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IvanDrago Ösifreund und Pendler zwischen den Welten
Anmeldungsdatum: 18.07.2005 Beiträge: 2876
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(#610993) Verfasst am: 30.11.2006, 00:44 Titel: |
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-> man kann ja quasi sagen, dass das Recht auf Rache/Sühne mangels Qualifikation von Ottonormalbürger sogar einfach auf den Staat übertragen wird, um so eine Reglementierung von Schuldbestrafung zu haben, die sich in Grenzen bewegt und prüfbar ist.
Es geht darum, für relative Gerechtigkeit zu sorgen, und das Schuld-Sühne-Prinzip ist dabei nach wie vor oberstes Element.
_________________ "Eine Stadt freut sich, wenn's den Gerechten wohlgeht, und wenn die Gottlosen umkommen, wird man froh." Sprüche 11, 10
Heike N. meint: "IvanDrago for President!"
Faszination braucht keine höhere Macht.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#610997) Verfasst am: 30.11.2006, 00:50 Titel: |
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IvanDrago hat folgendes geschrieben: | sind denn unsere Gefängnisse eher als "Strafe für Schuld-Verbringungsanstalten" oder als "Resozialisierungsanstalten" zu bewerten, na? |
Leider eher ersteres, sollte aber mE besser letzteres sein.
IvanDrago hat folgendes geschrieben: | Es geht darum, für relative Gerechtigkeit zu sorgen, und das Schuld-Sühne-Prinzip ist dabei nach wie vor oberstes Element. |
Du bist also ein Schuld-Gläubiger? Ich finde das Prinzip Scheiße, warum, habe ich hier erklärt.
_________________ Hard work often pays off after time, but laziness always pays off now.
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IvanDrago Ösifreund und Pendler zwischen den Welten
Anmeldungsdatum: 18.07.2005 Beiträge: 2876
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(#611004) Verfasst am: 30.11.2006, 01:07 Titel: |
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Ich habe das Konzept ja nichtmal verteidigt, sondern nur argumentiert, dass ich es für unhaltbar erachte, den Schuldbegriff aus unsererm Recht rausmogeln zu wollen, denn es baut in jedem Fall absolut auf diesem auf.
Schuld-Gläubiger?
Da die Frage eher provokativ gestellt ist, bitte ich dich um Konkretisierung und stelle eine Gegenfrage:
was machst du, mit dem Mörder deines Kindes? (alt aber den Kern treffend...)
Zu den anderen Fragen/Gedanken kannst du dich dann wohl nicht äußern naheliegenderweise, wenn für dich Schuld und Vergebung sowieso inexistente Begriffe sind... (tue es gerne trotzdem!)
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#611007) Verfasst am: 30.11.2006, 01:20 Titel: |
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Dieses Thema haben wir hier schon öfter lang und breit diskutiert. Da ich eine andere Meinung als kolja dazu habe, möchte ich als Antwort auf seinen Link einfach mal einen Beitrag von mir ebenfalls verlinken.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#611009) Verfasst am: 30.11.2006, 01:25 Titel: |
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IvanDrago hat folgendes geschrieben: | Schuld-Gläubiger? Da die Frage eher provokativ gestellt ist, bitte ich dich um Konkretisierung |
Es war auch nur eine Provokation.
IvanDrago hat folgendes geschrieben: | was machst du, mit dem Mörder deines Kindes? (alt aber den Kern treffend...) |
Nö, das tut nichts zur Sache. Ein emotionaler Appell an die Instinkte, um die Vernunft zu umgehen.
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IvanDrago Ösifreund und Pendler zwischen den Welten
Anmeldungsdatum: 18.07.2005 Beiträge: 2876
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(#611012) Verfasst am: 30.11.2006, 01:40 Titel: |
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Zitat: | Es war auch nur eine Provokation. |
Das hatte ich mir schon fast gedacht...
Zitat: | Nö, das tut nichts zur Sache. Ein emotionaler Appell an die Instinkte, um die Vernunft zu umgehen. |
Tja, wenn du so willst: Rache hat in einer reinen Kosten-Nutzen-Rechnung den vernünftigen Vorteil, dass es dem die Rache ausübenden Geschädigten in vielen Fällen eine emotionale Verfassung beschafft, in der er psychisch weiterexistieren kann, ohne in einen permanenten Wahn resultierend aus einem massiven Gefühl der Ungerechtigkeit zu verfallen.
Somit ist das Prinzip der angemessenen Strafe vernünftig für den Fortbestand einer Gesellschaft.
Das zeitweilige Entziehen aller wesentlichen Freiheitsrechte des Täters in schweren Fällen bei gleichzeitiger relativer Genügsamkeit der emotionalen Bedürfnisse des Geschädigten zum Beispiel, verhütet mehr Schaden als es verursacht.
Für die Gesellschaft gesehen ist es also vernünftig, das der Staat in Schuld-und-Sühne-Denken stellvertretend nach dem Prinzip der Angemessenheit (vor dem Hintergrund eines rechtsstaatlichen demokratischen Systems!!) richtet, um einen Kollaps der Gesellschaft, einen Kreislauf der Selbstjustiz zu verhindern.
Dies müsste dir einleuchten, da dir ja bekannt sein dürfte, dass deine Position (mal vereinfacht wohl in etwa: Nichtexistenz von Schuld -> völlige Sinnlosigkeit von Strafe -> Straffreiheit für alles, stattdessen vollste Energiekonzentration auf gesellschaftliche Resozialisierung) eine absolute Minderheitenpositon darstellt.
Damit hätten wir schonmal das stellvertretende Sühnen von Schuld als rechtsstaatliches Konzept rational begründet. (gesellschaftliche Stabilität - Pragmatismus)
Das du den emotionalen Aspekt hierbei völlig ausklammerst, ist zwar wohl methodisch korrekt, wird dem Thema aber nicht gerecht: ich würde dem Mörder meines Kindes die Eier ausreißen... (ich bin im Allgemeinen ein völlig anti-Gewalt eingestellter Mensch...)
Und du?
Resozialisierung fordern? Wärmedecken für ihn?
Nein, um Schuld-Sühne-Denken zu verspotten, musst du schon menschliche Realitäten ausgewogen in deine Betrachtung einbeziehen, auch deine eigenen...
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Heike N. meint: "IvanDrago for President!"
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IvanDrago Ösifreund und Pendler zwischen den Welten
Anmeldungsdatum: 18.07.2005 Beiträge: 2876
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(#611013) Verfasst am: 30.11.2006, 01:41 Titel: |
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Ach ja:
falls jemand was zur Vergebung selber, zu dem von mir genannten Erfahrungen sagen möchte: nur zu - dies ist nur sekundär ein Schuld-Sühne Thread, eigentlich setzt das Thema "Vergebung" die Existenz von moralischer Schuld voraus... (also bitte auch die erste Seite lesen usw.)
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#611048) Verfasst am: 30.11.2006, 09:37 Titel: |
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IvanDrago hat folgendes geschrieben: | Ach ja:
falls jemand was zur Vergebung selber, zu dem von mir genannten Erfahrungen sagen möchte: nur zu - dies ist nur sekundär ein Schuld-Sühne Thread, eigentlich setzt das Thema "Vergebung" die Existenz von moralischer Schuld voraus... (also bitte auch die erste Seite lesen usw.) |
An anderer Stelle habe ich bereits geschrieben, warum ich den Schuldbegriff für unverzichtbar halte. Der wesentliche, tiefere Grund für die Differenz zu koljas Ansicht beispielsweise, liegt darin, daß ich nicht alle Verstrickungen zwischen denkenden, fühlenden Wesen für auflösbar halte. Das hat zunächst mal nichts mit Rache, Vergebung, Vergeltung oder dergleichen zu tun. Das ist erstmal eine einfache Anerkenntnis der Tatsache, daß da etwas existiert, was sich von Verantwortung unterscheidet.
Jetzt gibt es noch einer weitere Differenz, die darin besteht, ob jemand das Schuldkonzept für sich ablehnt (was ich zwar befremdlich finde, aber ich halte es für legitim), oder ob jemand behauptet, es gäbe gar keine unauflösbare Verstrickung. Diese Behauptung nämlich ist unzutreffend. Die Ursache für die Unauflösbarkeit liegt darin, daß der Mensch zwar Dinge _tun_, sie aber dennoch nicht _verantworten_ kann, da die Verantwortung weit über seine Möglichkeiten hinausginge. Wer behauptet, etwas verantworten zu können, behauptet nämlich auch gleichzeitig, gegenüber dem Geschehen in einer souveränen Position zu sein.
Rumsfeld hat zum Beispiel vor ein paar Jahren behauptet, er könne die volle Verantwortung für die Folter an den Irakischen Gefangenen übernehmen. Diese Behauptung aber ist eine schreckliche Anmaßung gegenüber dem, was den Gefolterten widerfahren ist. Niemals kann Rumsfeld seine Verstrickung in das Foltergeschehen durch Verantwortlichkeit auflösen. Was in Abu Graib geschehen ist, hat eine andere Dimension. Mir ist schleierhaft, wie man meint diese Dimension in toto wegreduzieren zu können.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#611084) Verfasst am: 30.11.2006, 11:18 Titel: |
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IvanDrago hat folgendes geschrieben: | Rache hat in einer reinen Kosten-Nutzen-Rechnung den vernünftigen Vorteil, dass es dem die Rache ausübenden Geschädigten in vielen Fällen eine emotionale Verfassung beschafft, in der er psychisch weiterexistieren kann, ohne in einen permanenten Wahn resultierend aus einem massiven Gefühl der Ungerechtigkeit zu verfallen. [...] Für die Gesellschaft gesehen ist es also vernünftig, das der Staat in Schuld-und-Sühne-Denken stellvertretend nach dem Prinzip der Angemessenheit [...] richtet, um einen Kollaps der Gesellschaft, einen Kreislauf der Selbstjustiz zu verhindern. |
Zunächst begrüße ich, dass Du den Zweck "Gesellschaftsschutz" als Grund für das Festhalten am Schuldprinzip geradeheraus nennst. (Andere bauen ihre Argumentation gerne so auf, dass es den Eindruck erweckt, es funktioniere andersherum, um dann denen, die sich unter Verzicht auf das Schuldprinzip auf den Gesellschaftsschutz als Zweck berufen wollen, eben dieses vorzuhalten ...)
Dennoch muss man dieses Motiv genauer beleuchten, finde ich. Für mich ist der Kernpunkt die Abwägung zwischen den Interessen der Gesellschaft und den Interessen des Einzelnen, der von Maßnahmen zum Schutze der Gesellschaft betroffen sein könnte. Welche Gewichtung hier akzeptabel ist, ist für mich eine ziemlich grundlegende ethische Entscheidung. Mir scheint, die meisten legen (wie ich) großen Wert darauf, dass die Individualinteressen einen möglichst hohen Stellenwert in dieser Abwägung haben, aber bei den "Schuldigen" wird dieses Prinzip suspendiert und die Gewichte stark verschoben. Da ich Schuld aber nur für ein zweckorientiertes Legitimationskonstrukt halte, sehe ich darin keine Rechtfertigung dafür.
Des weiteren gehst Du davon aus, dass ein Festhalten am Schuld-Sühne-Gedanken notwendig wäre, um die entsprechenden Bedürfnisse der Gesellschaft zu befriedigen und Selbstjustiz zu vermeiden. Das halte ich aber nicht für ein stichhaltiges Argument, denn es setzt voraus, dass sich das Empfinden der Menschen nicht verändern kann. Ich meine aber, dass eine aufgeklärte Gesellschaft, die ihre eigene soziokulturelle Konditionierung durchschaut, und auch die Missstände nachvollziehen kann, die Menschen zu Tätern werden lässt, dieses Bedürfnis nach Rache überwinden kann.
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sanft auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 14.08.2006 Beiträge: 1431
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(#611087) Verfasst am: 30.11.2006, 11:23 Titel: Re: Vergebung |
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Rae hat folgendes geschrieben: | Vergebung ist die Macht, welche die
Ketten der Bitterkeit und die Fesseln
der Selbstsucht zerbircht.
Corrie ten Boom
Kannst Du andern vergeben? |
und schon wieder neuer Rae-quark
natürlich kann jeder "vergeben" je nach dem wie gut es ihm bekommt
oder wenn er älter und erfahrener ist - kann er sich und anderen auch vergeben
für unvernunft - oder zu schnell gepostete scheisse... beispielsweisse
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SoWhy The Doctor
Anmeldungsdatum: 21.04.2006 Beiträge: 3216
Wohnort: TARDIS
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(#611089) Verfasst am: 30.11.2006, 11:25 Titel: |
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IvanDrago hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Eben nicht. Du kannst auch schuldig sein und nicht sanktioniert werden, ganz legal und ohne Rechtsbeugung. Zum Beispiel bei "geringer Schuld", bei Notwehr etc. Wenn du aus Notwehr z.B. jmd tötest, bist du des Totschlages schuldig, du wirst aber nicht bestraft, weil es Rechtfertigungsgründe gibt. |
Eben, eben. Weil es dann gute Gründe gibt, den Täter als "vermindert schuldfähig", oder gar von Schuld freizusprechen anzusehen.
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Wenn ich in Notwehr handle, handle ich mit voller Schuld. Nur nicht rechtswidrig. Das sind zwei verschiedene Sachen im Prüfungsaufbau Tatbestand - Rechtswidrigkeit - Schuld. Aber genau das war mein Punkt: Im Strafrecht zum Beispiel gibt es Schuld, die ist klar definiert und führt nicht automatisch zur Strafe.
IvanDrago hat folgendes geschrieben: | Der Schuldbegriff ist damit nicht getilgt, das Straftat (Schuld) - Sühne (Rache) Prinzip auch nicht. |
Schuld != Straftat. Wie oben gesagt.
IvanDrago hat folgendes geschrieben: | Daran ändert auch ein Grundgedanke nichts, der primär Resozialisierung und nicht Vergeltung beinhaltet. (und letzteres in der Praxis viel öfter bewirkt als ersteres)
Du hast mich noch nicht wirklich überzeugt.
(sind denn unsere Gefängnisse eher als "Strafe für Schuld-Verbringungsanstalten" oder als "Resozialisierungsanstalten" zu bewerten, na?) |
Es sind wenn schon "Strafe für begangene Straftat und Spezialprävention damit du keine weiteren begehst"-Anstalten. Nur ist das Wort "Schuld" hier nunmal falsch, weil sowohl Strafe ohne Schuld vorliegen kann (Fahrlässigkeit z.B.) als auch Nicht-Strafe trotz Schuld (Notwehr, Notstand z.B.)
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Domingo ungläubig
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 1167
Wohnort: Westkanada
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(#611101) Verfasst am: 30.11.2006, 11:49 Titel: Re: Vergebung |
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kolja hat folgendes geschrieben: | Schuld ist nur eine soziokulturelle Konstruktion zur Legitimation von Strafe (Vergeltung, Rache ...). |
Ich glaube eher: Schuld ist die kulturelle Weiterentwicklung des Obligationengedankens. Nicht umsonst spricht man von Schuldrecht Und ich finde nicht, dass dies so abwegig wäre. Ich würde den Begriff Schuld zu seiner Ursprungsbedeutung zurückführen und darauf bestehen, dass jemand mir seine Schulden zahlt (wenn sie denn was Wichtiges sind, nicht wegen jedem Mist), wie ein Mann von Ehren...
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Domingo ungläubig
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 1167
Wohnort: Westkanada
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(#611105) Verfasst am: 30.11.2006, 11:56 Titel: |
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SoWhy hat folgendes geschrieben: | IvanDrago hat folgendes geschrieben: | Was ist denn die Strafe im Rechtssystem?
Zitat: | Klar, Schuld gibt es auch in anderen Gebieten, im Recht zum Beispiel, nur ist sie dort nicht mit Vergebung, Rache oder Vergeltung als Paket geschnürt, sondern ist ein Begriff, der einer klaren Definition unterliegt. |
Und klar sanktioniert wird, auch nach festgeschriebenen Spielregeln - deine Argumentation wird durch das Ersetzen von "Rache, Vergeltung" durch "staatliche Sanktionsmaßnahmen" nicht richtiger... |
Eben nicht. Du kannst auch schuldig sein und nicht sanktioniert werden, ganz legal und ohne Rechtsbeugung. Zum Beispiel bei "geringer Schuld", bei Notwehr etc. Wenn du aus Notwehr z.B. jmd tötest, bist du des Totschlages schuldig, du wirst aber nicht bestraft, weil es Rechtfertigungsgründe gibt. Schuld in diesem Fall zielt auf was ganz anderes ab als in der Religion. Abgesehen davon ist in unserem Rechtssystem der Vergeltungsgedanke zum Glück nicht die Hauptidee hinter Strafen, sondern die Präventions- und Resozialisierungsziele. |
Sorry, das ist Quatsch. Bei Notwehr hat der Täter überhaupt kein Unrecht begangen. Im Gegenteil. Das Recht braucht dem unrecht nicht zu weichen.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#611108) Verfasst am: 30.11.2006, 12:04 Titel: Re: Vergebung |
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kolja hat folgendes geschrieben: | Schuld ist nur eine soziokulturelle Konstruktion zur Legitimation von Strafe (Vergeltung, Rache ...). |
Domingo hat folgendes geschrieben: | Ich glaube eher: Schuld ist die kulturelle Weiterentwicklung des Obligationengedankens. Nicht umsonst spricht man von Schuldrecht Und ich finde nicht, dass dies so abwegig wäre. Ich würde den Begriff Schuld zu seiner Ursprungsbedeutung zurückführen und darauf bestehen, dass jemand mir seine Schulden zahlt (wenn sie denn was Wichtiges sind, nicht wegen jedem Mist), wie ein Mann von Ehren... |
In dieser Analogie steckt doch wieder der Gedanke, es gäbe so eine Art "Gerechtigkeitskonto", in das der Täter durch Verbüssung einer Strafe "einzahlt", um so seine Schuld zu begleichen. Ich sehe darin nur eine Variation des Legitimationskonstrukts.
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Domingo ungläubig
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 1167
Wohnort: Westkanada
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(#611110) Verfasst am: 30.11.2006, 12:06 Titel: |
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Sorry, aus Deinem letzten Posting sehe ich , das sich Dich missverstanden habe. Ent-schuldige!
Edit: Ging an SoWhy. Obwohl ich mit seiner Dogmatik doch nicht ganz einverstanden bin.
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Domingo ungläubig
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 1167
Wohnort: Westkanada
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(#611113) Verfasst am: 30.11.2006, 12:10 Titel: Re: Vergebung |
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kolja hat folgendes geschrieben: | kolja hat folgendes geschrieben: | Schuld ist nur eine soziokulturelle Konstruktion zur Legitimation von Strafe (Vergeltung, Rache ...). |
Domingo hat folgendes geschrieben: | Ich glaube eher: Schuld ist die kulturelle Weiterentwicklung des Obligationengedankens. Nicht umsonst spricht man von Schuldrecht Und ich finde nicht, dass dies so abwegig wäre. Ich würde den Begriff Schuld zu seiner Ursprungsbedeutung zurückführen und darauf bestehen, dass jemand mir seine Schulden zahlt (wenn sie denn was Wichtiges sind, nicht wegen jedem Mist), wie ein Mann von Ehren... |
In dieser Analogie steckt doch wieder der Gedanke, es gäbe so eine Art "Gerechtigkeitskonto", in das der Täter durch Verbüssung einer Strafe "einzahlt", um so seine Schuld zu begleichen. Ich sehe darin nur eine Variation des Legitimationskonstrukts. |
Zunächst einaml denke ich, das ist der geschichtliche Ursprung des Schuldgedankens. Letzterer besagt, dass man für sein Tun geradestehen und die Konsequenzen tragen muss. Ursprünglich war dies auch ganz unahängig davon, ob jemandem objektiv Fahrlässigkeit oder Vorsatz zur Last lag.
Ich habe aber nicht so sehr das Strafrecht vor Augen, sondern die sozialen Beziehungen. udn da frage ich Dich: Ist es Deiner Ansicht nach falsch und/oder überflüssig, auf Wiedergutmachung zu bestehen?
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#611115) Verfasst am: 30.11.2006, 12:14 Titel: Re: Vergebung |
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Domingo hat folgendes geschrieben: | Ich habe aber nicht so sehr das Strafrecht vor Augen, sondern die sozialen Beziehungen. udn da frage ich Dich: Ist es Deiner Ansicht nach falsch und/oder überflüssig, auf Wiedergutmachung zu bestehen? |
Nein, halte ich nicht für überflüssig, wenn es sich um einen Ausgleich zwischen "Täter" und "Opfer" handelt. Ich sehe darin eine Art Erziehungsmaßnahme, die Einsicht in die Konsequenzen der Tat fördern soll.
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SoWhy The Doctor
Anmeldungsdatum: 21.04.2006 Beiträge: 3216
Wohnort: TARDIS
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(#611123) Verfasst am: 30.11.2006, 12:45 Titel: |
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Domingo hat folgendes geschrieben: | Sorry, aus Deinem letzten Posting sehe ich , das sich Dich missverstanden habe. Ent-schuldige!
Edit: Ging an SoWhy. Obwohl ich mit seiner Dogmatik doch nicht ganz einverstanden bin. |
Ich sitz nämlich grad in der Strafrechts-Vorlesung zum Thema Schuld und Schuldlosigkeit, also hätte es mich sonst schon gewundert. ^^
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#611148) Verfasst am: 30.11.2006, 13:40 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Die Ursache für die Unauflösbarkeit liegt darin, daß der Mensch zwar Dinge _tun_, sie aber dennoch nicht _verantworten_ kann, da die Verantwortung weit über seine Möglichkeiten hinausginge. Wer behauptet, etwas verantworten zu können, behauptet nämlich auch gleichzeitig, gegenüber dem Geschehen in einer souveränen Position zu sein.
Rumsfeld hat zum Beispiel vor ein paar Jahren behauptet, er könne die volle Verantwortung für die Folter an den Irakischen Gefangenen übernehmen. [...] |
MMn muss man streng unterscheiden zwischen persönlicher Verantwortung und politischer Verantwortung, man kann es auch direkte Verantwortung und indirekte Verantwortung nennen. Das sind mMn zwei grundverschiedene Dinge und ich fände es besser, wenn es dafür auch zwei verschiedene Wörter gäbe. So ist es schwierig, diese auseinanderzuhalten und hier im Forum habe ich die Erfahrung gemacht, dass beides immer wieder gleich gesetzt wird.
Nur bei direkter Verantwortung behauptet man, dem Geschehen gegenüber in einer souveränen Position zu sein. Bei Deinem Beispiel mit Rumsfeld wäre das der Fall, wenn er von der Folter Kenntnis hatte und diese hätte verhindern können.
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Domingo ungläubig
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 1167
Wohnort: Westkanada
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(#611266) Verfasst am: 30.11.2006, 17:59 Titel: |
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SoWhy hat folgendes geschrieben: | Domingo hat folgendes geschrieben: | Sorry, aus Deinem letzten Posting sehe ich , das sich Dich missverstanden habe. Ent-schuldige!
Edit: Ging an SoWhy. Obwohl ich mit seiner Dogmatik doch nicht ganz einverstanden bin. |
Ich sitz nämlich grad in der Strafrechts-Vorlesung zum Thema Schuld und Schuldlosigkeit, also hätte es mich sonst schon gewundert. ^^ |
Man sollte nicht zu pingelig sein. Wenn die Tat gar nicht rechtswidirg ist, so hat es zwar rein rechtsdogmatisch überhaupt keinen Sinn, von *Schuld* zu sprechen; doch man kann umgangssprachlich schon sagen, der Notwehrtäter sei *am Tode des Angreifers schuldig*.
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Domingo ungläubig
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 1167
Wohnort: Westkanada
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(#611267) Verfasst am: 30.11.2006, 17:59 Titel: Re: Vergebung |
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kolja hat folgendes geschrieben: | Nein, halte ich nicht für überflüssig, wenn es sich um einen Ausgleich zwischen "Täter" und "Opfer" handelt. Ich sehe darin eine Art Erziehungsmaßnahme, die Einsicht in die Konsequenzen der Tat fördern soll. |
Ich denke, auch Genugtuung für das Opfer ist ein berechtigtes Anliegen.
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SoWhy The Doctor
Anmeldungsdatum: 21.04.2006 Beiträge: 3216
Wohnort: TARDIS
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(#611306) Verfasst am: 30.11.2006, 18:50 Titel: |
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Domingo hat folgendes geschrieben: | SoWhy hat folgendes geschrieben: | Domingo hat folgendes geschrieben: | Sorry, aus Deinem letzten Posting sehe ich , das sich Dich missverstanden habe. Ent-schuldige!
Edit: Ging an SoWhy. Obwohl ich mit seiner Dogmatik doch nicht ganz einverstanden bin. |
Ich sitz nämlich grad in der Strafrechts-Vorlesung zum Thema Schuld und Schuldlosigkeit, also hätte es mich sonst schon gewundert. ^^ |
Man sollte nicht zu pingelig sein. Wenn die Tat gar nicht rechtswidirg ist, so hat es zwar rein rechtsdogmatisch überhaupt keinen Sinn, von *Schuld* zu sprechen; doch man kann umgangssprachlich schon sagen, der Notwehrtäter sei *am Tode des Angreifers schuldig*. |
Doch, rechtsdogmatisch hats sehr wohl Sinn. Denn wenn man das Problem in kleine Stücke zerlegt und diese einzeln betrachtet, kommt man nicht ins Schleudern, wenn sich eines der Stücke nachträglich ändert. Im Endeffekt ist es sauberer, wie mein Prof zu sagen pflegt, wenn man alles nur dort betrachtet, wo es von Belang ist.
Ich denk, umgangssprachlich würde man eher sagen, der Angreifer "sei selbst schuld an seinem Tod" und den Notwehrtäter trifft keine solche als andersrum.
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Domingo ungläubig
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 1167
Wohnort: Westkanada
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(#611627) Verfasst am: 01.12.2006, 10:27 Titel: |
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SoWhy hat folgendes geschrieben: | Doch, rechtsdogmatisch hats sehr wohl Sinn. Denn wenn man das Problem in kleine Stücke zerlegt und diese einzeln betrachtet, kommt man nicht ins Schleudern, wenn sich eines der Stücke nachträglich ändert. |
Mag sein, dass dies klausurtechnisch von Vorteil ist, doch im Grunde sehe ich nicht den geringsten Sinn darin, die Schuld ohne das Unrecht überhaupt zu denken und zu prüfen. Das StGB definiert die Schuldlosigkeit als die Unfähigkeit, "das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln" (§20). Das Unrecht wird also als das vorausgesetzt, worauf sich die Schuld bezieht.
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