFAIK stringent nur über eine imago dei begründen |
Diese Aussage ist, gelinde ausgedrückt, äußerst problematisch. |
stimmt. Und ich habe das deshalb in meiner Antwort auf Shinigthrough qualifiziert (in allen anderen Postings hatte ich das sowieso gemacht): _letzt_begründet ('stringent' war wirklich problematisch). Wenn Dir eine ethische _Letzt_begründung für Menschenrechte einfällt, lass es mich wissen. Ich lerne gerne dazu.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Und zwar in mehrerlei Hinsicht. Es bringt aber nichts, alle Argumente noch einmal aufzurollen; was es dazu zu sagen gibt, habe ich gesagt. |
Stimmt.
BTW, der Vortrag von Frau Düsing ist auf CD erschienen. Ich habe mal kurz 'reingehört. Wäre doch nun eine sinnvolle Aufgabe für die Evolutionsbiologen, herauszufinden, ob Beyer das richtige Stöckchen gefunden hat oder ob er noch bessere findet.
_________________ Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)
Der Christengott ist immens schwach!
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Mautpreller Ortograf
Anmeldungsdatum: 17.02.2005 Beiträge: 246
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(#305933) Verfasst am: 18.06.2005, 14:47 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Mautpreller hat folgendes geschrieben: | Warum sollte man eine Moral in erster Linie auf Prinzipien stützen, die sich "bewähren"? Empirisch würde ich sagen, es ist eher das Gegenteil der Fall: allzuoft ist Moral (christlich oder theistisch oder nichttheistisch, was du willst) eben das nicht zu Schaffende, niemals wirklich Bewährte. Ich finde immer noch, dass Du vielzuviel unterstellst. |
Nimm' doch einfach den Nationalsozialismus als Beispiel: Die Rassenideologie und der rücksichtslose Genozid haben dazu geführt, daß sich zwischen 1939 und 1945 etwa 5% der Erdbevölkerung selbst vernichtet hat. Auch wenn es sich makaber anhört, so kann man doch unter diesem Gesichtspunkt feststellen, daß sich diese "Moral" nun nicht unbedingt "bewährt" hat. Ein paar Jahrzehnte länger und die Menschheit hätte sich gänzlich ausradiert. Unter diesem Eindruck kamen dann ein paar Nationen auf die Idee, die UN und die Menschenrechtscharta aus dem Boden zu stampfen. Glaubst Du, die haben das deswegen getan, weil sie sich daran erinnerten, daß vor ein paar Jahrtausendem ihnen mal einer die 10 Gebote ins Stammbuch geschrieben hat? |
Manchmal finde ichs nicht ganz einfach zu glauben, was einem hier so serviert wird.
Zunächst mal: Deine Beschreibung ist unangemessen. Es haben sich nicht 5 % der Erdbevölkerung "selbst vernichtet". Sie sind vernichtet worden.
Zweitens: Was willst du damit zeigen? Natürlich gab es Gründe für die Gründung der UN. Ist doch allgemein bekannt. Was hat das mit "bewährt" zu tun? Die UN hat nie als Mittel getaugt, Kriege zu verhindern, und war auch nie so gedacht. Man müsste in einem solchen Fall die Gründe diskutieren und über den Maßstab reden, an dem eine "Bewährung" gemessen werden kann.
Sicherlich lässt sich aber "Bewährung" nicht als typisches Kennzeichen einer Moral bezeichnen (wofern der UN-Gründung eine Moral zugrunde liegt). Bei einer Moral geht es darum, was richtig und was falsch ist, und es ist nicht ganz selten, dass einflussreiche moralische Lehrsätze ungefähr 99 % des eigenen wie fremden Verhaltens als falsch abtun. Trotzdem könnte man vielleicht sagen, die Leute "haben was davon"; aber es ist keineswegs trivial zu sagen, was denn eigentlich.
Natürlich glaube ich im Übrigen nicht, dass "ein paar Nationen" in die Bibel geguckt und schwupps die Menschenrechtscharta beschlossen hätten. Dieser ganze Bibelkram interessiert mich hier überhaupt nicht sonderlich. Mich interessiert vielmehr eine Art von "Evolutionismus", der für mein Gefühl von der wissenschaftlichen Theorie zur allerklärenden Weltanschauung (zum "ismus") mutiert ist. Das ist mein Motiv, mich hier einzumischen.
Falls das zur ursprünglichen Threadabsicht inkompatibel ist, können wir gern einen neuen Thread aufmachen.
_________________ Die niederen Alkanthiole sind widerlich riechende Flüssigkeiten ohne besondere praktische Bedeutung (Lautenschläger u.a. 1987, Chemie - Fakten und Gesetze). --- Die Ärmsten!
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#305936) Verfasst am: 18.06.2005, 14:55 Titel: |
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Mautpreller hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Weiter oben wurde die Steilthese aufgeworfen, daß in einem materialistischen Weltbild keinen Platz für moralische Begriffe sei. |
Wer soll denn diese (unsinnige) These aufgeworfen haben? Worauf beziehst Du Dich? |
Lies, was eingangs geschrieben wurde:
Zitat: | Menschenrechte kann man AFAIK stringent nur über eine imago dei begründen |
Diese Aussage ist, gelinde ausgedrückt, äußerst problematisch. |
stimmt. Und ich habe das deshalb in meiner Antwort auf Shinigthrough qualifiziert (in allen anderen Postings hatte ich das sowieso gemacht): _letzt_begründet ('stringent' war wirklich problematisch). Wenn Dir eine ethische _Letzt_begründung für Menschenrechte einfällt, lass es mich wissen. Ich lerne gerne dazu. |
Interessant, welchen Strohmann Du jetzt wieder abfackelst. Hat irgendwo irgendjemand hier im Forum eine Letztbegründung gefordert? Und hat irgend jemand behauptet, daß das überhaupt notwendig sei, um moralisch zu handeln? Soviel zum Stichwort "Buzzwords aufschnappen".
El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | BTW, der Vortrag von Frau Düsing ist auf CD erschienen. Ich habe mal kurz 'reingehört. Wäre doch nun eine sinnvolle Aufgabe für die Evolutionsbiologen, herauszufinden, ob Beyer das richtige Stöckchen gefunden hat oder ob er noch bessere findet. |
Du solltest das mit Beyer durchdiskutieren. Vielleicht kannst Du ihm ja nahebringen, daß Düsing in Wahrheit eine liberale Christin ist, die es mit ihrer polemischen Darwinismuskritik gar nicht so gemeint hat...
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#305938) Verfasst am: 18.06.2005, 14:59 Titel: |
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Mautpreller hat folgendes geschrieben: | Sicherlich lässt sich aber "Bewährung" nicht als typisches Kennzeichen einer Moral bezeichnen |
es sei denn, man ist Utilitarist. Und noch raffinierter ist, diese Auffassung in die Prämissen einzubasteln, möglichst so, dass man es nicht gleich merkt. Evolution ist hierbei eine interessante Möglichkeit.
_________________ Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#305940) Verfasst am: 18.06.2005, 15:02 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Interessant, welchen Strohmann Du jetzt wieder abfackelst. Hat irgendwo irgendjemand hier im Forum eine Letztbegründung gefordert? Und hat irgend jemand behauptet, daß das überhaupt notwendig sei, um moralisch zu handeln? Soviel zum Stichwort "Buzzwords aufschnappen". |
Martin, ich argumentiere immer nach dem 'principle of charity'. Deshalb gehe ich davon aus, dass Du meine Postings nicht gelesen hast. Ich wage nicht, Dir zu unterstellen, dass Du sie nicht verstanden hast.
Noch ein Versuch?
_________________ Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)
Der Christengott ist immens schwach!
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Mautpreller Ortograf
Anmeldungsdatum: 17.02.2005 Beiträge: 246
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(#305942) Verfasst am: 18.06.2005, 15:08 Titel: |
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Mautpreller hat folgendes geschrieben: | Sicherlich lässt sich aber "Bewährung" nicht als typisches Kennzeichen einer Moral bezeichnen |
es sei denn, man ist Utilitarist. Und noch raffinierter ist, diese Auffassung in die Prämissen einzubasteln, möglichst so, dass man es nicht gleich merkt. Evolution ist hierbei eine interessante Möglichkeit. |
Müsste das dann nicht bedeuten, dass "Bewährung" ein typisches Kennzeichen von ALLEM wäre? Was zugrunde geht, hat sich dann eben "nicht bewährt". Mit diesem Mega-Utilitarismus käme man zu einer netten Sammlung auf den ersten Blick tautologischer Sätze, die dann aber "um die Ecke rum" mit Sinn aufgeladen werden.
_________________ Die niederen Alkanthiole sind widerlich riechende Flüssigkeiten ohne besondere praktische Bedeutung (Lautenschläger u.a. 1987, Chemie - Fakten und Gesetze). --- Die Ärmsten!
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#305945) Verfasst am: 18.06.2005, 15:11 Titel: |
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Hi Mautpreller,
Mautpreller hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Mautpreller hat folgendes geschrieben: | Warum sollte man eine Moral in erster Linie auf Prinzipien stützen, die sich "bewähren"? Empirisch würde ich sagen, es ist eher das Gegenteil der Fall: allzuoft ist Moral (christlich oder theistisch oder nichttheistisch, was du willst) eben das nicht zu Schaffende, niemals wirklich Bewährte. Ich finde immer noch, dass Du vielzuviel unterstellst. |
Nimm' doch einfach den Nationalsozialismus als Beispiel: Die Rassenideologie und der rücksichtslose Genozid haben dazu geführt, daß sich zwischen 1939 und 1945 etwa 5% der Erdbevölkerung selbst vernichtet hat. Auch wenn es sich makaber anhört, so kann man doch unter diesem Gesichtspunkt feststellen, daß sich diese "Moral" nun nicht unbedingt "bewährt" hat. Ein paar Jahrzehnte länger und die Menschheit hätte sich gänzlich ausradiert. Unter diesem Eindruck kamen dann ein paar Nationen auf die Idee, die UN und die Menschenrechtscharta aus dem Boden zu stampfen. Glaubst Du, die haben das deswegen getan, weil sie sich daran erinnerten, daß vor ein paar Jahrtausendem ihnen mal einer die 10 Gebote ins Stammbuch geschrieben hat? |
Manchmal finde ichs nicht ganz einfach zu glauben, was einem hier so serviert wird.
Zunächst mal: Deine Beschreibung ist unangemessen. Es haben sich nicht 5 % der Erdbevölkerung "selbst vernichtet". Sie sind vernichtet worden. |
Okay, willst Du Begriffskritik üben oder geht es Dir um die Auseinandersetzung in der Sache?
Mautpreller hat folgendes geschrieben: | Zweitens: Was willst du damit zeigen? Natürlich gab es Gründe für die Gründung der UN. Ist doch allgemein bekannt. Was hat das mit "bewährt" zu tun? Die UN hat nie als Mittel getaugt, Kriege zu verhindern, und war auch nie so gedacht. Man müsste in einem solchen Fall die Gründe diskutieren und über den Maßstab reden, an dem eine "Bewährung" gemessen werden kann. Sicherlich lässt sich aber "Bewährung" nicht als typisches Kennzeichen einer Moral bezeichnen (wofern der UN-Gründung eine Moral zugrunde liegt). Bei einer Moral geht es darum, was richtig und was falsch ist, und es ist nicht ganz selten, dass einflussreiche moralische Lehrsätze ungefähr 99 % des eigenen wie fremden Verhaltens als falsch abtun. Trotzdem könnte man vielleicht sagen, die Leute "haben was davon"; aber es ist keineswegs trivial zu sagen, was denn eigentlich.
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Irgendwie reden wir aneinander vorbei. Geh' doch einfach mal davon aus, daß sich die Menschenrechtscharta auf gewisse rationale Überlegungen stützt, die das Zusammenleben der Menschen und den Umgang miteinander betreffen. Wo brauche ich denn hier den Rekurs auf eine "imago dei", um zu erkennen, daß uns nur eine Moral, die gewisse Werte (wie Toleranz, unantastbare Menschenwürde usw.) einschließt, davor bewahrt, in den Abgrund zu rennen? Muß ich eine Steintafel anbeten, um ein anständiger Mensch zu sein
Nur darum geht's mir!
Mautpreller hat folgendes geschrieben: | Natürlich glaube ich im Übrigen nicht, dass "ein paar Nationen" in die Bibel geguckt und schwupps die Menschenrechtscharta beschlossen hätten. Dieser ganze Bibelkram interessiert mich hier überhaupt nicht sonderlich. Mich interessiert vielmehr eine Art von "Evolutionismus", der für mein Gefühl von der wissenschaftlichen Theorie zur allerklärenden Weltanschauung (zum "ismus") mutiert ist. Das ist mein Motiv, mich hier einzumischen. |
Okay. Aber von "Evolutionismus" kann hier keine Rede sein. Alles, was ich sagen möchte, ist, daß Entscheidungen (auch rationale) auf der Basis einer bestimmten emotionalen Veranlagung getroffen werden, die evolutionär verankert ist. Warum gibt es Kriege? Weshalb geraten Menschen in Wut oder fallen sich in die Arme? Weshalb gibt es Altruismus und Kooperation? Doch nicht deshalb, weil Gott diese Verhaltensweisen in Gestalt "ontisch objektiver Werte" vom Himmel herabschweben ließ? Wer das behauptet, sieht sich der Theodizee-Problematik gegenüber gestellt.
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
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göttertod Atheist und Zweifelsäer
Anmeldungsdatum: 20.08.2004 Beiträge: 1565
Wohnort: Freiburg
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(#305947) Verfasst am: 18.06.2005, 15:14 Titel: |
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es haben sich jetzt wirklich mehrere Themen gebildet, aber das interessanteste finde ich "Begründung einer Ethik ohne Gott, Einbildung, Metaphysik, Transzendentem blablabla" usw.
Martin schrieb:
Zitat: | Das Problem ist, daß sich in diesem Thread einige Nebenthemen herauskristallisiert haben. Weiter oben wurde die Steilthese aufgeworfen, daß in einem materialistischen Weltbild keinen Platz für moralische Begriffe sei. Seitdem versuche ich zu begründen, daß sich ethische Normen sehr wohl aus der Perspektive eines materialistischen Weltbildes denken lassen. Und hierbei spielen sowohl evolutionäre Aspekte (bestimmte Verhaltenprogramme und Emotionen) als auch rationale Entscheidungen eine Rolle. Das Thema tangiert (vor allem im Hinblick auf Düsings Steilvorlage) selbstverständlich auch die Frage, inwieweit die Theologie selbst bei ihrem Versuch, ihre Ethik durch Gott zu rechtfertigen, in eine Sackgasse gerät. |
welche Bücher kannst du mir empfehlen, wenn ich genau diese Sichtweise, durchdacht und interessant dargelegt, von Menschen die am liebsten nicht, oder nur kaum, von einem monotheistischen Gottglauben befleckt sind, vermittelt bekommen will.
Ich denke mir es ist wichtig die Evolution zu verstehen, wie sie funktioniert, wie sie aufgebaut ist.
Die Psyche des Menschen ist wichtig, wie funktioniert er, wie bildet sie sich.
Die Evolution des Menschen, vom Affen zum Mensch, Bildung von Intelligenz und Ichbewusstsein.
Ein Verständniss von echter Logik.
Ein Verständniss für die Wichtigkeit von Effizienz und Nutzen.
Wie funktioniert die Physik im groben, die Chemie, die Biologie.
Die Empfängnissbereitschaft für alle Wissenschaften.
Das Begreifen, das Theologie keine Wissenschaft ist.
Das Erkennen, des Interdisziplinären der Wissenschaften. Des Übergreifens, der Verzahnung innerhalb der Erklärungen, Entdeckungen der Disziplinen.
Ganz wichtig Erkenntnisstheorie.
usw. Das obige ist völlig wahrlos in der Reihenfolge und ist nur meine unbelesene Sichtweise eines Laien auf diesem Gebiet, welcher aber wie die anderen auch dazu lernen will.
Somit verbessert, oder ergänzt doch diese Liste bitte. Beschreibt was wichtig ist, zur Erkennung meines Seins uns des Seins an sich. Und dadurch kommen wir wieder ein bischen zurück zum Anfang des Threads. Können darauf basierend eine Moral definieren, wie sie z.B. Martin hier des öfteren beschrieb.
Zitat: | Seitdem versuche ich zu begründen, daß sich ethische Normen sehr wohl aus der Perspektive eines materialistischen Weltbildes denken lassen. Und hierbei spielen sowohl evolutionäre Aspekte (bestimmte Verhaltenprogramme und Emotionen) als auch rationale Entscheidungen eine Rolle. |
_________________ auf dass die Bücher von "Iain Banks" Wirklichkeit werden
The Jimmy Dore Show
jede Tradition ist es wert sich an sie zu erinnern, aber nicht jede Tradition ist es wert gelebt zu werden
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#305951) Verfasst am: 18.06.2005, 15:18 Titel: |
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Interessant, welchen Strohmann Du jetzt wieder abfackelst. Hat irgendwo irgendjemand hier im Forum eine Letztbegründung gefordert? Und hat irgend jemand behauptet, daß das überhaupt notwendig sei, um moralisch zu handeln? Soviel zum Stichwort "Buzzwords aufschnappen". |
Martin, ich argumentiere immer nach dem 'principle of charity'. Deshalb gehe ich davon aus, dass Du meine Postings nicht gelesen hast. Ich wage nicht, Dir zu unterstellen, dass Du sie nicht verstanden hast. |
Mir geht's mit Dir genauso. Irgendwie redest Du nur noch an meinen Argumenten vorbei. Aber vielleicht wird Dir klarer, was ich meine, wenn Du meine Antwort liest, die ich eben Mautpreller gegeben habe.
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#305957) Verfasst am: 18.06.2005, 15:32 Titel: |
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Mautpreller hat folgendes geschrieben: | Sicherlich lässt sich aber "Bewährung" nicht als typisches Kennzeichen einer Moral bezeichnen |
es sei denn, man ist Utilitarist. Und noch raffinierter ist, diese Auffassung in die Prämissen einzubasteln, möglichst so, dass man es nicht gleich merkt. Evolution ist hierbei eine interessante Möglichkeit. |
Wow! Nun mußt Du nur noch ein Beispiel für eine Argumentationskette finden, die ohne Prämissen auskommt. Wenn Dir das gelingt, hättest Du vielleicht ein Argument. Wenn nicht, bist Du darauf angewiesen, unter rationalen Aspekte gewisse Abwägungen zu treffen.
Aber davon abgesehen, redest Du völlig am Thema vorbei. Worum geht es denn? Es geht doch darum, daß Düsing eine Steilvorlage geliefert hat, deren Logik sinngemäß etwa folgendermaßen aussieht:
Darwinismus -> Atheismus/Naturalismus -> unmoralische Gesellschaft -> Untergang des Abendlandes
Nun behaupte ich, daß der Schluß vom Naturalismus auf die unmoralische Gesellschaft falsch ist, weil sich ethische Werte auch auf der Basis eines materialistischen Weltbildes denken lassen. Oder anders ausgedrückt: Es spielt überhaut keine Rolle, ob diese Werte von Gott "ontisch objektiv" vorgegeben wurden. Eben deshalb, weil in meinem Weltbild bestimmte Verhaltensweisen a.) evolutionär verankert worden sind und b.) aus Vernunftsgründen folgen. Und jetzt kommst Du, und wirfst mir vor, daß meine Ethik keine letztbegründetn Werte kenne und daß eine evolutionäre Erklärung bereits in meinen Prämissen enthalten sei. Ja, natürlich! Hat denn jemand etwas anderes behauptet? Denk vielleicht noch einmal darüber nach, ob das ein Einwand auf gegen mein Argument war...
[Edit P.S.: Die Feststellung, daß die christiliche Ethik selbst ein Problem damit hat, der Moral eine solide Letztbegründung zu verleihen, war nur ein Nebenaspekt in der Diskussion. Nichtsdestotrotz habe ich zu erklären versucht, warum. Kennst Du nun ein Argument, um die Probleme der christlichen Ethik zu beheben?]
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#305965) Verfasst am: 18.06.2005, 16:03 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Aber davon abgesehen, redest Du völlig am Thema vorbei. Worum geht es denn? Es geht doch darum, daß Düsing eine Steilvorlage geliefert hat, deren Logik sinngemäß etwa folgendermaßen aussieht:
Darwinismus -> Atheismus/Naturalismus -> unmoralische Gesellschaft -> Untergang des Abendlandes |
mir ging es doch um etwas vollkommen anderes. Steht aber mehrfach explizit in meinen Postings: es ging mir nicht um den _Inhalt_, sondern um die _Strategie_ Beyers.
Die fachspezifischen ethischen Themen sind diesbezüglich eher irrelevant.
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
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(#305966) Verfasst am: 18.06.2005, 16:04 Titel: |
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Hi Göttertod,
göttertod hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Das Problem ist, daß sich in diesem Thread einige Nebenthemen herauskristallisiert haben. Weiter oben wurde die Steilthese aufgeworfen, daß in einem materialistischen Weltbild keinen Platz für moralische Begriffe sei. Seitdem versuche ich zu begründen, daß sich ethische Normen sehr wohl aus der Perspektive eines materialistischen Weltbildes denken lassen. Und hierbei spielen sowohl evolutionäre Aspekte (bestimmte Verhaltenprogramme und Emotionen) als auch rationale Entscheidungen eine Rolle. Das Thema tangiert (vor allem im Hinblick auf Düsings Steilvorlage) selbstverständlich auch die Frage, inwieweit die Theologie selbst bei ihrem Versuch, ihre Ethik durch Gott zu rechtfertigen, in eine Sackgasse gerät. |
welche Bücher kannst du mir empfehlen, wenn ich genau diese Sichtweise, durchdacht und interessant dargelegt, von Menschen die am liebsten nicht, oder nur kaum, von einem monotheistischen Gottglauben befleckt sind, vermittelt bekommen will. |
Ein lesenswertes Standardwerk zu diesem Thema ist z.B.:
Martin, M. (2003): Atheism, Morality, and Meaning. Prometheus, Buffalo.
Martin setzt sich darin kritisch mit der Behauptung auseinander, daß aus atheistischer Weltsicht keine moralischen Werte oder Sinnkriterien denkbar seien. Darüber hinaus legt er dar, warum die theistisch-christliche Sichtweise keine echten (Letzt-) Begründungen für moralisches Verhalten liefern. Das wäre nun mindestens schon der dritte "Martin"...
Grüße
Martin
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#305974) Verfasst am: 18.06.2005, 16:28 Titel: |
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Aber davon abgesehen, redest Du völlig am Thema vorbei. Worum geht es denn? Es geht doch darum, daß Düsing eine Steilvorlage geliefert hat, deren Logik sinngemäß etwa folgendermaßen aussieht:
Darwinismus -> Atheismus/Naturalismus -> unmoralische Gesellschaft -> Untergang des Abendlandes |
mir ging es doch um etwas vollkommen anderes. Steht aber mehrfach explizit in meinen Postings: es ging mir nicht um den _Inhalt_, sondern um die _Strategie_ Beyers.
Die fachspezifischen ethischen Themen sind diesbezüglich eher irrelevant. |
Okay, da Du nun offenbar die CD hast: Was ist denn nun die Argumentationslinie, die Düsing hier einschlägt? Wenn Du einige Schlüsselzitate nennen könntest, könnten wir vielleicht besser verstehen, inwieweit der von Beyer kritisierte Text zu Düsings Positionen paßt.
BTW, bist Du sicher, daß die 600-seitige Schwarte nicht ebenfalls in dieselbe Richtung zielt, wie die Textankündigung auf der Seite von W+W (bzw. dem oben stehenden Schema folgt: Darwinismus -> Atheismus -> unmoralische Gesellschaft...)? Welchen Sinn könnte es sonst haben, einen Text dort hin zu stellen, wenn der gar nichts mit der Position des Referenten zu tun hat?
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#306090) Verfasst am: 19.06.2005, 00:20 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | mir ging es doch um etwas vollkommen anderes. Steht aber mehrfach explizit in meinen Postings: es ging mir nicht um den _Inhalt_, sondern um die _Strategie_ Beyers.
Die fachspezifischen ethischen Themen sind diesbezüglich eher irrelevant. |
Okay, da Du nun offenbar die CD hast: Was ist denn nun die Argumentationslinie, die Düsing hier einschlägt? |
ich habe mal kurz 'reingehört. Die Argumentationslinie ist auf der einen Seite historisch, aber auch auf die aktuellen Gesellschaft bezogen. Auf der Basis eines fundamentalistischen Christentums, nicht genuin kreationistisch. Es geht auch um Nietzsche, der die Konsequenzen des Darwinismus für die damaligen Moralsysteme vielleicht klarer gesehen als viele andere.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Wenn Du einige Schlüsselzitate nennen könntest, könnten wir vielleicht besser verstehen, inwieweit der von Beyer kritisierte Text zu Düsings Positionen paßt. |
Das war doch gar nicht mein Punkt. Ad nauseam: mir ging es nicht um die _Inhalte_ dessen, was Düsing von sich gibt, sondern um die _Strategie_, die die Evolutionsbiologen erkennen lassen, indem sie Beyers Text hosten. Die finde ich grundfalsch. Und daran ändert sich nichts, egal, was Düsing nun vorgetragen hat oder auch nicht.
Es geht darum, dass, wie ich schon mehrfach schrieb (auch per E-Mail, Du erinnerst Dich, und vielleicht auch daran, dass Du mir damals mehr zugestimmt hast als hier), die Tatsache, dass Beyer seine Kritik an einem Text aufhängt, der die Sache nicht wert ist, _strategisch_ problematisch ist.
Es geht schon mal damit los, dass es doch keinen Sinn macht, die _Ankündigung_ eines Vortrags zu verhackstücken, _bevor_ man den Vortrag kennt.
Voll im grünen Bereich, wie ich auch schon mehrfach schrieb, wäre gewesen, einen _Text_, meinethalben die Rede von Frau Düsing, zu zerlegen. Sachlich, argumentativ.
Aber auch dann wäre zu fragen, was das auf der Site der Evolutions_biologen_ soll. Du kennst die Ziele dieser AG, dort steht viel von Förderung von Evolution weiß der Herr wo, schwer zu sagen, wo ein Artikel, der eigentlich nur die Empfindlichkeit, dass es Menschen gibt, die denken, dass Darwinismus zu einer schlechten Ethik führt, ausdrückt, hingehört.
Noch merkwürdiger sieht es aus, wenn man nach den Motiven fragt, was die Evolutionsbiologen wohl dazu bringen kann, so auf einen Text (eigentlich nicht einmal ein Text, sondern nur eine Vortragsankündigung) bei Wort und Wissen zu reagieren. Die Art und Weise, wie die Ankündigung des Beitrags von Beyer und auch dieser verfasst sind, erinnert fatal an Denkweisen der alten Kirchenväter: es gibt unsere Auffassung, die ist richtig, wer das nicht einsieht, ist dumm oder bösartig. Schon der Gedanke daran, derartige Überlegungen überhaupt zu äußern, ist ein Sakrileg. Da muss man doch sofort 'draufhauen. Das hat für mich ein G'schmäckle.
Und, noch einmal, dass Du es vielleicht endlich einsiehst: das hat weder etwas damit zu tun, dass ich _Inhalte_ von Beyer kritisiere oder von Düsing gut finde. Sondern einfach mit der Frage: was schließt ein neutraler Beobachter daraus, dass ein Mensch auf so eine Art und Weise agitieren muss. Aus meiner Sicht nur, dass er seiner eigenen Auffassung nicht sicher ist und streng genommen an einem rationalen Diskurs weder interessiert noch dazu befähigt ist.
Wenn das hier im FGH, in dem so gut wie ausschließlich Atheisten unterwegs sind, niemand einsieht, nun ja. Kommentiert hat seine Auffassung so gut wie niemand, und wenn, ging es um den _Inhalt_, während ich nach der _Strategie_ fragte.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | BTW, bist Du sicher, daß die 600-seitige Schwarte nicht ebenfalls in dieselbe Richtung zielt, wie die Textankündigung auf der Seite von W+W (bzw. dem oben stehenden Schema folgt: Darwinismus -> Atheismus -> unmoralische Gesellschaft...)? Welchen Sinn könnte es sonst haben, einen Text dort hin zu stellen, wenn der gar nichts mit der Position des Referenten zu tun hat? |
Das ist nichts, was mich interessiert. Ich vermute, dass Düsing differenzierter argumentiert, die von Dir geschilderte Auffassung ist zudem nicht auf Kreationisten beschränkt. Aber das müsste man in einer Differenziertheit diskutieren (das ist ja letztendlich ein rezeptionsgeschichtliches Thema, das Aspekte aufweist, die schnell sehr komplex werden), die weder Dich noch mich interessiert.
Mir ging es darum, ob es _strategisch_ günstig ist, so einen Text wie den von Beyer auf der Site der Evolutionsbiologen zu veröffentlichen. Kann sein, dass meine Meinung dort eine Außenseiter-Position ist. Kann sein, dass das nicht thematisiert wurde.
_________________ Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)
Der Christengott ist immens schwach!
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Katatonia ...the quiet cold of late november
Anmeldungsdatum: 05.04.2005 Beiträge: 826
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(#306346) Verfasst am: 19.06.2005, 20:17 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: |
Vor allem hat Craig das Problem nicht gelöst, sondern nur definitorisch überspielt. Wenn ich ihn recht verstehe, sagt er hier doch nichts anderes als: "Gott ist per definitionem das Gute". Und da Gott angeblich einen freien Willen hat, beruht die Moral auf einem Akt der Willkür. Daran rollt sich auch die ganze Theodizee-Problematik auf. |
Das check ich irgendwie grad nicht. Inwiefern wird man dann auf das Theodizee-Problem zurückgeworfen?
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#307214) Verfasst am: 22.06.2005, 12:13 Titel: |
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Hi Katatonia,
Katatonia hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Vor allem hat Craig das Problem nicht gelöst, sondern nur definitorisch überspielt. Wenn ich ihn recht verstehe, sagt er hier doch nichts anderes als: "Gott ist per definitionem das Gute". Und da Gott angeblich einen freien Willen hat, beruht die Moral auf einem Akt der Willkür. Daran rollt sich auch die ganze Theodizee-Problematik auf. |
Das check ich irgendwie grad nicht. Inwiefern wird man dann auf das Theodizee-Problem zurückgeworfen? |
Insofern, als Gott die Möglichkeit hatte, die beste aller möglichen Welten zu erschaffen. Offensichtlich ist er daran kläglich gescheitert. Denk auch an die "Moral" vom "Fressen und Gefressen werden" oder an Überlebensstrategien, wie die des kleinen Leberegels. Ist er vielleicht doch kein guter Gott? Oder ist er am Ende gar nicht allmächtig, allwissend, allgegenwärtig...?
Grüße
Martin
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#307225) Verfasst am: 22.06.2005, 12:37 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Hi Katatonia,
Katatonia hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Vor allem hat Craig das Problem nicht gelöst, sondern nur definitorisch überspielt. Wenn ich ihn recht verstehe, sagt er hier doch nichts anderes als: "Gott ist per definitionem das Gute". Und da Gott angeblich einen freien Willen hat, beruht die Moral auf einem Akt der Willkür. Daran rollt sich auch die ganze Theodizee-Problematik auf. |
Das check ich irgendwie grad nicht. Inwiefern wird man dann auf das Theodizee-Problem zurückgeworfen? |
Insofern, als Gott die Möglichkeit hatte, die beste aller möglichen Welten zu erschaffen. Offensichtlich ist er daran kläglich gescheitert. Denk auch an die "Moral" vom "Fressen und Gefressen werden" oder an Überlebensstrategien, wie die des kleinen Leberegels. Ist er vielleicht doch kein guter Gott? Oder ist er am Ende gar nicht allmächtig, allwissend, allgegenwärtig...? :roll: |
_wenn_ Gott per definitionem das Gute ist, _dann_ leben wir nicht nur in der besten aller möglichen Welten, sondern alles ist 'gut'. Allerdings 'gott-gut' und nicht 'mensch-gut'.
Das ist dann aber nicht das Theodizee-Problem, sondern die Frage, ob wir unsere Begriffe sinnvoll auf Gott anwenden können.
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Der Christengott ist immens schwach!
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Gui deaktiviert / "George"
Anmeldungsdatum: 16.06.2005 Beiträge: 53
Wohnort: NRW
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(#307226) Verfasst am: 22.06.2005, 12:42 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Hi Katatonia,
Katatonia hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Vor allem hat Craig das Problem nicht gelöst, sondern nur definitorisch überspielt. Wenn ich ihn recht verstehe, sagt er hier doch nichts anderes als: "Gott ist per definitionem das Gute". Und da Gott angeblich einen freien Willen hat, beruht die Moral auf einem Akt der Willkür. Daran rollt sich auch die ganze Theodizee-Problematik auf. |
Das check ich irgendwie grad nicht. Inwiefern wird man dann auf das Theodizee-Problem zurückgeworfen? |
Insofern, als Gott die Möglichkeit hatte, die beste aller möglichen Welten zu erschaffen. Offensichtlich ist er daran kläglich gescheitert. Denk auch an die "Moral" vom "Fressen und Gefressen werden" oder an Überlebensstrategien, wie die des kleinen Leberegels. Ist er vielleicht doch kein guter Gott? Oder ist er am Ende gar nicht allmächtig, allwissend, allgegenwärtig...?
Grüße
Martin |
Unsere Umwelt besteht aus Zerstörung und Entstehung bzw geburt von neuem , dabei ist es egal ob wir Pflanzen nehmen, Tiere, Menschen oder ganze Galaxien, das scheint ein Prinzip dieser WElt zu sein. Ob das schlecht ist weiß ich nicht , ich glaube nicht das wir den Sinn dieser Welt erfassen können, ich glaub auch nciht das wir sie verstehen können, das heißt aber nciht das nciht alles doch einen Sinn hat.
Vielleicht ist unsere Welt auch nur eine von unzählbar vielen , wenn wir viele Welten annehmen
und dabei jede denkbare möglichkeit realisiert wird , ist sicher auch ein Universum dabei indem alles wunderschön für uns ist , insofern hält zumindest die viele Weltentheorie die möglichkeit offen das es ein Paradies auf Erden gibt.
_________________ Materialismus , und Rationalismus sind langweilig
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