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Lamarck
Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004
Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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 (#419414) Verfasst am: 16.02.2006, 03:09 Titel: Die Religion vom "Geistigen Eigentum" |
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Hi,
gerade hat Peter Mühlbauer einen bemerkenswerten Artikel in TELEPOLIS online veröffentlicht:
| Zitat: | Die Religion vom "Geistigen Eigentum"
Die Anwendung des Religionsbegriffs auf das Phänomen "Geistiges Eigentum" ist keine Metapher, sondern nur der konsequente Gebrauch eines funktionalistischen Religionsbegriffs. Allgemein wird Religion als ein " System von Vorstellungen über die Existenz von Gegebenheiten jenseits des sinnlich Erfahrbaren" definiert. Solch ein System formuliert nach Clifford Geertz (24) Ideen einer allgemeinen Seinsordnung und umgibt sich mit einer "Aura von Faktizität" (25):
Die Vorstellung von der Welt wird zum Abbild der tatsächlichen Gegebenheiten einer Lebensform. [...] Religion stimmt demnach menschliche Handlungen auf eine vorgestellte [...] Ordnung ab. Die ethischen [...] Präferenzen der Kultur werden dadurch objektiviert und erscheinen als Notwendigkeit, die von einer bestimmten Struktur der Welt erzeugt wird[11].
Das heißt, dass die Gläubigen eine Religion nicht als solche wahrnehmen müssen. Im Gegenteil: Je selbstverständlicher Glaube, Riten und Regeln im Alltag erscheinen, desto mehr entspricht sie der obigen Definition aus der Völkerkunde.
Traditionelle Religionen und die vom "Geistigen Eigentum" ähneln sich teilweise verblüffend in ihren Glaubensvorstellungen. Viele Religionen möchten Menschen etwas glauben machen was für Außenstehende oft dem gesunden Menschenverstand widerspricht: Etwa, dass eine mit Allmacht ausgestattete Entität Wert darauf legt, dass man Quasten an seinen Gewändern befestigt (26); oder dass die Nennung eines bestimmten Namens verboten ist und dass nur Auserwählte mit einer bestimmten "Lizenz" dies dürfen - wie bei der Religion vom "Geistigen Eigentum".
Noch stärker ist die Ähnlichkeit bei Basalreligionen. Ein von Marcel Mauss (27) behandeltes Phänomen erinnert stark an die DRM- und Lizenzökonomie des beginnenden 21. Jahrhunderts: Bei den Toradja auf Sulawesi (28 ) herrschte die Vorstellung, dass bestimmte Gegenstände nicht wirklich ihrem Besitzer gehören, sondern in Wirklichkeit Geistern, von denen er jeweils das Recht "kaufen" muss, wenn er es gebraucht[12]. |
Cheers,
Lamarck
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„Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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Tarvoc
would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44650
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| (#419415) Verfasst am: 16.02.2006, 03:13 Titel: Re: Die Religion vom "Geistigen Eigentum" |
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| Lamarck hat folgendes geschrieben: | | Religion stimmt demnach menschliche Handlungen auf eine vorgestellte [...] Ordnung ab. |
Genauso wie z.B. auch der Staat.
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"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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kolja
der Typ im Maschinenraum
Anmeldungsdatum: 02.12.2004
Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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| (#419452) Verfasst am: 16.02.2006, 11:18 Titel: |
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Ich würde das ganze Konzept des "Eigentums" ähnlich kritisch betrachten, stimme aber zu, dass die Ausweitung dieses Konzepts zu "geistigem Eigentum" nochmal eine ganz spezielle Qualität hat.
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Hard work often pays off after time, but laziness always pays off now.
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AgentProvocateur
registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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| (#419464) Verfasst am: 16.02.2006, 12:08 Titel: Re: Die Religion vom "Geistigen Eigentum" |
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| Lamarck hat folgendes geschrieben: | Hi,
gerade hat Peter Mühlbauer einen bemerkenswerten Artikel in TELEPOLIS online veröffentlicht:
| Zitat: | Die Religion vom "Geistigen Eigentum" Die Anwendung des Religionsbegriffs auf das Phänomen "Geistiges Eigentum" ist keine Metapher, sondern nur der konsequente Gebrauch eines funktionalistischen Religionsbegriffs. Allgemein wird Religion als ein " System von Vorstellungen über die Existenz von Gegebenheiten jenseits des sinnlich Erfahrbaren" definiert. Solch ein System formuliert nach Clifford Geertz (24) Ideen einer allgemeinen Seinsordnung und umgibt sich mit einer "Aura von Faktizität" (25):
Die Vorstellung von der Welt wird zum Abbild der tatsächlichen Gegebenheiten einer Lebensform. [...] Religion stimmt demnach menschliche Handlungen auf eine vorgestellte [...] Ordnung ab. Die ethischen [...] Präferenzen der Kultur werden dadurch objektiviert und erscheinen als Notwendigkeit, die von einer bestimmten Struktur der Welt erzeugt wird[11].
[...]
Traditionelle Religionen und die vom "Geistigen Eigentum" ähneln sich teilweise verblüffend in ihren Glaubensvorstellungen. Viele Religionen möchten Menschen etwas glauben machen was für Außenstehende oft dem gesunden Menschenverstand widerspricht: [...] |
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Mal ganz unabhängig vom Thema DRM: die obige Beschreibung definiert für mich nicht nur Religion, sondern Gesellschaftsordnungen allgemein. Da es keine objektive Realität gibt, müssen wir uns eine schaffen. Wir können nie die Welt sehen wie sie ist, sondern nur so, wie wir sie interpretieren, im Austausch mit den anderen Mitgliedern der Gesellschaft. Wir schaffen uns daher immer unsere Realität. Ich halte daher diese Gleichsetzung der Idee des geistigen Eigentums mit Religion für Quatsch. Mit derselben Berechtigung könnte man von der Religion der Menschenrechte sprechen oder der Religion des Grundgesetzes. Alles wäre dann Religion.
Ein Unterschied von Religionen zu Gesellschaftsordnungen ist mMn, dass es dort eine oder mehrere zentrale Stellen gibt, die festlegen, was zu glauben ist, wie die Welt zu sehen ist. Dies darf nicht angezweifelt werden, ist nur von der (den) zentralen Stelle(n) (der einzigen autorisierten Interpretationsmacht) änderbar. Für DRM gilt das offensichtlich nicht.
Dann ist da noch die Sache mit dem "gesunden Menschenverstand". Ich bin misstrauisch gegenüber diesem Begriff. Er suggeriert eine objektive Wahrheit, er will mir weismachen, wie ich die Welt zu sehen habe. Schon seltsam in diesem Zusammenhang. Eine Behauptung, etwas verstieße gegen einen angeblichen "gesunden Menschenverstand", empfinde ich oft als manipulativ.
Was man auch immer von dem Begriff "geistiges Eigentum" halten mag und auch von DRM, dieser Religionsvergleich ist für mich hirnrissig.
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Fluse
KLERIKERFEINDIN
Anmeldungsdatum: 27.10.2003
Beiträge: 2034
Wohnort: Niedersachsen
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| (#419820) Verfasst am: 17.02.2006, 03:56 Titel: |
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Die ticken nicht ganz sauber!
Wenns wirklich Realität wäre. würde der § 166 total ab absurdum geführt
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Die Bibel ist ein HIRNWEICHSPÜLER und HIRNWEISSFÄRBER mit
Extra Sündenlösekraft und Weissfärbekraft ( Magnusfe)
Jesusfreak zahl allein für deine Pfaffen!
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Tarvoc
would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44650
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| (#419869) Verfasst am: 17.02.2006, 10:33 Titel: Re: Die Religion vom "Geistigen Eigentum" |
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| AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | | Alles wäre dann Religion. |
Vielleicht passt ja der Begriff 'Meta-Erzählung' besser.
Religionen sind ja nur eine Form von Meta-Erzählungen...
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"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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