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Im Gegensatz zum Computer verarbeitet das Gehirn Informationen kontinuierlich
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tati
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Anmeldungsdatum: 16.03.2005
Beiträge: 567

Beitrag(#344398) Verfasst am: 15.09.2005, 12:36    Titel: Antworten mit Zitat

Rene Hartmann hat folgendes geschrieben:
Dass ein neuronales Netz sich selbst programmiert, macht es noch nicht wesentlich verschieden von anderen Berechnungsverfahren.


wesentlich verschieden würde ich auch nicht sagen, aber doch ein paradigmenwechsel.

Rene Hartmann hat folgendes geschrieben:
Es gibt auch Computerprogramme, die sich selbst modifizieren können, allerdings ist gezeigt worden, dass diese den Programmen, die sich nicht selbst modifizieren können, nicht grundsätzlich überlegen sind.


grundsätzlich nicht, aber im konkreten anwendungsfall können konnektionistische systeme den symbolorientierten überlegen sein, wie auch umgekehrt.
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Rene Hartmann
Säkular? Na klar!



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 1404
Wohnort: Rhein-Main

Beitrag(#344541) Verfasst am: 15.09.2005, 18:25    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:


Steckst Du eigentlich in der Materie direkt drin? Ich bin nur ein interessierter Laie und vielleicht rede ich einfach Unsinn, weil ich Grundlegendes nicht verstehe. Ich habe versucht, den Unterschied zwischen einem Algorithmus und einem neuronalen Netz oben zu erklären, ich weiß nicht, ob ich es besser kann. Noch ein Versuch: Ich habe ein Problem und versuche, dieses zu lösen. Jetzt gibt es mehrere Möglichkeiten: a) Ich versuche, das Problem in viele kleinere Teilprobleme zu zerlegen, die ich durch Rechenregeln lösen kann. Zusammengesetzt erhalte ich einen Algorithmus, der mir das Gesamtproblem löst (= Konstruktivismus), b) Ich habe eine große Menge von Eingaben, für die ich die Lösung, die mir das System ausgeben soll, kenne. Ich füttere das System mit diesen Eingaben und sage, welche Ausgabe ich erwarte. Ich trainiere also das System mit dem Ziel, dass das System bei einer neuen, bisher unbekannten Eingabe eine für mich sinnvolle Ausgabe erzeugt (= Konnektionismus).


Es gibt Probleme, die sich nicht analytisch lösen lassen, d.h. wo man die Lösung nicht durch einen schrittweisen Prozess aus dem Problem ableiten kann. "Konventionelle" Computerprogramme sind aber auch für solche Probleme einsetzbar. Ein Beispiel sind Suchverfahren.

(Bin übrigens Informatiker, um deine Frage zu beantworten)

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Rene Hartmann hat folgendes geschrieben:
Dass ein neuronales Netz sich selbst programmiert, macht es noch nicht wesentlich verschieden von anderen Berechnungsverfahren. Es gibt auch Computerprogramme, die sich selbst modifizieren können, allerdings ist gezeigt worden, dass diese den Programmen, die sich nicht selbst modifizieren können, nicht grundsätzlich überlegen sind.

Das ist interessant. Hast Du da nähere Informationen? Ich habe das bisher so verstanden, dass neuronale Netze in bestimmten Bereichen eingesetzt werden, für die es keine gleichwertigen Lösungsmöglichkeiten mit "herkömmlichen Algorithmen" gibt. Stimmt das nicht?


Hängt davon ab, was man unter gleichwertig versteht. Schon denkbar, dass ein neuronales Netz bei bestimmten Aufgabenstellungen schneller ist als andere bekannte Algorithmen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Rene Hartmann hat folgendes geschrieben:

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Rene Hartmann hat folgendes geschrieben:
Darin dürfte auch der Grund liegen, warum Menschen nicht wirklich sagen können, aus welchem Grund sie eine bestimmte Handlung ausgeführt haben. In Wirklichkeit legt sich das Gehirn bei Bedarf nachträglich eine Erklärung für sein eigenes Handeln zurecht.

"In Wirklichkeit"? Sorry, aber diese Schlussfolgerung erscheint mir nun doch etwas gewagt. Diesen Zusammenhang kann ich nicht erkennen. Vielleicht könntest Du noch etwas näher erklären, wie Du darauf kommst.

Das hat sich bei sog. Split-Brain-Experimenten herausgestellt, d.h. bei Menschen, bei denen rechte und linke Gehirnhäfte voneinander getrennt sind (Diese Experimente sind hier im Forum irgendwo schon mal erwähnt worden)

In einem dieser Experimente wude der einen Gehirnhälfte eine Anweisung gegeben, etwas zu tun und dann die andere nach dem Grund gefragt. Diese Gehirnhälfte hat dann ohne Zögern eine Erklärung gegeben, die aber falsch war, weil diese Gehirnhälfte zwar die Handlung mitbekam, aber nichts von der Anweisung an die andere Hälfte wusste.

Ja, ich kenne solche Experimente. Die sind interessant, ohne Frage; aber genau genommen bedeuten sie nur, dass es möglich ist, das Gehirn zu beeinflussen. Daraus zu schließen, dass alles Handeln fremdgesteuert ist, geht aber mE zu weit, das ist aus meiner Sicht eine unzulässige Interpretation.


Wo habe ich etwas von Fremdsteuerung geschrieben? Das ist eine ganz andere Thematik. Ich habe nur geschrieben, dass das Gehirn nicht weiß, wie es zu einer Entscheidung gekommen ist und daher eine Erklärung nachträglich generiert.
_________________
"Es kommt darauf an, zur Gruppe der Individualisten zu gehören"
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Wygotsky
registrierter User



Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#344571) Verfasst am: 15.09.2005, 19:33    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wygotsky hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Genau das wollte ich eigentlich ausdrücken: Es gibt nicht unbedingt einen Algorithmus, der die Berechnungen des neuronalen Netzes ersetzen kann. Die Frage wäre interessant, ob man jedes künstliche neuronale Netz durch einen herkömmlichen Algorithmus ersetzen könnte. Ich nehme an, dass man diese Frage heutzutage nicht beantworten kann.

Das neuronale Netz ist ja ein Stück Software, das auf einem herkömmlichen Digitalcomputer läuft. Diese Software berechnet das Verhalten des neuronalen Netzes vollständig, indem sie einfache Algorithmen sequentiell abarbeitet.

Nein, so kann man das mE nicht ausdrücken.

Was ich da geschrieben habe, ist meiner Meinung nach schon zutreffend ausgedrückt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Für das, was ein neuronales Netz leistet, gibt es (nicht unbedingt) einen direkten Algorithmus, der das Problem (z.B. Mustererkennung) direkt löst. Es gibt natürlich einen Algorithmus, um das neuronale Netz aufzubauen und es gibt Algorithmen, die das Lernen des Netzes steuern und dieses Lernen optimieren, aber die Problemlösung selber kann nicht mehr in Algorithmen gefasst werden.

Man könnte das ganze Problem Mustererkennung als Problem sehen, und die implementierung des neuronalen Netzes als Algorithmus, der diese Klasse von Problemen lösen kann. Ob da nun Gesichter oder Fingerabdrücke oder was weiß ich erkannt werden sollen, kann man als zweitrangig ansehen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Man weiß auch nicht genau, (wenn ich das richtig verstehe), ob das neuronale Netz nach der Lernphase optimal funktioniert oder ob es durch eine andere Lernsequenz bessere Lösungen liefern würde.

In der Tat, das weiß man nicht. Allerdings ist das keine Spezialität des Gehirns oder neuronaler Netze. Es gibt viele Algorithmen, bei denen man nicht weiß, ob sie optimale Ergebnisse liefern. Ich habe noch als Schüler - lang, lang ist's her - einmal eine Aufgabe aus dem Bundeswettbewerb Informatik mit so einem Algorithmus gelöst. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich von neuronalen Netzen noch nie etwas gehört.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Das bedeutet aber natürlich nicht, dass die Vorgänge im künstlichen neuronale Netz nicht deterministisch ablaufen. Das neuronale Netz berechnet bei bestimmten Eingaben ein bestimmtes Ergebnis. Man kann also das Ergebnis berechnen, indem man das neuronalen Netz einfach rechnen lässt; die Frage (für mich) ist aber, ob es prinzipiell möglich wäre, die Berechnung ebenso direkt durch Algorithmen (und nicht über den Umweg des neuronalen Netzes) durchzuführen.

Du meinst durch andere Algorithmen, als diejenigen, die das neuronale Netz simulieren? Sokrater hat oben erklärt, dass es eine Vielzahl von Verfahren gibt, die das Problem der Clusterbildung lösen können, und manche von denen offenbar ökonomischer als neuronale Netze. Die Frage ist, was du als gleichwertige Lösung gelten lässt. Die Erkennung eines Musters? Dann gibt es andere Algorithmen. Oder etwas, dass genau den selben Output auf einer Ausgabeschicht liefert, wie das neuronale Netz? Das erschiene mir wiedersinnig, denn dann würdest du ja praktisch fordern, dass der Algorithmus Information verarbeiten soll wie ein neuronales Netz ohne ein neuronales Netz zu simulieren.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ja, das hört sich tatsächlich sehr interessant an. Leider ist es von 1996, also schon etwas älter. Etwas aktuelleres würde mich noch mehr interessieren.

Ich glaube, dass es immer noch sehr gut geeignet ist, um als Nicht-Spezialist Einblick in die Grundlagen zu bekommen. Außerdem hat es den Vorteil, nur geringe Mathematik-Kenntnisse vorauszusetzen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich habe eine große Menge von Eingaben, für die ich die Lösung, die mir das System ausgeben soll, kenne. Ich füttere das System mit diesen Eingaben und sage, welche Ausgabe ich erwarte. Ich trainiere also das System mit dem Ziel, dass das System bei einer neuen, bisher unbekannten Eingabe eine für mich sinnvolle Ausgabe erzeugt (= Konnektionismus).

Einem Kohonen-Netz musst du nicht mal sagen, welche sinnvolle Ausgabe es erzeugen soll. Du lieferst die Eingaben, und das Netz beginnt Cluster zu bilden. Lieferst du Gesichter, bildet es Cluster für die verschiedenen Gesichter. Lieferst du Buchstaben, bildet es Cluster für Buchstaben. Lieferst du Gerüche, bildet es Cluster für Gerüche. Und zwar völlig alleine, ohne das du dem Netz sagen musst, ob es richtig oder falsch arbeitet. Find ich immer noch ziemlich beeindruckend, das so was klappt.
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tati
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Anmeldungsdatum: 16.03.2005
Beiträge: 567

Beitrag(#344822) Verfasst am: 16.09.2005, 11:03    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Die Evolution musste mit dem arbeiten, was da ist, aber es ist nicht einzusehen, warum wir dieses wirre Modell nachbauen sollten.


gründe, weshalb wir genau das tun sollten, stehen zum beispiel hier
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AgentProvocateur
registrierter User



Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#344895) Verfasst am: 16.09.2005, 13:46    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Das neuronale Netz ist ja ein Stück Software, das auf einem herkömmlichen Digitalcomputer läuft. Diese Software berechnet das Verhalten des neuronalen Netzes vollständig, indem sie einfache Algorithmen sequentiell abarbeitet.

Nein, so kann man das mE nicht ausdrücken.

Was ich da geschrieben habe, ist meiner Meinung nach schon zutreffend ausgedrückt.

Ich habe einen interessanten Link gefunden, der sich genau mit diesem Thema beschäftigt. Es handelt sich um das Buch
»Neuronale Netze und Subjektivität. Lernen, Bedeutung und die Grenzen der Neuro-Informatik«
erschienen 1995 in der Reihe »Theorie der Informatik« im Vieweg-Verlag - Autor/innen: Anita Lenz und Stefan Meretz.
Das Buch ist nicht mehr erhältlich, aber online zum größten Teil hier nachzulesen.

Das Buch beschäftigt sich mit den Möglichkeiten und Grenzen neuronaler Netze. Ich muss nach der Lektüre zugeben, dass ich die Möglichkeiten von künstlichen neuronalen Netzen weit überschätzt habe. Ihr hattet also Recht: ein neuronales Netz ist letztendlich ein normales Stück Software, das lediglich deterministische Berechnungen durchführt.

Was irreführend ist (und weshalb ich wohl auch zu meiner falschen Einschätzung gekommen bin), sind die Begriffe "lernen", "selbstorganisierend" und eigentlich der Begriff "neuronales Netz" selber. Alle diese Begriffe suggerieren eine Nähe dieses Stücks Software zum menschlichen Gehirn und dessen Arbeitsweise, die jedoch gar nicht gegeben ist. (Die Autoren schlagen zum Beispiel deswegen vor, anstatt vom "Lernen" des neuronalen Netzes von "Approximation" zu sprechen.)
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Sokrateer
souverän



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Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#344917) Verfasst am: 16.09.2005, 15:07    Titel: Antworten mit Zitat

tati hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Die Evolution musste mit dem arbeiten, was da ist, aber es ist nicht einzusehen, warum wir dieses wirre Modell nachbauen sollten.


gründe, weshalb wir genau das tun sollten, stehen zum beispiel hier

Ich frage mich, wie die ein Gehirn auf molekularer Ebene simulieren wollen, wo doch noch nicht einmal bekannt ist, wie das Gehirn genau funktioniert.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Was irreführend ist (und weshalb ich wohl auch zu meiner falschen Einschätzung gekommen bin), sind die Begriffe "lernen", "selbstorganisierend" und eigentlich der Begriff "neuronales Netz" selber. Alle diese Begriffe suggerieren eine Nähe dieses Stücks Software zum menschlichen Gehirn und dessen Arbeitsweise, die jedoch gar nicht gegeben ist. (Die Autoren schlagen zum Beispiel deswegen vor, anstatt vom "Lernen" des neuronalen Netzes von "Approximation" zu sprechen.)

Das pendelt mir wiederum zu stark in die andere Richtung aus. KNNs sind IMHO sehr wohl lernfähig. Und die Nähe zu natürlichen NNs ist auch klar. Als einfachstes Beispiel kann man da die Netzhaut hernehmen, die sehr gut erforscht ist.
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tati
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Anmeldungsdatum: 16.03.2005
Beiträge: 567

Beitrag(#344941) Verfasst am: 16.09.2005, 16:06    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
tati hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Die Evolution musste mit dem arbeiten, was da ist, aber es ist nicht einzusehen, warum wir dieses wirre Modell nachbauen sollten.


gründe, weshalb wir genau das tun sollten, stehen zum beispiel hier

Ich frage mich, wie die ein Gehirn auf molekularer Ebene simulieren wollen, wo doch noch nicht einmal bekannt ist, wie das Gehirn genau funktioniert.


Henry Markram hat folgendes geschrieben:
but if one listens to the skeptics, nothing will get done
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AgentProvocateur
registrierter User



Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#344974) Verfasst am: 16.09.2005, 17:09    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Was irreführend ist (und weshalb ich wohl auch zu meiner falschen Einschätzung gekommen bin), sind die Begriffe "lernen", "selbstorganisierend" und eigentlich der Begriff "neuronales Netz" selber. Alle diese Begriffe suggerieren eine Nähe dieses Stücks Software zum menschlichen Gehirn und dessen Arbeitsweise, die jedoch gar nicht gegeben ist. (Die Autoren schlagen zum Beispiel deswegen vor, anstatt vom "Lernen" des neuronalen Netzes von "Approximation" zu sprechen.)

Das pendelt mir wiederum zu stark in die andere Richtung aus. KNNs sind IMHO sehr wohl lernfähig.

Das kommt auf die Definition von "Lernen" an. Diese wird im oben angegebenen Buch ausgiebig diskutiert und die verschiedenen Formen des Lernens ebenso. "Lernfähig" hört sich zu sehr nach "eigenem" Handeln des Netzes an und ist deshalb mE sehr missverständlich. Der Begriff "Konditionierung" wäre deshalb zum Beispiel besser geeignet.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Und die Nähe zu natürlichen NNs ist auch klar. Als einfachstes Beispiel kann man da die Netzhaut hernehmen, die sehr gut erforscht ist.

Künstliche NNs sind von natürlichen NNs inspiriert, soweit klar, aber die Arbeitsweise von künstlichen und natürlichen NNs ist doch wohl unterschiedlich (wenn ich das jetzt richtig verstanden habe).
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Sokrateer
souverän



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Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#345032) Verfasst am: 16.09.2005, 19:28    Titel: Antworten mit Zitat

tati hat folgendes geschrieben:
Henry Markram hat folgendes geschrieben:
but if one listens to the skeptics, nothing will get done

Lachen Das ist der Paradespruch des verrückten Wissenschaftlers.
Ich will ihn ja nicht davon abhalten und wenn dieses Team IBM dazu gebracht hat, soviel Kohle springen zu lassen, dann ist das fein. Aber es wäre nicht das erste Mal, dass so ein Durchbruchsprojekt angekündigt wird und dann langfristig im Sande verläuft. Siehe Cyc. Die wollten sämtliches Alltagswissen in einer Datenbank speichern. Naja, das war in den 80ern und sie arbeiten immer noch.

In letzter Zeit sind viele zur Vermutung gekommen, dass die Gliazellen, die 90% des ZNS ausmachen wesentlich wichtiger sind, als zuerst gedacht. Man hielt sie bisher für Bindegewebe, das nur dazu ist die Nervenzellen zu fixieren und Nährstoffe zu transportieren. Wenn diese Zellen tatsächlich eine aktive Rolle haben, dann darf man eigentlich nicht mehr von einem neuronalen Netz sprechen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Was irreführend ist (und weshalb ich wohl auch zu meiner falschen Einschätzung gekommen bin), sind die Begriffe "lernen", "selbstorganisierend" und eigentlich der Begriff "neuronales Netz" selber. Alle diese Begriffe suggerieren eine Nähe dieses Stücks Software zum menschlichen Gehirn und dessen Arbeitsweise, die jedoch gar nicht gegeben ist. (Die Autoren schlagen zum Beispiel deswegen vor, anstatt vom "Lernen" des neuronalen Netzes von "Approximation" zu sprechen.)

Das pendelt mir wiederum zu stark in die andere Richtung aus. KNNs sind IMHO sehr wohl lernfähig.

Das kommt auf die Definition von "Lernen" an. Diese wird im oben angegebenen Buch ausgiebig diskutiert und die verschiedenen Formen des Lernens ebenso. "Lernfähig" hört sich zu sehr nach "eigenem" Handeln des Netzes an und ist deshalb mE sehr missverständlich. Der Begriff "Konditionierung" wäre deshalb zum Beispiel besser geeignet.

Da wird es dann eher philosophisch. Für den Behavioursisten ist alles Konditionierung. Wenn du von eigenem Handeln ausgehst, dann zählt das, was Kinder in der Schule machen, wohl zu 95% nicht als Lernen.

Für mich hat ein Programm dann etwas gelernt, wenn es eine Fähigkeit erworben hat, die nicht vom Entwickler eingebaut wurde.

Deep Fritz ist mW momentan das beste Schachprogramm. Es verwendet übrigens eine gute Mischung aus symbolischer AI und neuronalen Netzen. Diese Schachprogramme arbeiten nicht mehr ein paar Sture Regeln ab, sondern lernen Schach anhand von unzähligen Partien, so wie Schachspieler das auch tun. Das zähle ich als Lernen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Und die Nähe zu natürlichen NNs ist auch klar. Als einfachstes Beispiel kann man da die Netzhaut hernehmen, die sehr gut erforscht ist.

Künstliche NNs sind von natürlichen NNs inspiriert, soweit klar, aber die Arbeitsweise von künstlichen und natürlichen NNs ist doch wohl unterschiedlich (wenn ich das jetzt richtig verstanden habe).

Sicher, denn man weiß ja noch nicht einmal wie natürliche funktionieren...
Aber die Netzhaut ist wie gesagt erforscht. Sie verfügt über ein paar Schichten zur Vorverarbeitung des Bildes. Ihre Funktion kann man leicht mit einem KNN nachbilden, was aber sinnlos wäre, da man das gleiche mit guten alten Algorithemen zur Bildverarbeitung erledigen kann.
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Wygotsky
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Beitrag(#345054) Verfasst am: 16.09.2005, 20:07    Titel: Antworten mit Zitat

Vor ein paar Jahren las ich einmal etwas über ein künstliches Netzhautmodell. Das hatten Forscher entwickelt, um ihre Theorien über die Funktionsweise der Netzhaut zu testen. Wenn die Ergebnisse der künstlichen Netzhaut mit echten Netzhautbilder übereinstimmten, und z.B. auch bestimmte optische Täuschungen bei der künstlichen Netzhaut auftraten, sahen sie das als Anzeichen, dass ihre Theorien schon ziemlich gut erklären, wie eine Netzhaut arbeitet.

Ich hörte einmal, dass man mit KNNs auch Theorien über die Entstehung von Phantomschmerzen testen konnte.
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kolja
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Beitrag(#345175) Verfasst am: 17.09.2005, 00:56    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Ich hörte einmal, dass man mit KNNs auch Theorien über die Entstehung von Phantomschmerzen testen konnte.

Kannst du dazu mehr erzählen?
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Wygotsky
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Beitrag(#345552) Verfasst am: 18.09.2005, 13:00    Titel: Antworten mit Zitat

Grob gesagt, läuft es darauf hinaus, dass die Amputation eines Körperteils an einem Kohonen-Netz dadurch simuliert wird, dass ein Teil der Eingabeschicht gelöscht wird. Die Cluster, die "das amputierte Körperteil" repräsentieren, machen zunächst nichts. Das Netz reorganisiert sich aber, und zwar unter Bestimmten Umständen derart, dass Neuronen, die zuvor das amputierte Glied repräsentiert haben, durch andere Eingangssignale mitaktiviert werden. Man kann anhand dieses Modells offenbar erklären, warum Querschnittsgelähmte im Gegensatz zu amputierten keine Phantomschmerzen haben. Rauschen spielt dabei eine Rolle. Bei Amputierten kommt im Gehirn noch Rauschen an, weil die Nervenbahn bis zum amputierten Glied intakt ist. Das Rauschen begünstigt anscheinend die Reorganisation des Netzes. Ich erinnere mich nicht mehr genau, wie der Zusammenhang war. Ich glaube, es hat damit zu tun, dass die Synapsengewichte zwischen Neuronen, die gemeinsam feuern, verstärkt werden. Und dass käme statistisch häufiger vor, wenn der Input des amuptierten Körperteils verrauscht ist. Beim Querschnittsgelähmten kommt dagegen nichts mehr an. Darum "lernen" die entsprechenden Neuronen auch nicht, bei ganz anders gearteten Reizen mitzufeuern. Besonders traumatische Amputationen (etwa bei Unfällen) führen zu stärkeren Phantomschmerzen als solche unter Narkose oder lokaler Betäubung. Anscheinend verursacht das Trauma der Amputation starkes Inputrauschen, d.h. die abgerissenen Nerven senden unkontrollierte Signale ans Hirn. Auch andere Aspekte des Phantomschmerzes lassen sich mit neuronalen Netzen erklären. Bei vielen Patienten verkürzen sich die Phantomglieder. Der amputierte Arm wird noch gespürt, aber er ist nach Jahren nur noch so groß wie ein Finger, der unmittelbar an der Schulter ansetzt. Das passt dazu, dass die Aerale in simulierten Netzen, die Phantomglieder repräsentieren, schrumpfen. Viele Patienten klagen über "referred sensations", z.B. werden Tastreize zugleich auf dem Phantomglied gespürt. Das passt dazu, dass die Neuronen amputierter Glieder in simulierten Netzen zunehmend von Neuronen benachbarter Glieder mitaktiviert werden.

Genauer krieg ich's nicht mehr zusammen.
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kolja
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Anmeldungsdatum: 02.12.2004
Beiträge: 16631
Wohnort: NRW

Beitrag(#347192) Verfasst am: 21.09.2005, 19:16    Titel: Antworten mit Zitat

Danke!
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