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Was ist Metaphysik? Welche Bedeutung hat sie f. Ungläubige?
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AgentProvocateur
registrierter User



Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#370700) Verfasst am: 10.11.2005, 02:04    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Ich fühle mich von Dir nicht persönlich angegriffen. Deine Beiträge finde ich - trotz meines Unverständnisses dieser einen Position von Dir - interessant und eine Bereicherung für dieses Forum.

Vielen Dank, das geht mir mit Deinen Beiträgen übrigens ebenso. Sehr glücklich
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Katatonia
...the quiet cold of late november



Anmeldungsdatum: 05.04.2005
Beiträge: 826

Beitrag(#370714) Verfasst am: 10.11.2005, 03:01    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Die wahrnehmbare Welt scheint mir irgendwie unitär, regelmäßig.

Ist 'unitär' ein Synonym für 'regelmäßig' oder was bedeutet das Wort?
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Faulheit: der Hang zur Ruhe ohne vorhergehende Arbeit. (Kant)
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kolja
der Typ im Maschinenraum
Betreiber



Anmeldungsdatum: 02.12.2004
Beiträge: 16631
Wohnort: NRW

Beitrag(#370826) Verfasst am: 10.11.2005, 12:25    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Was bleibt mir anderes übrig? Funktioniert die Heuristik besser, wenn ich sie "Intersubjektivität" nenne?
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Also, so wie ich Heuristik verstehe, dient diese lediglich dazu, Wege zu finden, um Probleme zu lösen. Jedoch kann Heuristik nicht beantworten, ob ein Problem gelöst wurde oder nicht. Um das herauszufinden, kann man Empirie verwenden. Deswegen fallen Heuristik und Intersubjektivität (ein Kriterium zur Beurteilung von empirischen Erkenntnissen) in unterschiedliche Kategorien, wie sollte man also das eine Wort durch das andere ersetzen können?

Ich meinte mit "Heuristik" nicht die Methodik zur Strategiefindung, sondern habe den Begriff als Synonym für eine "heuristisch gefundene Strategie" verwendet.

Für mich ist das Intersubjektivitäts-Prinzip eine solche Strategie, denn ich erlebe täglich, dass mein Wissen über die von mir wahrgenommene Welt robuster wird, wenn ich es im Dialog mit den von mir wahrgenommenen Subjekten überprüfe. Andere Strategien, z.B. die Erforschung meiner Träume, erweisen sich dafür als weniger nützlich. Ich entscheide mich für die Anwendung der nützlicheren Strategie, unabhängig davon, wie ich diese Strategie gefunden habe und ob ich sie begründen kann. Diese Vorgehensweise ist heuristisch.

Natürlich habe ich mir eine Erklärung zurechtgelegt, warum diese Strategie so gut funktioniert: es gibt eine Welt unabhängig von mir und darin Subjekte die diese Welt in ähnlicher Weise wie ich beobachten. Durch intersubjektive Prüfung gelingt mir eine bessere Erforschung der Funktionsweise der Welt als ohne diese.

Wäre ich dem Solipsismus zugeneigt, dann hätte ich mir vielleicht folgende Erklärung überlegt: der Dialog mit meinen multiplen Persönlichkeiten ermöglicht mir Zugriff auf unterbewusstes Wissen, auf das meine Haupt-Persönlichkeit nur eingeschränkten Zugriff hat. Durch "intersubjektive" Prüfung gelingt mir eine bessere Erforschung der Funktionsweise meines Unterbewusstseins als ohne diese.

Wie ich mir das Funktionieren der Strategie erkläre ist letztlich gleichgültig für ihren Erfolg, ich belege die Dinge in meiner Wahrnehmung je nach Interpretation bloß mit anderen Begriffen.
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Hard work often pays off after time, but laziness always pays off now.
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Darwin Upheaval
Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator



Anmeldungsdatum: 23.01.2004
Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden

Beitrag(#370855) Verfasst am: 10.11.2005, 13:46    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Die Strategie funktioniert aus irgendwelchen Gründen ganz hervorragend! Da postuliert ein "verschrobener Ontologe" aufgrund seiner Gleichungen die Existenz eines "top-Quarks" und - schwupps!... nun springen aufgrund seiner Metaphysik auch schon die Detektoren an.

Die Gleichungen sind ein formalisiertes Modell, eine formalisierte Theorie der zuvor wahrgenommenen Welt. Eine Theorie zeichnet sich dadurch aus, daß sie überprüfbare Voraussagen macht.


Ich sehe hier einen fundamentalen wissenschaftstheoretischen Dissenz vorliegen. Du kannst die empirischen Daten über die Bewegung der Gestirne am Nachthimmel problemlos in eine Formel packen und auf dieser Basis Vorhersagen über das Eintreffen der nächsten Sonnenfinsternis machen. Du hast damit aber rein gar nichts erklärt! Vorhersagen haben nicht denselben Stellenwert wie Erklärungen, und Wissenschaft ist primär an Erklärungen interessiert und nicht an Vorhersagen. Auch wenn eine formale Beschreibung leider allzu oft als (wissenschaftliche) "Theorie" durchgeht, ist es keine. Erst die semantische Interpretation, d.h. das "In-Bezug-Setzen" der Formeln zu einem ontischen Gegenstandsbereich bzw. zu Mechanismen verleihen einer Gleichung theoretisch-erklärendes (und damit wissenschaftliches) Gewicht.


step hat folgendes geschrieben:
Die Voraussage "Wir finden bei dieser Energie E ein Teilchen mit diesem Spin" (und nennen es "Higgs-Boson") erfordert also weder Metaphysik noch einen verschrobenen Ontologen, sondern rekurriert ("Energie", "Teilchen", "Spin") auf Benennungen aus ihrerseits guten Theorien. Die unbestrittene Tatsache, daß wir Modellen Kurznamen geben, daß wir in Sprachen Semantik benötigen usw., lasse ich mir nicht als metaphysische Grundvoraussetzung verkaufen.


Verzeih, aber ich ich sehe in Deiner Argumentation nur ein semantisches Verwirrspiel: Du rekurrierst stillschweigend auf einen ontischen Gestandsbereich, redest sogar von "Teilchen", "Energie", "Spin", sprichst von Semantik und Mechanismen. Du rekurrierst auf Schritt und Tritt auf eine "Quasi-Ontologie", läßt aber die Rolläden herunter, wenn das jemand offen "Ontologie" nennt. Und wenn es ernst wird, und man Dich bittet, Deine Karten aufzudecken, weichst Du auf "Heuristik" und auf den "hypothetischen Charakter" Deiner Modelle aus. IMAO sind die Differenzen, die Du anführst, semantischer Unsinn. Ganz ehrlich: Deine Position unterscheidet sich in nichts vom hypothetischen Realismus, auch wenn Du es nicht wahrhaben willst.
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"Science is a candle in the dark." - Carl Sagan

www.ag-evolutionsbiologie.de
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Zuletzt bearbeitet von Darwin Upheaval am 10.11.2005, 13:59, insgesamt einmal bearbeitet
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Darwin Upheaval
Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator



Anmeldungsdatum: 23.01.2004
Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden

Beitrag(#370858) Verfasst am: 10.11.2005, 13:56    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Ein Problem scheint mir, daß ich hier oft gedrängt werde, eine metaphysische Position einzunehmen, so als könne man ohne eine solche nicht leben, und damit man dann sagen kann: "Er glaubt doch an was und setzt es voraus ..."


Kein Mensch drängt Dich zu irgend etwas. Ich konstatiere lediglich, daß ich Dein Weltbild für nicht wohl durchdacht bzw. für inkohärent halte. Meine Auffassung habe ich in mehreren Hekto-Postings begründet. Wenn Du von "Teilchen" und "Mechanismen" redest, aber jede ontische Referenzklasse ablehnst, magst Du das "Quasi-Ontologie" oder sonstwie nennen, aber semantisch fällt es de facto mit dem HR zusammen. Keine Ahnung, weshalb das in einem Sturm der Entrüstung abgewiesen werden muß, so als hätte man Dir ein unmoralisches, supernaturalistisches Angebot unterbreitet. zwinkern
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#370987) Verfasst am: 10.11.2005, 17:32    Titel: Antworten mit Zitat

Katatonia hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die wahrnehmbare Welt scheint mir irgendwie unitär, regelmäßig.

Ist 'unitär' ein Synonym für 'regelmäßig' oder was bedeutet das Wort?


Kann man so sagen, obwohl der Begriff eigentlich aus der Mathematik kommt. Er ist aber zentral für physikalische Modelle:

http://www.mpe.mpg.de/~amueller/lexdt_u.html (unter "Unitarität")

Wenn man das noch etwas verallgemeinert auf die Eigenschaft, daß man den Zusammenhang zwischen den Zuständen der wahrnehmbaren Welt (also z.B. zwischen n Raumzeitschnappschüssen) als Operator formulieren kann.
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11519

Beitrag(#371000) Verfasst am: 10.11.2005, 17:46    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[...] Realität und Einbildung [...]

[...] Entscheidend ist die empirische Verankerung der Begriffe selbst und die empirische Verankerung der Bewertung ihres Nutzens. Daran ist nichts Metaphysisches.

Mal kurz eine Definition, damit wir über dasselbe reden: eine Annahme ist mE dann metaphysisch, wenn sie prinzipiell nicht bewiesen oder widerlegt werden kann, wenn sie aber trotzdem verwendet wird, um daraus weitere Folgerungen zu ziehen, wenn sie sozusagen die unverzichtbare Grundlage für weitergehende Erkenntnisse ist.

Etwas problematisch. Du wirst außerhalb der Mathematik keine Annahmen finden, die prinzipiell bewiesen werden können. Demnach wäre alles Metaphysik und die Diskussion an dieser Stelle beendet. Auch ist es nicht sinnvoll alles metaphysisch zu nennen, das nicht widerlegbar ist. Ein Haus ist z.b. nicht widerlegbar, eine Kuh ebenso wenig. Dennoch ist weder das Haus, noch die Kuh etwas Metaphysisches. Selbiges gilt mE für die Konzepte "Realität" und "Einbildung". In die Bereiche der Metaphysik kommen wir immer dann, wenn Konzepte und Annahmen nicht empirisch verankert sind: Eine Annahme ist dann metaphysisch, wenn nicht Beobachtung darüber entscheidet oder entscheiden könnte, ob sie als richtig oder falsch klassifiziert wird. Ein Konzept ist dann rein metaphysisch, wenn es nicht durch beobachtbare Merkmale charakterisiert, definiert oder operationalisiert ist.

Zitat:
Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es gibt mE 2 Möglichkeiten: a) Du nimmst eine Realität außerhalb von Dir an und b) Du nimmst sie nicht an.

Punkt a) bedeutet, dass Du eine metaphysiche Annahme gemacht hast und Punkt b) bedeutet, dass Du nicht über Empirie reden darfst, denn diese setzt Überprüfbarkeit voraus und diese wiederum reale (im Gegensatz zu eingebildeten) Subjekte außerhalb Deines Denkens.

Ich verstehe kein einziges Wort und setze mal hinter jede Deiner Behauptungen unter b) ein ehrliches warum.

ME basiert Empirie auf der Beobachtung und Wahrnehmung von Phänomenen. Da man sich nicht nur auf die subjektive Wahrnehmung verlassen kann, ist es mE unerlässlich, das Kriterium "Intersubjektivität" für eine Empirie, die sich wissenschaftlich nennt, zu verwenden. Intersubjektivität bedeutet, es gibt andere Subjekte außerhalb von Dir, die Deine Beobachtungen bestätigen können. Wären diese Subjekte nicht außerhalb, sondern nur reine Einbildungen, dann wären diese Bestätigungen meiner Meinung nach ziemlich wertlos, eben nur reine Einbildung. Wenn Du aber keine Realität außerhalb von Dir annimmst, dann kannst du auch keine Subjekte außerhalb von Dir annehmen. Es gibt eben auch gedachte Subjekte (im Traum, in Halluzinationen), deren Meinung aber nicht unabhängig von Dir ist. Du musst also (falls Du von Dir unabhängige Intersubjektivität als wichtiges Kriterium zur Erkenntnisgewinnung akzeptierst), zwischen diesen gedachten und den realen Subjekten unterscheiden.

Wenn Du jetzt sagst, ich muss nicht einen prinzipiellen Unterschied zwischen Einbildung und Realität annehmen, es ist eine reine Klassifikation, die theoretisch, (wie das bei Klassifikationen so ist), auch ganz anders getroffen werden kann; wenn es also für Dich letztendlich keine Rolle spielt, ob Du Realität als Prämisse zur Erkenntnisgewinnung setzt, dann kannst Du mE auch keine Unterscheidung zwischen eingebildeten und realen Subjekten treffen, dann müsste die Meinung beider gleich viel wert sein.

Ich denke wir beide sind der Ansicht, dass die Unterscheidung von Realität und Einbildung wie wir sie vornehmen einen besonderen Nutzen hat. Nun argumentierst Du, dass ich diesen Nutzen nicht ableiten kann, wenn ich keine Subjekte bzw. keine Realität außerhalb von mir annehme. Das ist jedoch ein Trugschluss, der darauf basiert, dass Du die Semantik der Begriffe Deiner Ontologie verabsolutierst. Im Prinzip argumentierst Du so: wenn nichts außerhalb von mir existiert, wenn also alles meine Einbildung ist, dann macht es keinen Sinn zwischen Einbildung und Realität zu unterscheiden, denn wenn alles Einbildung ist, dann gibt es folglich keine Realität. Das ist aber doch nur dann richtig wenn man den Begriffen „Realität“ und „Einbildung“ genau die (metaphysischen) Bedeutungen zugrunde legt, die sie im Rahmen Deiner Ontologie haben, d.h. Deine Argumentation ist zirkelschlüssig, denn sie setzt bereits jene Metaphysik voraus, deren Notwendigkeit Du aufzeigen willst. Es ist doch aber nichts einfacher als das, konzeptuell zwischen zwei verschiedenen Arten von Einbildungen zu unterscheiden, also eine Einbildung vom Typ1, die empirisch (nicht ontologisch) dem Realitätskonzept Deiner Ontologie entspricht und eine Einbildung Typ2, die dem Konzept der Einbildung Deiner Ontologie entspricht. Und jetzt musst Du mir verraten, warum eine empirisch verankerte Unterscheidung zwischen Einbildung Typ1 und Einbildung Typ2 keinen oder einen geringeren erfahrbaren Nutzen haben sollte als Deine exakt auf gleiche Weise empirisch verankerte Unterscheidung zwischen Realität und Einbildung.
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posted by Babyface
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Katatonia
...the quiet cold of late november



Anmeldungsdatum: 05.04.2005
Beiträge: 826

Beitrag(#371172) Verfasst am: 10.11.2005, 22:22    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
z.B. hypothetischer Materialismus. Also den M. als derzeit beste Beschreibung ansehen, dies aber nicht logisch voraussetzen.


Gibt es deiner Ansicht nach gute Gründe für die Annahme eines hypothetischen Materialismus? Oder anders gefragt: Inwiefern kann der Materialismus als derzeit beste Beschreibung gelten?
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#371218) Verfasst am: 11.11.2005, 00:03    Titel: Antworten mit Zitat

Katatonia hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
z.B. hypothetischer Materialismus. Also den M. als derzeit beste Beschreibung ansehen, dies aber nicht logisch voraussetzen.


Gibt es deiner Ansicht nach gute Gründe für die Annahme eines hypothetischen Materialismus? Oder anders gefragt: Inwiefern kann der Materialismus als derzeit beste Beschreibung gelten?

Für den Materialismus könnte man anführen, daß bisher gefundene gute Theorien sich entweder auf Objekte beziehen, die die Eigenschaften von Materie haben (masselose Teilchen hier mal eingeschlossen), oder sich auf emergente Phänomene beziehen, von denen sich sehr viele (z.B. Chemie, Biologie) auf physikalische Theorien reduzieren ließen. Dagegen argumentieren einige, daß es emergente Phänomene gebe, bei denen diese Reduktion bisher nicht aufzeigbar ist (Bewußtsein), sowie daß es reduzierte Phänomene gebe, die nicht physikalisch sind (scheinbar "echter" Zufall in der QM).

Mir ist beim Materialismus nicht ganz wohl (weshalb ich mich lieber als Naturalist bezeichne), weil die Eigenschaft der Physikalität mglw. selbst wiederum einer tieferliegenden Erklärung bedarf, die mglw. nur noch mathematisch, also nicht mehr in dem Sinne materiell ist.

Selbst wenn man also kein Materialist in letzter Konsequenz ist, so müßte man mE doch mindestens zugestehen, daß

- die uns bekannte Physik im wesentlichen materialistisch ist
- die wahrnehmbare Welt eher so aussieht, als sei sie auf Physik reduzierbar
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George
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Anmeldungsdatum: 16.09.2004
Beiträge: 4485

Beitrag(#371239) Verfasst am: 11.11.2005, 01:34    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
- die wahrnehmbare Welt eher so aussieht, als sei sie auf Physik reduzierbar
Lachen
Wenn zB die viele Welten Theoretiker davon ausgehen das alle nur möglichen physikalischen Phänomene ( zB aufgrund unterschiedlicher Strings ) Lachen )in unzähligen Universen verwirklicht sein müssen, dürfte klar sein das dies unsere primitiven vorstellungsmöglichkeiten bei weitem übersteigt !
Spinnen wir mal ein wenig , wenn wir also eines Tages imstande sein sollten ( und davon sind wir weit entfernt ) unsere Weltmir Physikalischen Mitteln zu definieren , was wird das dann für eine Physik sein ?
Das was dann Physik sein wird müßte heute zuumindest schon mal methaphysik sein . Wie auch immer , es gibt gute Gründe anzunehmen das sich dies gegenwärtig vollständig unserem intellekt entzieht.
Wenn wir die Welt mit unseren Gegenwätigen Mitteln beschreiben und reduzieren ist das ähnlich beschränkt wie es bei einem neandertaler ausgefallen wäre ( und die haben es mit sicherheit auch versucht). Die Amöbe im Teich wird ihr Umfeld auch nie verstehen , ich schätze uns geht es da ähnlich.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44650

Beitrag(#371242) Verfasst am: 11.11.2005, 01:56    Titel: Antworten mit Zitat

George hat folgendes geschrieben:
Wenn zB die viele Welten Theoretiker davon ausgehen das alle nur möglichen physikalischen Phänomene ( zB aufgrund unterschiedlicher Strings ) Lachen )in unzähligen Universen verwirklicht sein müssen, dürfte klar sein das dies unsere primitiven vorstellungsmöglichkeiten bei weitem übersteigt !


Strohmann. Von "Vorstellungsmöglichkeiten" hatte step nicht geredet.

George hat folgendes geschrieben:
wenn wir also eines Tages imstande sein sollten ( und davon sind wir weit entfernt ) unsere Welt mir Physikalischen Mitteln zu definieren , was wird das dann für eine Physik sein ?


Ich vermute, in diesem Forum verkehren nur wenige Hellseher.

George hat folgendes geschrieben:
Wie auch immer , es gibt gute Gründe anzunehmen das sich dies gegenwärtig vollständig unserem intellekt entzieht.


Wenn ich das 'mal ins Deutsche übersetzen darf:
"Was wir heute noch nicht verstehen, verstehen wir heute noch nicht."

Brilliant. Was für eine tiefgreifende philosophische Erkenntnis.

George hat folgendes geschrieben:
Wenn wir die Welt mit unseren Gegenwätigen Mitteln beschreiben und reduzieren [...]


Welche Mittel würdest du denn verwenden?
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- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Katatonia
...the quiet cold of late november



Anmeldungsdatum: 05.04.2005
Beiträge: 826

Beitrag(#371252) Verfasst am: 11.11.2005, 04:57    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Für den Materialismus könnte man anführen, daß bisher gefundene gute Theorien sich entweder auf Objekte beziehen, die die Eigenschaften von Materie haben (masselose Teilchen hier mal eingeschlossen), oder sich auf emergente Phänomene beziehen, von denen sich sehr viele (z.B. Chemie, Biologie) auf physikalische Theorien reduzieren ließen.

Selbst wenn man also kein Materialist in letzter Konsequenz ist, so müßte man mE doch mindestens zugestehen, daß

- die uns bekannte Physik im wesentlichen materialistisch ist
- die wahrnehmbare Welt eher so aussieht, als sei sie auf Physik reduzierbar

Aber letztlich beruht das Ganze doch lediglich auf einer Intuition und einem Erfahrungsgefühl, dass wir es mit Materie zu tun haben. Du hast an anderer Stelle ja zugestimmt, dass es möglich wäre, dass alles in Wirklichkeit Geist statt Materie ist. Wenn dies tatsächlich der Fall wäre, würden die wissenschaftlichen Theorien und Ergebnisse, mithin das wissenschaftliche Weltbild (zumindest in deinem Sinne) nicht anders aussehen als heute in seiner materialistischen Ausdeutung.

Zitat:
Vielleicht noch, daß es unsinnig scheint, über "Übernatürliches" zu reden, weil man es nicht definieren kann.

Warum hältst du es für undefinierbar? Spontan würde ich übernatürliche Ereignisse als Verletzungen von Naturgesetzen definieren.
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44650

Beitrag(#371276) Verfasst am: 11.11.2005, 10:48    Titel: Antworten mit Zitat

Katatonia hat folgendes geschrieben:
Wenn dies tatsächlich der Fall wäre, würden die wissenschaftlichen Theorien und Ergebnisse, mithin das wissenschaftliche Weltbild (zumindest in deinem Sinne) nicht anders aussehen als heute in seiner materialistischen Ausdeutung.


Ja, und darum ist diese Möglichkeit ja auch trivial...
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#371304) Verfasst am: 11.11.2005, 11:50    Titel: Antworten mit Zitat

Katatonia hat folgendes geschrieben:
Aber letztlich beruht das Ganze doch lediglich auf einer Intuition und einem Erfahrungsgefühl, dass wir es mit Materie zu tun haben. Du hast an anderer Stelle ja zugestimmt, dass es möglich wäre, dass alles in Wirklichkeit Geist statt Materie ist. Wenn dies tatsächlich der Fall wäre, würden die wissenschaftlichen Theorien und Ergebnisse, mithin das wissenschaftliche Weltbild (zumindest in deinem Sinne) nicht anders aussehen als heute in seiner materialistischen Ausdeutung.

Da stimme ich im wesentlichen zu. Allerdings darf man nicht die falschen Schlüsse daraus ziehen.

- Intuition und Erfahrungsgefühl sind gute Theorien / Modelle, auch wenn sie nicht an der Uni entwickelt wurden.
- Wenn ales "Geist wäre", so würde sich Geist eben ziemlich physikalisch - um nicht zu sagen materialistisch - verhalten. An angblichen impliziten metaphysischen Voraussetzungen für Wissenschaft würde das aber nichts ändern.

Katatonia hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Vielleicht noch, daß es unsinnig scheint, über "Übernatürliches" zu reden, weil man es nicht definieren kann.
Warum hältst du es für undefinierbar? Spontan würde ich übernatürliche Ereignisse als Verletzungen von Naturgesetzen definieren.

Gut, in dem Falle wäre es definierbar (übernatürlich = bisher unerklärt), aber nach bestem Wissen vermutlich natürlich. So etwa konnte man einige Eigenschaften von Wasser wie etwa die Dielektrizitätskonstante lange nicht erklären, weil man sie mangels Rechenkapazität nicht aus den bekannten Eigenschaften von H2O numerisch simulieren konnte. Aber nur sehr wenige hielten die DK deswegen für etwas Übernatürliches.

Wir können zwar nicht ausschließen, daß sich irgendetwas prinzipiell unserer Wahrnehmung / Modellierung verschließt, es ist aber mE unmöglich, über dieses Irgendetwas sinnvolle Sätze zu machen.
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#371309) Verfasst am: 11.11.2005, 12:05    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Ich meinte mit "Heuristik" nicht die Methodik zur Strategiefindung, sondern habe den Begriff als Synonym für eine "heuristisch gefundene Strategie" verwendet.

Für mich ist das Intersubjektivitäts-Prinzip eine solche Strategie, denn ich erlebe täglich, dass mein Wissen über die von mir wahrgenommene Welt robuster wird, wenn ich es im Dialog mit den von mir wahrgenommenen Subjekten überprüfe. Andere Strategien, z.B. die Erforschung meiner Träume, erweisen sich dafür als weniger nützlich. Ich entscheide mich für die Anwendung der nützlicheren Strategie, unabhängig davon, wie ich diese Strategie gefunden habe und ob ich sie begründen kann. Diese Vorgehensweise ist heuristisch.

Mir kommt das ein bisschen so vor, als ob Du sagst: es reicht, wenn ich lediglich beobachte, ich brauche aber nicht zu interpretieren. Es gibt aber mE keine Beobachtung ohne Interpretation und durch die Interpretation erfolgt die Strukturierung des Beobachteten. Diese Interpretation ist meiner Meinung nach nicht unabhängig von Vorgaben, die man (explizit oder implizit) macht. Insbesondere ist mE eine Einordnung in nützlich und weniger nützlich rein heuristisch nicht möglich.

kolja hat folgendes geschrieben:
Natürlich habe ich mir eine Erklärung zurechtgelegt, warum diese Strategie so gut funktioniert: es gibt eine Welt unabhängig von mir und darin Subjekte die diese Welt in ähnlicher Weise wie ich beobachten. Durch intersubjektive Prüfung gelingt mir eine bessere Erforschung der Funktionsweise der Welt als ohne diese.

Ja, das ist die Interpretation, die wir auch beide teilen. Die Frage ist nun: spielt diese Interpretation eine Rolle in meiner Weltsicht (ich sage ja) oder nicht (was Du sagst, wenn ich das nicht falsch verstanden habe).

kolja hat folgendes geschrieben:
Wäre ich dem Solipsismus zugeneigt, dann hätte ich mir vielleicht folgende Erklärung überlegt: der Dialog mit meinen multiplen Persönlichkeiten ermöglicht mir Zugriff auf unterbewusstes Wissen, auf das meine Haupt-Persönlichkeit nur eingeschränkten Zugriff hat. Durch "intersubjektive" Prüfung gelingt mir eine bessere Erforschung der Funktionsweise meines Unterbewusstseins als ohne diese.

Ich dachte bisher immer, ein Solipsist sei jemand, der keine Realität annimmt und zwar aus dem Grunde, weil er so wenig unbewiesene Annahmen treffen möchte wie möglich. Wenn er jetzt aber statt einer Realität "multiple Persönlichkeiten" annimmt, auf die er lediglich "eingeschränkten Zugriff" hat, dann ist das wieder genau das, was ich metaphysische Annahmen nenne.

kolja hat folgendes geschrieben:
Wie ich mir das Funktionieren der Strategie erkläre ist letztlich gleichgültig für ihren Erfolg, ich belege die Dinge in meiner Wahrnehmung je nach Interpretation bloß mit anderen Begriffen.

Nein, das glaube ich eben nicht, ich denke, dass die Interpretation eine entscheidende Rolle für das jeweilige Weltbild spielt und das Weltbild hat Einfluss auf das eigene Handeln und auch darauf, was man unter "funktionieren" versteht.
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#371332) Verfasst am: 11.11.2005, 12:51    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Mal kurz eine Definition, damit wir über dasselbe reden: eine Annahme ist mE dann metaphysisch, wenn sie prinzipiell nicht bewiesen oder widerlegt werden kann, wenn sie aber trotzdem verwendet wird, um daraus weitere Folgerungen zu ziehen, wenn sie sozusagen die unverzichtbare Grundlage für weitergehende Erkenntnisse ist.

Etwas problematisch. Du wirst außerhalb der Mathematik keine Annahmen finden, die prinzipiell bewiesen werden können.

Ich weiß nicht, wieso Du hier "prinzipiell" sagst und was Du genau damit meinst. Lassen wir das also weg und dann muss ich sagen: natürlich kann ich Annahmen beweisen. Warum sollte das nicht möglich sein? (Mir scheint, Du verstehst unter "Annahme" etwas anderes als ich.)

Babyface hat folgendes geschrieben:
Demnach wäre alles Metaphysik und die Diskussion an dieser Stelle beendet. Auch ist es nicht sinnvoll alles metaphysisch zu nennen, das nicht widerlegbar ist. Ein Haus ist z.b. nicht widerlegbar, eine Kuh ebenso wenig. Dennoch ist weder das Haus, noch die Kuh etwas Metaphysisches. Selbiges gilt mE für die Konzepte "Realität" und "Einbildung".

Komische Argumentation. Ein Haus ist ein künstliches reales Ding, eine Kuh ist ein reales Lebewesen. Man kann Dinge nicht widerlegen, man kann nur Behauptungen beweisen oder widerlegen. Wenn Du z.B. behauptest: es gibt ein Lebewesen mit 3 Hörnern, dann ist das eine Aussage, die bewiesen werden kann (indem man eines findet), aber nicht widerlegt.

Auch dies ist eine Behauptung: es gibt eine Realität, die von uns unabhängig ist (diese Aussage kann jedoch, wie schon gesagt, weder bewiesen, noch widerlegt werden).


Babyface hat folgendes geschrieben:
In die Bereiche der Metaphysik kommen wir immer dann, wenn Konzepte und Annahmen nicht empirisch verankert sind: Eine Annahme ist dann metaphysisch, wenn nicht Beobachtung darüber entscheidet oder entscheiden könnte, ob sie als richtig oder falsch klassifiziert wird.

Ja, aber genau das gilt für die Annahme einer vom Subjekt unabhängigen Realität.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Ein Konzept ist dann rein metaphysisch, wenn es nicht durch beobachtbare Merkmale charakterisiert, definiert oder operationalisiert ist.

Sind demnach mathematische Konzepte metaphysisch?

Babyface hat folgendes geschrieben:
Ich denke wir beide sind der Ansicht, dass die Unterscheidung von Realität und Einbildung wie wir sie vornehmen einen besonderen Nutzen hat. Nun argumentierst Du, dass ich diesen Nutzen nicht ableiten kann, wenn ich keine Subjekte bzw. keine Realität außerhalb von mir annehme.

So ähnlich. Ich würde eher sagen, der Begriff "Nutzen" wird unterschiedlich interpretiert werden, je nachdem, welches Weltbild man hat.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Das ist jedoch ein Trugschluss, der darauf basiert, dass Du die Semantik der Begriffe Deiner Ontologie verabsolutierst. Im Prinzip argumentierst Du so: wenn nichts außerhalb von mir existiert, wenn also alles meine Einbildung ist, dann macht es keinen Sinn zwischen Einbildung und Realität zu unterscheiden, denn wenn alles Einbildung ist, dann gibt es folglich keine Realität. Das ist aber doch nur dann richtig wenn man den Begriffen „Realität“ und „Einbildung“ genau die (metaphysischen) Bedeutungen zugrunde legt, die sie im Rahmen Deiner Ontologie haben, d.h. Deine Argumentation ist zirkelschlüssig, denn sie setzt bereits jene Metaphysik voraus, deren Notwendigkeit Du aufzeigen willst.

Die Unterscheidung zwischen Realität und Einbildung ergibt natürlich weitere Schlussfolgerungen: in der Realität kann es weitere Subjekte geben, die unabhängig von mir sind, die ähnlich empfinden wie ich, die z.B. ebenso zwischen Einbildung und Realität unterscheiden.

Ich möchte übrigens nicht die Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen Realität und Einbildung zeigen. Es geht mir darum, zu zeigen, dass jedes Weltbild auf metaphysischen Annahmen aufbaut.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Es ist doch aber nichts einfacher als das, konzeptuell zwischen zwei verschiedenen Arten von Einbildungen zu unterscheiden, also eine Einbildung vom Typ1, die empirisch (nicht ontologisch) dem Realitätskonzept Deiner Ontologie entspricht und eine Einbildung Typ2, die dem Konzept der Einbildung Deiner Ontologie entspricht. Und jetzt musst Du mir verraten, warum eine empirisch verankerte Unterscheidung zwischen Einbildung Typ1 und Einbildung Typ2 keinen oder einen geringeren erfahrbaren Nutzen haben sollte als Deine exakt auf gleiche Weise empirisch verankerte Unterscheidung zwischen Realität und Einbildung.

Mir scheint, Du verwendest hier einfach andere Worte für denselben Sachverhalt: "Einbildung Typ1" statt "Realität" und "Einbildung Typ2" statt "Einbildung". Kann man machen, scheint mir aber nicht sinnvoll zu sein; die Verständigung wird dadurch etwas erschwert.

Falls Du aber mit Deinen Begriffen etwas anderes meinst als ich, wenn ich von Realität und Einbildung rede, dann habe ich nicht verstanden, was genau Du meinst.
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Babyface
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Beitrag(#371554) Verfasst am: 11.11.2005, 19:35    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Mal kurz eine Definition, damit wir über dasselbe reden: eine Annahme ist mE dann metaphysisch, wenn sie prinzipiell nicht bewiesen oder widerlegt werden kann, wenn sie aber trotzdem verwendet wird, um daraus weitere Folgerungen zu ziehen, wenn sie sozusagen die unverzichtbare Grundlage für weitergehende Erkenntnisse ist.

Etwas problematisch. Du wirst außerhalb der Mathematik keine Annahmen finden, die prinzipiell bewiesen werden können.

Ich weiß nicht, wieso Du hier "prinzipiell" sagst und was Du genau damit meinst. Lassen wir das also weg und dann muss ich sagen: natürlich kann ich Annahmen beweisen. Warum sollte das nicht möglich sein? (Mir scheint, Du verstehst unter "Annahme" etwas anderes als ich.)

Nein, unter einer Annahme verstehe ich vermutlich nichts anderes als Du. Nur den Begriff Beweis habe ich strenger aufgefasst, aber es gibt auch die schwächere Form. "Prinzipiell beweisbar/widerlegbar verwende ich häufiger aus Gewohnheit, weil es Annahmen gibt, die zwar theoretisch widerlegbar/beweisbar sind, dies zur Zeit aber aus irgendwelchen Gründen nicht möglich ist.

Zitat:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Demnach wäre alles Metaphysik und die Diskussion an dieser Stelle beendet. Auch ist es nicht sinnvoll alles metaphysisch zu nennen, das nicht widerlegbar ist. Ein Haus ist z.b. nicht widerlegbar, eine Kuh ebenso wenig. Dennoch ist weder das Haus, noch die Kuh etwas Metaphysisches. Selbiges gilt mE für die Konzepte "Realität" und "Einbildung".

Komische Argumentation. Ein Haus ist ein künstliches reales Ding, eine Kuh ist ein reales Lebewesen. Man kann Dinge nicht widerlegen, man kann nur Behauptungen beweisen oder widerlegen. Wenn Du z.B. behauptest: es gibt ein Lebewesen mit 3 Hörnern, dann ist das eine Aussage, die bewiesen werden kann (indem man eines findet), aber nicht widerlegt.

Auch dies ist eine Behauptung: es gibt eine Realität, die von uns unabhängig ist (diese Aussage kann jedoch, wie schon gesagt, weder bewiesen, noch widerlegt werden).

Ja genau, diese Behauptung ist prinzipiell nicht widerlegbar, aber eben das hilft Dir hier ja nicht weiter, weil es mir ja nicht um eine Behauptung über die Realität geht, sondern um mögliche Konzepte der Realität. Ich könnte z.b. auch sagen: es gibt eine Kuh, die von uns unabhängig ist (die also außerhalb meines Geistes da ist). Diese Behauptung über eine Kuh ist zweifellos metaphysisch, das Konzept der Kuh jedoch noch lange nicht. Das wäre ja nur dann der Fall, wenn man die Eigenschaft "gibt es unabhängig von uns" als notwendiges Merkmal betrachtet, um überhaupt von einer Kuh sprechen zu können. Ich sehe nun aber weder bei der Kuh, noch bei der Realität eine Notwendigkeit, diese metaphysische Eigenschaft per definitionem vorauszusetzen. Die Unterscheidung von anderen Konzepten wie einem Schwein oder der Einbildung gelingt ganz ohne sie.


Zitat:

Babyface hat folgendes geschrieben:
Es ist doch aber nichts einfacher als das, konzeptuell zwischen zwei verschiedenen Arten von Einbildungen zu unterscheiden, also eine Einbildung vom Typ1, die empirisch (nicht ontologisch) dem Realitätskonzept Deiner Ontologie entspricht und eine Einbildung Typ2, die dem Konzept der Einbildung Deiner Ontologie entspricht. Und jetzt musst Du mir verraten, warum eine empirisch verankerte Unterscheidung zwischen Einbildung Typ1 und Einbildung Typ2 keinen oder einen geringeren erfahrbaren Nutzen haben sollte als Deine exakt auf gleiche Weise empirisch verankerte Unterscheidung zwischen Realität und Einbildung.

Mir scheint, Du verwendest hier einfach andere Worte für denselben Sachverhalt: "Einbildung Typ1" statt "Realität" und "Einbildung Typ2" statt "Einbildung". Kann man machen, scheint mir aber nicht sinnvoll zu sein; die Verständigung wird dadurch etwas erschwert.

Falls Du aber mit Deinen Begriffen etwas anderes meinst als ich, wenn ich von Realität und Einbildung rede, dann habe ich nicht verstanden, was genau Du meinst.

Ich meinte folgendes: Wenn ich Dich richtig verstanden habe, hast Du behauptet, dass ich unter der Annahme, dass nichts außerhalb von mir existiert, nicht mehr sinnvoll zwischen Realität und Einbildung unterscheiden kann. Und Deine Begründung hatte ich sinngemäß so verstanden (bzw. war es das einzige was ich an Begründung herauslesen konnte):

wenn nichts außerhalb von mir existiert, wenn also alles meine Einbildung ist, dann macht es keinen Sinn zwischen Einbildung und Realität zu unterscheiden, denn wenn alles Einbildung ist, dann gibt es ja keine Realität.

Ich wollte zeigen, dass diese Begründung unsinnig ist, da sie plötzlich unverständlich wird, wenn man, wie Du richtig erkannt hast, entsprechend andere Wörter einsetzt:

wenn nichts außerhalb von mir existiert, wenn also alles meine Einbildung ist, dann macht es keinen Sinn zwischen Einbildung Typ2 und Einbildung Typ1 zu unterscheiden, denn wenn alles Einbildung ist, dann gibt es folglich keine Einbildung Typ1.

Natürlich habe ich nicht willkürlich ersetzt. Entscheidend ist hier der Ersatz von Realität durch Einbildung Typ1. Das hätte ich eigentlich nicht tun dürfen, denn meine Einbildung Typ1 und das was Du unter Realität verstehst (eben keine Einbildung) sind natürlich konzeptuell verschieden. Das bedeutet aber, dass Deine Begründung ungültig ist, denn ich muss erst Dein Konzept von Realität akzeptieren um sie zu verstehen.
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Katatonia
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Beitrag(#371701) Verfasst am: 12.11.2005, 02:47    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

Da stimme ich im wesentlichen zu. Allerdings darf man nicht die falschen Schlüsse daraus ziehen.

- Intuition und Erfahrungsgefühl sind gute Theorien / Modelle, auch wenn sie nicht an der Uni entwickelt wurden.

Hm, ich denke, in diesem Fall ist es eher problematisch, von Theorien zu sprechen, da mir die Frage 'Materialismus oder Immaterialismus?' als eine rein metaphysische erscheint, eine Frage also, der empirisch bzw. durch eine potenzielle Widerlegung nicht beizukommen ist.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#371706) Verfasst am: 12.11.2005, 03:40    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Prinzipiell beweisbar/widerlegbar verwende ich häufiger aus Gewohnheit, weil es Annahmen gibt, die zwar theoretisch widerlegbar/beweisbar sind, dies zur Zeit aber aus irgendwelchen Gründen nicht möglich ist.

Ok, darauf können wir uns einigen. (Man könnte "prinzipiell" hier auch anders deuten, nämlich als absoluten, objektiv gültigen Beweis - und so etwas gibt es natürlich nicht.)

Babyface hat folgendes geschrieben:
[...] [Die] Behauptung über eine Kuh ist zweifellos metaphysisch, das Konzept der Kuh jedoch noch lange nicht. Das wäre ja nur dann der Fall, wenn man die Eigenschaft "gibt es unabhängig von uns" als notwendiges Merkmal betrachtet, um überhaupt von einer Kuh sprechen zu können. Ich sehe nun aber weder bei der Kuh, noch bei der Realität eine Notwendigkeit, diese metaphysische Eigenschaft per definitionem vorauszusetzen. Die Unterscheidung von anderen Konzepten wie einem Schwein oder der Einbildung gelingt ganz ohne sie.

Ja, soweit stimme ich Dir zu. Die Frage ist nun, ob ein Unterschied im Weltbild andere Interpretationen verursacht und ob daraufhin auch die daraus folgenden eigenen Handlungen unterschiedlich sind. Wenn das so sein sollte (dieser Auffassung bin ich), dann spielt es durchaus eine Rolle, welche (metaphysische) Annahmen ich zugrundelege; wenn es aber keine Rolle spielen sollte, wenn sich diese Interpretation meiner Beobachtungen nicht auf meine Handlungen auswirken sollte, dann hättest Du Recht.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Ich meinte folgendes: Wenn ich Dich richtig verstanden habe, hast Du behauptet, dass ich unter der Annahme, dass nichts außerhalb von mir existiert, nicht mehr sinnvoll zwischen Realität und Einbildung unterscheiden kann. Und Deine Begründung hatte ich sinngemäß so verstanden (bzw. war es das einzige was ich an Begründung herauslesen konnte):

wenn nichts außerhalb von mir existiert, wenn also alles meine Einbildung ist, dann macht es keinen Sinn zwischen Einbildung und Realität zu unterscheiden, denn wenn alles Einbildung ist, dann gibt es ja keine Realität.

Nein, meine Argumentation ist ein wenig anders. (Siehe unten.)

Babyface hat folgendes geschrieben:
Ich wollte zeigen, dass diese Begründung unsinnig ist, da sie plötzlich unverständlich wird, wenn man, wie Du richtig erkannt hast, entsprechend andere Wörter einsetzt:

wenn nichts außerhalb von mir existiert, wenn also alles meine Einbildung ist, dann macht es keinen Sinn zwischen Einbildung Typ2 und Einbildung Typ1 zu unterscheiden, denn wenn alles Einbildung ist, dann gibt es folglich keine Einbildung Typ1.

Natürlich habe ich nicht willkürlich ersetzt. Entscheidend ist hier der Ersatz von Realität durch Einbildung Typ1. Das hätte ich eigentlich nicht tun dürfen, denn meine Einbildung Typ1 und das was Du unter Realität verstehst (eben keine Einbildung) sind natürlich konzeptuell verschieden. Das bedeutet aber, dass Deine Begründung ungültig ist, denn ich muss erst Dein Konzept von Realität akzeptieren um sie zu verstehen.

Ich möchte nicht dahin argumentieren, dass eine Annahme dessen, was ich Realität nenne, zwingend ist. Man kann auch als Solipsist eine äußere Realität ablehnen, diese Einstellung ist mE nicht prinzipiell falsch. Ich bin allerdings bisher davon ausgegangen, dass ein Solipsist prinzipiell alle metaphysischen Annahmen ausschließt, darauf basierte ein wenig meine Argumentation, aber das scheint wohl nicht so zu sein. Kolja hat dazu oben eine mögliche Interpretation eines Solipsisten gebracht: ein Solipsist könnte davon ausgehen, dass es einen für ihn (größtenteils) unzugänglichen Bereich seines Unterbewusstseins gibt, der multiple Persönlichkeiten enthält und diese Persönlichkeiten könnte der Solipsist dann für Bestätigungen seiner Beobachtungen heranziehen (das, was ich intersubjektiv nennen würde, der Solipsist würde es wohl anders nennen). Wenn der Solipsist diese Annahmen macht, dann hat er sich jedoch ebenso wie ich eine metaphysische Basis geschaffen, auf der sein weiteres Weltbild aufbaut.

Man könnte jetzt argumentieren, dass es keine Rolle spielt, welche Annahmen man macht, das Ergebnis wäre immer das gleiche (ist das in etwa Deine Argumentation?). Das glaube ich aber nicht, mir ist zum Beispiel unklar, warum ein Solipsist Hemmungen haben sollte, einer seiner multiplen Persönlichkeiten Leid zuzufügen, denn diese wären ja lediglich Einbildungen. In meinem Weltbild habe ich diese Hemmungen deswegen, weil ich davon ausgehe, dass die von mir angenommenen realen Subjekte ebenso Leid empfinden wie ich auch. Wenn ein Solipsist jedoch seinen multiplen Persönlichkeiten auch das Empfinden von Leid zugesteht und das sogar macht bei den Persönlichkeiten, die er niemals selber beobachten kann (weil sie in meiner angenommenen Realität an weit entfernten Orten wohnen), dann muss er mE seinen Solipsismus ziemlich verbiegen.

Wenn er aber tatsächlich so weit biegt, dass er und ich zu denselben Schlüssen kommen, dann bestehen in der Tat die Differenzen in unseren Weltanschauungen nur in unterschiedlichen Bezeichnungen für dieselben Sachverhalte.
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step
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Beitrag(#371739) Verfasst am: 12.11.2005, 12:05    Titel: Antworten mit Zitat

Katatonia hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Intuition und Erfahrungsgefühl sind gute Theorien / Modelle, auch wenn sie nicht an der Uni entwickelt wurden.

Hm, ich denke, in diesem Fall ist es eher problematisch, von Theorien zu sprechen, da mir die Frage 'Materialismus oder Immaterialismus?' als eine rein metaphysische erscheint, eine Frage also, der empirisch bzw. durch eine potenzielle Widerlegung nicht beizukommen ist.

Ich würde eher "Definitionssache" als "metaphysisch" sagen. Aber selbst wenn dem so wäre, ist die Güte der (Proto-)Theorien des Gehirns unabhängig davon. Denn unsere Erfahrung sagt ja weniger etwas über das Sein des materiellen Seins aus, als über das Verhalten der wahrnehmbaren Dinge.
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Babyface
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Beitrag(#372576) Verfasst am: 14.11.2005, 16:55    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Babyface hat folgendes geschrieben:
[...] [Die] Behauptung über eine Kuh ist zweifellos metaphysisch, das Konzept der Kuh jedoch noch lange nicht. Das wäre ja nur dann der Fall, wenn man die Eigenschaft "gibt es unabhängig von uns" als notwendiges Merkmal betrachtet, um überhaupt von einer Kuh sprechen zu können. Ich sehe nun aber weder bei der Kuh, noch bei der Realität eine Notwendigkeit, diese metaphysische Eigenschaft per definitionem vorauszusetzen. Die Unterscheidung von anderen Konzepten wie einem Schwein oder der Einbildung gelingt ganz ohne sie.

Ja, soweit stimme ich Dir zu. Die Frage ist nun, ob ein Unterschied im Weltbild andere Interpretationen verursacht und ob daraufhin auch die daraus folgenden eigenen Handlungen unterschiedlich sind. Wenn das so sein sollte (dieser Auffassung bin ich), dann spielt es durchaus eine Rolle, welche (metaphysische) Annahmen ich zugrundelege; wenn es aber keine Rolle spielen sollte, wenn sich diese Interpretation meiner Beobachtungen nicht auf meine Handlungen auswirken sollte, dann hättest Du Recht.

Nein, ich wollte nicht argumentieren, dass metaphysische Annahmen keine Auswirkungen auf das Handeln von Menschen haben (die haben sie ohne Zweifel, man kann es täglich beobachten). Mir ging es nur darum, dass Wissenschaft keine metaphysischen Annahmen voraussetzt.

Zitat:
Man könnte jetzt argumentieren, dass es keine Rolle spielt, welche Annahmen man macht, das Ergebnis wäre immer das gleiche (ist das in etwa Deine Argumentation?). Das glaube ich aber nicht, mir ist zum Beispiel unklar, warum ein Solipsist Hemmungen haben sollte, einer seiner multiplen Persönlichkeiten Leid zuzufügen, denn diese wären ja lediglich Einbildungen. In meinem Weltbild habe ich diese Hemmungen deswegen, weil ich davon ausgehe, dass die von mir angenommenen realen Subjekte ebenso Leid empfinden wie ich auch. Wenn ein Solipsist jedoch seinen multiplen Persönlichkeiten auch das Empfinden von Leid zugesteht und das sogar macht bei den Persönlichkeiten, die er niemals selber beobachten kann (weil sie in meiner angenommenen Realität an weit entfernten Orten wohnen), dann muss er mE seinen Solipsismus ziemlich verbiegen.

Wenn er aber tatsächlich so weit biegt, dass er und ich zu denselben Schlüssen kommen, dann bestehen in der Tat die Differenzen in unseren Weltanschauungen nur in unterschiedlichen Bezeichnungen für dieselben Sachverhalte.

Sicher haben metaphysische Annahmen auch Auswirkungen auf Ethik. Doch auch in diesem Fall wäre es nicht unbedingt notwendig, eine Realität außerhalb vorauszusetzen. Es reicht z.b. aus, diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen.
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kolja
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Beitrag(#373747) Verfasst am: 16.11.2005, 01:06    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Für mich ist das Intersubjektivitäts-Prinzip eine solche [nützliche] Strategie, denn ich erlebe täglich, dass mein Wissen über die von mir wahrgenommene Welt robuster wird, wenn ich es im Dialog mit den von mir wahrgenommenen Subjekten überprüfe. [...] Ich entscheide mich für die Anwendung der nützlicheren Strategie [...]
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Mir kommt das ein bisschen so vor, als ob Du sagst: es reicht, wenn ich lediglich beobachte, ich brauche aber nicht zu interpretieren. Es gibt aber mE keine Beobachtung ohne Interpretation und durch die Interpretation erfolgt die Strukturierung des Beobachteten. Diese Interpretation ist meiner Meinung nach nicht unabhängig von Vorgaben, die man (explizit oder implizit) macht.

Zumindest die Unterscheidung zwischen mehr oder weniger "nützlich für mich" kann man wohl als eine Interpretation des Beobachteten sehen. Ich sehe aber nicht, von welchen metaphysischen Vorgaben diese Unterscheidung abhängig wäre.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Insbesondere ist mE eine Einordnung in nützlich und weniger nützlich rein heuristisch nicht möglich.

Warum nicht?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich dachte bisher immer, ein Solipsist sei jemand, der keine Realität annimmt und zwar aus dem Grunde, weil er so wenig unbewiesene Annahmen treffen möchte wie möglich.

Ich weiß auch nicht, was ein Solipsist wirklich glaubt, ich hab noch nie einen getroffen ... Lachen

Ich wollte mit meinem Beispiel lediglich aufzeigen, dass man eine einmal als "nützlich" erkannte Strategie auch innerhalb anderer Weltbilder "rationalisieren" kann.
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Beitrag(#374590) Verfasst am: 17.11.2005, 16:49    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Nein, ich wollte nicht argumentieren, dass metaphysische Annahmen keine Auswirkungen auf das Handeln von Menschen haben (die haben sie ohne Zweifel, man kann es täglich beobachten).

Ok, das war mir nicht klar, dass Du dem zustimmst.

Babyface hat folgendes geschrieben:
Mir ging es nur darum, dass Wissenschaft keine metaphysischen Annahmen voraussetzt.

Kann man, wenn man Wissenschaft betreibt, dies unbeeinflusst vom persönlichen Weltbild tun? (Ich denke nicht, dass das möglich ist.)

Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[...] mir ist zum Beispiel unklar, warum ein Solipsist Hemmungen haben sollte, einer seiner multiplen Persönlichkeiten Leid zuzufügen, denn diese wären ja lediglich Einbildungen. In meinem Weltbild habe ich diese Hemmungen deswegen, weil ich davon ausgehe, dass die von mir angenommenen realen Subjekte ebenso Leid empfinden wie ich auch. Wenn ein Solipsist jedoch seinen multiplen Persönlichkeiten auch das Empfinden von Leid zugesteht und das sogar macht bei den Persönlichkeiten, die er niemals selber beobachten kann (weil sie in meiner angenommenen Realität an weit entfernten Orten wohnen), dann muss er mE seinen Solipsismus ziemlich verbiegen. [...]

Sicher haben metaphysische Annahmen auch Auswirkungen auf Ethik. Doch auch in diesem Fall wäre es nicht unbedingt notwendig, eine Realität außerhalb vorauszusetzen. Es reicht z.b. aus, diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen.

Wie meinst Du das? Wenn man lediglich etwas "in Betracht zieht", dann lässt man sich doch davon nicht in seinen Handlungen beeinflussen, oder?
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Beitrag(#374595) Verfasst am: 17.11.2005, 16:59    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Insbesondere ist mE eine Einordnung in nützlich und weniger nützlich rein heuristisch nicht möglich.

Warum nicht?

Weil "nützlich" eine absolut subjektive Einordnung ist, die, basierend auf den Prämissen, die man setzt, unterschiedlich und evtl. sogar gegensätzlich ausfallen wird. (Was für den einen nützlich ist, ist für den anderen nicht nützlich. Die Frage muss immer lauten: nützlich für wen?)

kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich dachte bisher immer, ein Solipsist sei jemand, der keine Realität annimmt und zwar aus dem Grunde, weil er so wenig unbewiesene Annahmen treffen möchte wie möglich.

Ich weiß auch nicht, was ein Solipsist wirklich glaubt, ich hab noch nie einen getroffen ... Lachen

Ich wollte mit meinem Beispiel lediglich aufzeigen, dass man eine einmal als "nützlich" erkannte Strategie auch innerhalb anderer Weltbilder "rationalisieren" kann.

Meiner Meinung nach unterscheiden sich die Weltbilder dann aber nicht mehr und es wäre mE auch vollkommen müßig für die Vertreter dieser Weltbilder diese kontovers zu diskutieren.
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Babyface
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Beitrag(#374649) Verfasst am: 17.11.2005, 17:54    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:


Babyface hat folgendes geschrieben:
Mir ging es nur darum, dass Wissenschaft keine metaphysischen Annahmen voraussetzt.

Kann man, wenn man Wissenschaft betreibt, dies unbeeinflusst vom persönlichen Weltbild tun? (Ich denke nicht, dass das möglich ist.)

Wohl kaum, aber das habe ich ja auch nicht behauptet. Zum einen besteht das persönliche Weltbild ja nicht nur aus metaphysischen Annahmen, häufig sind das ja auch schlicht überprüfbare Hypothesen deren Beschaffenheit selbstverständlich einen einen Einfluss darauf hat, welche Methoden der Wissenschaftler wählt, um sie zu prüfen. Zum anderen ist es ein gewaltiger Unterschied, ob metaphysische Annahmen das Handeln eines Wissenschaftlers beeinflussen oder ob sie eine sachlogische Voraussetzung für die wissenschaftliche Methode darstellen. Einfluss auf etwas haben bedeutet ja nicht, Voraussetzung für etwas zu sein.

Zitat:
Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[...] mir ist zum Beispiel unklar, warum ein Solipsist Hemmungen haben sollte, einer seiner multiplen Persönlichkeiten Leid zuzufügen, denn diese wären ja lediglich Einbildungen. In meinem Weltbild habe ich diese Hemmungen deswegen, weil ich davon ausgehe, dass die von mir angenommenen realen Subjekte ebenso Leid empfinden wie ich auch. Wenn ein Solipsist jedoch seinen multiplen Persönlichkeiten auch das Empfinden von Leid zugesteht und das sogar macht bei den Persönlichkeiten, die er niemals selber beobachten kann (weil sie in meiner angenommenen Realität an weit entfernten Orten wohnen), dann muss er mE seinen Solipsismus ziemlich verbiegen. [...]

Sicher haben metaphysische Annahmen auch Auswirkungen auf Ethik. Doch auch in diesem Fall wäre es nicht unbedingt notwendig, eine Realität außerhalb vorauszusetzen. Es reicht z.b. aus, diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen.

Wie meinst Du das? Wenn man lediglich etwas "in Betracht zieht", dann lässt man sich doch davon nicht in seinen Handlungen beeinflussen, oder?

Ich meine doch. Gerade im Bezug auf ethisches Handeln spielt doch oftmals weniger das Voraussetzen bestimmter Handlungskonsequenzen (wenn ich a tue, dann passiert b) als das in Betrachtziehen möglicher Handlungskonsequenzen (wenn ich a tue _könnte_ b passieren) eine wichtige Rolle.
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Beitrag(#374982) Verfasst am: 18.11.2005, 01:53    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Weil "nützlich" eine absolut subjektive Einordnung ist, die, basierend auf den Prämissen, die man setzt, unterschiedlich und evtl. sogar gegensätzlich ausfallen wird. (Was für den einen nützlich ist, ist für den anderen nicht nützlich. Die Frage muss immer lauten: nützlich für wen?)

Diese Relativierung von Nützlichkeit basiert bereits auf der Annahme, dass es andere Subjekte mit von mir verschiedenen Perspektiven gibt. (Die Notwendigkeit bzw. das implizite Vorhandensein dieser Annahme willst du ja eigentlich begründen.)

Da ich keine methaphysischen Annahmen a priori machen will, bewerte ich Nützlichkeit zunächst nur aus meiner Perspektive. Die Antwort lautet somit erstmal "nützlich für mich". Ich stelle nämlich regelmäßig fest, dass ich mich unter Einbeziehung des Wissens anderer "Subjekte" besser in der Welt zurecht finde als ohne dieses Wissen. Die Anwendung des Prinzips "intersubjektive Prüfung" ist offensichtlich nützlich für mich.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Meiner Meinung nach unterscheiden sich die Weltbilder dann aber nicht mehr und es wäre mE auch vollkommen müßig für die Vertreter dieser Weltbilder diese kontovers zu diskutieren.

Ja, das sehe ich auch so.
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Beitrag(#375377) Verfasst am: 19.11.2005, 03:26    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Mir ging es nur darum, dass Wissenschaft keine metaphysischen Annahmen voraussetzt.

Kann man, wenn man Wissenschaft betreibt, dies unbeeinflusst vom persönlichen Weltbild tun? (Ich denke nicht, dass das möglich ist.)

Wohl kaum, aber das habe ich ja auch nicht behauptet. Zum einen besteht das persönliche Weltbild ja nicht nur aus metaphysischen Annahmen, häufig sind das ja auch schlicht überprüfbare Hypothesen deren Beschaffenheit selbstverständlich einen einen Einfluss darauf hat, welche Methoden der Wissenschaftler wählt, um sie zu prüfen. Zum anderen ist es ein gewaltiger Unterschied, ob metaphysische Annahmen das Handeln eines Wissenschaftlers beeinflussen oder ob sie eine sachlogische Voraussetzung für die wissenschaftliche Methode darstellen. Einfluss auf etwas haben bedeutet ja nicht, Voraussetzung für etwas zu sein.

"Die wissenschaftliche Methode" hört sich so an, als ob es nur eine einzige mögliche gäbe. Meiner Meinung nach gibt es aber unterschiedliche wissenschaftliche Methoden und diese werden wieder meiner Meinung nach durch unterschiedliche grundlegende Prämissen begründet. Ob man das nun "Einfluss haben" oder "sachlogische Voraussetzung" nennt , scheint mir nicht so wichtig zu sein; wichtiger scheint mir die Frage, ob man durch diese unterschiedlichen Weltbilder zu unterschiedlichen Ergebnissen (und somit auch zu unterschiedlichen wissenschaftlichen Methoden) kommt. Aber das habe ich nun auch schon mehrmals gesagt und ich sehe im Moment nicht so richtig, wie wir hier weiterkommen können.

Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[...] mir ist zum Beispiel unklar, warum ein Solipsist Hemmungen haben sollte, einer seiner multiplen Persönlichkeiten Leid zuzufügen, denn diese wären ja lediglich Einbildungen. In meinem Weltbild habe ich diese Hemmungen deswegen, weil ich davon ausgehe, dass die von mir angenommenen realen Subjekte ebenso Leid empfinden wie ich auch. Wenn ein Solipsist jedoch seinen multiplen Persönlichkeiten auch das Empfinden von Leid zugesteht und das sogar macht bei den Persönlichkeiten, die er niemals selber beobachten kann (weil sie in meiner angenommenen Realität an weit entfernten Orten wohnen), dann muss er mE seinen Solipsismus ziemlich verbiegen. [...]

Sicher haben metaphysische Annahmen auch Auswirkungen auf Ethik. Doch auch in diesem Fall wäre es nicht unbedingt notwendig, eine Realität außerhalb vorauszusetzen. Es reicht z.b. aus, diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen.

Wie meinst Du das? Wenn man lediglich etwas "in Betracht zieht", dann lässt man sich doch davon nicht in seinen Handlungen beeinflussen, oder?

Ich meine doch. Gerade im Bezug auf ethisches Handeln spielt doch oftmals weniger das Voraussetzen bestimmter Handlungskonsequenzen (wenn ich a tue, dann passiert b) als das in Betrachtziehen möglicher Handlungskonsequenzen (wenn ich a tue _könnte_ b passieren) eine wichtige Rolle.

Das wird mir jetzt ein wenig zu abstrakt. Wenn ich etwas "in Betracht ziehe", dann muss ich mich danach entscheiden, ob ich das in Betracht gezogene für mein weiteres Vorgehen berücksichtige oder nicht. Nehmen wir an, ich würde in Betracht ziehen, es gäbe eine Außenwelt mit anderen Subjekten, die ähnlich denken und empfinden wie ich. Dann kann ich mich entscheiden, ob ich das für mein Weltbild akzeptiere oder eben nicht akzeptiere. Diese Entscheidung ist dann die Grundlage, auf der mein weiteres Weltbild aufbaut. Wenn ich etwas nur "in Betracht ziehe", mich dann aber nicht zu einer Festlegung entscheiden will, sondern nur so tue "als ob", dann kann ich damit mE kein weiteres Handeln begründen. Beispiel: einen Agnostiker bezüglich Gott, der jedoch betet und in die Kirche geht, den finde ich unglaubwürdig, bzw. ich wäre mit seiner Selbsttitulierung als "Agnostiker" nicht einverstanden.
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Beitrag(#375381) Verfasst am: 19.11.2005, 03:49    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Weil "nützlich" eine absolut subjektive Einordnung ist, die, basierend auf den Prämissen, die man setzt, unterschiedlich und evtl. sogar gegensätzlich ausfallen wird. (Was für den einen nützlich ist, ist für den anderen nicht nützlich. Die Frage muss immer lauten: nützlich für wen?)

Diese Relativierung von Nützlichkeit basiert bereits auf der Annahme, dass es andere Subjekte mit von mir verschiedenen Perspektiven gibt. (Die Notwendigkeit bzw. das implizite Vorhandensein dieser Annahme willst du ja eigentlich begründen.)

Nein, darauf wollte ich eigentlich gar nicht hinaus. Mich stört wohl nur das Wort "nützlich". Wenn wir die anderen Subjekte weglassen, kann trotzdem morgen etwas anderes für mich nützlich sein als heute (aus meiner subjektiven Sicht natürlich); ich finde einfach, dass "nützlich" eine sehr geringe Halbwertzeit hat. Alles Mögliche kann "nützlich" sein, das ist eben sehr schwammig. Es kann auch nützlich sein, an Gott zu glauben oder an das lila Einhorn oder an die wundersame Kraft meiner Hasenpfote (wenn ich eine hätte).

kolja hat folgendes geschrieben:
Da ich keine methaphysischen Annahmen a priori machen will, bewerte ich Nützlichkeit zunächst nur aus meiner Perspektive. Die Antwort lautet somit erstmal "nützlich für mich". Ich stelle nämlich regelmäßig fest, dass ich mich unter Einbeziehung des Wissens anderer "Subjekte" besser in der Welt zurecht finde als ohne dieses Wissen. Die Anwendung des Prinzips "intersubjektive Prüfung" ist offensichtlich nützlich für mich.

Lassen wir meine Bedenken bezüglich des Wortes "nützlich" mal beiseite. Du argumentierst, glaube ich, ähnlich wie Babyface: "ich muss eine metaphysische Prämisse, (z.B. es gäbe andere Subjekte), nicht zugrunde legen, ich kann einfach sagen: es ist nützlich für mich, wenn ich lediglich so tue, als ob diese Subjekte existieren würden, ich muss also gar keine Aussage bezüglich dieser Subjekte treffen". Mein Problem mit dieser Argumentation ist aber, dass ich da keinen Unterschied sehe; ich finde sogar, dass es ganz und gar dasselbe ist, als ob man die Existenz der anderen Subjekte akzeptiert. Wenn man so tut, als ob etwas wahr wäre und dann weitere Begründungen, Motivationen und Handlungen darauf aufbaut, dann kann ich keinen Unterschied mehr sehen zu einem eindeutigen Bekenntnis zu dieser Annahme.
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Beitrag(#375439) Verfasst am: 19.11.2005, 14:02    Titel: Antworten mit Zitat

Mal ein Beispiel (gibt sicher bessere):

Wenn ich im Gebirge keinen Stein ins Tal werfe, könnte man sagen, ich verhalte mich so, als ob der Stein jemanden treffen würde, wenn ich ihn werfe. Das bedeutet freilich kein eindeutiges Bekenntnis zu der Annahme, dass der Stein tatsächlich jemanden getroffen hätte.
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Beitrag(#375499) Verfasst am: 19.11.2005, 14:44    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Mal ein Beispiel (gibt sicher bessere):

Wenn ich im Gebirge keinen Stein ins Tal werfe, könnte man sagen, ich verhalte mich so, als ob der Stein jemanden treffen würde, wenn ich ihn werfe. Das bedeutet freilich kein eindeutiges Bekenntnis zu der Annahme, dass der Stein tatsächlich jemanden getroffen hätte.

Naja, Du ziehst die Möglichkeit in Betracht, der Stein könne jemanden treffen. Dann wertest Du diese Möglichkeit und ordnest sie als genügend hoch ein, um den Stein tatsächlich nicht zu werfen. Das ist die Entscheidung, die ich meine. Um das auf unseren Dissens über die metaphysische Annahme einer Realität zu übertragen: Du sagtest:

Babyface hat folgendes geschrieben:
Sicher haben metaphysische Annahmen auch Auswirkungen auf Ethik. Doch auch in diesem Fall wäre es nicht unbedingt notwendig, eine Realität außerhalb vorauszusetzen. Es reicht z.b. aus, diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen.

Wenn Du exakt so handelst, als ob eine Realität außerhalb existieren würde, dann hast Du diese Realität mE auch anerkannt. Du ordnest hier ebenso wie in Deinem Beispiel mit dem Stein die Möglichkeit einer Realität als genügend hoch ein, um sie zu akzeptieren und danach zu handeln.
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