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rotwang Kreator des Homunculus
Anmeldungsdatum: 24.03.2006 Beiträge: 2887
Wohnort: Bochum
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(#631950) Verfasst am: 03.01.2007, 01:51 Titel: Moralische Frage, die nächste |
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Wo ich gerade so den Thread zur ethischen, respektive moralischen Frage querlese, denke ich an eine Frage, die mir schon seit einigen Jahren [seit meiner Beschäftigung mit Leni Riefenstahl] durch den Kopf geistert und jetzt durch den Kinofilm "Mein Führer" mir wieder in Erinnerung gerufen wurde:
Ist es moralisch vertretbar mit einem Tyrannen oder einem Diktator just for fun zusammenzuarbeiten? Das just for fun ist hier wörtlich zu verstehen. Weder möchte ich mit meiner Zusammenarbeit meine persönliche Macht ausbauen (wie im Falle Riefenstahls), noch irgendetwas Gutes bewirken (wie im Falle der "Mein Führer"-Geschichte), bzw. evtl. gute oder schlechte Nachwirkungen meiner Arbeit billigend in Kauf nehmen, sie aber als zufällige Folgen, denn als bewusste Absicht betrachtet wissen. Ein passendes Sujet wäre in diesem Fall vielleicht folgendes: Als Staatsfeind eingesperrt bietet sich mir die Möglichkeit für kurze Zeit mit dem Herrscher zusammenzuarbeiten. Ich erhalte dafür weder Lohn, noch Hafterleichterungen oder gar Verschonung. Nach und während der Zusammenarbeit ist mein Status in diesem System unverändert. Wäre es nun vertretbar diese Zusammenarbeit aus persönlichem Interesse und Neugier über das Wesen dieses Herrschers einzugehen und damit dem System in gewisser Weise zu dienen? Und wenn ich mir in Erinnerung rufe, wie verwirrt in dem Film Albert Speer und Co. auf den Juden Grünbaum reagiert haben, wie suspekt er ihnen war - welche Möglichkeiten sich einem spielfreudigem Geist böten mit solchen Menschen sein subtiles Schindluder zu treiben, während man selbst vordergründig hochkonzentriert und ernst mit dem Herrscher agiert und arbeitet, man also dessen Vertrauen und dadurch evtl. im Streitfall seine Fürsprache hat. Wäre es also nicht interessant, sich auf dieses verlockende Spiel einzulassen und zu sehen wie es hinter den Kulissen der Macht aussieht?
Ich muss gestehen, dass ich mir ziemlich sicher bin alleine aus Gründen des persönlichen Amusement mit einem Tyrannen zusammenzuarbeiten, dessen Ideologie meiner völlig widerspricht. Bin ich deshalb ein schlechter Mensch? Immerhin könnte man mir vorwerfen, dass ich meine Ansichten und Weltanschauung durch meine Arbeit verraten würde, aber wäre das hier wirklich der Fall oder würde man sich nicht einfach nur als wissbegierig, offen und dialogfähig zeigen? Ein Zwiespalt jedenfalls, für den ich noch keine zufriedenstellende Antwort gefunden habe..
_________________ Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz..
Zuletzt bearbeitet von rotwang am 03.01.2007, 01:59, insgesamt einmal bearbeitet |
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Grünkreuz permanent gesperrt
Anmeldungsdatum: 25.09.2006 Beiträge: 340
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(#631954) Verfasst am: 03.01.2007, 01:59 Titel: |
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das können nur die Gedanken eines Gottlosen sein. Da sieht man das wahre häßliche Gesicht des Atheismus
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rotwang Kreator des Homunculus
Anmeldungsdatum: 24.03.2006 Beiträge: 2887
Wohnort: Bochum
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Yamato Teeist
Anmeldungsdatum: 21.08.2004 Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore
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(#631960) Verfasst am: 03.01.2007, 02:08 Titel: |
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Wenn du damit das System in irgendeiner Weise stützst (wie im Fall Leni Riefenstahls) ist es meines Erachtens falsch, ansonsten sehe ich aber kein Problem dabei. Sicherlich ist es interessant sich mit einem Tyrannen zu beschäftigen, wir diskutieren hier ja auch ab und an mit Fundamentalisten.
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rotwang Kreator des Homunculus
Anmeldungsdatum: 24.03.2006 Beiträge: 2887
Wohnort: Bochum
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(#631964) Verfasst am: 03.01.2007, 02:12 Titel: |
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Yamato hat folgendes geschrieben: | Wenn du damit das System in irgendeiner Weise stützst (wie im Fall Leni Riefenstahls) ist es meines Erachtens falsch, ansonsten sehe ich aber kein Problem dabei. Sicherlich ist es interessant sich mit einem Tyrannen zu beschäftigen, wir diskutieren hier ja auch ab und an mit Fundamentalisten. |
Ich gehe in der obigen Situation davon aus, dass ich dem System zumindest nicht schaden würde, meine Zusammenarbeit also entweder keinen oder einen positiven Effekt hätte [Wobei man natürlich wiederum versuchen könnte den positiven Effekt bewusst klein zu halten, was allerdings dagegen verstoßen würde, dass ich meine Zusammenarbeit von den Folgen unabhängig machen würde, mir also die Auswirkungen meines Handelns eigentlich gleichgültig wären].
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#631965) Verfasst am: 03.01.2007, 02:15 Titel: |
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Meinst Du eine Zusammenarbeit in der Art des Reisenden in der Strafkolonie?
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Yamato Teeist
Anmeldungsdatum: 21.08.2004 Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore
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(#631966) Verfasst am: 03.01.2007, 02:19 Titel: |
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rotwang hat folgendes geschrieben: | Ich gehe in der obigen Situation davon aus, dass ich dem System zumindest nicht schaden würde, meine Zusammenarbeit also entweder keinen oder einen positiven Effekt hätte [Wobei man natürlich wiederum versuchen könnte den positiven Effekt bewusst klein zu halten, was allerdings dagegen verstoßen würde, dass ich meine Zusammenarbeit von den Folgen unabhängig machen würde, mir also die Auswirkungen meines Handelns eigentlich gleichgültig wären]. |
Das fände ich dann problematisch. Man kann zwar nicht für Folgen verantwortlich gemacht werden, die sich nicht absehen ließen, aber derartige Überlegungen (also Überlegungen über mögliche Folgen) bewusst auszublenden ist zumindest fahrlässig.
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rotwang Kreator des Homunculus
Anmeldungsdatum: 24.03.2006 Beiträge: 2887
Wohnort: Bochum
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(#631968) Verfasst am: 03.01.2007, 02:25 Titel: |
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Kramer hat folgendes geschrieben: | Meinst Du eine Zusammenarbeit in der Art des Reisenden in der Strafkolonie? |
Ja und Nein.
Auf der einen Seite ist die Zusammenarbeit ihrem Wesen nach schon treffend, auf der anderen ist sie zu dramatisch.
Ich gebe mal ein Beispiel (ist zwar etwas fantastisch, aber wayne) - es ist eine leichte Variation der "Mein Führer"-Geschichte, weil ich die recht trefflich finde:
Der Redenschreiber des Herrscher ist verstorben und seitdem hat er ein Problem: Seine Rede schreiben ihm nun andere Autoren, jedoch wirken diese Reden nicht mehr so wie gewollt. Man weiß das ich ein guter Redenschreiber bin und bittet mich nun sowohl die neue Rede für den Herrscher zu schreiben, als auch gemeinsam mit ihm an seiner Rhetorik zu arbeiten.
Im großen und ganzen exerziere ich das immer an Beispielen der Propaganda durch, da ich dieses Themenfeld interessant und recht undramatisch finde (dramatisch würde in diesem Fall bedeuten, dass meine Zusammenarbeit die Tötung oder Verletzung eines Menschen beinhalten würde). Ich diskutiere diese Frage nur, wenn ich nicht direkt an schadenden Handlungen beteiligt bin. Bei schadenden Handlungen stellt sich mir die Frage nicht, da ich dort die Zusammenarbeit definitiv ablehnen würde.
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#631969) Verfasst am: 03.01.2007, 02:31 Titel: |
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rotwang hat folgendes geschrieben: |
Der Redenschreiber des Herrscher ist verstorben und seitdem hat er ein Problem: Seine Rede schreiben ihm nun andere Autoren, jedoch wirken diese Reden nicht mehr so wie gewollt. Man weiß das ich ein guter Redenschreiber bin und bittet mich nun sowohl die neue Rede für den Herrscher zu schreiben, als auch gemeinsam mit ihm an seiner Rhetorik zu arbeiten. |
Wenn Du das nur "just for fun" machst, auch wenn Du dadurch keinerlei finanzielle oder gesellschaftliche Vorteile hättest, halte ich es dennoch für unethisch, weil Du dem Führer einen Vorteil verschaffst und dafür einen nicht überlebenswichtigen "Profit" erhältst: Den "Fun". Ich würde es anders bewerten, wenn Du dadurch Dein Leben retten könntest oder der Gefangenschaft entgehst.
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rotwang Kreator des Homunculus
Anmeldungsdatum: 24.03.2006 Beiträge: 2887
Wohnort: Bochum
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(#631970) Verfasst am: 03.01.2007, 02:34 Titel: |
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Kramer hat folgendes geschrieben: | rotwang hat folgendes geschrieben: |
Der Redenschreiber des Herrscher ist verstorben und seitdem hat er ein Problem: Seine Rede schreiben ihm nun andere Autoren, jedoch wirken diese Reden nicht mehr so wie gewollt. Man weiß das ich ein guter Redenschreiber bin und bittet mich nun sowohl die neue Rede für den Herrscher zu schreiben, als auch gemeinsam mit ihm an seiner Rhetorik zu arbeiten. |
Wenn Du das nur "just for fun" machst, auch wenn Du dadurch keinerlei finanzielle oder gesellschaftliche Vorteile hättest, halte ich es dennoch für unethisch, weil Du dem Führer einen Vorteil verschaffst und dafür einen nicht überlebenswichtigen "Profit" erhältst: Den "Fun". Ich würde es anders bewerten, wenn Du dadurch Dein Leben retten könntest oder der Gefangenschaft entgehst. |
Okay. So etwas hatte ich schon befürchtet.
Was wäre denn, wenn mir bewusst wäre, dass ich im Verzicht auf die Kontrolle über die Folgen fahrlässig handel und deswegen mich dazu entscheide dem Führer eben keinen Vorteil zu verschaffen, sondern das Niveau der Rede, als auch die rhetorischen Fähigkeiten des Führers auf dem Stand vor meiner Zusammenarbeit stagnieren zu lassen?
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#631976) Verfasst am: 03.01.2007, 02:42 Titel: |
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rotwang hat folgendes geschrieben: |
Was wäre denn, wenn mir bewusst wäre, dass ich im Verzicht auf die Kontrolle über die Folgen fahrlässig handel und deswegen mich dazu entscheide dem Führer eben keinen Vorteil zu verschaffen, sondern das Niveau der Rede, als auch die rhetorischen Fähigkeiten des Führers auf dem Stand vor meiner Zusammenarbeit stagnieren zu lassen? |
Wenn es Dir sowieso nur um den Spass an der Sache geht und Du wegen Deiner rhetorischen Fähigkeiten rekrutiert wirst, was spricht dagegen, dem Führer ein paar subtile Stilblüten unterzujubeln bzw. seine rhetorischen Unfähigkeiten zu betonen, und ihm das als "Ich wollte ihren persönlichen Stil perfektionieren" zu verkaufen? Du bist doch in Deinem Gedankenspiel der rhetorisch Überlegene, also hast Du da auch mehr Möglichkeiten, als nur zu imitieren.
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rotwang Kreator des Homunculus
Anmeldungsdatum: 24.03.2006 Beiträge: 2887
Wohnort: Bochum
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(#631978) Verfasst am: 03.01.2007, 02:53 Titel: |
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Kramer hat folgendes geschrieben: | rotwang hat folgendes geschrieben: |
Was wäre denn, wenn mir bewusst wäre, dass ich im Verzicht auf die Kontrolle über die Folgen fahrlässig handel und deswegen mich dazu entscheide dem Führer eben keinen Vorteil zu verschaffen, sondern das Niveau der Rede, als auch die rhetorischen Fähigkeiten des Führers auf dem Stand vor meiner Zusammenarbeit stagnieren zu lassen? |
Wenn es Dir sowieso nur um den Spass an der Sache geht und Du wegen Deiner rhetorischen Fähigkeiten rekrutiert wirst, was spricht dagegen, dem Führer ein paar subtile Stilblüten unterzujubeln bzw. seine rhetorischen Unfähigkeiten zu betonen, und ihm das als "Ich wollte ihren persönlichen Stil perfektionieren" zu verkaufen? Du bist doch in Deinem Gedankenspiel der rhetorisch Überlegene, also hast Du da auch mehr Möglichkeiten, als nur zu imitieren. |
Das Problem, das ich dabei sehe: Ich gehe davon aus, das ich ihm zwar rhetorisch überlegen bin, meine Überlegenheit letztlich aber keinen Effekt hat, bzw. die Stilblüten, die ich ihm unterjubeln würde, durch meinen Nachfolger oder auch durch den Führer selbst wieder korrigiert würden. Irgendwann würde einfach irgendwem auffallen, dass die Arbeit mit mir fruchtlos ist. Das ist eine Grundannahme in meiner Überlegung [vl. bin ich an dem Punkt aber auch einfach viel zu pessimistisch]. Wenn ich davon ausgehen kann, dass meine Zusammenarbeit keine Auswirkungen hätte, könnte ich dann ruhigen Gewissens dennoch Freude an der Arbeit haben oder zählt in diesem Fall der Versuch, die Bemühung doch etwas zu verändern, auch wenn es sehr wahrscheinlich zum Scheitern verurteilt ist?
Was auch immer kommt, ich antworte erst Morgen Mittag..
_________________ Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz..
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spaghettus Pastafarianer
Anmeldungsdatum: 07.02.2006 Beiträge: 568
Wohnort: Uckermark
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(#632097) Verfasst am: 03.01.2007, 13:56 Titel: |
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Wer ohne irgendwelchen Druck just for fun mit Ditktatoren und schlimmeren zusammenarbeitet, hat für mich kein sonderliches ethisches Niveau. Schließlich verschafft er damit immer auch dem Diktatoren irgendwelche Vorteile, auch wenn der nur in fun ebenfalls für ihn liegen sollte. Übrigens ist fun zu haben ja wohl auch für den ein Vorteil, der den hat. Die meisten anderen in diktatorisch geführten Ländern werden den kaum so haben.
Man kann nicht erwarten dass sich jeder gegen Diktaturen stellt. Man kann aber wohl erwarten, dass niemand ohne zwingenden Grund (persönliches Vorwärtskommen wird nicht anerkannt) dem Diktator dient, egal ob for fun oder for money.
Das Argument sich mit Diktaturen einzulassen um die Diktatur zu schwächen kann nur stechen, wenn diese Schwächung auch wirklich eintritt, also erst im Ergebnis beurteilt werden.
Ich kannte jemand, der auch mit der Stasi zusammengearbeitet hat um zu vermitteln und abzuschwächen. Der hat bald gemerkt, dass dies nicht geht.
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AntagonisT Master of Disaster
Anmeldungsdatum: 28.09.2005 Beiträge: 5587
Wohnort: 2 Meter über dem Boden
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(#632123) Verfasst am: 03.01.2007, 14:36 Titel: |
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Erinnert mich an die Anzeige, die eine dänische Künstlergruppe in einer iranischen Tageszeitung geschaltet hat:
Man beachte dann aber die Anfangsbuchstaben in den einzelnen Zeilen.
_________________ “Primates often have trouble imagining an universe not run by an angry alpha male.”
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enpassant registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2005 Beiträge: 522
Wohnort: leipzig
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(#632442) Verfasst am: 03.01.2007, 20:34 Titel: |
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Grünkreuz hat folgendes geschrieben: | das können nur die Gedanken eines Gottlosen sein. Da sieht man das wahre häßliche Gesicht des Atheismus |
Immerhin, Grünkreuz, es handelt sich dabei eben um Gedanken, welche Denken können und wollen voraussetzen - Fähigkeiten, welche eifernde Christen in aller Regel ihrem religiösem Murks schon längst geopfert haben, was auch an deinen sonstigen Einlassungen deutlich abzulesen ist...
PS: Lies dir doch mal nächstens wieder die Offenbarung des Johannes in deiner Bibel durch, dann wollen wir mal über das abgrundtief perverse und sadistische Gesicht der christlichen "Frohen Botschaft" reden... *würg!*
_________________ Was das ewige Leben ist, weiß ich nicht - aber das gegenwärtige ist ein schlechter Spaß! (Voltaire)
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Ermanameraz auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 07.05.2006 Beiträge: 3932
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(#632485) Verfasst am: 03.01.2007, 21:06 Titel: |
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rotwang hat folgendes geschrieben: | Wo ich gerade so den Thread zur ethischen, respektive moralischen Frage querlese, denke ich an eine Frage, die mir schon seit einigen Jahren [seit meiner Beschäftigung mit Leni Riefenstahl] durch den Kopf geistert und jetzt durch den Kinofilm "Mein Führer" mir wieder in Erinnerung gerufen wurde:
Ist es moralisch vertretbar mit einem Tyrannen oder einem Diktator just for fun zusammenzuarbeiten? Das just for fun ist hier wörtlich zu verstehen. Weder möchte ich mit meiner Zusammenarbeit meine persönliche Macht ausbauen (wie im Falle Riefenstahls), noch irgendetwas Gutes bewirken (wie im Falle der "Mein Führer"-Geschichte), bzw. evtl. gute oder schlechte Nachwirkungen meiner Arbeit billigend in Kauf nehmen, sie aber als zufällige Folgen, denn als bewusste Absicht betrachtet wissen. Ein passendes Sujet wäre in diesem Fall vielleicht folgendes: Als Staatsfeind eingesperrt bietet sich mir die Möglichkeit für kurze Zeit mit dem Herrscher zusammenzuarbeiten. Ich erhalte dafür weder Lohn, noch Hafterleichterungen oder gar Verschonung. Nach und während der Zusammenarbeit ist mein Status in diesem System unverändert. Wäre es nun vertretbar diese Zusammenarbeit aus persönlichem Interesse und Neugier über das Wesen dieses Herrschers einzugehen und damit dem System in gewisser Weise zu dienen? Und wenn ich mir in Erinnerung rufe, wie verwirrt in dem Film Albert Speer und Co. auf den Juden Grünbaum reagiert haben, wie suspekt er ihnen war - welche Möglichkeiten sich einem spielfreudigem Geist böten mit solchen Menschen sein subtiles Schindluder zu treiben, während man selbst vordergründig hochkonzentriert und ernst mit dem Herrscher agiert und arbeitet, man also dessen Vertrauen und dadurch evtl. im Streitfall seine Fürsprache hat. Wäre es also nicht interessant, sich auf dieses verlockende Spiel einzulassen und zu sehen wie es hinter den Kulissen der Macht aussieht?
Ich muss gestehen, dass ich mir ziemlich sicher bin alleine aus Gründen des persönlichen Amusement mit einem Tyrannen zusammenzuarbeiten, dessen Ideologie meiner völlig widerspricht. Bin ich deshalb ein schlechter Mensch? Immerhin könnte man mir vorwerfen, dass ich meine Ansichten und Weltanschauung durch meine Arbeit verraten würde, aber wäre das hier wirklich der Fall oder würde man sich nicht einfach nur als wissbegierig, offen und dialogfähig zeigen? Ein Zwiespalt jedenfalls, für den ich noch keine zufriedenstellende Antwort gefunden habe.. |
das ist interessant. Ich finde diese Situation weitestgehend äquivalent zu der eines eingeschleusten verdeckten Ermittlers in einer Verbrecherorganisation, mit dem wesentlichen Unterschied, dass man sich als verdeckter Ermittler nicht fürchten müsste, die normalen Konsequenzen eines Unrechtssystems erleiden zu müssen, wenn man sich nicht in diese zu einem Minimum kollaborierende (definitiv opportunistische) Position begeben würde.
Die Situation wäre dann mE sehr ähnlich zu betrachten, wenn man zunächst außer Acht lässt, dass man im 'Verweigerungsfall' der feindlichen Willkür ausgesetzt werden würde. Letzteres wäre, sofern beispielsweise der Tod in aussicht Stünde, mit der Zwangslage der Sonderkommandos zu vergleichen, die für die SS den Vergasungsbetrieb (ausgenommen der Tötung selbst) in Konzentrationslagern wie Auschwitz, Treblinka, Sibobor, etc übernommen hat. Das wäre dann mE eine eindeutige Unschuld. Wenn eine nicht (nachhaltig) körperlich wirkende und befristete Vergeltung zu befürchten wäre, sofern man die Möglichkeit der Kollaboration nicht nutzt, ist die Lage sehr viel schwieriger zu beurteilen. Definitiv schuldig macht man sich mE nichteinmal dann, wenn man aus freien Stücken und für Profit kollaborieren würde. Diese Lage ist vergleichbar mit dem Beamtenstand in Deutschland wärend dem '3. Reich'. Eine Schuldbarkeit ist dann mE eindeutig, wenn man im Rahmen der Kollaboration etwas unternimmt, was direkt jemandem Schaden zufügt, aber es düfte sehr schwer sein, das zu beurteilen. Letzteres wäre mit einem verdeckten Ermittler vergleichbar, der wärend seiner Zusammenarbeit mit dem Gangsterboss irgend eine illegale Handlung unternimmt, wobei man auch hier wieder zwischen Zwangslagen und Handlungen aus freien Stücken unterscheiden muss. Sicher kein einfaches Problem.
Ich persönlich würde die Zusammenarbeit deshalb verweigern (auch, wenn bei nicht-opportunistischem Verhalten kein höherer Schaden für mich entstünde, mit Ausnahme des Todes oder der Verstümmelung), weil ich von vorn herein nicht ausschließen kann, dass ich im Kollaborationsfall definitiv nie in eine Zwangslage geraten würde, in deren Rahmen ich direkt wirksame kriminelle Handlungen begehen würde. Diese Risikobereitschaft allein ist mE schon problematisch.
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Rae dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 28.05.2006 Beiträge: 5427
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(#632510) Verfasst am: 03.01.2007, 21:22 Titel: Re: Moralische Frage, die nächste |
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rotwang hat folgendes geschrieben: | Ein Zwiespalt jedenfalls, für den ich noch keine zufriedenstellende Antwort gefunden habe.. |
Die moralischen Vorstellungen der Menschen sind dem Wandel der Zeit unterworfen.
Was gestern die Leute in entsetzen brachte kann morgen als normal angesehen werden.
Wer bestimmt, was moralisch ist?
Die momentane Gesellschaft oder ich selber oder jemand höherer?
Das Verhalten im genannten Beispiel ist unehrlich und desshalb in meinen Augen unmoralisch..
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astarte Foren-Admin

Anmeldungsdatum: 13.11.2006 Beiträge: 46545
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(#632530) Verfasst am: 03.01.2007, 21:39 Titel: Re: Moralische Frage, die nächste |
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Rae hat folgendes geschrieben: | Die moralischen Vorstellungen der Menschen sind dem Wandel der Zeit unterworfen. |
Stimmt
Rae hat folgendes geschrieben: | Was gestern die Leute in entsetzen brachte kann morgen als normal angesehen werden. |
Was gestern als normal angesehen wurde, bringt die Leute heute in Entsetzen.
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Ermanameraz auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 07.05.2006 Beiträge: 3932
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(#632538) Verfasst am: 03.01.2007, 21:44 Titel: |
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astarte007 hat folgendes geschrieben: | Rae hat folgendes geschrieben: | Die moralischen Vorstellungen der Menschen sind dem Wandel der Zeit unterworfen. |
Stimmt
Rae hat folgendes geschrieben: | Was gestern die Leute in entsetzen brachte kann morgen als normal angesehen werden. |
Was gestern als normal angesehen wurde, bringt die Leute heute in Entsetzen. |
Rituale einzuhalten ist nicht schwer als normal anzusehen. Leute zu verbrennen und ähnliche Grausamkeiten aufgurnd irgendwelcher zeitgenössischer Verhaltensnormen wurde niemals völlig von breiten Massen hingenommen. Die emotionale Distanz zu den Ermordeten spielte dabei bezeichnenderweise die entscheidende Rolle. Eine Identifikation mit Opfern oder himmelschreihende, offensichtliche Ungerechtigkeiten konnten zu allen Zeiten Aufstände auslösen, was bekanntermaßen Konsequenten hatte, die weit schlimmer waren, als man es heutzutage bei Widerrede gewohnt ist. Auch das ist sehr bezeichnend.
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16339
Wohnort: Arena of Air
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(#632740) Verfasst am: 04.01.2007, 03:55 Titel: |
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Kramer hat folgendes geschrieben: | Meinst Du eine Zusammenarbeit in der Art des Reisenden in der Strafkolonie? |
Warum habe ich das nur wieder mit dem Irak und Saddam in Verbindung gebracht?
Versuch einer Interpretation (WP)
Autor hat folgendes geschrieben: | Die Exekution des Offiziers
Als der Offizier merkt, dass er seinen Besucher nicht überzeugen kann, lässt er sofort die Maschine abstellen. Der Verurteilte wird aus der Maschine befreit und folgt dem wachhabenden Soldaten um seine bereits entsorgten Kleidungsstücke zu holen. Stattdessen legt sich nun der Offizier in die Maschine. Die Maschine ist so umgestellt, dass sie ihm »Sei gerecht« in den Rücken ritzt.
Plötzlich heben sich Zahnräder aus den Schaltkästen der Maschine und der gesamte Apparat scheint auseinander zu springen. Die Exekution vollzieht sich jetzt wesentlich schneller. Nach dem Eintreten des Todes ist dem Offizier aber kein Zeichen der Erlösung im Gesicht anzusehen, wie dieser den Ausdruck anderer Verurteilter selbst begeistert beschrieben hatte. Der Verurteilte, selbst kurz zuvor noch von einem ihm verhängnisvollen Schicksal in der Foltermaschine bedroht, schaut nun selbst, von der Maschine begeistert, nicht mit Mitleid, sondern vielmehr mit Rachegelüsten, dem grausamen Spektakel zu.
Nach dem Tod des Offiziers und der Zerstörung der Maschine macht sich der Reisende, gefolgt von dem Soldaten und dem Verurteilten auf den Weg zum Grab des alten Kommandanten, welches er noch vor der Abreise zu sehen wünscht. Er entschließt sich jedoch direkt danach überstürzt zur Abreise, und versucht letztendlich mit allen Mitteln zu verhindern, dass der Soldat und der Verurteilte ebenfalls die Insel verlassen können, was ihm auch gelingt.
[...]
Der Offizier
[D]er Offizier [ist] voller (pervertierter) Begeisterung. Er bewundert den alten Kommandanten, der der Erfinder und Erbauer des Apparates war, hemmungslos und er trägt dessen Steuerungszeichnungen für den Apparat in seiner Brusttasche (also auf dem Herzen). Der Offizier hat sogar versucht, den unwürdig begrabenen Leichnam des Kommandanten aus dem Grab zu holen.
Auffallend ist, wie oft der Offizier körperlichen Kontakt zum Reisenden aufnimmt. Er erfasst dessen Hände, umarmt ihn sogar. Er möchte seine Begeisterung auf den Reisenden übertragen und ihn beschwören, sich auch für den Erhalt des Apparates einzusetzen. Er denkt sich Inszenierungen aus, wie er das erreichen könnte.
Er glaubt wirklich daran, dass der Apparat Gerechtigkeit übt, deshalb unterzieht er sich ohne Zögern selbst der grausamen Prozedur, die vorher für den Verurteilten bestimmt war und an ihm wird sie bis zum Ende vollzogen. Eigentlich hat der Offizier wesentlich menschlichere Züge als der Reisende, sie werden aber völlig beherrscht von der fatalen Faszination, die der Apparat und sein Schöpfer auf den Offizier ausüben. So werden diese positiven Eigenschaften ad absurdum geführt. |
Demnach wäre der Offizier Saddam, der tatsächlich geglaubt haben mag, sein Handeln, das in Wahrheit i.w. der Befriedigung seiner eigenen Bedürfnisse diente, sei tatsächlich volksnützig gewesen, und der Verurteilte, der -- inzwischen befreit -- nun mit Rache und Blutlust zusieht, wie sein Henker stirbt, wäre eben ein Abbild der Iraker, die jetzt diesen Apparat gegen ihn gewendet haben. Andererseits aber sehen wir, daß im Strafvollzug eben auch keine Genugtuung liegt, weil der Henker selbst ja davon überzeugt ist, daß dieses Handeln richtig ist, er also weder in dem Sinne ein "Strafleiden" hat noch die Falschheit seines Tuns sehen kann.
(Oder vielleicht ist der Offizier auch ein Nachfolger Saddams, der, nachdem die Machtmittel ja nun existieren, diese auch gerne für seine Zwecke einsetzt. Zu rutschig ist eben der Pfad, auf den man sich begibt, selbst wenn man vermeint, eine gerechte Tat zu tun und auch bereit ist, sich selbst demselben Regime zu unterwerfen, weil man es als gerecht ansieht, einen selbst nach seiner eigenen Schuld abzuurteilen.)
Der Reisende wäre indessen etwa Rumsfeld, der "kühle Technokrat", für den Saddam, wenn schon ein Bastard, so doch "unser Bastard" war, und der selbst der Meinung war, daß Foltermethoden zielführend und angebracht wären. Aber der Reisende ist auch immer man selbst, wenn er erkennt, daß damit auch der zuvor Geschundene eine Grenze überschritten hat, jenseits der er selbst schuldig geworden ist, und daß er - selbst wenn als Außenstehender die Verantwortung dafür von sich schiebt - eben doch gehalten ist, zu bewerten, was in jenem anderen Land passiert.
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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Rae dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 28.05.2006 Beiträge: 5427
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(#632802) Verfasst am: 04.01.2007, 10:58 Titel: Re: Moralische Frage, die nächste |
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astarte007 hat folgendes geschrieben: |
Rae hat folgendes geschrieben: | Was gestern die Leute in entsetzen brachte kann morgen als normal angesehen werden. |
Was gestern als normal angesehen wurde, bringt die Leute heute in Entsetzen. |
So ist es!
Desshalb kann es nicht sein, dass die heutige Moralvorstellung für alle Zeiten bindend ist.
Weil das so ist, finde ich die Frage mehr als berechtigt, ob jemand anderst als der Mensch zu bestimmen hat,
was moralisch ist und was nicht.
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Ralf Rudolfy Auf eigenen Wunsch deaktiviert.
Anmeldungsdatum: 11.12.2003 Beiträge: 26674
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(#632809) Verfasst am: 04.01.2007, 11:15 Titel: Re: Moralische Frage, die nächste |
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Rae hat folgendes geschrieben: | astarte007 hat folgendes geschrieben: |
Rae hat folgendes geschrieben: | Was gestern die Leute in entsetzen brachte kann morgen als normal angesehen werden. |
Was gestern als normal angesehen wurde, bringt die Leute heute in Entsetzen. |
So ist es!
Desshalb kann es nicht sein, dass die heutige Moralvorstellung für alle Zeiten bindend ist. |
Deshalb kann nicht sein, daß gestrige Moralvorstellungen für heute bindend sind.
Rae hat folgendes geschrieben: | Weil das so ist, finde ich die Frage mehr als berechtigt, ob jemand anderst als der Mensch zu bestimmen hat,
was moralisch ist und was nicht. |
Mit Sicherheit nicht, wenn die Qualität der Lebensbedingungen der Menschen das maßgebliche Kriterium dafür ist.
_________________ Dadurch, daß ein Volk nicht mehr die Kraft oder Willen hat, sich in der Sphäre des Politischen zu halten, verschwindet das Politische nicht aus der Welt. Es verschwindet nur ein schwaches Volk. (Carl Schmitt)
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Rae dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 28.05.2006 Beiträge: 5427
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(#632828) Verfasst am: 04.01.2007, 12:17 Titel: Re: Moralische Frage, die nächste |
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Ralf Rudolfy hat folgendes geschrieben: |
Deshalb kann nicht sein, daß gestrige Moralvorstellungen für heute bindend sind.
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Wenn es nicht die gestrigen und heutigen und auch nicht die morgigen sind,
dann müssen sie von ausserhalb unserer Zeit sein, damit sie für alle Zeiten
und alle Menschen bindend sind.
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rotwang Kreator des Homunculus
Anmeldungsdatum: 24.03.2006 Beiträge: 2887
Wohnort: Bochum
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(#632832) Verfasst am: 04.01.2007, 12:31 Titel: |
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Ermanameraz hat folgendes geschrieben: | Ich persönlich würde die Zusammenarbeit deshalb verweigern (auch, wenn bei nicht-opportunistischem Verhalten kein höherer Schaden für mich entstünde, mit Ausnahme des Todes oder der Verstümmelung), weil ich von vorn herein nicht ausschließen kann, dass ich im Kollaborationsfall definitiv nie in eine Zwangslage geraten würde, in deren Rahmen ich direkt wirksame kriminelle Handlungen begehen würde. Diese Risikobereitschaft allein ist mE schon problematisch. |
Ich denke, dass auch ich eine Zusammenarbeit ausschlagen würde, wenn sich abzeichnet, dass es zu einer solchen Zwangslage kommt. Das ist sehr schwer einzuschätzen, denn weder kann ich den Lauf der Geschichte vorraussagen, noch kann ich ausschließen, dass man mich nach ein paar Tagen der Zusammenarbeit bewusst in eine Zwangslage bringt. Allein scheint mir die Wahrscheinlichkeit einer Zwangslage bei Tätigkeiten wie Übungen in Rhetorik eben nicht so groß, wie bei anderen Formen der Zusammenarbeit und deshalb würde ich in einem solchen Fall auch wohl eher zustimmen. Natürlich ist mir bewusst, dass das ein Spiel mit dem Feuer ist, aber das würde ich auf Grund der geringeren Grundwahrscheinlichkeit wohl in Kauf nehmen, zumal ich - sollte ich in eine Zwangslage geraten - mich auch später für diese freiwillig zur Verantwortung ziehen lassen könnte.
_________________ Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz..
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Der_Guido dafür dagegen zu sein
Anmeldungsdatum: 17.05.2006 Beiträge: 2518
Wohnort: Östlich von Holland
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(#632867) Verfasst am: 04.01.2007, 13:22 Titel: Re: Moralische Frage, die nächste |
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Rae hat folgendes geschrieben: |
Wenn es nicht die gestrigen und heutigen und auch nicht die morgigen sind,
dann müssen sie von ausserhalb unserer Zeit sein, damit sie für alle Zeiten
und alle Menschen bindend sind. |
M.M. nach liegen sie nicht außerhalb der Zeit, sondern die Moralvorstellungen unterliegen der Zeit. Man könnte es auch als evolutionäre Entwicklung bezeichnen.
Es funktioniert auch nicht Moral für alle Menschen gleich zu definieren, und schon gar nicht bindend. Das waren schon immer die Lieblingsgründe für Kriege
_________________ lieber einen schlechten Plan, als gar kein Plan haben
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Ralf Rudolfy Auf eigenen Wunsch deaktiviert.
Anmeldungsdatum: 11.12.2003 Beiträge: 26674
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(#633010) Verfasst am: 04.01.2007, 15:54 Titel: Re: Moralische Frage, die nächste |
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Rae hat folgendes geschrieben: | Ralf Rudolfy hat folgendes geschrieben: |
Deshalb kann nicht sein, daß gestrige Moralvorstellungen für heute bindend sind.
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Wenn es nicht die gestrigen und heutigen und auch nicht die morgigen sind,
dann müssen sie von ausserhalb unserer Zeit sein, damit sie für alle Zeiten
und alle Menschen bindend sind. |
Gerstrige für gestern,
heutige für heute,
morgige für Morgen.
Prinzip erkannt?
Moralische Grundsätz müssen Lösungen für jeweils aktuelle Probleme liefern, sonst sind sie sinnlos.
Deswegen finde ich, sollte besser die Rede von Ethik sein, denn Ethik befaßt sich damit, warum man etwas tun und anderes lassen sollte. Ein unveänderbares "Es ist nun mal so!", wie es dir vorschweben mag, wird der Aufgabe, das Zusammenleben der Menschen zu verbessern, nicht gerecht.
_________________ Dadurch, daß ein Volk nicht mehr die Kraft oder Willen hat, sich in der Sphäre des Politischen zu halten, verschwindet das Politische nicht aus der Welt. Es verschwindet nur ein schwaches Volk. (Carl Schmitt)
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astarte Foren-Admin

Anmeldungsdatum: 13.11.2006 Beiträge: 46545
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(#633135) Verfasst am: 04.01.2007, 19:25 Titel: Re: Moralische Frage, die nächste |
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Ralf Rudolfy hat folgendes geschrieben: | Rae hat folgendes geschrieben: | astarte007 hat folgendes geschrieben: |
Rae hat folgendes geschrieben: | Was gestern die Leute in entsetzen brachte kann morgen als normal angesehen werden. |
Was gestern als normal angesehen wurde, bringt die Leute heute in Entsetzen. |
So ist es!
Desshalb kann es nicht sein, dass die heutige Moralvorstellung für alle Zeiten bindend ist. |
Deshalb kann nicht sein, daß gestrige Moralvorstellungen für heute bindend sind.
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So sehe ich das auch!
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Rae dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 28.05.2006 Beiträge: 5427
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(#633140) Verfasst am: 04.01.2007, 19:36 Titel: Re: Moralische Frage, die nächste |
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Der_Guido hat folgendes geschrieben: |
M.M. nach liegen sie nicht außerhalb der Zeit, sondern die Moralvorstellungen unterliegen der Zeit. Man könnte es auch als evolutionäre Entwicklung bezeichnen.
Es funktioniert auch nicht Moral für alle Menschen gleich zu definieren, und schon gar nicht bindend. Das waren schon immer die Lieblingsgründe für Kriege  |
Eben unterliegen sie der Zeit - die Moralvorstellungen und desshalb ändern sie
die Richtung um 180 Grad innert kürzester Zeit.
Sie unterliegen den führenden Persönlichkeiten der jeweiligen Epoche.
Nur gehen sie nicht evolutionär immer weiter nach oben, sondern ändern oft ihre
Richtung nach unten.
Je verkommener - unmoralischer eine Gesellschaft wird, desto mehr zerfällt sie
und wir anfällig für Krieg.
Denn ein unmoralisches Volk ist im innern geschwächt und ein leichtes für den Feind
es einzunehmen.
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enpassant registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2005 Beiträge: 522
Wohnort: leipzig
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(#633141) Verfasst am: 04.01.2007, 19:42 Titel: Re: Moralische Frage, die nächste |
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Rae hat folgendes geschrieben: | Je verkommener - unmoralischer eine Gesellschaft wird, desto mehr zerfällt sie
und wird anfällig für Krieg. |
...und wenn wir nun einmal die Vergangenheit und auch Gegenwart in Ansehung des christlichen Glaubens daraufhin untersuchen, dann stellen wir fest, dass eine Gesellschaft um so "verkommener" und "unmoralischer" ist, je mehr Einfluss die christlichen Glaubensvorstellungen in ihr haben - was angesichts dieser Lehre auch überhaupt nicht verwundern kann...!
_________________ Was das ewige Leben ist, weiß ich nicht - aber das gegenwärtige ist ein schlechter Spaß! (Voltaire)
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astarte Foren-Admin

Anmeldungsdatum: 13.11.2006 Beiträge: 46545
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(#633146) Verfasst am: 04.01.2007, 19:46 Titel: |
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Zitat: | Die tiefreichende Umformung der Welt und des Menschen, eine Folge der geographischen und naturwissenschaftlichen Entdeckungen der Neuzeit, schien den Verfall oder die völlige Zerstörung der überlieferten Kulturwerte heraufzubeschwören.
Anstatt sich nun zu fragen, ob alle diese Werte für das menschliche Dasein gleichermaßen wesentlich sind, ob nicht auch unter den jüngsten Entdeckungen wenigstens ebenso echte Werte zu finden seien wie jene scheinbar bedrohten, geriet man in Angst. Die Moral, die in den Kirchen gepredigt, in den Schulen und Familien gelehrt wurde, mußte sich folglich vor den Gefahren, die sich in der modernen Welt verkörperten, schützen und die alte Ordnung der Dinge unterschiedslos konservieren. Man verwechselte die Moral mit den Sitten. Alle alten Formen des Eigentums und des Familienlebens, alle bestehenden Verhältnisse zwischen den Klassen und den Völkern und auch die Beziehungen zwischen den Geschlechtern galten als absolute Werte. Irgendein Zugeständnis an den Geist der Moderne zu machen, schien die Gesamtheit dessen, was man Moralordnung nannte, einer tödlichen Gefahr auszusetzen. Diese falsche Sicht erklärt weit besser als die enge Bindung an die bestehende Ordnung, warum die Diener Gottes und die anderen Führer des Volkes eine so konservative und fortschrittsfeindliche Haltung einnahmen. Nun liegt die Aufgabe der Moral aber viel weniger darin, das Bestehende zu bewahren, als die Menschen auf eine höhere Stufe ihrer Existenz zu führen. Unter diesen Umständen ist es nicht erstaunlich, daß die traditionelle Moral bei allen an Anziehung verlor, die sich in der modernen Welt wohlfühlten, ja selbst bei der Mehrzahl jener, die zwar Sehnsucht nach den alten Zeiten trugen, sich aber doch gezwungen sahen, in ihrer Zeit zu leben. |
Dies schrieb Ignace Lepp schon in den Sechzigern!
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