Wendor registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.01.2005 Beiträge: 1548
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(#364448) Verfasst am: 27.10.2005, 18:14 Titel: Vom Bla-Bla-Gipfel EU, aber Deutschland als größter Nettozahler. |
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Schröder beim EU-Gipfel in Hampton Court
Keinen zusätzlichen Euro für Brüssel
Bundeskanzler Gerhard Schröder hat im Streit über die mittelfristigen EU-Finanzen zusätzliches Geld für Brüssel ausgeschlossen. Beim EU-Gipfel in Hampton Court sagte Schröder auch im Namen der neuen Bundesregierung, Deutschland sei bei den Verhandlungen bereits "ans Limit und schon etwas darüber hinausgegangen". Berlin ist der größte Nettozahler der EU.
Deutsche sehen Blair in der Pflicht
Eine Einigung bei den Finanzverhandlungen war im Juni am Widerstand Großbritanniens gescheitert. Der britische Regierungschef und Gastgeber Tony Blair hatte eine Diskussion über den Finanzrahmen von 2007 bis 2013 in Hampton Court ausgeschlossen. Eine Einigung strebt er im Dezember an. Schröder unterstützte dieses Ziel. "Wir setzen hier hohe Erwartungen in Tony Blair", sagte er laut Redemanuskript. Auch die designierte Kanzlerin Angela Merkel hatte in einem Interview bereits eine Einigung im Dezember angemahnt.
Schröder betonte, zusätzliche Ausgaben für Deutschland auch vor dem Hintergrund der Anforderungen des EU-Stabilitätspaktes nicht machbar seien. "Das ist auch die Auffassung der neuen Bundesregierung", machte der scheidende Kanzler deutlich.
Skepsis gegen Globalisierungsfonds
Bei den Gipfel-Beratungen ging es auch um die Folgen der Globalisierung für das europäische Sozialmodell. Die Einrichtung eines Globalisierungsfonds stieß auf Skepsis. Zur Debatte beim EU-Gipfel stand der Kommissionsvorschlag, einen Globalisierungsfonds für strukturschwache Regionen einzurichten. Schröder zeigte sich skeptisch, dass dieser finanzierbar sei. Auch hier hielt er fest, dass kein zusätzliches Geld aus dem Berliner Haushalt nach Brüssel fließen solle. Es dürfe keine Nebenhaushalte und keine zusätzlichen Ausgaben geben. Der Fonds soll nach den Vorstellungen der Kommission mit jährlich 500 Millionen Euro ausgestattet werden und zunächst bis 2013 laufen.
Barroso: EU-Regierungen müssen handeln
Der Brüssler Kommissionschef Jose Manuel Barroso rief unterdessen die EU-Regierungen auf, Europa wettbewerbsfähiger zu machen. "Sie müssen handeln", rief Barroso nach Angaben von EU-Diplomaten den Teilnehmern des Gipfeltreffens zu. Die Regierungen müssten mehr tun, um wie im Jahr 2000 in Lissabon versprochen die EU zum dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. "Ich brauche Ihren persönlichen, politischen Einsatz", sagte Barroso.
http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID4893298_TYP6_THE_NAV_REF1_BAB,00.html
''Bla-Bla-Gipfel'' in Hampton Court?
Von Michael Becker, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Der österreichische Europa-Abgeordnete Othmar Karas hat vor einigen Tagen eine Vermissten-Anzeige aufgegeben: "Gesucht wird der europäische Ratspräsident - ein gewisser Tony Blair. Seit Sommer dieses Jahres hat ihn in dieser Funktion niemand mehr gesehen". Das Ganze ist natürlich ein Gag - aber Karas hat damit vielen in Brüssel aus der Seele gesprochen.
Seit vier Monaten hat Blair den Vorsitz in der EU. Als er ihn übernommen hat, lagen gewaltige Probleme auf dem Tisch: die Krise um die europäische Verfassung und der Streit um die Finanzierung der EU in den kommenden Jahren - um nur die beiden größten zu nennen. Nach vier Monaten muss man feststellen: Sie liegen immer noch da - nichts ist passiert, absolut gar nichts. Die Diskussion um die Zukunft Europas hat noch nicht mal angefangen. Ein Ausweg aus der Verfassungskrise ist nicht ansatzweise in Sicht. Ein Kompromiss beim Streit um die Finanzierung der EU - Fehlanzeige.
Bla-Bla-Gipfel?
Dass heute in Hampton Court überhaupt über die EU-Finanzen geredet wird, liegt nur daran, dass mehrere EU-Staats- und Regierungschefs sowie der Präsident der EU-Kommission, José Manuel Barroso, massiv Druck gemacht haben. Tony Blairs Sondergipfel in Hampton Court wurde in Brüssel schon abfällig als Bla-Bla-Gipfel bezeichnet - aber offenbar war vor allem dem französischen Präsidenten Jacques Chirac und dem Luxemburger Jean Claude Juncker ihre Zeit zu schade. Und die Osteuropäer in der EU fürchten, dass ab 2007 keine Fördergelder ausgezahlt werden können, wenn man sich nicht bald einigt beim Streit ums Geld.(Anm.: Woher nehmen und nicht stehlen? Sollte Deutschland sich weiterhin Ver-schulden, ohne eigene Schuld?)
Blair hätte in Hampton Court am liebsten nur über die Reform des europäischen Sozialmodells gesprochen. Was nichts anderes bedeutet, als dass er den anderen EU-Staats- und Regierungschefs nahe legen möchte, ihre Sozialsysteme so zu reformieren, wie das in Großbritannien passiert ist. Also weniger Sozialstaat und mehr Marktliberalismus. Blair ist überzeugt davon, dass Europa nur so im globalen Wettbewerb bestehen kann. Die Ansicht kann man ja durchaus vertreten, aber als EU-Vorsitzender sollte man nicht so tun als gäbe es die Krise um die Finanzen und die Verfassung nicht.
Blair ist Teil des Problems
Allerdings war von Anfang an klar, dass Tony Blair sich nicht besonders eignet als Vermittler in der EU-Krise. Denn: Blair ist Teil des Problems. Manche in Brüssel bringen es sogar auf die Formel: Blair ist das Problem. Dass es beim letzten Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel im Sommer keine Einigung gegeben hat beim Streit ums Geld lag vor allem an Blairs harter Verhandlungsposition. Über den britischen Beitragsrabatt bei den Zahlungen in die EU-Kasse wollte er nur verhandeln, wenn im Gegenzug bei den Subventionen für die Landwirtschaft gekürzt wird.Anm.: Auch noch Rabatte? Dann sollte Blair erst einmal den Euro für das eigene Land einführen. Sein Auftreten ist mehr als dreist zu bezeichen. Oder will er vielleich austesten, wie weit er noch gehen kann, die anderen alles schluckten?) Die waren aber schon längst bis 2013 festgeschrieben. Blair hatte beim EU-Gipfel im Sommer so viel Porzellan zerschlagen, dass er offenbar selbst der Ansicht war, kitten und wieder zusammensetzen ist sowieso aussichtslos.
Was kam, war das große Schweigen der neuen britischen EU-Präsidentschaft. In Hampton Court soll das Thema Geld zumindest angeschnitten werden. Auf dem EU-Gipfel im Dezember in Brüssel will man versuchen, sich auf die künftige Finanzierung der EU zu einigen. Das wäre dann endlich das Signal zum Aufbruch, das die EU so dringend bräuchte.
Sollte das gelingen, dann sicherlich nicht wegen Tony Blair - sondern trotz Tony Blair.
http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID4894664_REF1_NAV_BAB,00.html
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