Freigeisterhaus Foren-Übersicht
 FAQFAQ   SuchenSuchen   MitgliederlisteMitgliederliste   NutzungsbedingungenNutzungsbedingungen   BenutzergruppenBenutzergruppen   LinksLinks   RegistrierenRegistrieren 
 ProfilProfil   Einloggen, um private Nachrichten zu lesenEinloggen, um private Nachrichten zu lesen   LoginLogin 

Sigmund Freud: religiöse Praktiken sind neurotische Zwangshandlungen
Gehe zu Seite 1, 2  Weiter
 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen   Drucker freundliche Ansicht    Freigeisterhaus Foren-Übersicht -> Weltanschauungen und Religionen
Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  
Autor Nachricht
Frank
registrierter User



Anmeldungsdatum: 31.07.2003
Beiträge: 6643

Beitrag(#359815) Verfasst am: 17.10.2005, 02:05    Titel: Sigmund Freud: religiöse Praktiken sind neurotische Zwangshandlungen Antworten mit Zitat

Religiöse Vorstellungen sind für Freud eine Illusion. Diese entsprängen der kindlichen Vatersehnsucht, den Wünschen nach Schutz vor den Gefahren des Lebens, Erfüllung der Gerechtigkeit in einer als ungerecht empfundenen Gesellschaft, dem Wunsch nach einem Leben nach dem Tod. Es handelt sich laut Freud um infantile Wünsche, die sowohl der Kindheitsphase des Individuums als auch der menschlichen Gattung entsprängen.

Individualpsychologisch sei die religiöse Vatergestalt "Gott" eine Verlängerung der Vatergestalt der Kindheit. Sie sei bedingt durch einen nicht überwundenen Konflikt, den man ins Erwachsenenalter hinüberträgt. Freud konstatiert, dass religiöse Praktiken neurotischen Zwangshandlungen gleichen. Die Religion träge neurotische Züge, weil der Mensch in ihr vor der Wirklichkeit flieht und nicht erwachsen werden will.

Freud kommt zum Schluss, dass der Mensch erwachsen werden muss und sein Schicksal in die eigenen Hände nehmen sollte.

Von meinem Standpunkt aus ist Sigmund Freud aktueller den je und die Zwangsneurosen blühen in der Welt.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
IvanDrago
Ösifreund und Pendler zwischen den Welten



Anmeldungsdatum: 18.07.2005
Beiträge: 2876

Beitrag(#359817) Verfasst am: 17.10.2005, 02:09    Titel: Antworten mit Zitat

Steckt auf jeden Fall ne Menge Wahrheit dahinter, danke für die Zusammenfassung!!! Sehr glücklich
_________________
"Eine Stadt freut sich, wenn's den Gerechten wohlgeht, und wenn die Gottlosen umkommen, wird man froh." Sprüche 11, 10

Heike N. meint: "IvanDrago for President!"

Faszination braucht keine höhere Macht.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Frank
registrierter User



Anmeldungsdatum: 31.07.2003
Beiträge: 6643

Beitrag(#359820) Verfasst am: 17.10.2005, 02:54    Titel: Antworten mit Zitat

IvanDrago hat folgendes geschrieben:
Steckt auf jeden Fall ne Menge Wahrheit dahinter, danke für die Zusammenfassung!!! Sehr glücklich

Gerne geschehen. zwinkern

Darwins "Evolutionstheorie" ist die zweite der drei von Freud konstatierten "fundamentalen Kränkungen", die Gottgläubige egal welcher Prägung im Laufe der Geschichte zu verkraften hatten. Es scheint offenbar die größte Kränkung zu sein, von der man sich bis zum heutigen Tag nicht erholt hat.

Nach der Entdeckung des Physikers Nikolaus Kopernikus, dass das Universum sich nicht um die Erde dreht und letztere keine Scheibe ist; Charles Darwin mit der schlimmsten Kränkung (Evolution) kam, kam dann noch Sigmund Freud, der mit der Illusion aufräumte, dass der Mensch ein vernunft- und gottgesteuertes Wesen ist, dessen Treiben, ganz lustfern, einzig der Fortpflanzung dient.

Als weiterführende Literatur empfehle ich das neuste Buch von Michael Schmidt Salomon "Manifest des evolutionären Humanismus".

Interessant ist auch Freuds These zum Entstehen der jüdischen Religion. Für Freud war Moses ein Ägypter, der Anhänger des solaren Monotheismus war, den Amenophis IV (Echnaton) ins Leben gerufen hatte. Nach Echnatons Tod gewannen die alten Götter wieder die Oberhand. Moses soll einer der übrig gebliebenen Anhänger des Atonkultes sein, der diesen modifiziert ins "gelobte Land" brachte.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Tegularius
surreal



Anmeldungsdatum: 28.07.2005
Beiträge: 2002

Beitrag(#359831) Verfasst am: 17.10.2005, 08:01    Titel: Re: Sigmund Freud: religiöse Praktiken sind neurotische Zwangshandlungen Antworten mit Zitat

Frank hat folgendes geschrieben:
Religiöse Vorstellungen sind für Freud eine Illusion. Diese entsprängen der kindlichen Vatersehnsucht, den Wünschen nach Schutz vor den Gefahren des Lebens, Erfüllung der Gerechtigkeit in einer als ungerecht empfundenen Gesellschaft, dem Wunsch nach einem Leben nach dem Tod. Es handelt sich laut Freud um infantile Wünsche, die sowohl der Kindheitsphase des Individuums als auch der menschlichen Gattung entsprängen.

Individualpsychologisch sei die religiöse Vatergestalt "Gott" eine Verlängerung der Vatergestalt der Kindheit. Sie sei bedingt durch einen nicht überwundenen Konflikt, den man ins Erwachsenenalter hinüberträgt. Freud konstatiert, dass religiöse Praktiken neurotischen Zwangshandlungen gleichen. Die Religion träge neurotische Züge, weil der Mensch in ihr vor der Wirklichkeit flieht und nicht erwachsen werden will.

Freud kommt zum Schluss, dass der Mensch erwachsen werden muss und sein Schicksal in die eigenen Hände nehmen sollte.

Von meinem Standpunkt aus ist Sigmund Freud aktueller den je und die Zwangsneurosen blühen in der Welt.


Mir kommt diese Erklärung zu einfach vor. Erstens gibt es die verschiedene Arten von Religion und nicht alle beinhalten einen Vatergott (manche noch nicht mal einen Gott im eigentlichen Sinne); auch gibt es unterschiedliche Arten der Religionsausübung innerhalb der einzelnen Religionen. Zweitens halte ich es für unglaubwürdig, dass jeder Religiöse dieselben persönlichen Motive hat. Drittens bin ich der Meinung, dass es die "Wirklichkeit" nicht gibt und dass jede Ausrichtung auf abstrakte Konzepte als "neurotisch" bezeichnet werden könnte.
Es ist einleuchtend, dass Religion für den Menschen die Funktion einer Stütze hat und dass religiöse Rituale, wie alle Rituale, Sicherheit bieten sollen. Auch der Glaube an einen Gott, der Halt bietet, den man anrufen kann usw. ist etwas, woran man sich festhalten kann und was Identität stiftet. Allerdings sind meiner Meinung nach alle gedanklichen Konstrukte, in die ein Mensch sich eingebunden fühlt, die er gewissermaßen als "über sich" empfindet, solche Haltepunkte und Identitätsstifter - auch jene, die man heute zur "Wirklichkeit" rechnet.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ralf Rudolfy
Auf eigenen Wunsch deaktiviert.



Anmeldungsdatum: 11.12.2003
Beiträge: 26674

Beitrag(#359837) Verfasst am: 17.10.2005, 08:36    Titel: Re: Sigmund Freud: religiöse Praktiken sind neurotische Zwangshandlungen Antworten mit Zitat

Frank hat folgendes geschrieben:
Religiöse Vorstellungen sind für Freud eine Illusion. Diese entsprängen der kindlichen Vatersehnsucht, den Wünschen nach Schutz vor den Gefahren des Lebens, Erfüllung der Gerechtigkeit in einer als ungerecht empfundenen Gesellschaft, dem Wunsch nach einem Leben nach dem Tod. Es handelt sich laut Freud um infantile Wünsche, die sowohl der Kindheitsphase des Individuums als auch der menschlichen Gattung entsprängen.

Individualpsychologisch sei die religiöse Vatergestalt "Gott" eine Verlängerung der Vatergestalt der Kindheit. Sie sei bedingt durch einen nicht überwundenen Konflikt, den man ins Erwachsenenalter hinüberträgt. Freud konstatiert, dass religiöse Praktiken neurotischen Zwangshandlungen gleichen. Die Religion träge neurotische Züge, weil der Mensch in ihr vor der Wirklichkeit flieht und nicht erwachsen werden will.

Klingt plausibel.
_________________
Dadurch, daß ein Volk nicht mehr die Kraft oder Willen hat, sich in der Sphäre des Politischen zu halten, verschwindet das Politische nicht aus der Welt. Es verschwindet nur ein schwaches Volk. (Carl Schmitt)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ralf Rudolfy
Auf eigenen Wunsch deaktiviert.



Anmeldungsdatum: 11.12.2003
Beiträge: 26674

Beitrag(#359838) Verfasst am: 17.10.2005, 08:39    Titel: Re: Sigmund Freud: religiöse Praktiken sind neurotische Zwangshandlungen Antworten mit Zitat

Tegularius hat folgendes geschrieben:

Es ist einleuchtend, dass Religion für den Menschen die Funktion einer Stütze hat und dass religiöse Rituale, wie alle Rituale, Sicherheit bieten sollen. Auch der Glaube an einen Gott, der Halt bietet, den man anrufen kann usw. ist etwas, woran man sich festhalten kann und was Identität stiftet. Allerdings sind meiner Meinung nach alle gedanklichen Konstrukte, in die ein Mensch sich eingebunden fühlt, die er gewissermaßen als "über sich" empfindet, solche Haltepunkte und Identitätsstifter - auch jene, die man heute zur "Wirklichkeit" rechnet.

Unbestitten, daß auch andere, profane gedankliche Konstrukte die Funktion übernehmen können. Geradezu klassisches Beispiel ist der Nationalismus.
_________________
Dadurch, daß ein Volk nicht mehr die Kraft oder Willen hat, sich in der Sphäre des Politischen zu halten, verschwindet das Politische nicht aus der Welt. Es verschwindet nur ein schwaches Volk. (Carl Schmitt)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Stefan
auf eigenen Wunsch deaktiviert



Anmeldungsdatum: 03.08.2004
Beiträge: 6217

Beitrag(#359840) Verfasst am: 17.10.2005, 08:55    Titel: Re: Sigmund Freud: religiöse Praktiken sind neurotische Zwangshandlungen Antworten mit Zitat

Tegularius hat folgendes geschrieben:

[...]
Es ist einleuchtend, dass Religion für den Menschen die Funktion einer Stütze hat und dass religiöse Rituale, wie alle Rituale, Sicherheit bieten sollen. Auch der Glaube an einen Gott, der Halt bietet, den man anrufen kann usw. ist etwas, woran man sich festhalten kann und was Identität stiftet. Allerdings sind meiner Meinung nach alle gedanklichen Konstrukte, in die ein Mensch sich eingebunden fühlt, die er gewissermaßen als "über sich" empfindet, solche Haltepunkte und Identitätsstifter - auch jene, die man heute zur "Wirklichkeit" rechnet.


Mir nicht. Überhaupt nicht. Wenn z.B. Christen nach einer schlimmen Katastrophe ihren Gott anbeten, der nach ihrem Verständnis ja die Katastrophe zu verantworten hat, liegt da ein logischer Konflikt vor. Das dieser eher zu psychischen Störungen führen kann, als "stützend" zu wirken, dürfte einleuchtend sein. Viele verlieren in so einer Situation den Glauben an Gott.

Aber unterschwellig dürfte sich im normalen Leben, ohne besonderes Ereignis, dieser Konflikt auch abspielen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Tegularius
surreal



Anmeldungsdatum: 28.07.2005
Beiträge: 2002

Beitrag(#359844) Verfasst am: 17.10.2005, 09:17    Titel: Re: Sigmund Freud: religiöse Praktiken sind neurotische Zwangshandlungen Antworten mit Zitat

Stefan hat folgendes geschrieben:
Mir nicht. Überhaupt nicht. Wenn z.B. Christen nach einer schlimmen Katastrophe ihren Gott anbeten, der nach ihrem Verständnis ja die Katastrophe zu verantworten hat, liegt da ein logischer Konflikt vor. Das dieser eher zu psychischen Störungen führen kann, als "stützend" zu wirken, dürfte einleuchtend sein. Viele verlieren in so einer Situation den Glauben an Gott.

Aber unterschwellig dürfte sich im normalen Leben, ohne besonderes Ereignis, dieser Konflikt auch abspielen.


Wenn z.B. ein Angehöriger stirbt und man damit nicht fertig wird, kann die Vorstellung, dass er nun im Himmel weiterlebt (wenn man das tatsächlich glaubt) sicher tröstend sein. Dass religiöse Vorstellungen oftmals paradox sind, streite ich ja nicht ab. Es geht dem Gläubigen aber wohl mehr darum, sich in ein festes System eingebunden zu fühlen und ein wirklich festes System, in welches der Mensch sich stets eingebunden fühlen kann (unabhängig davon, wie seine momentane Situation gerade aussehen mag), muss m.E. paradox sein und das Blickfeld einschränken (egal ob es sich um ein religiöses oder nicht-religiöses System handelt).
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Stefan
auf eigenen Wunsch deaktiviert



Anmeldungsdatum: 03.08.2004
Beiträge: 6217

Beitrag(#359846) Verfasst am: 17.10.2005, 09:23    Titel: Re: Sigmund Freud: religiöse Praktiken sind neurotische Zwangshandlungen Antworten mit Zitat

Tegularius hat folgendes geschrieben:
[...] Es geht dem Gläubigen aber wohl mehr darum, sich in ein festes System eingebunden zu fühlen und ein wirklich festes System, in welches der Mensch sich stets eingebunden fühlen kann (unabhängig davon, wie seine momentane Situation gerade aussehen mag), muss m.E. paradox sein und das Blickfeld einschränken (egal ob es sich um ein religiöses oder nicht-religiöses System handelt).


Kann ich nicht nachvollziehen... Schulterzucken
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Tegularius
surreal



Anmeldungsdatum: 28.07.2005
Beiträge: 2002

Beitrag(#359849) Verfasst am: 17.10.2005, 09:32    Titel: Re: Sigmund Freud: religiöse Praktiken sind neurotische Zwangshandlungen Antworten mit Zitat

Stefan hat folgendes geschrieben:
Tegularius hat folgendes geschrieben:
[...] Es geht dem Gläubigen aber wohl mehr darum, sich in ein festes System eingebunden zu fühlen und ein wirklich festes System, in welches der Mensch sich stets eingebunden fühlen kann (unabhängig davon, wie seine momentane Situation gerade aussehen mag), muss m.E. paradox sein und das Blickfeld einschränken (egal ob es sich um ein religiöses oder nicht-religiöses System handelt).


Kann ich nicht nachvollziehen... Schulterzucken


Ich denke, dass das, was man Wirklichkeit nennt bzw. die eigene Lebenswirklichkeit, beschränkt ist. Man hat bestimmte Richtlinien, Wertvorstellungen usw. nach denen man seine und die Handlungen der anderen misst und man hat Erwartungen (an die "Welt"), die sich erfüllen sollen. Da aber jedes gedachte Konstrukt, welches man über die "Welt" legt, nur Teilaspekte derselben umfassen kann, können wohl nicht alle Erwartungen erfüllt werden. Will man seine Position im System nicht aufgeben, um der Orientierungslosigkeit zu entgehen, so muss man die Fehlerhaftigkeit mehr oder weniger ignorieren. Man kann natürlich auch sein System immer wieder den Umständen anpassen (allerdings ist das ja dann keines, welches stets Halt bietet, wie das oben beschriebene religiöse) oder versuchen, auf solche Systeme zu verzichten.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Eifellady
Weiße Haifelbestie



Anmeldungsdatum: 19.11.2003
Beiträge: 14403
Wohnort: Wildnis der Eifel

Beitrag(#359851) Verfasst am: 17.10.2005, 09:39    Titel: Re: Sigmund Freud: religiöse Praktiken sind neurotische Zwangshandlungen Antworten mit Zitat

Frank hat folgendes geschrieben:
Religiöse Vorstellungen sind für Freud eine Illusion. Diese entsprängen der kindlichen Vatersehnsucht, den Wünschen nach Schutz vor den Gefahren des Lebens, Erfüllung der Gerechtigkeit in einer als ungerecht empfundenen Gesellschaft, dem Wunsch nach einem Leben nach dem Tod. Es handelt sich laut Freud um infantile Wünsche, die sowohl der Kindheitsphase des Individuums als auch der menschlichen Gattung entsprängen.

Individualpsychologisch sei die religiöse Vatergestalt "Gott" eine Verlängerung der Vatergestalt der Kindheit. Sie sei bedingt durch einen nicht überwundenen Konflikt, den man ins Erwachsenenalter hinüberträgt. Freud konstatiert, dass religiöse Praktiken neurotischen Zwangshandlungen gleichen. Die Religion träge neurotische Züge, weil der Mensch in ihr vor der Wirklichkeit flieht und nicht erwachsen werden will.

Freud kommt zum Schluss, dass der Mensch erwachsen werden muss und sein Schicksal in die eigenen Hände nehmen sollte.

Von meinem Standpunkt aus ist Sigmund Freud aktueller den je und die Zwangsneurosen blühen in der Welt.


Ob es als Zwangsneurosen betrachtet werden kann? ....

Wenn ich mir die Lebensformen bei Tieren anschaue - und der Mensch ist ja nichts anderes als ein höherentwickeltes Tier - dann sieht man in den meisten Fällen, dass Gruppen immer eine Rangordnung haben. Menschen streben auch nach einer Rangordnung bzw. einer Einordnung, auch wenn dies gegen die Erkenntnis geht, dass alle Menschen eigentlich gleich behandelt werden sollten.
Doch die Realität sieht anders aus.
Wir suchen, da unsere Fähigkeit des Denkens, weiter ausgeprägt ist, nach Sinnhaftigkeiten, die uns die Evolution usw. nicht geben kann. Die Existenz alleine um der Nachkommenschaft - also dem Erhalt der Gene - scheint uns sinnlos.
Dazu kommt, dass wir durch die Wissenschaften oder unsere Fähigkeit nachzudenken, viele Dinge sehen und erfahren; diese jedoch nicht erklären können. Dies macht uns unsicher. Wir suchen nach Erklärungen, finden sie jedoch nicht. Wir können uns auch nicht damit abfinden - oder viele Menschen können sich damit nicht abfinden - dass unser Leben nur auf die Erhaltung der Menschenrasse ausgelegt ist ( Evolution).
Deshalb wird diese Erklärungssuche, diese Sinnsuche, jedoch auch Suche nach einem "Stand" in dieser Gesellschaft (Rang) von vielen auf einen Gott verlagert. Die Aussage mit der Vaterfigur ist m.E. nicht verkehrt. Denn im menschlichen wie auch im tierischen Bereich, sind es in den meisten Fällen die Männer und auch Väter, die die Führung über eine Gruppe übernehmen.
Um eine gute Stellung in dieser Gruppe zu bekommen, werden die Gruppenführer eben mit Demutsgesten, mit Gefälligkeiten usw. wohlgesonnen gemacht.
Die Demutshaltungen und im Grunde Opfer, die einem Gott gemacht werden, fallen m.E. in diesen Bereich.
Auch wenn die Vatergestalt oft streng ist, sie gibt Sicherheit. Jemand der stark ist, jemand der einen beschützen kann und jemand der auch straft, wenn man nicht so handelt, wie es dem Gruppenführer gefällt. Diese Strafe wird jedoch in Kauf genommen, der Sicherheit wegen und der Möglichkeit einen guten Rang zu erwerben, weil man durch eine höhergestellte Position wieder Macht über andere erhält.
Ich denke, dass es noch garnicht mal so viel damit zu tun hat, dass man nicht erwachsen werden will. Auch wenn oft von "Kindern Gottes" gesprochen wird. Es ist einfach die Sehnsucht, sich seinen Rang in einer Gruppe zu erkämpfen. Eine Position zu haben, einen Stellenwert zu haben, der Sicherheit vermittelt und damit auch eine gewisse Sinnhaftigkeit der Existenz verleiht ( die "Führung" anderer kann als ein Sinn gesehen werden).
Ich finde, dass ist gar nicht mal als neurotische Handlung zu sehen; es sei denn, man sieht das Bestreben der eigentlich in der Natur gegebenen "Rangordnung" als eine neurotische Veranlagung an.
Wir versuchen eigentlich, mit dem Bemühen um Gleichheit, dieser natürlichen Veranlagung, zu "entkommen", weil wir aufgrund unserer Hirnleistungen eben erkennen, dass diese Rangordnung im Grunde ungerecht ist. Doch ist dieser Widerspruch zwischen dem, was wir rational erkennen und dem war wir emotional erstreben, vielleicht ein Grund dafür, dass sich viele einen "Gott" als Ranghöchsten aussuchen. Denn dieser Gott ist beliebig formbar. Dieser Gott ist nicht fassbar und läßt sich auf alles und jedes übertragen.
Die Hierachie der Kirche ist im Grunde eine Paradebeispiel für die Rangordnung in einer vorzeitlichen Gruppe. Im Grunde zeigt sie das, was das Grundbedürfnis des Menschen ist.

Das sind meine Gedanken dazu.

Ellen
_________________
Mein Account bei Facebook

Säkulare Sozialdemokrat_innen

Facebookgruppe der Säkularen Sozialdemokrat_innen
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen
Stefan
auf eigenen Wunsch deaktiviert



Anmeldungsdatum: 03.08.2004
Beiträge: 6217

Beitrag(#359854) Verfasst am: 17.10.2005, 09:46    Titel: Re: Sigmund Freud: religiöse Praktiken sind neurotische Zwangshandlungen Antworten mit Zitat

Tegularius hat folgendes geschrieben:

Ich denke, dass das, was man Wirklichkeit nennt bzw. die eigene Lebenswirklichkeit, beschränkt ist. Man hat bestimmte Richtlinien, Wertvorstellungen usw. nach denen man seine und die Handlungen der anderen misst und man hat Erwartungen (an die "Welt"), die sich erfüllen sollen. Da aber jedes gedachte Konstrukt, welches man über die "Welt" legt, nur Teilaspekte derselben umfassen kann, können wohl nicht alle Erwartungen erfüllt werden. Will man seine Position im System nicht aufgeben, um der Orientierungslosigkeit zu entgehen, so muss man die Fehlerhaftigkeit mehr oder weniger ignorieren. Man kann natürlich auch sein System immer wieder den Umständen anpassen (allerdings ist das ja dann keines, welches stets Halt bietet, wie das oben beschriebene religiöse) oder versuchen, auf solche Systeme zu verzichten.

Dafür muß man erst mal eine so schizophrene Position einnehmen. Deiner Argumentation nach, gibt es außerhalb einer Phantasiewelt keinen Halt. Ich kann ganz gut darauf verzichten, ohne meine Orientierung zu verlieren. Das nicht alle Erwartungen im Leben erfüllt werden führt nicht zur Orientierungslosigkeit. Das ist wohl eher eine Gefahr für enttäuschte Religiöse.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Tegularius
surreal



Anmeldungsdatum: 28.07.2005
Beiträge: 2002

Beitrag(#359856) Verfasst am: 17.10.2005, 09:48    Titel: Re: Sigmund Freud: religiöse Praktiken sind neurotische Zwangshandlungen Antworten mit Zitat

Stefan hat folgendes geschrieben:
Dafür muß man erst mal eine so schizophrene Position einnehmen. Deiner Argumentation nach, gibt es außerhalb einer Phantasiewelt keinen Halt.


Wirf halt mal alle deine Wertvorstellungen, deine Pläne und Ideale weg und frage dich dann, ob du noch orientiert bist.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Stefan
auf eigenen Wunsch deaktiviert



Anmeldungsdatum: 03.08.2004
Beiträge: 6217

Beitrag(#359860) Verfasst am: 17.10.2005, 09:58    Titel: Re: Sigmund Freud: religiöse Praktiken sind neurotische Zwangshandlungen Antworten mit Zitat

Tegularius hat folgendes geschrieben:
Stefan hat folgendes geschrieben:
Dafür muß man erst mal eine so schizophrene Position einnehmen. Deiner Argumentation nach, gibt es außerhalb einer Phantasiewelt keinen Halt.


Wirf halt mal alle deine Wertvorstellungen, deine Pläne und Ideale weg und frage dich dann, ob du noch orientiert bist.


Meine Wertvorstellungen usw. sind aber synchron zu meiner Lebenserfahrung sozusagen selbst erarbeitet. Sie sind temporär und nicht dogmatisch. Und sie sind meine eigenen und keine Fantasie, jedenfalls keine fremde. Und vor allem sind sie nicht widersprüchlich. Und wenn doch habe ich die Freiheit und Möglichkeit diese Widersprüche aufzulösen, mich also weiterzuentwickeln. Eben weil ich religiös ungebunden bin.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Tegularius
surreal



Anmeldungsdatum: 28.07.2005
Beiträge: 2002

Beitrag(#359867) Verfasst am: 17.10.2005, 10:13    Titel: Antworten mit Zitat

Stefan hat folgendes geschrieben:
Tegularius hat folgendes geschrieben:
Stefan hat folgendes geschrieben:
Dafür muß man erst mal eine so schizophrene Position einnehmen. Deiner Argumentation nach, gibt es außerhalb einer Phantasiewelt keinen Halt.


Wirf halt mal alle deine Wertvorstellungen, deine Pläne und Ideale weg und frage dich dann, ob du noch orientiert bist.


Meine Wertvorstellungen usw. sind aber synchron zu meiner Lebenserfahrung sozusagen selbst erarbeitet. Sie sind temporär und nicht dogmatisch. Und sie sind meine eigenen und keine Fantasie, jedenfalls keine fremde. Und vor allem sind sie nicht widersprüchlich. Und wenn doch habe ich die Freiheit und Möglichkeit diese Widersprüche aufzulösen, mich also weiterzuentwickeln. Eben weil ich religiös ungebunden bin.


Ich glaube dir gerne, dass deine Vorstellung offener ist und deine Werte wandelbarer als z.B. die eines Christen. Meiner Meinung nach ist ein religiöses System wie z.B. eine fundamentalistische Ausrichtung des Christentums eben besonders "geschlossen"; es soll mehr oder weniger alles "erklärt" werden. Andere Systeme sind offener, anpassungsfähiger und "beantworten" nicht alle Fragen. Ich schrieb ja auch, dass ein System, welches stets Halt bieten soll, paradox sein muss, weil es anders eben nicht geht (wenn etwas passiert, was den Erwartunen [die man durch seinen Glauben hat] widerspricht, innerhalb des Glaubens aber alles "stimmig" sein soll [weil er sonst ansich nicht mehr gültig wäre], dann muss man die Unstimmigkeit ignorieren). Dennoch halte ich auch "säkulare" Werte für Phantasie (es gibt keinen "Ruhm", keine "Ehre", keinen "Reichtum, keine "sozialen Schichten" usw. außerhalb der Phantasie - dennoch zweifeln viele ihr "reales" Bestehen nicht an und halten sie für zur "Wirklichkeit" gehörend; meiner Meinung nach sind sie jedoch "quasi religiös" - und man könnte, wenn man den Gedanken von Freud hierauf überträgt, m.E. auch einen Menschen, der nach Ruhm und Reichtum strebt, für neurotisch halten).
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Stefan
auf eigenen Wunsch deaktiviert



Anmeldungsdatum: 03.08.2004
Beiträge: 6217

Beitrag(#359880) Verfasst am: 17.10.2005, 11:01    Titel: Antworten mit Zitat

Tegularius hat folgendes geschrieben:
[...] Ich schrieb ja auch, dass ein System, welches stets Halt bieten soll, paradox sein muss, weil es anders eben nicht geht (wenn etwas passiert, was den Erwartunen [die man durch seinen Glauben hat] widerspricht, innerhalb des Glaubens aber alles "stimmig" sein soll [weil er sonst ansich nicht mehr gültig wäre], dann muss man die Unstimmigkeit ignorieren). [...]


Ein paradoxes System bietet aber keinen wirklichen Halt. Eben wegen der Widersprüche.

Ein System muß nicht paradox sein um Orientierung zu finden. Ich kann doch einfach akzeptieren, daß ich nicht alles wissen kann, weil mein Verstand eben nur begrenzt ist. Und Werte finde ich woanders bessere als in der Religion.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Tegularius
surreal



Anmeldungsdatum: 28.07.2005
Beiträge: 2002

Beitrag(#359896) Verfasst am: 17.10.2005, 11:28    Titel: Antworten mit Zitat

Stefan hat folgendes geschrieben:
Ein paradoxes System bietet aber keinen wirklichen Halt. Eben wegen der Widersprüche.


Das mag sein. Ich glaube ohnehin nicht an einen wirklichen Halt.

Zitat:
Ich kann doch einfach akzeptieren, daß ich nicht alles wissen kann, weil mein Verstand eben nur begrenzt ist.


Das sehe ich auch so.

Zitat:
Und Werte finde ich woanders bessere als in der Religion.


Keine Ahnung. "Besser" ist ja schon wieder eine Bewertung.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Stefan
auf eigenen Wunsch deaktiviert



Anmeldungsdatum: 03.08.2004
Beiträge: 6217

Beitrag(#359898) Verfasst am: 17.10.2005, 11:34    Titel: Antworten mit Zitat

Tegularius hat folgendes geschrieben:
Stefan hat folgendes geschrieben:
Ein paradoxes System bietet aber keinen wirklichen Halt. Eben wegen der Widersprüche.


Das mag sein. Ich glaube ohnehin nicht an einen wirklichen Halt.

Verwundert Hast du nicht die ganze Zeit das haltgebende paradoxe System verteidigt?


Tegularius hat folgendes geschrieben:
Stefan hat folgendes geschrieben:
Und Werte finde ich woanders bessere als in der Religion.


Keine Ahnung. "Besser" ist ja schon wieder eine Bewertung.

Stimmt. Ich meinte natürlich Werte, die ich besser finde.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Tegularius
surreal



Anmeldungsdatum: 28.07.2005
Beiträge: 2002

Beitrag(#359903) Verfasst am: 17.10.2005, 11:46    Titel: Antworten mit Zitat

Stefan hat folgendes geschrieben:
Tegularius hat folgendes geschrieben:
Stefan hat folgendes geschrieben:
Ein paradoxes System bietet aber keinen wirklichen Halt. Eben wegen der Widersprüche.


Das mag sein. Ich glaube ohnehin nicht an einen wirklichen Halt.

Verwundert Hast du nicht die ganze Zeit das haltgebende paradoxe System verteidigt?


Nein, ich denke, dass ein konstantes System, welches eben dadurch gewisse Paradoxien aufweist einen gewissen Halt bieten kann und dass ein variables System, welches Widersprüchlichkeiten ausgleicht, indem es sich ändert, einen gewissen Halt bieten kann. Dennoch denke ich, dass in beiden Fällen der Halt letztlich nur Illusion ist und somit nicht "wirklich". Einen wirklichen Halt fände man m.E. nur (paradoxerweise) in einer "Haltlosigkeit", also im Loslassen von allen Erwartungen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
George
auf Wunsch deaktiviert



Anmeldungsdatum: 16.09.2004
Beiträge: 4485

Beitrag(#360294) Verfasst am: 18.10.2005, 13:42    Titel: Re: Sigmund Freud: religiöse Praktiken sind neurotische Zwangshandlungen Antworten mit Zitat

Frank hat folgendes geschrieben:
Religiöse Vorstellungen sind für Freud eine Illusion. Diese entsprängen der kindlichen Vatersehnsucht, den Wünschen nach Schutz vor den Gefahren des Lebens, Erfüllung der Gerechtigkeit in einer als ungerecht empfundenen Gesellschaft, dem Wunsch nach einem Leben nach dem Tod. Es handelt sich laut Freud um infantile Wünsche, die sowohl der Kindheitsphase des Individuums als auch der menschlichen Gattung entsprängen.

Individualpsychologisch sei die religiöse Vatergestalt "Gott" eine Verlängerung der Vatergestalt der Kindheit. Sie sei bedingt durch einen nicht überwundenen Konflikt, den man ins Erwachsenenalter hinüberträgt. Freud konstatiert, dass religiöse Praktiken neurotischen Zwangshandlungen gleichen. Die Religion träge neurotische Züge, weil der Mensch in ihr vor der Wirklichkeit flieht und nicht erwachsen werden will.

Freud kommt zum Schluss, dass der Mensch erwachsen werden muss und sein Schicksal in die eigenen Hände nehmen sollte.

Von meinem Standpunkt aus ist Sigmund Freud aktueller den je und die Zwangsneurosen blühen in der Welt.


Ich kenne den Standpunkt Freuds zu diesem Thema und er ist durchaus differenziert und zeichnet auch ein gutes Modell ( Totem und Tabu ) zum zustandekommen der Religionen indem er die Entwicklung von Naturvölkern bemüht .
Ein interessantes Modell das sich nciht so schnell von der Hand weisen läßt.
Im ürbrigen ist dies auch ein Punkt der sehr deutlich macht das Freud zumindest in seinem Wissenschaftsmodell ein unreligiöser Atheist bleibt . Auch hier eine ganz klare und weitere Abgrenzung zu Jung .
Es läßt sich auch nciht leugnen das sehr viele menschen religiösen neurosen oder Zwangsneurosen anheimfallen, dennoch bin ich nciht ganz seiner meinung .
Es ist im Rahmen eines wissenschaftlichen Modells natürlich legitim jeden Methaphysischen Standpunkt auszuschließen. Wir haben dann eine annäherung und einen mechanismus der in diesem Fall sicher auch plausibel ist . Durch das ausschließen der tatsache das die Menschen
einem wirlichen methaphysischen Empfinden( und vielleicht auch erkennen ) tribut zollen und deshalb nach Formen suchen dem Ausdruck zu verleihen empfinde ich sein Modell jedoch als unvollständig.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25405

Beitrag(#360302) Verfasst am: 18.10.2005, 13:56    Titel: Re: Sigmund Freud: religiöse Praktiken sind neurotische Zwangshandlungen Antworten mit Zitat

Frank hat folgendes geschrieben:
Von meinem Standpunkt aus ist Sigmund Freud aktueller den je

Na gut.
Dann ist Frau tatsächlich ein Mangelwesen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Peach
deaktiviert



Anmeldungsdatum: 19.09.2005
Beiträge: 621

Beitrag(#360312) Verfasst am: 18.10.2005, 14:26    Titel: Antworten mit Zitat

George hat folgendes geschrieben:
Es läßt sich auch nciht leugnen das sehr viele menschen religiösen neurosen oder Zwangsneurosen anheimfallen, dennoch bin ich nciht ganz seiner meinung .
Es ist im Rahmen eines wissenschaftlichen Modells natürlich legitim jeden Methaphysischen Standpunkt auszuschließen. Wir haben dann eine annäherung und einen mechanismus der in diesem Fall sicher auch plausibel ist . Durch das ausschließen der tatsache das die Menschen
einem wirlichen methaphysischen Empfinden( und vielleicht auch erkennen ) tribut zollen und deshalb nach Formen suchen dem Ausdruck zu verleihen empfinde ich sein Modell jedoch als unvollständig.


Schon, George, doch das, was sich so alltäglich an religiöser Praxis zeigt, gibt Freud m. E. vollumfänglich recht - gerade wenn man im Hinterkopf behält, wie sich eine lebendige Beziehung zu irgendwas Höherem nach außen zeigen müsste.

Das hervorstechendste Merkmal einer lebendigen Spiritualität wäre doch, dass sie keinerlei Stillstand duldet!
D. h. der Papst etwa müsste sagen (Edit: rufen): "Jetzt haben wir die Nach-JPII-Zeit mit den Nach-JPII-Herausforderungen! An die Arbeit!!!" Am Kopf kratzen

Umgekehrt ist eine Allergie gegen Veränderungen offensichtlich das Hauptmerkmal gerade der Religiö... äh: Zwanghaften.

(Und die andere große Kirche - wenn ich sehe, wie man dort Spiritualität zu simulieren versucht, wird mir schlecht!) Ungustiöses im Blickfeld
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Tegularius
surreal



Anmeldungsdatum: 28.07.2005
Beiträge: 2002

Beitrag(#360316) Verfasst am: 18.10.2005, 14:39    Titel: Antworten mit Zitat

Peach hat folgendes geschrieben:
Schon, George, doch das, was sich so alltäglich an religiöser Praxis zeigt, gibt Freud m. E. vollumfänglich recht - gerade wenn man im Hinterkopf behält, wie sich eine lebendige Beziehung zu irgendwas Höherem nach außen zeigen müsste.

Das hervorstechendste Merkmal einer lebendigen Spiritualität wäre doch, dass sie keinerlei Stillstand duldet!
D. h. der Papst etwa müsste sagen: "Jetzt haben wir die Nach-JPII-Zeit mit den Nach-JPII-Herausforderungen! An die Arbeit!!!" Am Kopf kratzen

Umgekehrt ist eine Allergie gegen Veränderungen offensichtlich das Hauptmerkmal gerade der Religiö... äh: Zwanghaften.

(Und die andere große Kirche - wenn ich sehe, wie man dort Spiritualität zu simulieren versucht, wird mir schlecht!) Ungustiöses im Blickfeld


Das sieht mir nach einem Trugschluss aus (etwas wie: Leben bedeutet Bewegung, daher muss stets Veränderung zu bemerken sein, damit etwas als lebendig gelten kann). Warum muss sich aber "lebendige Spiritualität" dadurch auszeichnen, dass sie "keinerlei Stillstand" duldet? Was soll keinerlei Stillstand bedeuten? Kann man äußerlich sehen, ob derjenige, der lebendige Spiritualität erlebt, "stillsteht" oder nicht? Muss sich die "Bewegung" äußerlich betrachten lassen? Das könnte m.E. auch auf ein Getriebensein hindeuten, was meiner Vorstellung von gelebter Spiritualität gerade widerspricht. Ein ständiges Verändernwollen der "Umstände" ist meiner Meinung nach eher das Gegenteil einer "mystischen Haltung" (was dem wohl mehr oder weniger entspricht). (Damit will ich nun nicht sagen, dass die Kirchen im Allgemeinen eine "lebendige Spiritualität" in diesem Sinne fordern und fördern).
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
tati
auf Wunsch deaktiviert



Anmeldungsdatum: 16.03.2005
Beiträge: 567

Beitrag(#360332) Verfasst am: 18.10.2005, 15:59    Titel: Re: Sigmund Freud: religiöse Praktiken sind neurotische Zwangshandlungen Antworten mit Zitat

Frank hat folgendes geschrieben:
Religiöse Vorstellungen sind für Freud eine Illusion. Diese entsprängen der kindlichen Vatersehnsucht, den Wünschen nach Schutz vor den Gefahren des Lebens, Erfüllung der Gerechtigkeit in einer als ungerecht empfundenen Gesellschaft, dem Wunsch nach einem Leben nach dem Tod. Es handelt sich laut Freud um infantile Wünsche, die sowohl der Kindheitsphase des Individuums als auch der menschlichen Gattung entsprängen.

Individualpsychologisch sei die religiöse Vatergestalt "Gott" eine Verlängerung der Vatergestalt der Kindheit. Sie sei bedingt durch einen nicht überwundenen Konflikt, den man ins Erwachsenenalter hinüberträgt. Freud konstatiert, dass religiöse Praktiken neurotischen Zwangshandlungen gleichen. Die Religion träge neurotische Züge, weil der Mensch in ihr vor der Wirklichkeit flieht und nicht erwachsen werden will.

Freud kommt zum Schluss, dass der Mensch erwachsen werden muss und sein Schicksal in die eigenen Hände nehmen sollte.

Von meinem Standpunkt aus ist Sigmund Freud aktueller den je und die Zwangsneurosen blühen in der Welt.


der freud wird jetzt auch noch bemüht .... aber vorsicht, vom psychoanalytischen standpunkt aus gesehen sind anti-religiöse praktiken, wie sie einmal mehr zb. in diesem thread praktiziert werden, nicht weniger neurotisch als die oben genannten.

im übrigen kannst du mit freud gegen/für alles argumentieren. seine theorien sind ja so wunderschön unwiderlegbar, wie die religion.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Peach
deaktiviert



Anmeldungsdatum: 19.09.2005
Beiträge: 621

Beitrag(#360337) Verfasst am: 18.10.2005, 16:29    Titel: Antworten mit Zitat

@ Tegularius: Ich zäum das Pferd mal von der anderen Seite auf:

Leben bedeutet Bewegung. Überall um uns herum. Ein spiritueller Mensch ist sich nach meiner Überzeugung seiner Unfertigkeit zutiefst bewusst und daher immer bereit, zumindest innerlich (Eremiten) mitzuschwingen.

Lt. Bibel offenbarte sich die große Weisheit (hier Gott genannt) dem Propheten Jeremiah (wenn mich nicht alles täuscht) in einem Windhauch. Der Mythos, denke ich, hat was: Es wäre fatal von Jeremiah gewesen, sich hermetisch nach außen abzuschotten!

=> Wenn etwas kein Zeichen von Spiritualität ist, dann ist es nach meiner Überzeugung ganz gewiss dies: Eine Wagenburg um andere zu bauen!
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Tegularius
surreal



Anmeldungsdatum: 28.07.2005
Beiträge: 2002

Beitrag(#360340) Verfasst am: 18.10.2005, 16:53    Titel: Antworten mit Zitat

Peach hat folgendes geschrieben:
@ Tegularius: Ich zäum das Pferd mal von der anderen Seite auf:

Leben bedeutet Bewegung. Überall um uns herum. Ein spiritueller Mensch ist sich nach meiner Überzeugung seiner Unfertigkeit zutiefst bewusst und daher immer bereit, zumindest innerlich (Eremiten) mitzuschwingen.

Lt. Bibel offenbarte sich die große Weisheit (hier Gott genannt) dem Propheten Jeremiah (wenn mich nicht alles täuscht) in einem Windhauch. Der Mythos, denke ich, hat was: Es wäre fatal von Jeremiah gewesen, sich hermetisch nach außen abzuschotten!

=> Wenn etwas kein Zeichen von Spiritualität ist, dann ist es nach meiner Überzeugung ganz gewiss dies: Eine Wagenburg um andere zu bauen!


Sicher. Nun muss man nur noch feststellen, was man unter "mitschwingen" verstehen will (m.E. sollte es nicht als ein Getriebensein im Sinne eines ständigen Re-Agierens auf die Umstände verstanden werden). Eine gewisse äußere Konstanz (in der Praxis usw.) ist für ein "Mitschwingen" im mystischen Sinne m.E. durchaus hilfreich, wenn nicht gar nötig. Wichtig ist allerdings ein Freisein für die Eindrücke - was natürlich einer dogmatischen Geisteshaltung widerspricht. Ob und wie eine Kirche ihren Teilnehmern dies überhaupt bieten kann, weiß ich allerdings nicht (in der Regel geht es diesen ja wirklich nur um ein Abarbeiten von Ritualen ohne wirkliche Substanz - letzteres wollen die Kirchen wohl im Allgemeinen auch nicht unbedingt zulassen, denke ich).
Wie dem auch sei, vielleicht bist du bei deinen Ausführungen ein weniger durcheinander gekommen oder ich habe sie nicht richtig aufgefasst; jedenfalls denke ich, dass man Offenheit für "die Bewegung" nicht mit einem ständigen Sich-Bewegen-Müssen (so habe ich das "keinen Stillstand dulden" verstanden) verwechseln sollte.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Peach
deaktiviert



Anmeldungsdatum: 19.09.2005
Beiträge: 621

Beitrag(#360382) Verfasst am: 18.10.2005, 18:59    Titel: Antworten mit Zitat

Tegularius hat folgendes geschrieben:
jedenfalls denke ich, dass man Offenheit für "die Bewegung" nicht mit einem ständigen Sich-Bewegen-Müssen (so habe ich das "keinen Stillstand dulden" verstanden) verwechseln sollte.


Doch, ich finde, die Bewegung sollte stetig sein, fließend; irgendwas im Inneren sollte sich "immer" (mit-)bewegen, vielleicht zunächst nicht sichtbar; die bemerkbaren Veränderungen ergeben sich dann ja von allein.
Um das Pferd wieder mal von hinten aufzuzäumen: Das Gegenteil von dem, was ich meine, wäre bspw. für einen Papst ein Sich-Verstecken hinter seinem Vorgänger; zu sagen: "Ich bin sein verlängerter Arm, und alles, was wir zu sagen haben, ist gesagt oder geschrieben, ob von ihm oder von mir."

Es ist viel Zeit vergangen
- seit der Papstwahl
- durch die lange Krankheit des Vorgängers.
Zum jetzigen Zeitpunkt so etwas wie Bewegung nicht mal in Aussicht zu stellen - das ist nicht Religiosität, das ist nicht Spiritualität, das ist Angst, Müdigkeit, Arroganz, ... ein Bedienen der Bedürfnisse Zwanghafter.

Wir sind hier bei Freud. Bei der Frage, ob Religiosität ein Zwangssymptom ist, und ich schrieb: "... das, was sich so alltäglich an religiöser Praxis zeigt, gibt Freud m. E. vollumfänglich recht." Und auch: "Und die andere große Kirche - wenn ich sehe, wie man dort Spiritualität zu simulieren versucht, wird mir schlecht." Hier kommt das von Dir erwähnte Getriebensein zum Zuge.

Was für religiöse Leute hatte Freud denn im Blick? Doch wohl zunächst und vor allem jene, die ihn in seiner Praxis aufsuchten. Die Opfer der Instrumentalisierung des Numinosen, der Weisheit oder auch schlicht des religiösen Empfindens im Menschen als machtgeiler Gott.
Und wie nennt man ein ständiges "Abarbeiten von Ritualen ohne wirkliche Substanz" (rhetorische Frage)?
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Tegularius
surreal



Anmeldungsdatum: 28.07.2005
Beiträge: 2002

Beitrag(#360391) Verfasst am: 18.10.2005, 19:35    Titel: Antworten mit Zitat

Peach hat folgendes geschrieben:
Doch, ich finde, die Bewegung sollte stetig sein, fließend; irgendwas im Inneren sollte sich "immer" (mit-)bewegen, vielleicht zunächst nicht sichtbar; die bemerkbaren Veränderungen ergeben sich dann ja von allein.


So meinte ich das ja mehr oder weniger. Im "Inneren" bewegt sich sicherlich etwas, wenn man "offen" für die grundsätzliche Bewegung ist (für den Ablauf der Dinge sozusagen). Allerdings ist das dann m.E. kein Reagieren mehr auf eine als äußerlich wahrgenommene Bewegung, welches getan werden muss - somit bleibt also ein Sich-Bewegen-Müssen aus. Und um diesen Zustand zu erreichen, ist m.E. eine äußerlich "starre" Haltung (soll heißen: ein Unterlassen der ständigen Reaktion auf äußerliche Veränderung [wohlgemerkt kein Ignorieren derselben]) nicht hinderlich.

Zitat:
Um das Pferd wieder mal von hinten aufzuzäumen: Das Gegenteil von dem, was ich meine, wäre bspw. für einen Papst ein Sich-Verstecken hinter seinem Vorgänger; zu sagen: "Ich bin sein verlängerter Arm, und alles, was wir zu sagen haben, ist gesagt oder geschrieben, ob von ihm oder von mir."

Es ist viel Zeit vergangen
- seit der Papstwahl
- durch die lange Krankheit des Vorgängers.
Zum jetzigen Zeitpunkt so etwas wie Bewegung nicht mal in Aussicht zu stellen - das ist nicht Religiosität, das ist nicht Spiritualität, das ist Angst, Müdigkeit, Arroganz, ... ein Bedienen der Bedürfnisse Zwanghafter.


Das ist m.E. ein schlechtes Beispiel für eine "aufgrund von Unbeweglichkeit neurotische Religiosität" oder auch für eine "Nicht-Spiritualität"; denn die Bewegung, die du hier wohl im Auge hast, wäre ja mehr oder weniger eine "amtliche" und nicht unmittelbar eine persönlich-geistige. Und dass ein ständiger Wechsel der Rahmenbedingungen in meinen Augen kein Anzeichen von Lebendigkeit sondern von Getriebensein bedeutet, habe ich ja schon geschrieben.

Zitat:
Wir sind hier bei Freud. Bei der Frage, ob Religiosität ein Zwangssymptom ist, und ich schrieb: "... das, was sich so alltäglich an religiöser Praxis zeigt, gibt Freud m. E. vollumfänglich recht." Und auch: "Und die andere große Kirche - wenn ich sehe, wie man dort Spiritualität zu simulieren versucht, wird mir schlecht." Hier kommt das von Dir erwähnte Getriebensein zum Zuge.


Ja, ich habe ja auch nicht bestritten, dass die kirchliche Religiosität mit dem, was ich unter lebendige Spiritualität verstehe, im Großen und Ganzen nichts zu tun hat. Ich ging eher allgemein auf deine Ansicht ein.

Zitat:
Was für religiöse Leute hatte Freud denn im Blick? Doch wohl zunächst und vor allem jene, die ihn in seiner Praxis aufsuchten. Die Opfer der Instrumentalisierung des Numinosen, der Weisheit oder auch schlicht des religiösen Empfindens im Menschen als machtgeiler Gott.


Gut, wenn er nur von Menschen spricht, die er für bedingt durch die Religion neurotisch hält, bedeutet das ja im Umkehrschluss nicht, dass das religiöse Handeln ansich neurotisch ist.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
magnusfe
MASTERMISSIONATOR OF THEOLOGIK



Anmeldungsdatum: 03.08.2004
Beiträge: 3944
Wohnort: dunkler Ort :

Beitrag(#360448) Verfasst am: 18.10.2005, 21:08    Titel: ... Antworten mit Zitat

religiöse glaubenshandlungen mit leadergottsohn sind ausdruck einer unerfüllten liebesbedürfnisses
_________________
http://www.magnusfe.npage.de


Wer meine Worte klaut wird schlau
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Nordseekrabbe
linker Autist



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 31152
Wohnort: Dresden

Beitrag(#360571) Verfasst am: 18.10.2005, 23:07    Titel: Re: Sigmund Freud: religiöse Praktiken sind neurotische Zwangshandlungen Antworten mit Zitat

Frank hat folgendes geschrieben:
Religiöse Vorstellungen sind für Freud eine Illusion. Diese entsprängen der kindlichen Vatersehnsucht, den Wünschen nach Schutz vor den Gefahren des Lebens, Erfüllung der Gerechtigkeit in einer als ungerecht empfundenen Gesellschaft, dem Wunsch nach einem Leben nach dem Tod. Es handelt sich laut Freud um infantile Wünsche, die sowohl der Kindheitsphase des Individuums als auch der menschlichen Gattung entsprängen.

Individualpsychologisch sei die religiöse Vatergestalt "Gott" eine Verlängerung der Vatergestalt der Kindheit. Sie sei bedingt durch einen nicht überwundenen Konflikt, den man ins Erwachsenenalter hinüberträgt. Freud konstatiert, dass religiöse Praktiken neurotischen Zwangshandlungen gleichen. Die Religion träge neurotische Züge, weil der Mensch in ihr vor der Wirklichkeit flieht und nicht erwachsen werden will.

Freud kommt zum Schluss, dass der Mensch erwachsen werden muss und sein Schicksal in die eigenen Hände nehmen sollte.

Von meinem Standpunkt aus ist Sigmund Freud aktueller den je und die Zwangsneurosen blühen in der Welt.


Richtig. Aber war Sigmund Freud nicht Jude? Mit den Augen rollen
_________________
Autismus macht kein Urlaub.
"Seid unbequem. Seid Sand, nicht Öl im Getriebe der Welt." (Günter Eich)
"Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir für die Welt wünschst." (Mahatma Gandhi)
"Soldaten sind Mörder." (Kurt Tucholsky)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen MSN Messenger ICQ-Nummer
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen   Drucker freundliche Ansicht    Freigeisterhaus Foren-Übersicht -> Weltanschauungen und Religionen Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde
Gehe zu Seite 1, 2  Weiter
Seite 1 von 2

 
Gehe zu:  
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.



Impressum & Datenschutz


Powered by phpBB © 2001, 2005 phpBB Group