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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#509925) Verfasst am: 28.06.2006, 00:32 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ist das eine traditionell- absolute Moral? |
Jedwede Moral ist entweder eine Absolutsetzung oder Heuchelei. Denn was steckt hinter JEDER Moral? Eine Meinung oder ein Geschmack! Man empfindet Mitleid, Sympathie oder ähnliches und bezeichnet dasjenige Verhalten, welches diesen Gefühlen am ehesten entspricht mit dem Wort "moralisch" und jenes, welches ihm zuwiderläuft mit dem Wort "unmoralisch". Um seine eigenen Meinungen zu untermauern und gegen andere durchzusetzen zimmert man sich sodann abstrakte und sinnentleerte Konstrukte wie "Menschwürde" zusammen. Ohne Moral zu leben hieße aufrichtig zu leben, im offenen Wettstreit der Geschmäcker. Das setzt natürlich ein großes Maß an Toleranz gegenüber Andersdenkenden voraus. Dass der Großteil der Menschen dazu in der Lage ist, wage ich zu bezweifeln, weshalb moralinsaure Phrasen für den Erhalt der gesellschaftlichen Ordnung meiner Meinung nach durchaus ihre Berechtigung haben.
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#509935) Verfasst am: 28.06.2006, 00:47 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ist das eine traditionell- absolute Moral? |
Jedwede Moral ist entweder eine Absolutsetzung |
Stimmt ja überhaupt nicht. Schon mal was von Kohlberg oder Piaget gehört?
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#509946) Verfasst am: 28.06.2006, 00:59 Titel: |
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Evilbert hat folgendes geschrieben: | Zumsel hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ist das eine traditionell- absolute Moral? |
Jedwede Moral ist entweder eine Absolutsetzung |
Stimmt ja überhaupt nicht. Schon mal was von Kohlberg oder Piaget gehört? |
Gehört ja. Wenn du auf meinen Beitrag eingehen willst, dann tu das bitte ausführlich. Im Übrigen habe ich zum Absolutheitsanspruch noch eine Alternative genannt.
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#509955) Verfasst am: 28.06.2006, 01:15 Titel: |
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Moral kann man nicht messen udn man kann auch keine moralischen Grundsätze aufstellen wie die Zehn Gebote. Na gut, das kann man zwar schon, aber es ist albern, weil das Leben viel zu komplex ist, um es auf solch einfache 10 Grundsätze zu reduzieren. Hochentwickelte Moral bedeutet aber stest, eine "Einzefallüberprüfung" durchzuführen.Das zuzugeben ist mitttlerweile selbst die trockene Juristerei in der Lage, auch wenn sie es in der Praxis kaum durchhält
Deine Alternative lautet "Toleranz". Und das ist eine falsche Antwort, denn falsche Entscheidungen, schlechte Werte sollte man nicht tolerieren.
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Morrigan - der große Rabe Gast
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(#509960) Verfasst am: 28.06.2006, 01:19 Titel: |
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Evilbert hat folgendes geschrieben: | Moral kann man nicht messen udn man kann auch keine moralischen Grundsätze aufstellen wie die Zehn Gebote. Na gut, das kann man zwar schon, aber es ist albern, weil das Leben viel zu komplex ist, um es auf solch einfache 10 Grundsätze zu reduzieren. Hochentwickelte Moral bedeutet aber stest, eine "Einzefallüberprüfung" durchzuführen.Das zuzugeben ist mitttlerweile selbst die trockene Juristerei in der Lage, auch wenn sie es in der Praxis kaum durchhält
Deine Alternative lautet "Toleranz". Und das ist eine falsche Antwort, denn falsche Entscheidungen, schlechte Werte sollte man nicht tolerieren. |
Und wer bestimmt "was" schlechte Werte sind? Es gibt Kulturen, die halten zb die Kindstötung für absolut legal und hoch moralisch, unser einem kommt's da hoch. Die jeweilige Gesellschaft/Kultur bestimmt was "Moral, Ethik, bzw. gute/schlechte Werte" sind. Es gibt keine "absoluten richtigen Werte", die für alle gelten. Vielleicht wird sich das ja mal ändern... Wer weis?!
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#509965) Verfasst am: 28.06.2006, 01:25 Titel: |
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Evilbert hat folgendes geschrieben: | Deine Alternative lautet "Toleranz". Und das ist eine falsche Antwort, denn falsche Entscheidungen, schlechte Werte sollte man nicht tolerieren. |
"Schlecht" ist bereits eine moralische Wertung. Du bewertest den Wert einer Moral also mithilfe einer Moral. Letztendlich läuft es immer auf den persönlichen Geschmack hinaus. Was dem persönlichen Empfinden zuwiderläuft ist unmoralisch. Dies zuzugeben wäre aufrichtig. Es zu verschleiern verheuchelt. Die Alternative ist der Glaube an eine absolute Moral. Das war die Aussage meines Beitrags. Um konkrete Inhalte bestimmter Moralsysteme ging es gar nicht.
Im übrigen bin ich, wie schon angedeutet, der Überzeugung, dass eine Gesellschaft ohne ein gewisses Maß an Heuchelei nicht lebensfähig ist.
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#509978) Verfasst am: 28.06.2006, 01:49 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | Evilbert hat folgendes geschrieben: | Deine Alternative lautet "Toleranz". Und das ist eine falsche Antwort, denn falsche Entscheidungen, schlechte Werte sollte man nicht tolerieren. |
"Schlecht" ist bereits eine moralische Wertung. Du bewertest den Wert einer Moral also mithilfe einer Moral. Letztendlich läuft es immer auf den persönlichen Geschmack hinaus. Was dem persönlichen Empfinden zuwiderläuft ist unmoralisch. Dies zuzugeben wäre aufrichtig. Es zu verschleiern verheuchelt. Die Alternative ist der Glaube an eine absolute Moral. Das war die Aussage meines Beitrags. Um konkrete Inhalte bestimmter Moralsysteme ging es gar nicht.
Im übrigen bin ich, wie schon angedeutet, der Überzeugung, dass eine Gesellschaft ohne ein gewisses Maß an Heuchelei nicht lebensfähig ist. |
Also in Deiner Kritik an meinem Geschreibsel haste recht, Und Deinen letzten Satz untershreib ich voll.
Dennoch "läuft es nicht immer auf den persönlichen Geschmack hinaus" bei Urteilen über (un-)moralisches Verhalten.
Verhalten ist wirklich immer im Einzelfall zu bewerten unter besonderer Berücksichtigung der individuellen Motivation. Das kennt doch wohl jeder schon aus eigener Erfahrung als Kind., Stichwort Notlüge. Ein Lüge kann echt fies und hinterhältig sein oder aber auch das Beste, was dem Gegenüber passieren kannn.
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#509985) Verfasst am: 28.06.2006, 02:06 Titel: |
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Morrigan - der große Rabe hat folgendes geschrieben: |
Und wer bestimmt "was" schlechte Werte sind? Es gibt Kulturen, die halten zb die Kindstötung für absolut legal und hoch moralisch, unser einem kommt's da hoch. Die jeweilige Gesellschaft/Kultur bestimmt was "Moral, Ethik, bzw. gute/schlechte Werte" sind. Es gibt keine "absoluten richtigen Werte", die für alle gelten. Vielleicht wird sich das ja mal ändern... Wer weis?!  |
Entscheidungsmaßstäbe und Werte sollte jeder für weitgehend sich selbst bestimmen und sollten nicht vorrangig kulturell vorgegeben sein, sondern nur gesetzlich geregelt.
Es existieren doch zahlreiche Beispiele, wie das mit de Problemschwangerschaft, wo Arzt nur entweder das Kind oder die Mutter retten kann. Oder die Planke des Karneades etc. etc.
Auf keinen Fall darf man sowas verabsolutieren und für alle Zeiten gültig vorschreiben.
Kindstötungen könnten beispielsweise ja in einem apokalyptischen, bisher nie dagewesenen Horrorszenario sinnvoll sein.
Gerade deshalb plädiere ich ja nachdrücklich für eine möglichst individuelle Bewertung der Umstände und nicht für Pauschalregelungen, und ich muss sagen, dass ich mit dem heutigen Rechtssystem da einigermaßen zufrieden bin.
Mit den zehn Geboten wäre ich es ganz und gar nicht.
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Deus ex Machina registrierter User
Anmeldungsdatum: 14.03.2006 Beiträge: 789
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(#509987) Verfasst am: 28.06.2006, 02:16 Titel: Re: Das künstliche Ich. |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Also: wenn eines meiner Kinder mir sagt: "Ich habe große Bauchschmerzen", dann sage ich ihm: "Du hast jetzt den Boden der empirischen Relevanz verlassen. Dein Satz entbehrt der Bedeutsamkeit und der Sinnhaftigkeit."? |
Sorry Agent, ich halte Dich für einen der User mit der allerhöchsten Diskussionskultur in diesem Forum (jedenfalls höher als meine), aber dass Du nun einen Strohmann attackiertst und mit einem leidenden Kind auf die Tränendrüse drückst ist für die Diskussion nicht gerade förderlich. Nun gut, ich will Dir natürlich keine Absicht unterstellen.
Du willst nicht, dass dein Kind Bauchschmerzen hast, Dein Kind will das auch nicht, also hilfst Du deinem Kind. Ganz einfach. Ich sehe nicht, wie Du aus meinem Posting etwas Gegenteiliges herauslesen kannst.
Zitat: | Ich kann natürlich nicht beweisen, dass diese Schmerzen wirklich vorhanden sind. |
Was bedeutet "wirklich vorhanden"? Dass Dein Kind Schmerzen hat, sie wahrnimmt, darunter leidet, darüber klagen kann? Doch, das kannst Du beweisen.
Zitat: | Hmm, ich denke nicht. Ein Programm alleine kann niemals über die Fähigkeiten meines Nachbarn verfügen, da mein Nachbar einen Körper hat. Ein Programm kann also höchstens über einen extrem kleinen Teil der Fähigkeiten meines Nachbarn verfügen. |
Dann beschränken wir unsere Betrachtung halt auf die kognitiven Fähigkeiten oder geben dem Programm auch einen Körper.
Zitat: | Ich habe absolut keinen Grund zu der Annahme, dass mein Nachbar Bewusstsein vortäuscht. |
Das ist wieder diese sinnleere Aussage.
Ich probiers mal anders: Angenommen, man könnte mit elektronischen Bauteilen ein menschliches Gehin komplett nachbauen, man könnte es sogar so mit dem Körper eines hirnamputierten Menschen verdrahten, dass das Gehirn den Körper steuern kann. Hätte dieses Ding nun Bewusstsein? Wenn ja, welche Schwelle wurde dabei überschritten, unterhalb derer ein Computer noch kein Bewusstsein hat? Wenn nein, worin besteht der Unterschied zu einem "normalen" Menschen?
Zitat: | Ich habe aber Grund zu der Annahme, dass bestimmte Computerprogramme Bewusstsein vortäuschen, da diese Programme von Menschen konstruiert wurden. Mein Nachbar ist meines Wissens nach nicht konstruiert worden. Das kann ich nicht beweisen, ebensowenig, dass er wirklich ein Bewusstsein hat. |
Dann hat also das Bewusstsein, was nicht von Menschenhand gemacht wurde? Nein, das hast Du natürlich nicht gemeint. Den Satz, dass ein Programm Bewusstsein vortäuscht, verwenden wir ja in dem Sinne, dass z.B. ELIZA den Sinn der Sätze nicht wirklich erfasst, sondern nur auf Schlüsselwörter reagiert. Hier hat er Sinn, in dem von dir verwendeten Zusammenhang nicht.
Zitat: | Das kann ich nicht beweisen, ebensowenig, dass er wirklich ein Bewusstsein hat. |
Das Wort "wirklich" hat nicht umsonst denselben Worstamm wie "wirken". Wenn es nicht prinzipiell möglich ist, empirisch zu überprüfen, ob Dein Nachbar "wirklich" Bewusstsein hat, sagt der Satz nichts aus, ist irrelevant.
Doch, er ist von ethischem Interesse, wirst Du einwenden.
Vielleicht leben in meinem Garten Menschen, die unsichtbar, unfühlbar, masselos, usw. sind. Jedes mal, wenn ich mit der Faust auf den Tisch schlage, stirbt einer von ihnen. Ich kann nicht 100%ig sicher sein, dass es diese Menschen nicht gibt. Folglich darf ich nicht mehr auf den Tisch hauen. Oder?
Zitat: | Deus ex Machina hat folgendes geschrieben: | Ich formuliere meine Kernaussage nochmals anders: Was Du hier nachweisen willst, ist prinzipiell nicht nachweisbar, auch bei Menschen nicht. |
Nun, 100% mag es nicht nachweisbar sein. |
Nein, nicht "nicht 100%". Überhaupt nicht. Es ist aber auch egal, ob ein Mensch Bewusstsein in dem von Dir verwendeten Sinne hat oder nicht. Ebenso egal wie die Frage, ob es diese nicht wahrnehmbaren Menschen in meinem Garten gibt.
Was spricht denn dagegen, dass eine Sandburg Bewusstsein hat, da Du den Begriff nicht an bestimmten Fähigkeiten festmachen willst? Man kann doch Deiner Argumentation folgend weder bei einem Menschen noch bei einer Sandburg 100%ig sicher sein, ob sie Bewusstsein haben oder nicht, folglich ist es falsch, eine Sandburg zu zerstören.
Eigentlich kann ich mich nur wiederholen.
Wenn Du die Aussage "X hat ein Bewusstsein" über empirisch überprüfbare Fähigkeiten von X definierst, gibt es kein Problem. Man kann eindeutig feststellen, ob X ein Bewusstsein hat.
Wenn Du die Aussage "X hat ein Bewusstsein" nicht über empirisch überprüfbare Fähigkeiten von X definieren willst, wird die Aussage bedeutungslos und man kann zu so absurden Schlussfolgerungen kommen, wie oben beschrieben.
Eigentlich genügt es, wenn Du hier antwortest, den Rest des Postings kanns Du von mir aus ignorieren.
Wenn Du es damit nicht einsiehst, hat es wohl keinen Sinn, die Diskussion weiterzuführen. (Wobei mir klar ist, dass aus Deiner Sicht ich derjenige bin, der es nicht einsehen will, ich will nicht für mich beanspruchen, die Wahrheit gepachtet zu haben.)
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#510182) Verfasst am: 28.06.2006, 13:05 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ist das eine traditionell- absolute Moral? |
Jedwede Moral ist entweder eine Absolutsetzung oder Heuchelei. Denn was steckt hinter JEDER Moral? Eine Meinung oder ein Geschmack! |
Selbstverständlich, Moral ist subjektiv.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Man empfindet Mitleid, Sympathie oder ähnliches und bezeichnet dasjenige Verhalten, welches diesen Gefühlen am ehesten entspricht mit dem Wort "moralisch" und jenes, welches ihm zuwiderläuft mit dem Wort "unmoralisch". |
Nein, das ist eher ungebräuchlich. Man bezeichnet es als eine gute oder eine schlechte Handlung.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Ohne Moral zu leben hieße aufrichtig zu leben, im offenen Wettstreit der Geschmäcker. |
Moral ist für mich der persönliche Bewertungsmaßstab für Handlungen von Menschen. Daher kann man nicht ohne Moral leben, denn leben heißt gleichzeitig auch bewerten. Ein Leben ohne Bewertung kann ich mir nicht vorstellen.
Eine alte Frau wegen ihres Geldes niederschlagen? Gut oder schlecht oder scheißegal?
Ein Kind zum Spaß töten? Gut oder schlecht oder scheißegal?
Diese Handlungen zu beurteilen, heißt moralisch zu werten. Dabei meine ich nicht, dass nur eine bestimmte Wertung die richtige sei, es mag Menschen geben, die unterschiedlich werten, aber nur wenn man hier die Option "scheißegal" wählt, wertet man nicht und lebt somit ohne Moral. Kann ich mir nicht vorstellen, dass es so jemanden gibt.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#510255) Verfasst am: 28.06.2006, 14:16 Titel: Re: Das künstliche Ich. |
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Deus ex Machina hat folgendes geschrieben: | Wenn Du die Aussage "X hat ein Bewusstsein" über empirisch überprüfbare Fähigkeiten von X definierst, gibt es kein Problem. Man kann eindeutig feststellen, ob X ein Bewusstsein hat.
Wenn Du die Aussage "X hat ein Bewusstsein" nicht über empirisch überprüfbare Fähigkeiten von X definieren willst, wird die Aussage bedeutungslos und man kann zu so absurden Schlussfolgerungen kommen, wie oben beschrieben. |
Ich kann Dir nicht erklären, was genau ein Bewusstsein ist, wie man es definiert und wie man ein Wesen mit einem Bewusstsein von einem Wesen ohne Bewusstsein unterscheiden kann.
Das bedeutet aber nicht, (so wie Du hier zu schließen scheinst), dass ein Bewusstsein irrelevant ist. Das ist es nämlich keineswegs.
Nehmen wir an, wir könnten eine Maschine bauen, die den Turing- Test besteht, d.h. sie verhielte sich exakt so, wie man es von einem Menschen erwarten könnte. Hätte sie deswegen ein Bewusstsein, hätte sie Empfindungen, so wie Menschen?
Nein, aus dem gleichen Verhalten bei Ein- und Ausgabe würde das nicht automatisch folgen, d.h. man kann sich ein System vorstellen, das genau so wie ein Mensch reagiert aber nicht so wie ein Mensch fühlt und empfindet.
Mein Beispiel mit dem Kind, das sagt: "Ich habe Bauchschmerzen", sollte übrigens nicht auf die Tränendrüse drücken. Es ging mir darum, dass subjektive Empfindungen für uns relevant sind und auch darum, dass wir diese bei anderen nur durch Indizien wahrnehmen können. Das Kind könnte auch lügen, damit es nicht in die Schule gehen muss und also in Wirklichkeit gar keine Schmerzen haben.
Einer Maschine, die den Turing- Test besteht, die also eine gewisse Intelligenz besäße, hätte deswegen noch lange kein Bewusstsein und keine Gefühle. Ohne diese beiden Dinge aber kann eine Maschine mMn kein ethisches Subjekt sein. Wenn jemand nur sagt: "Ich habe Schmerzen", ist es eben etwas anderes, als wenn er wirklich Schmerzen hat.
Für dich mag das nun unbefriedigend sein, Du möchtest gerne Dingen, die nicht empirisch feststellbar sind, die Sinnhaftigkeit und Relevanz absprechen. Das geht aber bei dieser Frage, ob es ein künstliches "Ich" geben kann, nicht. Denn für das Ich sind die persönliche Wahrnehmung und das persönliche Empfinden Grundvoraussetzung.
Mit anderen Worten: auch wenn ich die Persönlichkeit des Gegenübers (Mensch oder Android) nicht messen und letztendlich nicht beweisen kann, spielt sie dennoch für mich eine grundlegende Rolle für die Bewertungen meiner Handlungen sie betreffend. Ich finde es falsch, einen Menschen einfach so zu töten, aber ich finde es nicht falsch, eine Maschine ohne Bewusstsein einfach so auszuschalten und zu zerlegen.
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#510483) Verfasst am: 28.06.2006, 17:23 Titel: |
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Evilbert hat folgendes geschrieben: | Dennoch "läuft es nicht immer auf den persönlichen Geschmack hinaus" bei Urteilen über (un-)moralisches Verhalten. |
Da hast du Recht. Gewisse moralische Grundsätze werden uns anerzogen und finden dann auch ohne ein entsprechendes Gefühl Anwendung, ganz einfach deshalb, weil die meisten Menschen zu faul sind einmal Gelerntes zu hinterfragen oder sich schlicht opportunistisch verhalten. So fühlen sich zum Beispiel viele Menschen genötigt, bei jeder Schreckensmeldung die sie hören oder sehen ein melancholisches: "ach, wie furchtbar" auszustoßen. Ein guter Mensch muss sich eben immer betroffen ob des Unglücks Anderer zeigen. Aber diese Abrichtung hat ja auch durchaus ihre guten Seiten.
Evilbert hat folgendes geschrieben: | Verhalten ist wirklich immer im Einzelfall zu bewerten unter besonderer Berücksichtigung der individuellen Motivation. Das kennt doch wohl jeder schon aus eigener Erfahrung als Kind., Stichwort Notlüge. Ein Lüge kann echt fies und hinterhältig sein oder aber auch das Beste, was dem Gegenüber passieren kannn. |
Ja, aber eine entsprechende Bewertung kann nur dann erfolgen, wenn du einen konkreten Maßstab für moralisches Verhalten erstellt hast. Zum Beispiel: Das Maß, das dem Anderen meinetwegen an Positiven widerfährt mal dem Maß, das ich selbst durch diese Handlung an Negativem für mich in Kauf nehme = moralischer Grad der Handlung.
Wie sinnvoll so etwas ist mag jeder selbstr beurteilen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Nein, das ist eher ungebräuchlich. Man bezeichnet es als eine gute oder eine schlechte Handlung. |
Das ist identisch mit "moralisch" und "unmoralisch".
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Daher kann man nicht ohne Moral leben, denn leben heißt gleichzeitig auch bewerten. Ein Leben ohne Bewertung kann ich mir nicht vorstellen. |
Ich mir schon. Ich muss Menschen und ihre Handlungen nicht in Pseudo-Kategorien wie gut und böse einteilen. Sympathie und Antipathie sind da zum Beispiel viel unmittelbarerer und auch aufrichtigere Einordnungen. Moralische Wertungen sind Blendgranaten, die den eigentlichen Grund einer bestimmten Reaktion verschleiern.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Eine alte Frau wegen ihres Geldes niederschlagen? Gut oder schlecht oder scheißegal?
Ein Kind zum Spaß töten? Gut oder schlecht oder scheißegal? |
Nichts von alledem: Es ist gesetzeswidrig, mitleidlos, unsympathisch, gesellschaftsschädigend. All das kann gemeint sein, wenn man eine entsprechende Handlung "schlecht" nennt. Warum also den Umweg nehmen und die Sache nicht gleich beim Namen nennen? Damit man den anderen als "schlecht" brandmarken und damit sich dadurch selbst als "gut" fühlen kann?
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#510530) Verfasst am: 28.06.2006, 17:48 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Nein, das ist eher ungebräuchlich. Man bezeichnet es als eine gute oder eine schlechte Handlung. |
Das ist identisch mit "moralisch" und "unmoralisch". |
Ja, meinetwegen.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Daher kann man nicht ohne Moral leben, denn leben heißt gleichzeitig auch bewerten. Ein Leben ohne Bewertung kann ich mir nicht vorstellen. |
Ich mir schon. Ich muss Menschen und ihre Handlungen nicht in Pseudo-Kategorien wie gut und böse einteilen. Sympathie und Antipathie sind da zum Beispiel viel unmittelbarerer und auch aufrichtigere Einordnungen. Moralische Wertungen sind Blendgranaten, die den eigentlichen Grund einer bestimmten Reaktion verschleiern. |
Nein, Menschen muss man nicht in Kategorien einteilen. Das hat auch niemand verlangt. Bestimmte Handlungen jedoch kann und muss man bewerten. Wer sympathisch und wer unsympathisch ist, hat damit gar nichts zu tun, das ist sogar eher wieder eine Einteilung des Menschen in Kategorien.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Eine alte Frau wegen ihres Geldes niederschlagen? Gut oder schlecht oder scheißegal?
Ein Kind zum Spaß töten? Gut oder schlecht oder scheißegal? |
Nichts von alledem: Es ist gesetzeswidrig, mitleidlos, unsympathisch, gesellschaftsschädigend. All das kann gemeint sein, wenn man eine entsprechende Handlung "schlecht" nennt. Warum also den Umweg nehmen und die Sache nicht gleich beim Namen nennen? |
Hmm, ich sehe den Unterschied jetzt nicht so ganz. Auch Du teilst also Handlungen in Kategorien ein, Du nennst sie nur anders. Gemeinsam haben sie aber die moralische Wertung "schlecht". Jede Wertung einer Handlung als "schlecht" kann wohl weiter unterteilt werden, so wie Du es vorschlägst, aber das macht keinen Unterschied in der Bewertung.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Damit man den anderen als "schlecht" brandmarken und damit sich dadurch selbst als "gut" fühlen kann? |
Davon war nicht die Rede. Es geht nur darum, dass man moralische Maßstäbe anwendet, wenn man Handlungen wertet. Das ist alles. Egal ist dabei, ob man den Überbegriff "schlecht" verwendet oder die Handlung genauer als gesellschaftsschädigend (das ist also "schlecht") oder mitleidlos (das ist also ebenfalls "schlecht") oder gesetzeswidrig bezeichnet.
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Deus ex Machina registrierter User
Anmeldungsdatum: 14.03.2006 Beiträge: 789
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(#510698) Verfasst am: 28.06.2006, 19:52 Titel: Re: Das künstliche Ich. |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich kann Dir nicht erklären, was genau ein Bewusstsein ist, wie man es definiert und wie man ein Wesen mit einem Bewusstsein von einem Wesen ohne Bewusstsein unterscheiden kann. |
Du erlebst die Welt aus Deiner Innenperspektive. Den, sagen wir mal: Bildschirm, auf dem sich der Film Deiner Wahrnehmungen abspielt, nennst Du Bewusstsein. Den Bildschirm eines anderen Menschen kannst Du aber prinzipiell nicht wahrnehmen. Bei einem anderen Menschen kannst Du nur neuronale Zustände oder den Ausdruck derselben über die für die menschliche Kommunikation geschaffenen Wege wie Sprache, Mimik und Gestik festsellen. Du schliesst, dass es bei bestimmten nicht klar definierbaren neuronalen Zuständen und Ausdrücken derselben "wahrscheinlicher" ist, dass es einen solchen Bildschirm "gibt". Dafür gibt es jedoch keinen Grund. Alles, was es gibt, sind nunmahl die neuronalen Zustände. Etwas, was existiert, aber nicht wahrnehmbar ist, exisitiert nicht. Zudem konntest Du noch keinen Grund angeben, warum Du ziemlich sicher bist, dass es bei einem Menschen einen solchen Bildschirm gibt (obwohl Du noch nie etwas davon feststellen konntest), bei einem PC aber nicht.
Zitat: | Nehmen wir an, wir könnten eine Maschine bauen, die den Turing- Test besteht, d.h. sie verhielte sich exakt so, wie man es von einem Menschen erwarten könnte. Hätte sie deswegen ein Bewusstsein, hätte sie Empfindungen, so wie Menschen? |
Das erstere ist eine Frage der Definition, die zweite Frage hängt von den Umständen ab: Beruht die Maschine auf ähnlichen Schaltungen wie heutige Computer, kann man die Frage eindeutig mit Nein beantworten. Je ähnlicher jedoch die Struktur der Maschine der neuronalen einese menschlichen wird, desto ähnlicher sind auch die Empfindungen dieser "Maschine".
Zitat: | Nein, aus dem gleichen Verhalten bei Ein- und Ausgabe würde das nicht automatisch folgen, d.h. man kann sich ein System vorstellen, das genau so wie ein Mensch reagiert aber nicht so wie ein Mensch fühlt und empfindet. |
Ja, natürlich. Wenn wir feststellen, dass das Programm rein im übertragenden Sinne mechanisch nach einem vorgegebenen Algorithmus arbeitet, "empfindet" es auch nicht so wie ein Mensch. Modelliert man jedoch mit elektronischen Bauteilen ein menschliches Gehirn, so sind auch die Gefühle und Empindungen die gleichen, wie bei einem Menschen.
Zitat: | Es ging mir darum, dass subjektive Empfindungen für uns relevant sind und auch darum, dass wir diese bei anderen nur durch Indizien wahrnehmen können. Das Kind könnte auch lügen, damit es nicht in die Schule gehen muss und also in Wirklichkeit gar keine Schmerzen haben. |
Ja! Das ist genau der Punkt! Was Du indizienmässig feststellen kannst und was man verschleiern kann, ist der neuronale Zustand des Gehirnes und dieser sind für uns selbstredend relevant. Aber Du scheinst zu glauben, dass es da noch irgendetwas dahinter gibt, obwohl Du davon noch nie irgendetwas feststellen konntest, obwohl es für dessen Existenz genau so wenig Gründe gibt, wie für die Existenz der nicht wahrnehmbaren Menschen in meinem Garten. Denn die Gefühlsausdrücke und Sätze Deines Kindes sind ausschliesslich Indizien für seinen neuronalen Zustand und nicht für das, was du "Bewusstsein" nennst. Ansonsten müsste das "Bewusstsein" ja irgendwie auf den Sprechappart des Kindes einwirken.
Zitat: | Wenn jemand nur sagt: "Ich habe Schmerzen", ist es eben etwas anderes, als wenn er wirklich Schmerzen hat. |
Ja, aber der Unterschied zwischen einem Programm und einem Kind, die beide sagen "Ich habe Schmerzen", ist überprüfbar.
Du sprichst vom Unterschied zwischen einem Kind, das sagt "Ich habe Bauchschmerzen", diese aber vortäuscht und einem Kind, das sagt "Ich habe Bauchschmerzen" und diese auch wirklich hat. Dieser Unterschied ist trivial, darüber müssen wir nicht diskutieren.
Nur ein Scheinunterschied ist dagegen der, zwischen einem Kind, das sagt "Ich habe Bauchschmerzen", wirklich Bauchschmerzen hat, aber kein "Bewusstsein hat" und einem ebensolchen, das aber "Bewusstsein hat". Diese Unterscheidung ist ebenso so sinnlos, wie diejenige ob die nicht-wahrnehmbaren Menschen in meinem Garten leben oder nicht.
Siehst Du den Unterschied zwischen den beiden Unterschieden? Du behauptest, dass die zweite Unterscheidung relevant ist, begründest dies aber mit der ersteren. Wenn Du es nicht verstehst, lies es nochmal durch.
Zitat: | Für dich mag das nun unbefriedigend sein, Du möchtest gerne Dingen, die nicht empirisch feststellbar sind, die Sinnhaftigkeit und Relevanz absprechen. Das geht aber bei dieser Frage, ob es ein künstliches "Ich" geben kann, nicht. Denn für das Ich sind die persönliche Wahrnehmung und das persönliche Empfinden Grundvoraussetzung. |
Eben nur so weit, wie die Worte "persönliche Wahrnehmung und persönliches Empfinden" einen konkreten Sinn haben.
Zitat: | Ich finde es falsch, einen Menschen einfach so zu töten, aber ich finde es nicht falsch, eine Maschine ohne Bewusstsein einfach so auszuschalten und zu zerlegen. |
Weil Du erstens kein Mitleid mit Maschinen empfinden kannst, zweitens nie in die Situation kommen wirst, eine getötete Maschine zu sein und drittens das Auschalten einer Maschine keine für die menschliche Gesellschaft schädlichen Folgen hat.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#510796) Verfasst am: 28.06.2006, 21:43 Titel: Re: Das künstliche Ich. |
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Deus ex Machina hat folgendes geschrieben: | Etwas, was existiert, aber nicht wahrnehmbar ist, exisitiert nicht. |
Jedes Bewusstsein ist wahrnehmbar, aber eben nur durch das Subjekt selber. Deswegen existiert es, obwohl man es vielleicht von außen nicht verifizieren kann.
Deus ex Machina hat folgendes geschrieben: | Zudem konntest Du noch keinen Grund angeben, warum Du ziemlich sicher bist, dass es bei einem Menschen einen solchen Bildschirm gibt (obwohl Du noch nie etwas davon feststellen konntest), bei einem PC aber nicht. |
Ich nehme an, dass andere Menschen ebenso empfinden wie ich. Dafür mag es keinen Grund geben, deswegen ist es einfach ein Prämisse von mir, eine Prämisse, die ich aus meinen Erfahrungen getroffen habe und die wichtig für mein Weltbild ist. Ich bin mir dessen durchaus bewusst. Würde ich das nicht anehmen, wäre ich Solipsist.
Bei einem PC nehme ich übrigens nicht prinzipiell an, dass er kein Bewusstsein haben könnte. Theoretisch könnte er das vielleicht in der Zukunft irgendwann einmal haben.
Deus ex Machina hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Nehmen wir an, wir könnten eine Maschine bauen, die den Turing- Test besteht, d.h. sie verhielte sich exakt so, wie man es von einem Menschen erwarten könnte. Hätte sie deswegen ein Bewusstsein, hätte sie Empfindungen, so wie Menschen? |
Das erstere ist eine Frage der Definition, die zweite Frage hängt von den Umständen ab: Beruht die Maschine auf ähnlichen Schaltungen wie heutige Computer, kann man die Frage eindeutig mit Nein beantworten. Je ähnlicher jedoch die Struktur der Maschine der neuronalen einese menschlichen wird, desto ähnlicher sind auch die Empfindungen dieser "Maschine". [...] Wenn wir feststellen, dass das Programm rein im übertragenden Sinne mechanisch nach einem vorgegebenen Algorithmus arbeitet, "empfindet" es auch nicht so wie ein Mensch. Modelliert man jedoch mit elektronischen Bauteilen ein menschliches Gehirn, so sind auch die Gefühle und Empindungen die gleichen, wie bei einem Menschen. |
Nein, dieser Schluss ist mMn nicht folgerichtig. Man weiß heute einfach nicht, ob es irgend wann einmal möglich sein wird, ein Bewusstsein künstlich herzustellen, d.h. ob wir mit einem künstlichen neuronalen Netz ein menschliches Gehirn exakt simulieren können. Vielleicht, vielleicht aber auch nicht.
Es wird mMn eher möglich sein, eine Maschine zu konstruieren, die den Turing- Test besteht, was aber einfach nur heißt, dass sie so reagiert wie ein Mensch.
Jedoch muss diese Maschine keine Gefühle haben, keine Wahrnehmung, kein Selbstbewusstsein. Sie muss einfach nur bei einer bestimmten Eingabe eine sinnvolle Ausgabe liefern. Ein Bewusstsein ist dafür nicht notwendig. Man nennt das übrigens die Erklärungslücke.
Oder mal anders gesagt: es ist denkbar (theoretisch, als Gedankenmodell), eine Maschine zu konstruieren, die Intelligenz besitzt und die selbstständig agiert (in dem Sinne, wie das Menschen tun). Eine Maschine also, in der nicht nur vorgefertigte Routinen ablaufen, sondern die, wie der Mensch, sich auf neue Situationen einstellen kann und aus diesen neuen Situationen lernen kann. Diese Maschine könnte von außen betrachtet genau so agieren wie ein Mensch, aber um das zu tun, wäre ein Bewusstsein nicht zwingend notwendig. Diese Maschine wäre gewissermaßen ein "Zombie".
Deus ex Machina hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Wenn jemand nur sagt: "Ich habe Schmerzen", ist es eben etwas anderes, als wenn er wirklich Schmerzen hat. |
Ja, aber der Unterschied zwischen einem Programm und einem Kind, die beide sagen "Ich habe Schmerzen", ist überprüfbar.
Du sprichst vom Unterschied zwischen einem Kind, das sagt "Ich habe Bauchschmerzen", diese aber vortäuscht und einem Kind, das sagt "Ich habe Bauchschmerzen" und diese auch wirklich hat. Dieser Unterschied ist trivial, darüber müssen wir nicht diskutieren.
Nur ein Scheinunterschied ist dagegen der, zwischen einem Kind, das sagt "Ich habe Bauchschmerzen", wirklich Bauchschmerzen hat, aber kein "Bewusstsein hat" und einem ebensolchen, das aber "Bewusstsein hat". Diese Unterscheidung ist ebenso so sinnlos, wie diejenige ob die nicht-wahrnehmbaren Menschen in meinem Garten leben oder nicht. |
Hmm, ich glaube nicht, dass man Schmerzen empfinden kann, ohne ein Bewusstsein zu haben. Man müsste Dein Beispiel also umformulieren: der Unterschied zwischen einer Maschine, die aufgrund ihres Programmes den Text: "Ich habe Schmerzen" ausgibt und einer Maschine, die ein Bewusstsein hat und Schmerzen empfinden kann und dieses äußert, ist durchaus fundamental.
Die erste Maschine würde ich gleich setzen mit dem weiter oben genannten Cassettenrecorder, der den Satz "Ich habe Schmerzen" gespeichert hat. Die zweite Maschine jedoch wäre durchaus ein ethisches Subjekt. Es ist dabei egal, ob ich diesen Unterschied eindeutig messen könnte oder nicht. Selbst wenn diese Messung prinzipiell unmöglich wäre, würde das nichts an der Situation ändern.
Deus ex Machina hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Für dich mag das nun unbefriedigend sein, Du möchtest gerne Dingen, die nicht empirisch feststellbar sind, die Sinnhaftigkeit und Relevanz absprechen. Das geht aber bei dieser Frage, ob es ein künstliches "Ich" geben kann, nicht. Denn für das Ich sind die persönliche Wahrnehmung und das persönliche Empfinden Grundvoraussetzung. |
Eben nur so weit, wie die Worte "persönliche Wahrnehmung und persönliches Empfinden" einen konkreten Sinn haben. |
Nun, das ist das, was wir tagtäglich und ununterbrochen erleben. Unsere Sicht auf die Welt, unsere Gedanken, unsere Gefühle, unsere Wahrnehmungen.
Deus ex Machina hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Ich finde es falsch, einen Menschen einfach so zu töten, aber ich finde es nicht falsch, eine Maschine ohne Bewusstsein einfach so auszuschalten und zu zerlegen. |
Weil Du erstens kein Mitleid mit Maschinen empfinden kannst, zweitens nie in die Situation kommen wirst, eine getötete Maschine zu sein und drittens das Auschalten einer Maschine keine für die menschliche Gesellschaft schädlichen Folgen hat. |
Nein, daran liegt es nicht. Wenn, mal theoretisch angenommen, ein Gedankenspiel, es in der Zukunft möglich sein sollte, Androiden zu konstruieren, die wahrnehmen können, die Gedanken und Gefühle haben, dann würde ich diese Androiden eventuell als ethische Subjekte akzeptieren und das hätte nichts mit den von Dir aufgezählten Gründen zu tun. Es hätte eher etwas mit Empathie zu tun, mit den Skrupeln, ein Wesen mit Empfindungen und dem Selbstbewusstsein ähnlich den meinen zu töten (vielleicht wäre "terminieren" der bessere Ausdruck).
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Deus ex Machina registrierter User
Anmeldungsdatum: 14.03.2006 Beiträge: 789
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(#510825) Verfasst am: 28.06.2006, 22:06 Titel: Re: Das künstliche Ich. |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Es ist denkbar (theoretisch, als Gedankenmodell), eine Maschine zu konstruieren, die Intelligenz besitzt und die selbstständig agiert (in dem Sinne, wie das Menschen tun). Eine Maschine also, in der nicht nur vorgefertigte Routinen ablaufen, sondern die, wie der Mensch, sich auf neue Situationen einstellen kann und aus diesen neuen Situationen lernen kann. Diese Maschine könnte von außen betrachtet genau so agieren wie ein Mensch, aber um das zu tun, wäre ein Bewusstsein nicht zwingend notwendig. Diese Maschine wäre gewissermaßen ein "Zombie". |
Wir kommen einen Schritt voran. Um was zu tun wäre denn ein Bewusstsein zwingend notwendig? Woher weisst du, dass Passant X kein Zombie ist? Ist es nur einfach "unwahrscheinlich"? Ist es möglich zu überprüfen, ob ein Mensch ein Zombie ist oder nicht? Wenn nein, welchen Sinn hat dann die Unterscheidung? Wenn ja, wie?
Zitat: | Es hätte eher etwas mit Empathie zu tun, mit den Skrupeln, ein Wesen mit Empfindungen und dem Selbstbewusstsein ähnlich den meinen zu töten (vielleicht wäre "terminieren" der bessere Ausdruck). |
In etwa das habe ich mit "Mitleid" gemeint.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
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(#510885) Verfasst am: 28.06.2006, 22:37 Titel: Re: Das künstliche Ich. |
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Deus ex Machina hat folgendes geschrieben: | Um was zu tun wäre denn ein Bewusstsein zwingend notwendig? |
Um Gefühle zu empfinden, um sich in andere hinein zu versetzen, um Empathie zu empfinden.
Deus ex Machina hat folgendes geschrieben: | Woher weisst du, dass Passant X kein Zombie ist? |
Das weiß ich nicht.
Deus ex Machina hat folgendes geschrieben: | Ist es nur einfach "unwahrscheinlich"? |
Klar ist das unwahrscheinlich.
Deus ex Machina hat folgendes geschrieben: | Ist es möglich zu überprüfen, ob ein Mensch ein Zombie ist oder nicht? Wenn nein, welchen Sinn hat dann die Unterscheidung? Wenn ja, wie? |
Ein intelligentes Wesen ohne Bewusstsein, ohne Gefühle, ohne Empathie wäre mMn unterschiedlich von einem Menschen. Deswegen würde es auch Indizien dafür geben, dass dieses Wesen kein menschliches Bewusstsein hätte. Vielleicht würde man auch einen Test entwickeln können, um das herauszufinden (so was wie in "Blade Runner"). Wie dieser Test genau aussehen müsste, kann ich aber nicht sagen; auch nicht, wie zuverlässig ein solcher Test wäre.
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Deus ex Machina registrierter User
Anmeldungsdatum: 14.03.2006 Beiträge: 789
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(#510905) Verfasst am: 28.06.2006, 22:52 Titel: Re: Das künstliche Ich. |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Deus ex Machina hat folgendes geschrieben: | Um was zu tun wäre denn ein Bewusstsein zwingend notwendig? |
Um Gefühle zu empfinden, um sich in andere hinein zu versetzen, um Empathie zu empfinden. |
Folglich haben Gefühle, die Fähigkeit, sich in andere hineinzusetzen und Empathie keine neurologische Grundlage? Sonst könnte man die eintsprechenden Hirnareale bei dem Zombie ja nachbauen.
Wie nimmt das Bewusstsein deines Erachtens Einfluss auf den Körper des Menschen?
Zitat: | Deus ex Machina hat folgendes geschrieben: | Woher weisst du, dass Passant X kein Zombie ist? |
Das weiß ich nicht. |
Nach dem oben geschriebenen könnte man doch überprüfen, ob er Empathie für andere Menschen empfinden kann.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
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(#510934) Verfasst am: 28.06.2006, 23:15 Titel: Re: Das künstliche Ich. |
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Deus ex Machina hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Deus ex Machina hat folgendes geschrieben: | Um was zu tun wäre denn ein Bewusstsein zwingend notwendig? |
Um Gefühle zu empfinden, um sich in andere hinein zu versetzen, um Empathie zu empfinden. |
Folglich haben Gefühle, die Fähigkeit, sich in andere hineinzusetzen und Empathie keine neurologische Grundlage? |
Wie kommst Du darauf? Das habe ich nicht gesagt. Ich denke, dass das Bewusstsein eine neurologische Grundlage hat (oder allgemeiner: das Bewusstsein muss eine materielle Grundlage haben, seien es Neuronen oder meinetwegen auch eine heute noch unbekannte zukünftige künstliche Hardware). Jedoch denke ich auch, dass ein Bewusstsein notwendig ist, um Gefühle empfinden zu können.
Deus ex Machina hat folgendes geschrieben: | Sonst könnte man die eintsprechenden Hirnareale bei dem Zombie ja nachbauen. |
Nein, denn dazu müsste man auch das Bewusstsein nachbauen. Dann wäre der Zombie aber kein Zombie mehr.
Deus ex Machina hat folgendes geschrieben: | Wie nimmt das Bewusstsein deines Erachtens Einfluss auf den Körper des Menschen? |
Komische Frage. Verstehe ich nicht.
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#510997) Verfasst am: 29.06.2006, 00:53 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Es geht nur darum, dass man moralische Maßstäbe anwendet, wenn man Handlungen wertet. Das ist alles. Egal ist dabei, ob man den Überbegriff "schlecht" verwendet oder die Handlung genauer als gesellschaftsschädigend (das ist also "schlecht") oder mitleidlos (das ist also ebenfalls "schlecht") oder gesetzeswidrig bezeichnet. |
Das eben ist nicht egal. Das Wort "schlecht" drückt reines Moralisieren aus. Ich dagegen habe nur mögliche Feststellungen wiedergegeben, aus denen sich übrigens ganz konkrete Folgen ergeben: Wenn mir jemand unsympathisch ist, will ich mit ihm nichts zu tun haben. Gesellschaftsschädigende Handlungen sollten (auch in meinem Interesse) verboten werden. Wer sich gesetzeswidrig verhält, muss bestraft werden usw. Moralisch bewertet wird da gar nichts. Moral ist lediglich ein Instrument, um seine eigenen Meinungen bezüglich der allgemeinen Einordnung bestimmter Verhaltensweisen durchzusetzen. Wer argumentiert, Gewalt müsse in einer Gesellschaft weitgehend unterbunden und sanktioniert werden, damit diese Gesellschaft als solche überhaupt lebensfähig sei, macht damit eine recht exakte, nachvollziehbare und sinnvolle Aussage. Selbst der der bloß sagt: "Kinder ermorden gehört verboten, weil Kinder doch so süß sind" tut das noch.
Wer dagegen mit erhabener Stimme tönt: "Gewalt gegen andere Menschen ist unmoralisch und schlecht" sagt im Grunde gar nichts aus.
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Deus ex Machina registrierter User
Anmeldungsdatum: 14.03.2006 Beiträge: 789
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(#511021) Verfasst am: 29.06.2006, 01:39 Titel: Re: Das künstliche Ich. |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | ... |
...womit wir also bei des Rätsels Lösung wären. Ein, sagen wir mal "Wesen", hat genau dann Bewusstsein, wenn es über die Hardware verfügt, um Gefühle zu empfinden, um sich in andere hinein zu versetzen, um Empathie zu empfinden.
War doch gar nicht so schwer, oder?
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#511128) Verfasst am: 29.06.2006, 10:13 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Es geht nur darum, dass man moralische Maßstäbe anwendet, wenn man Handlungen wertet. Das ist alles. Egal ist dabei, ob man den Überbegriff "schlecht" verwendet oder die Handlung genauer als gesellschaftsschädigend (das ist also "schlecht") oder mitleidlos (das ist also ebenfalls "schlecht") oder gesetzeswidrig bezeichnet. |
Das eben ist nicht egal. Das Wort "schlecht" drückt reines Moralisieren aus. Ich dagegen habe nur mögliche Feststellungen wiedergegeben, aus denen sich übrigens ganz konkrete Folgen ergeben: Wenn mir jemand unsympathisch ist, will ich mit ihm nichts zu tun haben. Gesellschaftsschädigende Handlungen sollten (auch in meinem Interesse) verboten werden. Wer sich gesetzeswidrig verhält, muss bestraft werden usw. Moralisch bewertet wird da gar nichts. |
Meiner Meinung nach irrst Du hier. Fangen wir erst einmal damit an, Moral zu definieren. Moral hat zwei unterschiedliche Bedeutungen, erstens gibt es eine "öffentliche" Moral, das sind Regeln, die von außen dem einzelnen Individuum aufgedrückt werden, ohne dass sie begründet werden und hinterfragt werden dürfen. Zweitens gibt es die "persönliche" Moral, das sind persönliche Bewertungsmaßstäbe, die nicht unbedingt komplett rational hergeleitet werden können. Die Moral in der ersten Bedeutung interessiert mich hier nicht, sie ist überflüssig und sinnlos und überholt, sie sollte durch Ethik ersetzt werden.
Die Moral in der zweiten Bedeutung allerdings (die persönliche Moral) ist mMn jedem Menschen gegeben und nach seiner persönlichen Moral richten sich seine Handlungen. Wenn Du behauptest, das sei nicht so, sondern die Handlungen könnten sich nach rationalen und stets einwandfrei begründbaren Gesichtspunkten richten, so wie Du das hier tust, dann irrst Du mMn.
Du sagst, "gesellschaftsschädigendes Verhalten" und "gesetzeswidriges Verhalten" seien zwar falsch, aber keine moralische Wertung. Jetzt gibt es aber ein kleines Problem: was genau ist "gesellschaftsschädigend" und / oder "gesetzeswidrig"? Wie legt man das fest? Woher hat man die Kriterien dafür? Diese Kriterien sind mMn nicht ohne Moral herleitbar und ich denke, dass sich jeder, der etwas anderes behauptet, etwas vormacht.
Dieses sich selbst etwas vormachen funktioniert so: ich will etwas, bzw. lehne es ab und danach erst versuche ich, Argumente zu finden, die meine Meinung rational herleitbar erscheinen lassen. Aber genau genommen ist die Grundlage meine persönliche Befürwortung bzw. Ablehnung der Handlung.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Moral ist lediglich ein Instrument, um seine eigenen Meinungen bezüglich der allgemeinen Einordnung bestimmter Verhaltensweisen durchzusetzen. |
Mir ist noch nicht ganz klar, über welche Bedeutung von Moral Du redest. Falls Du die von mir oben genannte erste meinst, dann ist das geschenkt.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Wer argumentiert, Gewalt müsse in einer Gesellschaft weitgehend unterbunden und sanktioniert werden, damit diese Gesellschaft als solche überhaupt lebensfähig sei, macht damit eine recht exakte, nachvollziehbare und sinnvolle Aussage. |
Die Frage ist aber, ob eine solche Aussage als Begründung hinreichend ist.
Nehmen wir ein Beispiel. Nehmen wir einmal an, es gäbe eine Untersuchung, die ergeben würde, dass die Versklavung einer Minderheit (zum Beispiel der Dunkelhäutigen) für die Mehrheit der Gesellschaft von großem Vorteil wäre, d.h. die Summe der Vorteile würde die Summe der Nachteile bei weitem überwiegen. Welche Gründe hätte man dann noch, die Sklaverei abzulehnen?
Oder nimm mein Beispiel von Seite 6 ganz unten. Die Tötung dieser Menschen wäre von großem Vorteil für die Gesellschaft. Falls Du die Tötung ablehnst, wie würdest Du das begründen?
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Selbst der der bloß sagt: "Kinder ermorden gehört verboten, weil Kinder doch so süß sind" tut das noch. |
Das ist unzweifelhaft eine moralische Aussage.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Wer dagegen mit erhabener Stimme tönt: "Gewalt gegen andere Menschen ist unmoralisch und schlecht" sagt im Grunde gar nichts aus. |
Wenn wir mal die Polemik "mit erhabener Stimme tönen" wegnehmen, gibt es keinen Unterschied mehr zu der vorherigen Aussage. Beides sind moralische Aussagen, d.h. Meinungen, die nicht letztbegründet werden können.
Ich glaube nicht, dass wir Menschen ohne diese moralischen Aussagen auskommen, bzw. ich glaube nicht, dass das wünschenswert wäre.
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#511542) Verfasst am: 29.06.2006, 15:37 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wenn Du behauptest, das sei nicht so, sondern die Handlungen könnten sich nach rationalen und stets einwandfrei begründbaren Gesichtspunkten richten, so wie Du das hier tust, dann irrst Du mMn. |
Aber genau dies habe ich ja nicht gesagt. Vielmehr wies ich darauf hin, dass alle sog. moralischen Maxime letztendlich bloß dem persönlichen Geschmack entspringen und die Identifizierung desselben mit Begriffen wie "moralisch", "gut" und "böse" lediglich der Versuch ist zu suggerieren, hier werde mehr verkündet als bloß eine persönliche ästhetische Empfindung. Vermöge moralischer Begrifflichkeiten versucht man seine eigene subjektive Optik allgemein zu begründen, als die überlegene zu behaupten und damit sakrosankt zu machen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Du sagst, "gesellschaftsschädigendes Verhalten" und "gesetzeswidriges Verhalten" seien zwar falsch, aber keine moralische Wertung. |
Nein, ich sage eben nicht, dass sie einfach falsch sind. Ich sage nur, dass ich (wie vermutlich viele andere Menschen auch) ein Interesse daran habe, derartiges Verhalten zu unterbinden.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | was genau ist "gesellschaftsschädigend" und / oder "gesetzeswidrig"? Wie legt man das fest? |
Was gesetzeswidrig ist, ist relativ einfach zu definieren: alles, was positives Recht verletzt. "Gesellschaftsschädigend" ist da schon schwieriger zu definieren, da hier auch die Frage eine Rolle spielt, in was für einer Gesellschaft man leben will. Wenn man in einer berechenbaren, weitgehend friedlichen Gesellschaft leben will, ist ein Rechtsstaat, in der jeder verpflichtet ist, die körperliche Unversehrtheit des anderen (und damit auch meine) zu achten, nicht die schlechteste Lösung und jede Form willkürlicher Gewaltausübung damit schädlich.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Diese Kriterien sind mMn nicht ohne Moral herleitbar und ich denke, dass sich jeder, der etwas anderes behauptet, etwas vormacht. |
Aber sicher sind sie das. Etwas, das nicht ohne Moral herleitbar ist, ist unbegründet. Oder derjenige, der sich auf den moralischen Standpunkt zurückzieht, versucht, seine eigentlichen Beweggründe zu verschleiern.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Dieses sich selbst etwas vormachen funktioniert so: ich will etwas, bzw. lehne es ab und danach erst versuche ich, Argumente zu finden, die meine Meinung rational herleitbar erscheinen lassen. |
Genau dies versuchen Moralisten. Ich dagegen sage: Sprecht euch aus über eure Motive! Mitleid ist ein Motiv, Gier ist ein Motiv, Liebe ist ein Motiv, Eitelkeit ist ein Motiv, Genusssucht ist ein Motiv, Gewissensberuhigung ist ein Motiv, ästhetisches Empfinden ist ein Motiv. Moral dagegen ist kein Motiv. Die Vorstellung, man könne ohne Motiv bewusst in einer bestimmten Weise handeln, sozusagen aus einer Erkenntnis der "Idee des Guten" heraus, ist eine Hinterlassenschaft des Platonismus, welcher seine wirksamste Ausprägung im Christentum fand. Wenn man diese Idee des Guten aber wegnimmt: was bleibt dann noch von der Moral und ihren Kategorien?
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Die Frage ist aber, ob eine solche Aussage als Begründung hinreichend ist. |
Natürlich nur für all jene, die ähnliche Interessen und Empfindungen haben wie ich.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Nehmen wir ein Beispiel. Nehmen wir einmal an, es gäbe eine Untersuchung, die ergeben würde, dass die Versklavung einer Minderheit (zum Beispiel der Dunkelhäutigen) für die Mehrheit der Gesellschaft von großem Vorteil wäre, d.h. die Summe der Vorteile würde die Summe der Nachteile bei weitem überwiegen. Welche Gründe hätte man dann noch, die Sklaverei abzulehnen? |
Nur einige Beispiele: Mitleid mit den Versklavten, daraus resultierend: Gewissensbisse. Vielleicht auch Angst vor etwaigen Aufständen und sozialem Unfrieden, oder die Befürchtung, irgendwann selbst zum Sklaven werden zu können, wenn das generelle Sklavenverbot erst einmal aufgeweicht ist. Derjenige, der eine bestimmte Vorgehensweise ablehnt, wird auch wissen, warum er es tut, solange er sich nicht hinter einer Worthülse wie "Moral" verschanzt.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Das ist unzweifelhaft eine moralische Aussage. |
Tatsächlich? Wäre "Kinder töten sollte legalisiert werden, weil Kinder ätzende Nervensägen sind" auch eine moralische Aussage? Wenn nein: Warum nicht? Wenn ja: Gibt es überhaupt Handlungsmotive, die nicht moralischer Natur sind? Wenn ja: Welche? Wenn nein: Ist das Wort Moral für dich etwas anderes als ein Synonym für "die Gesamtheit der Motive eines Menschen"?
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich glaube nicht, dass wir Menschen ohne diese moralischen Aussagen auskommen, bzw. ich glaube nicht, dass das wünschenswert wäre. |
Schon möglich. Ich habe ja auch schon meine Zweifel an der Tauglichkeit der Menschen für eine nicht-verheuchelte, moralfreie Gesellschaft kundgetan. Nietzsche wusste schon, warum er vom "Übermenschen" schrieb.
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Mark_M selektiver Wiederaufnahmehemmer
Anmeldungsdatum: 14.06.2006 Beiträge: 582
Wohnort: München
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(#511557) Verfasst am: 29.06.2006, 16:08 Titel: |
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entfernt ihr euch nicht etwas vom sinn des threads ?
für die religiösen ist doch die frage : ist der mensch mehr als die summe der in ihm wirkenden masse-teilchen. denn die informationsverarbeitenden prozesse in einem gehirn können theoretisch auch auf andere art und weise nachgebildet werden, keine frage.
also bleibt zu klären ob dies automatisch bedingt daß eine inmaterielle seele für ein denkendes / fühlendes wesen nicht notwendig ist, und ob es dann auch ein gleichgestelltes , gleichbefähigtes wesen wäre oder nicht. dies sagt aber immer noch nichts über die mögliche existenz einer seele aus, und noch nichteinmal ob sich dann nicht auch automatisch auf unbekannten wegen inmateriell eine seele des computers entwickeln würde.
die moral ist eine struktur die von der evolution gebildet wurde. dieser pragmatische ansatz erlaubt doch ausreichend dieses thema erstmal aussen vor zu lassen, oder seid ihr anderer ansicht ?
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#511616) Verfasst am: 29.06.2006, 17:03 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | was genau ist "gesellschaftsschädigend" und / oder "gesetzeswidrig"? Wie legt man das fest? |
Was gesetzeswidrig ist, ist relativ einfach zu definieren: alles, was positives Recht verletzt. |
Du wirst sicher meinen Einwand an dieser Stelle erahnen können.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | "Gesellschaftsschädigend" ist da schon schwieriger zu definieren, da hier auch die Frage eine Rolle spielt, in was für einer Gesellschaft man leben will. Wenn man in einer berechenbaren, weitgehend friedlichen Gesellschaft leben will, ist ein Rechtsstaat, in der jeder verpflichtet ist, die körperliche Unversehrtheit des anderen (und damit auch meine) zu achten, nicht die schlechteste Lösung und jede Form willkürlicher Gewaltausübung damit schädlich. |
Die Gründe, die Du hast, in einer berechenbaren und weitgehend friedlichen Gesellschaft zu leben, entspringen mMn Deiner persönlichen Moral.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Diese Kriterien sind mMn nicht ohne Moral herleitbar und ich denke, dass sich jeder, der etwas anderes behauptet, etwas vormacht. |
Aber sicher sind sie das. Etwas, das nicht ohne Moral herleitbar ist, ist unbegründet. Oder derjenige, der sich auf den moralischen Standpunkt zurückzieht, versucht, seine eigentlichen Beweggründe zu verschleiern. |
Wir reden ein bisschen aneinander vorbei. Mir scheint, Du beziehst Dich immer nur auf eine öffentliche Moral, die ich ebenso ablehne wie Du.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Dieses sich selbst etwas vormachen funktioniert so: ich will etwas, bzw. lehne es ab und danach erst versuche ich, Argumente zu finden, die meine Meinung rational herleitbar erscheinen lassen. |
Genau dies versuchen Moralisten. Ich dagegen sage: Sprecht euch aus über eure Motive! Mitleid ist ein Motiv, Gier ist ein Motiv, Liebe ist ein Motiv, Eitelkeit ist ein Motiv, Genusssucht ist ein Motiv, Gewissensberuhigung ist ein Motiv, ästhetisches Empfinden ist ein Motiv. Moral dagegen ist kein Motiv. |
Nein, Moral ist kein Motiv. Moral erzeugt aber Motive. Moral ist für mich so etwas wie meine Grundeinstellung zu anderen Menschen, etwas, das mein Verhalten diesen Menschen gegenüber beeinflusst.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Die Vorstellung, man könne ohne Motiv bewusst in einer bestimmten Weise handeln, sozusagen aus einer Erkenntnis der "Idee des Guten" heraus, ist eine Hinterlassenschaft des Platonismus, welcher seine wirksamste Ausprägung im Christentum fand. Wenn man diese Idee des Guten aber wegnimmt: was bleibt dann noch von der Moral und ihren Kategorien? |
Hmm, eine "Idee des Guten" in dem Sinne, dass dieses Gute etwas Übergeordnetes sei, habe ich nicht. Das, was ich "persönliche Moral" nenne, ist zweifellos etwas subjektives, ist nur meine Einstellung, die auch nicht aus dem Nichts kommt, sondern geprägt ist von meinen Erfahrungen, der Gesellschaft und der Geschichte. Daraus folgt nicht automatisch, dass ich diese Einstellung auch von anderen verlangen kann, daraus folgen erst mal nur bestimmte Verhaltensweisen für mich selber.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Nehmen wir ein Beispiel. Nehmen wir einmal an, es gäbe eine Untersuchung, die ergeben würde, dass die Versklavung einer Minderheit (zum Beispiel der Dunkelhäutigen) für die Mehrheit der Gesellschaft von großem Vorteil wäre, d.h. die Summe der Vorteile würde die Summe der Nachteile bei weitem überwiegen. Welche Gründe hätte man dann noch, die Sklaverei abzulehnen? |
Nur einige Beispiele: Mitleid mit den Versklavten, daraus resultierend: Gewissensbisse. |
Hmm, das ist eigentlich genau das, was ich unter persönlicher Moral verstehe.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Wäre "Kinder töten sollte legalisiert werden, weil Kinder ätzende Nervensägen sind" auch eine moralische Aussage? |
Ja, natürlich.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Wenn ja: Gibt es überhaupt Handlungsmotive, die nicht moralischer Natur sind? Wenn ja: Welche? |
Moralischer Natur sind nur die Handlungen gegenüber anderen Lebewesen.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich glaube nicht, dass wir Menschen ohne diese moralischen Aussagen auskommen, bzw. ich glaube nicht, dass das wünschenswert wäre. |
Schon möglich. Ich habe ja auch schon meine Zweifel an der Tauglichkeit der Menschen für eine nicht-verheuchelte, moralfreie Gesellschaft kundgetan. Nietzsche wusste schon, warum er vom "Übermenschen" schrieb. |
Nochmal: ich halt es auch nicht für wünschenswert, auf die persönliche Moral und auf das Gewissen zu verzichten.
Auf eine öffentliche Moral dagegen kann ich ohne Probleme und gerne verzichten.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#511623) Verfasst am: 29.06.2006, 17:15 Titel: |
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Mark_M hat folgendes geschrieben: | entfernt ihr euch nicht etwas vom sinn des threads ? |
Ja.
Die Frage, was Moral ist und ob sie generell abzulehnen sei, interessiert mich aber gerade mehr als das Threadthema.
Mark_M hat folgendes geschrieben: | für die religiösen ist doch die frage : ist der mensch mehr als die summe der in ihm wirkenden masse-teilchen. |
Was für "die Religiösen" die Frage sein soll, interessiert mich nicht. MMn ist ein Mensch mehr als die Summe seiner Teilchen.
Mark_M hat folgendes geschrieben: | denn die informationsverarbeitenden prozesse in einem gehirn können theoretisch auch auf andere art und weise nachgebildet werden, keine frage. |
Klar ist das eine Frage. Theoretisch mag ja alles möglich sein, auch zum Beispiel, dass es Gott gibt. Ob es aber praktisch jemals möglich sein wird, einen Menschen nachzubauen, wissen wir mMn nicht.
Mark_M hat folgendes geschrieben: | also bleibt zu klären ob dies automatisch bedingt daß eine inmaterielle seele für ein denkendes / fühlendes wesen nicht notwendig ist, und ob es dann auch ein gleichgestelltes , gleichbefähigtes wesen wäre oder nicht. dies sagt aber immer noch nichts über die mögliche existenz einer seele aus, und noch nichteinmal ob sich dann nicht auch automatisch auf unbekannten wegen inmateriell eine seele des computers entwickeln würde. |
Diese Fragen können wir, wenn wir ehrlich sind, heute nicht beantworten. (Ich nehme mal an, Du verwendest hier "immaterieller Seele" synonym zu "Bewusstsein").
Mark_M hat folgendes geschrieben: | die moral ist eine struktur die von der evolution gebildet wurde. dieser pragmatische ansatz erlaubt doch ausreichend dieses thema erstmal aussen vor zu lassen, oder seid ihr anderer ansicht ? |
Naja, manchmal interessieren mich einfach Dinge, die nicht direkt etwas mit dem Thema zu tun haben. Finde ich aber nicht so schlimm, da im Moment das eigentliche Thema etwas eingeschlafen war.
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#511776) Verfasst am: 29.06.2006, 21:22 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Die Gründe, die Du hast, in einer berechenbaren und weitgehend friedlichen Gesellschaft zu leben, entspringen mMn Deiner persönlichen Moral. |
Nein, sie entspringen meinem Bedürfnis, durch die Stadt gehen zu können ohne ständig Angst haben zu müssen, an der nächsten Ecke von irgendwem angesprungen und zusammengeschlagen zu werden. Zudem ist eine Gesellschaft gesunder, friedlicher Menschen für mich ein angenehmerer und schönerer Anblick als ein Haufen sich gegenseitig verprügelnder Krüppel, und im Übrigen auch nützlicher
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Hmm, das ist eigentlich genau das, was ich unter persönlicher Moral verstehe. |
Aha, du verwendest das Wort "Moral" also synonym zu dem Wort "Handlungsmaxime" und erwählst das Mitleid (ähnlich wie das Christentum) zu jener Maxime die DEIN Handeln bestimmt. Die Frage von Moral und Unmoral wird also lediglich durch das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer (und zwar irgendeiner) Handlungsmaxime entschieden und nicht, wie man meinen sollte, durch die Bewertung ihres Inhaltes. Folglich handelt jeder Mensch moralisch, weil jeder Mensch nach irgendwelchen Maximen handelt. Ich sehe offen gestanden nicht ab, welchen Sinn die Verwendung dieses doch stark besetzen Wortes dann noch haben soll. Das Wort Maxime bringt die ganze Sache wesentlich besser und unmissverständlicher auf den Punkt.
Was übrigens wäre nach deiner Definition eigentlich unmoralisch? Handlungen ohne Maxime, also Affekthandlungen?
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Auf eine öffentliche Moral dagegen kann ich ohne Probleme und gerne verzichten. |
Tja, ich sehe das genau umgekehrt. Es kann durchaus nützlich, womöglich sogar notwendig sein, in einer Gesellschaft bestimmte Handlungsgrundsätze zu idealisieren. Die Begründung für ein solches Vorgehen dürfte allerdings immer zirkulär ausfallen.
Mark_M hat folgendes geschrieben: | die moral ist eine struktur die von der evolution gebildet wurde. |
Damit erklärst du alles und nichts. Du könntest das Wort "Evolution" in diesem Satz ebenso gut durch "Gott" oder "Weltgeist" ersetzen, ohne dass sich etwas Wesentliches ändern würde.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#511791) Verfasst am: 29.06.2006, 21:53 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Die Gründe, die Du hast, in einer berechenbaren und weitgehend friedlichen Gesellschaft zu leben, entspringen mMn Deiner persönlichen Moral. |
Nein, sie entspringen meinem Bedürfnis, durch die Stadt gehen zu können ohne ständig Angst haben zu müssen, an der nächsten Ecke von irgendwem angesprungen und zusammengeschlagen zu werden. Zudem ist eine Gesellschaft gesunder, friedlicher Menschen für mich ein angenehmerer und schönerer Anblick als ein Haufen sich gegenseitig verprügelnder Krüppel, und im Übrigen auch nützlicher |
Ja, Du hast recht, wenn Du nur aus dem alleinigen Grunde Menschen nicht zusammenschlägst, weil Du Dir ausrechnest, dadurch auch nicht zusammengeschlagen zu werden, dann entspricht das nicht dem, was ich Moral nenne. Moralisch wäre Dein Handeln erst dann, wenn Du auf das Zusammenschlagen auch verzichten würdest, wenn Du keinen unmittelbaren oder mittelbaren Nutzen dadurch hättest, wenn Du also einen anderen Grund dafür hättest, zum Beispiel Empathie.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Hmm, das ist eigentlich genau das, was ich unter persönlicher Moral verstehe. |
Aha, du verwendest das Wort "Moral" also synonym zu dem Wort "Handlungsmaxime" und erwählst das Mitleid (ähnlich wie das Christentum) zu jener Maxime die DEIN Handeln bestimmt. |
Nein, nicht Mitleid, sondern Empathie. Außerdem ist sie nicht alleinige Grundlage meiner Handlungen, das ist schon komplizierter. "Handlungsmaxime" gefällt mir nicht so gut, denn eine solche impliziert einen einfach darzulegenden Grundsatz, den ich aber nicht habe.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Die Frage von Moral und Unmoral wird also lediglich durch das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer (und zwar irgendeiner) Handlungsmaxime entschieden und nicht, wie man meinen sollte, durch die Bewertung ihres Inhaltes. Folglich handelt jeder Mensch moralisch, weil jeder Mensch nach irgendwelchen Maximen handelt. |
Ja, im Prinzip richtig. Allerdings bewertet der Mensch natürlich den Inhalt, auf der Grundlage seiner moralischen Maßstäbe.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Ich sehe offen gestanden nicht ab, welchen Sinn die Verwendung dieses doch stark besetzen Wortes dann noch haben soll. Das Wort Maxime bringt die ganze Sache wesentlich besser und unmissverständlicher auf den Punkt. |
Nein, finde ich nicht. Moral ist komplexer und eher Teil der gewachsenen Persönlichkeit als eine simple Handlungsmaxime, die man leicht wechseln kann.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | Was übrigens wäre nach deiner Definition eigentlich unmoralisch? Handlungen ohne Maxime, also Affekthandlungen? |
Nein, unmoralisch ist eine Handlung dann, wenn sie gegen die moralischen Grundsätze des Individuums verstößt.
Zumsel hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Auf eine öffentliche Moral dagegen kann ich ohne Probleme und gerne verzichten. |
Tja, ich sehe das genau umgekehrt. Es kann durchaus nützlich, womöglich sogar notwendig sein, in einer Gesellschaft bestimmte Handlungsgrundsätze zu idealisieren. Die Begründung für ein solches Vorgehen dürfte allerdings immer zirkulär ausfallen. |
Ich nenne das Ethik. Auch eine Ethik kann nicht letztbegründet werden, jedoch wird man an eine Ethik einen höheren Anspruch an die Offenlegung der Grundprinzipien und der daraus abgeleiteten Regeln stellen als an eine Moral. Unter einer öffentlichen Moral verstehe ich Regeln, die nicht abgeleitet und nicht hinterfragt werden.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#511835) Verfasst am: 29.06.2006, 23:07 Titel: |
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_________________ Hard work often pays off after time, but laziness always pays off now.
Zuletzt bearbeitet von kolja am 03.07.2006, 09:55, insgesamt einmal bearbeitet |
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Mark_M selektiver Wiederaufnahmehemmer
Anmeldungsdatum: 14.06.2006 Beiträge: 582
Wohnort: München
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(#512065) Verfasst am: 30.06.2006, 09:42 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Mark_M hat folgendes geschrieben: | entfernt ihr euch nicht etwas vom sinn des threads ? |
Ja.
Die Frage, was Moral ist und ob sie generell abzulehnen sei, interessiert mich aber gerade mehr als das Threadthema.
Mark_M hat folgendes geschrieben: | für die religiösen ist doch die frage : ist der mensch mehr als die summe der in ihm wirkenden masse-teilchen. |
Was für "die Religiösen" die Frage sein soll, interessiert mich nicht. MMn ist ein Mensch mehr als die Summe seiner Teilchen.
Mark_M hat folgendes geschrieben: | denn die informationsverarbeitenden prozesse in einem gehirn können theoretisch auch auf andere art und weise nachgebildet werden, keine frage. |
Klar ist das eine Frage. Theoretisch mag ja alles möglich sein, auch zum Beispiel, dass es Gott gibt. Ob es aber praktisch jemals möglich sein wird, einen Menschen nachzubauen, wissen wir mMn nicht.
Mark_M hat folgendes geschrieben: | also bleibt zu klären ob dies automatisch bedingt daß eine inmaterielle seele für ein denkendes / fühlendes wesen nicht notwendig ist, und ob es dann auch ein gleichgestelltes , gleichbefähigtes wesen wäre oder nicht. dies sagt aber immer noch nichts über die mögliche existenz einer seele aus, und noch nichteinmal ob sich dann nicht auch automatisch auf unbekannten wegen inmateriell eine seele des computers entwickeln würde. |
Diese Fragen können wir, wenn wir ehrlich sind, heute nicht beantworten. (Ich nehme mal an, Du verwendest hier "immaterieller Seele" synonym zu "Bewusstsein").
Mark_M hat folgendes geschrieben: | die moral ist eine struktur die von der evolution gebildet wurde. dieser pragmatische ansatz erlaubt doch ausreichend dieses thema erstmal aussen vor zu lassen, oder seid ihr anderer ansicht ? |
Naja, manchmal interessieren mich einfach Dinge, die nicht direkt etwas mit dem Thema zu tun haben. Finde ich aber nicht so schlimm, da im Moment das eigentliche Thema etwas eingeschlafen war. |
nö, mit inmaterieller seele meine ich nicht bewusstsein, das ist ein riesen unterschied. bewusstsein ist schnell erreichbar.
eine autoadaptive fuzzy-logic programmierung einer waschmaschine kann man schon bewusstsein nennen.
wo ist denn da die grenze ? nur das bewusstsein des menschen ist sehr gross.
erkann sogar reflektieren.
und er kann sogar über das reflektieren reflektieren !!
seid Ihr noch definieren was bewusstsein ist ?
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