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Würdest Du Dich unter den unten beschriebenen Umständen beamen lassen? |
Ja |
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[ 49 ] |
Weiss nicht |
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8% |
[ 7 ] |
Ist mir egal |
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5% |
[ 5 ] |
Ich interpretiere das Problem anders und schreibe dazu einen Beitrag |
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9% |
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Stimmen insgesamt : 87 |
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Autor |
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#650820) Verfasst am: 30.01.2007, 13:32 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Wenn die Subjekt-Prädikat Grammatik angeboren sein soll, dann kann es keine Techniken zu ihrer Überwindung geben. |
Das halte ich, so absolut gesetzt, nicht für richtig. Meditationstechniken, Versuche mit Drogen, ekstatische Erfahrungen usw stellen teils einen Versuch dar, diese Trennung auf Erfahrungsebene zu überwinden. Ich gehe davon aus, daß dies tatsächlich gelingen kann und gelingt.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#650824) Verfasst am: 30.01.2007, 13:47 Titel: |
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Selbst wenn eine Subjekt-/Objekt Unterscheidung für bewußte Objekte natürlich ist (sei sie nun vererbt oder erworben), so bedeutet das noch lange nicht, daß die Subjektperspektive nicht objektivierbar wäre. Subjekte sind bei Licht betrachtet bewußte Objekte in ihrer Selbstsicht, also Modelle bewußter Objekte von sich selbst.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#650840) Verfasst am: 30.01.2007, 14:20 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | Ein verständlicher Einwand nun ist, dass wir nun zwei zwar identische Materiezusammensetzungen haben, die sich nur an verschiedenen Orten befinden, und beide potentiell einen neuen Ich-Zustand hervorrufen könnten und man sie daher beide nicht vernichten darf. Wennman den ethischen Maßstab ausgibt, dass wir das Entstehen neuer Ich-Zustände nicht verhindern dürfen. Das ist aber das Potentialitätsargument, dass man genauso auch bei Embryonen verwenden könnte, da das hier aber nicht vertreteten werden soll, ergänzt man noch eine Bedingung: Ein Körper der bereits die Möglichkeit hat, Ich-Zustände hervorzurufen, darf nicht zerstört werden. Kolja spricht einem bewusstlosen Körper aber keine Interessen zu, relevant sind für ihn (und das seh ich ähnlich...) aber (in diesem Fall) nur die Interessen des Ich-Zustands, bevor er bewusstlos wurde. Dieser möchte, dass ein neuer Ich-Zustand (mit Erinnerungen an frühere etc.) am anderem Ort aufwacht, neu zusammengesetzt aber eben mit identischer Zusammensetzung. - So far... |
Für mich sind nach der Kopie zwei unterschiedliche Individuen entstanden. Und ich gestehe diesen Individuen dasselbe Lebensrecht zu, wie ich es für mich fordere. Daher ist es für mich ein ethisches Problem, eines dieser Individuen zu töten. Dabei ist es mir doch völlig wurscht, ob die Individuen nun zur Zeit schon unterschiedliche "Ich-Zustände" hatten oder nicht. Ich sehe nicht, warum das eine Bedeutung haben sollte.
Ich bin nämlich nicht meine "Ich-Zustände". Ich bin ein lebendes und empfindendes Wesen und möchte ungerne auf meine "Ich-Zustände" reduziert werden. Und ich möchte ungerne andere auf ihre "Ich-Zustände" reduzieren.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#650857) Verfasst am: 30.01.2007, 14:43 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Du verfälschst meine Differenzierung zwischen deskriptiven und normativen Aussagen sowie die Frage nach dem jeweiligen Gültigkeitsbereich mal eben zu einer Forderung nach Zensur. |
Die Differenzierung ist Dir selber misslungen, denn Du hast Dich mit Deinem Einwurf in eine Debatte ums "Sein" (des Menschen) und nicht ums "Sollen" eingeschaltet. Außerdem müssen sich auch normative Aussagen auf irgend ein "Sein" beziehen können, und das muss vorher beschrieben werden (z.B., was ein Mensch ist). Du wolltest letztlich die Definition eines Menschenbilds zum "Sollen" erklären, um es der wissenschaftlichen Debatte zu entziehen.
_________________ Hard work often pays off after time, but laziness always pays off now.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#650870) Verfasst am: 30.01.2007, 15:07 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | Du wolltest letztlich die Definition eines Menschenbilds zum "Sollen" erklären, um es der wissenschaftlichen Debatte zu entziehen. |
Ich kann keinen Sinn in dieser Aussage entdecken. Echt nicht.
Auf die Rücknahme Deines Zensur-Vorwurfes brauche ich wohl nicht mehr zu warten.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#650876) Verfasst am: 30.01.2007, 15:22 Titel: |
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Der Knackpunkt für mich ist in dieser Diskussion folgender (mal ein Zitat von Seite 14):
kolja hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | D.h., sobald die Kopie erstellt und zum Leben erweckt wurde, ist sie für mich ein Individuum und daher schützenswert. Nicht erst, wenn die bewussten Ich-Erlebnisse einsetzen. |
Diese Schlussfolgerung finde ich nicht nachvollziehbar. Die Substrate und unbewussten Prozesse schlafender Personen sind doch deswegen schützenswert, weil wir allgemein unterstellen, dass diese Personen zuletzt das Interesse hatten, aus dem Schlaf wieder zu erwachen. Im Falle des Beamens wissen wir aber ganz genau, welches Interesse die Person zuvor hatte: sie wollte nur eines ihrer Substrate erwachen lassen. |
Das "doch" ist an dieser Stelle falsch, denn es impliziert eine Sichtweise, die als zwingend angesehen wird. Das ist sie aber mitnichten, es ist eine ethische Position ähnlich der von Peter Singer, die aber, wie jede andere ethische Position auch, auf Setzungen beruht. Da ich diese Setzungen nicht akzeptiere, ergibt sich für mich auch die Schlussfolgerung nicht. Personen sind für mich nicht deswegen schützenswert, weil sie bestimmte Interessen haben, sondern sie sind schützenswert alleine aus dem Umstand, dass sie Personen sind (was selbstverständlich ebenso eine Setzung ist). Da ich andere Prämissen für meine Ethik habe, komme ich zu anderen Schlüssen als diejenigen, die ihre Ethik auf bewussten Interessen aufbauen. Es gibt aber nun mMn keineswegs wissenschaftliche Argumente, die eine der beiden Setzungen als richtiger erscheinen ließe.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#650889) Verfasst am: 30.01.2007, 15:47 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Ich kann keinen Sinn in dieser Aussage entdecken. |
Das war nur meine Schlussfolgerung aus Deiner Argumentation. Schau Dir halt die beiden vorangehenden Sätze an, durch die diese begründet wurde:
kolja hat folgendes geschrieben: | Die Differenzierung ist Dir selber misslungen, denn Du hast Dich mit Deinem Einwurf in eine Debatte ums "Sein" (des Menschen) und nicht ums "Sollen" eingeschaltet. Außerdem müssen sich auch normative Aussagen auf irgend ein "Sein" beziehen können, und das muss vorher beschrieben werden (z.B., was ein Mensch ist). |
Also jetzt bitte Butter bei die Fische. Was genau Menschen sind, gehört zum "Sein", und dieses klärt die Wissenschaft. Du hattest jedoch sinngemäß gesagt, dass zu den Grundlagen der Ethik bereits ein Menschenbild gehören müsse, welches nicht dekonstruiert (verändert, neu definiert) werden dürfe, weil man damit "die Basis der ethischen Diskussion" verlassen dürfe. Das klingt für mich so, als wäre das "Menschenbild" irgendwie mehr als ein "Sein", es wäre schon ein "Sollen". Klang für mich wie eine Immunisierungsstrategie.
zelig hat folgendes geschrieben: | Auf die Rücknahme Deines Zensur-Vorwurfes brauche ich wohl nicht mehr zu warten. |
Das war kein Vorwurf, sondern eine Frage, ob ich Deine Aussagen richtig interpretiert habe. Ich bemühe mich um Klärung, Du auch?
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#650899) Verfasst am: 30.01.2007, 16:05 Titel: |
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@AgentProvocateur, das hatten wir schon mal in einer früheren Diskussion, darum gehe ich jetzt nicht mehr auf den konkreten Fall ein. Du stellst Prämissen auf, die den Zweck haben, weiteres Hinterfragen an dieser Stelle abzubrechen. Du argumentierst gewöhnlich, das ginge nicht anders, jeder müsse irgendwelche Prämissen setzen. Damit hast Du die Letztbegründung und den Dogmatismus durch die Hintertür wieder eingeführt. Deine Motivation dazu verstehe ich nicht, aber wie auch immer: ich lehne diese Vorgehensweise ab. Meiner Meinung müssen auch normative Aussagen prinzipiell kritisierbar und mit dem aktuellen Wissensstand vereinbar sein (also auch mit dem Wissen darüber, wie Ethik funktioniert). Das ist bei meiner Begründung der Fall. (Nebenbei, kennst Du das Traktat über kritische Vernunft?)
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44647
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(#650922) Verfasst am: 30.01.2007, 16:45 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Ich gehe davon aus, daß dies tatsächlich gelingen kann und gelingt. |
Ich gehe auch davon aus. Und ich betrachte es (wenigstens vorläufig) als Hinweis dafür, dass die Subjekt-Prädikat-Struktur eben nicht angeboren ist. Oder zumindest nicht angeboren im strengen Sinne. Möglich wäre höchstens, dass die SPS prägungsbedingt ist, aber das menschliche Gehirn eine genetisch bedingte Affinität bzw. Tendenz dazu besitzt, bevorzugt diese Art von Prägungsstrukturen anzunehmen.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#650928) Verfasst am: 30.01.2007, 16:53 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | @AgentProvocateur, das hatten wir schon mal in einer früheren Diskussion, darum gehe ich jetzt nicht mehr auf den konkreten Fall ein. Du stellst Prämissen auf, die den Zweck haben, weiteres Hinterfragen an dieser Stelle abzubrechen. Du argumentierst gewöhnlich, das ginge nicht anders, jeder müsse irgendwelche Prämissen setzen. Damit hast Du die Letztbegründung und den Dogmatismus durch die Hintertür wieder eingeführt. Deine Motivation dazu verstehe ich nicht, aber wie auch immer: ich lehne diese Vorgehensweise ab. Meiner Meinung müssen auch normative Aussagen prinzipiell kritisierbar und mit dem aktuellen Wissensstand vereinbar sein (also auch mit dem Wissen darüber, wie Ethik funktioniert). Das ist bei meiner Begründung der Fall. |
Du tust meinen Einwand als irrational und damit völlig irrelevant ab, aber mMn geht es genau darum in diesem Thread: um die Grundlagen der persönlichen Ethik. Deine Grundlagen sind ziemlich genau die von Peter Singer und daher kommst Du zu Deinen Schlüssen.
Nun ist es aber so, dass die Peter-Singer-Ethik keinesfalls eine zwingende Ethik ist und auch nicht widerspruchsfrei.
Jede Ethik muss natürlich kritisierbar sein, aber es wird immer und das ist mMn unvermeidlich, bestimmte Grundsätze geben, auf denen diese Ethik aufbaut.
Wie auch immer: nach meiner Ethik ist die Vernichtung des Menschen beim K-Beamen eine Tötung, nach Deiner ist sie es nicht. Warum Deine Sichtweise nun richtiger sein soll als meine, ist mir nicht einsichtig. Du kannst natürlich weiter behaupten, das sei so, weil Du klug und ich doof sei, aber das überzeugt mich nicht so richtig.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#650949) Verfasst am: 30.01.2007, 17:21 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Jede Ethik muss natürlich kritisierbar sein [...] |
Und Du siehst diesbezüglich keinen Unterschied zwischen den folgenden Aussagen?
Schlafende Personen sind zu schützen,
(a) weil sie Personen sind;
(b) weil wir uns sicher fühlen wollen, im Schlaf nicht getötet zu werden.
Kann ich schwer nachvollziehen. Für mich ist (b) eine nachvollziehbare und rationale Begründung ohne Prämissen, und (a) ist ... naja, so was wie "das tut man halt nicht".
Ich verstehe auch nicht, was das mit Peter Singer zu tun haben soll. Da eine aufgeklärte Ethik nur die gemeinsamen Interessen der Individuen (bzw. deren Konsens darüber) widerspiegeln kann, kann ich nur mit deren Interessen argumentieren.
AgentProvocateuer hat folgendes geschrieben: | Du kannst natürlich weiter behaupten, das sei so, weil Du klug und ich doof sei, aber das überzeugt mich nicht so richtig. |
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#650958) Verfasst am: 30.01.2007, 17:32 Titel: |
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@kolja
Du erkennst den Irrwitz nicht, der darin liegt, daß Du Deine sehr spezielle Ansicht über das, was ein Mensch sei, für objektiv Gültig hältst, während alle anderen Ansichten als illusionär bezeichnet werden. Sei's drum. Nein, Du hast kein Wort von dem verstanden, was ich gesagt habe - und, bevor Du wieder auf leicht anmaßende Weise einen Kommentar zu Deinem Nichtverstehen abgibst: es liegt nicht an mir. Ich habe ausdrücklich Dekonstruktion als einen legitimen Vorgang bezeichnet. Halte mir also nichts anderes vor. Ich habe aber gesagt, daß die Schlüsse, die aus dem Ergebnis Deiner Dekonstruktion (also Deine quantisierten Zustände des Ichs) in einer ethischen Debatte nicht relevant sind. Du machst da einen Methodenfehler, den habe ich bereits beschrieben.
Aber nochmal: Ein Zoologe beschreibt einen Elefanten anders als ein Elfenbeinhändler einen Elefanten beschreibt. Ein Tierarzt beschreibt einen Elefanten anders als ein Zoobesucher einen Elefanten beschreibt. Ein Physiker beschreibt einen Elefanten anders als ein Chemiker einen Elefanten beschreibt. Und, jetzt kommt das Entscheidende, Du, kolja der Dompteur, beschreibst den Elefanten wieder anders, als alle anderen. Aber, Du bist der Einzige der genannten, der behauptet, seine Beschreibung sei die einzig objektive Beschreibung, neben der keine andere gültig sei.
Und jetzt mein Standpunkt: niemand der genannten kann den Elefanten vollständig beschreiben, da die Innenperspektive eine andere Qualität hat, als die Aussenperspektive. Und, aus keiner dieser Beschreibungen ("ist") kann ein "soll" gefolgert werden, solange die Relevanz der Innenperspektive geleugnet wird. Aber genau das tust Du dauernd beispielsweise gegenüber Kramer. Wenn es einen Grund benötigt hätte, gegenüber dieser Art von Ethik misstrauisch zu sein, so hättest Du ihn in dieser Diksussion geliefert, da Du ständig anderen den illusionären Charakter ihres Selbstbildes vorhältst (und damit delegitimierst), während Du Dein eigenes für wissenschaftlich objektiviert hältst.
Ich habe wirklich schlimmste Befürchtungen vor den Folgen einer Ethik, die meint ihre Schlüsse ("Was sollen wir tun?") aus Quanten, bzw Mengen von Quanten ziehen zu können.
Ich bestreite, daß auf dieser Grundlage eine humane Ethik entstehen kann.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#650967) Verfasst am: 30.01.2007, 17:53 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Nein, Du hast kein Wort von dem verstanden, was ich gesagt habe |
Schön, das Du so genau weißt, was ich verstanden habe und was nicht. Könnte ja auch sein, dass ich es sehr genau verstanden und als Fehlschluss oder Missverständnis erkannt habe. Entschuldige, wenn das anmaßend klingt.
zelig hat folgendes geschrieben: | Und, aus keiner dieser Beschreibungen ("ist") kann ein "soll" gefolgert werden, solange die Relevanz der Innenperspektive geleugnet wird. |
Das ist eine Unterstellung, die zeigt, wie sehr Du mich missverstehst.
Ich leugne überhaupt nicht die Relevanz der Innenperspektive, sondern ich erkläre (und das geht leider nur mit Hilfe der Dekonstruktion), wie die Innenperspektive funktioniert und warum sie unabhängig vom Substrat erhalten bleiben würde. Bis zu diesem Punkt ist das nur eine Debatte über das "Sein"! Wenn diese Theorie richtig ist (dazu müssten Du und Kramer versuchen, sie nachzuvollziehen, anstatt reflexartig dagegen zu halten), dann könnte man daraus ethische Schlüsse ziehen, und zwar ziehe ich meine Schlüsse nur deshalb, weil ich in dieser Sache einzig die Innenperspektive für relevant halte.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#650973) Verfasst am: 30.01.2007, 18:06 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Jede Ethik muss natürlich kritisierbar sein [...] |
Und Du siehst diesbezüglich keinen Unterschied zwischen den folgenden Aussagen?
Schlafende Personen sind zu schützen,
(a) weil sie Personen sind;
(b) weil wir uns sicher fühlen wollen, im Schlaf nicht getötet zu werden.
Kann ich schwer nachvollziehen. Für mich ist (b) eine nachvollziehbare und rationale Begründung ohne Prämissen, und (a) ist ... naja, so was wie "das tut man halt nicht". |
1. Ich glaube nicht, dass man auf so formalem Wege eine Ethik aufbauen kann. Ethik muss immer auch die geschichtlichen Erkenntnisse berücksichtigen.
2. Ja, exakt, ich sehe absolut keinen Unterschied in diesen Prämissen. Wer ist das "wir" in (b)? Das "wir" ist definitionsabhängig und diese Definition beruht auf Prämissen. Worauf sonst. Das "wir" kann "wir Menschen", "wir Weißen", "wir bewusst Denkenden", "wir westliche Zivilisation" usw. bedeuten. Es wäre schon gut, wenn Du selber Deine Prämissen sehen würdest und nicht einfach so behaupten würdest, Du hättest keine.
Der Punkt (a) beschreibt eine Ethik, die auf der Menschwürde beruht. Und das hat sich mMn ziemlich gut bewährt und daher neige ich zu (a), obgleich diese Ethik zugegebenermaßen nicht in ein, zwei kurzen Sätzen definiert werden kann.
kolja hat folgendes geschrieben: | Ich verstehe auch nicht, was das mit Peter Singer zu tun haben soll. Da eine aufgeklärte Ethik nur die gemeinsamen Interessen der Individuen (bzw. deren Konsens darüber) widerspiegeln kann, kann ich nur mit deren Interessen argumentieren. |
Ja, aber genau das ist doch die Peter-Singer-Argumentation, die ich nicht teile. Aber egal, wir können das gerne auch anders nennen. Eine Ethik, die nur auf den augenblicklichen bewussten Interessen der Individuen aufbaut, ist eine blutleere und zu kurz gedachte Ethik und führt mMn zu unerfreulichen Ergebnissen.
kolja hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateuer hat folgendes geschrieben: | Du kannst natürlich weiter behaupten, das sei so, weil Du klug und ich doof sei, aber das überzeugt mich nicht so richtig. |
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So kam bei mir Deine Antwort von oben rüber.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#650981) Verfasst am: 30.01.2007, 18:23 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich glaube nicht, dass man auf so formalem Wege eine Ethik aufbauen kann. Ethik muss immer auch die geschichtlichen Erkenntnisse berücksichtigen. |
Vielleicht nicht von Grund auf aufbauen, aber wenigstens die bestehende Ethik (die bisherigen Prämissen) reflektieren und ggf. anpassen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wer ist das "wir" in (b)? Das "wir" ist definitionsabhängig und diese Definition beruht auf Prämissen. |
Nein, dieses "wir" ergibt sich zwangsläufig daraus, wie die Ethik funktioniert, gemeint sind also die ethischen Subjekte.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Der Punkt (a) beschreibt eine Ethik, die auf der Menschwürde beruht. |
Naja, das hilft im vorliegenden Fall aber auch nicht so recht weiter, weil wir ja divergierende Ansichten darüber haben, was genau der Mensch ist. Ich finde z.B. nicht nachvollziehbar, warum bei der Definition von Person, Mensch oder Menschenwürde etwas anderes als die Innenperspektive zählen sollte. Solange es nur eine personale Innenperspektive gibt (jemals gegeben hat), gibt es aus meiner Sicht nur eine Person.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Eine Ethik, die nur auf den augenblicklichen bewussten Interessen der Individuen aufbaut [...] |
Hmm, diesen Strohmann bringst Du jedes Mal an dieser Stelle. Natürlich geht es nicht nur um "augenblickliche bewusste Interessen". Das Interesse, am Leben zu bleiben (auch wenn Du schläfst), ist Dir sicher nicht in jedem Augenblick im Bewusstsein präsent, trotzdem würdest Du auf Nachfrage angeben, dass Du dieses Interesse dauerhaft hast.
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#650984) Verfasst am: 30.01.2007, 18:29 Titel: |
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Abseits der sinnlosen Anfeindungen hier, kommen ja doch noch interessante Dinge zur Sprache (wenn wir jetzt auch längst vom Thema abgehoben sind)
@Zelig
Verstehe ich dich insoweit richtig, dass du die Innenperspektive als allein maßgeblich für (das Menschenbild) einer Ethik erachtest? (Ich frage nach, weil ich ja nicht gegen Strohmänner argumentieren will....)
@Semnon/Kramer
Antwort kommt noch, jetzt ist erstmal Handball
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#650986) Verfasst am: 30.01.2007, 18:33 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich glaube nicht, dass man auf so formalem Wege eine Ethik aufbauen kann. Ethik muss immer auch die geschichtlichen Erkenntnisse berücksichtigen. |
Vielleicht nicht von Grund auf aufbauen, aber wenigstens die bestehende Ethik (die bisherigen Prämissen) reflektieren und ggf. anpassen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wer ist das "wir" in (b)? Das "wir" ist definitionsabhängig und diese Definition beruht auf Prämissen. |
Nein, dieses "wir" ergibt sich zwangsläufig daraus, wie die Ethik funktioniert, gemeint sind also die ethischen Subjekte.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Der Punkt (a) beschreibt eine Ethik, die auf der Menschwürde beruht. |
Naja, das hilft im vorliegenden Fall aber auch nicht so recht weiter, weil wir ja divergierende Ansichten darüber haben, was genau der Mensch ist. Ich finde z.B. nicht nachvollziehbar, warum bei der Definition von Person, Mensch oder Menschenwürde etwas anderes als die Innenperspektive zählen sollte. Solange es nur eine personale Innenperspektive gibt (jemals gegeben hat), gibt es aus meiner Sicht nur eine Person.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Eine Ethik, die nur auf den augenblicklichen bewussten Interessen der Individuen aufbaut [...] |
Hmm, diesen Strohmann bringst Du jedes Mal an dieser Stelle. Natürlich geht es nicht nur um "augenblickliche bewusste Interessen". Das Interesse, am Leben zu bleiben (auch wenn Du schläfst), ist Dir sicher nicht in jedem Augenblick im Bewusstsein präsent, trotzdem würdest Du auf Nachfrage angeben, dass Du dieses Interesse dauerhaft hast. |
Hm, also ich will nicht nur deshalb niemanden umbringen, der schläft, weil ich Angst habe, dass mir das Gleiche passieren könnte. Wenn ich mich in eine Situation versetze, in der ich mich mit dem Hackebeilchen über dem Lager einer schlafenden Person erhebe, dann kann ich mir nicht denken, dass mir als erstes durch den Kopf schießt, dass mir Gleiches wiederfahren könnte.
Wenn behauptet wird, es sei vernünftig genau deshalb keine Schlafenden zu töten, weil 'wir' selbst nicht im Schlaf getötet werden wollen, dann ist dies zu beweisen, genau wie jeder andere hypothetische Aspekt einer evolutionistischen Ethik.
Diese Art Ethik ist nicht nur schwierig zu konzipieren, sondern auch gefährlich.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#650991) Verfasst am: 30.01.2007, 18:41 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: |
@Zelig
Verstehe ich dich insoweit richtig, dass du die Innenperspektive als allein maßgeblich für (das Menschenbild) einer Ethik erachtest? (Ich frage nach, weil ich ja nicht gegen Strohmänner argumentieren will....) |
Hi Kival.
Nein, das ist nicht mein Standpunkt. Die Introspektion ist eine reale Entität und soll als solche, neben anderen realen Entitäten, in Überlegungen zur Ethik miteinbezogen werden.
edit: Mein Menschenbild speist sich aus verschiedenen Quellen. Aber obiges mache ich zu einer notwendigen Bedingung für eine ethische Diskussion.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#650996) Verfasst am: 30.01.2007, 18:48 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich glaube nicht, dass man auf so formalem Wege eine Ethik aufbauen kann. Ethik muss immer auch die geschichtlichen Erkenntnisse berücksichtigen. |
Vielleicht nicht von Grund auf aufbauen, aber wenigstens die bestehende Ethik (die bisherigen Prämissen) reflektieren und ggf. anpassen. |
Den Umstieg von dem Prinzip der Menschenwürde auf das Prinzip der bewussten Interessen finde ich durchaus eine fundamentale Änderung und ich sehe nicht, wie hier eine von mir akzeptierte Anpassung möglich wäre.
kolja hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wer ist das "wir" in (b)? Das "wir" ist definitionsabhängig und diese Definition beruht auf Prämissen. |
Nein, dieses "wir" ergibt sich zwangsläufig daraus, wie die Ethik funktioniert, gemeint sind also die ethischen Subjekte. |
Nein, es ergibt sich eben nicht zwangsläufig daraus. Meine Ethik erstreckt sich auch auf (noch oder zur Zeit) unbewusste Menschen und nicht nur auf herbeidefinierte "ethische Subjekte". Das ist wohl der Hauptdissens zwischen uns. Ich sehe dieses "zwangsläufig" nicht, sondern es ist mMn eine nicht begründbare Prämisse.
kolja hat folgendes geschrieben: | Ich finde z.B. nicht nachvollziehbar, warum bei der Definition von Person, Mensch oder Menschenwürde etwas anderes als die Innenperspektive zählen sollte. Solange es nur eine personale Innenperspektive gibt (jemals gegeben hat), gibt es aus meiner Sicht nur eine Person. |
In meiner Sicht gibt es zwei unterschiedliche Individuen, die sich unterschiedlich entwickeln werden. Es spielt dabei für mich keine Rolle, ob sie eine bestimmte Vergangenheit teilen.
kolja hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Eine Ethik, die nur auf den augenblicklichen bewussten Interessen der Individuen aufbaut [...] |
Hmm, diesen Strohmann bringst Du jedes Mal an dieser Stelle. Natürlich geht es nicht nur um "augenblickliche bewusste Interessen". Das Interesse, am Leben zu bleiben (auch wenn Du schläfst), ist Dir sicher nicht in jedem Augenblick im Bewusstsein präsent, trotzdem würdest Du auf Nachfrage angeben, dass Du dieses Interesse dauerhaft hast. |
Hm, das ist erstens kein Strohmann, da Deine Argumentation hier einen Bruch erfährt (und Du eine neue Prämisse einführen musst) und zweitens gibt es eben noch andere Fälle, in denen nicht nur das bewusste Interesse eine Rolle spielen sollte (mMn). Zum Beispiel bei Jemandem, der Suizidgedanken hätte und (im Moment) nicht weiterleben möchte. Wenn man Deinen Grundsatz dann streng anwendet, wäre es in Ordnung, ihn zu töten. Probleme gibt es auch bei Säuglingen, die noch keine bewussten Interessen haben. Probleme gibt es auch in der Abwägung der Interessen. Wenn eine ganze Gesellschaft einen bestimmten Menschen töten möchte, dann stehen ein Haufen Interessen gegen ein einzelnes Interesse.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#651063) Verfasst am: 30.01.2007, 20:36 Titel: |
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Semnon hat folgendes geschrieben: | Hm, also ich will nicht nur deshalb niemanden umbringen, der schläft, weil ich Angst habe, dass mir das Gleiche passieren könnte. Wenn ich mich in eine Situation versetze, in der ich mich mit dem Hackebeilchen über dem Lager einer schlafenden Person erhebe, dann kann ich mir nicht denken, dass mir als erstes durch den Kopf schießt, dass mir Gleiches wiederfahren könnte. |
Das liegt daran, daß Du nicht nur ethische Gedanken hast, sondern auch eine intuitive Moral. Die Moral muß nicht begründen, sondern sie wird bei den Mitgliedern einer Gemeinschaft mehr oder weniger zwangsimplementiert (Evolution, Pädagogik, Nachahmung usw.). Daher hat die Moral eine gewisse "Einfachheit", sie muß reflexhaft funktionieren. Also Hackebeilchen -> verboten/böse.
Will man aber eine ethische Reflektion der Moral, also eine nachvollziehbare Begründung, so braucht man im ersten Schritt Werte (statt Gebote/Verbote). Das sind bei Euch z.B. die Würde des Menschen, Potenzialität usw. Das reicht aber noch nicht aus, den Werte sind postuliert, absolut. Sie tragen nicht der Tatsache Rechnung, daß Ethik de facto ein Resultat aus Biologie und Interessen bewußter Objekte ist. Daher braucht man - will man eine gegenüber anderen bewußten Objekten begründbare Ethik - konsente Ziele und reflektierte Interessen hinter den Werten. Der Utilitarismus (jedenfalls vom Prinzip her) ist daher mE die einzige rational nachvollziehbare Ethik.
Semnon hat folgendes geschrieben: | Wenn behauptet wird, es sei vernünftig genau deshalb keine Schlafenden zu töten, weil 'wir' selbst nicht im Schlaf getötet werden wollen, dann ist dies zu beweisen, genau wie jeder andere hypothetische Aspekt einer evolutionistischen Ethik. |
Da gebe ich Dir in gewisser Weise recht, es ist eine Theorie, die man belegen und falsifizieren muß. Ein reines Dogma dagegen ist nichtmal eine Theorie.
Semnon hat folgendes geschrieben: | Diese Art Ethik ist nicht nur schwierig zu konzipieren, sondern auch gefährlich. |
Ja, wir können nicht so naiv moralisieren, je mehr wir verstehen, wie wir funktionieren.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Den Umstieg von dem Prinzip der Menschenwürde auf das Prinzip der bewussten Interessen finde ich durchaus eine fundamentale Änderung. |
Ich auch. Wir können nicht mehr ignorieren, daß die Menschenwürde und sämtliche Rechte "nur" etwas sind, was bewußte Objekte anderen Objekten hier und heute zumessen, weil - ja weil es eben so entstanden ist und diesen oder jenen Nutzen für die Gesamtheit hat. Das allein relativiert die Menschenwürde (und jede Ethik) prinzipiell, und das ist eine fundamentale Änderung in unserem ethischen Denken. nur schwierig zu konzipieren, sondern auch gefährlich.[/quote]
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#651075) Verfasst am: 30.01.2007, 21:00 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Den Umstieg von dem Prinzip der Menschenwürde auf das Prinzip der bewussten Interessen finde ich durchaus eine fundamentale Änderung. |
Ich auch. Wir können nicht mehr ignorieren, daß die Menschenwürde und sämtliche Rechte "nur" etwas sind, was bewußte Objekte anderen Objekten hier und heute zumessen, weil - ja weil es eben so entstanden ist und diesen oder jenen Nutzen für die Gesamtheit hat. |
Sicher, das Konzept unserer heutigen Ethik ist etwas von Menschen geschaffenes und es ist etwas, auf das man sich geeinigt hat. Deswegen ist es mMn verkehrt, wenn nicht sogar grob irreführend, hier von einem "Dogma" zu reden. Es ist nur so, dass mich der alternative Vorschlag, die grundlegenden Rechte im Vorneherein erst einmal nur den bewussten Menschen zuzugestehen und den nicht-bewussten je nach Sachlage zuzusprechen oder eben nicht zuzugestehen, nicht überzeugt. Die Menschenwürde hat aus meiner Sicht einen bewährten Nutzen für die Gemeinschaft und deswegen unterstütze ich dieses Konzept.
step hat folgendes geschrieben: | Das allein relativiert die Menschenwürde (und jede Ethik) prinzipiell, und das ist eine fundamentale Änderung in unserem ethischen Denken. |
Ja, klar, alles ist relativ. Ob das nun eine "fundamentale Änderung unseres ethischen Denkens" ist, sei einmal dahingestellt, aber mMn folgt daraus keineswegs eine Aufgabe unserer heutigen Ethik (Menschenwürde) hin zu einer Ethik der "momentanen Interessen".
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#651144) Verfasst am: 30.01.2007, 22:16 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Sicher, das Konzept unserer heutigen Ethik ist etwas von Menschen geschaffenes und es ist etwas, auf das man sich geeinigt hat. Deswegen ist es mMn verkehrt, wenn nicht sogar grob irreführend, hier von einem "Dogma" zu reden. |
Für dogmatisch halte ich nicht, daß es eine solche EThik nun mal derzeit gibt, sondern wenn in der ethischen Diskussion die Menschenwürde zu einem Absolutum erklärt bzw. die dekonstruierende Relativierung auf Soziobiologie, Ziele usw. als "unethisch" angesehen wird. Zum Beispiel:
Zitat: | Dekonstruktionen des Ichgefühls sind in einer ethischen Debatte nicht relevant |
Zitat: | Allein die Existenz der Tötungshemmung eleminiert jede mögliche Selbstverständlichkeit. Ob ein schlafender oder ein wacher Mensch einwilligt, ist grundsätzlich gleichgültig. |
... und viele andere.
Semnon hat übrigens an einer Stelle versucht, wenigstens ein tieferliegendes Ziel als das ethische Dogma der attributiven Menschenwürde zu formulieren:
Semnon hat folgendes geschrieben: | Es gelten Fundamentalregeln, die in etwa auf das Konzept hinauslaufen: Ich habe nicht das Recht mir die Freiheit zu nehmen, die Freiheit eines anderen Menschen einzuschränken. Grob gesagt. Warum will ich das? Naja, es geht um die Minmierung von Schmerz in einem Kollektiv. Die Inhaltspunkte einer Ethik muss also allen, für die sie gelten soll, das optimale Maß an Freiheit einräumen. |
Jetzt mal angenommen, auf dieses Ziel würden sich die bewußten Objekte einigen (was nicht heißt, daß ich das fordere). Es gibt sicher Situationen, in denen das Primat dieses Ziels im Einzelfall nicht mit dem Primat der unbedingten Menschenwürde zu vereinbaren ist. Beispiele gibt es im täglichen Leben, aber auch das Beamen mit Kopievernichtung könnte eines sein.
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#651218) Verfasst am: 30.01.2007, 23:52 Titel: |
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Ich sehe nicht, wieso man mit einer Ethik, die vom Interesse des Subjekts ausgeht, beim Beambeispiel zwingend zu anderen Ergebnissen kommen sollte, als mit der Würde-Ethik. Das Ergebnis der ethischen Entscheidung hängt doch davon ab, wie man den Beamvorgang interpetiert. Wer im Beamvorgang nur einen Substratwechsel der Ich-Erlebnisse sieht, wird keine Problem damit haben, den Körper im Transporter zu vernichten. Wer das Beambeispiel wie ich interpretiert, geht davon aus, dass der Körper im Transporter nicht nur das gegenwärtige Interesse hat, transportiert zu werden, sondern ohne mein Eingreifen (die Tötung) in der Lage wäre, in der Zukunft andere Interessen zu äussern. Ich wäre ja der Ansicht, dass der Mensch im Transporter sich bezüglich seiner Zukunft irrt - und wäre auch in der Lage, das zu beweisen, indem ich ihn nicht töte, ihn aufwecke und sage "Sehen Sie, nix ist mit Mars. Hätte ich Sie getötet, wären Sie jetzt tot." Würde er sich beschweren, dass er jetzt auf dem Mars wäre, wenn ich ihn getötet hätte, sage ich "Da ist ja offensichtlich jemand auf dem Mars angekommen und das sind, wie Sie deutlich merken, nicht Sie. Wollen Sie jetzt immer noch sterben?"
Ich vermute mal, jeder, den ich entweder töten oder aufwecken könnte, wird - wenn ich ihn aufwecke um zu fragen, ob er getötet werden will - nein sagen.
Man könnte aus dieser paradoxen Situation ein hübsches Lateral machen:
Du befindest Dich mit einem bewusstlosen Menschen in einem Zimmer, der Dich damit beauftragt hat, ihn zu töten. Allerdings weisst Du: Würdest Du ihn wecken, um ihn zu fragen, ob er sterben will, würde er nein sagen. Was ist passiert?
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Roter Ballon Lifted
Anmeldungsdatum: 22.12.2006 Beiträge: 2631
Wohnort: München
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(#651238) Verfasst am: 31.01.2007, 00:41 Titel: |
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ich würds bissi verkürzen:
Zitat: | Du befindest Dich mit einem "schlafenden" Menschen in einem Zimmer, der Dir zuvor felsenfest versichert hat, nicht mehr leben zu wollen falls er jemals bewußtlos wird. |
p.s. Schlafen fördert die Erinnerungsfähigkeit
[edit] und du bist aber kein Arzt oder Schlalexperte ... oh ist dann doch nicht kürzer
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ertrage die Clowns!
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Roter Ballon Lifted
Anmeldungsdatum: 22.12.2006 Beiträge: 2631
Wohnort: München
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(#651246) Verfasst am: 31.01.2007, 01:20 Titel: |
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Eine Wiki-Sauperle sozusagen:
Zitat: | die Lehre von der analogia entis besagt, dass der Begriff des Seins nicht eindeutig, sondern analog ist, also das Wort „Sein“ einen unterschiedlichen Sinn besitzt, je nachdem, auf welche Gegenstände es bezogen wird. Danach hat alles, was ist, das Sein und ist durch das Sein, aber es hat das Sein in verschiedener Weise. In höchster und eigentlicher Weise kommt es nur BEIM BEAMEN DAzu: allein HIER ist Sein. Alles andere Sein hat nur Teil am Sein und zwar entsprechend seinem Wesen. In allen geschaffenen Dingen muss also Wesen (essentia) und Existenz (existentia) unterschieden werden; einzig BEIM BEAMEN fallen diese zusammen.
(...)
Eine weitere wichtige Unterscheidung ist die von Materie und Form. Einzeldinge entstehen dadurch, dass die Materie durch die Form bestimmt wird (siehe Hylemorphismus). Die Grundformen Raum und Zeit haften untrennbar an der Materie. Die höchste Form ist BEIM BEAMEN als Verursacher (causa efficiens) und als Endzweck (causa finalis) der Welt.
(...)
Weil es in BEIM BEAMEN keine (substanzielle) Veränderung gibt, ist er actus purus, also „reine Wirklichkeit“. |
und wer weiß von wem das ist?
ist das nicht eine Paraphrase zu allen Thesen in diesem Thread?
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ertrage die Clowns!
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#651247) Verfasst am: 31.01.2007, 01:24 Titel: |
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Na, wenn das nicht der gute Aquinas ist...
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#651257) Verfasst am: 31.01.2007, 01:54 Titel: |
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Robbe Piere hat folgendes geschrieben: |
ist das nicht eine Paraphrase zu allen Thesen in diesem Thread? |
Nö. Das ist Lichtjahre von dieser Diskussion entfernt. Es gibt hier auch niemanden, der "Beamen" mit "Gott" gleichsetzt.
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letzterfreigeist dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 13.12.2006 Beiträge: 959
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(#651264) Verfasst am: 31.01.2007, 02:07 Titel: |
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Ist dieser Thread ein Chat?
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Roter Ballon Lifted
Anmeldungsdatum: 22.12.2006 Beiträge: 2631
Wohnort: München
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(#651274) Verfasst am: 31.01.2007, 02:49 Titel: |
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Kramer hat folgendes geschrieben: | Robbe Piere hat folgendes geschrieben: |
ist das nicht eine Paraphrase zu allen Thesen in diesem Thread? |
Nö. Das ist Lichtjahre von dieser Diskussion entfernt. Es gibt hier auch niemanden, der "Beamen" mit "Gott" gleichsetzt. |
Nun ich habe habe früher schonmal angemerkt, das hier die Vorstellung der "Beamvorgang" als mytischer Prozeß vorgestellt wird, er ist nicht näher definiert worden, aber alles davon abhängig.
Nicht mehr und nicht weniger spiegelt sich aber beim Thomas wieder, der alles eben von einer anderen Instanz abhängig macht, und folglich hierauf wohl auch seine spezielle "Ethik"und Sichtweise aufgebaut hat.
Ich seh da dann schon gewisse Ähnlichkeiten, siehe ... das Thema mündete in einer Ethikdebatte.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#651377) Verfasst am: 31.01.2007, 12:55 Titel: |
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Kramer hat folgendes geschrieben: | Ich sehe nicht, wieso man mit einer Ethik, die vom Interesse des Subjekts ausgeht, beim Beambeispiel zwingend zu anderen Ergebnissen kommen sollte, als mit der Würde-Ethik. Das Ergebnis der ethischen Entscheidung hängt doch davon ab, wie man den Beamvorgang interpetiert. Wer im Beamvorgang nur einen Substratwechsel der Ich-Erlebnisse sieht, wird keine Problem damit haben, den Körper im Transporter zu vernichten. Wer das Beambeispiel wie ich interpretiert, geht davon aus, dass der Körper im Transporter nicht nur das gegenwärtige Interesse hat, transportiert zu werden, sondern ohne mein Eingreifen (die Tötung) in der Lage wäre, in der Zukunft andere Interessen zu äussern. |
Hier fließt in Deine Argumentation aber mehr ein als das faktische Interesse des Subjekts, nämlich eine Art Potenzialitätsargument. Das faktische Interesse eines Subjekts zu überleben ist nicht identisch mit dem potenziellen Interesse eines später entstehenden Subjekts, rückblickend überlebt zu haben.
Kramer hat folgendes geschrieben: | Ich wäre ja der Ansicht, dass der Mensch im Transporter sich bezüglich seiner Zukunft irrt - und wäre auch in der Lage, das zu beweisen, indem ich ihn nicht töte, ihn aufwecke und sage "Sehen Sie, nix ist mit Mars. Hätte ich Sie getötet, wären Sie jetzt tot." Würde er sich beschweren, dass er jetzt auf dem Mars wäre, wenn ich ihn getötet hätte, sage ich "Da ist ja offensichtlich jemand auf dem Mars angekommen und das sind, wie Sie deutlich merken, nicht Sie. Wollen Sie jetzt immer noch sterben?" Ich vermute mal, jeder, den ich entweder töten oder aufwecken könnte, wird - wenn ich ihn aufwecke um zu fragen, ob er getötet werden will - nein sagen. |
Das vermute ich auch. Allerdings wäre das in einer Ethik, die auf den faktischen Interessen von Subjekten beruht, nur ein Argumant dafür, dieses Subjekt nicht zu töten, wenn es schon mal aufgewacht ist. Seine Tötung wäre aber (normalerweise) keine Verletzung der Interessen seines Vorgängers, da diese mit dem Überleben der Kopie gewährleistet sind. Daß dies Dir dennoch so erschient, liegt daran, daß Du Dich mit allen Deinen potenziell leidenden Nachfolgern identifizierst. Das ist zwar eine Illusion, aber normalerweise nützlich, da man normalerweise eben nur einen Nachfolger hat und dessen Fortpflanzungsfähigkeit gewährleisten muß. Einigen könnte man sich idZ vermutlich sogar auf ein ethisches Prinzip, das aus Fairnessgründen vervielfachendes Klonen verbietet.
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