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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#355132) Verfasst am: 07.10.2005, 18:38 Titel: |
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venicius hat folgendes geschrieben: | Bei allen Überlegungen ist doch zu berücksichtigen, wie ein freier Wille entsteht. Was veranlasst mich dazu etwas zu wollen? Gut, ich will vor dem Löwen davonlaufen. Aber warum? Weil ich nicht sterben will, ist doch logisch. Aber das ganze doch nur wegen meines Selbsterhaltungstriebes. Oder aber aus Angst, also einer Emotion, die auf mein Verhalten einwirkt und den Willen beeinflusst, oder lenkt. Ich laufe also nicht weg, weil ich es will, sondern weil ich es muss. Da kann man doch nicht von freiem Willen sprechen. |
Mir geht es hier ja zunächst einmal darum, was das für eine Freiheit sein soll, von der im Zusammenhang mit Willensfreiheit die Rede ist. Georges Posting unternahm in gewisser Hinsicht den Versuch, endlich einmal die Frage zu beantworten, wovon der freie Wille frei sein soll. Mir scheint, ich habe zumindest einen Teil seines Postings begriffen. (Sehe allerdings bislang keinerlei Widerspruch zu meinem Weltbild.)
venicius hat folgendes geschrieben: | Wenn man nun stehen bleiben will, und nicht davonlaufen. Dann muss es auch dafür eine Motivation geben. Natürlich kann man Emotionen kontrollieren, aber doch immer mit einer Absicht. Und siese entsteht m. E. aus der Sozialisation. |
Darauf würde ich mich nicht beschränken wollen. Ich habe zum Beispiel Motivationen, die meiner Sozialisation zuwider laufen. Und es ist mir völlig schleierhaft, woher ich die habe.
venicius hat folgendes geschrieben: | Wenn man den freien Willen erforschen will, sollte man anfangen bei weitgehend unbeeinflussten Säuglingen. |
Warum dann nicht auch bei Tieren?
venicius hat folgendes geschrieben: | Warum WILL man etwas? Hat irgendjemand ein Beispiel, bei dem der Wille nur aus sich selbst heraus entsteht? |
Habe ich nicht. Allerdings kann ich bei einigen meiner wichtigsten Wünsche nicht begründen, warum ich sei habe. Mein Wollen ist für mich eine Black Box.
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Mario Hahna aktiviert
Anmeldungsdatum: 04.04.2005 Beiträge: 9607
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(#355174) Verfasst am: 07.10.2005, 20:14 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Thao hat folgendes geschrieben: | Ein freier Wille sind Entscheidungen, die ein Mensch durch einen von ihm gesteuerten Abwägevorgang trifft, ohne dass das Ergebnis dieses Abwägevorgangs schon vor dem Beginn desselben feststeht. |
Wie will man das denn überprüfen?
Ich meine, zur Vorhersage der Zukunft hat man doch sowieso immer nur Modelle. Und diese sind, wie ja schon gesagt, menschliche Konstrukte. |
Es gibt keinen einfachen Weg dies zu überprüfen. Ich bin kein Neurologe und kann auch keine Vorschläge machen.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Thao hat folgendes geschrieben: | Dem Konzept eines freien Willens nach gibt es zwar äußere Einflüsse, die unsere Entscheidungen mitbeeinflussen, es wird aber behauptet, dass der Mensch in bestimmten Situationen die Letztentscheidung selbst treffen kann, dass er also eine echte Wahl hat (sich also auch gegen äußere Einflüsse entscheiden kann). |
Schon da stellen sich natürlich einige Fragen:
- Was meint "Der Mensch kann die Letztentscheidung selber treffen"? Welcher Teil des Menschen trifft sie denn?
- Was sind "äußere Einflüsse" und wie unterscheiden sie sich von "inneren Einflüssen"? Wo zieht man da eine Grenze? |
Welcher Teil die Entscheidung trifft, ist letztlich für das Konzept des freien Willens unwichtig. Wichtig ist nur, dass die Entscheidung autonom vom Menschen getroffen wird.
Äußere Einflüsse sind ganz trivial zu bestimmen, es sind letztlich alle Einflüsse. Innere Einflüsse in diesem Sinne gibt es nach diesem Konzept nicht. Es gibt lediglich einen vom Menschen selbst gesteuerten Abwägevorgang, der keinen absoluten Gesetzlichkeiten gehorcht.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Thao hat folgendes geschrieben: | Gäbe es diesen freien Willen, so könnte man diesen nicht einfach "erkennen". |
Sieht fast so aus. Offenbar kann man ihn noch nicht einmal wirklich definieren bzw. umreißen. Wie will man ihn da "erkennen"? |
Ich denke schon dass der freie Wille definierbar ist.
Letztlich ist es unwichtig, ob es einen freien Willen gibt (für mich ist die Annahme eher unplausibel). Freier Wille ist kulturelle Realität. Eine Gesellschaft, die diese Vorstellung aufgibt, hätte mit einigen ernsten Problemen zu kämpfen.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
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(#355188) Verfasst am: 07.10.2005, 20:34 Titel: |
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Thao hat folgendes geschrieben: | Welcher Teil die Entscheidung trifft, ist letztlich für das Konzept des freien Willens unwichtig. Wichtig ist nur, dass die Entscheidung autonom vom Menschen getroffen wird. |
Nein, das ist mitnichten unwichtig, weil mir nicht ganz klar ist, was du mit "autonom vom Menschen" meinst.
Nehmen wir 'mal an, das Gehirn trifft diese Entscheidung anhand der ihm zur Verfügung stehenden Informationen und seiner individuellen Art zu denken. Wurde sie dann "autonom vom Menschen" getroffen?
Thao hat folgendes geschrieben: | Äußere Einflüsse sind ganz trivial zu bestimmen, es sind letztlich alle Einflüsse. Innere Einflüsse in diesem Sinne gibt es nach diesem Konzept nicht. Es gibt lediglich einen vom Menschen selbst gesteuerten Abwägevorgang, der keinen absoluten Gesetzlichkeiten gehorcht. |
Aha. Demnach wäre also eine freie Entscheidung eine Entscheidung, die ohne Einflüsse getroffen wird.
Stellt sich für mich die Frage: welcher Teil eines Menschen ist "ohne Einflüsse"?
(Und ja: diese Frage ist von Belang.)
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Mario Hahna aktiviert
Anmeldungsdatum: 04.04.2005 Beiträge: 9607
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(#355245) Verfasst am: 07.10.2005, 22:09 Titel: |
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Nein, Einflüsse gibt es immer. Die autonome Entscheidung ist eine Entscheidung, die getroffen wird, ohne dass der Mensch sich dabei durch die immer gegebenen Einflüsse nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten beeinflussen läßt.
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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#355247) Verfasst am: 07.10.2005, 22:14 Titel: |
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Thao hat folgendes geschrieben: | Ich denke schon dass der freie Wille definierbar ist. |
Zumindest kenne ich noch keine Definition, die ich begreifen kann. Insofern ist, was mich betrifft, der freie Wille bis auf weiteres undefinierbar.
Thao hat folgendes geschrieben: | Letztlich ist es unwichtig, ob es einen freien Willen gibt (für mich ist die Annahme eher unplausibel). Freier Wille ist kulturelle Realität. Eine Gesellschaft, die diese Vorstellung aufgibt, hätte mit einigen ernsten Problemen zu kämpfen. |
Auch das wird immer wieder behauptet, ohne dass ich dafür einen Anhaltspunkt sehe.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
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(#355270) Verfasst am: 07.10.2005, 23:10 Titel: |
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Thao hat folgendes geschrieben: | Nein, Einflüsse gibt es immer. Die autonome Entscheidung ist eine Entscheidung, die getroffen wird, ohne dass der Mensch sich dabei durch die immer gegebenen Einflüsse nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten beeinflussen läßt. |
Aha. Eine freie Entscheidung ist also, wenn man von Einflüssen nicht beeinflusst wird.
Wie wird man denn von Einflüssen nicht beeinflusst? Das musst du mir jetzt 'mal erklären...
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Wolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.08.2004 Beiträge: 16610
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(#355271) Verfasst am: 07.10.2005, 23:14 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Thao hat folgendes geschrieben: | Nein, Einflüsse gibt es immer. Die autonome Entscheidung ist eine Entscheidung, die getroffen wird, ohne dass der Mensch sich dabei durch die immer gegebenen Einflüsse nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten beeinflussen läßt. |
Aha. Eine freie Entscheidung ist also, wenn man von Einflüssen nicht beeinflusst wird.
Wie wird man denn von Einflüssen nicht beeinflusst? Das musst du mir jetzt 'mal erklären...  |
_________________ Trish:(
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Mario Hahna aktiviert
Anmeldungsdatum: 04.04.2005 Beiträge: 9607
Wohnort: München
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(#355287) Verfasst am: 07.10.2005, 23:41 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Thao hat folgendes geschrieben: | Nein, Einflüsse gibt es immer. Die autonome Entscheidung ist eine Entscheidung, die getroffen wird, ohne dass der Mensch sich dabei durch die immer gegebenen Einflüsse nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten beeinflussen läßt. |
Aha. Eine freie Entscheidung ist also, wenn man von Einflüssen nicht beeinflusst wird. |
Nein. Du bist polemisch.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Wie wird man denn von Einflüssen nicht beeinflusst? Das musst du mir jetzt 'mal erklären...  |
Das wurde schon erklärt. Es geht darum, dass, unterstellt man dass es einen freien Willen gibt, der Mensch sich auch trotz Einflüssen auch gegen diese Entscheiden kann. Es wird quasi unterstellt, dass das Ergebnis der Entscheidung niemals aufgrund der Kenntnis aller Einflüsse vohersagbar wäre.
Ein Beispiel: Einflüsse reduzieren unter Umständen unsere Entscheidungsspielräume, gibt es freien Willen so verbleibt aber eben noch ein Spielraum.
Zuletzt bearbeitet von Mario Hahna am 07.10.2005, 23:46, insgesamt einmal bearbeitet |
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Mario Hahna aktiviert
Anmeldungsdatum: 04.04.2005 Beiträge: 9607
Wohnort: München
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(#355288) Verfasst am: 07.10.2005, 23:43 Titel: |
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Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Thao hat folgendes geschrieben: | Letztlich ist es unwichtig, ob es einen freien Willen gibt (für mich ist die Annahme eher unplausibel). Freier Wille ist kulturelle Realität. Eine Gesellschaft, die diese Vorstellung aufgibt, hätte mit einigen ernsten Problemen zu kämpfen. |
Auch das wird immer wieder behauptet, ohne dass ich dafür einen Anhaltspunkt sehe. |
Nur ein Beispiel. Wir leben mit der Vorstellung von Verantwortung und Schuld. Verantwortung und Schuld sind ohne das Konstrukt eines freien Willens aber nicht erklärbar.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
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(#355294) Verfasst am: 08.10.2005, 00:07 Titel: |
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Thao hat folgendes geschrieben: | Nein. |
Das war das, was du in meinen Augen zu sagen schienst.
Wenn du etwas anderes meintest, erkläre es mir.
Thao hat folgendes geschrieben: | Du bist polemisch. |
Keine Ahnung. Bin ich das? Kann schon sein, aber dafür drücke ich mich wenigstens klar aus...
Thao hat folgendes geschrieben: | Es geht darum, dass, unterstellt man dass es einen freien Willen gibt, der Mensch sich auch trotz Einflüssen auch gegen diese entscheiden kann. |
Aufgrund welcher Basis?
Thao hat folgendes geschrieben: | Es wird quasi unterstellt, dass das Ergebnis der Entscheidung niemals aufgrund der Kenntnis aller Einflüsse vohersagbar wäre. |
Sicher ist das Verhalten einer Person 'vorhersagbar'. Ob man dann mit den Vorhersagen Recht behält, ist natürlich eine andere Frage.
Aber das ist auch überall sonst der Fall, nicht nur beim Menschen und seinem Verhalten...
Thao hat folgendes geschrieben: | Wir leben mit der Vorstellung von Verantwortung und Schuld. Verantwortung und Schuld sind ohne das Konstrukt eines freien Willens aber nicht erklärbar. |
Die Vorstellung von Verantwortung und Schuld (d.h. ihr Zustandekommen) ist jedoch allerdings ohne das Konstrukt eines freien Willens erklärbar.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#355410) Verfasst am: 08.10.2005, 10:23 Titel: |
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Thao hat folgendes geschrieben: | Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Thao hat folgendes geschrieben: | Letztlich ist es unwichtig, ob es einen freien Willen gibt (für mich ist die Annahme eher unplausibel). Freier Wille ist kulturelle Realität. Eine Gesellschaft, die diese Vorstellung aufgibt, hätte mit einigen ernsten Problemen zu kämpfen. |
Auch das wird immer wieder behauptet, ohne dass ich dafür einen Anhaltspunkt sehe. |
Nur ein Beispiel. Wir leben mit der Vorstellung von Verantwortung und Schuld. Verantwortung und Schuld sind ohne das Konstrukt eines freien Willens aber nicht erklärbar. |
Es wurde in diesem und ähnlichen threads aber bereits gezeigt, daß Verantwortung auch ohne FW definierbar ist. Selbst den Begriff "Schuld" könnte man retten - etwa im Sinne von "Verpflichtung zur Wiedergutmachung" oder "Vertrauensverlust" - auch wenn ich persönlich diesen Begriff als mißverständlich eher vermeiden würde.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Mario Hahna aktiviert
Anmeldungsdatum: 04.04.2005 Beiträge: 9607
Wohnort: München
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(#355448) Verfasst am: 08.10.2005, 12:01 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Thao hat folgendes geschrieben: | Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Thao hat folgendes geschrieben: | Letztlich ist es unwichtig, ob es einen freien Willen gibt (für mich ist die Annahme eher unplausibel). Freier Wille ist kulturelle Realität. Eine Gesellschaft, die diese Vorstellung aufgibt, hätte mit einigen ernsten Problemen zu kämpfen. |
Auch das wird immer wieder behauptet, ohne dass ich dafür einen Anhaltspunkt sehe. |
Nur ein Beispiel. Wir leben mit der Vorstellung von Verantwortung und Schuld. Verantwortung und Schuld sind ohne das Konstrukt eines freien Willens aber nicht erklärbar. |
Es wurde in diesem und ähnlichen threads aber bereits gezeigt, daß Verantwortung auch ohne FW definierbar ist. Selbst den Begriff "Schuld" könnte man retten - etwa im Sinne von "Verpflichtung zur Wiedergutmachung" oder "Vertrauensverlust" - auch wenn ich persönlich diesen Begriff als mißverständlich eher vermeiden würde. |
Nein, dass wurde nicht gezeigt. Die Begriffe werden einfach umgedeutet
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Mario Hahna aktiviert
Anmeldungsdatum: 04.04.2005 Beiträge: 9607
Wohnort: München
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(#355450) Verfasst am: 08.10.2005, 12:03 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Sicher ist das Verhalten einer Person 'vorhersagbar'. Ob man dann mit den Vorhersagen Recht behält, ist natürlich eine andere Frage.
Aber das ist auch überall sonst der Fall, nicht nur beim Menschen und seinem Verhalten...
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Siehst du, dass ist zB der Grund warum du nervst. Du willst klugscheißern und nicht diskutieren. Diese "andere Frage", um die geht es natürlich. Na ja, war ein Versuch aber deine Wortklaubereien sind einfach zu enervierend (und offenbar hast du nicht einmal verstanden, was mit Gesetzmäßigkeit gemeint war).
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#355452) Verfasst am: 08.10.2005, 12:12 Titel: |
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Thao hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Thao hat folgendes geschrieben: | Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Thao hat folgendes geschrieben: | Letztlich ist es unwichtig, ob es einen freien Willen gibt (für mich ist die Annahme eher unplausibel). Freier Wille ist kulturelle Realität. Eine Gesellschaft, die diese Vorstellung aufgibt, hätte mit einigen ernsten Problemen zu kämpfen. |
Auch das wird immer wieder behauptet, ohne dass ich dafür einen Anhaltspunkt sehe. |
Nur ein Beispiel. Wir leben mit der Vorstellung von Verantwortung und Schuld. Verantwortung und Schuld sind ohne das Konstrukt eines freien Willens aber nicht erklärbar. |
Es wurde in diesem und ähnlichen threads aber bereits gezeigt, daß Verantwortung auch ohne FW definierbar ist. Selbst den Begriff "Schuld" könnte man retten - etwa im Sinne von "Verpflichtung zur Wiedergutmachung" oder "Vertrauensverlust" - auch wenn ich persönlich diesen Begriff als mißverständlich eher vermeiden würde. |
Nein, dass wurde nicht gezeigt. Die Begriffe werden einfach umgedeutet  |
Bei "Schuld" würde ich Dir da - wie ich ja oben schon schrieb - mglw. rechtgeben. Bei "Verantwortung" dagegen sehe ich es anders:
wikipedia hat folgendes geschrieben: | Verantwortung ist die Folgen zu tragen für eigene oder fremde Handlungen. Eine Verantwortung zieht immer eine Verantwortlichkeit nach sich, d. h. dafür Sorge zu tragen, dass der Verantwortungsbereich einen möglichst guten Verlauf nimmt. |
sowie
wikipedia hat folgendes geschrieben: | [Die Verantwortung] stellt das menschliche Handeln in kausale Zusammenhänge. Diese sind z. B. temporaler, sozialer oder religiöser Natur. Innerhalb eines Verantwortungsbereiches folgen aus dem Handeln Konsequenzen in Gestalt von Erfolg, Misserfolg, Glück oder Schuld. Verantwortung ist außerdem etwas Begleitendes (man spricht vom Verantwortungsgefühl), sowie etwas Vorauslaufendes. Wer sich mit einer Aufgabe betrauen lässt, übernimmt die Verantwortung. Verantwortung ist eine positiv bewertete Größe. Wer dagegen verantwortungslos handelt, schadet seiner Umgebung, Gemeinschaft, Umwelt oder Zukunft bzw. bringt diese sogar in Gefahr. Wer Verantwortung hat, sollte sich dessen aber auch bewusst sein, da andere Menschen davon positiv und negativ beeinflusst werden. |
Nur in einem Satz wird auf die umstrittene engere Bedeutung ("direkte Verantwortlichkeit") hingewiesen, die mit dem Schuldbegriff korreliert:
wikipedia hat folgendes geschrieben: | Die Frage ob ein Mensch überhaupt eine direkte Verantwortlichkeit für sein Handeln besitzt ist zudem auch mit dem Freien Willen, dem Determinismus und der Prädestination verknüpft. |
Selbst wenn man also eine direkte Verantwortlichkeit im Sinne einer Schuld bestreitet, so kann man doch sehrwohl die weiter oben genannten Aspekte ernstnehmen. Insbesondere das Zuweisen oder Übernehmen von Verantwortung innerhalb einer realen Gesellschaft ist also offensichtlich unabhängig vom Glauben an den FW.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
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(#355460) Verfasst am: 08.10.2005, 12:23 Titel: |
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Thao hat folgendes geschrieben: | Diese "andere Frage", um die geht es natürlich. |
Der einzige Klugscheißer hier bist du!
Vielleicht liest du 'mal, was ich direkt danach geschrieben habe:
Aber das ist auch überall sonst der Fall, nicht nur beim Menschen und seinem Verhalten...
Erst lesen, dann denken, dann polemisieren.
Thao hat folgendes geschrieben: | und offenbar hast du nicht einmal verstanden, was mit Gesetzmäßigkeit gemeint war. |
Ah, ich hatte Recht. Der einzige Klugscheißer hier bist du.
Ich nerve nicht. Du lässt dich nerven. Ich schreibe etwas - das passt dir nicht. Schade. Ist aber deine Sache.
Aber mach' bitte nicht mich dafür verantwortlich, du Klugscheißer.
Aber da ich ja rücksichtsvoll bin, werde ich in Zukunft davon absehen, dich mit Antworten auf dein hirnloses Gefasel zu nerven.
End of Discussion.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#355474) Verfasst am: 08.10.2005, 12:46 Titel: |
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Thao hat folgendes geschrieben: | Nur ein Beispiel. Wir leben mit der Vorstellung von Verantwortung und Schuld. Verantwortung und Schuld sind ohne das Konstrukt eines freien Willens aber nicht erklärbar. |
Ich begreife das Konstrukt des freien Willens nicht, habe aber eine Vorstellung von Verantwortung. Darum scheint mir der freie Wille entbehrlich.
Thao hat folgendes geschrieben: | Nein, dass wurde nicht gezeigt. Die Begriffe werden einfach umgedeutet. |
Das scheint mir zu implizieren, dass es eine richtige und eine falsche Vorstellung von Verantwortung gibt. Die richtige baut auf dem Konzept des freien Willens auf, die falsche nicht. Demnach wäre alles, was ich zum Thema Verantwortung vorbringe, ungültig, weil es nicht auf dem richtigen Glauben aufbaut. Mir kommt das dogmatisch vor.
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George auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2004 Beiträge: 4485
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(#355483) Verfasst am: 08.10.2005, 12:58 Titel: |
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Ich ´habe schon recht früh zugegeben das es sehr schwer sein dürfte einen freien Willen zu definieren. Zumal vor dem Hintergrund einens deterministischen Mechanistischen Weltbildes !
Ich möchte euch nun einfach mal auffordern das umgekehrte zu tun , defniniert mir den Verstand , den Geist , unser Bewußtsein einfach mal klar und deutlich ohne freien Willen .
Das sololte doch möglich sein . Was könnte dabei anderes herauskommen als eine Maschine auf der Grundlage biochemischer Prozesse.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
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(#355484) Verfasst am: 08.10.2005, 12:59 Titel: |
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Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Mir kommt das dogmatisch vor. |
Allerdings! Das versuche ich die ganze Zeit aufzuzeigen. Deshalb bin ich eine 'Nervensäge'.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
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(#355488) Verfasst am: 08.10.2005, 13:03 Titel: |
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George hat folgendes geschrieben: | Ich habe schon recht früh zugegeben das es sehr schwer sein dürfte einen freien Willen zu definieren. |
Freiheit zu definieren ist nicht schwer, sondern unmöglich.
Definieren bedeutet begrenzen.
George hat folgendes geschrieben: | Definiert mir den Verstand |
Verstand ist die Fähigkeit, Zusammenhänge zu erkennen (oder zu erfinden, aber das kommt letztlich auf das Selbe 'raus).
George hat folgendes geschrieben: | den Geist, unser Bewußtsein |
Bei beiden Begriffen bin ich mir unsicher. Weiss eigentlich gar nicht, was ich davon halten soll.
"Bewusstsein" könnte man vielleicht noch als diejenige Tatsache definieren, dass Objekte (das 'Sein') von irgendwas beobachtet werden.
Wobei man damit Probleme bekommt, weil das indirekt wieder eine Subjekt-Objekt-Spaltung einführt, die so nicht durchführbar ist...
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- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#355530) Verfasst am: 08.10.2005, 14:07 Titel: |
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George hat folgendes geschrieben: | Ich möchte euch nun einfach mal auffordern das umgekehrte zu tun , defniniert mir den Verstand , den Geist , unser Bewußtsein einfach mal klar und deutlich ohne freien Willen. |
Tarvoc Definition des Verstandes von der Fähigkeit, Zusammenhänge zu erkennen, scheint mir schon ein ganz guter Ansatz zu sein. Ich vermute, dass Verstand auch mit der Möglichkeit zusammenhängt, Dinge symbolisch zu repräsentieren. Ich hatte als kleiner Junge zum Beispiel ein Plastikhaus mit 6 Türen, die zu 6 Kammern führten. In jeder Kammer lag ein Bauklotz von unterschiedlicher Form, der genau durch ein Loch im Dach passte. Nach Aussage meiner Mutter habe ich anfangs bei jedem Klotz einfach die Löcher durchprobiert, bis er in eines passte. Ähnliches beobachte ich heute bei meinen Kindergartenkindern, wenn sie versuchen ein Puzzle zu legen. Heute bin ich in der Lage, die Klötze in meiner Vorstellung zu drehen und mit der Form des Loches zu vergleichen. Das geht schneller als die Löcher der Reihe nach auszuprobieren. Ähnliches machen meine etwas älteren Kinder vermutlich, wenn sie Puzzle legen. Von entscheidender Bedeutung scheint mir die Möglichkeit, zunehmend abstraktere Repräsentationen zu bilden. Mit einer Gleichung oder einem Algorithmus kann ich auf einen Schlag eine ganze Klasse von Problemen lösen.
Die Aufforderung, eine Definition ohne freien Willen zu versuchen, finde ich übrigens merkwürdig. Du weißt du, dass ich dieses Konzept nicht begreife. Wie könnte ich es dann in eine Definition einbauen? Interessant wäre eher, wenn du versuchst den Verstand zu definieren. Wenn deine Definition auf die Idee des freien Willens zurückgeht, müsste sie für mich unbegreiflich sein.
Nun zum Geist. Was Geist sein soll, weiß ich nicht. Ich benutze diesen Begriff aber selbst. Anstelle einer Definition versuche ich daher erst mal zwei Situationen aufzulisten, in denen ich diesen Begriff benutze.
1. Geistige Bedürfnisse: In Situationen in denen ich langweilige und repetetive Aufgaben bewältigen muss, spreche ich manchmal davon, dass ich etwas geistig anregendes oder herausforderndes möchte. Damit meine ich z.B. das ich lieber etwas machen will, wo ich die Lösungen noch nicht genau kenne, so dass es wenig spannender wird. Manchmal meine ich damit aber auch, dass ich auch mal etwas machen will, dass nicht irgendeinen unmittelbaren Nutzen hat, sondern einfach schön ist, zum Beispiel einen Roman lesen, oder eine interessante Diskussion führen oder in ein Museum gehen.
2. Geisteswissenschaften: Mit diesem Begriff meine ich meistens die reflektierte Beschäftigung mit Artefakten, die man zu interpretieren versucht, wobei man Quellen angibt, und bei der auch allgemeinere Theorien oder Thesen aufgestellt werden, die diskutabel sind.
Alles in allem scheint mir, dass ich den Begriff Geist nicht so oft benutze. Dieser subjektive Eindruck kann jedoch trügen. Ich las zum Beispiel mal, dass viele Leute überrascht sind, wenn man ihre Äußerungen protokolliert und sie dann damit konfrontiert, was sie gesagt haben. Vielleicht schaue ich in der nächsten Zeit mal bewusster darauf, ob ich diesen Begriff benutze und falls ja wann.
Bewusstsein. Das empfinde ich als einen sehr schwierigen Begriff, ähnlich wie z.B. auch Zeit. Eine Definition ist vielleicht am leichtesten, wenn ich Bewusstsein mit der Bewusstlosigkeit vergleiche. Ich bin ja in der Lage einen schlafenden oder narkotisierten Hund von einem wachen zu unterscheiden. Zum Bewusstsein scheint mir die Fähigkeit zu gehören, komplexe Reize der Umwelt aufnehmen zu können und darauf in spezifischer Weise zu reagieren. Wenn der Hund meiner Schwester bei Bewusstsein ist, bemerkt er, wenn ich in die Wohnung komme und kommt mir bellend oder schwanzwedelnd entgegen. Bei anderen Leuten oder Ereignissen verhält er sich anders. Wenn ich in meinem Kindergarten ein Kind reglos auf dem Boden liegen sehe, versuche ich heraus zu bekommen, ob es bei Bewusstsein ist, weil Bewusstlosigkeit ein lebensbedrohlicher Zustand sein kann. Ich spreche das Kind an oder berühre es, und warte auf eine dazu passende Reaktion. In der Regel kann ich auf diese Weise Bewusstsein z.B. von einem Krampfanfall unterscheiden.
Bewusstsein ist mehr als nur eine Abfolge von Reiz und Reaktion. Ein Kniesehnenreflex ist noch kein Bewusstsein. Zum Bewusstsein scheint mir zu gehören, dass ich solche Abläufe symbolisch repräsentieren und wieder zum Gegenstand der Betrachtung machen kann. Der Reflex läuft nicht nur ab. Ich erinnere mich auch an dieses Geschehen und kann darüber nachdenken. Ebenso tue ich nicht nur etwas, sondern ich erinnere mich auch daran, es getan zu haben, und kann darüber nachdenken. Ich kann zum Beispiel zwei Handlungen miteinander vergleichen, und dabei zu dem Schluss kommen, dass eine Handlung erfolgreicher war als die andere. Beim nächsten Mal entscheide ich mich dann für die erfolgreichere Handlung. Auch dieses Nachdenken kann ich symbolisch repräsentieren und darüber nachdenken. Steigende Fähigkeit zur Abstraktion scheint mir also auch hier eine Rolle zu spielen. Eine besondere Rolle scheint mir die Sprache zu spielen. Eine Sache ist mir in der Regel erst dann bewusst, wenn ich sie in Worte fassen kann. Vermutlich gibt es auch andere Systeme der Repräsentation, die ähnlich potent sind. Vielleicht denken Maler in Bildern. Das ist für mich schwer einzuschätzen.
Ich erwarte nicht unbebingt, dass eine spezielle Vorstellung von Bewusstsein gibt, die Deterministen haben. Vielleicht gibt es zwischen deiner und meiner Vorstellung mehr Gemeinsamkeiten als zwischen meiner und steps.
George hat folgendes geschrieben: | Das sololte doch möglich sein. Was könnte dabei anderes herauskommen als eine Maschine auf der Grundlage biochemischer Prozesse. |
Die Maschinenmetapher finde ich durchaus gelungen. Ein etwas flexiblerer Begriff wäre meiner Meinung nach der eines Systems. Maschinen sind ja künstlich geschaffene Systeme, die einem bestimmten Zweck dienen sollen. Das sind Zellen nicht. Zellen sind auf andere (und langwierigere) Weise entstanden als zum Beispiel Autos. Aber es gibt gemeinsamkeiten zwischen Zellen und Autos, zum Beispiel dass sie aus Teilen bestehen, die sich gegenseitig in spezifischer Weise und oft komplexen Ursache-Wirkungsketten beeinflussen, und dabei ein Gesamtverhalten hervorbringen, das die einzelnen Teile für sich nicht hervorbringen könnten. Letztlich bleibt es ein Bild. Das Universum als Uhrwerk war auch so ein Bild, das sicherlich zur Zeit Newtons etwas passender schien als heute. Aber ich finde, das Uhrwerk ist noch immer eine sehr schöne Metapher für bestimmte Vorgänge im Universum. Die Drehung der Zahnräder ist - nach meinem Geschmack - ein treffendes Bild für die Bewegung der Planten um die Sonne.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
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(#355538) Verfasst am: 08.10.2005, 14:14 Titel: |
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Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Tarvoc Definition des Verstandes von der Fähigkeit, Zusammenhänge zu erkennen, scheint mir schon ein ganz guter Ansatz zu sein. Ich vermute, dass Verstand auch mit der Möglichkeit zusammenhängt, Dinge symbolisch zu repräsentieren. |
Nun, das hängt ja auch miteinander zusammen.
Nehmen wir 'mal das Wort 'Tisch' und einen Tisch. Der Zusammenhang besteht darin, dass jemand, der 'Tisch' sagt, von einem Tisch spricht. (Oder beziehungsweise dadurch wird dieser Zusammenhang konstruiert.)
Sprachliches Verstehen wäre also die Fähigkeit, einen Zusammenhang zwischen dem Begriff und seiner Bedeutung herzustellen.
(Auf der nächsthöheren Ebene wäre es natürlich die Fähigkeit, zu erkennen, dass dieser Zusammenhang 'konstruiert' ist: es liegt nicht in der Natur des Tischs, dass er als 'Tisch' bezeichnet wird...)
Ansonsten aber klasse Posting.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#355550) Verfasst am: 08.10.2005, 14:32 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Sprachliches Verstehen wäre also die Fähigkeit, einen Zusammenhang zwischen dem Begriff und seiner Bedeutung herzustellen.
(Auf der nächsthöheren Ebene wäre es natürlich die Fähigkeit, zu erkennen, dass dieser Zusammenhang 'konstruiert' ist: es liegt nicht in der Natur des Tischs, dass er als 'Tisch' bezeichnet wird...) |
Ja, die Konstruiertheit solcher Begriffe kann viele Schwierigkeiten machen. Ich hatte zum Beispiel im Chemieunterricht der Mittelstufe große Schwierigkeiten mit Atommodellen. Wir verwendeten im Unterricht mehrere verschiedene Modelle, und das verwirrte mich außerordentlich, weil mir klar war, dass Atome nicht in Wirklichkeit so sein konnten. Ein anderes Beispiel ist die Unterscheidung von Menschen und Tieren, über die hier im FGH auch schon sehr engagiert diskutiert wurde. Ich war Vertreter der Fraktion, die Menschen als Tiere sahen. Andere konstruierten den Menschen anders. Kürzlich war ich sehr überrascht zu lernen, dass selbst Krankheit und Behinderung keine objektiv messbaren Fakten sind, sondern weitgehend sozial konstruiert werden.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#355553) Verfasst am: 08.10.2005, 14:37 Titel: |
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Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Sprachliches Verstehen wäre also die Fähigkeit, einen Zusammenhang zwischen dem Begriff und seiner Bedeutung herzustellen.
(Auf der nächsthöheren Ebene wäre es natürlich die Fähigkeit, zu erkennen, dass dieser Zusammenhang 'konstruiert' ist: es liegt nicht in der Natur des Tischs, dass er als 'Tisch' bezeichnet wird...) |
Ja, die Konstruiertheit solcher Begriffe kann viele Schwierigkeiten machen. Ich hatte zum Beispiel im Chemieunterricht der Mittelstufe große Schwierigkeiten mit Atommodellen. Wir verwendeten im Unterricht mehrere verschiedene Modelle, und das verwirrte mich außerordentlich, weil mir klar war, dass Atome nicht in Wirklichkeit so sein konnten. Ein anderes Beispiel ist die Unterscheidung von Menschen und Tieren, über die hier im FGH auch schon sehr engagiert diskutiert wurde. Ich war Vertreter der Fraktion, die Menschen als Tiere sahen. Andere konstruierten den Menschen anders. Kürzlich war ich sehr überrascht zu lernen, dass selbst Krankheit und Behinderung keine objektiv messbaren Fakten sind, sondern weitgehend sozial konstruiert werden. |
Zwar ist nicht zu leugnen, daß Begriffsbildungen meist eine Willkür anhaftet. Andererseits deuten sie meist auf eine zumindest im Effekt nützliche (oder ehemals nützliche) Systematisierung hin. Sowohl bei Mensch und Tier als auch bei Krankheiten ist das mE so.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#355564) Verfasst am: 08.10.2005, 15:00 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Zwar ist nicht zu leugnen, daß Begriffsbildungen meist eine Willkür anhaftet. Andererseits deuten sie meist auf eine zumindest im Effekt nützliche (oder ehemals nützliche) Systematisierung hin. Sowohl bei Mensch und Tier als auch bei Krankheiten ist das mE so. |
Was soll man auch sonst machen, als Begriffe zu bilden. Dagegen wollte ich an sich nichts sagen.
Ich wollte lediglich auf Tarvocs Posting eingehen, nach dem ein Durchschauen der Konstruiertheit von Begriffen eine reflektiertere Form des Denkens ist. Dem möchte ich mich anschließen.
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der kleine Fritz registrierter User
Anmeldungsdatum: 24.06.2005 Beiträge: 2183
Wohnort: Planet Erde
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(#355566) Verfasst am: 08.10.2005, 15:02 Titel: |
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Thao hat über Tarvoc geschrieben:
Zitat: | Du willst klugscheißern und nicht diskutieren |
Tarvoc hat geantwortet:
Zitat: | Aber mach' bitte nicht mich dafür verantwortlich, du Klugscheißer.
Aber da ich ja rücksichtsvoll bin, werde ich in Zukunft davon absehen, dich mit Antworten auf dein hirnloses Gefasel zu nerven.
End of Discussion. |
Tja Tarvok, kann man denn ohne Hirn überhaupt noch faseln?
Klingt so schön nach beleidigter Leberwurst, Herr Oberlehrer !!
Und ich dachte du bist in der Lage über, über so einen Lapsus größzügig hinweg zu sehen, anstatt ihn in Sandkastenmanier zurückzugeben.
Ja ja, wenn zwei sich streiten, da freut sich der Dritte !
So ....nun bin ich wohl wieder mal dran !
_________________ und Gott bleibt stumm....
um so eifriger schwatzen seine selbsternannten Missionare.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#355568) Verfasst am: 08.10.2005, 15:05 Titel: |
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Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Ich wollte lediglich auf Tarvocs Posting eingehen, nach dem ein Durchschauen der Konstruiertheit von Begriffen eine reflektiertere Form des Denkens ist. Dem möchte ich mich anschließen. |
Klar, das sehe ich ebenso.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tegularius surreal
Anmeldungsdatum: 28.07.2005 Beiträge: 2002
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(#355571) Verfasst am: 08.10.2005, 15:15 Titel: |
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Thao hat folgendes geschrieben: | Das wurde schon erklärt. Es geht darum, dass, unterstellt man dass es einen freien Willen gibt, der Mensch sich auch trotz Einflüssen auch gegen diese Entscheiden kann. Es wird quasi unterstellt, dass das Ergebnis der Entscheidung niemals aufgrund der Kenntnis aller Einflüsse vohersagbar wäre.
Ein Beispiel: Einflüsse reduzieren unter Umständen unsere Entscheidungsspielräume, gibt es freien Willen so verbleibt aber eben noch ein Spielraum. |
Meinst du mit Einflüssen hier nur die unmittelbaren Reize aus der "Umgebung" bzw. die Gefühle und Gedanken, die unmittelbar durch diese bedingt sind? Und sind die anderen, verbleibenden Faktoren dann z.B. Erfahrung, Wissen usw.?
Wenn ja, dann denke ich, dass auf diese Weise ein Wille nicht als frei im Sinne von "ohne durch Einflüsse bedingt" definiert werden kann, denn m.E. sind eben die letztgenannten Punkte ebenso "Einflüsse" wie die erstgenannten. Ob ich auf etwas, das ich gerade sehe, reagiere oder auf einen Gedanken, den ich gerade habe (und dessen Entstehen auch bedingt ist durch Dinge, die ich einst aus der "Umwelt" aufgenommen habe) ist in meinen Augen nicht wesentlich zu unterscheiden; der Unterschied ist im Grunde nur, dass die Quelle des ersten Reizes eine andere ist als die des zweiten.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#355577) Verfasst am: 08.10.2005, 15:33 Titel: |
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Das entscheidende ist nicht, ob man Einflüsse wie z.B. Wissen und Erfahrung als Einflüsse bezeichnet, sondern ob man sie naturalistisch betrachtet, also z.B. das Wissen für irgendwo neuronal repräsentiert hält. Thao's Bedingung der Nichtvorhersagbarkeit ist daher mE eher ungeeignet, wieder wird Indeterminismus mit FW verwechselt - denn eine z.B. quantenchaotische Entscheidung (an die ich selbstverständlich nicht glaube) wäre zwar unfrei, aber nicht berechenbar.
Stattdessen wäre eine Bedingung für eine sinnvolle funktionale Definition des FW, daß eine Entscheidung an irgendeiner wesentlichen Stelle ein "primum movens" beinhaltet, also etwas nach derzeitigem Weltverständnis Übernatürliches.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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George auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2004 Beiträge: 4485
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(#355616) Verfasst am: 08.10.2005, 17:27 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Das entscheidende ist nicht, ob man Einflüsse wie z.B. Wissen und Erfahrung als Einflüsse bezeichnet, sondern ob man sie naturalistisch betrachtet, also z.B. das Wissen für irgendwo neuronal repräsentiert hält. Thao's Bedingung der Nichtvorhersagbarkeit ist daher mE eher ungeeignet, wieder wird Indeterminismus mit FW verwechselt - denn eine z.B. quantenchaotische Entscheidung (an die ich selbstverständlich nicht glaube) wäre zwar unfrei, aber nicht berechenbar.
Stattdessen wäre eine Bedingung für eine sinnvolle funktionale Definition des FW, daß eine Entscheidung an irgendeiner wesentlichen Stelle ein "primum movens" beinhaltet, also etwas nach derzeitigem Weltverständnis Übernatürliches. |
Völlig richtig, das hielt auch Eccles damals für eine mögliche Hypothese. ´
Angesichts der Phänomene der Telepathie darf man sicher die Frage stellen ob es irgendetwas außerhalb unseres Gehirns gibt das mit diesem in Verbindung steht .
Wir können das Gehirn als oberste organische Instanz unseres verstandes begreifen und diese schließlich in mechanistische Einzelkomponenten zerlegen, zumindest soweit unsere heutigen Wissenschaftlichen Erklenntnisse dies zulassen.
Wir werden dann zu hochkomplexen modellen kommen die sich einem einfach verständniß entziehen werden und die werden wir dann auch nciht mehr einfach als mechanistisch bezeichnen können.
Ich möchte um das zu veranschaulichen einmal kurz in die Neurologische Diskusion um den Willen einsteigen
Nehmen wir ein kleines bsp.:
Wir wissen mittlerweile das 0,2 Sekunden Cortikaler Aktivität nötig sind bevor der Schwellewert für einen Lichtstrahl erreicht wird( es geht dabei um das erleben eines visuellen Sinneseindruckes)
Diese Aufbauzeit für eine bewußte Erfahrung kann bis zu 1 sekunde dauern .
Die Zeit die Bspw.der Übertragung von Information von einer Nervenzelle auf die andere dauert
1/1000 Sek. ( Aktionspotential-Transmitter-synaptischer Spalt -Ionenfluß- Aktionspotential )
dementsprechend könnte eine serienartige Verschaltung von bis zu 200 ( oder 1000 ) synaptischen Verbindungen zwischen Nervenzellen bestehen bevor eine Bewußte Erfahrung hervorgerufen ist
Dadurch würden tausende von Nervenzellen aktiviert ( den jede nervenzelle ist ja synaptisch mit sehr vielen anderen verschaltet , das können bis hundert an einer Zelle sein ) die ihrerseits wieder
durch die synaptischen Schaltstationen sehr viele Nervenzellen aktivieren.
Die größe dieser vorgezeichneten neuronalen Ausdehnung ist jenseits aller Vorstellungskraft.
Die ungeheure Verflechtung neuronaler Aktivität in einem Gehirn ist nötig bevor ein sensorischer Reiz , selbst in seiner unausgebildedsten Form von mir wahrgenommen werden kann. Reaktionen die Vergleiche , Werte, Urteile oder gar korrelationen mit Erinnerungen , ästhetischen Beurteilungen nötig machen, brauchen zweifelsohne viel länger .
Das hat zur folge das recht phantastische Verpflechtungen neuronaler Wirkung in den räumlich Zeitlichen Mustern ablaufen müssen.
Ein solcher sensorischer Reiz kann schnelle motorische Reaktionen auf unbewußter Eben auslösen bevor er bewußt wahrgenommen wird ( ZB. schnelle Augenbewegungen).
Warum erzähle ich das ? ,
ganz einfach , der Wille ist ja etwas das eine Reaktion in die andere Richtung verursacht , das heißt konkret das die neurophysiologische Hypothese zum willen davon ausgeht das "der Wille " die Raum Zeit Aktivität des Neuronennetzwerks ( das ich eben versucht habe eurer vorstellung näher zu bringen ) modifiziert , indem er räumlich zeitliche Kraftfelder anwendet , die durch die einzigartige Detektorfunktion der aktiven Großhirnrinde wirksam werden.
Nun ist wahrscheinlich aufgefallen das diese Hypothese annimt das der Wille oder Willensfluß selbst ,
über ein räumlich zeitliches Muster verfügen muß damit er seine praktische Wirksamkeit entfalten kann.
Die große Frage lautet nun woher kommt dieses Muster?
als dummdreister Esoterikfreak könnte ich natürlich jetzt Sheldrake ins Feld werfen , mach ich aber nciht , ich behalte ihn einfach mal im Hinterkopf.
ich möchte mit dieser groben praktischen Beschreibung der Abläufe einfach nur nochmals darauf hinweisen wie schwierig und kompliziert diese Diskusion eingentlich ist und wie wenig wir im Moment noch darüber sagen können.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
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(#355618) Verfasst am: 08.10.2005, 17:29 Titel: |
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der kleine Fritz hat folgendes geschrieben: | Tarvok |
Schreib' in Zukunft meinen Namen gefälligst richtig, sonst wirst du noch sehr viel Ärger mit mir bekommen, Freundchen!
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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