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Staatstheorie
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iovialis
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Anmeldungsdatum: 20.07.2006
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Beitrag(#593288) Verfasst am: 29.10.2006, 23:05    Titel: Staatstheorie Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,

wie denkt ihr, müßte eine "neue Staatstheorie" aussehen, wenn man Euch heute die Aufgabe stellen würde, eine solche zu entwerfen?

Welche Anforderungen würdet ihr an diese "Staatstheorie" stellen?

Braucht man überhaupt einen Staat?

Was ist die Aufgabe eines Staats?

Merci für Antworten und Danke für die sachliche Diskussion zwinkern

Iovialis
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Ogion
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Anmeldungsdatum: 29.10.2006
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Beitrag(#593310) Verfasst am: 29.10.2006, 23:50    Titel: Antworten mit Zitat

Der Sinn und Zweck eines Staates (einer Gesellschaft) ist es, dem Menschen das Überleben zu erleichtern und das Leben angenehmer zu machen.
Ein jeder Mensch und damit auch der Staat/die Gesellschaft muss sich an die Menschenrechte halten. Da aber nicht jeder Mensch sich daran halten würde, braucht es eine gewisse Ordnung und Kontrolle.

BTW was meinst du eigentlich mit 'neue' Staatstheorie?

Ogion
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"Wer grundlegende Freiheiten aufgibt, um vorübergehend ein wenig Sicherheit zu gewinnen, verdient weder Freiheit noch
Sicherheit." - Benjamin Franklin
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iovialis
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Anmeldungsdatum: 20.07.2006
Beiträge: 151
Wohnort: Kiew

Beitrag(#593327) Verfasst am: 30.10.2006, 00:11    Titel: Hintergrund... Antworten mit Zitat

Ogion hat folgendes geschrieben:
BTW was meinst du eigentlich mit 'neue' Staatstheorie?


Diese Forderung nach einer "neuen Staatstheorie" habe ich aus einem Buch, das "Demokratie am Wendepunkt" heißt und von Werner Weidenfeld herausgegeben wurde. Darin schrieben 23 führende Politikwissenschaftler ihre Meinung zur Lage der Demokratie. Unter anderem fordert darin Prof. Dr. Yehezkel Dror, Professor für Politische Wissenschaft an der Hebräischen Universität Jerusalem:

Es soll energisch nach neuen Theorien und Ideen gesucht werden, die sich mit der Frage befassen, wie mit der Globalisierung zu verfahren ist. Er meint, daß in den meisten Demokratien ein Mangel an Organisationen für die Forschung und Entwicklung von Politiken besteht.

In einer "Denkfabrik" sollen mit Hilfe einer angemessenen Zahl von hochqualifizierten, multidisziplinär ausgebildeten und erfahrenen Vollzeitforscherteams neue Politikoptionen erschlossen werden. Er schlägt vor, darüber hinaus eine demokratische politische Philosophie zu entwerfen, die sich mit globaler Gleichheit und Herrschaft beschäftigt. Das sei nicht Sache der Regierungen und der mit Politikentwicklung befaßten Institutionen; vielmehr sollten hierfür freischwebende Intellektuelle, Philosophen und Politiktheoretiker zuständig sein.

Er warnt gleichzeitig davor, daß solche "Denkfabriken" nur begrenzten Nutzen haben, wenn politische Institutionen die Lösungsumsetzung behindern


Eine "neue Staatstheorie" würde also der Forderung nach einer "demokratischen politischen Philosophie" entsprechen. Und hierfür sammle ich derzeit Ideen, was andere sich unter "Staat" vorstellen, bzw. welche Ideen andere zu dem Thema haben.

Da ich nicht alleine bin, kann ich sagen, daß wir an einer solchen Staatsphilosophie arbeiten. Wie der Kommunismus unter einer Demokratie als Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung möglich ist, sind wir nun dabei, ein (bedingungsloses) Grundeinkommen als Basis für eine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung als Grundlage dieser Staatsphilosophie zu benutzen. Wir versuchen dabei die Aspekte Globalisierung, Grundeinkommen als Alternative zu Vollbeschäftigung und Basisdemokratie in unsere Philosophie einfließen zu lassen.

Iovialis
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Ogion
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Anmeldungsdatum: 29.10.2006
Beiträge: 230
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Beitrag(#593377) Verfasst am: 30.10.2006, 01:11    Titel: Antworten mit Zitat

Klingt ganz gut.
Da es jetzt zu spät ist, schreibe ich jetzt nicht mehr, aber im Laufe der Woche kommt betsimmt noch was (aber ich bin keine angemessenen Zahl von hochqualifizierten, multidisziplinär ausgebildeten und erfahrenen Vollzeitforscherteams Smilie ).

Ogion

P.S.: Für bedingungsloses Grundeinkommen bin ich auch, aber sowas ist doch schon Detail, oder soll es auch um konkrete Umsetzungspläne gehen?
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Stefan
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Beiträge: 6217

Beitrag(#593379) Verfasst am: 30.10.2006, 01:14    Titel: Antworten mit Zitat

Ogion hat folgendes geschrieben:
Für bedingungsloses Grundeinkommen bin ich auch, aber sowas ist doch schon Detail, oder soll es auch um konkrete Umsetzungspläne gehen?


Das eine geht wohl kaum ohne das andere, oder? zwinkern
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Ogion
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Anmeldungsdatum: 29.10.2006
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Beitrag(#593381) Verfasst am: 30.10.2006, 01:19    Titel: Antworten mit Zitat

Nun, bei so allgemeinen Fragen ist ein BGE noch nicht Thema.
Aber in Ordnung.

Ogion
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Latenight
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Beiträge: 2549

Beitrag(#593416) Verfasst am: 30.10.2006, 03:14    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Es soll energisch nach neuen Theorien und Ideen gesucht werden, die sich mit der Frage befassen, wie mit der Globalisierung zu verfahren ist. Er meint, daß in den meisten Demokratien ein Mangel an Organisationen für die Forschung und Entwicklung von Politiken besteht.

In einer "Denkfabrik" sollen mit Hilfe einer angemessenen Zahl von hochqualifizierten, multidisziplinär ausgebildeten und erfahrenen Vollzeitforscherteams neue Politikoptionen erschlossen werden. Er schlägt vor, darüber hinaus eine demokratische politische Philosophie zu entwerfen, die sich mit globaler Gleichheit und Herrschaft beschäftigt. Das sei nicht Sache der Regierungen und der mit Politikentwicklung befaßten Institutionen; vielmehr sollten hierfür freischwebende Intellektuelle, Philosophen und Politiktheoretiker zuständig sein.

Er warnt gleichzeitig davor, daß solche "Denkfabriken" nur begrenzten Nutzen haben, wenn politische Institutionen die Lösungsumsetzung behindern


Na das hatten wir doch schon alles mit den planenden Denkfabriken. Und die haben auf dem Sprung nach vorn die größten Hungersnöte der Menschheitsgeschichte "umgesetzt".
Wenn ich "freischwebende Intellektuelle", "Philospohen" und "Politiktheoretiker" schon höre Erbrechen
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iovialis
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Anmeldungsdatum: 20.07.2006
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Beitrag(#593454) Verfasst am: 30.10.2006, 10:45    Titel: Keine Diskussion über die Denkfabrik... Antworten mit Zitat

Latenight hat folgendes geschrieben:
Na das hatten wir doch schon alles mit den planenden Denkfabriken. Und die haben auf dem Sprung nach vorn die größten Hungersnöte der Menschheitsgeschichte "umgesetzt".
Wenn ich "freischwebende Intellektuelle", "Philospohen" und "Politiktheoretiker" schon höre Erbrechen


Latenight, wenn das eine Regierung umsetzen würde und so etwas in Auftrag gibt, wäre ich auch komplett dagegen. Aus diesem Grund haben wir in einer privatinitiative entschieden, die genannte Forderung durch Privatpersonen mit entsprechendem Hintergrund umzusetzen. So sind in unseren Reihen:
ein Blumenhändler (Bereich Geisteswissenschaften), ein LKW-Fahrer (Bereich Wirtschaftswissenschaften), ein Übersetzer (Bereich Naturwissenschaften), ein Schüler (Moderation) und eine Anwaltsgehilfin (Moderation, Recht).

Mehr Leute sind wir derzeit nicht und suchen uns auch nur geeignete Leute aus; transparent kann man im Internet unsere Ausarbeitungen lesen. Wir erheben ja nicht den Anspruch, daß das alles umgesetzt wird, was wir da erarbeiten. Aber wir möchten zumindest Lösungsansätze begründet vorlegen (können).

Du kannst nun kotzen, wie Du willst - ich wollte hier nicht über den Sinn und Unsinn einer Denkfabrik diskutieren, sondern Antworten auf meine Fragen im ersten Posting:

Was stellt ihr Euch unter dem Staat vor?

Welche Anforderungen würdet ihr an eine "Staatstheorie" stellen?

Braucht man überhaupt einen Staat?

Was ist die Aufgabe eines Staats?

Wer nicht antworten will, auch gut; aber diese Antworten sollten eigentlich in unsere "Denkfabrik" einfließen.

Iovialis
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Latenight
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Beitrag(#593485) Verfasst am: 30.10.2006, 12:00    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Du kannst nun kotzen, wie Du willst - ich wollte hier nicht über den Sinn und Unsinn einer Denkfabrik diskutieren, sondern Antworten auf meine Fragen im ersten Posting:


Was hat die Frage nach Sinn und Unsinn eurer Denkfabrik mit dem von mir zitierten Abschnitt zu tun?

Bezogen habe ich mich auf das Konzept der Denkerkaste, die das neue Gemeinwesen ersinnt. Soweit noch so gut. Richtig aufstoßen tut mir auf jeden Fall der Satz: "Er warnt gleichzeitig davor, daß solche "Denkfabriken" nur begrenzten Nutzen haben, wenn politische Institutionen die Lösungsumsetzung behindern"

Das impliziert nämlich mehrere Sachen. Der gute Professor geht davon aus, dass sich (1) eine optimale Lösung erdenken lässt. Tut sie nicht, als Psychologe kann ich dir sagen, dass unsere Informationsverarbeitungskapazität dafür in keinster kleinen Ansatzweise ausreicht. (2) Dass das Volk nicht einmal indirekten Einfluss nehmen darf ("Er warnt gleichzeitig davor, daß solche "Denkfabriken" nur begrenzten Nutzen haben, wenn politische Institutionen die Lösungsumsetzung behindern " = Einfluss nehmen wollen). (3) Ist mit (2) gleich vorneweg der Sündenbock für den Fall des Scheiterns der kommunistischen Sache definiert. Nämlich die "Einfluss nehmenden" politischen Institutionen.

Viel Spaß weiterhin bei der Arbeit. Der eine schraubt an Oldtimern, der andere poliert halt gestrige Ideen wieder auf... Winke - Winke
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iovialis
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Beitrag(#593512) Verfasst am: 30.10.2006, 12:53    Titel: Diskussion über den Staat und nicht über eine Denkfabrik Antworten mit Zitat

Latenight, vielleicht war meine Wortwahl etwas daneben, trotzdem gehst Du hier auf die Umsetzung einer Denkfabrik und deren Nutzen ein, obwohl meine Fragestellung (und Sinn der Threaderöffnung) ein ganz anderer war. Da kannst Du nun lange Psychologe sein, das ist mir relativ egal, was/wer Du bist. Mich interessiert immer noch die Antwort auf:

Was stellt ihr Euch unter dem Staat vor?

Welche Anforderungen würdet ihr an eine "Staatstheorie" stellen?

Braucht man überhaupt einen Staat?

Was ist die Aufgabe eines Staats?

Wie Du dabei richtig erkannt hast, haben unterschiedliche Menschen, unterschiedliche Hobbys. Und unser Hobby ist nunmal, über den Sinn und Unsinn eines Staates nachzudenken, bzw. die Legitimation eines solchen zu hinterfragen. Wenn es eine Legitimation des Staates gibt, dann fragen wir weiter, was dessen Aufgabe ist und wie diese Aufgabe zu erfüllen sei.

Die Idee dazu stammt von dem genannten Professor - mehr haben wir damit nicht zu tun. Ich stelle klare Fragen, erkläre Hintergründe, weshalb ich diese Fragen stelle und bekomme dann eine Diskussion über die Hintergründe, ohne meine Fragen beantwortet zu haben. Dabei ist es unwesentlich, weshalb ich fragte, sondern die Frage ist (mir) wichtig.

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Ogion
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Beitrag(#593863) Verfasst am: 30.10.2006, 22:19    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Richtig aufstoßen tut mir auf jeden Fall der Satz: "Er warnt gleichzeitig davor, daß solche "Denkfabriken" nur begrenzten Nutzen haben, wenn politische Institutionen die Lösungsumsetzung behindern"


Wer sagt denn, dass die politischen Institutionen mit der Bevölkerung gleichzusetzen sind?
Als ob das 'Volk' bei den Amtsgeschäften eines George Bush viel mitzureden hätte! Mit den Augen rollen
Und ich habe lieber akademische Denkfabriken, als religiöse Fanatiker, die ihren tausenden Gefolgsleuten das Denken abnehmen.

Zitat:
4.Was stellt ihr Euch unter dem Staat vor?

3.Welche Anforderungen würdet ihr an eine "Staatstheorie" stellen?

2.Braucht man überhaupt einen Staat?

1.Was ist die Aufgabe eines Staats?


1.Die Aufgabe des Staates ist, die Bedürfnissbefriedigung der Menschen zu ermöglichen bzw. zu erleichertern.
2.Ja, man braucht einen Staat, denn es gibt immer Menschen (eigentlich bis zu einem gewissen Grad jeder Mensch), die anderer Menschen Rechte sonst verletzen. Der Staat dient dazu, es zu ermöglichen, dass alle Menschen ihre Rechte 'bekommen' (ich würde da die Menschenrechte nehmen).
3.Die Staatstheorie muss eine Schlussfolgerung aus den Menschenrechten und demokratischen Prinzipien sein. (Oder was meinst du mit siesem Punkt?)
4.Uff. Das ist jetzt aber sehr umfangreich.
Er muss demokratisch aufgebaut sein. Es muss eine Grundversorgung geben. Ews muss freien Zugang zu Bildung geben. Dieser Staat muss Teile seiner Souveränität an eine übergeordnete Institution abgeben, sprich: Es muss eine Art UNO geben, die bei wichtigen Themen wie Einhaltung der Menschenrechte, Kriegsentscheidungen, Umweltpolitik und bestimmt noch einigen mehr einige Befugnisse hat. Denn nur durch gegeseitige Kontrolle kann gewährleistet werden, dass sich ein Staat an bestimmte Richlinien hält.
Das ist jetzt bestimmt nicht alles, aber das muss erstmal reichen.

Das alles steht unter dem Zeichen, dass ich nicht glaube, dass der Mensch noch nicht bereit ist für echten Kommunismus oder für staatenlose Gesellschaftssysteme. Außerdem denke ich, dass Freiheit nicht durch Grenzenlosigkeit entsteht, sondern durch gewisse Grenzen. Vor allem hört die Freiheit des einen dort auf, wo Die des Anderen beginnt.

Ogion
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iovialis
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Anmeldungsdatum: 20.07.2006
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Beitrag(#593949) Verfasst am: 31.10.2006, 00:18    Titel: Demokratie ist unmöglich! Antworten mit Zitat

Ogion hat folgendes geschrieben:
Er muss demokratisch aufgebaut sein.


Erstmal ein dickes Dankeschön für die Antworten. Allerdings muß ich gleich hier mal eine böse Behauptung aufstellen, die Dein Weltbild vielleicht etwas ins Wanken bringen wird:

Demokratie ist unmöglich!

Ich beziehe mich auf Herrn Arrow, der 1972 den Nobelpreis erhielt, indem er mathematisch bewies, daß Demokratie unmöglich sei. Hier der Link dazu:
Arrow-Paradox zum Beweis, daß Demokratie unmöglich sei

Wenn ich also eine Staatstheorie auf dem Irrtum der Demokratie aufbaue, dann werde ich kaum die Probleme der heutigen Staaten lösen. Außer, ich widerlege, daß Demokratie nicht möglich sei.

Zur Legitimation des Staates will ich behaupten, daß es immer auf ein Menschenbild ankommt. Anarchisten werden sagen, daß ein Staat die Freiheit der Menschen einschränkt - dabei gehen sie davon aus, daß der Mensch sich selbst so im Zaum hat, um anderen Menschen die gleichen Rechte zuzusprechen (dazu Aleister Crowley: "Tu' was Du willst, sei das ganze Gesetz" im Gegensatz zu Immanuel Kant: "Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die Du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.").

Die Aufgabe des Staates definiert sich für mich folgendermaßen: Eine Lösung zu geben, wie Menschen friedlich zusammenleben können und dabei die Chancengleichheit besitzen, sich selbst zu entfalten und zu verwirklichen, ohne dabei andere einzuschränken.

Die Sache hört sich einfacher an, wie getan zwinkern

Iovialis
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Shadaik
evolviert



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Beitrag(#594774) Verfasst am: 01.11.2006, 12:51    Titel: Antworten mit Zitat

Einer neuen Staatstheorie geht die Annahme voraus, es gebe eine neue Art von Staat.
Da dies jedoch momentan nicht abzusehen ist (außer eventuell in Form der EU) halte ich die Forderung für unerfüllbar, außer natürlich als propagiertes Idealbild.

Mir persönlich scheint die Forderung im Sinne eines langsam veraltenden (wenn auch noch nicht veraltetem) politischen Verständnisses zu stehen.
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Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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iovialis
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Anmeldungsdatum: 20.07.2006
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Wohnort: Kiew

Beitrag(#595009) Verfasst am: 01.11.2006, 21:41    Titel: Mal kucken... Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Einer neuen Staatstheorie geht die Annahme voraus, es gebe eine neue Art von Staat.
Da dies jedoch momentan nicht abzusehen ist (außer eventuell in Form der EU) halte ich die Forderung für unerfüllbar, außer natürlich als propagiertes Idealbild.

Mir persönlich scheint die Forderung im Sinne eines langsam veraltenden (wenn auch noch nicht veraltetem) politischen Verständnisses zu stehen.


Auf der einen Seite verstehe ich Dich, denn es gibt Staaten, die allesamt mit irgendeiner (mehr oder weniger demokratischen) Staatsform (mehr oder weniger gut) funktionieren. Beschränke ich mich also mit einer Staatstheorie auf einen regionalen Nationalstaat, werde ich aber einem Anspruch nicht gerecht: der Globalisierung.

Marx und Engels entwarfen den Kommunismus als Staats-, Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung. Überlege ich nun, daß unser angestrebtes Ziel einer Staatstheorie ein Grundeinkommen und basisdemokratische Möglichkeiten integriert, frage ich mich, ob es nicht doch auch in die Richtung geht, was Marx und Engels entworfen hatten.

Ob man von etwas wirklich "Neuem" reden kann, überlasse ich dem Ergebnis; in wie weit es Sinn ergibt, das zu entwerfen, kommt auch auf das Ergebnis an - aber jeder hat eben so sein Hobby. Ob diese Idee eines "jovialen Staats" jemals umgesetzt wird, können wir alle nicht sagen; genausowenig, ob dies überhaupt wünschenswert wäre - warten wir's ab.

Naja, mal kucken, was draus wird zwinkern

Iovialis
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Tarvoc
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Beitrag(#595036) Verfasst am: 01.11.2006, 22:50    Titel: Re: Demokratie ist unmöglich! Antworten mit Zitat

iovialis hat folgendes geschrieben:
Arrow-Paradox zum Beweis, daß Demokratie unmöglich sei

Lachen Danke, das hat mir den Abend gerettet. Einfach herrlich, dieser Link! Da beweist jemand mit mathematischen Mitteln, dass seine eigene, ganz persönliche Vorstellung von Demokratie unmöglich sei. Auf so eine Idee kann ja auch wirklich nur ein Mathematiker kommen. Mit den Augen rollen

"Möchte könnte muss sollte möglicherweise vielleicht wir können mit Sicherheit annehmen müsste es ist kaum zu bezweifeln fast sicher - arme Mietpferde! lass sie herausgehen zum Grasen! Beweis ist nur möglich in der Mathematik, und Mathematik ist nur eine Angelegenheit von künstlichen Übereinstimmungen. [...] Je notwendiger irgendetwas meinem Gemüt erscheint, desto sicherer ist es, dass ich nur eine Begrenzung bestätige."

(Aleister Crowley, Book of Lies 45 Chinesische Musik)
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Tarvoc
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Beiträge: 44650

Beitrag(#595042) Verfasst am: 01.11.2006, 22:58    Titel: Antworten mit Zitat

Vielleicht doch ein Wort zu Kenneth Arrows Verteidigung: Es ist auch sehr gut möglich, dass der obige Link seine Absichten (möglicherweise sogar absichtlich) falsch wiedergibt. Liest man den Wikipedia-Artikel zu seiner Beweisführung, so stellt man fest, dass der Begriff 'Demokratie' nicht nur in seiner Beweisführung, sondern in dem ganzen Artikel überhaupt nicht auftaucht - auch nicht implizit. Was das Arrow-Theorem leistet, ist lediglich der Nachweis der Unmöglichkeit einer bestimmten Art von Wahlverfahren unter ganz bestimmten, genau festgelegten Bedingungen.
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Beitrag(#595051) Verfasst am: 01.11.2006, 23:18    Titel: Re: Demokratie ist unmöglich! Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Lachen Danke, das hat mir den Abend gerettet. Einfach herrlich, dieser Link! Da beweist jemand mit mathematischen Mitteln, dass seine eigene, ganz persönliche Vorstellung von Demokratie unmöglich sei. Auf so eine Idee kann ja auch wirklich nur ein Mathematiker kommen. Mit den Augen rollen


Sorry, Tarvoc, so ganz verstehe ich nicht, was Dich an der Sache so belustigt. Arrow hat mathematisch gezeigt, daß eine bestimmte Vorstellung (es muß nicht seine persönliche sein) von Demokratie mathematisch gesehen unmöglich wäre. Soweit ich das verstanden habe, basiert aber das heutige "demokratische" Wahlverfahren eben auf dieser "bestimmten Vorstellung".

Und wenn Du Dich nur auf WikiPedia als Quelle verläßt, dann hast Du WikiPedia wohl nicht ganz verstanden zwinkern
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Tarvoc
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Beitrag(#595056) Verfasst am: 01.11.2006, 23:26    Titel: Re: Demokratie ist unmöglich! Antworten mit Zitat

iovialis hat folgendes geschrieben:
Arrow hat mathematisch gezeigt, daß eine bestimmte Vorstellung (es muß nicht seine persönliche sein) von Demokratie mathematisch gesehen unmöglich wäre.

In der Tat, genau das hat er gezeigt. Dann frage ich mich allerdings, warum dein Beitrag und auch der gegebene Link die Tatsache, dass lediglich die Realisierbarkeit einer bestimmten Vorstellung von Demokratie (wobei ich, nebenbei bemerkt, niemanden kenne, der eine solche Vorstellung überhaupt vertritt) widerlegt wurde und nicht die Möglichkeit von Demokratie überhaupt, nicht nur nicht deutlicher herausstellt, sondern überhaupt verschweigt und so argumentiert, als bestünde diese Tatsache gar nicht, d.h. als sei die Demokratie als solche widerlegt.

iovialis hat folgendes geschrieben:
Soweit ich das verstanden habe, basiert aber das heutige "demokratische" Wahlverfahren eben auf dieser "bestimmten Vorstellung".

Soso. Wäre mir neu, dass im heutigen Wahlverfahren eine Präferenzhierarchie von Interessen nach den dort aufgeführten Maximen aufgestellt würde...
Inwiefern basiert denn das heutige demokratische Verfahren deiner Ansicht nach auf dieser bestimmten Vorstellung? Kannst du das präzisieren? Mit den Augen rollen

iovialis hat folgendes geschrieben:
Und wenn Du Dich nur auf WikiPedia als Quelle verläßt, dann hast Du WikiPedia wohl nicht ganz verstanden zwinkern

Ganz schlechtes Argument. Ich verlasse mich lieber auf Wikipedia als Quelle als auf irgendeinen Link, der zu irgendeiner mir unbekannten Webseite führt, und den mir irgendein Forenuser vor die Nase knallt. zwinkern
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Beitrag(#595094) Verfasst am: 02.11.2006, 00:29    Titel: Re: Demokratie ist unmöglich! Antworten mit Zitat

Wie ich das mit dem Arrow-Paradox verstanden habe (vielleicht liegt ja hier der Fehler?):

Eine Firma sucht eine Sekretärin. 10 Führungskräfte sollen demokratisch unter 4 Bewerberinnen auswählen. Die 4 Bewerberinnen haben folgende Eigenschaften:
Bewerberin A - hübsch, angenehme Stimme, langsames Schreiben am Computer
Bewerberin B - nicht hübsch, pipsige Stimme, schnelles Schreiben am Computer
Bewerberin C - hübsch, unangenehme Stimme, langsames Schreiben am Computer
Bewerberin D - mollig, angenehme Stimme, schnelles Schreiben am Computer

Bewerberin D entspricht am ehesten den Anforderungen der 10 Entscheider und ist damit Favorit.

Rationalität: wer sich für D entscheidet (weil das Entscheidungsgewicht auf der Geschwindigkeit am Computer lag), wird automatisch auch B vor A und C wählen.

Uneingeschränkter Gültigkeitsbereich: ich habe die Freiheit, bei meiner Entscheidungsfindung die Auswahlkriterien individuell festzulegen (in meinem Fall: Geschwindigkeit am Computer, dann die Stimme, dann das Aussehen).

Unabhängigkeit von irrelevanten Alternativen: wie sieht es nun mit den restlichen Alternativen aus und in welcher Reihenfolge sollen die Alternativen gewählt werden, wenn Bewerberin D bei einer anderen Firma die Stelle bekommt? Bewerberin D beeinflußt die neue Entscheidungsfindung, indem der Gültigkeitsbereich (Auswahlkriterien) vielleicht anders gewichtet wurden (die angenehme Stimme von Bewerberin D würde mich bei einem erneuten Auswahlverfahren zu Bewerberin A als Favorit bringen).

Pareto-Optimum: die gemeinsame Einigung auf Bewerberin D, nach der Definition der Auswahlkriterien (nicht deren Gewichtung) -> also auf Aussehen, Stimme und Geschwindigkeit am Computer.

Diktatur: hierbei würde einer der 10 Führungskräfte diktatorisch entscheiden, wer unter den Bewerberinnen auszuwählen sei.

Die Argumentation von Arrow geht nun davon aus, daß die 3/4 ersten Bereiche im Widerspruch zum Diktaturverbot stehen. Damit ist gemeint, daß die Entscheidungsfindung durch Einigkeit der gesamten Gruppe (alle 10 einigen sich für Bewerberin D) die gleiche Entscheidungsgewalt besitzt, wie nur ein Anteil der Gruppe (z.b. 6 sind für Bewerberin D). Er argumentiert weiter, daß die letzliche Entscheidung dann von einem einzigen Gruppenmitglied abhängig sei (das die Mehrheit ausmacht) und dieses Mitglied dann ein Diktator sein muß (z.B. alle 10 stimmen nacheinander ab, derjenige, der als sechster für die Bewerberin stimmt, hat die Mehrheit gebildet und ist demnach derjenige, der die "Macht" hatte, die Mehrheit zu bilden -> Diktator; bei geheimer Wahl, ohne die vorhergehenden Abstimmungen zu kennen, bleibt es auch dabei, auch wenn er nicht bestimmbar ist).

Liege ich mit diesem Verständnis nun richtig?

-----------
Ganz nebenbei zur demokratischen Unmöglichkeit:
10 Personen sollen abstimmen, ob 1+1=2 sei. 6 Personen sind dagegen, 4 Personen sind dafür. Wird dabei die "Wahrheit" gewählt?

----------
Zu WikiPedia:
WikiPedia ist gut, allerdings versuche ich mich in solchen Fällen um mehr Quellen zu bemühen, damit ich den Sachverhalt verstehe. Aber vielleicht habe ich Arrow wirklich nicht kapiert Mit den Augen rollen
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Beitrag(#595144) Verfasst am: 02.11.2006, 02:21    Titel: Re: Demokratie ist unmöglich! Antworten mit Zitat

iovialis hat folgendes geschrieben:
Liege ich mit diesem Verständnis nun richtig?

Weiß ich nicht, aber diese Argumentation halte ich doch für recht merkwürdig. Sie behauptet, dass eine Einzelperson, die in einer Entscheidung das Zünglein an der Waage spielt, de Fakto den Charakter eines Diktators hat. Das würde ich nicht so sehen, da diese Person diese Position überhaupt nur aufgrund der Position aller Anderen einnehmen kann und auch nur zufällig in dieser Position ist. Eine Diktatur würde ich das nicht nennen, schon deshalb, weil die Machtposition dieser Einzelperson weder institutionalisiert ist noch auf einer faktischen Autorität beruht, sondern sich aus dem konkreten Prozess der Entscheidungsfindung selbst ergibt. Jedenfalls halte ich die Feststellung, dass in gewissen Situationen eine Einzelperson das Zünglein an der Waage spielen und die Mehrheitsverhältnisse kippen kann, nicht für besonders weltbewegend. Ich halte das bestehen solcher Möglichkeiten sogar für positiv für eine Demokratie.

iovialis hat folgendes geschrieben:
Ganz nebenbei zur demokratischen Unmöglichkeit:
10 Personen sollen abstimmen, ob 1+1=2 sei. 6 Personen sind dagegen, 4 Personen sind dafür. Wird dabei die "Wahrheit" gewählt?

Merkwürdige Bemerkung. Mathematik besteht nicht als 'Ding an sich', sondern ist ein Produkt menschengemachter Konvention.
Wenn wir uns vorher auf die Axiome geeinigt haben, aus denen der Satz 1+1=2 abgeleitet ist, dann gilt er auch.
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iovialis
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Beitrag(#595193) Verfasst am: 02.11.2006, 10:27    Titel: Re: Demokratie ist unmöglich! Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
iovialis hat folgendes geschrieben:
Ganz nebenbei zur demokratischen Unmöglichkeit:
10 Personen sollen abstimmen, ob 1+1=2 sei. 6 Personen sind dagegen, 4 Personen sind dafür. Wird dabei die "Wahrheit" gewählt?

Merkwürdige Bemerkung. Mathematik besteht nicht als 'Ding an sich', sondern ist ein Produkt menschengemachter Konvention.
Wenn wir uns vorher auf die Axiome geeinigt haben, aus denen der Satz 1+1=2 abgeleitet ist, dann gilt er auch.


Tarvoc, Deinen ersten Einwand (den ich nicht zitiere) kann ich verstehen und stimme teilweise zu. Teilweise deshalb, weil ich mit meinem zitierten Beispiel zeigen wollte, daß es Dinge gibt, die aus sich selbst heraus eine Wahrheit bilden und demokratisch zwar als unwahr "gewählt" werden, aber eben am Wahrheitsgehalt nichts ändern. Selbst eine demokratische Abstimmung (die Einigung) über die Axiome würde nichts an den logischen Zusammenhängen ändern.

Es gibt somit eine "Diktatur der Wahrheit", die allein aus dem vernunftsmäßigen und logischen Zusammenhängen eine Entscheidung (zugunsten der Wahrheit) treffen und eine "Diktatur der Mehrheit", die nicht zwingend eine vernunftsmäßig und logisch begründete Entscheidung fällen.

Demokratie und dessen Abstimmungsverfahren taugt demnach nicht, irgendwelche Wahrheiten zu entscheiden, sondern versucht eher, einen optimalen Beschluß bei mehreren Möglichkeiten zu finden. Im Gegensatz zum Optimum steht das Ideal, womit das beste Denkbare bezeichnet wird. Wie weit ist aber die Entscheidungsfindung über die Abgabe einer Einmaligen Stimme (Dafür/dagegen) geeignet, das wirkliche Optimum zu finden (und damit eine Annäherung an ein Ideal zu treffen)?

Allerdings weichen wir hier etwas vom Thema ab und unterhalten uns über den Entscheidungsprozess innerhalb einer Demokratie. Das ist für eine Staatstheorie ein Teilaspekt und betrifft eigentlich nur die Demokratie.
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Latenight
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Beitrag(#595227) Verfasst am: 02.11.2006, 11:41    Titel: Antworten mit Zitat

Ein paar Punkte dazu.

Das Beispiel zeigt nicht, dass Demokratie mathematisch gesehen unmöglich ist, sondern es ist wenn überhaupt ein Beispiel für eine wohl bekannte Tatsache, nämlich dass menschliches Wahlverhalten nicht im Sinne eines erwartungswertmaximierenden Rationalitätskriteriums formalisiert werden kann. Daniel Kahneman ist für seine Arbeiten zu dem Thema nobelpreisprämiert.

Außerdem dürfte es wohl völlig klar sein, dass die Qualität einer Entscheidungsmodalität nicht an Entscheidungen gemessen werden kann, die gar keine sind. Das die emprirische Entsprechung von 1 + 1 = 2 ist, daran kann keine Entscheidung etwas ändern, das ist ein Naturgesetz. Wie man diese empirische Struktur in eine formale übersetzt, das ist Konventionssache und kann, wie Tarvoc sagt, sehr wohl abgestimmt werden.

Im Rahmen einer Staatstheorie ist es in vielen Bereichen auch nicht angebracht, nach formallogischen Kriterien zu entscheiden. Erstens wird man selten Entscheidungskriterien haben, deren Elemente sich durch mathematische Operationen verknüpfen lassen (ein kleiner Blick in Literatur zur Meßtheorie würde nicht schaden) oder die sich überhaupt sinnvoll in Relation zueinander setzen lassen. Ohne Konnexität auch keine von dir angemahnte Transitivität in der Entscheidung. Zweitens kann formallogische ("wissenschaftliche", "rationale" Mit den Augen rollen ) Argumentation sehr leicht als Deckmäntelchen für höchst barbarische Machenschaften dienen.



iovalis hat folgendes geschrieben:
Ganz nebenbei zur demokratischen Unmöglichkeit:
10 Personen sollen abstimmen, ob 1+1=2 sei. 6 Personen sind dagegen, 4 Personen sind dafür. Wird dabei die "Wahrheit" gewählt?

Ein vortreffliches Beispiel dafür, warum aus Rationalitätsgründen ein Intellektuellenrat oder wie auch immer diese von dir ins Spiel gebrachte Planungsrunde aussehen soll, strikt abzulehnen ist. Eben weil "eine" Wahrheit selten evident ist und es für unterschiedliche Individuen unterschiedlichste Lösungen als subjektiv optimale "Wahrheit" gibt ist die kommunistische Massendiktatur etwas höchst abartiges und unmenschliches.



Wünsche, Ziele, Glück, Unglück, Zufriedenheit usw. sind nicht rational und nicht formalisierbar. Man kann es ja noch nicht mal sinnvoll simulieren. Allerdings ist aber genau dies die Realität des Menschen. Eine "Staatstheorie" die für den Menschen da ist, muss sich auch auf die Lebensrealität desselben stützen und nicht auf abstrakte mathematische Prinzipien.

Deswegen hat eine Staatstheorie einen so schlanken und so zurückgezogenen Staat wie nur irgendmöglich anzustreben. Hauptziel des Staates ist es, (1) Leib, Leben und Eigentum seiner Bürger zu garantieren. Und (2) seine Bürger zu mündigen und reifen Menschen zu erziehen. Punkt (1) sehe ich gegenwärtig gut erfüllt. Punkt (2) nicht, weil Bequemlichkeit und Unmüdigkeit momentan subventioniert (siehe v.a. Bildungs- und Gesundheitswesen) anstatt sanktioniert wird.
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iovialis
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Beitrag(#595683) Verfasst am: 02.11.2006, 20:56    Titel: Staatstheoretische Ansätze Antworten mit Zitat

Latenight hat folgendes geschrieben:
Wünsche, Ziele, Glück, Unglück, Zufriedenheit usw. sind nicht rational und nicht formalisierbar. Man kann es ja noch nicht mal sinnvoll simulieren. Allerdings ist aber genau dies die Realität des Menschen. Eine "Staatstheorie" die für den Menschen da ist, muss sich auch auf die Lebensrealität desselben stützen und nicht auf abstrakte mathematische Prinzipien.


Meine Zustimmung! Demokratie sollte ein Prozess der Entscheidungsfindung sein und nicht ein auf Mathematik begründetes Entscheidungsverfahren, das an der Lebensrealität vorbei geht. Es ist nicht demokratisch/mathematisch ausfindig zu machen, was für alle Glück und Zufriedenheit bedeutet.

Latenight hat folgendes geschrieben:
Deswegen hat eine Staatstheorie einen so schlanken und so zurückgezogenen Staat wie nur irgendmöglich anzustreben. Hauptziel des Staates ist es, (1) Leib, Leben und Eigentum seiner Bürger zu garantieren.


Das hört sich stark nach Liberalismus an:

WikiPedia/Liberalismus hat folgendes geschrieben:
Im Zentrum seiner politischen Philosophie steht das Individuum, dem größtmögliche Freiheit gegeben werden soll, sowie das Prinzip der Nichtaggression. Die individuelle Freiheit ist nach liberaler Überzeugung die Grundnorm und Basis einer menschlichen Gesellschaft, auf die hin der Staat und seine politische wie wirtschaftliche Ordnung auszurichten seien. Wo die Freiheit des Einzelnen berührt wird, habe jede, auch die staatliche Gewalt zu enden – der Staat habe nur dann einzugreifen, wenn die Freiheit der Individuen verletzt wird. Seine Rolle habe sich vorrangig auf den Erhalt von Recht und Freiheit zu beschränken. Regulationen der Wirtschaft, aber auch Sozialleistungen sollten ebenso wie Steuern minimiert werden. Dem Einzelnen solle durch sein Mehr an Freiheit auch mehr Verantwortung für sich selbst übertragen werden.


Dabei wird der Einzelne in den Vordergrund gestellt, aber die Gemeinschaft vernachlässigt. Der Einzelne sollte durch sein Mehr an Freiheit auch mehr für Verantwortung für sich UND die Gemeinschaft übernehmen. Betrachte ich einen geistig behinderten Menschen, der nicht selbst für sich sorgen kann und wende das obige liberale Modell an, muß ich fragen, was mit dem geistig behinderten Menschen in einer solchen Gesellschaft passiert? Von wem wird er getragen?

Latenight hat folgendes geschrieben:
Und (2) seine Bürger zu mündigen und reifen Menschen zu erziehen. Punkt (1) sehe ich gegenwärtig gut erfüllt. Punkt (2) nicht, weil Bequemlichkeit und Unmüdigkeit momentan subventioniert (siehe v.a. Bildungs- und Gesundheitswesen) anstatt sanktioniert wird.


Auch hier stimme ich bedingungslos zu - mündige und reife Bürger sind in der Lage, eine auf Vernunft begründete Entscheidung zu treffen. Auf der anderen Seite gehe ich aber weiter, daß ein Staat auch "Beteiligungsmöglichkeiten" bieten soll, die ihm ermöglichen, seine Ideen und Vorstellungen einzubringen. Meine Forderung ist hier: ein staatliches Vorschlagswesen. Diejenigen, die im täglichen Umgang Probleme erkennen, finden meist auch die geeignetesten Antworten, die Probleme zu lösen. Hier greift dann auch die Forderung, daß dem Menschen auch mehr Verantwortung für die Gemeinschaft zugesprochen werden soll.
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Tarvoc
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Beitrag(#595700) Verfasst am: 02.11.2006, 21:09    Titel: Re: Staatstheoretische Ansätze Antworten mit Zitat

iovialis hat folgendes geschrieben:
Latenight hat folgendes geschrieben:
Deswegen hat eine Staatstheorie einen so schlanken und so zurückgezogenen Staat wie nur irgendmöglich anzustreben. Hauptziel des Staates ist es, (1) Leib, Leben und Eigentum seiner Bürger zu garantieren.

Das hört sich stark nach Liberalismus an.

Nein, das kann man auch auf manche (nicht alle!) linken Positionen anwenden. Allerdings gehen die Vorstellungen bezüglich der Bedeutung und Reichweite der Forderung nach Schutz auf Leben und Eigentum da eben zwischen Liberalen und Linken auseinander. Ein Linker würde vielleicht sagen, dass zum Recht auf Leben mindestens auch ein Recht auf ausreichende Ernährung und medizinische Versorgung gehört, während ein Liberaler sowas wohl nicht notwendigerweise behaupten würde. Manche Linken könnten auch argumentieren, dass, wenn man die Arbeitskraft einer Person als eine Form des Eigentums auffasst, der Zwang zum Verkauf der eigenen Arbeitskraft unter Wert zum Zweck des Lebenserhalts eine Form der gesellschaflichen Beschränkung des Rechts auf Eigentum sei. Ich erinnere mich dunkel, dass Marx selbst stellenweise so ähnlich argumentierte.
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Latenight
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Beitrag(#595842) Verfasst am: 03.11.2006, 00:07    Titel: Antworten mit Zitat

Nein, als ausdrücklich liberal sehe ich mich nicht. Das Prinzip des Schlanken Staates finde ich schon richtig. Aber jeder Mensch hat nur ein Leben und deswegen habe ich ein Problem damit, den Wettbewerb/Markt als Allheilmittel zu sehen. Da kann ich mich durchaus mit linken Positionen identifizieren. Allerdings bin ich, was Werte wie Fleiß oder Bescheidenheit angeht auch wieder recht konservativ. Dann aber ist bei diversen Tests zu dem Thema meine ausgeprägteste Dimension die Anarchistische...

Vor dem Hintergrund laufen die Diskussionen hier dann meist so, dass ich mich an einem Punkt aufhänge, den ich nicht nachvollziehbar oder angesichts der Faktenlage nicht haltbar finde. Im Gegenzug wird mir dann gerne unterstellt, blöd und neoliberal zu sein.

So ist das mit dem liberalen und irgendwie auch nicht liberalen Latenight Sehr glücklich
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iovialis
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Beitrag(#596950) Verfasst am: 05.11.2006, 11:31    Titel: Die Frage nach einem Menschenbild Antworten mit Zitat

Erstmal Danke für Eure lesenswerten Beiträge! Nachdem wir das Wahlthema angeschnitten hatten und jetzt auf den Freiheitsgedanken übergegangen sind, möchte ich nachfragen, für wen der Staat eigentlich da sein soll. Prinzipiell geht es ja um die Aufgabe, das Zusammenleben in irgendeiner Art zu organisieren und es jedem zu ermöglichen, sich frei, chancengleich und individuell zu entfalten. Aber warum sollte ein Staat das tun? Wieso sollte ein Staat auch Polizei haben, statt daß wir in einer reinen Anarchie leben?

Ich möchte hier ansetzen: welches Menschenbild sollte einem Staat zugrunde liegen, um sich selbst zu rechtfertigen?
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Bynaus
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Beitrag(#596963) Verfasst am: 05.11.2006, 11:54    Titel: Antworten mit Zitat

Ich denke, die zentrale Aufgabe des Staates ist es, diejenigen Bedürfnisse der Gesellschaft (=seiner Bürger) zu befriedigen, die nicht von privaten Organisationen in praktikabler Weise übernommen werden können. Dazu gehört z.B. die Verteidigung (Gewaltmonopol), die Gerichte (Gerichtsmonopol), die Aussenpolitik, Sicherung einer Grundversorgung (minimales soziales Netz, warum nicht in Form eines (niedrigen) Grundeinkommens?). Damit könnte es man bewenden lassen. Finanzieren könnte man diesen Staat aus einer Umsatzsteuer oder über eine eine (niedrige) Einkommenssteuer. Ein solcher Staat ist meines Erachtens mindestens nötig, weil er die grössten Probleme einer völlig anarchistischen Gesellschaft abfedert - das hat zwar seinen Preis (Einschränkung der persönlichen Freiheit durch Steuer, Gewaltmonopol), aber ich denke, das ist es wert (grössere individuelle Sicherheit).

Möglicherweise könnte man sogar auf ein permanentes Parlament verzichten: Man sammelt Unterschriften für Anliegen. Wenn genügend davon zusammen kommen, organisiert die Regierung eine Wahl von Volksvertretern: Diejenigen Anliegen, für die in der Zwischenzeit genügend Stimmen gesammelt wurden, werden in der anschliessenden Versammlung traktandiert, danach löst sich das "Parlament" wieder auf. Die Regierung selbst wird jeweils am Silvesterabend (nachdem die Menschen gerade all die Jahresrückblicke in den Zeitungen gelesen haben...) für das kommende Jahr gewählt.

Das Menschenbild dahinter ist etwa folgendes: Wir wissen, dass wir einige Fehler und Schwächen haben: Um ihre Auswirkungen abzufedern, nehmen wir minimale Einschränkungen unserer Freiheit in Kauf. Aber wir lassen nicht zu, dass die deshalb geschaffene Institution "Staat" Überhand nimmt.

EDIT: Ein Bereich, den ich vergessen habe, und bei dem ja in den vergangenen Tagen das "grösste Marktversagen in der Geschichte der Menschheit" festgestellt wurde, ist der Umweltschutz. Der Staat sollte auch hier die Aufgabe haben, unsere Defizite (z.B. das Unvermögen, die Folgen des eigenen Handelns für das gesamte Ökosystem abzuschätzen) zu kompensieren.
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Shadaik
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Beitrag(#597039) Verfasst am: 05.11.2006, 14:36    Titel: Re: Die Frage nach einem Menschenbild Antworten mit Zitat

iovialis hat folgendes geschrieben:
Erstmal Danke für Eure lesenswerten Beiträge! Nachdem wir das Wahlthema angeschnitten hatten und jetzt auf den Freiheitsgedanken übergegangen sind, möchte ich nachfragen, für wen der Staat eigentlich da sein soll. Prinzipiell geht es ja um die Aufgabe, das Zusammenleben in irgendeiner Art zu organisieren und es jedem zu ermöglichen, sich frei, chancengleich und individuell zu entfalten. Aber warum sollte ein Staat das tun? Wieso sollte ein Staat auch Polizei haben, statt daß wir in einer reinen Anarchie leben?

Ich möchte hier ansetzen: welches Menschenbild sollte einem Staat zugrunde liegen, um sich selbst zu rechtfertigen?

Das nötige Bild ist jenes eines freien, selbstbestimmten oder zumindest doch selbstbestimmungsfähigen Wesens. Der Staat reguliert die Freiräume jedes Menschen, sucht und (idealerweise) findet Rahmenregeln für eine größtmögliche konfliktfreie Entfaltung jedes Individuums in seinem Einflussbereich.
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Tarvoc
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Beitrag(#597139) Verfasst am: 05.11.2006, 17:22    Titel: Antworten mit Zitat

Bynaus hat folgendes geschrieben:
Möglicherweise könnte man sogar auf ein permanentes Parlament verzichten: Man sammelt Unterschriften für Anliegen. Wenn genügend davon zusammen kommen, organisiert die Regierung eine Wahl von Volksvertretern: Diejenigen Anliegen, für die in der Zwischenzeit genügend Stimmen gesammelt wurden, werden in der anschliessenden Versammlung traktandiert, danach löst sich das "Parlament" wieder auf. Die Regierung selbst wird jeweils am Silvesterabend (nachdem die Menschen gerade all die Jahresrückblicke in den Zeitungen gelesen haben...) für das kommende Jahr gewählt.

Das erinnert mich fast an das Konzept der Rätedemokratie. Für bestimmte Aufgaben beruft man einen Rat mit imperativem Mandat ein, und wenn das Ziel erreicht oder grob verfehlt wurde, löst man den Rat auf und wählt den Rat und gegebenenfalls auch das Ziel neu.
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Ogion
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Beitrag(#597202) Verfasst am: 05.11.2006, 19:24    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Ich möchte hier ansetzen: welches Menschenbild sollte einem Staat zugrunde liegen, um sich selbst zu rechtfertigen?


Das, der sich (hoffentlich) langsam aufklärenden Menschheit: Also die Annahme, dass die Menschheit zu großen Teilen noch aus nicht aufgeklärten Menschen besteht (Kant: "Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen des eigenen Verstandes ohne die Leitung eines Anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist die Unmündigkeit, wenn sie nicht am Mangel des Verstandes liegt, sondern der Entschlossenheit und des Mutes."). Desweiteren gehe ich davon aus, dass die Menschen den Zustand der Aufklärung erreichen können, wenn sie dabei unterstützt werden. Auch muss man verhindern, dass durch den momentanen Zustand Schaden entsteht (Also muss man Verbrechen verhindern, und dafür sorgen, dass die Menschenrechte eingehalten werden.).

Zitat:
Möglicherweise könnte man sogar auf ein permanentes Parlament verzichten: Man sammelt Unterschriften für Anliegen. Wenn genügend davon zusammen kommen, organisiert die Regierung eine Wahl von Volksvertretern: Diejenigen Anliegen, für die in der Zwischenzeit genügend Stimmen gesammelt wurden, werden in der anschliessenden Versammlung traktandiert, danach löst sich das "Parlament" wieder auf. Die Regierung selbst wird jeweils am Silvesterabend (nachdem die Menschen gerade all die Jahresrückblicke in den Zeitungen gelesen haben...) für das kommende Jahr gewählt.


Dagegen fallen mir gleich zwei Argumente ein: Zum einen ist das sehr, sehr ineffizient, da man für die Wahl einer Sache erstmal Vertreter zusammenwählen muss. Zweitens ist das undemokratischer, als wenn man die Bürger gleich für die Sache wählen lässt. Außerdem gibt es viele Dinge, die nicht mal eben hoppla hopp abgehandelt sind.

Für wen der Staat da sein sollte:
Bei diesem Thema scheint mir häufig, dass Dinge übersehen werden. Klar die wichtigste Aufgaben sind, Leib und Leben zu schützen (mit einer recht umfangreichen Definition) und die Menschenrechte überhaupt einzuhalten. Aber es gibt auch Dinge, wie etwa den Klima- und Umweltschutz, die erledigt werden müssen und die großer Organisationen (ich meine damit nicht irgendwelche Konzerne, sondern einfach die Tatsache, dass die große Dimension es erfordert, dass viele Menschen daran arbeiten) bedürfen. Wir, die Menschheit, brauchen also auch organisierte Formen in großem Maßstab. Da würde es nicht viel helfen, wenn wir mit sehr schlanken Staaten leben, denn dann gäbe es niemanden, der sich um solche Dinge großer Dimension bewältigen können.

Ogion
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