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Der neoliberale Charakter

 
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AdvocatusDiaboli
Öffentlicher Mobber



Anmeldungsdatum: 12.08.2003
Beiträge: 26397
Wohnort: München

Beitrag(#516764) Verfasst am: 06.07.2006, 21:03    Titel: Der neoliberale Charakter Antworten mit Zitat

Die selbsternannten Freunde der Freiheit, die Es-gibt-keinen-anderen-Weg-Geher, die Sozialstaatskiller - welche Persönlichkeitsstruktur verbirgt sich hinter dem angesagten Idealtypus des Menschen im 21. Jahrhundert?

Mir kam der Begriff des "neoliberalen Charakters" in den Sinn, doch Google wies mich auf folgende Quelle hin: http://www.linxxnet.de/aktuell/06-12-05_neoliberaler-charakter.htm Ich war leider, oder zum Glück, nicht der erste...

Er ist schon identifiziert und analysiert... Korrekt? Oder fehlt noch etwas?

Zitat:
Der neoliberale Charakter meldet seine Dringlichkeit da an, wo die hochtechnologische Produktionsweise einen Menschentypus fordert, der die eigene Verwertung autonom organisiert. Der Kern dieser Subjektivität ist die Selbst-Fixierung als Ware. Man soll es selbst tun, und es geht ums ganze Selbst. War vor nicht so langer Zeit die Behauptung: "Der Kerl verkauft sich ja!" ein Vorwurf erster Güte, so fragt man heute: "Warum verkaufst Du Dich nicht richtig?" Der Wettlauf zur Warenförmigkeit ist das erklärte Programm des neoliberalen Charakters.

_________________
Triggerwarnung: Der toxische Addi hat gepostet. Oh, zu spät, Sie haben das schon gelesen.
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Latenight
registrierter User



Anmeldungsdatum: 17.05.2005
Beiträge: 2549

Beitrag(#516816) Verfasst am: 06.07.2006, 22:33    Titel: Antworten mit Zitat

AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
Er ist schon identifiziert und analysiert... Korrekt? Oder fehlt noch etwas?

Ich glaub nicht, dass es einen "neoliberalen Charakter gibt". Ohne dir zu nahe treten zu wollen, den Artikel find ich schon ziemlich schwafelig.

Zitat:
Der neoliberale Charakter existiert als ein System von Spaltungen im Subjekt. Er lebt im Widerspruch, existiert als Versuch, das Nicht-Integrierbare zu leben: Sei mobil, aber kümmere dich um Familie und Gemeinwesen, sei teamfähig, aber denke an dein Vorwärtskommen, konsumiere, bis die Schwarte kracht, aber sorge für das Alter vor, misstraue dem Staat, aber gehorche seinen Gesetzen, verachte das Alte, aber schätze die Traditionen, erlerne die Tugenden, aber brich die Regeln, vertraue dem Markt, aber akzeptiere seine Unberechenbarkeit, plane weitsichtig, aber riskiere stets alles. Wer diesen kategorischen Imperativen gehorcht, lebt prekär.


Sind das nicht Extreme und teils Verlockungen, zwischen denen jeder Erwerbstätige seinen Mittelweg finden muss?
Jeder, nicht nur der ominöse "neoliberale Charakter" steht vor diesen Alternativen. Interessant wäre doch, wie denn der "Neoliberale" seinen Weg typischerweise wählt.

Charakterisiert ist an dieser Stelle nichts. Mit der Aufzählung all dieser Gegensatzpaare assoziert der Leser eines und das ist Streß. Und diesem Streß wird das Label "neoliberal" angeheftet.
Das Schimpfwort wird genährt, der Schuldige identifiziert, nur unter einem "neoliberalen" Charakter kann ich mir jetzt nichts vorstellen.
Es ist nun der Übermensch, der das alles unter einen Hut bekommt und den anderen damit Komplexe macht? Oder wie muss ich das verstehen?

Zitat:
Der neoliberale Charakter ist die zeitgenössische Verfallsfigur der bürgerlichen Subjektivität. [...]Einstmals war der Kern bürgerlicher Subjektivität die Kraft, der Welt zu widerstehen. Tatsächliche Autonomie behauptete sich gegen systemische Ansprüche, Zweifel und Skepsis waren die Begegnungsformen dem Zustand der Dinge gegenüber. Der neoliberale Charakter höhlt diese Eigenart aus.

Natürlich war früher alles besser und heute ist alles schlechter. Sogar die Dummen sind Dümmer. Mit einer solchen Argumentation rennt man natürlich immer offene Türen ein. Die vom Niedergang der Gesellschaft geprägte Endzeitstimmung zieht sich wie ein Faden durch die Menschheitsgeschichte.

Aber war das Bürgertum früher mehr Subjekt als heute?
Das wage ich zu bezweifeln. Die oben genannten Gegensatzpaare sind genau Ausdruck dessen, dass der kleine Bürger heute viel mehr Entscheidungen selbst treffen muss als vor 100 Jahren oder noch früher.
Er hat erst überhaupt die materiellen Voraussetzungen um sich überhaupt dem Dilemma "Konsum vs- Vorsorge" stellen zu können.
Und war der gute alte preußische Bürger tatsächlich ein Fels individueller moralischer Integrität oder nicht doch viel mehr an die Linie angepasster braver Untertan als der Durchschnittsbürger in unserer individualistischen Kultur heute?

Und natürlich ist für diesen fiktiven moralischen Verfall verglichen mit der guten alten Zeit (wann immer die gewesen sein mag) der Schuldige schon wieder gefunden. Der "neoliberale Charakter".


Der Autor macht nichts anderes, als ein Schimpfwort zu umschreiben. Was damit eigentlich gemeint ist, hast du meiner Meinung nach recht treffend charakterisiert:
AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
Die selbsternannten Freunde der Freiheit, die Es-gibt-keinen-anderen-Weg-Geher, die Sozialstaatskiller - welche Persönlichkeitsstruktur verbirgt sich hinter dem angesagten Idealtypus des Menschen im 21. Jahrhundert?


Ich kann mit deiner Beschreibung auf jeden Fall eher einen "Typus" verbinden als mit den unverbindlichen Aussagen des Herrn Dr.
Dr Brieler macht's hier wie die Affen in Nadelstreifen. Wenig zu sagen aber das mit richtig viel heißer Luft...
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44684

Beitrag(#516824) Verfasst am: 06.07.2006, 22:40    Titel: Antworten mit Zitat

Latenight hat folgendes geschrieben:
Ich glaub nicht, dass es einen "neoliberalen Charakter" gibt.

Kommt darauf an, was man unter 'geben' versteht. Man kann vielleicht vom neoliberalen Charakter als einer Art Idealtypus sprechen, dem bestimmte Personen mehr oder weniger entsprechen. Es macht durchaus Sinn, sich anzusehen, wie sich das Kleinbürgertum oder auch die gehobene Arbeiterklasse von heute sich vom Kleinbürgertum oder der gehobenen Arbeiterklasse von vor 100 Jahren unterscheiden. Wenn man feststellen sollte, dass es heute, im Zeitalter von Wirtschafts- und Informationsglobalisierung wesentliche Faktoren oder Verhaltensweisen gibt, die damals noch nicht vorhanden waren, dann könnte man durchaus von einem 'neoliberalen Charakter' sprechen, wie auch immer dieser dann zu umreißen und zu bewerten sein mag.
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"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Xamanoth
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Anmeldungsdatum: 07.04.2006
Beiträge: 7962

Beitrag(#516894) Verfasst am: 06.07.2006, 23:59    Titel: Re: Der neoliberale Charakter Antworten mit Zitat

AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
Die selbsternannten Freunde der Freiheit, die Es-gibt-keinen-anderen-Weg-Geher, die Sozialstaatskiller - welche Persönlichkeitsstruktur verbirgt sich hinter dem angesagten Idealtypus des Menschen im 21. Jahrhundert?

Mir kam der Begriff des "neoliberalen Charakters" in den Sinn, doch Google wies mich auf folgende Quelle hin: http://www.linxxnet.de/aktuell/06-12-05_neoliberaler-charakter.htm Ich war leider, oder zum Glück, nicht der erste...

Er ist schon identifiziert und analysiert... Korrekt? Oder fehlt noch etwas?

Zitat:
Der neoliberale Charakter meldet seine Dringlichkeit da an, wo die hochtechnologische Produktionsweise einen Menschentypus fordert, der die eigene Verwertung autonom organisiert. Der Kern dieser Subjektivität ist die Selbst-Fixierung als Ware. Man soll es selbst tun, und es geht ums ganze Selbst. War vor nicht so langer Zeit die Behauptung: "Der Kerl verkauft sich ja!" ein Vorwurf erster Güte, so fragt man heute: "Warum verkaufst Du Dich nicht richtig?" Der Wettlauf zur Warenförmigkeit ist das erklärte Programm des neoliberalen Charakters.

Beschreibung nicht unbedingt falsch, Wertung schon.

Gibt es eine Grenze zwischen klassischem Liberalismus und "Neoliberalismsu"? Warum ist das eine gut, das andere schlecht? Gibt es überhaupt viele reine "Neoliberale"? Für manche (Humbold, Mill) ist dieer Typus ja eher ein Ideal als ein Mißstand.

Ich glaube, ich muss meine Avatarbezeichnung ändern...

"Wenn wir die Freiheit retten wollen, müssen wir auf Verantwortung setzen. Etatismus steht dieser Freiheit im Wege, ein lenkender Wohlfahrtsstaat auch. Diese Haltung wird heute oft als Neoliberal bezeichnet, um sie zu diskreditieren". Friedrich Merz
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44684

Beitrag(#516982) Verfasst am: 07.07.2006, 09:01    Titel: Antworten mit Zitat

Äh, das verstehe ich nun nicht so ganz. Wer muss sich nun wofür vor wem verantworten? Am Kopf kratzen
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Xamanoth
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Anmeldungsdatum: 07.04.2006
Beiträge: 7962

Beitrag(#517141) Verfasst am: 07.07.2006, 13:49    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Äh, das verstehe ich nun nicht so ganz. Wer muss sich nun wofür vor wem verantworten? Am Kopf kratzen

Jeder (allein) vor sich selbst.
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Latenight
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Anmeldungsdatum: 17.05.2005
Beiträge: 2549

Beitrag(#517409) Verfasst am: 07.07.2006, 18:47    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Latenight hat folgendes geschrieben:
Ich glaub nicht, dass es einen "neoliberalen Charakter" gibt.

Kommt darauf an, was man unter 'geben' versteht. Man kann vielleicht vom neoliberalen Charakter als einer Art Idealtypus sprechen, dem bestimmte Personen mehr oder weniger entsprechen. Es macht durchaus Sinn, sich anzusehen, wie sich das Kleinbürgertum oder auch die gehobene Arbeiterklasse von heute sich vom Kleinbürgertum oder der gehobenen Arbeiterklasse von vor 100 Jahren unterscheiden. Wenn man feststellen sollte, dass es heute, im Zeitalter von Wirtschafts- und Informationsglobalisierung wesentliche Faktoren oder Verhaltensweisen gibt, die damals noch nicht vorhanden waren, dann könnte man durchaus von einem 'neoliberalen Charakter' sprechen, wie auch immer dieser dann zu umreißen und zu bewerten sein mag.


Da stimme ich dir vollkommen zu.

Nur den verlinkten Versuch der Charakterisierung finde ich nicht gelungen.
Es wird ja zwischen den Extremen ein regelrechter Entscheidungsraum und eben kein charakteristischer Pfad aufgespannt. Jeder kann in diesen Raum projezieren, was er will und die mit dieser Entscheidungsfülle verbundenen negativen Assoziationen werden mit dem Label "neoliberal" versehen.
Wenn ich mir das so überlege, hat der "neonliberale Charakter" in der vorliegenden "Charakterisierung" pantheistische Züge. Er ist in all den Extremen zu finden, aber nirgendwo materialisiert oder zumindest abbildbar.

Die Definition eines "neoliberalen" Charakters schätze ich deswegen als unmöglich ein, weil der Begriff so breit und subjektiv als Schimpfwort benutzt wird, um dem damit bedachten Asozialität auf hohem Niveau zu unterstellen.
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Tarvoc
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Beitrag(#517594) Verfasst am: 07.07.2006, 21:59    Titel: Antworten mit Zitat

Xamanoth hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Äh, das verstehe ich nun nicht so ganz. Wer muss sich nun wofür vor wem verantworten? Am Kopf kratzen

Jeder (allein) vor sich selbst.

Nein. zwinkern Verantwortung impliziert Öffentlichkeit.
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Shadaik
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Wohnort: MG

Beitrag(#517612) Verfasst am: 07.07.2006, 22:06    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Xamanoth hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Äh, das verstehe ich nun nicht so ganz. Wer muss sich nun wofür vor wem verantworten? Am Kopf kratzen

Jeder (allein) vor sich selbst.

Nein. zwinkern Verantwortung impliziert Öffentlichkeit.
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Evilbert
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Anmeldungsdatum: 16.09.2003
Beiträge: 42408

Beitrag(#517620) Verfasst am: 07.07.2006, 22:12    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Xamanoth hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Äh, das verstehe ich nun nicht so ganz. Wer muss sich nun wofür vor wem verantworten? Am Kopf kratzen

Jeder (allein) vor sich selbst.

Nein. zwinkern Verantwortung impliziert Öffentlichkeit.


Wenn ich allein gestrandet auf ner Insel wäre, aber zurückkehren müßte, weil irgendjemand in spätestens 2 Jahren meine Niere braucht?

Was verstehst Du unter "Öffentlichkeit" genau?
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Xamanoth
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Anmeldungsdatum: 07.04.2006
Beiträge: 7962

Beitrag(#517636) Verfasst am: 07.07.2006, 22:19    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Xamanoth hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Äh, das verstehe ich nun nicht so ganz. Wer muss sich nun wofür vor wem verantworten? Am Kopf kratzen

Jeder (allein) vor sich selbst.

Nein. zwinkern Verantwortung impliziert Öffentlichkeit.

Nein.
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