Freigeisterhaus Foren-Übersicht
 FAQFAQ   SuchenSuchen   MitgliederlisteMitgliederliste   NutzungsbedingungenNutzungsbedingungen   BenutzergruppenBenutzergruppen   LinksLinks   RegistrierenRegistrieren 
 ProfilProfil   Einloggen, um private Nachrichten zu lesenEinloggen, um private Nachrichten zu lesen   LoginLogin 

"Paradigmenwechsel"

 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen   Drucker freundliche Ansicht    Freigeisterhaus Foren-Übersicht -> Wissenschaft und Technik
Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  
Autor Nachricht
korf
registrierter User



Anmeldungsdatum: 18.08.2005
Beiträge: 358

Beitrag(#423911) Verfasst am: 01.03.2006, 12:41    Titel: "Paradigmenwechsel" Antworten mit Zitat

Christian Gapp (Telepolis) kritisiert Kuhns Paradigma-Thesen
Von Paradigmenwechseln und anderen Schädlingen
Zitat:
...
Für Kuhn entwickelt sich die Wissenschaft demnach nicht stetig. ...
Kuhn definiert nicht im Detail, was ein Paradigma ausmacht. Ein Paradigma ist nicht etwa die Steigerung einer wissenschaftlichen Theorie. Es ist eher die Sammlung aller in einem Gebiet akzeptierten Theorien und sonstiger grundlegender Überzeugungen. Er wendet sich radikal gegen die Vorstellung einer sukzessiven Annäherung wissenschaftlicher Erkenntnisse an Wahrheiten der realen Welt. Die typische Haltung insbesondere von Physikern, die Aussagen einer alten Theorie (Newtons Gravitationsgesetz) aufzufassen als Spezialfall einer neuen, umfassenderen Theorie (ART), lehnt Kuhn kategorisch ab. Neues und altes Paradigma sind für ihn wie aus unterschiedlichen Welten und unvereinbar ("Inkommensurabilität").
...
Anhänger neuer Paradigmen sind zunächst einmal Außenseiter bezüglich der sich in der Krise befindlichen normalen Wissenschaft. Die (tendenziell eher jungen) Außenseiter setzen sich in einem evolutionären Prozess durch und die (tendenziell eher alten) Anhänger des vorherigen Paradigmas sterben aus.
...
Die Vertreter eines alten Paradigmas verteidigen sich gegen das neue, unvereinbare Paradigma. Das alte Paradigma führt so zu einer dogmatischen, orthodoxen Wissenschaft. Kuhn hat das zwar so explizit nicht ausgeführt, aber es ist eine unmittelbare Folge seiner Thesen und ein Bestandteil von Weinbergs Kritik. Der Vorwurf, dass die Wissenschaft neue Erkenntnisse ignoriert oder sogar aktiv zu unterdrücken versucht, ist heute allgegenwärtig und gehört zum Standardrüstzeug von Evolutionsgegnern und obskuren Möchtegern-Wissenschaftlern. So wird die Wissenschaft durch Kuhn potenziell zu einer wissenschaftsfeindlichen Institution degradiert, die sich genau so verhält, wie ihre Todfeindin in der Vergangenheit, die katholische Kirche.

Um sich daher in den Rang eines Galileis zu erheben, gehört es heute als Folge von Kuhns Thesen zur Standardstrategie sowohl von Evolutionsgegnern wie Wolf-Ekkehard Lönning, als auch von selbsternannten Schöpfern neuer "Wissenschaften" wie Heide Göttner-Abendroth, die institutionalisierte Wissenschaft als verkrustet und den eigenen, wahren und richtigen Ideen gegenüber als ignorant darzustellen. Sie selbst sehen sich in der Situation des ultimativen Genies und sie sind sich sicher, dass ihre "revolutionären" Ideen die herrschenden Paradigmen in ihren Grundfesten erschüttern.

Von meiner Seite: Zustimmung
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Yamato
Teeist



Anmeldungsdatum: 21.08.2004
Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore

Beitrag(#423913) Verfasst am: 01.03.2006, 12:44    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Die typische Haltung insbesondere von Physikern, die Aussagen einer alten Theorie (Newtons Gravitationsgesetz) aufzufassen als Spezialfall einer neuen, umfassenderen Theorie (ART), lehnt Kuhn kategorisch ab.

Ist doch aber so, oder?
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
kolja
der Typ im Maschinenraum
Betreiber



Anmeldungsdatum: 02.12.2004
Beiträge: 16631
Wohnort: NRW

Beitrag(#423919) Verfasst am: 01.03.2006, 12:59    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Die typische Haltung insbesondere von Physikern, die Aussagen einer alten Theorie (Newtons Gravitationsgesetz) aufzufassen als Spezialfall einer neuen, umfassenderen Theorie (ART), lehnt Kuhn kategorisch ab.

Genau diese Auffassung Kuhns wird aber in dem Artikel auch kritisiert:

Zitat:
Inzwischen regt sich Kritik an Kuhns Thesen. Der Physik-Nobelpreisträger Steven Weinberg ist Kuhns derzeit vielleicht vehementester Kritiker [...]. Er wendet sich vor allem gegen die Konsequenzen der Inkommensurabilität, denn wenn zwei aufeinander folgende Paradigmen wirklich nicht miteinander vereinbar sind, dann ist grundsätzlich zu fragen, ob es denn so etwas wie wissenschaftlichen Fortschritt gibt:

"What does bother me on rereading Structure and some of Kuhn's later writings is his radically sceptical conclusions about what is accomplished in the work of science. And it is just these conclusions that have made Kuhn a hero to the philosophers, historians, sociologists, and cultural critics who question the objective character of scientific knowledge, and who prefer to describe scientific theories as social constructions, not so different from democracy or baseball."

Kuhn verwendet einen großen Teil seiner Ausführungen auf die Begründung der Inkommensurabilität. Er diskutiert jedoch an keinem konkreten Beispiel, wie der Erkenntniswandel von einem alten zu einem neuen Paradigma im Detail stattgefunden hatte. Gerade sein Standardbeispiel, der Übergang von der klassischen Physik zur Quantenphysik und zur Relativitätstheorie, liefert dazu jedoch reichlich Material.

Für Einstein war es beispielsweise bei der Entwicklung der ART sehr wichtig, zeigen zu können, wie sich Newtons Gravitationsgesetz als Spezialfall extrahieren lies. Dies war für ihn ein entscheidendes Indiz dafür, auf dem richtigen Weg zu sein. [...] Kuhn erklärt diesen Schritt der Rückversicherung, der für den die Erkenntnis vorantreibenden Einstein von zentraler Relevanz war, mal eben für Null und Nichtig.

_________________
Hard work often pays off after time, but laziness always pays off now.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
gavagai
registrierter User



Anmeldungsdatum: 24.01.2005
Beiträge: 413
Wohnort: Wasserburg

Beitrag(#423920) Verfasst am: 01.03.2006, 13:00    Titel: Antworten mit Zitat

Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Die typische Haltung insbesondere von Physikern, die Aussagen einer alten Theorie (Newtons Gravitationsgesetz) aufzufassen als Spezialfall einer neuen, umfassenderen Theorie (ART), lehnt Kuhn kategorisch ab.

Ist doch aber so, oder?
Viele Wissenschaftstheoretiker meinen: nein. Newton ist kein Spezialfall von Einstein, sondern seine Theorien sind vom heutigen Standpunkt aus schlicht falsch. Insofern hätte Kuhn recht. Doch überzieht Kuhn IMO. Wenn nach einem Paradigmenwechsel die neuen Theorie(n) inkommensurabel sind, die Sprache der Wissenschaftler über etwas anderes spricht als die vorherige Generation, dann könnte man die neuen Theorien nur sehr schwer (oder gar nicht) gegen die alten abwägen. Die beiden Gruppen könnten sich ja gar nicht gemeinsam fruchtbar unterhalten (sie sprechen ja verschiedene Sprachen oder zumindest Jargons).
Ich denke daher, dass Kuhn schon in manchen Ansätzen recht hat, aber die wissenschaftliche Entwicklung sehr viel stärker evolutiv erfolgt als es Kuhn darstellt.
_________________
Servus, tschau, bye
Herbert
http://www.gavagai.de
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen
Yamato
Teeist



Anmeldungsdatum: 21.08.2004
Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore

Beitrag(#423930) Verfasst am: 01.03.2006, 13:23    Titel: Antworten mit Zitat

gavagai hat folgendes geschrieben:
Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Die typische Haltung insbesondere von Physikern, die Aussagen einer alten Theorie (Newtons Gravitationsgesetz) aufzufassen als Spezialfall einer neuen, umfassenderen Theorie (ART), lehnt Kuhn kategorisch ab.

Ist doch aber so, oder?
Viele Wissenschaftstheoretiker meinen: nein. Newton ist kein Spezialfall von Einstein, sondern seine Theorien sind vom heutigen Standpunkt aus schlicht falsch.

Eine Theorie kann nicht falsch sein, sie kann lediglich die Welt mehr oder weniger gut beschreiben. Wenn man berücksichtigt, dass sich zu Newtons Zeiten niemand mit Geschwindigkeiten in der Größenordnung der Lichtgeschwindigkeit oder mit so hohen Dichten wie in Neutronensternen beschäftigt hat, ist die Newtonsche Mechanik eine gute Näherung der Relativitätstheorie für den Alltagsgebrauch. Eben ein Spezialfall für "normale" Größenordnungen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Yamato
Teeist



Anmeldungsdatum: 21.08.2004
Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore

Beitrag(#423940) Verfasst am: 01.03.2006, 13:56    Titel: Antworten mit Zitat

Hier ist der mathematische Beweis am Beispiel der relativistischen Zeitdilatation:

Bei kleinen Geschwindigkeiten wird diese vernachlässigbar, so das die RT in die klassische Mechanik übergeht.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
gavagai
registrierter User



Anmeldungsdatum: 24.01.2005
Beiträge: 413
Wohnort: Wasserburg

Beitrag(#423985) Verfasst am: 01.03.2006, 15:55    Titel: Antworten mit Zitat

Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Eine Theorie kann nicht falsch sein, sie kann lediglich die Welt mehr oder weniger gut beschreiben.

OK, dann beschreibt halt Newton die Welt weniger gut und Aristoteles noch wenigerer gut und Homer noch wenigererer.
Zitat:

Wenn man berücksichtigt, dass sich zu Newtons Zeiten niemand mit Geschwindigkeiten in der Größenordnung der Lichtgeschwindigkeit oder mit so hohen Dichten wie in Neutronensternen beschäftigt hat, ist die Newtonsche Mechanik eine gute Näherung der Relativitätstheorie für den Alltagsgebrauch. Eben ein Spezialfall für "normale" Größenordnungen.
Mag sein. Nach deiner Terminologie ist halt Newtons Gravitation die weniger gute Theorie. Auch die Theorie: 1) hoihjfpas 2) Raben sind rot 3) Schnee ist gelb ist in deinem Sinne nicht falsch, sondern als Theorie der Bewegung der Körper weniger gut. Einverstanden um des Themas willen. Ich persönlich halte es schon so, dass Theorien, die keine Vorhersagen oder grob schlechte liefern halt falsche Theorien für das intendierte Anwendungsgebiet sind. Astrologie, Vogelflugbeschau und Kaffeesatzlesen sind falsche Theorien (in meinem Sinne). Für dich sind sie nur weniger gut. Einverstanden.
_________________
Servus, tschau, bye
Herbert
http://www.gavagai.de
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen
Umunmutamnak
auf Wunsch deaktiviert



Anmeldungsdatum: 30.11.2005
Beiträge: 1725

Beitrag(#423986) Verfasst am: 01.03.2006, 15:59    Titel: Antworten mit Zitat

gavagai hat folgendes geschrieben:

Viele Wissenschaftstheoretiker meinen: nein. Newton ist kein Spezialfall von Einstein, sondern seine Theorien sind vom heutigen Standpunkt aus schlicht falsch. Insofern hätte Kuhn recht. Doch überzieht Kuhn IMO. Wenn nach einem Paradigmenwechsel die neuen Theorie(n) inkommensurabel sind, die Sprache der Wissenschaftler über etwas anderes spricht als die vorherige Generation, dann könnte man die neuen Theorien nur sehr schwer (oder gar nicht) gegen die alten abwägen. Die beiden Gruppen könnten sich ja gar nicht gemeinsam fruchtbar unterhalten (sie sprechen ja verschiedene Sprachen oder zumindest Jargons).
Ich denke daher, dass Kuhn schon in manchen Ansätzen recht hat, aber die wissenschaftliche Entwicklung sehr viel stärker evolutiv erfolgt als es Kuhn darstellt.


Ist nicht schon das Wort "inkommensurabel" ein gutes Beispiel für die prinzipielle Rätselhaftigkeit von "Bedeutungen"?

Ich kenne das Wort z.B. nur aus der Kant'schen "Kritik der reinen Vernunft". Dort bezeichnet es offenbar etwas grundsätzlich völlig Unverständliches.

Ich bitte nochmal um Nachsicht, ich habe geistesgeschichtlich letztlich überall nur lückenhafte Kenntnisse (es ist sozusagen nur ein "Hobby"), und lasse mich gern korrigieren. Manchmal schreibe ich denn auch etwas viel, ähem, Verlegen (schäm)

Sagst Du es nicht indirekt, daß das eigentliche Problem das der "Sprache", bzw. "Meta-Sprache", oder "Jargons" sein könnte? In der Übersetzbarkeit von einem "System" (was auch immer das jetzt ist) in ein anderes?

Wie wäre es z.B. zu erklären, daß die Ägypter oder Azteken recht anspruchsvolle astronomische Rechnungen ausführen konnten, innerhalb eines doch wohl völlig anderen Denksystems? Anderes Beispiel: Pythagoras hat außer seinen berühmten Sätzen (und dem "pythagoräischen Komma", daß mir als Musiker gut vertraut ist) etliche andere Behauptungen aufgestellt - die von einigen seiner "Schüler" - passender wäre wohl der Ausdruck "Jünger" tradiert wurden. Das klingt heute völlig hanebüchend. Wie ist jetzt die Wechselwirkung, und sein Einfluß auf die spätere Mathematik/Physik
zustande gekommen?


Ich betone: dies sind Fragen, die ich stelle - sie sollen keinesfalls etwaige "Antworten suggerieren". Für "Esoterik" o.ä. interessiere ich mich überhaupt nicht, eher für die tatsächlichen, möglicherweise unscheinbaren Zusammenhänge, sofern es solche gibt.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Yamato
Teeist



Anmeldungsdatum: 21.08.2004
Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore

Beitrag(#423991) Verfasst am: 01.03.2006, 16:10    Titel: Antworten mit Zitat

gavagai hat folgendes geschrieben:
Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Eine Theorie kann nicht falsch sein, sie kann lediglich die Welt mehr oder weniger gut beschreiben.

OK, dann beschreibt halt Newton die Welt weniger gut und Aristoteles noch wenigerer gut und Homer noch wenigererer.

Richtig, aber sie bauen aufeinander auf.
Zitat:
Zitat:

Wenn man berücksichtigt, dass sich zu Newtons Zeiten niemand mit Geschwindigkeiten in der Größenordnung der Lichtgeschwindigkeit oder mit so hohen Dichten wie in Neutronensternen beschäftigt hat, ist die Newtonsche Mechanik eine gute Näherung der Relativitätstheorie für den Alltagsgebrauch. Eben ein Spezialfall für "normale" Größenordnungen.
Mag sein. Nach deiner Terminologie ist halt Newtons Gravitation die weniger gute Theorie. Auch die Theorie: 1) hoihjfpas 2) Raben sind rot 3) Schnee ist gelb ist in deinem Sinne nicht falsch, sondern als Theorie der Bewegung der Körper weniger gut. Einverstanden um des Themas willen. Ich persönlich halte es schon so, dass Theorien, die keine Vorhersagen oder grob schlechte liefern halt falsche Theorien für das intendierte Anwendungsgebiet sind. Astrologie, Vogelflugbeschau und Kaffeesatzlesen sind falsche Theorien (in meinem Sinne). Für dich sind sie nur weniger gut. Einverstanden.

Nein, da habe ich mich undeutlich ausgedrückt. Kaffeesatzlesen ist Schwachsinn (Es gibt keinen Anlass, keine Begründung, keinen Formalismus, ...), keine Theorie. "Schnee ist gelb" ist nur eine Aussage, keine Theorie. Eine Theorie wäre es zu sagen: "Wenn ein Mensch auf Schnee uriniert, so wird dieser gelb", welche dann auch falsifizierbar wäre, da sie überprüfbare Voraussagen macht.
Der Wikipedia-Artikel beschreibt eigentlich ganz gut was eine Theorie ist.
Eigentlich ging es aber darum, ob die Wissenschaft kontinuierlich ist, und im speziellen, ob die klassische Mechanik ein Spezialfall der RT ist. Den mathematischen Beweis habe ich oben schon gepostet, zusätzlich hier ein Ausschnitt aus dem Wikipedia-Artikel:
Zitat:
Beispiele [für Theorien, Anm. von mir]
1. Physik: Die Vorhersagen der klassischen Mechanik und der speziellen Relativitätstheorie unterscheiden sich beispielsweise deutlich, wenn die betrachteten Objekte sich mit Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit bewegen.
Im Alltag kann man die Unterschiede nicht feststellen, da die klassische Mechanik der Grenzfall der speziellen Relativitätstheorie ist, wenn die Geschwindigkeit wesentlich geringer ist als die Lichtgeschwindigkeit. Daher ist die klassische Mechanik im Alltag die angemessene Theorie.
[...]
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
caballito
zänkisches Monsterpony



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary

Beitrag(#424038) Verfasst am: 01.03.2006, 17:33    Titel: Antworten mit Zitat

Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
gavagai hat folgendes geschrieben:
Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Eine Theorie kann nicht falsch sein, sie kann lediglich die Welt mehr oder weniger gut beschreiben.

OK, dann beschreibt halt Newton die Welt weniger gut und Aristoteles noch wenigerer gut und Homer noch wenigererer.

Richtig, aber sie bauen aufeinander auf.


Tun sie eben nicht. Aristoteles Theorie war, dass alles zur Ruhe kommt, wenn die Bewegung nicht durch Krafteinwirkung aufrechterhalten wird. Newtons Trägheitsprinzip baut darauf mitnichten auf, es besagt vielmehr das genaue Gegenteil. Das ändert natürlcih nichts daran, dass die Dinge nach wie vor zur Ruhe kommen - aber eben nicht, weil sie dazu von sich aus tendieren, sondern wel immer Reibungskräfte wirken. Aristoteles ist also kein Spezialfall von Newton für den Fall, dass Reibungskräfte wirken, sondern es ist schlicht eine vollig andersgeartete Theorie. In der einen Theorie ist eine Folge von Krafteinwirkung, was in der anderen die Folge des Fehlens einer solchen ist - da kann man wohl schon von Inkommensurabilität sprechen. Dass die Newtonsche Theorie unter Berüclsichtigung der Reibungskräfte die gleichen Vorhersagen macht wie die aristotelische, macht die eine nicht zum Spezialfall der anderen. Und selbstverständlich kann man hier bezüglcih der aristotelischen Theorie von "falsch" sprechen, denn sie beschreibt die Realität eben nicht zutreffend, sie liefert falsche Voraussagen. Und eine Theorie, die falsche Voraussagen liefert, ist eben deswegen schlicht falsch. Und daran ändert sich nichts dadurch, dass der Fehelr ind en Aristoteles bekannten Fällen nicht auffällt.

Für den Übergang von der Newtonschen Physik zur RT/QT gilt exakt das selbe. Die Newtonsche Mechanik beschreibt einen Absoluten Raum und eien absolute Zeit, die RT besagt das Gegenteil. Da baut auch nichts aufeinander auf. Dass beide Theorien für nichtrelativistisceh Geschwindigkeiten nahezu identische Voraussagen treffen, ändert nichts daran, dass sie völlig unterscheidlich sind. Und das Newtonsche un das Einsteinsche Geschwindigkeitsadditionstheorem sind schlicht verschiedene Formeln, auch wenn sei für kleine Geschwindigkeiten fast gleiche Ergebnisse liefern. Auch hier ist also der Begriff Inkommensurabilität voll gerechtfertigt.

Nur darf man nicht in den Fehler verfallen, hier das Newtonsche Gravitationsgesetz mit der RT in Beziehung zu setzen. Das Gravitationsgesetz ist kein Teil des Newtonschen Paradigmas, zu dem gehören vielmehr die Absolutheit von Raum und Zeit, die Linearität der Geschwindigkeitsaddition, und die Galiei-Transformation - und all das ergibt sich aus der RT auch nicht als Spezialfall, sondern es wird in der RT schlicht verworfen.
_________________
Die Gedanken sind frei.

Aber nicht alle Gedanken wissen das.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
Yamato
Teeist



Anmeldungsdatum: 21.08.2004
Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore

Beitrag(#424043) Verfasst am: 01.03.2006, 17:41    Titel: Antworten mit Zitat

Natürlich sind die Theorien nicht gleich, aber die nachfolgenden Theorien enstanden durch kritische Betrachtung der Vorherigen. Dass Aristoteles überhaupt einen abstrakten Begriff wie "Kraft" verwendet, ist doch schon mal eine Grundlage, auf der die folgenden Theorien aufbauen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
caballito
zänkisches Monsterpony



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary

Beitrag(#424045) Verfasst am: 01.03.2006, 17:45    Titel: Antworten mit Zitat

Ergänzung:

Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:

Eigentlich ging es aber darum, ob die Wissenschaft kontinuierlich ist, und im speziellen, ob die klassische Mechanik ein Spezialfall der RT ist.


Dass die von der einen Theorie gelieferten Formeln Sppezialfälle der von der anderren gelieferten sind, bedeutet aber nicht, dass aich die Theorie selbst ein Spezialfall der anderen ist. Hier werden Formeln mit Theorien verwechselt. Aber Formeln sind Voraussagen, eine Theorie macht welche!

Und selbstverständlich musste die neue Therie in der Lage sein, die bereits als zutreffend bekannten Voraussagen zu machen, sprich, für den Spezialfall die bereits verifizierten Formeln zu liefern.

So wie auch die Newtonsche Mechanik die Kräfte benennen musste, die bewegte Körper zur Ruhe bringen. Aber eben nicht, um so zu einem Spezialfall zuir Ruhe komemnder Körper zu kommen, für die die aristotelische Physik gilt, sondern um die Beobachtung, dass die Körper nun mal zur Ruhe kommen, mit der Theorie in Einklang zu bringen, dass dazu Krafteinwirkung erforderlich ist.
_________________
Die Gedanken sind frei.

Aber nicht alle Gedanken wissen das.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
Yamato
Teeist



Anmeldungsdatum: 21.08.2004
Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore

Beitrag(#424046) Verfasst am: 01.03.2006, 17:48    Titel: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
Für den Übergang von der Newtonschen Physik zur RT/QT gilt exakt das selbe. Die Newtonsche Mechanik beschreibt einen Absoluten Raum und eien absolute Zeit, die RT besagt das Gegenteil. Da baut auch nichts aufeinander auf. Dass beide Theorien für nichtrelativistisceh Geschwindigkeiten nahezu identische Voraussagen treffen, ändert nichts daran, dass sie völlig unterscheidlich sind. Und das Newtonsche un das Einsteinsche Geschwindigkeitsadditionstheorem sind schlicht verschiedene Formeln, auch wenn sei für kleine Geschwindigkeiten fast gleiche Ergebnisse liefern. Auch hier ist also der Begriff Inkommensurabilität voll gerechtfertigt.

Finde ich nicht. Einstein verwendet lediglich die Newtonsche Mechanik unter der Bedingung der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit. Daraus ergibt sich dann die Relativität (da in jedem Bezugssystem die Lichtgeschwindigkeit konstant sein muss). Innerhalb eines Bezugssystem gilt die Mechanik noch immer, nur dass sie eben auf Grund der konstanten Lichgeschwindigkeit mit dem Korrektur Gamma versehen wird (siehe oben). Also hat die RT sehr wohl die klassische Machanik zur Grundlage.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
caballito
zänkisches Monsterpony



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary

Beitrag(#424047) Verfasst am: 01.03.2006, 17:50    Titel: Antworten mit Zitat

Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Natürlich sind die Theorien nicht gleich, aber die nachfolgenden Theorien enstanden durch kritische Betrachtung der Vorherigen. Dass Aristoteles überhaupt einen abstrakten Begriff wie "Kraft" verwendet, ist doch schon mal eine Grundlage, auf der die folgenden Theorien aufbauen.


Er behät die brauchbaren Begrifflichkeiten bei. Das ändert aber nichts daran, dass die Theorien darüber, was diese Kräfte denn nun wirken, eben nicht aufeinader aufbauen, sondern eineander widersprechen. Wesentliche Teile der alten Theorie wurden eben nicht fortentwickelt, sondern verworfen.
_________________
Die Gedanken sind frei.

Aber nicht alle Gedanken wissen das.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
caballito
zänkisches Monsterpony



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary

Beitrag(#424048) Verfasst am: 01.03.2006, 17:53    Titel: Antworten mit Zitat

Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Einstein verwendet lediglich die Newtonsche Mechanik unter der Bedingung der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit.


Nach der Newtoncehn Mechanik kann aber die Lichtgeschwindigkeit nicht konstant sein! Eben darin liegt der Paradigmenwechsel. Daass man eben nicht mehr Versuicht, die Konstanz durch Verfeinerungen der Äthertheorie zu erklären,. sondern den Äther schlicht über Bord wirft.
_________________
Die Gedanken sind frei.

Aber nicht alle Gedanken wissen das.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
Yamato
Teeist



Anmeldungsdatum: 21.08.2004
Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore

Beitrag(#424050) Verfasst am: 01.03.2006, 17:56    Titel: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Natürlich sind die Theorien nicht gleich, aber die nachfolgenden Theorien enstanden durch kritische Betrachtung der Vorherigen. Dass Aristoteles überhaupt einen abstrakten Begriff wie "Kraft" verwendet, ist doch schon mal eine Grundlage, auf der die folgenden Theorien aufbauen.

Er behät die brauchbaren Begrifflichkeiten bei. Das ändert aber nichts daran, dass die Theorien darüber, was diese Kräfte denn nun wirken, eben nicht aufeinader aufbauen, sondern eineander widersprechen. Wesentliche Teile der alten Theorie wurden eben nicht fortentwickelt, sondern verworfen.

Natürlich, woher käme sonst der Fortschritt? Aber es hat doch niemand alles vorherige verworfen und eine absolut neue Theorie erstellt. Man hat immer das derzeit gängige Modell im Kopf und versucht Widersprüche mit den Beobachten durch Veränderung und Ergänzung dieses Modell zu lösen. Diese Veränderungen können mal mehr und mal weniger groß sein, aber niemand fängt bei Null an. Das wäre doch idiotisch.
Einstein hat einige wichtige Aussagen der Mechanik beibehalten. Z.B. verändert auch bei Einstein kein Körper seine Geschwindigkeit, ohne dass eine Kraft wirkt. Und auch bei Einstein bewegt sich ein einmal beschleunigter Körper auf einer geradlinigen Bahn weiter (wenn auch in einem gekrümmten Raum).
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
caballito
zänkisches Monsterpony



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary

Beitrag(#424051) Verfasst am: 01.03.2006, 18:04    Titel: Antworten mit Zitat

Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Aber es hat doch niemand alles vorherige verworfen


natürlich nicht alles, aber doch wesentliches.

Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
und eine absolut neue Theorie erstellt.


Doch. Das Trägheitsprinzip war eine völlig neue Theorie, ebenso wie die Relativität von Raum und Zeit.

Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Man hat immer das derzeit gängige Modell im Kopf und versucht Widersprüche mit den Beobachten durch Veränderung und Ergänzung dieses Modell zu lösen.


Z.B., indme amn immer neue Hypothesen über dne Äther aufgestelt hat, um irgendwie zu erklären, wieso die Lichtgeschwindigkeit konstant schent. Bis irghednwann jemand eiinige Grundannahmen gekippt und eine völlig neue Theorie aufgestellt hat, die ohne Äther auskam.

Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Diese Veränderungen können mal mehr und mal weniger groß sein, aber niemand fängt bei Null an. Das wäre doch idiotisch.


Natürlich nicht. Das haben auch die Aufklärer nicht. Darum ist die Aufklärung bekanntlich eine Erfindung des Christentums.
_________________
Die Gedanken sind frei.

Aber nicht alle Gedanken wissen das.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
Yamato
Teeist



Anmeldungsdatum: 21.08.2004
Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore

Beitrag(#424052) Verfasst am: 01.03.2006, 18:05    Titel: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Einstein verwendet lediglich die Newtonsche Mechanik unter der Bedingung der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit.

Nach der Newtoncehn Mechanik kann aber die Lichtgeschwindigkeit nicht konstant sein! Eben darin liegt der Paradigmenwechsel. Daass man eben nicht mehr Versuicht, die Konstanz durch Verfeinerungen der Äthertheorie zu erklären,. sondern den Äther schlicht über Bord wirft.

Natürlich ist es eine völlig neue Idee gewesen. Die Aussage Kuhn aber war doch, dass die Wissenschaft sich nicht kontinuierlich entwickeln würde, und das halte ich für falsch, denn die RT war der logische nächste Schritt. Die Äthertheorie war wiederlegt (Michelson) und die Wissenschaft steuerte unweigerlich auf die RT zu. Einstein war seiner Zeit natürlich voraus, ohne ihn hätte es möglicherweise noch Jahrzehnte gedauert, aber letztendlich hätte sich die Wissenschaft in diese Richtung entwickelt. Die Ansicht Kuhns, die Wissenschaftler würden an ihrer "Lehrmeinung" festhalten und alles abweichende Ablehnen ist absurd. Die Wissenschaft ist im ständigen Fluss und das akzeptiert wohl auch der Großteil der Wissenschaftler.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Yamato
Teeist



Anmeldungsdatum: 21.08.2004
Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore

Beitrag(#424062) Verfasst am: 01.03.2006, 18:15    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
[quote="caballito"]
Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Aber es hat doch niemand alles vorherige verworfen

natürlich nicht alles, aber doch wesentliches.

Ja.
Zitat:
Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
und eine absolut neue Theorie erstellt.

Doch. Das Trägheitsprinzip war eine völlig neue Theorie, ebenso wie die Relativität von Raum und Zeit.

Aber nicht völlig unabhängig. Um Trägheit zu definieren braucht man eine Vorstellung von Kräften und Massen. Um die Relativität von Raum und Zeit zu definieren brauch man eine Vorstellung davon,was Raum und Zeit ist.
Zitat:
Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Man hat immer das derzeit gängige Modell im Kopf und versucht Widersprüche mit den Beobachten durch Veränderung und Ergänzung dieses Modell zu lösen.

Z.B., indme amn immer neue Hypothesen über dne Äther aufgestelt hat, um irgendwie zu erklären, wieso die Lichtgeschwindigkeit konstant schent. Bis irghednwann jemand eiinige Grundannahmen gekippt und eine völlig neue Theorie aufgestellt hat, die ohne Äther auskam.

Nachdem die Äthertheorie wiederlegt war musste man natürlich größere Änderungen vornehmen. Man hat einen neuen Grundsatz eingeführt (Konstanz der Lichtgeschwindigkeit) und das bisherige Modell daran angepasst (Lorentz-Transformation). Trotzdem galten weiterhin viele Gesetze der Mechanik.
Zitat:
Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Diese Veränderungen können mal mehr und mal weniger groß sein, aber niemand fängt bei Null an. Das wäre doch idiotisch.

Natürlich nicht. Das haben auch die Aufklärer nicht. Darum ist die Aufklärung bekanntlich eine Erfindung des Christentums.

Eine Reaktion auf das Christentum, entstanden durch die Zwänge der durch das Christentum geprägten Gesellschaft. (Im übrigen reden wir über Wissenschaft, die ihre Erkenntnisse in einem selbstkritischen Prozess gewinnt, anders als christliche Dogmatik.)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
caballito
zänkisches Monsterpony



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary

Beitrag(#424084) Verfasst am: 01.03.2006, 18:42    Titel: Antworten mit Zitat

Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Um die Relativität von Raum und Zeit zu definieren brauch man eine Vorstellung davon,was Raum und Zeit ist.


Aber eben diese Vorstellung ist in der RT eine völlig andere als bei Newton.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Nachdem die Äthertheorie wiederlegt war musste man natürlich größere Änderungen vornehmen. Man hat einen neuen Grundsatz eingeführt (Konstanz der Lichtgeschwindigkeit) und das bisherige Modell daran angepasst (Lorentz-Transformation). Trotzdem galten weiterhin viele Gesetze der Mechanik.


Aber viele fundamentale eben nicht mehr.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Diese Veränderungen können mal mehr und mal weniger groß sein, aber niemand fängt bei Null an. Das wäre doch idiotisch.

Natürlich nicht. Das haben auch die Aufklärer nicht. Darum ist die Aufklärung bekanntlich eine Erfindung des Christentums.

Eine Reaktion auf das Christentum, entstanden durch die Zwänge der durch das Christentum geprägten Gesellschaft. (Im übrigen reden wir über Wissenschaft, die ihre Erkenntnisse in einem selbstkritischen Prozess gewinnt, anders als christliche Dogmatik.)


Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:

Natürlich, woher käme sonst der Fortschritt? Aber es hat doch niemand alles vorherige verworfen und eine absolut neue Theorie erstellt. Man hat immer das derzeit gängige Modell im Kopf und versucht Widersprüche mit den Beobachten durch Veränderung und Ergänzung dieses Modell zu lösen.


Eine Reaktion also auf die alte Theorie, entstanden durch die Zwänge der der Beobachtung widersprechenden, von der alten Theorie geprägten etablierten Wissenschaft.

Es ist vollkommen analog. Und die Widerstände sind oft vergleichbar.
_________________
Die Gedanken sind frei.

Aber nicht alle Gedanken wissen das.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
Yamato
Teeist



Anmeldungsdatum: 21.08.2004
Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore

Beitrag(#424092) Verfasst am: 01.03.2006, 19:00    Titel: Antworten mit Zitat

Nicht ganz. Das Christentum hatte kein Interesse seine Dogmen zu ändern (die auch nicht durch Beobachtung und Nachdenken entstanden sind). Das sich selbst Hinterfragen ist es gerade, was die Wissenschaft ausmacht. Natürlich gibt es auch Wissenschaftler (vorallem in der der Vergangenheit), die ihre Ansichten regelrecht religiös vertraten.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
gavagai
registrierter User



Anmeldungsdatum: 24.01.2005
Beiträge: 413
Wohnort: Wasserburg

Beitrag(#424098) Verfasst am: 01.03.2006, 19:28    Titel: Antworten mit Zitat

Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Nein, da habe ich mich undeutlich ausgedrückt. Kaffeesatzlesen ist Schwachsinn
Das widerspricht deinem vorherigen Diktum nicht. Als Theorie ist es Schwachsinn und "nicht falsch" aber sie beschreibt die Wirklichkeit weniger gut als die Wettervorhersage aus offenbach.
Zitat:
"Schnee ist gelb" ist nur eine Aussage, keine Theorie. Eine Theorie wäre es zu sagen: "Wenn ein Mensch auf Schnee uriniert, so wird dieser gelb", welche dann auch falsifizierbar wäre, da sie überprüfbare Voraussagen macht.

In dem Sinne ist selbstverständlich "Schnee ist gelb" auch eine Theorie. Es ist eine All-Aussage, die behauptet, dass jeglicher Schnee gelb ist. Ausbuchstabiert: Immer wenn du auf etwas triffst, das Schnee ist, so ist dieser gelb.
Zitat:

Der Wikipedia-Artikel beschreibt eigentlich ganz gut was eine Theorie ist.
Mal akzeptiert was dort steht. Sowohl "Schnee ist gelb" als auch Kaffeesatzlesen erfüllen das oder behaupten zumindest es zu erfüllen: Eine Theorie entwirft ein Bild (Modell) der Realität.
Und da eine Theorie nach deiner Interpretation nicht falsch sein kann ...
Aber ich will mich hier nicht um Formalitäten streiten. Eine für mich falsche Theorie beschreibt in deiner Auffassung die Realität weniger gut. Damit kann ich leben. zwinkern
_________________
Servus, tschau, bye
Herbert
http://www.gavagai.de
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen
Yamato
Teeist



Anmeldungsdatum: 21.08.2004
Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore

Beitrag(#424101) Verfasst am: 01.03.2006, 19:49    Titel: Antworten mit Zitat

gavagai hat folgendes geschrieben:
Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Nein, da habe ich mich undeutlich ausgedrückt. Kaffeesatzlesen ist Schwachsinn
Das widerspricht deinem vorherigen Diktum nicht. Als Theorie ist es Schwachsinn und "nicht falsch" aber sie beschreibt die Wirklichkeit weniger gut als die Wettervorhersage aus offenbach.
Zitat:
"Schnee ist gelb" ist nur eine Aussage, keine Theorie. Eine Theorie wäre es zu sagen: "Wenn ein Mensch auf Schnee uriniert, so wird dieser gelb", welche dann auch falsifizierbar wäre, da sie überprüfbare Voraussagen macht.

In dem Sinne ist selbstverständlich "Schnee ist gelb" auch eine Theorie. Es ist eine All-Aussage, die behauptet, dass jeglicher Schnee gelb ist. Ausbuchstabiert: Immer wenn du auf etwas triffst, das Schnee ist, so ist dieser gelb.
Zitat:

Der Wikipedia-Artikel beschreibt eigentlich ganz gut was eine Theorie ist.
Mal akzeptiert was dort steht. Sowohl "Schnee ist gelb" als auch Kaffeesatzlesen erfüllen das oder behaupten zumindest es zu erfüllen: Eine Theorie entwirft ein Bild (Modell) der Realität.
Und da eine Theorie nach deiner Interpretation nicht falsch sein kann ...
Aber ich will mich hier nicht um Formalitäten streiten. Eine für mich falsche Theorie beschreibt in deiner Auffassung die Realität weniger gut. Damit kann ich leben. zwinkern

OK, lassen wir das.
Ich verrenne mich manchmal in etwas
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Darwin Upheaval
Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator



Anmeldungsdatum: 23.01.2004
Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden

Beitrag(#427170) Verfasst am: 08.03.2006, 17:46    Titel: Antworten mit Zitat

gavagai hat folgendes geschrieben:
Newton ist kein Spezialfall von Einstein, sondern seine Theorien sind vom heutigen Standpunkt aus schlicht falsch. Insofern hätte Kuhn recht. Doch überzieht Kuhn IMO. Wenn nach einem Paradigmenwechsel die neuen Theorie(n) inkommensurabel sind, die Sprache der Wissenschaftler über etwas anderes spricht als die vorherige Generation, dann könnte man die neuen Theorien nur sehr schwer (oder gar nicht) gegen die alten abwägen. Die beiden Gruppen könnten sich ja gar nicht gemeinsam fruchtbar unterhalten (sie sprechen ja verschiedene Sprachen oder zumindest Jargons).


So sehe ich das auch. Viele Begriffe, die im "alten Paradigma" auftauchen, finden auch im "neuen Paradigma" Verwendung. Auch wenn sie eine gewisse Bedeutungsverschiebung erfahren, gibt es also eine Reihe semantischer Überschneidungen. Das macht "Paradigmen" (IMAO ein scheußlicher - weil viel zu schwammiger - Begriff) überhaupt erst vergleichbar. Eine "Inkommensurabilität" von Paradigmen wäre dagegen gleichbedeutend mit einem "Stochern im Nebel" - es gäbe keine Akkumulation von Wissen, keinen Wissensfortschritt, sondern nur noch radikale Umbrüche. Die Wissenschaftsgeschichte widerspricht hier ganz klar Kuhns Auffassung.
_________________
"Science is a candle in the dark." - Carl Sagan

www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Axel
sexuell gestörtes autistisches Gammelfleisch



Anmeldungsdatum: 13.03.2006
Beiträge: 515
Wohnort: NRW

Beitrag(#432475) Verfasst am: 14.03.2006, 02:21    Titel: Antworten mit Zitat

Christian Gapp hat folgendes geschrieben:
Für Einstein war es beispielsweise bei der Entwicklung der ART sehr wichtig, zeigen zu können, wie sich Newtons Gravitationsgesetz als Spezialfall extrahieren lies. Dies war für ihn ein entscheidendes Indiz dafür, auf dem richtigen Weg zu sein. Schließlich benötigten seine Feldgleichungen eine in der Physik ansonsten nicht gebräuchliche Art von Mathematik, die Einstein selbst große Schwierigkeiten bereitete. Sogar heutzutage erlangen die meisten Physiker ihren Abschluss, ohne je ernsthaft mit der "exotischen" ART in Berührung gekommen zu sein. Kuhn erklärt diesen Schritt der Rückversicherung, der für den die Erkenntnis vorantreibenden Einstein von zentraler Relevanz war, mal eben für Null und Nichtig.

Ich finde es sehr schwierig, über Kuhns Thesen zu diskutieren, ohne das Original gelesen zu haben. Ich glaube nämlich, dass der Autor des Telepolis-Artikels Kuhns Thesen falsch wiedergibt bzw. sie falsch interpretiert. Zumindest das, was Gapp in dem Zitat behauptet, kann so nicht stimmen. Das beschriebene Vorgehen von Einstein ist viel mehr als nur eine bloße "Rückversicherung". Die Newtonsche Mechanik hatte sich seit ihrer Entdeckung in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts 200 Jahre lang allerbestens bewährt. Von den Planetenbewegungen bis hin zu strömenden Flüssigkeiten und Gasen ließ sich damit jede bis dahin bekannte physikalische Erscheinung (abgesehen vom Elektromagnetismus) präzise berechnen. Jede übergeordnete Theorie (so wie die ART), die im Gültigkeitsbereich der Newtonschen Mechanik abweichende physikalische Aussagen liefern würde, wäre damit automatisch falsifiziert und reif für die Tonne. Deshalb konnte Einstein bei der Entwicklung der ART gar nicht anders handeln als dafür zu sorgen, dass für v<<c das Newtonsche Gravitationsgesetz resultiert. Das ist für einen theoretischen Physiker wie Kuhn vollkommen selbstverständlich und bedarf keiner Erwähnung. Deshalb kann Kuhn nicht gemeint haben, was Gapp ihm in dem Zitat unterstellt, nämlich dass Kuhn dieses Vorgehen Einsteins für Null und Nichtig erklärt.

Was bei der Newtonschen Mechanik und der ART tatsächlich vollkommen gegensätzlich und unvereinbar ist, ist nicht die physikalische Aussage, sondern das zugrundeliegende Modell. Dies ist bei Newton der absolute, starre euklidische Raum und die absolute Zeit, die vollkommen getrennt und unabhängig voneinander sind. Bei Einstein gibt es dagegen eine sich dynamisch der Massenverteilung anpassende Raumzeit, bei der Raum und Zeit zu einer untrennbaren Einheit verschmolzen sind. Diese gegensätzlichen Modelle sind es, die den Paradigmenwechsel ausmachen.

Allerdings ist man sich heute sicher, dass auch die ART nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann, weil sie überhaupt keine Quanteneffekte berücksichtigt. Die ART versagt bei der Beschreibung der kleinsten Strukturen, was sich dadurch äußert, dass im Zentrum schwarzer Löcher und beim Urknall Singularitäten auftreten. Wonach die Physiker heute suchen, ist eine Theorie der Quantengravitation, die alle vier bekannten Grundkräfte (Gravitation, Elektromagnetismus, schwache WW, starke WW) beschreibt und bei der keine Singularitäten vorkommen. Nach einer Vereinheitlichung von Gravitation und Elektromagnetismus hat schon Einstein gesucht, aber er war nicht auf der Suche nach einer Quantentheorie. Dass die allumfassende Theorie eine Quantentheorie sein muss ist das derzeit gültige Paradigma.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
kolja
der Typ im Maschinenraum
Betreiber



Anmeldungsdatum: 02.12.2004
Beiträge: 16631
Wohnort: NRW

Beitrag(#432513) Verfasst am: 14.03.2006, 10:33    Titel: Antworten mit Zitat

http://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Samuel_Kuhn
http://www.philolex.de/kuhn.htm

philolex.de hat folgendes geschrieben:
Kuhn war der Auffassung, daß die Wissenschaft Fortschritte macht. Aber dieser Fortschritt hat für ihn eine praktische Bedeutung, keine ontologische. Wissenschaftlicher Fortschritt vergrößere nicht das Wissen der Menschen über das von ihnen unabhängige Sein, er vergrößere das Problemlösungsvermögen. Kuhn vertritt eine pragmatische Position.


PS: Hallo Axel. Smilie
_________________
Hard work often pays off after time, but laziness always pays off now.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Axel
sexuell gestörtes autistisches Gammelfleisch



Anmeldungsdatum: 13.03.2006
Beiträge: 515
Wohnort: NRW

Beitrag(#432553) Verfasst am: 14.03.2006, 12:10    Titel: Antworten mit Zitat

philolex.de hat folgendes geschrieben:
Vorgeworfen wird Kuhn die Unschärfe des Paradigmabegriffs, der viele Bedeutungen habe.

Zwischen dem alten und dem neuen Paradigma gebe es eine Inkommensurabilität. Diese sei aber immer nur lokal. Die meisten Begriffe behielten ihre Bedeutung, nur bei besonders wichtigen komme es zu einem Bedeutungswandel. (z. B. der Begriff der Energie bei Newton und bei Einstein.) Es entstünden neue Begriffe und neue Problemfelder. Ob und inwieweit die verschiedenen Theorien nach Kuhn miteinander vergleichbar seien oder nicht, da wird Kuhn unterschiedlich interpretiert.

Ich bin immer stärker davon überzeugt, dass man Kuhn im Original lesen muss, um sich seine eigene Meinung zu bilden...
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
kolja
der Typ im Maschinenraum
Betreiber



Anmeldungsdatum: 02.12.2004
Beiträge: 16631
Wohnort: NRW

Beitrag(#432555) Verfasst am: 14.03.2006, 12:19    Titel: Antworten mit Zitat

Axel hat folgendes geschrieben:
[...] Kuhn im Original lesen [...]

Au ja, mach mal, dann höre ich mir Deine Meinung an ... Mr. Green

Thomas S. Kuhn - Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen (bei amazon.de)
_________________
Hard work often pays off after time, but laziness always pays off now.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Axel
sexuell gestörtes autistisches Gammelfleisch



Anmeldungsdatum: 13.03.2006
Beiträge: 515
Wohnort: NRW

Beitrag(#432559) Verfasst am: 14.03.2006, 12:26    Titel: Antworten mit Zitat

philoloex.de hat folgendes geschrieben:
Wissenschaftlicher Fortschritt vergrößere [...] das Problemlösungsvermögen.

Da stimme ich voll zu.

philoloex.de hat folgendes geschrieben:
Kuhn war der Auffassung, daß die Wissenschaft Fortschritte macht. Aber dieser Fortschritt hat für ihn eine praktische Bedeutung, keine ontologische. Wissenschaftlicher Fortschritt vergrößere nicht das Wissen der Menschen über das von ihnen unabhängige Sein [...].

Da bin ich zwar anderer Ansicht, kann Kuhns Standpunkt aber nachvollziehen. Wenn die Modelle, die beispielsweise der Newtonschen Mechanik, der ART und der Quantengravitation zugrunde liegen, völlig unterschiedlich sind, könnte man zu der Auffassung kommen, dass ihre Aussage über "das vom Menschen unabhängige Sein" wertlos ist, denn wer weiss schon, was noch alles kommt...
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Axel
sexuell gestörtes autistisches Gammelfleisch



Anmeldungsdatum: 13.03.2006
Beiträge: 515
Wohnort: NRW

Beitrag(#432561) Verfasst am: 14.03.2006, 12:28    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Axel hat folgendes geschrieben:
[...] Kuhn im Original lesen [...]

Au ja, mach mal, dann höre ich mir Deine Meinung an ... Mr. Green

Thomas S. Kuhn - Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen (bei amazon.de)

Okay, wenn Du das Buch bestellst, lese ich es. Über die Aufteilung der Kosten können wir immer noch verhandeln... Smilie
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen   Drucker freundliche Ansicht    Freigeisterhaus Foren-Übersicht -> Wissenschaft und Technik Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde
Seite 1 von 1

 
Gehe zu:  
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.



Impressum & Datenschutz


Powered by phpBB © 2001, 2005 phpBB Group