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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#435450) Verfasst am: 19.03.2006, 12:26 Titel: |
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Sanne hat folgendes geschrieben: | Soziale Interaktionen, also positive menschliche Zuwendung, sind für Babys, Kinder und Menschen viel wichtiger als Gene und Medikamente.
Wenn ein Kind häufig angeschrieen, mißhandelt oder/und nicht ernst genommen wird, helfen da keine Pillen. Und wenn es superperfektionierte Gene hätte, würde es durch schlechte Behandlung dennoch einen irreversiblen Schaden erleiden. |
Beim jetzigen Menschen ist das sicher so, und ich denke, daß die "einfacheren" Schritte gerade in einer Optimierung der monokausalen Komponenten lägen:
- mathematische, sprachliche Intzelligenz
- medizinische Resistenz / Prävention
- körperliche / geistige Reparatur
Parallel dazu könnten nicht-genetische Maßnahmen die Ausnutzung der Potenziale verbessern:
- "Nürnberger Trichter" statt Paukschule mit schlechten Lehrern
- besser ausgebildete Eltern (umfaßt auch menschliche Zuwendung)
Langfristig wäre es aber auch denkbar, die psychische Entwicklung von den Untiefen des privaten Erziehungsmilieus zu entkoppeln, sodaß z.B. eben menschliche Zuwendung nicht mehr so wichtig für die Entwicklung wäre.
Die Frage bei alldem ist natürlich, mit welchem Ziel wir sowas verfolgen sollten. Wollen wir uns schleichend durch besser funktionierende Gebilde ersetzen, oder lieber romantisch weiterleiden, oder etwas dazwischen?
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Sanne gives peas a chance.
Anmeldungsdatum: 05.08.2003 Beiträge: 12088
Wohnort: Nordschland
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(#435478) Verfasst am: 19.03.2006, 14:18 Titel: |
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Wenn man einen Menschen züchtet, der gegen Folter (inklusive Kindesmißhandlung) resistent ist, wäre Mißhandlung kein Verbrechen mehr.
Kein Leid mehr und keine Verbrechen.
Man müßte sich keine Gedanken mehr machen, wie man miteinander umgeht, es wäre einfach egal.
_________________ Ich will das Internet doch nicht mit meinen Problemen belästigen! (Marge Simpson)
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#435479) Verfasst am: 19.03.2006, 14:18 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Die Frage bei alldem ist natürlich, mit welchem Ziel wir sowas verfolgen sollten. Wollen wir uns schleichend durch besser funktionierende Gebilde ersetzen, oder lieber romantisch weiterleiden, oder etwas dazwischen? |
Ich möchte lieber die Glücksfähigkeit erhalten. Ist in einer funktionalistischen Utopie noch Platz dafür?
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Doc Extropy dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 07.03.2006 Beiträge: 6149
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(#435484) Verfasst am: 19.03.2006, 14:24 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Die Frage bei alldem ist natürlich, mit welchem Ziel wir sowas verfolgen sollten. Wollen wir uns schleichend durch besser funktionierende Gebilde ersetzen, oder lieber romantisch weiterleiden, oder etwas dazwischen? |
Ich möchte lieber die Glücksfähigkeit erhalten. Ist in einer funktionalistischen Utopie noch Platz dafür? |
Die funktionalistische Utopie, die hier unterstellt wird, lehne auch ich entschieden ab. Sonst könnte ich gleich Christ oder Faschist sein - in diesen beiden Denksystemen wird der Mensch zum reinen Funktionsträger degradiert (z.B. Gebärmaschine bei den Frauen und billige Arbeitskraft beim Mann).
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#435493) Verfasst am: 19.03.2006, 15:09 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Die Frage bei alldem ist natürlich, mit welchem Ziel wir sowas verfolgen sollten. Wollen wir uns schleichend durch besser funktionierende Gebilde ersetzen, oder lieber romantisch weiterleiden, oder etwas dazwischen? |
Ich möchte lieber die Glücksfähigkeit erhalten. Ist in einer funktionalistischen Utopie noch Platz dafür? |
Wieso nicht? Du müßtest nur einen guten Grund angeben, der nicht allein auf den jetzigen Beschränkungen des Menschen basiert. Eine Möglichkeit wäre, daß man Glücksgefühle (geistige / psychische / körperliche Befriedigung) benötigt, damit Gesellschaften gleichzeitig stabil und motiviert sind. Oder so ...
Sanne hat folgendes geschrieben: | Wenn man einen Menschen züchtet, der gegen Folter (inklusive Kindesmißhandlung) resistent ist, wäre Mißhandlung kein Verbrechen mehr. |
Es wäre keine Mißhandlung mehr. Ebensowenig wie z.B. heute Schulpflicht oder Impfung. Aber ich denke nicht, daß man jemand gegen Folter resistent machen kann. Da wird es immer eine Grenze geben.
Sanne hat folgendes geschrieben: | Kein Leid mehr und keine Verbrechen. Man müßte sich keine Gedanken mehr machen, wie man miteinander umgeht, es wäre einfach egal. |
Das glaube ich nicht. Es wäre ein anderes Niveau.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Sanne gives peas a chance.
Anmeldungsdatum: 05.08.2003 Beiträge: 12088
Wohnort: Nordschland
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(#435497) Verfasst am: 19.03.2006, 15:23 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Aber ich denke nicht, daß man jemand gegen Folter resistent machen kann. Da wird es immer eine Grenze geben.
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Das ist blöd. Dann wäre das ganze Optimizing ziemlich nutzlos, denn diejenigen, die anderen schaden wollen (oder müssen), um ihre Macht zu beweisen, würden einfach stärkere Waffen bzw effektivere Methoden entwickeln.
Zitat: |
Sanne hat folgendes geschrieben: | Kein Leid mehr und keine Verbrechen. Man müßte sich keine Gedanken mehr machen, wie man miteinander umgeht, es wäre einfach egal. |
Das glaube ich nicht. Es wäre ein anderes Niveau. |
Also "romatisch weiterleiden", wie du es hier so schön nanntest.
_________________ Ich will das Internet doch nicht mit meinen Problemen belästigen! (Marge Simpson)
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#435522) Verfasst am: 19.03.2006, 16:45 Titel: |
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Sanne hat folgendes geschrieben: | Das ist blöd. Dann wäre das ganze Optimizing ziemlich nutzlos, denn diejenigen, die anderen schaden wollen (oder müssen), um ihre Macht zu beweisen, würden einfach stärkere Waffen bzw effektivere Methoden entwickeln. |
Ja, eine vollkommen gewaltfreie und gleichzeitig sich weiterentwicklende Gesellschaft wird es mE nicht geben, insbesondere nicht in einem Umfeld begrenzter Resourcen. Aber das spricht nicht gegen Optimierung, sondern nur gegen übertriebenen Optimismus.
Sanne hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Sanne hat folgendes geschrieben: | Kein Leid mehr und keine Verbrechen. Man müßte sich keine Gedanken mehr machen, wie man miteinander umgeht, es wäre einfach egal. | Das glaube ich nicht. Es wäre ein anderes Niveau. | Also "romatisch weiterleiden", wie du es hier so schön nanntest. |
Ja, wie ich schon gegenüber zelig angedeutet habe, vermute ich, daß hinreichend bewußte Wesen immer ein intentionales und damit auch irgendwie emotionales Verhältnis zu ihrer Welt haben. Diese Emotionen können allerdings durchaus ganz anders aussehen als die heutigen, etwa wenn man die Bewußtseine stärker vernetzt oder die Intelligenz erhöht, oder wenn man das Substrat verändert (Hormonsystem und dgl.).
Für mich ist die technische Optimierung des Menschen ein Schritt aufwärts in der Bedürfnispyramide, der sowieso kommen wird. Vergleichbar mit der Seßhaftigkeit, Wissenschaft/Aufklärung, Mobilität ...
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Sokrateer souverän
Anmeldungsdatum: 05.09.2003 Beiträge: 11649
Wohnort: Wien
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(#435650) Verfasst am: 19.03.2006, 21:35 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Ja, wie ich schon gegenüber zelig angedeutet habe, vermute ich, daß hinreichend bewußte Wesen immer ein intentionales und damit auch irgendwie emotionales Verhältnis zu ihrer Welt haben. |
Diejenigen Menschen die keine Emotionen empfinden können, entweder von Geburt an, aufgrund eines Hirnschadens oder einer Operation, werden dir aber widersprechen.
Freude, Hoffnung, Trauer, Furcht, Liebe, Hass, ... , es ist nicht einzusehen, warum diese Gefühle notwendig sind um die Welt zu begreifen.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#435694) Verfasst am: 19.03.2006, 23:09 Titel: |
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Sokrateer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ... vermute ich, daß hinreichend bewußte Wesen immer ein intentionales und damit auch irgendwie emotionales Verhältnis zu ihrer Welt haben. |
Diejenigen Menschen die keine Emotionen empfinden können, entweder von Geburt an, aufgrund eines Hirnschadens oder einer Operation, werden dir aber widersprechen. |
Wenn sie aber gar keine Intentionen mehr haben, sind sie wohl schwer unabhängig lebensfähig. Gibt es wirklich Menschen, die keinerlei Emotionen und Intentionen haben, aber selbstbewußt sind?
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Freude, Hoffnung, Trauer, Furcht, Liebe, Hass, ... , es ist nicht einzusehen, warum diese Gefühle notwendig sind um die Welt zu begreifen. |
Um die Welt zu begreifen - etwa im Sinne von Wissenschaft - vielleicht nicht. Aber meine Vermutung geht ja eher dahin, daß Intentionen - und in gewissem Rahmen Emotionen - Begleiterscheinungen von komplexen Bewußtseinszuständen sind.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Sokrateer souverän
Anmeldungsdatum: 05.09.2003 Beiträge: 11649
Wohnort: Wien
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(#436175) Verfasst am: 21.03.2006, 01:25 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Wenn sie aber gar keine Intentionen mehr haben, sind sie wohl schwer unabhängig lebensfähig. Gibt es wirklich Menschen, die keinerlei Emotionen und Intentionen haben, aber selbstbewußt sind? |
Intentionen? Das ist schon was anderes, aber kannst du ein Beispiel geben.
Motivationen bzw. Triebe sind natürlich nötig, um den Körper in gutem Zustand zu erhalten. Also Durst -> Wunsch etwas zu trinken, Hitze -> Wunsch kühleren Ort zu suchen, bzw. etwas auszuziehen.
step hat folgendes geschrieben: | Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Freude, Hoffnung, Trauer, Furcht, Liebe, Hass, ... , es ist nicht einzusehen, warum diese Gefühle notwendig sind um die Welt zu begreifen. |
Um die Welt zu begreifen - etwa im Sinne von Wissenschaft - vielleicht nicht. Aber meine Vermutung geht ja eher dahin, daß Intentionen - und in gewissem Rahmen Emotionen - Begleiterscheinungen von komplexen Bewußtseinszuständen sind. |
Welche Emotionen sollen das sein?
Ich vermute vielmehr, dass Emotionen unser tierisches Erbe sind. Wenn uns jemand Schmerz oder Unwohlsein zufügt, dann hassen wir ihn. Das bewirkt, dass wir uns ihm gegenüber anders verhalten (vertreiben, Aggression zeigen, bekämpfen). Diese Strategie ist in den meisten Fällen auch sinnvoll.
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#436317) Verfasst am: 21.03.2006, 13:44 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Hmm ... Eifersuchtsmorde gäbe es vielleicht weiterhin? |
In einer Welt ohne Tod wohl eher nicht.
step hat folgendes geschrieben: | ...als vielmehr darin, daß individuelles Bewußtsein überhaupt nur dadurch die Selektion überstehen konnte, daß es der Fortpflanzung diente,... |
Inwiefern?
step hat folgendes geschrieben: | ...welche auch eine Optimierung der Lebenslänge weit über ein replikationsfähiges Alter hinaus unnötig macht. |
Na ja, immerhin werden Frauen im Schnitt älter als Männer, obwohl ihre natürliche Replikationsfähigkeit viel früher beim Teufel ist.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#436565) Verfasst am: 21.03.2006, 21:45 Titel: |
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Sokrateer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ... meine Vermutung geht ja eher dahin, daß Intentionen - und in gewissem Rahmen Emotionen - Begleiterscheinungen von komplexen Bewußtseinszuständen sind. | Welche Emotionen sollen das sein? |
Zum Beispiel erkennt ein hinreichend komplexes Bewußtsein, daß es ein Bewußtsein auf einem Substrat ist, das mit anderen Bewußtseinen spieltheoretisch interagiert. Es entsteht ein intentionales (und emotionales?) Verhältnis zu "sich selbst" und zu anderen.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Ich vermute vielmehr, dass Emotionen unser tierisches Erbe sind. Wenn uns jemand Schmerz oder Unwohlsein zufügt, dann hassen wir ihn. Das bewirkt, dass wir uns ihm gegenüber anders verhalten (vertreiben, Aggression zeigen, bekämpfen). Diese Strategie ist in den meisten Fällen auch sinnvoll. |
Auch das Hormonsystem, die Ausschüttung von Endorphinen und ähnliche Mechanismen sind sicherlich evolutionär bedingt und verstärken unsere Gefühle, obwohl sie vor deren Bewußtwerdung entstanden sind. Das bedeutet aber im Umkehrschluß nicht, daß hinreichend komplexe Bewußtseine ohne teirisches Erbe keine Intentionen und Gefühle hätten. Ich denke allerdings, daß die Körperlichkeit der Gefühle geringer wäre, wenn die Substratbindung geringer wäre.
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Yamato Teeist
Anmeldungsdatum: 21.08.2004 Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore
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(#436587) Verfasst am: 21.03.2006, 22:43 Titel: |
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Auf arte läuft gerade "Mit 25 geht's bergab". Da geht es auch um Möglichkeiten das Leben bis ins (quasi) Unendliche zu verlängern.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#436601) Verfasst am: 21.03.2006, 22:59 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Zum Beispiel erkennt ein hinreichend komplexes Bewußtsein, daß es ein Bewußtsein auf einem Substrat ist, das mit anderen Bewußtseinen spieltheoretisch interagiert. Es entsteht ein intentionales (und emotionales?) Verhältnis zu "sich selbst" und zu anderen. |
Manchmal überraschst Du mich.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#437009) Verfasst am: 22.03.2006, 20:33 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Zum Beispiel erkennt ein hinreichend komplexes Bewußtsein, daß es ein Bewußtsein auf einem Substrat ist, das mit anderen Bewußtseinen spieltheoretisch interagiert. Es entsteht ein intentionales (und emotionales?) Verhältnis zu "sich selbst" und zu anderen. |
Manchmal überraschst Du mich. |
Inwiefern?
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Sokrateer souverän
Anmeldungsdatum: 05.09.2003 Beiträge: 11649
Wohnort: Wien
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(#437014) Verfasst am: 22.03.2006, 20:49 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Sokrateer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ... meine Vermutung geht ja eher dahin, daß Intentionen - und in gewissem Rahmen Emotionen - Begleiterscheinungen von komplexen Bewußtseinszuständen sind. | Welche Emotionen sollen das sein? |
Zum Beispiel erkennt ein hinreichend komplexes Bewußtsein, daß es ein Bewußtsein auf einem Substrat ist, das mit anderen Bewußtseinen spieltheoretisch interagiert. Es entsteht ein intentionales (und emotionales?) Verhältnis zu "sich selbst" und zu anderen. |
Du hast meine Frage überhaupt nicht beantwortet. Wir haben konkrete Bezeichnungen für Emotionen. Nenne eine Emotionen als Beispiel.
Intentionen sind Zielsetzungen, auf die hingearbeitet wird. Intentionen sind keine Emotionen.
step hat folgendes geschrieben: | Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Ich vermute vielmehr, dass Emotionen unser tierisches Erbe sind. Wenn uns jemand Schmerz oder Unwohlsein zufügt, dann hassen wir ihn. Das bewirkt, dass wir uns ihm gegenüber anders verhalten (vertreiben, Aggression zeigen, bekämpfen). Diese Strategie ist in den meisten Fällen auch sinnvoll. |
Auch das Hormonsystem, die Ausschüttung von Endorphinen und ähnliche Mechanismen sind sicherlich evolutionär bedingt und verstärken unsere Gefühle, obwohl sie vor deren Bewußtwerdung entstanden sind. Das bedeutet aber im Umkehrschluß nicht, daß hinreichend komplexe Bewußtseine ohne teirisches Erbe keine Intentionen und Gefühle hätten. |
Die Frage ist, ob bewußtes Denken Emotionen automatisch hervorruft, bzw. durch dieses bedingt sind. Für beides kenne ich kein Argument. Außerdem ist diese Theorie durch die Existenz von gefühllosen Menschen widerlegt.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#437367) Verfasst am: 23.03.2006, 20:21 Titel: |
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Sokrateer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Es entsteht ein intentionales (und emotionales?) Verhältnis zu "sich selbst" und zu anderen. | Du hast meine Frage überhaupt nicht beantwortet. Wir haben konkrete Bezeichnungen für Emotionen. Nenne eine Emotionen als Beispiel. |
Zufriedenheit, Sympathie, Neid.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Intentionen sind Zielsetzungen, auf die hingearbeitet wird. Intentionen sind keine Emotionen. |
Intentionen sind mit Wünschen verbunden und bei simulationsfähigen Bewußtseinen mit antizipierten (Un)Zufriedenheitsgefühlen.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | ... Außerdem ist diese Theorie durch die Existenz von gefühllosen Menschen widerlegt. |
Gibt es wirklich komplett gefühllose Menschen, die dennoch ein Selbstbewußtsein haben? Ich dachte es gibt nur welche, die weit weniger emotional und sozial als normal reagieren.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Sokrateer souverän
Anmeldungsdatum: 05.09.2003 Beiträge: 11649
Wohnort: Wien
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(#437429) Verfasst am: 23.03.2006, 22:09 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Sokrateer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Es entsteht ein intentionales (und emotionales?) Verhältnis zu "sich selbst" und zu anderen. | Du hast meine Frage überhaupt nicht beantwortet. Wir haben konkrete Bezeichnungen für Emotionen. Nenne eine Emotionen als Beispiel. |
Zufriedenheit, Sympathie, Neid. |
Ein künstlich intelligenter Computer muss Neid empfinden können? Und Sympathie?
Ich empfinde momentan keinen Neid und kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal Neid empfunden habe. Bin ich momentan nicht bewußt?
Ich halte Neid übrigens nicht für ein eigenes Gefühl. Neid ist Hass bzw. Antipathie auf jemanden, der etwas besitzt, was einen selbst glücklich machen würde.
step hat folgendes geschrieben: |
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Intentionen sind Zielsetzungen, auf die hingearbeitet wird. Intentionen sind keine Emotionen. |
Intentionen sind mit Wünschen verbunden und bei simulationsfähigen Bewußtseinen mit antizipierten (Un)Zufriedenheitsgefühlen. |
Damit erklärst du nur, wie Intentionen durch Gefühle ausgelöst werden können. Es sind trotzdem keine Gefühle.
Wir können in der Tat Zustände gefühlsmäßig bewerten, die wir nur hypothetisieren. Vorfreude ist nichts anderes als Freude über etwas, was eintreten wird. Wir stellen uns die Situation vor, bewerten sie gefühlsmäßig und freuen uns. Man kann ja auch glücklich sein, wenn man sich an schönes erinnert.
step hat folgendes geschrieben: |
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | ... Außerdem ist diese Theorie durch die Existenz von gefühllosen Menschen widerlegt. |
Gibt es wirklich komplett gefühllose Menschen, die dennoch ein Selbstbewußtsein haben? Ich dachte es gibt nur welche, die weit weniger emotional und sozial als normal reagieren. |
Nachdem Gefühle nicht beliebig genau messbar sind, kann man auch keine komplette Gefühllosigkeit feststellen. Aber es gibt Menschen, die überhaupt keine Schmerzen empfinden können, oder keine Trauer, oder kein Mitleid. Selbst, wenn da nicht merkliche Restgefühle da wären, dann ist das dennoch ein Beleg, dass die jeweils fehlenden Gefühle nicht notwendig sind, oder jedenfalls nicht in ihrem normalen Umfang.
Wenn du das nicht als Falsifikation akzeptierst, dann hätte deine unbelegte Hypothese trotzdem nur einen winzigen Bereich in dem sie existieren kann.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#437485) Verfasst am: 24.03.2006, 00:27 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Intentionen sind mit Wünschen verbunden und bei simulationsfähigen Bewußtseinen mit antizipierten (Un)Zufriedenheitsgefühlen. |
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Damit erklärst du nur, wie Intentionen durch Gefühle ausgelöst werden können. |
Darum ging's step doch die ganze Zeit.
Nenne mir doch mal ein Beispiel für eine Intention, die nicht durch Antizipierung zukünftiger Emotionen verursacht wird. Ich kann mir das einfach nicht vorstellen.
_________________ Hard work often pays off after time, but laziness always pays off now.
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Sokrateer souverän
Anmeldungsdatum: 05.09.2003 Beiträge: 11649
Wohnort: Wien
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(#437494) Verfasst am: 24.03.2006, 00:39 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Intentionen sind mit Wünschen verbunden und bei simulationsfähigen Bewußtseinen mit antizipierten (Un)Zufriedenheitsgefühlen. |
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Damit erklärst du nur, wie Intentionen durch Gefühle ausgelöst werden können. |
Darum ging's step doch die ganze Zeit.  |
Nein. Steps ursprüngliche Behauptung:
step hat folgendes geschrieben: | Ja, wie ich schon gegenüber zelig angedeutet habe, vermute ich, daß hinreichend bewußte Wesen immer ein intentionales und damit auch irgendwie emotionales Verhältnis zu ihrer Welt haben. |
kolja hat folgendes geschrieben: |
Nenne mir doch mal ein Beispiel für eine Intention, die nicht durch Antizipierung zukünftiger Emotionen verursacht wird. Ich kann mir das einfach nicht vorstellen. |
Ich muss morgen zur Bank und weiters einen Behördenweg erledigen. Mein Verstand sagt mir, das ich das tun muss. Es gibt keinen gefühlsbedingten Antrieb dafür. Ganz im Gegenteil. Wenn ich auf meine Gefühle hören würde, dann würde ich sicher nicht zur Bank gehen.
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Sanne gives peas a chance.
Anmeldungsdatum: 05.08.2003 Beiträge: 12088
Wohnort: Nordschland
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(#437559) Verfasst am: 24.03.2006, 08:17 Titel: |
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Sokrateer hat folgendes geschrieben: |
kolja hat folgendes geschrieben: |
Nenne mir doch mal ein Beispiel für eine Intention, die nicht durch Antizipierung zukünftiger Emotionen verursacht wird. Ich kann mir das einfach nicht vorstellen. |
Ich muss morgen zur Bank und weiters einen Behördenweg erledigen. Mein Verstand sagt mir, das ich das tun muss. Es gibt keinen gefühlsbedingten Antrieb dafür. Ganz im Gegenteil. Wenn ich auf meine Gefühle hören würde, dann würde ich sicher nicht zur Bank gehen. |
Du willst (= Intention) Ärger (= Gefühl) vermeiden.
Mit Koljas Worten: Du antizipierst eine zukünftige Emotion, nämlich das relative Wohlgefühl, deinen Banken- und Ämterkram erledidigt zu haben.
_________________ Ich will das Internet doch nicht mit meinen Problemen belästigen! (Marge Simpson)
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#437584) Verfasst am: 24.03.2006, 10:35 Titel: |
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Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Steps ursprüngliche Behauptung [...] |
Step (wenn ich ihn richtig verstehe) und ich sehen Emotionen als Ursache für Intentionen, setzen sie aber nicht gleich (was Du, wie mir scheint, annimmst).
kolja hat folgendes geschrieben: | Nenne mir doch mal ein Beispiel für eine Intention, die nicht durch Antizipierung zukünftiger Emotionen verursacht wird. Ich kann mir das einfach nicht vorstellen. |
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Ich muss morgen zur Bank und weiters einen Behördenweg erledigen. |
Mit welchen Konsequenzen müsstest Du rechnen, wenn Du deine Bank- und Behördengänge nicht erledigen würdest? Fürchtest Du diese Konsequenzen? Wie würdest Du fühlen, wenn diese Konsequenzen tatsächlich eintreten?
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Mein Verstand sagt mir, das ich das tun muss. Es gibt keinen gefühlsbedingten Antrieb dafür. Ganz im Gegenteil. Wenn ich auf meine Gefühle hören würde, dann würde ich sicher nicht zur Bank gehen. |
Ich glaube eher, dass Dein Verstand aktuelles Wohl/Unwohlsein gegen zukünftiges Wohl/Unwohlsein abwägt.
Sanne hat folgendes geschrieben: | Du willst (= Intention) Ärger (= Gefühl) vermeiden. |
Genau.
_________________ Hard work often pays off after time, but laziness always pays off now.
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Sokrateer souverän
Anmeldungsdatum: 05.09.2003 Beiträge: 11649
Wohnort: Wien
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(#437641) Verfasst am: 24.03.2006, 15:06 Titel: |
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Das habe ich fast gedacht, dass ihr in mein Beispiel mit der Bank dennoch versucht Emotionen hineinzupfuschen. Aber damit macht ihr euch unangreifbar. Ihr könnt natürlich immer etwas finden, genauso wie der Bibel-Apoleget immer eine Ausrede findet. Da möchte ich auch mal auf das Ockhamsche Messer hinweisen.
Um die Frage zu beantworten. Eine Vermeidung des Bankggeschäfts hätte überhaupt keinen Ärger gebracht. Die Auswirkung wäre nur sehr abstrakt gewesen und hätte sich vergleichsweise marginal auf meinen Kontostand ausgewirkt. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ich eines Tages meinen Kontoauszug betrachte und verärgert denke: "Ach wäre ich doch nur damals auf die Bank gegangen, dann hätte ich bis zum heutigen Datum umgerechnet 13,65€ mehr am Konto". Ich ärgere mich sowieso nur ganz selten und schon gar nicht über Peanuts.
Zitat: | Ich glaube eher, dass Dein Verstand aktuelles Wohl/Unwohlsein gegen zukünftiges Wohl/Unwohlsein abwägt. |
Ich bezweifle, dass unser Verstand abermilliarden von zukünftigen Möglichkeiten durchgehen und gleichzeitig emotional bewerten kann.
Rein physiologisch gesehen ist der Sitz der Vernunft in der Großhirnrinde, während die Emotionen das Produkt des limbischen Systems sind. Verbindungen gibt es, aber, dass das limbische System derart direkt in die Denkprozesse der Großhirnrinde eingebunden ist, das wäre schon seltsam.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#437725) Verfasst am: 24.03.2006, 17:36 Titel: |
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Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Eine Vermeidung des Bankggeschäfts hätte überhaupt keinen Ärger gebracht. Die Auswirkung wäre nur sehr abstrakt gewesen und hätte sich vergleichsweise marginal auf meinen Kontostand ausgewirkt. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ich eines Tages meinen Kontoauszug betrachte und verärgert denke: "Ach wäre ich doch nur damals auf die Bank gegangen, dann hätte ich bis zum heutigen Datum umgerechnet 13,65€ mehr am Konto". Ich ärgere mich sowieso nur ganz selten und schon gar nicht über Peanuts. |
Es muss ja nicht unbedingt die Vermeidung von Ärger sein, es gibt auch subtilere Emotionen.
Irgendetwas in Dir treibt Dich doch an, die Geldmenge auf Deinem Konto zu mehren, z.B. die Hoffnung auf zukünftige Genüsse, die Du Dir mit Geld bereiten kannst, das Gefühl von Freiheit und Sicherheit, wenn das Geldpolster größer wird, die Angst vor Armut und dem Verlust von sozialem Status, wenn das Geld für den gewohnten Lebensstandard nicht ausreicht ... ich bin mir ziemlich sicher, dass unser Verhältnis zum Geld sich auf grundlegende Bedürfnisse und damit verknüpfte Emotionen zurückführen lässt, auch wenn uns das nicht ständig bewusst ist.
(Wenn es bei Dir anders ist, kannst Du mir die 14 Euro gerne überweisen, Kontonummer schicke ich Dir auf Wunsch via PN. )
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Ich bezweifle, dass unser Verstand abermilliarden von zukünftigen Möglichkeiten durchgehen und gleichzeitig emotional bewerten kann. |
Es müssen ja nicht so viele sein, die Bewertung wird kaum vollständig und daher nur eine grobe Näherung sein. Wir stützen uns dabei auch auf simple Erfahrungswerte, z.B. "mehr Geld" => "gut für mich".
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Rein physiologisch gesehen ist der Sitz der Vernunft in der Großhirnrinde, während die Emotionen das Produkt des limbischen Systems sind. Verbindungen gibt es, aber, dass das limbische System derart direkt in die Denkprozesse der Großhirnrinde eingebunden ist, das wäre schon seltsam. |
Nee, so einfach kannst Du die Emotionen im Gehirn nicht verorten. Wir haben z.B. ein Bewertungssystem im orbitofrontalen Cortex (hinter der Stirn) und dieses ist sehr wohl Teil der Großhirnrinde. Es bewertet Dinge, Personen, Situationen usw. daraufhin ob sie "gut" oder "schlecht" für uns sind aufgrund von Erfahrungen, die wir damit früher gemacht haben, und aufgrund des emotionalen Kontextes dieser früheren Erfahrungen. Das Ergebnis dieser Bewertung tritt auch wieder als Emotion in unser Bewusstsein und beeinflusst unsere Entscheidungen.
In diesem Zusammenhang empfehle immer wieder gern die Serie "Geist und Gehirn" von Manfred Spitzer, die auch online als Realvideo verfügbar ist:
http://www.br-online.de/alpha/geistundgehirn/
Im speziellen die Folgen 6 und 7 (wobei das Verständnis ein wenig leidet, wenn man die Serie nicht von Anfang an sieht):
http://www.br-online.de/alpha/geistundgehirn/iframe/06.html
http://www.br-online.de/alpha/geistundgehirn/iframe/07.html
_________________ Hard work often pays off after time, but laziness always pays off now.
Zuletzt bearbeitet von kolja am 24.03.2006, 17:51, insgesamt einmal bearbeitet |
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Katatonia ...the quiet cold of late november
Anmeldungsdatum: 05.04.2005 Beiträge: 826
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(#437731) Verfasst am: 24.03.2006, 17:51 Titel: |
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Laut Hirnforscher Gehard Roth ist das Limbische System die Instanz, die in einer Handlungssituation immer das letzte Wort hat, also letztlich entscheidend ist.
In diesem Zusammenhang ein nicht uninteressantes Zitat:
David Hume hat folgendes geschrieben: | Es läuft der Vernunft nicht zuwider, wenn ich lieber die Zerstörung der ganzen Welt will als einen Ritz an meinem Finger. |
_________________ Faulheit: der Hang zur Ruhe ohne vorhergehende Arbeit. (Kant)
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#437771) Verfasst am: 24.03.2006, 19:35 Titel: |
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@Katatonia, danke für den Tipp. Hab' einen lesenswerten Artikel von Roth gefunden:
Gerhard Roth hat folgendes geschrieben: |
Verstand und Gefühle - Wem sollen wir folgen?
1. Einleitung
Der Gegensatz von Verstand und Gefühlen ist ein wichtiger Bestandteil des traditionellen Menschenbildes ebenso wie unseres Alltagslebens. Unsere Gefühle treiben uns dazu, dies oder jenes zu tun, unser Verstand rät uns davon ab - oder umgekehrt. [...]
5. Die Interaktion von Verstand und Gefühlen bei der Verhaltenssteuerung
[...] Die Letztentscheidung wird jedoch emotional getroffen; Vernunft und Verstand allein entscheiden nichts. Dies muss natürlich eine Beleidigung unseres bewussten Ichs darstellen. Dieses Ich erlebt sich bekanntlich sowohl als Quelle unserer Wünsche, Gedanken, Vorstellungen und Handlungspläne als auch als Verursacher des Handelns, soweit es um Handlungen geht, bei denen wir entsprechend das Gefühl haben, wir seien es, die dies gewollt und schließlich auch veranlasst haben.
Grundlage der Beeinflussung des Bewusstseins durch das Unbewusste im Bereich der Gefühle, Wünsche und Vorstellungen ist ein System von Faserbahnen im Gehirn, "ventrale Schleife" genannt, die vom orbitofrontalen und cingulären Cortex zu subcorticalen limbischen Zentren laufen, vor allem zum ventralen Striatum/Nucleus accumbens, von dort aus zum ventralen Pallidum und zur Substantia nigra, und von dort direkt oder über thalamische Umschaltkerne auf den orbitofrontalen und cingulären Cortex zurückkehren. Über diese ventrale Schleife wirken die unbewusst arbeitenden limbischen Zentren auf unser Bewusstsein ein, und zwar in Form des Auftauchens positiver und negativer Gefühle, Gedanken, Assoziationen und Ziele und der Stärke des Wunsches, diese zu verwirklichen.
Die genannten subcorticalen limbischen Zentren werden ihrerseits beeinflusst von der Amygala und dem mesolimbischen System als den Hauptzentren des emotionalen Erfahrungsgedächtnisses, vom Hippocampus, der zu den genannten Zuständen die kognitiven Details und den Kontext "hinzuliefert", und vom basalen Vorderhirn als dem subcorticalen Zentrum für Aufmerksamkeitssteuerung. Unsere Wünsche werden selbstverständlich auch durch Umweltreize beeinflusst, indem wir bestimmte Dinge oder Vorgänge sehen, hören, riechen usw., aber diese müssen, um echte Handlungsantriebe zu werden, auf eine günstige interne Motivationslage treffen. Viele Umweltgeschehnisse lassen den einen "völlig kalt", während sie auf den anderen höchst stimulierend wirken, und dieser Sachverhalt wird durch das individuelle emotionale Erfahrungsgedächtnis bestimmt.
Charakteristisch ist, dass die corticale Bewusstseinsebene die starke Beeinflussung durch die subcorticalen limbischen Ebenen nicht wahrnimmt oder sie gar leugnet. Entsprechend scheinen unsere Gedanken, Absichten, Wünsche und Handlungspläne von nirgendwo her aufzutauchen", sie kommen uns "plötzlich", oder wir schreiben sie uns selbst zu, d. h. dem Ich. Die Erklärung für diesen Vorgang besteht darin, dass das bewusste Ich die Herkunft dieser intentionalen Empfindungen nicht zu den subcorticalen limbischen Zentren zurückverfolgen kann. Ganz offenbar ist es dem bewussten Ich auch unerträglich, die sich selbst zugeschriebenen Handlungsweisen als "unerklärt" stehen zu lassen. Das Ich konfabuliert, d. h. es liefert - aus Sicht des Beobachters - Pseudo-Erklärungen, und zwar in der Regel solche, die dem Selbstwertgefühl und den Erwartungen der sozialen Umgebung am besten entsprechen. Die dabei unvermeidlich auftretenden Diskrepanzen zwischen Tun und verbaler Erklärung werden durch ständige Abänderungen der verbalen Erklärungen zumindest vorübergehend behoben. [...]
(Hervorhebungen wie im Original.) |
_________________ Hard work often pays off after time, but laziness always pays off now.
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Cato Der Freund der Bösen
Anmeldungsdatum: 13.08.2005 Beiträge: 970
Wohnort: Wolkenkuckucksheim
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(#438062) Verfasst am: 25.03.2006, 11:55 Titel: |
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Hm, eine entsprechende Fokussierung der Gentechnik vorausgesetzt, dürfte die Menschheit sehr bald ihrem alten Traum von ewiger Jugend und ewigen Leben näher kommen; allerdings vorerst nur in Form eines deutlich verlängerten Lebens. Dabei sind 500 Jahre doch schon ganz nett, die Frage wird dann, noch mehr als heute, sein, wie man eine sinnvolle und nachhaltige Bevölkerungsentwicklung betreiben kann. Glücklicherweise wird die Gentechnik die Reste des religiösen Obskurantismus und der damit verbundenen, widernatürlichen Irrationalität beseitigen und man wird derartige Fragen vernünftiger und vorurteilsfreier diskutieren können. Am Ende kehren wir doch zurück in die vergangenen Herrlichkeiten des SED-Regimes und müssen 18 Jahre warten, bis wir ein Kind zeugen bzw. im Labor kreieren lassen dürfen... um es also mit Luther zu sagen: "Freut euch und hüpfet".
_________________ Im Übrigen bin ich dafür, dass der Monotheismus zerstört werden muss.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#438321) Verfasst am: 25.03.2006, 21:32 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Zum Beispiel erkennt ein hinreichend komplexes Bewußtsein, daß es ein Bewußtsein auf einem Substrat ist, das mit anderen Bewußtseinen spieltheoretisch interagiert. Es entsteht ein intentionales (und emotionales?) Verhältnis zu "sich selbst" und zu anderen. |
Manchmal überraschst Du mich. |
Inwiefern? |
An dieser Stelle, deswegen:
step hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Zum Interagieren benötigen sie auch keine anderen als materielle Zutaten. | Gibt es Deiner Meinung nach überhaupt eine Interaktion zw emergenten Phänomenen? |
Man könnte die Interaktion der zugrundeliegenden Materie in diesem speziellen emergenten Kontext salopp als "Interaktion" zwischen den emergenten Phänomenen bezeichnen. In einem mesokosmischen Sinnzusammenhang, im Alltag usw. ist das möglicherweise sogar die einzige Art, wie man effizient modellieren kann. Deshalb schreite ich auch nur ein, wenn jemand weiter geht und aus dieser (meist unreflektierten) Tatsache eine Ontologie des Immateriellen bastelt.
gruß/step |
Es ist eine Nuance. Bisher hast Du peinlich darauf geachtet, dem Bewußtsein nicht den Status einer Entität zukommen zu lassen.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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