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ZEIT: Vatikan als "soft power" und "Agentur der Globalisierung&am

 
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Sisyphos II
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Anmeldungsdatum: 11.11.2006
Beiträge: 341

Beitrag(#625422) Verfasst am: 24.12.2006, 10:35    Titel: ZEIT: Vatikan als "soft power" und "Agentur der Globalisierung&am Antworten mit Zitat

Wie der SPIEGEL hat auch die ZEIT einige Beiträge zum Thema. Auf der Titelseite macht sie sich Gedanken um die Herkunft des Esels an der Krippe. Ein Esel kommt nämlich in den Quellentexten zu dem Märchen gar nicht vor.

Auf Seite 2 dann die gewagte These, die katholische Kirche wäre auf der Weltbühne so eine Art "soft power", Anwalt der Armen und "Agentur der Globalisierung", die eine unter Stress geratene Welt stabilisieren könne. Der Artikel wägt zwar schön ab, wer für diese Aufgabe auch bzw. nicht oder nicht mehr in Frage käme (UN, USA ...) und weist auch auf Probleme mit der Kirche hin. Aber am Ende formuliert der Autor Hoffnung für die Welt, die vom Vatikan gerettet werden soll. Habe das jetzt etwas zugespitzt.

Habe einen Leserbrief dazu geschrieben:

Zitat:
Die sanfte Weltmacht (Nr. 52, S. 2)

"Die katholische Kirche lässt hoffen. Als Anwalt der Schwachen und als Agentur der Globalisierung kann sie einer unter Stress geratenen Menschheit helfen." In diese beiden Sätze mündet der Beitrag von Bernd Ulrich.
Ich bin mir nicht so sicher, ob eine - wenn auch große und bestens organisierte Weltreligion - solche Erwartungen erfüllen kann. Alle Religionen schwanken zwischen Authentizität und Aufklärung. Authentizität bedeutet Fundamentalismus und hat mit Ausgleich, Diplomatie und Fortschritt nur wenig gemein. Solche Gemeinschaften erhalten heute weltweit Zulauf. Gibt sich eine Religion hingegen liberal und "aufgeklärt", wirft sie ihre Glaubensfundamente über Bord und verliert Anhänger, Ressourcen und Einfluss.
Die Menschheit mag unter Stress stehen, noch viel mehr aber die Religionen, wenn sie zwischen Authentizität und Aufklärung einen undefinierbaren, verschwommenen Weg zu gehen versuchen. Da sich religiöses und aufgeklärtes Denken so schlecht vertragen, bleibt nur die Empfehlung, nicht auf das falsche Pferd zu setzen.
Die moralische Messlatte für globales Handeln hat die Menschheit in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte formuliert. Solange Religionen diese nicht anerkennen, sondern sogar offen dagegen verstoßen (Diskriminierung von Frauen und Homosexuellen, Genitalverstümmelung etc.) sehe ich die Hoffnung hier fehl am Platz.
Diese (und andere, ganz weltliche Ressourcen) sollten lieber in den wirklichen Anwalt der Schwachen und die Agentur der Globalisierung investiert werden: in die Vereinten Nationen. Ich bin nicht blauäugig, aber die Erfolgswahrscheinlichkeit ist signifikant höher, wenn der politische Wille da ist.


Gruß
Andreas



EDIT: Der ZEIT-Artikel online: http://www.zeit.de/2006/52/Katholiken


Zuletzt bearbeitet von Sisyphos II am 24.12.2006, 17:00, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Keller
last neoliberal standing and car of the year 1983!



Anmeldungsdatum: 30.11.2006
Beiträge: 1411

Beitrag(#625539) Verfasst am: 24.12.2006, 16:46    Titel: Antworten mit Zitat

Ein guter Leserbrief, wenngleich ich den Bogen zur UN selbst nicht geschlagen hätte.


Wen das Ding interessiert, ist auch online lesbar.
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Sisyphos II
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Anmeldungsdatum: 11.11.2006
Beiträge: 341

Beitrag(#625541) Verfasst am: 24.12.2006, 16:54    Titel: Antworten mit Zitat

Keller hat folgendes geschrieben:
Ein guter Leserbrief, wenngleich ich den Bogen zur UN selbst nicht geschlagen hätte.


Danke. Sehr glücklich

Zur UN: Naja ... in politischen Fragen taumele ich etwas zwischen Idealismus und Realismus. Ich war in meiner Studentenzeit bei den Grünen. Verlegen Außerdem macht der Bogen zu den UN den Leserbrief in etwa so pathetisch, wie es der ZEIT-Artikel selbst ja auch ist.
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Yamato
Teeist



Anmeldungsdatum: 21.08.2004
Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore

Beitrag(#625546) Verfasst am: 24.12.2006, 17:19    Titel: Antworten mit Zitat

Schöner Leserbrief, an dem Artikel hab' ich mich auch schon gestört.
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Sisyphos II
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Anmeldungsdatum: 11.11.2006
Beiträge: 341

Beitrag(#625566) Verfasst am: 24.12.2006, 18:19    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe den Leserbrief auch als Kommentar zum Online-Artikel eingestellt und zwei Kommentare eines anderen Kommentators kommentiert. (war jetzt sprachlich nicht so toll)

Ist ganz interessant dort: http://www.zeit.de/2006/52/Katholiken
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Valen MacLeod
Antitheist



Anmeldungsdatum: 11.12.2004
Beiträge: 6172
Wohnort: Jenseits von Eden

Beitrag(#625674) Verfasst am: 24.12.2006, 23:10    Titel: Antworten mit Zitat

Die Kirche zur globalen Rettungsmacht hochzustilisieren halte ich für fatal rückschrittlich und kontraproduktiv.

Zitat:
Wer kann als globaler Dialogpartner so viel Kontinuität und Verbindlichkeit garantieren, dass man ihn an seinen Worten und Taten von gestern messen kann,

Die Kirche ist, gemessen an Ihren Taten von gestern, eher ein Fortschrittsverhinderer, denn ein Förderer humanitärer Ziele. Sie hatte 2000 Jahre Zeit etwas zu bewegen aber das Einzige was für die Kurie zählt ist der Erhalt der eigenen Macht. Soziale und entwicklungpolitische Ziele bleiben Feigenblattaktionen, die Not nicht dauerhaft lindern, sondern bestenfalls Productplacement für das heilige Buch sind.

Zitat:
Die UN, denen hoffentlich einmal die Aufgabe eines Weltparlaments zukommen wird, sind bis auf weiteres doppelt begrenzt. Zum einen moralisch, weil in ihnen allzu viele Rücksichten auf Diktatoren genommen werden. Zum anderen müssen die UN sich in Sachen Menschenrechte, Hunger, Aids oder Klima immer so viel vornehmen, wie die Menschheit nötig hätte, um dann in deprimierender Regelmäßigkeit zu scheitern.

Die Wirksamkeit der UN wird vor allem von denen beeinträchtigt, die Ihr immer wieder die Fähigkeit zu effektivem Handeln absprechen. Dazu gehören neben den Regierungsoberhäutern vor allem die USA, die nicht nur beim Internationale Gerichtshof blockieren, sinder die geschuldetetn Mittel zurückhalten, um die UN unter Druck zu setzen und unangenehme Resolutionen zu verhindern. Ich habe dazu noch keine mahnende Stellungnahme aus dem Vatikanstaat vernommen.

Zitat:
Aus den Schwächen all dieser potenziellen Globalisierungsagenturen speist sich die Bedeutung der einen Stimme aus Rom.

Aus der Unfähigkeit der einen die Kompetenz der anderen zu Folgen ist nicht nur gewagt, sondern in globaler Tragweite höchst gefährlich. Zumal wenn, wie schon beschrieben, die Geschichte eine ganz andere Sprache spricht.

Zitat:
Wer sich ein Bild machen will von der Art, wie die Kirche global ist, der sollte weniger nach Lateinamerika oder Südeuropa schauen, in Regionen also, wo die Katholiken zahlreich sind und wo ihre Macht offensichtlich ist.

Also nicht vor der eigenen Türe kehren, lieber vor der des Nachbarn? Wie soll eine Macht denn Frieden auf Erden erreichen, wenn sie es nichtmal in den eigenen Reihen schafft?

Zitat:
Viel charakteristischer sind die kleinen, wenige tausend Gläubige umfassenden Gemeinden, etwa in Nordkorea oder in Mauretanien, einer verrückten kommunistischen Diktatur und einem armen, islamischen Land an der Westküste Afrikas.

Das ist eher ein Beispiel dafür, wie christlicher Glaube ohne grosse, weltumspannende Organisation besser und fruchtbarer gedeihen kann und das endgültige Argument für eine Zerschlagung des globalen Klerusnetzwerks.

Zitat:
Darum reformiert der Papst durch Nichtbetonen mancher Verbote und durch Nichtahnden vieler Abweichungen – solange sie nicht plakatiert werden.

So ist eben die Struktur kirchlicher Moralität, mit der sich die Kirche ihren schlechten Ruf zuzieht: Die strengen Normen sind das, was öffentlich kommuniziert wird, teilweise formuliert mit einer gewissen Straflust, etwa von Kardinälen in reichen deutschen Diözesen. Milde und Vergebung hingegen vollziehen sich zumeist individuell und daher im Verborgenen.

Und das soll dann nach Jahrhunderten der Verlogenheit und Diskriminierung Andersdenkender plötzlich den Wandel zur Glaubwürdigkeit demonstrieren?

Zitat:
Wenn die Kräfte der katholischen Kirche nachlassen, dann könnte sie den Anspruch heimlich aufgeben, das Ganze zu repräsentieren,

Ein Anspruch dem sie gar nicht gerecht werden kann, das sie nie das Ganze repräsentierte, sondern sich immer auf den egenen Machterhalt konzentrierte - und das bis heute tut.

Zitat:
sie würde sich darauf verengen, nur mehr Gegengewicht zu einer verfallenden Gesellschaft zu werden, sich auf einen Pol zurückziehen und nicht mehr, wie Ratzinger es beansprucht, eine »neue, aufgeklärte Art des Christentums« verkörpern.

Aufklärung und die katholische Kirche - das waren schon seit Beginnt der Aufklärung zwei Antipoden. Jedoch war es immer die Kirche selbst, die sie dazu gemacht hat.

Zitat:
Um es zum Schluss weihnachtlich pathetisch zu sagen: Die katholische Kirche lässt hoffen.

Ja, dem kann man zustimmen. Grund zu berechtigter Hoffnung gibt sie aber nicht.
_________________
V.i.S.d.P.:Laird Valen MacLeod (Pseudonym!)
"... Wenn das hier das Haus Gottes ist, Junge, warum blühen hier dann keine Blumen, warum strömt dann hier kein Wasser und warum scheint dann hier die Sonne nicht, Bürschchen?!" <i>Herman van Veen</i>
Das Schlimme an meinen Katastrophenszenarien ist... dass ich damit über kurz oder lang noch immer Recht behielt.
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Arrivederci
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Anmeldungsdatum: 14.11.2006
Beiträge: 747

Beitrag(#625946) Verfasst am: 25.12.2006, 15:30    Titel: Antworten mit Zitat

Valen MacLeod hat folgendes geschrieben:
Die Kirche zur globalen Rettungsmacht hochzustilisieren halte ich für fatal rückschrittlich und kontraproduktiv.

Irrtum! Es ist überaus fortschrittlich und produktiv gedacht.

Dies ist schließlich die "ZEIT" und nicht der "BISS" ("Bürger in sozialen Schwierigkeiten" - So heißt die Münchner Obdachlosenzeitung)

Zitat:
Anwalt der Schwachen, Großmacht für die Kleinen, bescheiden im Auftreten, zuweilen prächtig und mediengerecht, dabei innerlich gefestigt – das müsste den Katholiken eigentlich gefallen. Aber irgendwie springt der Funke nicht richtig über, in Deutschland nicht und andernorts im Westen auch nicht. Warum?


Für mich ist die Botschaft klar:
"Gutmenschen aller Länder, vereinigt Euch in der r.-k. Kirche!
Eure Schafhirten knien vor unseren Thronen (haben schließlich Aktien von uns), segnen unsere Waffen, geben ab und zu einen Piepton zur Gentechnik ab - naja, das finden wir nicht so toll - und halten Euch bei der Stange und ruhig so wie unsere Fabrikarbeiter in der Dritten Welt, lassen euch hinter globalisierungspolitischen Grobmotorikern wie UN und USA die Scherben aus unserem Blickfeld fegen und lenken Euren Blick auf Altar und Fernsehgerät, während sich das wahre Leben in unseren Zirkeln abspielt."


Zitat:
Wer kann als globaler Dialogpartner so viel Kontinuität und Verbindlichkeit garantieren, dass man ihn an seinen Worten und Taten von gestern messen kann, wer kann so Glaubwürdigkeit gewinnen – oder verlieren?

Ich denke, die ZEIT hat voll erkannt, wie es um die Glaubwürdigkeit der Kirche steht.
Wer also kann als globaler Dialogpartner so viel Kontinuität und Verbindlichkeit garantieren, dass man ihn morgen an seinen Taten von heute messen kann, ohne dass der Blick nach gestern schweift (denn da sieht´s ja weniger rosig aus), wenn nicht ein Aufbruch des Gutmenschentums aller Länder, vereinigt unter dem Dach der r.-k. Kirche - vorausgesetzt sie fangen heute an?

Zitat:
Anwalt der Schwachen, Großmacht für die Kleinen, bescheiden im Auftreten, zuweilen prächtig und mediengerecht, dabei innerlich gefestigt – das müsste den Katholiken eigentlich gefallen.
Jaja.
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Sisyphos II
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Anmeldungsdatum: 11.11.2006
Beiträge: 341

Beitrag(#626368) Verfasst am: 26.12.2006, 11:34    Titel: Antworten mit Zitat

Valen MacLeod hat folgendes geschrieben:
Die Kirche zur globalen Rettungsmacht hochzustilisieren halte ich für fatal rückschrittlich und kontraproduktiv ............


Danke für deine Beiträge bei ZEIT-Online! zynisches Grinsen


Andreas
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Sisyphos II
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Anmeldungsdatum: 11.11.2006
Beiträge: 341

Beitrag(#632834) Verfasst am: 04.01.2007, 12:36    Titel: Re: ZEIT: Vatikan als "soft power" und "Agentur der Globalisierun Antworten mit Zitat

Der Leserbrief wurde - stark gekürzt - heute in der ZEIT abgedruckt:

Zitat:
"Die katholische Kirche lässt hoffen. Als Anwalt der Schwachen und als Agentur der Globalisierung kann sie einer unter Stress geratenen Menschheit helfen." In diese beiden Sätze mündet der Beitrag von Bernd Ulrich. Ich bin mir nicht so sicher, ob eine - wenn auch große und bestens organisierte Weltreligion - solche Erwartungen erfüllen kann. Alle Religionen schwanken zwischen Authentizität und Aufklärung. Authentizität bedeutet Fundamentalismus und hat mit Ausgleich, Diplomatie und Fortschritt nur wenig gemein. Solche Gemeinschaften erhalten heute weltweit Zulauf. Gibt sich eine Religion hingegen liberal und "aufgeklärt", wirft sie ihre Glaubensfundamente über Bord und verliert Anhänger, Ressourcen und Einfluss.


Besser als gar nix ... skeptisch

Gruß
Andreas
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