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Was ist Metaphysik? Welche Bedeutung hat sie f. Ungläubige?
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#375506) Verfasst am: 19.11.2005, 14:49    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Mal ein Beispiel (gibt sicher bessere):

Wenn ich im Gebirge keinen Stein ins Tal werfe, könnte man sagen, ich verhalte mich so, als ob der Stein jemanden treffen würde, wenn ich ihn werfe. Das bedeutet freilich kein eindeutiges Bekenntnis zu der Annahme, dass der Stein tatsächlich jemanden getroffen hätte.

Naja, Du ziehst die Möglichkeit in Betracht, der Stein könne jemanden treffen. Dann wertest Du diese Möglichkeit und ordnest sie als genügend hoch ein, um den Stein tatsächlich nicht zu werfen. Das ist die Entscheidung, die ich meine.

Sie basiert aber auf Erfahrung und ist keine metaphysische Voraussetzung, um überhaupt aus Erfahrungen zu lernen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Um das auf unseren Dissens über die metaphysische Annahme einer Realität zu übertragen: Du sagtest:

Babyface hat folgendes geschrieben:
Sicher haben metaphysische Annahmen auch Auswirkungen auf Ethik. Doch auch in diesem Fall wäre es nicht unbedingt notwendig, eine Realität außerhalb vorauszusetzen. Es reicht z.b. aus, diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen.

Wenn Du exakt so handelst, als ob eine Realität außerhalb existieren würde, dann hast Du diese Realität mE auch anerkannt. Du ordnest hier ebenso wie in Deinem Beispiel mit dem Stein die Möglichkeit einer Realität als genügend hoch ein, um sie zu akzeptieren und danach zu handeln.

Ja, in der Praxis ist meist(*) kein Unterschied dazwischen, ob man diese Realität metaphysisch anerkennt oder nur "wirkpraktisch". Aber man muß sie nicht metaphysisch-axiomatisch voraussetzen, um sie praktisch nutzen zu können.

(*) Diesen Unterschied sieht man nur, wenn eine solche Interpretation sich einmal als unhaltbar herausstellt. Axiome wehren sich stärker gegen ihre Korrektur.
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#375535) Verfasst am: 19.11.2005, 15:25    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Naja, Du ziehst die Möglichkeit in Betracht, der Stein könne jemanden treffen. Dann wertest Du diese Möglichkeit und ordnest sie als genügend hoch ein, um den Stein tatsächlich nicht zu werfen. Das ist die Entscheidung, die ich meine.

Sie basiert aber auf Erfahrung und ist keine metaphysische Voraussetzung, um überhaupt aus Erfahrungen zu lernen.

Ja, sicher, das Stein-Beispiel hat nichts mit Metaphysik zu tun; dabei ging es um meine Behauptung, dass ein reines "in Betracht ziehen" ohne darauf folgenden Entscheidungsprozess keine weiteren Handlungen begründen kann.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn Du exakt so handelst, als ob eine Realität außerhalb existieren würde, dann hast Du diese Realität mE auch anerkannt. Du ordnest hier ebenso wie in Deinem Beispiel mit dem Stein die Möglichkeit einer Realität als genügend hoch ein, um sie zu akzeptieren und danach zu handeln.

Ja, in der Praxis ist meist(*) kein Unterschied dazwischen, ob man diese Realität metaphysisch anerkennt oder nur "wirkpraktisch". Aber man muß sie nicht metaphysisch-axiomatisch voraussetzen, um sie praktisch nutzen zu können.

Doch, genau dieser Meinung bin ich. Wenn man die Realität nutzt, dann akzeptiert man auch deren Existenz. (Wenn man Gott anbetet, dann setzt man ihn auch voraus.)

step hat folgendes geschrieben:
(*) Diesen Unterschied sieht man nur, wenn eine solche Interpretation sich einmal als unhaltbar herausstellt. Axiome wehren sich stärker gegen ihre Korrektur.

Manchmal kommt es mir ein wenig so vor, als ob wir uns nur über die Bedeutung von Wörtern streiten. Wenn ich für mich etwas metaphysisches als Prämisse für weitere Schlüsse akzeptiere, dann bedeutet das keineswegs, dass ich diese Prämisse als unwiderlegbar oder sogar als "Wahrheit" ansehe. Im Gegenteil, gerade weil ich sie "metaphysisch" nenne, ist es mir durchaus bewusst, dass ich eine unbewiesene Annahme getroffen habe.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#375573) Verfasst am: 19.11.2005, 16:04    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn ich für mich etwas metaphysisches als Prämisse für weitere Schlüsse akzeptiere, dann bedeutet das keineswegs, dass ich diese Prämisse als unwiderlegbar oder sogar als "Wahrheit" ansehe. Im Gegenteil, gerade weil ich sie "metaphysisch" nenne, ist es mir durchaus bewusst, dass ich eine unbewiesene Annahme getroffen habe.

Ich würde (zumindest Dir) auch nicht unterstellen, daß Du sie für absolut wahr hältst. Aber ich sehe da schon einen logischen Widerspruch: Wenn Du Deine Prämisse nicht als Wahrheit, sondern nur als "offenbar der Fall, möglw. aber auch falsch" ansiehst, müßtest Du doch zugeben, daß sie keine wirklich notwendige Prämisse darstellt, oder?
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
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Beitrag(#376068) Verfasst am: 20.11.2005, 17:44    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn ich für mich etwas metaphysisches als Prämisse für weitere Schlüsse akzeptiere, dann bedeutet das keineswegs, dass ich diese Prämisse als unwiderlegbar oder sogar als "Wahrheit" ansehe. Im Gegenteil, gerade weil ich sie "metaphysisch" nenne, ist es mir durchaus bewusst, dass ich eine unbewiesene Annahme getroffen habe.

Ich würde (zumindest Dir) auch nicht unterstellen, daß Du sie für absolut wahr hältst. Aber ich sehe da schon einen logischen Widerspruch: Wenn Du Deine Prämisse nicht als Wahrheit, sondern nur als "offenbar der Fall, möglw. aber auch falsch" ansiehst, müßtest Du doch zugeben, daß sie keine wirklich notwendige Prämisse darstellt, oder?

Natürlich.

Meine Thesen sind wie folgt:

- Jeder Mensch benötigt für sein Weltbild metaphysische Annahmen (vielleicht mit Ausnahme eines extremen Solipsisten, aber ein solcher ist wohl rein theoretischer Natur)
- Diese metaphysischen Annahmen müssen keineswegs identisch sein (da ja prinzipiell nicht beweisbar)
- Unterschiedliche metaphysische Grundlagen eines Weltbildes ergeben normalerweise auch unterschiedliche Schlussfolgerungen und Erkenntnisse
- Das, was wir heutzutage gemeinhin unter "wissenschaftlichem Arbeiten" verstehen, erfordert bestimmte metaphysische Annahmen, zum Beispiel: es gibt eine äußere Realität, es gibt andere Subjekte in dieser Realität
- Trifft man andere metaphysische Annahmen (was natürlich, wie schon gesagt, zulässig ist), dann müsste man mE ein anderes Verständnis von "wissenschaftlichem Arbeiten" haben (wenn hier ein Solipsist konstruiert wird, der zu denselben Ergebnissen kommen sollte, wie jemand, der eine Realität annimmt, dann ist das mE kein echter Solipsist. Ebenso wie ein Atheist, der an Gott glaubt, für mich kein echter Atheist ist.)
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kolja
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Beitrag(#376074) Verfasst am: 20.11.2005, 18:20    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Mich stört wohl nur das Wort "nützlich". Wenn wir die anderen Subjekte weglassen, kann trotzdem morgen etwas anderes für mich nützlich sein als heute (aus meiner subjektiven Sicht natürlich); ich finde einfach, dass "nützlich" eine sehr geringe Halbwertzeit hat. Alles Mögliche kann "nützlich" sein, das ist eben sehr schwammig. Es kann auch nützlich sein, an Gott zu glauben oder an das lila Einhorn oder an die wundersame Kraft meiner Hasenpfote (wenn ich eine hätte).

Meine ursprüngliche Aussage war, "nützlich, um robusteres Wissen über die von mir wahrgenommene Welt zu erlangen". Darin ist natürlich das Ziel enthalten, die wahrgenommene Welt besser verstehen zu wollen. (Dieses Ziel scheint mir die Grundlage von Wissenschaft zu sein.)

Findest du "nützlich" in diesem Kontext immer noch zu schwammig?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Du argumentierst, glaube ich, ähnlich wie Babyface: "ich muss eine metaphysische Prämisse, (z.B. es gäbe andere Subjekte), nicht zugrunde legen, ich kann einfach sagen: es ist nützlich für mich, wenn ich lediglich so tue, als ob diese Subjekte existieren würden, ich muss also gar keine Aussage bezüglich dieser Subjekte treffen".

Dem stimme ich prinzipiell zu, verweise aber nochmal auf meine vorherige Aussage, um die Bedeutung von "nützlich" in diesem Zusammenhang zu konkretisieren.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Mein Problem mit dieser Argumentation ist aber, dass ich da keinen Unterschied sehe; ich finde sogar, dass es ganz und gar dasselbe ist, als ob man die Existenz der anderen Subjekte akzeptiert. Wenn man so tut, als ob etwas wahr wäre und dann weitere Begründungen, Motivationen und Handlungen darauf aufbaut, dann kann ich keinen Unterschied mehr sehen zu einem eindeutigen Bekenntnis zu dieser Annahme.

Der Unterschied besteht darin, dass diese Annahme für mich nicht "a priori" gilt, sondern die begründete Interpretation einer vorangehenden Beobachtung ist.
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step
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Beitrag(#376076) Verfasst am: 20.11.2005, 18:23    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
...
- Diese metaphysischen Annahmen müssen keineswegs identisch sein (da ja prinzipiell nicht beweisbar)
- Unterschiedliche metaphysische Grundlagen eines Weltbildes ergeben normalerweise auch unterschiedliche Schlussfolgerungen und Erkenntnisse
- Das, was wir heutzutage gemeinhin unter "wissenschaftlichem Arbeiten" verstehen, erfordert bestimmte metaphysische Annahmen, zum Beispiel: es gibt eine äußere Realität, es gibt andere Subjekte in dieser Realität
...

Jetzt stellt sich mir aber zum einen wieder die Frage, warum die (vorläufige) Erkenntnis, daß die Welt als "äußere Realität" hinreichend gut beschreibbar ist, Metaphysik sein soll. Ist dies nicht eher ein Modell derselben Qualität wie etwa, daß die Welt als n-dimensionaler Raum hinreichend gut beschreibbar ist (nur ein Beispiel)?

Wir können doch Kriterien für Realität finden, ähnlich wie wir z.B. Kriterien für Masse finden können. Bei "Realität" ist das nur klassischerweise ungewohnt, da dies bereits ein sehr grundlegend gültiges, internalisiertes (oder angeborenes) Modell ist. Ähnlich z.B. auch bei "Kausalität".

Die Möglichkeit, die Welt als "äußere Realität" hinreichend gut zu beschreiben, also die offensichtliche Kontingenz, Härte, Gesetzmäßigkeit usw. der Welt, mag daher zwar eine physikalsiche Voraussetzung dafür sein, daß wir Wissenschaft (oder überhaupt etwas) betreiben können, aber als metaphysische (der Wissenschaft prinzipiell nicht zugängliche) Voraussetzung würde ich sie nicht ansehen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
- Trifft man andere metaphysische Annahmen (was natürlich, wie schon gesagt, zulässig ist), dann müsste man mE ein anderes Verständnis von "wissenschaftlichem Arbeiten" haben (wenn hier ein Solipsist konstruiert wird, der zu denselben Ergebnissen kommen sollte, wie jemand, der eine Realität annimmt, dann ist das mE kein echter Solipsist. ...

Hmm ... nehmen wir an, jemand sei zwar der Meinung, daß die nähere Welt als "äußere Realität" hinreichend gut beschreibbar ist, aber er vermutet, daß dieses Modell in exotischeren Parameterbereichen nicht mehr gültig ist. Auch wenn er jetzt einerseits versucht, Kriterien für die Grenzen des Realitätsmodells zu finden (also offensichtlich Deine Annahme zumindest im metaphysischen SInne nicht mehr macht), so kann er doch weiter normal Wissenschaft betreiben.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#376151) Verfasst am: 20.11.2005, 19:45    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Meine ursprüngliche Aussage war, "nützlich, um robusteres Wissen über die von mir wahrgenommene Welt zu erlangen". Darin ist natürlich das Ziel enthalten, die wahrgenommene Welt besser verstehen zu wollen. (Dieses Ziel scheint mir die Grundlage von Wissenschaft zu sein.)

Findest du "nützlich" in diesem Kontext immer noch zu schwammig?

"Nützlich" ist eine Wertung. Eine Wertung kann nur in einem Wertesystem erfolgen und dieses wiederum muss auf irgendetwas basieren. Es gibt kein "nützlich an sich". Auch die Einordnung "robuster als" erfordert ebenfalls eine Grundlage.

Die Aussage: "die von mir wahrgenommene Welt" impliziert mE auch schon gewisse Grundannahmen.

kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Du argumentierst, glaube ich, ähnlich wie Babyface: "ich muss eine metaphysische Prämisse, (z.B. es gäbe andere Subjekte), nicht zugrunde legen, ich kann einfach sagen: es ist nützlich für mich, wenn ich lediglich so tue, als ob diese Subjekte existieren würden, ich muss also gar keine Aussage bezüglich dieser Subjekte treffen".

Dem stimme ich prinzipiell zu, verweise aber nochmal auf meine vorherige Aussage, um die Bedeutung von "nützlich" in diesem Zusammenhang zu konkretisieren.

Ok, mal unabhängig von dem Wort "nützlich". Für mich gibt es keinen wesentlichen Unterschied zwischen den Aussagen: "ich tue nur so, als ob andere Subjekte existieren würden, aber ich nehme das als Grundlage für weitergehende Schlüsse" und "ich nehme an, dass andere Subjekte existieren".

kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Mein Problem mit dieser Argumentation ist aber, dass ich da keinen Unterschied sehe; ich finde sogar, dass es ganz und gar dasselbe ist, als ob man die Existenz der anderen Subjekte akzeptiert. Wenn man so tut, als ob etwas wahr wäre und dann weitere Begründungen, Motivationen und Handlungen darauf aufbaut, dann kann ich keinen Unterschied mehr sehen zu einem eindeutigen Bekenntnis zu dieser Annahme.

Der Unterschied besteht darin, dass diese Annahme für mich nicht "a priori" gilt, sondern die begründete Interpretation einer vorangehenden Beobachtung ist.

Ich wüsste wirklich nicht, was eine Annahme "a priori" sein könnte. Jeder Annahme gehen Beobachtungen und Interpretationen voraus. Jedoch ist mir nicht klar, wie Du die Interpretation begründest (außer der subjektiven Aussage: ich glaube, das ist so).
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
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Beitrag(#376172) Verfasst am: 20.11.2005, 20:08    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Jetzt stellt sich mir aber zum einen wieder die Frage, warum die (vorläufige) Erkenntnis, daß die Welt als "äußere Realität" hinreichend gut beschreibbar ist, Metaphysik sein soll. Ist dies nicht eher ein Modell derselben Qualität wie etwa, daß die Welt als n-dimensionaler Raum hinreichend gut beschreibbar ist (nur ein Beispiel)?

Nein, ich würde das nicht gerne Modell nennen wollen, dazu ist die Aussage zu grundlegend. Deswegen würde ich auch nicht zustimmen, dass die Aussage, es gäbe eine äußere Realität, eine "vorläufige" Annahme sei. Würden wir das nicht annehmen, dann müssten wir mE zu ganz anderen Schlüssen kommen, dann müssten wir komplett umdenken.

step hat folgendes geschrieben:
Wir können doch Kriterien für Realität finden, ähnlich wie wir z.B. Kriterien für Masse finden können. Bei "Realität" ist das nur klassischerweise ungewohnt, da dies bereits ein sehr grundlegend gültiges, internalisiertes (oder angeborenes) Modell ist. Ähnlich z.B. auch bei "Kausalität".

Die Möglichkeit, die Welt als "äußere Realität" hinreichend gut zu beschreiben, also die offensichtliche Kontingenz, Härte, Gesetzmäßigkeit usw. der Welt, mag daher zwar eine physikalsiche Voraussetzung dafür sein, daß wir Wissenschaft (oder überhaupt etwas) betreiben können, aber als metaphysische (der Wissenschaft prinzipiell nicht zugängliche) Voraussetzung würde ich sie nicht ansehen.

Mir scheint, Du meinst, beweisen zu können, dass es eine äußere Realität gibt, d.h. dass man den Solipsismus prinzipiell widerlegen könnte. Wenn dem so wäre, dann allerdings hättest Du Recht. Mir ist aber nicht klar, wie das gehen könnte.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
- Trifft man andere metaphysische Annahmen (was natürlich, wie schon gesagt, zulässig ist), dann müsste man mE ein anderes Verständnis von "wissenschaftlichem Arbeiten" haben (wenn hier ein Solipsist konstruiert wird, der zu denselben Ergebnissen kommen sollte, wie jemand, der eine Realität annimmt, dann ist das mE kein echter Solipsist. ...

Hmm ... nehmen wir an, jemand sei zwar der Meinung, daß die nähere Welt als "äußere Realität" hinreichend gut beschreibbar ist, aber er vermutet, daß dieses Modell in exotischeren Parameterbereichen nicht mehr gültig ist. Auch wenn er jetzt einerseits versucht, Kriterien für die Grenzen des Realitätsmodells zu finden (also offensichtlich Deine Annahme zumindest im metaphysischen SInne nicht mehr macht), so kann er doch weiter normal Wissenschaft betreiben.

Dieses Beispiel verstehe ich leider nicht.
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kolja
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Anmeldungsdatum: 02.12.2004
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Beitrag(#376481) Verfasst am: 21.11.2005, 17:49    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Meine ursprüngliche Aussage war, "nützlich, um robusteres Wissen über die von mir wahrgenommene Welt zu erlangen". Darin ist natürlich das Ziel enthalten, die wahrgenommene Welt besser verstehen zu wollen. (Dieses Ziel scheint mir die Grundlage von Wissenschaft zu sein.) Findest du "nützlich" in diesem Kontext immer noch zu schwammig?
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
"Nützlich" ist eine Wertung. Eine Wertung kann nur in einem Wertesystem erfolgen und dieses wiederum muss auf irgendetwas basieren. Es gibt kein "nützlich an sich".

Für mich ergibt sich diese Wertung aus dem Wunsch, die wahrgenommene Welt besser zu verstehen, also "Wissen" zu erlangen. Das könnte man als ein Wertesystem betrachten, in dem Wissen einen Wert an sich darstellt. Damit wäre festgestellt, dass das Streben nach Wissen eine Vorraussetzung für das Betreiben von Wissenschaft ist. Das erscheint mir allerdings trivial.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Auch die Einordnung "robuster als" erfordert ebenfalls eine Grundlage. Die Aussage: "die von mir wahrgenommene Welt" impliziert mE auch schon gewisse Grundannahmen.

"wahrgenommene Welt" => eine Bezeichnung für alle Inhalte meiner Wahrnehmung
"robust" => wenn ein Erklärungsmodell mit meiner Wahrnehmung übereinstimmt

Als Grundlagen sehe ich hier höchstens die Festellung, dass ich irgend etwas wahrnehme und mir Erklärungen dafür ausdenken kann, von denen einige mit weiteren Wahrnehmungen übereinstimmen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich wüsste wirklich nicht, was eine Annahme "a priori" sein könnte. Jeder Annahme gehen Beobachtungen und Interpretationen voraus.

Nach meinem Verständnis ist eine Annahme "a priori" das, was du als "metaphysische Annahme" bezeichnest. Eine Annahme, worauf alle weiteren Erklärungen aufbauen und nur Bestand haben, wenn die Annahme zutrifft.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jeder Annahme gehen Beobachtungen und Interpretationen voraus.

Genau so sehe ich das auch. Darum ist die Annahme einer "von mir wahrgenommenen Welt" auch nicht "a priori", denn ihr geht eben die Wahrnehmung der Welt vorraus. Auch die Feststellung, dass sich Wahrnehmungen mit Modellen beschreiben und vorhersagen lassen gilt nicht "a priori", sondern ist wiederum eine Beobachtung.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jedoch ist mir nicht klar, wie Du die Interpretation begründest (außer der subjektiven Aussage: ich glaube, das ist so).

Sind wir noch bei der "äußeren Welt" und den "Subjekten"?

Ich begründe mit meiner Beobachtung, dass die von mir wahrgenommenen Subjekte mir ebenfalls robuste Erklärungsmodelle für die von mir wahrgenommene Welt mitteilen können.
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katholisch
Benedikt XVI: Respekt! Franziskus: alles Gute!



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Beitrag(#376842) Verfasst am: 22.11.2005, 18:05    Titel: Antworten mit Zitat

objektiv gesehen sind wir Subjekte. freakteach
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Grüß euch Gott - alle miteinander!


r.-k. und
gemeiner Feld-, Wald- und Wiesenchrist
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