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M.S.Salomon registrierter User
Anmeldungsdatum: 15.09.2003 Beiträge: 389
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(#536036) Verfasst am: 04.08.2006, 10:12 Titel: Illusorische und reale Freiheit |
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Entschuldigt, wenn ich hiermit noch einen Thread zum Thema Willensfreiheit eröffne, aber mir geht es um einen anderen Aspekt, der in der Debatte meist etwas untergeht.
Ich werde im September auf dem Philosophicum in Lech http://www.philosophicum.com/ einen Vortrag mit dem Titel "Von der illusorischen zur realen Freiheit - Autonome Humanität jenseits von Schuld und Sühne" halten.
Insgesamt wird man meine Ausführungen als Kontrapunkt zur aktuellen Diskussion über die Willensfreiheit verstehen können. Während nämlich die meisten Autoren meinen, man müsse die Idee der Willensfreiheit aus praktischen Gründen aufrecht erhalten – selbst dann, wenn sie mit den empirischen Fakten kollidiert, so behaupte ich, dass es sinnvoll wäre, die Idee der Willensfreiheit selbst dann fallen zu lassen, wenn sie als theoretisches Konzept noch vorstellbar wäre (wovon ich als naturalistisch denkender Philosoph und Sozialwissenschaftler allerdings keineswegs ausgehe.)
Es ist m.E. nur ein Gerücht, dass die Preisgabe der Willensfreiheitsidee die Selbstbestimmungsrechte und -fähigkeiten der Individuen untergraben würde. In Wirklichkeit ist, wie ich zu zeigen gedenke, eher das Gegenteil der Fall: Gerade die Befreiung von der illusorischen Freiheit (nämlich der Willensfreiheit im strengen Sinne, verstanden etwa im Sinne Schopenhauers, siehe hierzu meinen uralten, durchaus revisionsbedürftigen Aufsatz "Können wir wollen, was wir wollen" http://www.schmidt-salomon.de/willensfreiheit.pdf ) kann zu einer Stärkung der realen Freiheit (d.h. individuell erfahrbarer und gesellschaftlich bedeutsamer Handlungsfreiheiten) beitragen.
Vor vielen Jahrzehnten schon hat Albert Einstein das, worum es mir gehen wird, wunderbar in einigen wenigen Sätzen zusammengefasst. Ich zitiere:
„An Freiheit des Menschen im philosophischen Sinne glaube ich keineswegs. Jeder handelt nicht nur unter äußerem Zwang, sondern auch gemäß innerer Notwendigkeit. Schopenhauers Spruch: ‚Der Mensch kann zwar tun, was er will, aber nicht wollen, was er will’, hat mich seit meiner Jugend lebendig erfüllt und ist mir beim Anblick und beim Erleiden der Härten meines Lebens immer ein Trost gewesen und eine unerschöpfliche Quelle der Toleranz. Dieses Bewusstsein mildert in wohltuender Weise das leicht lähmend wirkende Verantwortungsgefühl und macht, dass wir uns selbst und die andern nicht gar zu ernst nehmen; es führt zu einer Lebensauffassung, die auch besonders dem Humor sein Recht lässt."
Nun meine Frage: Könnt ihr etwas mit diesem Einstein-Zitat anfangen? Könnt ihr seine Empfindungen (der Abschied von der Willensfreiheitsidee als "unerschöpfliche Quelle", der Toleranz, des Trostes, des Humors) nachvollziehen oder ist euch das völlig fremd?
_________________ Wir müssen uns Sisyphos
als einen glücklichen Menschen vorstellen."
(Albert Camus)
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
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(#536038) Verfasst am: 04.08.2006, 10:21 Titel: Re: Illusorische und reale Freiheit |
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M.S.Salomon hat folgendes geschrieben: | Könnt ihr seine Empfindungen nachvollziehen oder ist euch das völlig fremd? |
Ja, ich kann sie sehr gut nachvollziehen. Mich hat dieser Satz von Schopenhauer auch immer beeindruckt und bewegt, seit ich ihn kenne.
De Fakto ist dieser Satz inzwischen einer der Dreh- und Angelpunkte meiner Ethik geworden...
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#536040) Verfasst am: 04.08.2006, 10:27 Titel: |
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Versteht man es auch unter nachvollziehen, wenn man etwas banal findet?
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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M.S.Salomon registrierter User
Anmeldungsdatum: 15.09.2003 Beiträge: 389
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(#536046) Verfasst am: 04.08.2006, 10:52 Titel: |
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Shadaik hat folgendes geschrieben: | Versteht man es auch unter nachvollziehen, wenn man etwas banal findet? |
Normalerweise wird die Suspendierung der Willensfreiheitshypothese als Bedrohung empfunden, was auch der Grund dafür ist, warum sich viele Philosophen alle Mühe geben, um das Konzept irgenwie noch aufrechtzuerhalten. Einstein hingegen empfindet den Abschied von Willensfreiheitsidee als große bereicherung für sein Leben. Ich verstehe nicht, was daran "banal" also selbsterklärend sein soll. Das müsstest du schon erklären...
_________________ Wir müssen uns Sisyphos
als einen glücklichen Menschen vorstellen."
(Albert Camus)
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#536049) Verfasst am: 04.08.2006, 11:09 Titel: |
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Wie soll man erklären, was man banal findet?
Aber zu deiner Beruhigung: Ich bezog mich auf Schopenhauer.
Der ist für mich allerdings dermaßen banal, dass ich weder eine bereicheurng noch einen verlust darin sehe, sondern einfach eine vermutlich wahre Aussage.
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Stefan auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 03.08.2004 Beiträge: 6217
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(#536051) Verfasst am: 04.08.2006, 11:16 Titel: Re: Illusorische und reale Freiheit |
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M.S.Salomon hat folgendes geschrieben: |
Nun meine Frage: Könnt ihr etwas mit diesem Einstein-Zitat anfangen? Könnt ihr seine Empfindungen (der Abschied von der Willensfreiheitsidee als "unerschöpfliche Quelle", der Toleranz, des Trostes, des Humors) nachvollziehen oder ist euch das völlig fremd? |
Nachvollziehen ja. Habe aber Bedenken, daß viele dieses als Freibrief ihres Handelns ansehen.
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Johnnyboy Stück Scheiße
Anmeldungsdatum: 26.06.2005 Beiträge: 2562
Wohnort: Babylon
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(#536052) Verfasst am: 04.08.2006, 11:16 Titel: |
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Shadaik hat folgendes geschrieben: | Wie soll man erklären, was man banal findet?
Aber zu deiner Beruhigung: Ich bezog mich auf Schopenhauer.
Der ist für mich allerdings dermaßen banal, dass ich weder eine bereicheurng noch einen verlust darin sehe, sondern einfach eine vermutlich wahre Aussage. |
Was für dich heute banal erscheint, war für die Leute seiner Zeit ein Schlag ins Gesicht.
_________________ "Das Leben des Starken erfüllt seinen Sinn, das des Schwachen seinen Zweck".
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#536053) Verfasst am: 04.08.2006, 11:20 Titel: |
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Ich stimme Einstein zu, und wenn auch ich diese Erkenntnis inzwischen selbstverständlich finde, so war dazu doch vor vielen Jahren eine längere persönliche Entwicklung und intensives Nachdenken erforderlich.
Ich stimme auch MSS zu, daß es nicht notwendig ist, aus "praktischen" Gründen eine Fehlinterpretation aufrechtzuerhalten.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#536055) Verfasst am: 04.08.2006, 11:23 Titel: |
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Johnnyboy hat folgendes geschrieben: | Shadaik hat folgendes geschrieben: | Wie soll man erklären, was man banal findet?
Aber zu deiner Beruhigung: Ich bezog mich auf Schopenhauer.
Der ist für mich allerdings dermaßen banal, dass ich weder eine bereicheurng noch einen verlust darin sehe, sondern einfach eine vermutlich wahre Aussage. |
Was für dich heute banal erscheint, war für die Leute seiner Zeit ein Schlag ins Gesicht. |
Das mag ja sein, ich bin aber kein Leut seiner Zeit
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Rinderwahn dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 02.07.2004 Beiträge: 3013
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enpassant registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2005 Beiträge: 522
Wohnort: leipzig
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(#536064) Verfasst am: 04.08.2006, 11:56 Titel: Re: Illusorische und reale Freiheit |
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M.S.Salomon hat folgendes geschrieben: | Nun meine Frage: Könnt ihr etwas mit diesem Einstein-Zitat anfangen? Könnt ihr seine Empfindungen (der Abschied von der Willensfreiheitsidee als "unerschöpfliche Quelle", der Toleranz, des Trostes, des Humors) nachvollziehen oder ist euch das völlig fremd? |
Ein wichtiger Aspekt dieser fundamentalen Erkenntnis ist auch die Sicht nicht nur auf das eigene Handeln, sondern auch auf das anderer Menschen. Denn unsere Urteile sind fast vollständig durchtränkt von Bewertung, und zwar eben nicht nur der Handlungen selbst, sondern vor allem der Personen, welche sie getan haben. Lob, Hochachtung, Bewunderung sind da genau so zu finden wie Verachtung, Hass und Rachegefühle - aber natürlich auch Neid und Missgunst.
Unter einer Sicht wie der in Rede stehenden werden diese (nicht selten zur Last werdenden) Empfindungen nicht nur stark stark relativiert und vor allem Nachsicht, Anteilnahme und Mitleid gefördert, welche mit Sicherheit zu den entscheidenden "Werten" eines möglichst "humanen" menschlichen Miteinanders gehören.
Darüber hinaus wird so auch ein erhellendes Schlaglicht auf die gängigen Kategorien von "Schuld" und "Sühne" geworfen. Denn menschliche Schuld im Sinne von "Ursächlichkeit" bestreitet wohl niemand. Jedoch wird der Begriff "Schuld" in grober Oberflächlichkeit fast immer im Sinne von "Er hätte ja auch anders wollen können...!" gebraucht. Das aber ist Unsinn.
Genau darum auch ist eine Strafe einzig im Sinne von Abschreckung akzeptabel, niemals aber im Sinne von "Sühne" oder gar "Rache", denn dann läuft sie auf nichts anderes hinaus, als dass auf bereits geschehenes Leid ohne jeden Sinn oder Wirkung nur noch neues Leid hinzugefügt wird. Das ist nichts weniger als der Gipfel der Perversität.
In dieser Hinsicht sollten im Übrigen auch immer wieder mal religiöse Weltbilder beleuchtet werden, die ernsthaft erst verkünden, ein "allmächtiger Schöpfer" habe alles, was außer ihm ist, aus dem Nichts geschaffen, um dann zu verkündigen, dass eben dieser Gott seine eigenen Geschöpfe, die ja schwerlich anders handeln können, als sie beschaffen sind, nicht nur "zur Rechenschaft" ziehen will, sondern die "übelgeratenen" zu bestrafen gedenkt, und zwar am Ende der Zeiten, wann gar keine Möglichkeit der Änderung mehr besteht, und dann auch noch für ewige Zeiten, die "Strafe" also nichts anderes darstellt als pure, unversöhnliche ewige Rache an Geschöpfen, die notwendiger Weise nur so handeln konnten, wie sie vom Schöpfer geschaffen wurden...
Solche Botschaften, die immer noch in der ganzen Welt dem bedauernswerten Menschengeschlecht gepredigt werden, sind nichts anderes als der monströse Gipfel der Perversität und Menschenverachtung. Kein Wunder, dass viele der solcher Art konditionierten Zeitgenossen nicht richtig tickten und ticken...
Und auch gegen solchen absurden Wahnsinn sind, um auf Einsteins Statement zurück zu kommen, Erkenntnisse, wie die in Rede stehende, probate Mittel - alles andere übrigens als "banal"...!
_________________ Was das ewige Leben ist, weiß ich nicht - aber das gegenwärtige ist ein schlechter Spaß! (Voltaire)
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M.S.Salomon registrierter User
Anmeldungsdatum: 15.09.2003 Beiträge: 389
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(#536067) Verfasst am: 04.08.2006, 11:59 Titel: |
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Johnnyboy hat folgendes geschrieben: | Shadaik hat folgendes geschrieben: | Wie soll man erklären, was man banal findet?
Aber zu deiner Beruhigung: Ich bezog mich auf Schopenhauer.
Der ist für mich allerdings dermaßen banal, dass ich weder eine bereicheurng noch einen verlust darin sehe, sondern einfach eine vermutlich wahre Aussage. |
Was für dich heute banal erscheint, war für die Leute seiner Zeit ein Schlag ins Gesicht. |
Stimmt, aber man darf nicht übersehen: es ist noch heute ein Schlag ins Gesicht! Denkt man die Idee nämlich konsequent zu Ende, ergibt sich ein Menschen- und Weltbild, das dem heute gängigen in vielen Punkten diametral widerspricht.
Das Interessante ist, dass die Konsequenzen der alternativen Theorie empirisch untersucht werden können. So kann man untersuchen, ob die Hypothese stimmt, dass Personen/Gesellschaften, die von einer starken Willensfreiheitsidee ausgehen (Beispiel USA), eher zu Moralismus, Rache, Gewalt, Intoleranz, sozialer Ungleichheit neigen, als Personen/Gesellschaften, die die Willensfreiheitsidee eher negieren (Beispiel: skandinawische Länder). Oder ob das von mir vorgeschlagene Konstrukt, das vorsieht, Handlungsfreiheiten auszubauen und gleichzeitig die Idee der Willensfreiheit konsequent zu negieren, zu besseren Ergebnissen in der Therapie führt (Bearbeitung von Traumata und Schuldkomplexen, angstfreierer Umgang mit Kritik, bessere Konfliktlösungsstrategien etc.) Auf diesem Gebiet ist vieles noch unerforscht. Von Banalität kann man da kaum reden... Oder anders formuliert: Banal mag es für manchen heute sein, dass die Willensfreiheit im klassischen Sinne als theoretisches Konstrukt schwer haltbar ist, was das aber nun praktisch bedeutet, ist wohl alles andere als banal...
_________________ Wir müssen uns Sisyphos
als einen glücklichen Menschen vorstellen."
(Albert Camus)
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M.S.Salomon registrierter User
Anmeldungsdatum: 15.09.2003 Beiträge: 389
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(#536072) Verfasst am: 04.08.2006, 12:15 Titel: Re: Illusorische und reale Freiheit |
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Stefan hat folgendes geschrieben: | M.S.Salomon hat folgendes geschrieben: |
Nun meine Frage: Könnt ihr etwas mit diesem Einstein-Zitat anfangen? Könnt ihr seine Empfindungen (der Abschied von der Willensfreiheitsidee als "unerschöpfliche Quelle", der Toleranz, des Trostes, des Humors) nachvollziehen oder ist euch das völlig fremd? |
Nachvollziehen ja. Habe aber Bedenken, daß viele dieses als Freibrief ihres Handelns ansehen. |
Richtig, deshalb betone ich ja die "objektive Verantwortung" im Sinne der Ethik (Fairness-Kriterium), während ich die "subjektive Verantwortung" im Sinne der Moral ("Gut und Böse") entschieden ablehne. (Zur Unterscheidung von Moral und Ethik siehe auch das Manifest des evolutionären Humanismus, bzw. (gekürzt) http://www.leitkultur-humanismus.de/manethik.htm
Diese Grundidee versuche ich auch mit dem Untertitel meines Referats auszudrücken: "Autonome Humanität jenseits von Schuld und Sühne". Gewissermaßen geht es hier um eine Kombination idealtypisch westlicher (Betonung des autonomen Subjekts) und idealtypisch östlicher (Das "Ich" als Illusion, siehe Buddha oder Advaita-Hinduismus) Denkungsarten...
_________________ Wir müssen uns Sisyphos
als einen glücklichen Menschen vorstellen."
(Albert Camus)
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tati auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.03.2005 Beiträge: 567
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(#536086) Verfasst am: 04.08.2006, 12:41 Titel: Re: Illusorische und reale Freiheit |
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Hallo M.S.Salomon
M.S.Salomon hat folgendes geschrieben: | Diese Grundidee versuche ich auch mit dem Untertitel meines Referats auszudrücken: "Autonome Humanität jenseits von Schuld und Sühne". Gewissermaßen geht es hier um eine Kombination idealtypisch westlicher (Betonung des autonomen Subjekts) und idealtypisch östlicher (Das "Ich" als Illusion, siehe Buddha oder Advaita-Hinduismus) Denkungsarten... |
Jenseits von "Schuld und Sühne" klingt ja schön und gut. Die Frage, ob ein Mensch überhaupt Verantwortlichkeit für sein Handeln besitzt und was es konkret bedeutet, wenn er für die Folgen seiner Fehler einstehen muss. Vielleicht hast Du mir den Link zum Referat, wo ich das selber nachlesen kann.
Gruss
Tati
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Konstrukt konstruktiver Radikalist
Anmeldungsdatum: 19.08.2005 Beiträge: 6587
Wohnort: Im Barte des Propheten
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(#536117) Verfasst am: 04.08.2006, 13:24 Titel: |
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Hallo Herr Schmidt-Salomon,
ich würde es so ausdrücken: Wir erdenken uns den freien Willen.
Wir mögen zwar das Wollen nicht frei bestimmen können, wir können unseren mehr oder weniger unfreiwilligen Willen aber evtl. doch durch das bewußte Denken beeinflussen. Denken und Konzentration auf die Gedanken kann man trainieren. Das Denken und der Wille hängen miteinander anscheinend zusammen. Vielleicht besteht eine Art kausaler Zusammenhang, der sich aus dem neuronalen Netzwerk ergibt. Da bin ich kein Fachmann. Ich empfinde es aber davon abgesehen irgendwie als tautologisch mit einem Gehirn das Gehirn und seine Effekte interpretieren zu wollen. Oder ist es vielleicht eher kontradiktorisch? Die Frage nach dem freien Willen beantworte ich für mich persönlich mit dem agnostischen Ansatz, also quasi gar nicht ...ich kann keine echte Antwort finden, also ist die Frage irrelevant. Relevant ist da für mich eher schon die Frage, was wir anstellen mit unserem (un)freien Willen. Wir denken ihn frei. Wir schaffen uns auf kreative Art und Weise ein Konstrukt. Vielleicht beantwortet der radikale Konstruktivismus diese Frage? Varela und Maturana erklären es, wie ich finde, recht gut und lassen dennoch genug Spielraum für geistige Freiheit. Muß man die Frage nach dem freien Willen wirklich deterministisch klären?
_________________ "Geisteskrank den eignen Namen sagen: Ich ich ich ich denke also bin ich - Bin ich nicht! Ich ist geisteskrank. Und kauf mir was." (Peter Licht)
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#536118) Verfasst am: 04.08.2006, 13:25 Titel: Re: Illusorische und reale Freiheit |
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enpassant hat folgendes geschrieben: | Ein wichtiger Aspekt dieser fundamentalen Erkenntnis ist auch die Sicht nicht nur auf das eigene Handeln, sondern auch auf das anderer Menschen. Denn unsere Urteile sind fast vollständig durchtränkt von Bewertung, und zwar eben nicht nur der Handlungen selbst, sondern vor allem der Personen, welche sie getan haben. Lob, Hochachtung, Bewunderung sind da genau so zu finden wie Verachtung, Hass und Rachegefühle - aber natürlich auch Neid und Missgunst.
Unter einer Sicht wie der in Rede stehenden werden diese (nicht selten zur Last werdenden) Empfindungen nicht nur stark stark relativiert und vor allem Nachsicht, Anteilnahme und Mitleid gefördert, welche mit Sicherheit zu den entscheidenden "Werten" eines möglichst "humanen" menschlichen Miteinanders gehören. |
Das sehe ich genau entgegengesetzt. Wenn ich jemandem nur "Nachsicht, Anteilnahme und Mitleid" entgegenbringe, dann akzeptiere ich ihn nicht als vollwertige Persönlichkeit. Aber eben dieses, die Akzeptanz als vollwertige Persönlichkeit, ist für mich die Grundlage eines menschlichen Miteinanders.
enpassant hat folgendes geschrieben: | Darüber hinaus wird so auch ein erhellendes Schlaglicht auf die gängigen Kategorien von "Schuld" und "Sühne" geworfen. Denn menschliche Schuld im Sinne von "Ursächlichkeit" bestreitet wohl niemand. Jedoch wird der Begriff "Schuld" in grober Oberflächlichkeit fast immer im Sinne von "Er hätte ja auch anders wollen können...!" gebraucht. Das aber ist Unsinn. |
Ein unsinniger Strohmann, ja, allerdings.
Jemand, der gegen eine gesellschaftliche Norm wissentlich und absichtlich verstößt, der ist dafür verantwortlich; was für mich exakt dasselbe bedeutet, wie: er hat schuld daran.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#536130) Verfasst am: 04.08.2006, 13:40 Titel: |
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M.S.Salomon hat folgendes geschrieben: | Stimmt, aber man darf nicht übersehen: es ist noch heute ein Schlag ins Gesicht! Denkt man die Idee nämlich konsequent zu Ende, ergibt sich ein Menschen- und Weltbild, das dem heute gängigen in vielen Punkten diametral widerspricht. |
Das allerdings kann ich noch nicht so richtig sehen.
M.S.Salomon hat folgendes geschrieben: | Das Interessante ist, dass die Konsequenzen der alternativen Theorie empirisch untersucht werden können. So kann man untersuchen, ob die Hypothese stimmt, dass Personen/Gesellschaften, die von einer starken Willensfreiheitsidee ausgehen (Beispiel USA), eher zu Moralismus, Rache, Gewalt, Intoleranz, sozialer Ungleichheit neigen, als Personen/Gesellschaften, die die Willensfreiheitsidee eher negieren (Beispiel: skandinawische Länder). |
Hmm. Diese Aufteilung in Gesellschaften nach Willensfreiheitsglaubensstärke ist mir ganz neu. Wie kommst Du darauf und wie begründest Du die?
M.S.Salomon hat folgendes geschrieben: | Richtig, deshalb betone ich ja die "objektive Verantwortung" im Sinne der Ethik (Fairness-Kriterium), während ich die "subjektive Verantwortung" im Sinne der Moral ("Gut und Böse") entschieden ablehne. (Zur Unterscheidung von Moral und Ethik siehe auch das Manifest des evolutionären Humanismus, bzw. (gekürzt) http://www.leitkultur-humanismus.de/manethik.htm |
Für mich ist Moral etwas anderes als für Dich. Moral ist für mich etwas persönliches, im Wesen der Person beheimatet und durch das persönliche Gewissen beeinflusst. Moral ist keineswegs etwas Negatives, so wie offensichtlich für Dich, sondern unverzichtbar, um überhaupt eine Ethik aufbauen zu können. Mein Begriff von Ethik wiederum unterscheidet sich nicht sehr von Deinem.
Es gibt keine "objektive Verantwortung", denn der Begriff dessen, was fair ist und was nicht, kann nur subjektiv bewertet werden. Subjektive Bewertung von gut oder schlecht ist jedoch nach meiner Definition Moral. Auch die Grundlagen einer Ethik und das Ziel / die Ziele basieren mMn auf Moral.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#536135) Verfasst am: 04.08.2006, 13:50 Titel: Re: Illusorische und reale Freiheit |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Jemand, der gegen eine gesellschaftliche Norm wissentlich und absichtlich verstößt, der ist dafür verantwortlich; was für mich exakt dasselbe bedeutet, wie: er hat schuld daran. |
Beziehst Du diese Definition nur auf die Gesellschaft, in der jemand sozialisiert ist? Also wenn z.B. in einem christlichen Land eine "Hexe" verbrannt oder in einem kommunistischen Land ein "Kulake" enteignet wird, könnte man dementsprechend nicht von Schuld sprechen, oder?
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#536141) Verfasst am: 04.08.2006, 13:59 Titel: Re: Illusorische und reale Freiheit |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Jemand, der gegen eine gesellschaftliche Norm wissentlich und absichtlich verstößt, der ist dafür verantwortlich; was für mich exakt dasselbe bedeutet, wie: er hat schuld daran. |
Beziehst Du diese Definition nur auf die Gesellschaft, in der jemand sozialisiert ist? Also wenn z.B. in einem christlichen Land eine "Hexe" verbrannt oder in einem kommunistischen Land ein "Kulake" enteignet wird, könnte man dementsprechend nicht von Schuld sprechen, oder? |
Ich sehe das schon ein wenig kulturrelativistisch. Wenn es also in einer bestimmten Zeit und Kultur für eine bestimmte Tat kein Unrechtsbewusstein gibt / gab, dann kann man mMn nicht von Schuld sprechen.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#536147) Verfasst am: 04.08.2006, 14:02 Titel: Re: Illusorische und reale Freiheit |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Jemand, der gegen eine gesellschaftliche Norm wissentlich und absichtlich verstößt, der ist dafür verantwortlich; was für mich exakt dasselbe bedeutet, wie: er hat schuld daran. |
Beziehst Du diese Definition nur auf die Gesellschaft, in der jemand sozialisiert ist? Also wenn z.B. in einem christlichen Land eine "Hexe" verbrannt oder in einem kommunistischen Land ein "Kulake" enteignet wird, könnte man dementsprechend nicht von Schuld sprechen, oder? |
Ich sehe das schon ein wenig kulturrelativistisch. Wenn es also in einer bestimmten Zeit und Kultur für eine bestimmte Tat kein Unrechtsbewusstein gibt / gab, dann kann man mMn nicht von Schuld sprechen. |
OK, dann sind wir immerhin in dem Punkt einer Meinung.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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caligula Atheist
Anmeldungsdatum: 31.05.2005 Beiträge: 184
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(#536172) Verfasst am: 04.08.2006, 14:28 Titel: |
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willensfreiheit per se ist unwahrscheinlich -> die überlegung führt bei mir in einen infiniten regress des metawillens etc pp
interessanter erscheint das postulat der handlungsfreiheit und erkenntissen aus der hirnforschung
ich denke hier nicht an das experiment von libet (er ist eines "starken" epiphänomenalismus inklusive vetofunktion )
sondern spreche von bildgebenden verfahren die aufzeigen das durch die subliminale kumulation des lateralisierten bereitschaftspotential vor dem bewusstwerden der handlung bereits entschieden wurde was exeketutiert wird resp. das auf bestimmte hirnzustände immer die gleichen ausführungen folgen was für volitionale zustände keinen platz lässt
von einer motivierenden reflexion und eine auswahl von optionen für die man verantwortung übernehemen soll kann also keine rede sein
welche konsequenzen hat das nun für ein rechtssystem oder aber auch für moralische konzepte wie zB sünde:
interessant wird es wenn sich nun schwerkriminelle auf eben diese erkenntnisse oder sich auf ihre anatomischen anomalien berufen (zB verkleinerte präfrontallappen) was soweit ich weiß auch schon passiert ist
das konzept der sünde funktioniert nicht mehr
mag stimmen das es das verantwortungsgefühl mildert aber trifft das auch auf den hass zu?
vllt. schon wenn man bedenkt das ein mensch der angegriffen wurde (oder dessen verwandte)wohl eher einen menschen hassen würde als einen löwen ...
_________________ Die Moral ist für Sklaven geschaffen, für Wesen ohne Geist.
Henry Miller
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Schmerzlos auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 02.08.2003 Beiträge: 4554
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(#536192) Verfasst am: 04.08.2006, 14:42 Titel: Re: Illusorische und reale Freiheit |
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M.S.Salomon hat folgendes geschrieben: | Entschuldigt, wenn ich hiermit noch einen Thread zum Thema Willensfreiheit eröffne, aber mir geht es um einen anderen Aspekt, der in der Debatte meist etwas untergeht.
Ich werde im September auf dem Philosophicum in Lech http://www.philosophicum.com/ einen Vortrag mit dem Titel "Von der illusorischen zur realen Freiheit - Autonome Humanität jenseits von Schuld und Sühne" halten.
Insgesamt wird man meine Ausführungen als Kontrapunkt zur aktuellen Diskussion über die Willensfreiheit verstehen können. Während nämlich die meisten Autoren meinen, man müsse die Idee der Willensfreiheit aus praktischen Gründen aufrecht erhalten – selbst dann, wenn sie mit den empirischen Fakten kollidiert, so behaupte ich, dass es sinnvoll wäre, die Idee der Willensfreiheit selbst dann fallen zu lassen, wenn sie als theoretisches Konzept noch vorstellbar wäre (wovon ich als naturalistisch denkender Philosoph und Sozialwissenschaftler allerdings keineswegs ausgehe.)
Es ist m.E. nur ein Gerücht, dass die Preisgabe der Willensfreiheitsidee die Selbstbestimmungsrechte und -fähigkeiten der Individuen untergraben würde. In Wirklichkeit ist, wie ich zu zeigen gedenke, eher das Gegenteil der Fall: Gerade die Befreiung von der illusorischen Freiheit (nämlich der Willensfreiheit im strengen Sinne, verstanden etwa im Sinne Schopenhauers, siehe hierzu meinen uralten, durchaus revisionsbedürftigen Aufsatz "Können wir wollen, was wir wollen" http://www.schmidt-salomon.de/willensfreiheit.pdf ) kann zu einer Stärkung der realen Freiheit (d.h. individuell erfahrbarer und gesellschaftlich bedeutsamer Handlungsfreiheiten) beitragen.
Vor vielen Jahrzehnten schon hat Albert Einstein das, worum es mir gehen wird, wunderbar in einigen wenigen Sätzen zusammengefasst. Ich zitiere:
„An Freiheit des Menschen im philosophischen Sinne glaube ich keineswegs. Jeder handelt nicht nur unter äußerem Zwang, sondern auch gemäß innerer Notwendigkeit. Schopenhauers Spruch: ‚Der Mensch kann zwar tun, was er will, aber nicht wollen, was er will’, hat mich seit meiner Jugend lebendig erfüllt und ist mir beim Anblick und beim Erleiden der Härten meines Lebens immer ein Trost gewesen und eine unerschöpfliche Quelle der Toleranz. Dieses Bewusstsein mildert in wohltuender Weise das leicht lähmend wirkende Verantwortungsgefühl und macht, dass wir uns selbst und die andern nicht gar zu ernst nehmen; es führt zu einer Lebensauffassung, die auch besonders dem Humor sein Recht lässt."
Nun meine Frage: Könnt ihr etwas mit diesem Einstein-Zitat anfangen? Könnt ihr seine Empfindungen (der Abschied von der Willensfreiheitsidee als "unerschöpfliche Quelle", der Toleranz, des Trostes, des Humors) nachvollziehen oder ist euch das völlig fremd? |
"..."
"Eigner der Werke, Brahmane, sind die Wesen, Erben der Werke, Kinder der Werke, Geschöpfe der Werke, Knechte der Werke: das Werk scheidet die Wesen ab, nach Verkommenheit und Vorzüglichkeit."
"..."
Majjhima Nikaya 135.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#536238) Verfasst am: 04.08.2006, 15:20 Titel: Re: Illusorische und reale Freiheit |
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M.S.Salomon hat folgendes geschrieben: | "Von der illusorischen zur realen Freiheit - Autonome Humanität jenseits von Schuld und Sühne" |
Soweit hier ein Junktim erstellt wird, nachdem, wenn denn der Freiheitsbegriff obsolet, das Konzept Schuld ebenfalls hinfällig würde (bitte um Korrektur, falls ich falsch liege), halte ich die Diskussion zwar für nachvollziehbar, aber unklar. Schuld ist nach meinem Dafürhalten nämlich im Gegensatz zur Verantwortung nicht an Willens- oder Handlungfreiheit (was immer das sein mag) gebunden, sondern erfasst Verstrickungen, deren Entstehen nicht durch Menschenhand steuerbar ist. Insofern halte ich das Konzept Schuld für unverzichtbar.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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magnusfe MASTERMISSIONATOR OF THEOLOGIK
Anmeldungsdatum: 03.08.2004 Beiträge: 3944
Wohnort: dunkler Ort :
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(#536243) Verfasst am: 04.08.2006, 15:22 Titel: |
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die Erbanlagen und die Umwelt prägen einen so stark, dass man nur sehr wenig Freiheit hat, sehr wenig Handlungsspielraum
Durch Erbanlagen und Umweltprägung neigt man dazu, in bestimmten Situationen ähnlich zu handeln, geringfügig variabel manchmal, aber die Grundtendenz bleibt erhalten
Diese geringfügige Variabilität innerhalb des Grundverhaltens ist die kleine Willensfreiheit die wir haben
_________________ http://www.magnusfe.npage.de
Wer meine Worte klaut wird schlau
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Konstrukt konstruktiver Radikalist
Anmeldungsdatum: 19.08.2005 Beiträge: 6587
Wohnort: Im Barte des Propheten
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(#536253) Verfasst am: 04.08.2006, 15:30 Titel: |
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magnusfe hat folgendes geschrieben: |
Diese geringfügige Variabilität innerhalb des Grundverhaltens ist die kleine Willensfreiheit die wir haben |
Das finde ich schön gesagt.
_________________ "Geisteskrank den eignen Namen sagen: Ich ich ich ich denke also bin ich - Bin ich nicht! Ich ist geisteskrank. Und kauf mir was." (Peter Licht)
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Yamato Teeist
Anmeldungsdatum: 21.08.2004 Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore
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(#536265) Verfasst am: 04.08.2006, 15:48 Titel: |
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Was ist denn mit magnusfe auf einmal los?
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magnusfe MASTERMISSIONATOR OF THEOLOGIK
Anmeldungsdatum: 03.08.2004 Beiträge: 3944
Wohnort: dunkler Ort :
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(#536271) Verfasst am: 04.08.2006, 16:07 Titel: |
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Ich wollte mal was IntelLektürelles schreiben
_________________ http://www.magnusfe.npage.de
Wer meine Worte klaut wird schlau
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#536284) Verfasst am: 04.08.2006, 16:29 Titel: |
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magnusfe hat folgendes geschrieben: | Diese geringfügige Variabilität innerhalb des Grundverhaltens ist die kleine Willensfreiheit die wir haben |
Dies ist subjektiv eine Variabilität, objektiv ist es Wissensmangel in bezug auf das, was passieren wird. Sowie die nachträgliche Deutung, unsere Person hätte das Geschehen beeinflußt.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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M.S.Salomon registrierter User
Anmeldungsdatum: 15.09.2003 Beiträge: 389
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(#536305) Verfasst am: 04.08.2006, 16:53 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
M.S.Salomon hat folgendes geschrieben: | Das Interessante ist, dass die Konsequenzen der alternativen Theorie empirisch untersucht werden können. So kann man untersuchen, ob die Hypothese stimmt, dass Personen/Gesellschaften, die von einer starken Willensfreiheitsidee ausgehen (Beispiel USA), eher zu Moralismus, Rache, Gewalt, Intoleranz, sozialer Ungleichheit neigen, als Personen/Gesellschaften, die die Willensfreiheitsidee eher negieren (Beispiel: skandinawische Länder). |
Hmm. Diese Aufteilung in Gesellschaften nach Willensfreiheitsglaubensstärke ist mir ganz neu. Wie kommst Du darauf und wie begründest Du die? |
Es gibt einige Untersuchungen, die zeigen, dass US-Amerikaner den "American Dream", die Vorstellung, "jeder sei seines Glückes Schmied" verbunden mit einer starken Annahme von Willensfreiheit in starkem Maße internalisiert haben, während etwa Deutsche, vor allem jedoch Schweden und Dänen den Menschen eher als ein "Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse" begreifen ("Niemand hat sich selbst gemacht!"). Interessanterweise setzt das schwedische Rechtssytem nicht auf den moralischen Schuldbegriff, im Zentrum steht der Schutz der Gesellschaft sowie Resozialisierungsmaßnahmen für die Delinquenten, während in den USA der Rache- und Sühnegedanke durchaus im Vordergrund steht (daher auch die hohe Akzeptanz der Todesstrafe und der grausamen Verhältnisse in den US-Gefängnissen).
Allerdings lässt sich leider kein einfacher Zusammenhang etwa zwischen Ablehnung der Willensfreiheitshypothese und humanem Strafvollzug herstellen. In Indien und China beispielsweise spielt die Idee der Willensfreiheit keineswegs die Rolle, die sie hierzulande spielt. Allerdings ist dort auch die Idee der Handlungsfreiheit (d.h. die Autonomie des Individuums) kaum von Bedeutung.
Eine humanistisch-naturalistische Position muss daher beides miteinander verbinden: Suspendierung des freien Willens - nach Nietzsche ein "Folter-Instrument" - und Stärkung der Handlungsfreiheit - also: "Autonome Humanität jenseits von Schuld und Sühne".
Um noch einmal klar zu machen, worum es mir geht: Ich will nicht noch einmal diskutieren, ob Willensfreiheit an sich vorstellbar wäre (diese Idee kann man - zumindest in ihrer traditionellen Ausprägung - durchaus als widerlegt betrachten) - die Frage ist, welche Konsequenzen hat es, wenn wir ein Menschenbild konstruieren, dass Willensfreiheit einschließt - und welche Konsequenzen hat es, wenn in unserer Konstruktion des Menschen diese Eigenschaftszuschreibung fehlt. Nur in diesem Sinne fand ich Einsteins Äußerungen bemerkenswert - und darüber würde ich mit euch gerne ins Gespräch kommen....
_________________ Wir müssen uns Sisyphos
als einen glücklichen Menschen vorstellen."
(Albert Camus)
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Schmerzlos auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 02.08.2003 Beiträge: 4554
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(#536318) Verfasst am: 04.08.2006, 17:09 Titel: |
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Der Vorstellung eines freien Willens...oder eines "unfreien" Willens - liegt als
Grundlage der "Glaube" an ein Ich zu Grunde. Also der Glaube an
die Persönlichkeit. Ohne das...lässt sich gar nicht von einem "unfreien" Willen
reden/schreiben und ebensowenig von einem sog. freien Willen.
"Wille" ist eine Verhältnisbeschreibung. Der Wille "bezieht" sich ja stehts auf
"etwas". Also auch ein pychologischer Ausdruck.
Meinetwegen - "Ich" will dieses haben oder "Ich" will dieses nicht haben.
z.B.
http://www.payer.de/einzel/karma.htm#3.1.
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