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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#384234) Verfasst am: 10.12.2005, 16:10 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | Jo, dasselbe ließe sich auch von Gott sagen. |
Es gibt Leute, die sowas behaupten. Je nachdem, was du unter "Gott" verstehst, ist das allerdings recht leicht widerlegbar...
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Es ist doch eher so, dass dem Menschen von Natur aus eine Neigung zur Abwertung Fremder eigen ist. |
Das menschliche Bewusstsein scheint mir durchweg in fast allen Bereichen ambivalent zu sein...
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Die Annahme jedenfalls, er sei genetisch bedingt, quasi a priori, davon überzeugt, dass jeder Menschen von Geburt an so etwas wie Würde besitze [...] |
Es ging nicht um die Überzeugung, dass die Vorstellung einer menschlichen Würde korrekt sei, sondern um die Menschenwürde bzw. die Vorstellung der Menschenwürde selbst...
Zumsel hat folgendes geschrieben: | [...] ist wohl etwas gewagt, wie nicht nur ein Blick in die Geschichte zeigt. |
Naturalistischer Fehlschluss.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Verdammt gut funktionierend? In welcher Welt lebst du denn? |
Schon wieder ein naturalistischer Fehlschluss. Meine Aussage war, dass diese Vorstellung als Heuristik dort, wo sie angewandt wird, verdammt gut funktioniert. Dass sie dort, wo sie nicht angewandt wird, auch nicht funktionieren kann, ist doch wohl evident...
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 10.12.2005, 16:18, insgesamt einmal bearbeitet |
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#384237) Verfasst am: 10.12.2005, 16:16 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Naturalistischer Fehlschluss. |
Stimmt. Aber nicht von meiner Seite!
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#384238) Verfasst am: 10.12.2005, 16:18 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | Stimmt. Aber nicht von meiner Seite! |
Ich hoffe doch, du verwechselst das nicht mit einem Argument...
Lies dir meinen Beitrag nochmal durch.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#384239) Verfasst am: 10.12.2005, 16:23 Titel: |
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Mandingo hat folgendes geschrieben: | Wenn das Glaube ist, dann ist jeder Depp, der alles wörtlich versteht geradezu begabt zum Glauben und Kindsköpfe sind auf dem rechten Weg. |
Jesus (nach Matthäus 18, 3 hat folgendes geschrieben: | Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet, könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen. |
Der auferstandene Jesus (nach Johannes-Evangelium 20, 29 hat folgendes geschrieben: | Selig sind, die nicht sehen und doch glauben. |
Mandingo hat folgendes geschrieben: | Da ist man verpflichtet, in der Nazi-Zeit Juden zu verstecken und sein Leben und das seiner Familie aufs Spiel zu setzen, weil man sonst kein Christ mehr ist. |
Dann will ich lieber kein Christ sein. Dazu habe ich zu viel Verantwortungsbewusstsein gegenüber meiner Familie.
Und ein bisschen auch gegenüber den Juden, die nach einem Versteck suchen.
Deren Leben wäre nämlich auch höchst gefährdet, wenn das Versteck auffliegen würde.
Das wäre eine Gefahr, die gerade bei uns zu Hause überdurchschnittlich groß wäre,
weil zu uns jemand gehört, bei dessen geistigen Fähigkeiten besonders zu befürchten wäre, dass er sich verplappern könnte.
Mandingo hat folgendes geschrieben: | Dass die textkritische Auslegung der Legenden und Symbole "willkürlich" ist,
kann auch nur jemand behaupten, der von Theologie keinen blassen Schimmer hat.
Die Kriterien für die Auslegung sind wissenschaftlich überprüfbar, begründet durch historische und textwissenschaftliche, religionswissenschaftliche u.a. Forschungen. |
Wenn es da keine "Willkür" gäbe,
dann müssten diese Theologen ja eigentlich im Wesentlichen die gleiche Theologie herausbekommen.
Dass das keineswegs der Fall ist,
weiß jeder, der sich in der Theologie von heute in einem etwas weiteren Bereich umgesehen hat
als im Bereich von Theologen einer bestimmten Linie.
Es sei denn natürlich,
er wischt solche Beobachtungen vom Tisch
mit der Begründung, andere Auslegungen wären eben nicht wissenschaftlich überprüft und
"begründet durch historische und textwissenschaftliche, religionswissenschaftliche u.a. Forschungen."
Mandingo hat folgendes geschrieben: | Aber klar:
Deutsche sind auch nur die, die auf Bärenfellen liegen und Met trinken. Wer anders lebt ist ein "weichgespülter" Deutscher, der dem Zeitgeist seiner Nachbarn verfallen ist. |
Dazu möchte ich bemerken, dass ich nicht zu denen gehöre,
die nur bibeltreue Fundamentalisten als Christen bezeichnen.
Zu definieren, was ein Christ ist,
das ist nicht meine Sache,
sondern Sache derer, die sich als Christen verstehen.
Ich bezeichne Menschen dann als Christen,
wenn sie sich als Christen verstehen
und wenn außerdem dies Selbstverständnis nachvollziehbar ist,
sei es wegen Übereinstimmungen oder Ähnlichkeiten ihrer Ansichten mit dem Inhalt der Bibel,
sei es wegen der geistesgeschichtlichen Herkunft ihrer Ansichten aus christlichen Kreisen.
Nach dieser Definition bezeichne ich Menschen auch dann als Christen,
wenn ich ihre Bibelinterpretation als willkürlich ansehe
und der Meinung bin, dass sie mit dem Inhalt der Bibel in seiner ursprünglichen Bedeutung herzlich wenig zu tun hat.
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#384240) Verfasst am: 10.12.2005, 16:23 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Lies dir meinen Beitrag nochmal durch. |
Wenn du meinst:
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Es ging nicht um die Überzeugung, dass die Vorstellung einer menschlichen Würde korrekt sei, sondern um die Menschenwürde bzw. die Vorstellung der Menschenwürde selbst... |
Richtig. Es ging um die Frage, ob diese Vorstellung genetisch bedingt sei. Wenn sie es wäre, müsste sie unabhängig von der gesellschaftlichen Prägung gelten. Tut sie aber nicht.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Es gibt Leute, die sowas behaupten. Je nachdem, was du unter "Gott" verstehst, ist das allerdings recht leicht widerlegbar... |
Was ließe sich widerlegen? Ich verstehe diesen Satz nicht.
Zuletzt bearbeitet von Zumsel am 10.12.2005, 16:27, insgesamt einmal bearbeitet |
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#384241) Verfasst am: 10.12.2005, 16:27 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | @Mandingo: Du vermischt einigermaßen geschickt Glaubens- und Lebensfragen, obwohl sie für einen unvoreingenommenen Menschen nichts miteinander zu tun haben. |
Wie Mandingo auch die Frage, wie etwas zu interpretieren ist,
vermischt mit der Frage, ob man es sich zu Eigen machen sollte.
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#384242) Verfasst am: 10.12.2005, 16:29 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | Richtig. Es ging um die Frage, ob diese Vorstellung genetisch bedingt sei. Wenn sie es wäre, müsste sie unabhängig von der gesellschaftlichen Prägung gelten. Tut sie aber nicht. |
Dann kann man diese Begründung ja schonmal ausschließen.
An meiner anfänglichen Aussage ändert das aber nichts:
Menschenwürde als Vorstellung existiert zumindest bei manchen Leuten ganz offensichtlich, und überall, wo sie vorherrscht, funktioniert sie als Pragmatik prima und es gibt ganz offensichtlich auch nicht-metaphysische Möglichkeiten, sie zu begründen (wie gut die dann sind, ist eine andere Frage). Auch funktioniert es ganz offensichtlich, sie als pragmatisches Konzept einfach so stehenzulassen, da sie ja wie gesagt dort, wo sie umgesetzt wird, offensichtlich zumindest meistens prima funktioniert.
Wenn sich das irgendwann ändert, kann man immer noch neu diskutieren. Aber das ist nun wirklich trivial.
Deine Aussage, dass man zur Begründung der Vorstellung von Menschenwürde Metaphysik bräuchte, ist also offensichtlich falsch.
(Beziehungsweise wenn man merkt, dass sie als Pragmatik ganz ausgezeichnet funktioniert, wird die Begründung sogar erst einmal völlig nebensächlich.)
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#384254) Verfasst am: 10.12.2005, 16:45 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Auch funktioniert es ganz offensichtlich, sie als pragmatisches Konzept einfach so stehenzulassen, da sie ja wie gesagt dort, wo sie umgesetzt wird, offensichtlich zumindest meistens prima funktioniert. |
Natürlich kann man sich metaphysische Prämissen zu eigen machen, ohne selbst offensichtlich Metaphysiker zu sein. Selbstverständlich ist es möglich zu sagen: "Eine absolute Vernunft existiert nicht, aber wir tun so, als ob, weil sich die Ethik, die diese Weltanschauung hervorbrachte, bewährt hat." Das ändert aber nichts an ihrer metaphysischen Herkunft und der damit einhergehenden metaphysischen Prägung der Menschen, die sie favorisieren.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Deine Aussage, dass man zur Begründung der Vorstellung von Menschenwürde Metaphysik bräuchte, ist also offensichtlich falsch. |
Nein, denn ohne Metaphysik hängt sie in der Luft.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#384259) Verfasst am: 10.12.2005, 16:49 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Auch funktioniert es ganz offensichtlich, sie als pragmatisches Konzept einfach so stehenzulassen, da sie ja wie gesagt dort, wo sie umgesetzt wird, offensichtlich zumindest meistens prima funktioniert. |
Natürlich kann man sich metaphysische Prämissen zu eigen machen, ohne selbst offensichtlich Metaphysiker zu sein. Selbstverständlich ist es möglich zu sagen: "Eine absolute Vernunft existiert nicht, aber wir tun so, als ob, weil sich die Ethik, die diese Weltanschauung hervorbrachte, bewährt hat." Das ändert aber nichts an ihrer metaphysischen Herkunft und der damit einhergehenden metaphysischen Prägung der Menschen, die sie favorisieren. |
Gut, dann ist überhaupt jede Heuristik und Pragmatik metaphysisch, weil schon die Annahme, dass die Welt irgendwelchen kontrollierbaren Gesetzmäßigkeiten unterliegt, metaphysisch ist. Und selbst, wenn man diese Annahme nur aus pragmatischen Gründen vorraussetzt, ist man nach deiner Logik schon metaphysisch geprägt.
Du kannst gerne alles zur Metaphysik machen, aber dann bitte ohne mich.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Nein, denn ohne Metaphysik hängt sie in der Luft. |
Wenn man Metaphysik derart weit fasst wie du, dann hängt ohne Metaphysik überhaupt alles in der Luft.
Dann kannst du allerdings auch überhaupt nichts mehr aussagen. Denn ich kann dir bei jeder Aussage, die du tätigst, nachweisen, dass du irgendwelche Annahmen zu Grunde legst, die als metaphysisch bezeichnet werden könnten.
Schon deine Vorstellung, dass ich überhaupt fähig bin, zu verstehen, was du sagst, ist Metaphysik.
Ich könnte z.B. auch eine programmierte Maschine sein, oder eine Einbildung von dir oder irgendwas ganz Anderes. Dass du überhaupt mit mir kommunizierst, zeigt schon, wie tief dein Denken metaphysisch geprägt ist...
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 10.12.2005, 16:52, insgesamt einmal bearbeitet |
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#384260) Verfasst am: 10.12.2005, 16:51 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | Leony hat folgendes geschrieben: | Damit habe ich einen triftigen Grund,
für die Anerkennung und Achtung von Menschenwürde und Menschenrechten einzutreten. |
Du hast zunächst mal nur einen triftigen Grund für die Anerkennung DEINER Persönlichkeitsrechte. Für dein Wohlehrgehen wäre eine Rechtsordnung, in der lediglich deinem gesellschaftlichen Stand und deiner Rasse entsprechende Privilegien zuteil werden, völlig hinreichend. Und schon ganz egal könnte es dir sein, ob etwa in Nord-Korea politische Häftlinge gefoltert, oder Kinder in Afrika zum Militärdienst gezwungen werden. Außerdem besagen Begriffe wie "unbedingt" und "unveräußerlich" ja gerade, dass diese Rechte NICHT an irgendein subjektives Interesse gebunden sind. |
Ich hatte mich darauf beschränkt, mein Hauptargument anzuführen,
weil ich einen Forumsbeitrag schreiben wollte und keinen Essay.
Jetzt muss ich doch ausführlicher werden.
Erstens:
Ich habe ein Interesse daran, allgemein für die Achtung von Menschenwürde und Menschenrechten einzutreten,
weil ich dann auf mehr Zustimmung und mehr Wirksamkeit hoffen kann,
als wenn ich nur meine Partikularinteressen vertreten würde.
Zweitens:
Unter meinen Emotionen gibt es so etwas wie Mitgefühl.
Das motiviert mich, für die Menschenrechte aller Menschen einzutreten
und nicht nur für die Rechte bestimmte Menschen.
Drittens:
Unter meinen psychischen Bedürfnissen gibt es ein Bedürfnis nach Selbstachtung,
das u. a. das Bedürfnis einschließt, mich selbst als einen Menschen ansehen zu können, der sich anderen gegenüber fair verhält.
Aus diesem Bedürfnis heraus bin ich motiviert,
für die Menschenrechte aller Menschen einzutreten.
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#384265) Verfasst am: 10.12.2005, 17:04 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | Leony hat folgendes geschrieben: | dann muss ich mich auf die Erfahrung stützen, also empirische Methoden im weitesten Sinne anwenden. |
Nee du, so einfach geht das nicht. Wer, im rationalistischen Sinne, vom Subjekt der Erkenntnis ausgeht, geht von der reinen Vernunft als oberstem Erkenntniswerkzeug aus. Sobald man von der Vernunft zur Empirie wechselt, hat man diesen Weg verlassen. Du beschreibst hier einen Empiristen, der sich zum Schein auf die idealistische Methode einlässt, um kurz darauf zu erklären: "Es funktioniert nicht, wir brauchen die Empirie" und entsprechend mit empirischen Argumenten fortfährt und diese nun als notwendigen Teil einer idealistischen Untersuchung ausgibt. So etwas nennt man auch petitio principii. |
Ich habe hier jemanden beschrieben, der sich zur Probe auf die idealistische Methode einlässt
und dann feststellt,
dass es ohne die Empirie nicht geht,
jedenfalls wenn man an rational begründeter Erkenntnis interessiert ist.
Empirie ist -
auch wenn das bei bestimmten Untersuchungen, z. B. von mathematischen Fragen,
so in den Hintergrund tritt, dass es einem oft nicht mehr bewusst ist -
ein notwendiger Bestandteil
jeder rationalen Suche nach Erkenntnis.
Wer meint, auf Empirie völlig verzichten zu können,
verlässt den Bereich der Vernunft.
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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Mandingo Sucher des verlorenen Schlüssels
Anmeldungsdatum: 03.01.2005 Beiträge: 456
Wohnort: Köln-Nähe
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(#384271) Verfasst am: 10.12.2005, 17:08 Titel: |
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Leony hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | @Mandingo: Du vermischt einigermaßen geschickt Glaubens- und Lebensfragen, obwohl sie für einen unvoreingenommenen Menschen nichts miteinander zu tun haben. |
Wie Mandingo auch die Frage, wie etwas zu interpretieren ist,
vermischt mit der Frage, ob man es sich zu Eigen machen sollte. |
Glaubensfragen sind für jeden Juden,
also auch den jüdischen Rabbi Jesus und seine Anhänger immer Lebensfragen.
Was unser Leben nicht bestimmt, verändert, prägt,
hat mit "Glauben" im Sinne von "Vertrauen auf", "Setzen auf..." nichts zu tun.
Wenn für einen Juden Glauben als Gehorsam gegenüber Gott die Erfüllung des Gesetzes ist, dann muss das ja wohl etwas mit seinem Leben zu tun haben.
Über "Himmel" und "Hölle" und Ähnliches,
was hier vielen "Kritikern" so viel Freude macht, haben Juden gar nichts, aber auch total Null Verbindliches gesagt.
Geschichten oder Texte von Nachbarreligionen, die solche Inhalte haben, werden theologisch überarbeitet im Hinblick auf die jüdische Ethik (Gesetzestreue), die behandelten Fremd-Inhalte sind Bilder, Symbole, Stoffe für Hintergründe.
So wie im Hiob-Buch mit solchen alten Stoffen und Motiven die Theodizee-Frage reflektiert wird, mehr nicht.
Was unter "Interpretieren" zu verstehen ist,
folgt auch nicht allein Leonys Lehre.
Bultmanns "existenziale Interpretation" z.B. fragte alle Texte danach ab, wie er existenziale Fragen und Antworten präsentiert, behandelt und wie sie in unsere Welt zu übertragen sind.
Interpretation ist ein Übersetzungsprozess (so auch Umberto Eco in seiner Einführung in die Semiotik).
Antike u.a. Mythen werden in Mythen von heute übertragen oder entmythologisiert (Bultmann und heute G. Hasenhüttl: Glaube ohne Mythos).
Klar,
dass wir hier ständig aneinander vorbeischreiben,
wenn wir derartige fundamentale Begriffe so unterschiedlich verstehen.
Hier eine Brechtsche Keuner-Geschichte zur Frage nach Gott und Leben:
Einer fragte Herrn K., ob es einen Gott gäbe.
Herr K. sagte: "Ich rate dir, nachzudenken, ob dein Verhalten je nach der Antwort auf diese Frage sich ändern würde.
Würde es sich nicht ändern, dann können wir die Frage fallenlassen.
Würde es sich ändern, dann kann ich dir wenigstens noch so weit behilflich sein, daß ich dir sage, du hast dich schon entschieden:
Du brauchst einen Gott.
_________________ "Wer sagt, hier herrscht Freiheit, lügt, denn Freiheit herrscht nicht." (Erich Fried)
Zuletzt bearbeitet von Mandingo am 10.12.2005, 17:17, insgesamt einmal bearbeitet |
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ultramontanist registrierter User
Anmeldungsdatum: 14.11.2005 Beiträge: 278
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(#384275) Verfasst am: 10.12.2005, 17:12 Titel: |
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enpassant hat folgendes geschrieben: |
An dieser schwachsinnigen Absurdität, die jedem noch so kleinen Funken Verstandes und ethischen Gespürs in krassester Weise Hohn spricht, halten eben letztlich auch die weichesten und liebesäuselnsten "Reformtheologen" als Grundlage ihres Glaubens fest. Darum, wie Jesus so trefflich feststellte: Von einem schlechten Baum können keine guten Früchte kommen - und von Religionen wie eben z.B. der jüdischen bzw. der christlichen kann man bestenfalls eine "Ethik" erwarten, die den kläglichen metaphysischen Grundlagen jener entspricht - so "weichgespült" ihre Apologeten auch immer daher kommen mögen... |
Das Wunder des Christentums besteht doch gerade darin, dass auf diesem "schlechten Baum" immer wieder auch gute Früchte wachsen.
Die Hexenjäger handelten aus christlicher Nächstenliebe, genau wie diejenigen, die die den verfolgten Frauen helfen wollten.
Pinochet ist genauso katholisch wie die Befreiungstheologen.
Vielleicht wäre eine Welt ohne Religionen besser. Vielleicht wäre es gut, wenn es keine Drogen gäbe.
Das sind aber unrealistische Spekulationen.
Religion und Drogen scheinen für viele Menschen unverzichtbar.
Solange ist ein Christentum nach Art von Mandingo das bei weitem kleinste Übel.
Wo gibt es sonst eine Religion, die nicht mit Höllenfeuer droht, aber ein karritatives Gewissen hat.
Ausser im liberalen Judentum sehe ich nirgends eine Religion, die so menschenfreundlich ist wie das liberale Christentum.
mandingo hat folgendes geschrieben: |
Dass die textkritische Auslegung der Legenden und Symbole "willkürlich" ist,
kann auch nur jemand behaupten, der von Theologie keinen blassen Schimmer hat.
Die Kriterien für die Auslegung sind wissenschaftlich überprüfbar, begründet durch historische und textwissenschaftliche, religionswissenschaftliche u.a. Forschungen.
Nachplappern und dabei Ausnahmen machen, wie es die Christen machen, die hier einzig als "echt" und "hart" anerkannt werden, ist bedeutend willkürlicher und kostet den Menschen nichts. ... |
Willst du damit wirklich sagen, dass zb. Bonhoeffer durch altphilologische Studien zu seinem „religionslosen Christentum“ kam.
Imho hat er diese Theologie entworfen, weil er glaubte „religiös nur noch bei einer Minderheit landen zu können“, weil er glaubte der Zeitgeist verlange nach einem Christentum für „Religionslose“
Du kennst doch sicher A.Schweitzers Geschichte der Leben Jesu Forschung.
Da kann man sehen wie das Jesusbild der gelehrten Theologen immer genau dem Zeitgeist entspricht.
Bultmann hat das Nt dochnicht entmythologisiert, weil er herausgefundenn hat, dass Parthogenese beim Menschen nicht funktioniert. Nein er wollte Jesus für diejenigen akzeptabel machen, die den Supranaturalismus ablehnen.
Die Theologie ist eine Hure, die immer dem vermeintlichen Zeitgeist hinterherläuft.
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#384283) Verfasst am: 10.12.2005, 17:21 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Schon deine Vorstellung, dass ich überhaupt fähig bin, zu verstehen, was du sagst, ist Metaphysik. |
Nein, denn zu dieser Art heuristischer Erkenntnis kann man auch ohne metaphysische Prämissen gelangen. Die These: "Jeder Mensch hat eine angeborene Würde", ist ein Kind metaphysischen Denkens. Zu der These: "Tarvoc ist ein Mensch, der mich versteht" kann ich auch ohne metaphysische Überlegungen gelangen, sie ergibt sich quasie von selbst. Die Metaphysik kommt erst hinzu, wenn ich über den Wahrheitsgehalt dieses Satzes nachzudenken beginne.
Leony hat folgendes geschrieben: | Ich habe ein Interesse daran, allgemein für die Achtung von Menschenwürde und Menschenrechten einzutreten,
weil ich dann auf mehr Zustimmung und mehr Wirksamkeit hoffen kann,
als wenn ich nur meine Partikularinteressen vertreten würde. |
Du würdest dich also über Menschenrechtsverletzungen in Angola empören, weil du glaubst, dass sie (die Empörung) sich positiv auf dein Wohlergehen auswirken könnte?
Leony hat folgendes geschrieben: | Unter meinen Emotionen gibt es so etwas wie Mitgefühl. |
Richtig. Ich denke auch, das wäre der eigentliche Grund für deine Empörung. Mitgefühl hat aber nichts mit dem abstrakten Begriff der "Würde" zu tun. Und allgemeingültige Rechte lassen sich aus Emotionen schon gar nicht herleiten.
Leony hat folgendes geschrieben: | Unter meinen psychischen Bedürfnissen gibt es ein Bedürfnis nach Selbstachtung,
das u. a. das Bedürfnis einschließt, mich selbst als einen Menschen ansehen zu können, der sich anderen gegenüber fair verhält. |
Das zähle ich mal zu den Ursachen des Mitgefühls.
Leony hat folgendes geschrieben: | ch habe hier jemanden beschrieben, der sich zur Probe auf die idealistische Methode einlässt
und dann feststellt,
dass es ohne die Empirie nicht geht,
jedenfalls wenn man an rational begründeter Erkenntnis interessiert ist. |
Nein, nur dann, wenn man an Erkenntnissen interessiert ist, die die empirische Welt betreffen. Die Behauptung jedoch, mit diesen Erkentnissen sei bereits alles gesagt, ist unbegründet.
Leony hat folgendes geschrieben: | Empirie ist -
auch wenn das bei bestimmten Untersuchungen, z. B. von mathematischen Fragen,
so in den Hintergrund tritt, dass es einem oft nicht mehr bewusst ist -
ein notwendiger Bestandteil
jeder rationalen Suche nach Erkenntnis. |
Richtig. Abgesehen von jenen Erkenntnissen, die aus reiner Vernunft gewonnen werden sollen.
Zuletzt bearbeitet von Zumsel am 10.12.2005, 17:31, insgesamt einmal bearbeitet |
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#384289) Verfasst am: 10.12.2005, 17:31 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | Nein, denn zu dieser Art heuristischer Erkenntnis kann man auch ohne metaphysische Prämissen gelangen. |
Absolut nicht!
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#384292) Verfasst am: 10.12.2005, 17:32 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Zumsel hat folgendes geschrieben: | Nein, denn zu dieser Art heuristischer Erkenntnis kann man auch ohne metaphysische Prämissen gelangen. |
Absolut nicht! ;) |
Lass mich nicht dumm sterben!
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#384294) Verfasst am: 10.12.2005, 17:34 Titel: |
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Das hier hatte ich zuerst überlesen:
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Die Metaphysik kommt erst hinzu, wenn ich über den Wahrheitsgehalt dieses Satzes nachzudenken beginne. |
Na toll, jetzt wird's völlig trivial.
Natürlich kommt die Metaphysik erst dann ins Spiel, wenn ich etwas begründe. Ich kann mir auch das Konzept der Menschenwürde ohne jedes geringste Bisschen Metaphysik ausdenken. Das Selbe gilt für die Vorstellung eines Einhorns oder die Vorstellung, ein riesiger Teller Spaghetti mit Tomatensoße und Fleischklößen habe vor 6000 Jahren die Menschheit erschaffen. Metaphysik brauche ich erst dann, wenn ich seine Wahrheit oder Existenz oder Gültigkeit zu begründen versuche.
Der Witz ist, dass du bei der Menschenwürde auf die Begründung zu sprechen kommst, dich sogar geradezu vollständig auf sie fixierst, diese Frage bei der Annahme, dass ich dich verstehe, jedoch völlig ausblendest. Wenn du dir natürlich auf diese Art immer das herauspickst, was du haben willst, ist es klar, dass ich dir nichts darlegen kann. Du hast dich immunisiert.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#384305) Verfasst am: 10.12.2005, 17:50 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Metaphysik brauche ich erst dann, wenn ich seine Wahrheit oder Existenz oder Gültigkeit zu begründen versuche. |
Genau. Reine Metaphysik jedoch, sprich Erkenntnis aus reiner Vernunft, wird erst im Zuge einer entsprechenden Untersuchung überhaupt erkannt. Die These, dass der Mensch eine angeborene Würde habe, gehört zu diesen Erkenntnissen.
Zitat: | Der Witz ist, dass du bei der Menschenwürde auf die Begründung zu sprechen kommst, dich sogar geradezu vollständig auf sie fixierst, diese Frage bei der Annahme, dass ich dich verstehe, jedoch völlig ausblendest. |
Ja, weil es hier um die Frage ging, ob sich die Menschenrechte aus einer metaphysischen Überlegung herleiten. Und ich sage: Das tun sie. Der glaube, dass Tarvoc mich versteht, leitet sich aus unmittelbarer Erfahrung her. Die kann zwar trügerisch sein, ist aber nicht das Ergebnis metaphysischen Denkens.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#384306) Verfasst am: 10.12.2005, 17:52 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | Die These, dass der Mensch eine angeborene Würde habe, gehört zu diesen Erkenntnissen. |
Nein. Nehmen wir es ganz genau, dann gehört der Glaube an die Wahrheit dieser These zu diesen Erkenntnissen.
Schon wieder vermischst du Vorstellung und Begründung...
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Der Glaube, dass Tarvoc mich versteht, leitet sich aus unmittelbarer Erfahrung her. |
Das ist falsch. Du kannst nicht erfahren, dass ich dich verstehe.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Tegularius surreal
Anmeldungsdatum: 28.07.2005 Beiträge: 2002
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(#384308) Verfasst am: 10.12.2005, 17:55 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Zumsel hat folgendes geschrieben: | Der Glaube, dass Tarvoc mich versteht, leitet sich aus unmittelbarer Erfahrung her. |
Das ist falsch. Du kannst nicht erfahren, dass ich dich verstehe. |
Aber man kann es aus deinen Reaktionen schließen (absolut sicher kann man sich natürlich nicht sein). Dass ein Mensch aber eine "Würde" hat, kann man aus nichts schließen.
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Mandingo Sucher des verlorenen Schlüssels
Anmeldungsdatum: 03.01.2005 Beiträge: 456
Wohnort: Köln-Nähe
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(#384310) Verfasst am: 10.12.2005, 17:58 Titel: |
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ultramontanist hat folgendes geschrieben: | ....Die Theologie ist eine Hure, die immer dem vermeintlichen Zeitgeist hinterherläuft. |
Während sie deiner Meinung nach
lieber im Zeitgeist der Antike für alle Zeiten bleiben sollte,
und das bei einer Religion, die menschliches Leben regeln will,
für Liebe und Gerechtigkeit auf dem jeweils neuesten Stand des Wissens sorgen will.
Etwas merkwürdig, findest du nicht?
Deine Unterstellungen
gegenüber Bultmann und Bonhoeffer sind recht einseitig und einigermaßen böswillig.
Warum kann man nicht Forschern glauben,
dass sie mit den Methoden und Ergebnissen ihrer Zeit immer neu an die alten Texte herangehen?
Dass es endgültige Ergebnisse nie geben wird, weil jede neue Generation mit ihren Augen und Bedürfnissen an die Texte herangeht.
Warum gönnt man der Theologie nicht,
eine lebendige, ständig neu suchende Wissenschaft zu sein?
Die Antwort ist klar:
Damit man sie besser abwerten kann, während man ihr sonst kaum gewachsen wäre.
Interessant ist die Einigkeit hier
zwischen deinen u.a. "Zeitgeist-Unterstellungen" und denen der Evangelikalen und Fundamentalisten. Da ist nicht der geringste Unterschied.
Beide Seiten haben von theologischer Forschung wenig verstanden. So drehen wir uns hier ständig im Kreis.
_________________ "Wer sagt, hier herrscht Freiheit, lügt, denn Freiheit herrscht nicht." (Erich Fried)
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#384311) Verfasst am: 10.12.2005, 18:00 Titel: |
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Tegularius hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Zumsel hat folgendes geschrieben: | Der Glaube, dass Tarvoc mich versteht, leitet sich aus unmittelbarer Erfahrung her. |
Das ist falsch. Du kannst nicht erfahren, dass ich dich verstehe. |
Aber man kann es aus deinen Reaktionen schließen. |
Da hast du allerdings metaphysische Vorraussetzungen gemacht. Und zwar schon ziemlich viele.
Zum Beispiel die, dass meine Reaktionen überhaupt Gesetzmäßigkeiten unterliegen, dass diese Gesetzmäßigkeiten etwas mit "Verstehen" in diesem Sinne zu tun haben (Das Dialogprogramm Eliza kann z.B. auch reagieren), etc. etc. etc..
Diese ganzen Vorraussetzungen hast du nicht aus der Empirie gewonnen!
Tegularius hat folgendes geschrieben: | Dass ein Mensch aber eine "Würde" hat, kann man aus nichts schließen. |
Sagen wir so: Du kannst Menschenwürde genausowenig aus der reinen Empirie schließen wie die Aussage, dass ich fähig bin, dich zu verstehen.
Wo da nun ein tatsächlicher struktureller Unterschied dieser beiden Aussagen sein soll, kann ich nicht sehen. Beide können durchaus als gut funktionierende Heuristiken betrachtet werden.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 10.12.2005, 18:01, insgesamt einmal bearbeitet |
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#384313) Verfasst am: 10.12.2005, 18:01 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Nehmen wir es ganz genau, dann gehört der Glaube an die Wahrheit dieser These zu diesen Erkenntnissen. |
Nein, das gehört auch zum Bereich der Erfahrung. Du kannst mir ja gerne eine Weg zeigen, wie man auf nicht-metaphysischer Basis zu der Annahme kommen soll, es würde so etwas wie eine "unbedingte Würde" geben.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Du kannst nicht erfahren, dass ich dich verstehe. |
Selbstverständlich kann ich das. Ich tue es doch.
Jetzt muss ich aber Fußball gucken.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#384314) Verfasst am: 10.12.2005, 18:04 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | Du kannst mir ja gerne eine Weg zeigen, wie man auf nicht-metaphysischer Basis zu der Annahme kommen soll, es würde so etwas wie eine "unbedingte Würde" geben. |
Du vermischt schon wieder die Vorstellung von Menschenwürde mit ihrer tatsächlichen Existenz.
Ich kann mir Menschenwürde vorstellen, ohne gleich anzunehmen, dass sie existiert. Daran ist überhaupt nicht nichts Metaphysisches.
Das heißt: Ich kann zu dem Konzept der Menschenwürde auch ohne Metaphysik kommen.
Ich kann nur nicht ohne Metaphysik zu der Vorstellung kommen, dass "es Menschenwürde gebe". Aber das ist ja auch ein anderes Paar Schuhe.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Selbstverständlich kann ich das. Ich tue es doch. |
Oh, du bist ein Gedankenleser? Na, das ist jetzt aber verdammt metaphysisch!
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 10.12.2005, 18:05, insgesamt 2-mal bearbeitet |
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pyrrhon registrierter User
Anmeldungsdatum: 22.05.2004 Beiträge: 8770
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(#384315) Verfasst am: 10.12.2005, 18:04 Titel: |
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Mandingo hat folgendes geschrieben: | Warum kann man nicht Forschern glauben,
dass sie mit den Methoden und Ergebnissen ihrer Zeit immer neu an die alten Texte herangehen?
Dass es endgültige Ergebnisse nie geben wird, weil jede neue Generation mit ihren Augen und Bedürfnissen an die Texte herangeht. |
Es geht nur leider nicht darum, wie diese Texte heute interpretiert werden können, sondern darum, wie die Texte von den Autoren gemeint waren.
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Mandingo Sucher des verlorenen Schlüssels
Anmeldungsdatum: 03.01.2005 Beiträge: 456
Wohnort: Köln-Nähe
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(#384316) Verfasst am: 10.12.2005, 18:09 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Was ist denn nun das treibende Ziel und die Kunst: den wahren Gott aus einem Buch zu filtern oder in der Nazizeit Juden zu verstecken?
Falls letzteres, warum überhaupt glauben? |
Das Herausfiltern
der Grundlagen für den angemessenen Glauben führt bei den Ethik-Religionen immer zum konsequenten Verhalten.
Wo soll da das Problem sein?
Wer bedingungslose Nächstenliebe für den einzigen Weg hält,
Gerechtigkeit und menschliches Leben für alle zu erreichen, der glaubt an diesen Weg und geht ihn auch ohne Vorbehalte.
Das kann bedeuten, Verfolgten zu helfen, auch wenn darauf die Todesstrafe steht.
So hat es auch Bischof Romero in El Salvador getan und viele andere.
Kluge Freigeister-Sprüche hätten die Verfolgten nicht gerettet.
Die Argumentation war aber:
Das ist der "harte" Weg. Wer da von "weichgespültem" Christentum spricht, hat nichts verstanden.
_________________ "Wer sagt, hier herrscht Freiheit, lügt, denn Freiheit herrscht nicht." (Erich Fried)
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Mandingo Sucher des verlorenen Schlüssels
Anmeldungsdatum: 03.01.2005 Beiträge: 456
Wohnort: Köln-Nähe
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(#384317) Verfasst am: 10.12.2005, 18:11 Titel: |
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viator hat folgendes geschrieben: | Es geht nur leider nicht darum, wie diese Texte heute interpretiert werden können, sondern darum, wie die Texte von den Autoren gemeint waren. |
Das hatten wir schon, Viator!
Du nennst den ersten Schritt, ich möchte weitergehen.
Was glaubst du denn, wie Theologen Texte interpretieren?
Da wird immer erst gefragt, wie die Autoren das gemeint hatten. Aber dabei bleibt doch nicht eine Religion stehen,
die fragt, ob die Haltung der Autoren für unser Leben heute relevant ist.
_________________ "Wer sagt, hier herrscht Freiheit, lügt, denn Freiheit herrscht nicht." (Erich Fried)
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Tegularius surreal
Anmeldungsdatum: 28.07.2005 Beiträge: 2002
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(#384319) Verfasst am: 10.12.2005, 18:15 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Sagen wir so: Du kannst Menschenwürde genausowenig aus der reinen Empirie schließen wie die Aussage, dass ich fähig bin, dich zu verstehen.
Wo da nun ein tatsächlicher struktureller Unterschied dieser beiden Aussagen sein soll, kann ich nicht sehen. Beide können durchaus als gut funktionierende Heuristiken betrachtet werden. |
Innerhalb meiner Erfahrungswelt kann ich aber durch Beobachten und/oder Nachdenken zu dem Schluss kommen, dass die Reaktionen der Menschen z.B. auf Verstehen beruhen (dem Anerkennen dieser Folgerungen mögen "metaphysische" Voraussetzungen zugrundeliegen, das bestreite ich nicht). Wie ich in dieser Erfahrungswelt allerdings derart zu dem Schluss kommen soll, dass diese Menschen eine Würde haben, weiß ich nicht. Die Behauptung, dass Menschen eine Würde haben, mag meine Einstellung zu den Menschen und damit mein Verhalten ihnen gegenüber beeinflussen, aber es lassen sich nicht einmal Anhaltspunkte dafür finden (wie im oben beschriebenen Fall mit dem Verständnis), dass sie tatsächlich eine Würde haben.
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Mandingo Sucher des verlorenen Schlüssels
Anmeldungsdatum: 03.01.2005 Beiträge: 456
Wohnort: Köln-Nähe
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(#384325) Verfasst am: 10.12.2005, 18:19 Titel: |
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Leony hat folgendes geschrieben: | Mandingo hat folgendes geschrieben: | Da ist man verpflichtet, in der Nazi-Zeit Juden zu verstecken und sein Leben und das seiner Familie aufs Spiel zu setzen, weil man sonst kein Christ mehr ist. |
Dann will ich lieber kein Christ sein. Dazu habe ich zu viel Verantwortungsbewusstsein gegenüber meiner Familie.
Und ein bisschen auch gegenüber den Juden, die nach einem Versteck suchen.
Deren Leben wäre nämlich auch höchst gefährdet, wenn das Versteck auffliegen würde. |
Endlich, Leony,
hast du einen wirklich echten Grund genannt, warum du keine Christin sein willst.
Genau da sitzt der Unterschied zwischen Nachfolge Jesu und Ablehnung, nicht in den Mythen, Sagen oder anderen Texten der Bibel.
Genau das fordet Jesus:
Gegen erwartbare Folgen, gegen eigene Gefährdung den Nächsten zu lieben.
Wenn alle so gedacht hätten wie du,
hätte es wohl keinen einzigen versteckten Juden in der Nazi-Zeit gegeben und wohl auch keine KZ-Insassen aus eben dem Grund. Alle hatten ihre Familien und ihre Bedenken.
Ich danke dir für diese Klärung.
Wir sollten sie symbolisch sehen für alle Argumente, die gegen die Ethik Jesu sprechen.
Genau da liegt das Besondere der Botschaft Jesu.
Endlich haben wir einmal den Kern getroffen.
Puh - war das schwer!
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#384326) Verfasst am: 10.12.2005, 18:23 Titel: |
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Tegularius hat folgendes geschrieben: | Dem Anerkennen dieser Folgerungen mögen "metaphysische" Voraussetzungen zugrundeliegen, das bestreite ich nicht. |
Und nur darum geht es.
Tegularius hat folgendes geschrieben: | Wie ich in dieser Erfahrungswelt allerdings derart zu dem Schluss kommen soll, dass diese Menschen eine Würde haben, weiß ich nicht. |
Aaaargh! Auch du verwechselst die Ebenen!
Für die Aussage, dass Menschen tatsächlich eine Würde haben, brauchst du selbstverständlich Metaphysik. (Wie letztlich für alle Existenzaussagen.)
Für das Konzept (die Vorstellung) einer "Würde" brauchst du jedoch keine Metaphysik.
(Genauso, wie du für die Vorstellung eines unsichtbaren Einhorns keine Metaphysik brauchst, wohl aber für das Postulat seiner Existenz.)
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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