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Hat der Kapitalismus "gewonnen"? |
Ja! |
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31% |
[ 11 ] |
Nein! |
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68% |
[ 24 ] |
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Stimmen insgesamt : 35 |
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Autor |
Nachricht |
Kadaj auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 30.04.2005 Beiträge: 674
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(#343468) Verfasst am: 13.09.2005, 14:35 Titel: |
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max hat folgendes geschrieben: | Kadaj hat folgendes geschrieben: | Aber das Geld, das du zum Essenkaufen aufwendest, ist doch auch eine Ressource. Und was du dir zu Essen kaufst, ist auch eine Ressource. Ich sehe nicht die klare Trennlinie, die nötig wäre, um gesetzlich zu definieren, wann demokratisch entschieden wird, und wann nicht. |
Nur soll die Wirtschaft so organisiert werden, dass im Endeffekt jedes produzierte Gut kostenlos ist und jeder gleichen Zugang zu diesen Gütern hat - also unabhängig von Besitz und Einkommen. Demokratisch wird also entschieden, was überhaupt zu Verfügung steht. Aufgrund der heute vorhandenen Technologien kann ein derartiger materieller Überfluss auch produziert werden - und steht heute schon bei den meisten Güter zur Verfügung, nur dass der Zugang von Besitz abhängig ist. |
Wenn sowieso alle Güter heute schon im Überfluß vorhanden sind, und "später einmal" erst recht durch verbesserte Technologien... wieso muß dann überhaupt noch demokratisch entschieden werden, was produziert wird? Es ist doch dann sowieso machbar, wirklich alles in gewünschter Menge her- und bereitzustellen, und sei es noch so ungewöhnlich und luxoriös.
Wo ist da noch Bedarf für demokratische Produktionspläne? Es sagt einfach jeder einzelne, was er haben will, und genau das bekommt er dann auch, und nicht weniger.
Das Problem dürfte nur sein: auf abesehbare Zeit hinaus wird es eben leider nicht möglich sein, alles was gewünscht ist auch nur annähernd für alle Menschen herzustellen. So weit ist die Technologie auch noch nicht vorangeschritten...
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#343511) Verfasst am: 13.09.2005, 15:56 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Shadaik hat folgendes geschrieben: | Interessant, hieran den Unterschied zwischen unseren Ansichten festzustellen: Ich nehme die von mir wahrgenommene Realität und benennen sie, du nimmst die Benennung und wendest sie dann auf die von dir wahrgenommene Realität an. |
Frechheit!
Naja, von einem bestimmten Blickwinkel aus könnte das schon stimmen. Allerdings könnte es von einem anderen Blickwinkel aus auch genau umgekehrt sein... |
Zitat: | Wie kommst du dazu, den Markt im Kapitalismus als "frei" zu bezeichnen? |
Ich übernehme die allgemein verwendete Bezeichnung und ignoriere ihre wortwörtliche Bedeutung, um ihre praktische Bedeutung zu verwenden.
Daher spreche ich auch nicht von einem freien Markt, sondern von dem freien Markt.
Allerdings bin ich in diesem Markt auch subjektiv frei. Ich kann jederzeit gehen und meinen Kram verkaufen und (fast) niemand kann mich dran hindern.
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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max registrierter User
Anmeldungsdatum: 18.07.2003 Beiträge: 3055
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(#343654) Verfasst am: 13.09.2005, 20:53 Titel: |
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Lars hat folgendes geschrieben: | Damit ist eine an das Problem angepasste Lösung eben nicht Privateigentum an Produktionsmitteln grundsätzlich abzuschaffen, sondern nur die Menge an Produktionsmitteln, die eine Person besitzen darf, quantitativ zu begrenzen und was eine Person mit ihren Produktionsmitteln tun darf qualitativ zu begrenzen. |
Genau: eben auf den Eigenbedarf und alles darüber hinaus wird demokratisch kontrolliert.
Lars hat folgendes geschrieben: | Also noch einmal konkret für dein Beispiel: wie kann eine Aktiengesellschaft, deren Aufsichtsrat vollständig unter demokratischer Kontrolle steht, diktatorische Macht ausüben? |
In diesem Fall steht der Konzern effektiv doch unter demokratischer Kontrolle. Es ist mir vollkommen schleierhaft, warum du nicht gleich den gesamten Konzern direkt unter demokratische Kontrolle stellen willst. Warum?
Lars hat folgendes geschrieben: | Von einer direkten Kontrolle durch Enteignung würde sie sich aber dadurch unterscheiden, dass sie für kleine und mittlere Unternehmer wesentlich weniger deutlich spürbar wäre. Zumal sie in einer Demokratie ja nur solche einschränkungen ihrer unternehmerischen Handlungsmöglichkeiten erfahren würden, die von eine Mehrheit der Bevölkerung als notwendig angesehen würden. |
Du schaffst einfach nur seltsame Strukturen. Einerseits faktisch eine demokratische Kontrolle der Produktionsmittel und andererseits willst du den "Unternehmern" offiziell die Kontrolle lassen. Warum?
Lars hat folgendes geschrieben: | Stelle dir eine eisenzeitliche Bauernkultur vor deren Wirtschaftleistung hauptsächlich auf der landwirtschaftichen Produktion freier bäuerlicher Kleinbetriebe mit eigenem Landbesitz beruht. |
Dir ist schon klar, dass damals die Mehrwertproduktion eben nicht in erster Linie auf der Ausbeutung von Lohnarbeitern beruhte? Der Grossteil der Produktion (wobei fast kein Mehrwert produzierte wurde, sondern in erster Linie die Produktion direkt von den Produzenten konsumiert wurde) damals beruhte darauf, dass der Besitzer der Produktionsmittel direkt mit diesen arbeitete - bis sich eben später Feudalherren die Bauern unterjochten.
Lars hat folgendes geschrieben: | In einem System in dem der Gewinnanteil den der Unternehmer für sich entnehmen kann, fest an den Gewinnanteil gekoppelt ist, den er den Angestellen auszahlen muss, kann keiner der Bewerber die Preise beliebig senken, indem er die "Löhne" senkt, da er dabei auch sein eigenes Einkommen mit senken würde. |
Erneut so ein Beispiel für eine faktische Enteignung und demokratischer Kontrolle des Betriebes. Warum sollte man sich einen "Unternehmer" noch leisten? Was für einen Sinn sollte dieser haben?
Lars hat folgendes geschrieben: | Monopolähnlicher Zustände können nur dann entstehen, wenn es dem stärkeren Wettbewerber erlaubt wird beliebig hohe Marktanteile zu gewinnen bzw den schwächeren aufzukaufen. |
Wenn du dies nicht erlauben willst, enteignest du die "Unternehmer" doch faktisch ebenfalls und stellst diese Betriebe indirekt unter demokratische Kontrolle.
Lars hat folgendes geschrieben: | wenn du nun plötzlich meinst, die Trennungslinie bis zu welcher Größe private Betriebe akzeptabel sind, doch höher ansetzen zu können, solltest Du vielleicht doch mal überlegen, wo diese Linie dann tatsächlich sein sollte. Vielleicht sind wir uns dann einiger als du denkst. |
Das grundlegende Ziel sollte erst einmal die Entmachtung der Kapitalisten sein und dafür sollte man auch versuchen wenigstens Teile der Mittelschichten zu gewinnen. Das bedeutet, dass man diese Trennlinie anfangs durchaus flexibel gestalten kann, aber ich denke, es sollte möglich sein, alle für eine Demokratisierung der gesamten Wirtschaft zu gewinnen.
Kadaj hat folgendes geschrieben: | Wenn sowieso alle Güter heute schon im Überfluß vorhanden sind, und "später einmal" erst recht durch verbesserte Technologien... wieso muß dann überhaupt noch demokratisch entschieden werden, was produziert wird? Es ist doch dann sowieso machbar, wirklich alles in gewünschter Menge her- und bereitzustellen, und sei es noch so ungewöhnlich und luxoriös.
Wo ist da noch Bedarf für demokratische Produktionspläne? Es sagt einfach jeder einzelne, was er haben will, und genau das bekommt er dann auch, und nicht weniger.
Das Problem dürfte nur sein: auf abesehbare Zeit hinaus wird es eben leider nicht möglich sein, alles was gewünscht ist auch nur annähernd für alle Menschen herzustellen. So weit ist die Technologie auch noch nicht vorangeschritten... |
Heute sind nicht alle Güter im Überfluss vorhanden - was aber nicht daran liegt, dass entsprechende Technologien nicht zur Verfügung stehen, sondern sie nicht entsprechend verwendet werden. Einerseits gibt es global eine massive Arbeitslosigkeit, d.h. die Ausweitung der Produktion ist möglich und andererseits können in vielen Bereichen massiv Ressourcen eingespart werden, z.B. bei der Rüstungsindustrie, Marketing/Werbung, vollkommen ineffeziente Verkehrstechnologien (die dazu noch massiv Rohstoffe verbrauchen). Es braucht eine Umorganisation der Produktion nach den Befürnissen - und dies ist nicht zu machen, wenn es alleine nach dem Einkommen/Besitz der Konsumenten geht, da große Teile der Menschheit einfach kein entsprechenden Reichtum haben. Deshalb braucht es eine Demokratisierung.
_________________ Für die AGENDA 3010! 30-Stunden-Woche mit vollen Lohnausgleich und 10 Euro gesetzlicher Mindestlohn!
The only general I like is called strike
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Kadaj auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 30.04.2005 Beiträge: 674
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(#344038) Verfasst am: 14.09.2005, 14:28 Titel: |
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Aber wenn diese Veränderung der Produktionsbedingungen erfolgt ist, und zudem alles in gewünschter Qualität und Quantität erzeugt werden kann - warum bedarf es dann nach der Vergesellschaftung (oder wie man es nennen will) noch demokratischer Abstimmung?
Dann "kann" doch nur noch beschlossen werden: "ja, wir produzieren alles was von den einzelnen gewünscht wird - denn wir können es". Oder stände noch zur Option: "Wir haben zwar die Möglichkeit (Kapazitäten, Ressourcen, Technologien, etc.), alles zu produzieren, aber ein wenig leiden sollen manche Bürger schon - produzieren wir doch einfach zu wenig..."?!
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max registrierter User
Anmeldungsdatum: 18.07.2003 Beiträge: 3055
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(#344066) Verfasst am: 14.09.2005, 15:10 Titel: |
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Kadaj hat folgendes geschrieben: | Aber wenn diese Veränderung der Produktionsbedingungen erfolgt ist, und zudem alles in gewünschter Qualität und Quantität erzeugt werden kann - warum bedarf es dann nach der Vergesellschaftung (oder wie man es nennen will) noch demokratischer Abstimmung?
Dann "kann" doch nur noch beschlossen werden: "ja, wir produzieren alles was von den einzelnen gewünscht wird - denn wir können es". |
Es ist wahrscheinlich, dass wenn diese Produktionsbedingungen verändert wurden, die Notwendigkeit von demokratischen Abstimmungen stark zurückgeht - und eventuell vollkommen überflüssig wird. D.h. eben der Staat überflüssig wird. Genau dies meint u.a. Marx mit Kommunismus.
_________________ Für die AGENDA 3010! 30-Stunden-Woche mit vollen Lohnausgleich und 10 Euro gesetzlicher Mindestlohn!
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Kadaj auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 30.04.2005 Beiträge: 674
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(#344125) Verfasst am: 14.09.2005, 17:00 Titel: |
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max hat folgendes geschrieben: | Kadaj hat folgendes geschrieben: | Aber wenn diese Veränderung der Produktionsbedingungen erfolgt ist, und zudem alles in gewünschter Qualität und Quantität erzeugt werden kann - warum bedarf es dann nach der Vergesellschaftung (oder wie man es nennen will) noch demokratischer Abstimmung?
Dann "kann" doch nur noch beschlossen werden: "ja, wir produzieren alles was von den einzelnen gewünscht wird - denn wir können es". |
Es ist wahrscheinlich, dass wenn diese Produktionsbedingungen verändert wurden, die Notwendigkeit von demokratischen Abstimmungen stark zurückgeht - und eventuell vollkommen überflüssig wird. D.h. eben der Staat überflüssig wird. Genau dies meint u.a. Marx mit Kommunismus. |
Dann verstehe ich dich.
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Lars unregistrierter User
Anmeldungsdatum: 23.05.2004 Beiträge: 240
Wohnort: Berlin
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(#344134) Verfasst am: 14.09.2005, 17:38 Titel: |
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max hat folgendes geschrieben: |
Lars hat folgendes geschrieben: | Damit ist eine an das Problem angepasste Lösung eben nicht Privateigentum an Produktionsmitteln grundsätzlich abzuschaffen, sondern nur die Menge an Produktionsmitteln, die eine Person besitzen darf, quantitativ zu begrenzen und was eine Person mit ihren Produktionsmitteln tun darf qualitativ zu begrenzen. |
Genau: eben auf den Eigenbedarf und alles darüber hinaus wird demokratisch kontrolliert.
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Eben genau falsch. Passt man die Grenze an das Problem an, wird sie da liegen, wo das Eigentum an Produktionsmitteln oder Kapital dem Besitzer überproportionale wirtschaftliche und damit auch politische Macht verschafft. Setzt man aber entsprechende Rahmenbedingungen, kann die Mehrzahl der heutigen Betriebe unter dieser Grenze bleiben.
max hat folgendes geschrieben: |
Lars hat folgendes geschrieben: | Also noch einmal konkret für dein Beispiel: wie kann eine Aktiengesellschaft, deren Aufsichtsrat vollständig unter demokratischer Kontrolle steht, diktatorische Macht ausüben? |
In diesem Fall steht der Konzern effektiv doch unter demokratischer Kontrolle. Es ist mir vollkommen schleierhaft, warum du nicht gleich den gesamten Konzern direkt unter demokratische Kontrolle stellen willst. Warum?
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Weil solche Konzerne zwar den Großteil der wirtschaftlichen Macht haben, aber in der Anzahl der Betriebe nur eine winzige Minderheit darstellen. Solange Du aber forderst, Produktionsmittel grundsätzlich zu enteignen, triffst du damit auch eine übergroße Mehrheit von kleinen und mittleren Unternehmern, die entweder sowieso harmlos sind, oder durch entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen harmlos gemacht werden können.
Du schränkst damit eine große Anzahl von Menschen ohne Notwendigkeit in ihrer Freiheit ein.
Dadurch dass Du eine große Anzahl von Menschen in dieser Weise bedrohst, machst Du es wesentlich schwieriger, auf demokratischem Wege eine Alternative zum Kapitalismus durchzusetzen.
Dies ist um so dramatischer, als es beim Blick auf das Handeln der gegenwärtig Mächtigen immer deutlicher wird, dass diese längst intensiv an einer zutiefst undemokratischen Alternative arbeiten.
max hat folgendes geschrieben: |
Lars hat folgendes geschrieben: | Von einer direkten Kontrolle durch Enteignung würde sie sich aber dadurch unterscheiden, dass sie für kleine und mittlere Unternehmer wesentlich weniger deutlich spürbar wäre. Zumal sie in einer Demokratie ja nur solche einschränkungen ihrer unternehmerischen Handlungsmöglichkeiten erfahren würden, die von eine Mehrheit der Bevölkerung als notwendig angesehen würden. |
Du schaffst einfach nur seltsame Strukturen. Einerseits faktisch eine demokratische Kontrolle der Produktionsmittel und andererseits willst du den "Unternehmern" offiziell die Kontrolle lassen. Warum?
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Weil die indirekte Kontrolle es den Unternehmern in einem beschränkten Rahmen ein weitgehend freies wirtschaftliches Handeln ermöglicht. Die Grenze der Freiheit ist erst dort zu setzen, wo die Freiheit anderer eingeschränkt wird.
Das Du Strukturen, die möglichst vielen Menschen möglichst große Freiheiten ermöglichen sollen, als "seltsam" empfindest, finde ich ziemlich wiederum ziemlich bedenklich.
max hat folgendes geschrieben: |
Lars hat folgendes geschrieben: | Stelle dir eine eisenzeitliche Bauernkultur vor deren Wirtschaftleistung hauptsächlich auf der landwirtschaftichen Produktion freier bäuerlicher Kleinbetriebe mit eigenem Landbesitz beruht. |
Dir ist schon klar, dass damals die Mehrwertproduktion eben nicht in erster Linie auf der Ausbeutung von Lohnarbeitern beruhte? Der Grossteil der Produktion (wobei fast kein Mehrwert produzierte wurde, sondern in erster Linie die Produktion direkt von den Produzenten konsumiert wurde) damals beruhte darauf, dass der Besitzer der Produktionsmittel direkt mit diesen arbeitete - bis sich eben später Feudalherren die Bauern unterjochten.
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Falsch. In vielen derartigen Systemen war die durchschnittliche Anzahl der in einem bäuerlichen Betrieb arbeitenden Personen durchaus deutlich größer, als die der Personen, die in irgendeiner Weise als Besitzer betrachtet werden können. Diese Leute waren durchaus in vieler Hinsicht mit heutigen Lohnempfängern vergleichbar (ein interessanter Unterschied besteht allerdings in der Sozialversorgung). Hörige gab es erst in späteren Feudalsystemen und Sklaverei war in vielen dieser Gesellschaften sehr selten oder sogar unbekannt.
Der viel kleinere produzierte Überschuss geht zwar als Argument in die richtige Richtung, ist aber, da im Gegensatz zu den späteren feudalistischen Domänen diese Betriebe im allgemeinen nicht autark waren, nur ein quantitativer Unterschied, kein qualitativer.
Wenn Du den tatsächlichen Unterschied zum Kapitalismus verstehen willst, solltest Du dir überlegen, warum diese Wirtschaftssysteme ohne nennenswertes Wachstum und ohne nennenswerte technische Innovationen funktionieren konnten, während der moderne Kapitalismus von beidem abhängig ist, wie von einer Droge.
max hat folgendes geschrieben: |
Lars hat folgendes geschrieben: | In einem System in dem der Gewinnanteil den der Unternehmer für sich entnehmen kann, fest an den Gewinnanteil gekoppelt ist, den er den Angestellen auszahlen muss, kann keiner der Bewerber die Preise beliebig senken, indem er die "Löhne" senkt, da er dabei auch sein eigenes Einkommen mit senken würde. |
Erneut so ein Beispiel für eine faktische Enteignung und demokratischer Kontrolle des Betriebes. Warum sollte man sich einen "Unternehmer" noch leisten? Was für einen Sinn sollte dieser haben?
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Das hängt natürlich davon ab, nach welchen Kriterien Du den "Sinn" eines Menschen misst. Tust Du es nach äußeren Kriterien (Wie zB. wirtschaftlicher Effizienz) neigst Du schnell dazu ihn zu instrumentalisieren und damit zu entwürdigen.
Frage also kleinere und mittlere Unternehmer doch einmal selbst, welchen Sinn sie in ihrer Tätigkeit sehen. Die wenigsten werden Dir da als erstes wirtschaftliche Motive wie "möglichst viel Geld verdienen" nennen, die Ausbeutung notwendig machen würden. Im Gegenteil glauben viele sogar durch ihre Tätigkeit gegenüber einem Lohnempfänger wirtschaftlich benachteiligt zu sein. Ihre Tatsächlichen Motive haben im allgemeinen eher etwas mit Selbstverwirklichung zu tun.
Manche Menschen möchten sich eben ein positives Selbstbild und Ansehen bei Anderen verschaffen, indem sie in der Wirtschaft durch selbstständige Tätigkeit etwas bewegen. Andere möchten dies eher wissenschaftliche oder künstlerische Leistungen erreichen, wieder andere durch soziales oder politisches Engagement.
Ich halte alle diese Bestrebungen für gerechtfertigt und möchte gerne eine Gesellschaft in der es für jede dieser Bestrebungen entsprechende Tätigkeitsfelder gibt.
max hat folgendes geschrieben: |
Lars hat folgendes geschrieben: | Monopolähnlicher Zustände können nur dann entstehen, wenn es dem stärkeren Wettbewerber erlaubt wird beliebig hohe Marktanteile zu gewinnen bzw den schwächeren aufzukaufen. |
Wenn du dies nicht erlauben willst, enteignest du die "Unternehmer" doch faktisch ebenfalls und stellst diese Betriebe indirekt unter demokratische Kontrolle.
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Eine indirekte Kontrolle, die darin besteht, die Handlungsmöglichkeiten von Menschen durch Gesetze und andere Steuerungsmaßnahmen so zu beschränken, das sie bei Ausübung ihrer eigenen Freiheitsrechte die Freiheit anderer Menschen nicht beinträchtigen, ist doch in allen Lebensbereichen völlig normal und hat mit "faktischer Enteignung" überhaupt nichts zu tun.
Fühlst Du dich auch dadurch, dass Du beim Autofahren gewissen Verkehrsregeln folgen musst "faktisch enteignet"?
Selbst heute schon gibt es ja auch in der Wirtschaft zB. so etwas wie Kartelgesetze. Neoliberealistische Kapitalisten sehen so etwas natürlich als Einschränkung an und wollen es abschaffen. Der "freie Markt", den diese Leute anstreben, hat aber weniger mit Freiheit als vielmehr mit Anomie zu tun.
Warum Du dich aber durch deine Gleichsetzung von "indirekter demokratischer Kontrolle" mit "faktischer Enteignung" an dieser neoliberalistischen Propaganda beteiligst, verstehe ich nicht.
max hat folgendes geschrieben: |
Lars hat folgendes geschrieben: | wenn du nun plötzlich meinst, die Trennungslinie bis zu welcher Größe private Betriebe akzeptabel sind, doch höher ansetzen zu können, solltest Du vielleicht doch mal überlegen, wo diese Linie dann tatsächlich sein sollte. Vielleicht sind wir uns dann einiger als du denkst. |
Das grundlegende Ziel sollte erst einmal die Entmachtung der Kapitalisten sein und dafür sollte man auch versuchen wenigstens Teile der Mittelschichten zu gewinnen. Das bedeutet, dass man diese Trennlinie anfangs durchaus flexibel gestalten kann, aber ich denke, es sollte möglich sein, alle für eine Demokratisierung der gesamten Wirtschaft zu gewinnen.
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Solange du diese Linie nur anfangs flexibel gestalten willst und damit im Hintergrund doch mit ihrer Enteignung drohst, wirst Du das Vertrauen der Mittelschichten nicht gewinnen.
Solange Du für Enteignungen ein Kriterium nennst ("Produktion über den Eigenbedarf hinaus"), das sogar Kleingärten und Bauchläden beinhaltet, dann bei bei Nachfrage zwar behauptest, so weit würdest Du nicht gehen wollen, im nächsten Moment aber wieder mit dem gleichen Kriterium kommst, bist Du mit Recht nicht vertrauenswürdig.
Wenn du die Mittelschichten gewinnen willst, musst du bereit sein ihre Interessen langfristig zu integrieren und zu vertreten. Tust Du es nicht, hast Du für gesellschaftliche Veränderungen weder die nötige Machtbasis noch die demokratische Legitimation. Stattdessen träumst Du weiter in deinem ideologischen Elfenbeinturm vor dich hin und überlässt das Feld den Kapitalistischen Machteliten, die inzwischen das zerfallende System des Kapitalismus auf ihre Weise umgestalten.
_________________ 1. Mose 6, 5-6:
Und der Mensch sah, daß die Bosheit des Gottes im Himmel groß war und alles Sinnen der Gedanken seines Herzens nur böse den ganzen Tag.
Und es reute den Menschen, daß er den Gott im Himmel gemacht hatte, und es bekümmerte ihn in sein Herz hinein.
(leicht aktualisiert)
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max registrierter User
Anmeldungsdatum: 18.07.2003 Beiträge: 3055
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(#344219) Verfasst am: 14.09.2005, 20:14 Titel: |
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Lars hat folgendes geschrieben: | Passt man die Grenze an das Problem an, wird sie da liegen, wo das Eigentum an Produktionsmitteln oder Kapital dem Besitzer überproportionale wirtschaftliche und damit auch politische Macht verschafft. Setzt man aber entsprechende Rahmenbedingungen, kann die Mehrzahl der heutigen Betriebe unter dieser Grenze bleiben. |
Und wo soll diese Grenze liegen? "Überproportional" ist sehr vage.
Lars hat folgendes geschrieben: | Weil solche Konzerne zwar den Großteil der wirtschaftlichen Macht haben, aber in der Anzahl der Betriebe nur eine winzige Minderheit darstellen. Solange Du aber forderst, Produktionsmittel grundsätzlich zu enteignen, triffst du damit auch eine übergroße Mehrheit von kleinen und mittleren Unternehmern, die entweder sowieso harmlos sind, oder durch entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen harmlos gemacht werden können.
Du schränkst damit eine große Anzahl von Menschen ohne Notwendigkeit in ihrer Freiheit ein. |
Tatsächlich enteignest du sie doch genauso. Du schrenkst ihren Handlungsspielraum im Endeffekt stark ein. Wenn du z.B. Ausbeutung verhindern willst, dann bedeutet dies doch in der Konsequenz, dass keiner dieser Kleinstunternehmer mehr Leute beschäftigen kann, die zu seinem Vorteil arbeiten. Und wie soll bitte ein Kleinunternehmen aussehen, wo im Endeffekt der "Chef" auf der gleichen Stufen wie die Arbeiter stehen und der "Chef" diesen nicht zu sagen hat - weil er ja sonst ihre Freiheit einschränkt? Wenn du selbst konsequent bist, dann haben diese "Unternehmer" keine Freiheit, die über ihre Stimme in dem jeweiligen demokratischen Organ hinausgeht. Dann wäre es ehrlicher, wenn man diese Menschen davon überzeugt, dass ihre "Selbstständigkeit" und ihr "Unternehmertum" sie lieber als gleichberechtigte Produzenten ausleben sollen - sich also demokratischen Betrieben anschliessen sollen. Ich sehe darin auch keine Bedrohung, da die Mehrheit dieser "Unternehmer" nur etwas zu gewinnen haben - und nicht verlieren werden. Selbstverwirklichung und Selbstbestimmung werden sie deutlich eher in einer demokratischen Gesellschaft verwirklichen können, als in einer Wirtschaft, wo sie sich gegen Konkurrenz behaupten müssen.
Lars hat folgendes geschrieben: | Wenn du die Mittelschichten gewinnen willst, musst du bereit sein ihre Interessen langfristig zu integrieren und zu vertreten. Tust Du es nicht, hast Du für gesellschaftliche Veränderungen weder die nötige Machtbasis noch die demokratische Legitimation |
Abgesehen davon, dass die Mittelschichten einer Minderheit der Gesellschaft darstellen und deshalb auch ohne die Mittelschichten eine nötige Basis für Veränderungen und eine demokratische Legitimation vorhanden sein kann, bin ich nicht der Meinung, dass man die Mittelschichten auf der Basis ihrer heutigen sozialen Stellung und ihrer heutigen Ideologie gewinnen soll, sondern man sie davon überzeugen soll, dass sie mit einer Wirtschaft, die demokratisch kontrolliert ist und die auf Kooperation fusst, besser fahren. Wie du - und andere hier - richtig bemerken, fühlen sich viele "Unternehmer" gegenüber Lohnabhängigen benachteiligt und oft stehen sie auch tatsächlich schlechter da. Es besteht also die Möglichkeit, sie für eine andere Basis für ihre Arbeit zu gewinnen.
Lars hat folgendes geschrieben: | Falsch. In vielen derartigen Systemen war die durchschnittliche Anzahl der in einem bäuerlichen Betrieb arbeitenden Personen durchaus deutlich größer, als die der Personen, die in irgendeiner Weise als Besitzer betrachtet werden können. Diese Leute waren durchaus in vieler Hinsicht mit heutigen Lohnempfängern vergleichbar (ein interessanter Unterschied besteht allerdings in der Sozialversorgung). Hörige gab es erst in späteren Feudalsystemen und Sklaverei war in vielen dieser Gesellschaften sehr selten oder sogar unbekannt. |
Die damalige Betriebe funktionierten doch viel eher wie Grossfamilien, in der alle für den eigenen Konsum arbeiteten und man nicht davon sprechen kann, dass einzelne ausgebeutet wurden. Die Vorteile des Chefs waren minimal, wenn überhaupt vorhanden - wenn überhaupt ein klarer Chef vorhanden war.
Lars hat folgendes geschrieben: | Der viel kleinere produzierte Überschuss geht zwar als Argument in die richtige Richtung, ist aber, da im Gegensatz zu den späteren feudalistischen Domänen diese Betriebe im allgemeinen nicht autark waren, nur ein quantitativer Unterschied, kein qualitativer. |
Der Unterschied ist deshalb qualitiv, weil es eben keine Ausbeutung gibt, wenn kein Mehrwert produziert wird.
Lars hat folgendes geschrieben: | Wenn Du den tatsächlichen Unterschied zum Kapitalismus verstehen willst, solltest Du dir überlegen, warum diese Wirtschaftssysteme ohne nennenswertes Wachstum und ohne nennenswerte technische Innovationen funktionieren konnten, während der moderne Kapitalismus von beidem abhängig ist, wie von einer Droge. |
Heutige Kapitalisten sind gezwungen ständig die Produktionsmittel zu verbessern, um sich gegen die Konkurrenz behaupten zu können. Ein Bauer der Eisenzeit dagegen hatte keine Konkurrenz, sondern musste ums Überleben kämpfen. Trotzdem gab es in diesen Gesellschaften gewaltige technische Fortschritte, die schliesslich die Mehrwertproduktion in den späteren Klassengesellschaften ermöglichten.
_________________ Für die AGENDA 3010! 30-Stunden-Woche mit vollen Lohnausgleich und 10 Euro gesetzlicher Mindestlohn!
The only general I like is called strike
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Stefan auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 03.08.2004 Beiträge: 6217
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(#344365) Verfasst am: 15.09.2005, 09:57 Titel: |
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Wie menschenverachtend Kapitalismus sein kann, zeigt sich auch an der jetzigen Debatte um die Energiepreise. Besonders der steigende Gaspreis lässt die Politiker kurz vor Wahlen Empörung spielen. Der Ruf nach dem Kartellamt wird laut.
Leider haben die meisten Wähler vergessen, das diese Politiker den hohen Gaspreis mit zu verantworten haben.
Die Fusion von EON und Ruhrgas im Jahre 2002, vom Kartellamt seinerzeit untersagt (!), wurde per Ministererlaß (Müller, SPD) genehmigt. Somit ist ein mächtiges Monopol in Deutschland entstanden, das nun die Preise gestalten kann wie es will.
Die Energielobby arbeitet auf Hochtouren. Nach der Wahl wird das Kartellamt wieder in seine Schranken verwiesen. Wetten?
Das ist Kapitalismus. Das ist der Unterschied zur freien Marktwirtschaft.
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Baldur auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 05.10.2005 Beiträge: 8326
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(#355117) Verfasst am: 07.10.2005, 17:56 Titel: |
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Freie Marktwirtschaft bedeutet (synonym zu Wirtschaftsliberalismus), dass es nur ein gültiges, den Markt beeinflussendes Gesetz gibt:
Angebot und Nachfrage regulieren den Preis. (Bzw. Der Preis reguliert Angebot und Nachfrage. Egal, wie man es auslegen will.)
In der freien Marktwirtschaft gibt es keine Beeinflussungen von staatlicher Seite. d.h. z.B. dass alles Verkauft werden kann, auch Drogen. Es gibt weder Subventionen noch Steuern (die den Markt "steuern"). Kartelle und Monopolbildung werden nicht verhindert. Nach Marx führt die freie Marktwirtschaft letztendlich zu Monopolisierung in allen Wirtschaftsbereichen und zur Konzentration des Kapitals in wenigen Händen gegenüber einer Vielzahl, die über kein Kapital verfügen.
In der Planwirtschaft wird das Verhältnis von Angebot und nachfrage "geplant". Man prognostiziert die Nachfrage und schafft demgegenüber das entsprechende Angebot. Der Markt unterliegt vollkommener staatlicher Kontrolle. Der Staat/die Gesellschaft bestimmt was produziert wird und wieviel davon. Idealerweise erhält jeder die Güter entsprechend seiner Bedürfnisse. Genau genommen gibt es in der Planwirtschaft keinen wirklichen Markt.
In der sozialen Marktwirtschaft wird der Markt vom Staat reguliert. Er ist somit ein Kompromiss aus beiden Gegensätzen. Das ganze lässt sich sehr schön an einem Strahl darstellen. Wohin eine soziale Marktwirtschaft eher tendiert, lässt sich hier graphisch darstellen. Eher zu frei, oder eher zu planmäßig. Je mehr Gesetze, Bestimmungen, Subventionen oder Steuern es gibt, umso stärker übt der Staat einfluss auf den Markt. So können z.B. die Subventionenn oder Steuern derart angesetzt werde, dass die Grundbedürfnisse eines jeden Bürgers befriedigt werden können. (z.B. nur 7%MwSt) auf Lebensmittel. Will ein Staat den Konsum eines Gutes beschränken, werden spezielle Steuern erhoben (z.B. Tabaksteuer). Oder aber man kann auch Unternhemer-Gewinne geringer besteuern als Arbeiter-Löhne, sowas wäre dann vielleicht eine "unsoziale Marktwirtschaft", aber ebenfalls eine Ausprägung auf dem Strahl.
Sowohl freie Marktwirtschaft, als auch Planwirtschaft sind historisch bisher nicht vorgekommen. Dafür sehr viele unterschideliche Ausprägungen der sozialen Marktwirtschaft.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44698
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(#355119) Verfasst am: 07.10.2005, 17:59 Titel: |
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venicius hat folgendes geschrieben: | Es gibt weder Subventionen noch Steuern (die den Markt "steuern"). Kartelle und Monopolbildung werden nicht verhindert. |
Was bei der Aufzählung dieser Kriterien häufig übersehen wird:
1. Es gibt auch kein staatliches Geldmonopol
2. Es gibt auch niemanden, der Privilegien sichert
Besonders Punkt 1 hat höchst interessante Konsequenzen...
(Es gab noch nirgends auf der Welt eine freie Marktwirtschaft. Noch nie.)
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Sermon panta rhei
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 18430
Wohnort: Sine Nomine
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Sermon panta rhei
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 18430
Wohnort: Sine Nomine
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Sermon panta rhei
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 18430
Wohnort: Sine Nomine
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