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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#668045) Verfasst am: 26.02.2007, 15:08 Titel: |
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@kolja
Ich habe mir etwas Zeit gelassen, tschuldigung.
Zitat: | Erkläre doch mal bitte, was dieses Beispiel mit physikalischen Möglichkeiten zu tun haben soll. Wie "entscheidet" ein physikalisches System, in welchen von mehreren möglichen Folgezuständen es übergehen wird, wenn nicht zufällig? |
Also räumst du nun doch eine Zufälligkeit ein oder wie?
Hier geht es doch um Entscheidungsmöglichkeiten. Wenn man von einem 'perfekten' Entscheidungsapparat ausgeht, selbst dann sind gleichberechtigte Entscheidungen nicht auszuschließen. Ein solcher Mechanismus müsste sich per Zufallsgenerator für eine Möglichkeit entscheiden oder chaotische Einflüsse würden die konkrete Entscheidung dann herbeiführen. Letzteres ist für einen imperfekten Entscheidungsapparat wohl der Fall.
Zitat: | Weiche nicht aus! Hältst Du die Annahme, dass die physikalischen Theorien für das Gehirn ganz wesentlich unvollständig sind, so dass ein weder deterministisch noch zufällig entstehender Wille denkbar wäre, für begründbar, und wenn ja, womit? |
Ich weiche nicht aus, wieso sollte ich?!
Ich fand deine Behauptung, das Gehrin sei weitgehend erfoscht nur völlig übereilt. Wieso soll ich das so sehen, es muss entweder deterministisch Chaotisch oder aufgrund einer mathematisierbaren Wohlordnung ablaufen.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
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(#668052) Verfasst am: 26.02.2007, 15:20 Titel: |
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Semnon hat folgendes geschrieben: | Also räumst du nun doch eine Zufälligkeit ein oder wie? |
Schon die ganze Zeit, hast wohl nicht gründlich gelesen.
kolja hat folgendes geschrieben: | Der wesentliche Punkt ist aber, dass Entscheidungen, so wohlüberlegt und reflektiert sie auch sein mögen, immer noch die Berechnungen eines physikalischen Systems sind, deren Ergebnis sich zwangsläufig aus den Anfangsbedingungen ergibt (oder zufällig ist). Wenn Entscheidungsalternativen abgewogenen wurden, waren diese zwar Variablen in der Berechnung, aber keine echten Möglichkeiten. Ein anderes Ergebnis wäre nur zustande gekommen, wenn die Anfangsbedingungen anders gewesen wären. Die klassische Willensfreiheit enthält aber als wesentlichen Kern die Behauptung, dass eine konkrete Person in einer konkreten Situation (also unter konkreten Anfangsbedingungen) genau so gut anders hätte entscheiden können. Darauf stützt sich der moralische Schuldvorwurf. |
Ich hätte natürlich hinter ein paar andere Sätze auch noch die Ergänzung "(oder durch Zufall)" setzen können, aber ich dachte, dem aufmerksamen Leser wäre das auch so klar. Und wir sind uns doch vermutlich einig, dass mit dem "Anders-Handeln-Können" im von mir beschriebenen moralischen Schuldvorwurf keine zufälligen Abweichungen gemeint sein können?
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#668055) Verfasst am: 26.02.2007, 15:25 Titel: |
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@Step
Zitat: | Dieser Standpunkt erscheint mir vertretbar. Ist allerdings schwierig, Dir zu folgen, wenn Du dann von "prinzipieller Unberechenbarkeit" scheibst. Ist "deterministisches Chaos" nun dE Zufall oder nicht? |
Ich finde schon. Natürlich sehe ich, dass quantenmechanischer Zufall eine stärkerer Definitionsgrundlage für Zufall ist. Ich hatte doch aber erklärt, dass ich Zufall sinnvoll nur aufgrund der Nicht-Berechenbarkeit definieren kann, jedenfalls sehe ich mich zu etwas anderem außer Stande, somit ist das bezogen auf das Resultat, also auf die (technische/mathematische) Unterscheidbarkeit der Resultate, irrelevant.
Zitat: | Diese Folgerungen und Behauptungen kann ich so nicht nachvollziehen. |
Siehe u.a. oben. Ich wolte damit sagen, dass die Kausalität wieder nur anhand einer mathematisierten Untersuchung der Wirkung eines physikalischen Ereignisses nachvollzogen werden kann. Eine Nicht-Berechenbarkeit, ob klassisch oder quantenmechanisch, verhindert das doch. Der Alpha-Zerfall stellt da keinen essentiellen Unterschied dar. Wir wissen doch, dass die Ursache nicht beliebig ist und was die Wirkung nur sein kann, es ist jedoch wie bei einem klassischen chaotischen System unmöglich die Ursache eindeutig zu bestimmen. Dem gemäß spielt also nur die Berechenbarkeit, bzw eindeutige Benennbarkeit eine Rolle, wenn es darum geht einen wohlgeordneten Prozess von einem 'zufälligen' zu unterscheiden.
Wie würdest du denn echten Zufall definieren?
Zitat: | Das ist auch nur in den Interpretationen (z.B. Kopenhagen) der Fall, in denen der quantenmechanische Zufall quasi metaphysisch akzeptiert wird. |
Also ginge es nur um die Unvollständigkeit des momentanen theoretischen Bildes. Man kommt doch aber eben aufgrund der Unschärfe der Informationen über ein Ereignis nicht um den Zufall, bzw um die Nicht-Benennbarkeit der Ursache. Das wird sich auch in einer Verallgemeinerung nicht ändern, es sei denn der Wellencharakter erweist sich als Näherung.
Zitat: | Allerdings bekommt man dann auch Probleme mit dem Kausalitätsbegriff: Was ist die Ursache eines atomaren Einzelzerfalls zu einem bestimmten Zeitpunkt? |
Wieso nur 'dann auch'? Wo denn nicht?
Zuletzt bearbeitet von Argáiþ am 26.02.2007, 15:36, insgesamt 2-mal bearbeitet |
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#668060) Verfasst am: 26.02.2007, 15:34 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | Semnon hat folgendes geschrieben: | Also räumst du nun doch eine Zufälligkeit ein oder wie? |
Schon die ganze Zeit, hast wohl nicht gründlich gelesen.
kolja hat folgendes geschrieben: | Der wesentliche Punkt ist aber, dass Entscheidungen, so wohlüberlegt und reflektiert sie auch sein mögen, immer noch die Berechnungen eines physikalischen Systems sind, deren Ergebnis sich zwangsläufig aus den Anfangsbedingungen ergibt (oder zufällig ist). Wenn Entscheidungsalternativen abgewogenen wurden, waren diese zwar Variablen in der Berechnung, aber keine echten Möglichkeiten. Ein anderes Ergebnis wäre nur zustande gekommen, wenn die Anfangsbedingungen anders gewesen wären. Die klassische Willensfreiheit enthält aber als wesentlichen Kern die Behauptung, dass eine konkrete Person in einer konkreten Situation (also unter konkreten Anfangsbedingungen) genau so gut anders hätte entscheiden können. Darauf stützt sich der moralische Schuldvorwurf. |
Ich hätte natürlich hinter ein paar andere Sätze auch noch die Ergänzung "(oder durch Zufall)" setzen können, aber ich dachte, dem aufmerksamen Leser wäre das auch so klar. Und wir sind uns doch vermutlich einig, dass mit dem "Anders-Handeln-Können" im von mir beschriebenen moralischen Schuldvorwurf keine zufälligen Abweichungen gemeint sein können? |
Ein Aufmerksamkeitsproblem war das nicht. Du hast doch quasi sagen wollen, dass nur ein echter physikalischer Zustand als Folge existieren kann, was natürlich richtig ist. Wenn man nun, wie beschrieben, von einem variablen Grad an chaotischem Einfluss ausgeht, je nach dem wie 'perfekt' der Entscheidungsapparat ist, dann wird man, wenn man den Perfektionsregler ganz hoch stellt, sogar auf eine Notwendigkeit des Zufalls stoßen, jedenfalls ist es nicht einfach auszuschließen. Es geht mir also nur um das Entscheidungsproblem. Die juristische Relevanz dessen bezweifle ich aber aus anderen Gründen. Z.B. kannst du nicht von einer Berechenbarkeit einer Folge von Entscheidungen ausgehen, die natürlich keine voneinander isolierte Ereignisse darstellen. Die Kausation ist jedoch nicht zwingend nachvollziehbar, somit ließe sich nicht eindeutig belegen, dass (innerhalb eines begrenzten Zeitintervalls) bei beliebigen Entscheidungspfaden immer dann die selbe Entscheidung herauskäme, wenn die Prämissen, die für die Entscheidung gelten, immer gleich sind.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
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(#668064) Verfasst am: 26.02.2007, 15:42 Titel: |
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Die juristische Frage diskutiere ich hier gar nicht, also nochmal: wir sind uns doch vermutlich einig, dass mit dem "Anders-Handeln-Können" im moralischen Schuldvorwurf keine zufällige Auswahl zwischen physikalischen Möglichkeiten gemeint sein kann? Und warum sollte es dafür relevant sein, ob man eine Handlungsentscheidung als Folge von vielen aufeinander folgenden Einzelentscheidungen betrachtet?
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#668073) Verfasst am: 26.02.2007, 15:51 Titel: |
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Ja, sicher. Wenn ein Schuldvorwurf stattgefunden hat, wärs Blödsinn, wenn eine willkürliche Auswahl da gewesen wäre, somit der Schuldvorwurf konstruiert wäre.
Schuld wäre nur dann feststellbar, wenn die Kausation hinreichend eindeutig ist. Na... das kann im Gegenzug aber auch bedeuten, dass zwangfrei gehandelt wurde (also eben nicht gesagt werden kann 'der hätte ja nicht anders können') und die möglichen Folgen der Handlung quasi für den Handelnden, obwohl er sich derer bewußt gewesen ist, derart irrelvant waren, so dass man den Entscheidungsprozess nicht von Zufall unterscheiden kann... was dachtest du denn?
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
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(#668076) Verfasst am: 26.02.2007, 15:55 Titel: |
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Was? Nein. Du scheinst mit dem strafrechtlichen Schuldprinzip und dem Konzept eines "freien Willen", auf den es gründet, kaum vertraut zu sein. Laut diesem Prinzip ist ein Mensch nur schuldig, wenn er sich "frei" für eine Handlung entschieden hat, wobei mit "frei" gemeint ist, dass er auch "anders hätte handeln können".
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#668079) Verfasst am: 26.02.2007, 16:02 Titel: |
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???
Mir ist jetzt nicht begreiflich, wieso du annimmst, ich wüsste nicht, was gängig als Schuldfähigkeit angesehen wird. Wenn es gleichberechtigte Entscheidungsmöglichkeiten gegeben hat und man die Entscheidung für die 'böse' Variante nicht von einem konstruierten Begriff vom echten Zufall unterscheiden kann, dann hat sich der so Handelnde doch zwangfrei für seine Tat entschieden, man kann also im Normalfall nicht sagen, er hätte nicht anders können.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
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(#668085) Verfasst am: 26.02.2007, 16:18 Titel: |
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Semnon hat folgendes geschrieben: | Wenn es gleichberechtigte Entscheidungsmöglichkeiten gegeben hat und man die Entscheidung für die 'böse' Variante nicht von einem konstruierten Begriff vom echten Zufall unterscheiden kann, dann hat sich der so Handelnde doch zwangfrei für seine Tat entschieden, man kann also im Normalfall nicht sagen, er hätte nicht anders können. |
Du verwendest "Entscheidungsmöglichkeiten" ernsthaft im Sinne von mehreren möglichen physikalischen Folgezuständen, von denen zufällig (!!!) einer obsiegt? Das kann ja kaum noch etwas mit mit bewussten Abwägeprozessen oder mit der klassischen Willensfreiheit zu tun haben. Oder redest Du bloß von der richterlichen Unkenntnis der inneren Determinanten dieses Abwägeprozesses? Das wäre aber kein Argument zur Stütze der klassischen Willensfreiheit.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#668107) Verfasst am: 26.02.2007, 16:41 Titel: |
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erstmal interessiert mich die 'klassische Willensfreiheit' überhaupt nicht. Vielleicht sollte ich einmal festhalten, dass ich aufgrund der Bestreitbarkeit der klassischen Willensfreiheit keine Notwendigkeit erkennen kann, das Rechssystem fundamental zu ändern. Vielleicht sollten wir uns im Folgenden mal genau darauf konzebntrieren.
Aber zur Klärung....
Dann geht es mir aber um den Zweifelsfall. Ich sage, ausführlich dargestellt: Gesetzt den Fall die Entscheidungsmöglichkeiten sind tatsächlich (auch aus der Sicht eines perfekten Apparates) gleichberechtigt und der Entscheidende ist sich, je nach Perfektionsgrad des Entscheidungsprozesses, dieser Gleichberechtigung beliebig sicher bewußt (was auch immer das heissen soll). Wenn seine Einschätzung entsprechend unpräzise ist und wir aber annehmen, die Optionen sind wirklich gleichberechtigt (er weis sdas in dem Fall nicht sicher), dann stellt sich für den Entscheidenden die Situation aufgrund von chaotischen Einflüssen andersartig dar, wobei er sich jedoch der Unsicherheit ja bewußt ist (!) und die letztendliche Entscheidung ist genauso zufällig getroffen, als wenn der Entscheidende sich der Gleichberechtigung der Optionen wie ein perfekter Apparat bewußt wäre.
Wenn man von diesem elementaren Quell des Zufalls mal absieht, verbleiben all diejenigen Fälle, in denen der Verbrecher sich der Verwerflichkeit seines Handelns bewußt ist oder nicht. Nach dem bisherigen Rechtsverständnis ist die Schuldfähigkeit doch bereits reduziert oder sogar ausgeschlossen, wenn der Verbrecher überhaupt keinen Durchblick hat... wieso willst du alo das Rechtssystem ändern?
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#668135) Verfasst am: 26.02.2007, 17:09 Titel: |
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Also vielleicht setze ich mal zu besagter Konzentration auf den juristischen Aspekt an:
Nach der klassischen Willensfreiheit ist der Entscheidende völlig frei und hat sozusagen beliebig viele Optionen 'pro Situation'; somit wäre es auch überflüssig die Kausalität der Elemente eines Entscheidungsprozesses nachzuvollziehen.
Nun sagst du, der Wille ist nicht frei (existiert gar nicht?)... soll das nun heissen, es ist pro Situation immer genau ein möglicher Zustand in folge des Entscheidungsprzesses (der dann ja kein echter mehr ist) möglich oder (wesentlich) begrenzt viele Zustände.
Mit obiger Argumentation habe ich lediglich dargelegt, dass es schonmal keineswegs selbstverständlich sein kann, dass es immer nur eine Option in jeder elementaren Phase des Entscheidungsprozesses geben muss.
Somit hätten wir die Möglichkeiten zu diskutieren
- ob es im Regelfall nur eine Option gibt und nur in Spezialfällen nicht
- oder ob es im Regelfall mehr als eine Option gibt.
bzw müsstest du übrhaupt erstmal erklären, wieso für dich, auch in praktischer Hinsicht, eine veräbnderung der Strafbarkeitsauffassung nötig sein soll.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
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(#668163) Verfasst am: 26.02.2007, 17:39 Titel: |
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Semnon hat folgendes geschrieben: | Nun sagst du, der Wille ist nicht frei [...] soll das nun heissen, es ist pro Situation immer genau ein möglicher Zustand in folge des Entscheidungsprzesses (der dann ja kein echter mehr ist) möglich oder (wesentlich) begrenzt viele Zustände. |
Das ist unwesentlich für meine Position, denn selbst wenn es für ein Gehirn zu irgend einem Zeitpunkt mehrere physikalisch mögliche Folgezustände gäbe, kann es nur noch Zufall sein, welcher davon Realität wird. Wir wissen also, dass die Entscheidungen von Menschen letztlich komplett durch Ereignisse in ihrer Vergangenheit (Gene, Prägung, Sozialisation, usw ... die Summe aller Erfahrungen, die das individuelle Gehirn geformt haben) bestimmt werden (oder zufällig sind).
Ob man angesichts dieser Tatsache noch von Schuld reden sollte, ist eine ethische Frage.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#668191) Verfasst am: 26.02.2007, 18:09 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | Semnon hat folgendes geschrieben: | Nun sagst du, der Wille ist nicht frei [...] soll das nun heissen, es ist pro Situation immer genau ein möglicher Zustand in folge des Entscheidungsprzesses (der dann ja kein echter mehr ist) möglich oder (wesentlich) begrenzt viele Zustände. |
Das ist unwesentlich für meine Position, denn selbst wenn es für ein Gehirn zu irgend einem Zeitpunkt mehrere physikalisch mögliche Folgezustände gäbe, kann es nur noch Zufall sein, welcher davon Realität wird. Wir wissen also, dass die Entscheidungen von Menschen letztlich komplett durch Ereignisse in ihrer Vergangenheit (Gene, Prägung, Sozialisation, usw ... die Summe aller Erfahrungen, die das individuelle Gehirn geformt haben) bestimmt werden (oder zufällig sind).
Ob man angesichts dieser Tatsache noch von Schuld reden sollte, ist eine ethische Frage. |
Nein, das ist nicht unwesentlich für deine Position. Wichtig ist doch die Frage, ob sich der Entscheidende seiner Optionen bewußt ist. Ich bestreite ja nicht, dass es echte Zwangssituationen gibt, aber aus der Notwendigkeit, dass es entweder durch determinierte Dynamik oder durch Zufall (determiniertes Chaos <-> eine angenommene Kausalität, die nicht beliebig exakt verifizierbar ist) bedingt, eine Handlungsfolge geben muss, ist für die juristische Frage nicht wesentlich. Du setzt sozusagen in der falschen Skala an. Da, wo deine Feststellung, die natürlich korrekt ist, wesentlich ist, ist eine bewußte Wahrnehmung gar nicht möglich, da es sich nur um einzelne mikroskopische Phasen eines elektrochemischen Prozesses handelt. Eine echte Entscheidung, wie sie im Alltag getroffen wird, ist jedoch die Kopplung unzähliger neuronaler Abläufe, für die im Einzelnen Determiniertheit gilt, die jedoch im Gesamtresultat, sozusagen auf die Makro-Handlung (die eigentliche Entscheidung) bezogen, nicht nachvollzogen werden kann. Für dich genügt allein die Determiniertheit (die genaugenommen auch bei einem Zufall nicht aufgehoben ist). Das halte ich jedoch für einen Fehler, da die letztendlich Handlung zu keinem Zeitpunkt eindeutig auf einen Anfangszustand 'der Situation' zurückgeführt werden kann. Die Haltung, dass die Bewertung einer Situation bereits zu beginn des Universums determiniert war, führt zu keiner alltagsbezogenen, praktischen Umgangsform mit kriminellem Verhalten. Wer sagt denn überhaupt, dass die Reaktion auf eine determinierte Handlung irgendwie bewertbar ist, d.h. augrund der Determiniertheit falsch ist? Die Reaktion ist doch dann selbst determiniert. Findest du dann, dass das Rechtssystem gegen die Gesetze des Schicksaals oder sowas verstößt?
edit: soll keine Veräppelung sein. Fürmich drängt sich dann ernstlich der Gedanke an 'Schicksaal' und sowas auf. Ist ja auch nicht grundöegend falsch. Offenbar betrachtest du den Umgang mit Gesetzesbrüchen entscheidend andersartig.
Zuletzt bearbeitet von Argáiþ am 26.02.2007, 19:05, insgesamt einmal bearbeitet |
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#668218) Verfasst am: 26.02.2007, 18:48 Titel: |
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@kolja: Existiert also für dich eigentlich gar kein Bewußtsein? Mich interessiert vor allem, wie du daraus ethische Schlussfolgerungen ziehen willst.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#668240) Verfasst am: 26.02.2007, 19:14 Titel: |
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Semnon hat folgendes geschrieben: | Nein, das ist nicht unwesentlich für deine Position. Wichtig ist doch die Frage, ob sich der Entscheidende seiner Optionen bewußt ist. |
Nein, da auch bewusste und hochgradig reflektierte Entscheidungen physikalisch-determiniert (oder teilweise zufällig) sind. Solche Entscheidungen sind nicht "freier", sie fühlen sich lediglich so an.
Semnon hat folgendes geschrieben: | Ich bestreite ja nicht, dass es echte Zwangssituationen gibt [...] |
Ich rede überhaupt nicht von "gefühltem Zwang" und "gefühlter Freiheit".
Semnon hat folgendes geschrieben: | Da, wo deine Feststellung, die natürlich korrekt ist, wesentlich ist, ist eine bewußte Wahrnehmung gar nicht möglich, da es sich nur um einzelne mikroskopische Phasen eines elektrochemischen Prozesses handelt. Eine echte Entscheidung, wie sie im Alltag getroffen wird, ist jedoch die Kopplung unzähliger neuronaler Abläufe, für die im Einzelnen Determiniertheit gilt, die jedoch im Gesamtresultat, sozusagen auf die Makro-Handlung (die eigentliche Entscheidung) bezogen, nicht nachvollzogen werden kann. Für dich genügt allein die Determiniertheit (die genaugenommen auch bei einem Zufall nicht aufgehoben ist). Das halte ich jedoch für einen Fehler, da die letztendlich Handlung zu keinem Zeitpunkt eindeutig auf einen Anfangszustand 'der Situation' zurückgeführt werden kann. |
Natürlich ist das Gehirn viel zu komplex, als das man im konkreten Fall die Auslöser einer Entscheidung nachträglich nachvollziehen könnte. Aber das ist doch für meine Feststellung völlig unbedeutend. Fakt ist, dass jede Entscheidung eines Menschen aufgrund seiner individuellen Vergangenheit zwangsläufig so kommen musste (bzw. nur durch Zufälle anders ausgefallen wäre). Der traditionelle moralische Schuldvorwurf - "er ist schuldig, weil er auch anders hätte handeln können" - stützt sich also auf eine physikalische Unmöglichkeit.
Semnon hat folgendes geschrieben: | Die Haltung, dass die Bewertung einer Situation bereits zu beginn des Universums determiniert war, führt zu keiner alltagsbezogenen, praktischen Umgangsform mit kriminellem Verhalten. |
Das man trotzdem durch gesellschaftliche Maßnahmen auf die Entscheidungsfindung von potentiellen Rechtsbrechern einwirken muss ist völlig unbestritten. Nur halte ich die traditionelle moralische Rechtfertigung für Bestrafung für faktisch nicht mehr haltbar und ethisch bedenklich. Aber darüber will ich hier nicht nochmal diskutieren, dazu habe ich mich an anderer Stelle schon geäußert.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#668249) Verfasst am: 26.02.2007, 19:27 Titel: |
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Semnon hat folgendes geschrieben: | Existiert also für dich eigentlich gar kein Bewußtsein? |
Wie kommst Du darauf? Und was hat das mit dem Thema zu tun?
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#668254) Verfasst am: 26.02.2007, 19:32 Titel: |
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Ist jetzt mal egal.(Ich meinte, wenn alle Handlung ewangsläufig ist, existieren keine echten Handlungsoptionen, d.h. es ist alles nur eingebildet).
Ich kann doch jetzt aber entscheiden, ob ich ein 'a' oder ein 'b' eintippe, solange bis ich es gemachtn habe.
b
so.
Wieso hatte ich jetzt nicht wirlklich die Wahl? Ich kapiere nicht, was das für eine Bedeutung hat, dass das nachträglich als zwangsläufig erscheint. Die Realität spielt sich nicht in der Vergangenheit ab...
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#668262) Verfasst am: 26.02.2007, 19:41 Titel: |
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Semnon hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ist "deterministisches Chaos" nun dE Zufall oder nicht? | Ich finde schon. Natürlich sehe ich, dass quantenmechanischer Zufall eine stärkerer Definitionsgrundlage für Zufall ist. Ich hatte doch aber erklärt, dass ich Zufall sinnvoll nur aufgrund der Nicht-Berechenbarkeit definieren kann, jedenfalls sehe ich mich zu etwas anderem außer Stande, somit ist das bezogen auf das Resultat, also auf die (technische/mathematische) Unterscheidbarkeit der Resultate, irrelevant. |
Aber bei "deterministischem Chaos haben wir eben keine prinzipielle Unberechenbarkeit, sondern eine prinzipiell vollständige Berechenbarkeit.
Semnon hat folgendes geschrieben: | Wie würdest du denn echten Zufall definieren? |
"Echter Zufall" im Rahmen einer physikalischen Theorie wäre eine Verteilung, die auch bei exakt reproduzierten Rahmenbedingungen und Reihengröße gegen unendlich nicht von mathematischer Gleichverteilung zu unterscheiden wäre. Das trifft auf die Kopenhagener Deutung mit QM-Formalismus zu, nicht aber auf das "deterministische Chaos".
Semnon hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Das ist auch nur in den Interpretationen (z.B. Kopenhagen) der Fall, in denen der quantenmechanische Zufall quasi metaphysisch akzeptiert wird. | Also ginge es nur um die Unvollständigkeit des momentanen theoretischen Bildes. |
Genau, ich bevorzuge eine Interpretation, in der man nicht auf dieses "metaphysische" Element angewiesen ist.
Semnon hat folgendes geschrieben: | Man kommt doch aber eben aufgrund der Unschärfe der Informationen über ein Ereignis nicht um den Zufall, bzw um die Nicht-Benennbarkeit der Ursache. Das wird sich auch in einer Verallgemeinerung nicht ändern, es sei denn der Wellencharakter erweist sich als Näherung. |
In einer multiversalen Interpretation gäbe es eben nur eine multiversale Gesamtwellenfunktion, und eine Messung, die "in einem Universum" wie Zufall aussieht, wäre dann global betrachtet nur eine virtuelle Stichprobe (alle anderen Stichproben sind ebenso real).
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#668269) Verfasst am: 26.02.2007, 19:50 Titel: |
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Zitat: | Aber bei "deterministischem Chaos haben wir eben keine prinzipielle Unberechenbarkeit, sondern eine prinzipiell vollständige Berechenbarkeit. |
Aber das ist falsch Was heisst denn für dich 'Berechenbarkeit'?
Zitat: | "Echter Zufall" im Rahmen einer physikalischen Theorie wäre eine Verteilung, die auch bei exakt reproduzierten Rahmenbedingungen und Reihengröße gegen unendlich nicht von mathematischer Gleichverteilung zu unterscheiden wäre. Das trifft auf die Kopenhagener Deutung mit QM-Formalismus zu, nicht aber auf das "deterministische Chaos". |
Das wäre ein wesentlicher Unterschied, hat aber mit Zufall im engeren Sinne nichts zu tun. Zufall ist, wenn man die Kasalität nicht mehr nachvollziehen kann, bzw warum solte das nicht ausreichend sein? Es bleibt doch letztlich zufall, egal wie groß die Gegewahrscheinlichkeit ist.
Zitat: | In einer multiversalen Interpretation gäbe es eben nur eine multiversale Gesamtwellenfunktion, und eine Messung, die "in einem Universum" wie Zufall aussieht, wäre dann global betrachtet nur eine virtuelle Stichprobe (alle anderen Stichproben sind ebenso real). |
Also gilt das Wellenbild für die Vielwelteninterpretation gar nicht? Das wusste ich nicht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#668279) Verfasst am: 26.02.2007, 20:00 Titel: |
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Semnon hat folgendes geschrieben: | Also gilt das Wellenbild für die Vielwelteninterpretation gar nicht? Das wusste ich nicht. |
Was heißt schon "gilt"? Da der Formalismus äquivalent ist, kann man natürlich weiterhin von sog. "Welleneigenschaften" (in einem Universum) sprechen. Aber der Zufall ist dann eher ein künstlicher Effekt, der dadurch zustande kommt, daß wir im wesentlichen dekohärierte Zustände wahrnehmen/erinnern. Hätten wir ein hochgradig kohärentes Quantenbewußtsein, sähe das ganz anders aus.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#668285) Verfasst am: 26.02.2007, 20:08 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Semnon hat folgendes geschrieben: | Also gilt das Wellenbild für die Vielwelteninterpretation gar nicht? Das wusste ich nicht. |
Was heißt schon "gilt"? Da der Formalismus äquivalent ist, kann man natürlich weiterhin von sog. "Welleneigenschaften" (in einem Universum) sprechen. Aber der Zufall ist dann eher ein künstlicher Effekt, der dadurch zustande kommt, daß wir im wesentlichen dekohärierte Zustände wahrnehmen/erinnern. Hätten wir ein hochgradig kohärentes Quantenbewußtsein, sähe das ganz anders aus. |
Ahso, du minst, dass ein Gedächtnis, das sich jedem seiner elementaren Zahnrädchen bewußt wäre, nicht der Illusion der Wahlfreiheit erliegen würde und wir sozusagen unsere isolierten Gedächtnisfragmente per unzuverlässiger Neuronenaktivität zusammenassiziieren, wodurch die Illusion von Wahlfreiheit entsteht, die eigentlich nur aus einer begrenzten Selbsterfassung resultiert.
Das ist schön, weil sich das af den Punkt konzentriert, den kolja bequemer Weise als OT definiert, bzw als 'für ihn überflüssig':
Die Inkohärenz unserer elektrochemischen Grundprogramme kommt nicht von irgendwo, denn ein Zustand, ab dem sich ein System selbst begreift, tritt erst ab einem gewissen Komplexitätsgrad ein. Die Elementarereignisse, die das Denken 'mechanisieren', laufen isoliert betrachtet, bzw in Systemen geringer Ordnung, nicht mehr in einem dem Bewußtsein zugänglichen Prozess ab. Erst die Summe dieser Einzelprozesse kann sich selbst begreifen. Es ist somit fraglich, ob ein kohärentes Quantenhirn nur vom Baumaterial abhängt.
Oder Missverständnis?
ediT: Inhaltsentstellenden Grammatikfehler korrigiert
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#668306) Verfasst am: 26.02.2007, 20:42 Titel: |
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@Step: Gut, du willst mich jetzt eventuell mit Schweigen strafen...
... aber nur eins: Wieso ist für dich die Unmöglichkeit, Kausalitäten nachzuvollziehen, für einen sinnvollen Zufallsbegriff nicht ausreichend? Gleichverteilung spielt doch da keine Rolle, wenn man eh Naturgesetzlichkeit voraussetzt, was ja ok ist.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#668313) Verfasst am: 26.02.2007, 20:48 Titel: |
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Semnon hat folgendes geschrieben: | Wieso ist für dich die Unmöglichkeit, Kausalitäten nachzuvollziehen, für einen sinnvollen Zufallsbegriff nicht ausreichend? |
Weil Naturgesetzlichkeit (oder auch das von Dir vorgeschlagene Berechenbarkeit) das allgemeinere Konzept als Kausalität ist. Es sind z.B. physikalische (naturgesetzliche) Bedingungen denkbar, in denen keine Kausalität mehr gilt, wohl aber Berechenbarkeit.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#668318) Verfasst am: 26.02.2007, 20:55 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Semnon hat folgendes geschrieben: | Wieso ist für dich die Unmöglichkeit, Kausalitäten nachzuvollziehen, für einen sinnvollen Zufallsbegriff nicht ausreichend? |
Weil Naturgesetzlichkeit (oder auch das von Dir vorgeschlagene Berechenbarkeit) das allgemeinere Konzept als Kausalität ist. Es sind z.B. physikalische (naturgesetzliche) Bedingungen denkbar, in denen keine Kausalität mehr gilt, wohl aber Berechenbarkeit. |
Ja.... gut, das ist jetzt etwas ganz Neues. Daran habe ich nicht gedacht. Ich bezog mich auf den rechnerischen Nachweis von kausalen Zusammenhängen, die im Zsmhg. mit Prozessen im Gehrin, die ja noch nichtmal subnuklear sind (Alpha-Zerfall ist zB auch ein subnuklearer Prozess), schon noch wichtig sind.
Die Naturgesetzlichkeit ist doch vollkommen in Ordnung, da sag ich doch nichts dagegen. Wieso soll aber daraus folgen, dass man keine Wahlmöglichkeiten hat? Ich verstehe das einfach nicht.
Habe ich dich in Bezug auf kohärente Quantengedächtnisse eigentlich richtig verstanden?
Zuletzt bearbeitet von Argáiþ am 26.02.2007, 20:58, insgesamt einmal bearbeitet |
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#668322) Verfasst am: 26.02.2007, 20:58 Titel: |
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Semnon hat folgendes geschrieben: | Ahso, du minst, dass ein Gedächtnis, das sich jedem seiner elementaren Zahnrädchen bewußt wäre, nicht der Illusion der Wahlfreiheit erliegen würde und wir sozusagen unsere isolierten Gedächtnisfragmente per unzuverlässiger Neuronenaktivität zusammenassiziieren, wodurch die Illusion von Wahlfreiheit entsteht, die eigentlich nur aus einer begrenzten Selbsterfassung resultiert. |
Ich bin zwar einigermaßen dieser Meinung, meinte allerdings oben etwas ganz anderes, rein auf die äußere Welt bezogenes.
Semnon hat folgendes geschrieben: | Die Inkohärenz unserer elektrochemischen Grundprogramme kommt nicht von irgendwo, denn ein Zustand, ab dem sich ein System selbst begreift, tritt erst ab einem gewissen Komplexitätsgrad ein. Die Elementarereignisse, die das Denken 'mechanisieren', laufen isoliert betrachtet, bzw in Systemen geringer Ordnung, nicht mehr in einem dem Bewußtsein zugänglichen Prozess ab. Erst die Summe dieser Einzelprozesse kann sich selbst begreifen. |
Sich selbst zwar nicht wirklich, aber ansonsten sehe ich das ähnlich.
Semnon hat folgendes geschrieben: | Es ist somit fraglich, ob ein kohärentes Quantenhirn nur vom Baumaterial abhängt. |
Nein, natürlich auch von der Komplexität seiner Struktur und von seinen Inputs (Wahrnehmungsapparat, Anbindung an das Körpersubstrat usw.).
Aber ehe wir uns total verzetteln, ich weiß ja gar nicht mehr, worüber wir eigentlich diskutieren: Egal wie genau man nun den Zufall definiert, so läßt die derzeitige Physik mE keinen Raum für Wahlfreiheit, sondern nur für Unberechenbarkeit.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#668327) Verfasst am: 26.02.2007, 21:01 Titel: |
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Semnon hat folgendes geschrieben: | Die Naturgesetzlichkeit ist doch vollkommen in Ordnung, da sag ich doch nichts dagegen. Wieso soll aber daraus folgen, dass man keine Wahlmöglichkeiten hat? Ich verstehe das einfach nicht. |
Welcher dritte Typ physikalischen Zusammenhangs außer "naturgesetzlich" und "zufällig" oder einer Mischung aus diesen sollte denn zwischen den Möglichkeiten und der getroffenen Wahl gelten?
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#668330) Verfasst am: 26.02.2007, 21:03 Titel: |
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Das eigentliche Thema ist für mich längst tot. Quantenphysik ermöglicht keinen Indeterminismus und ermöglicht auch keinen Zufallsbegriff, der nicht sowieso schon durch die Nicht-Berechenbarkeit erfasst ist.
Chaotische Systeme sind nicht berechenbar. Man kann das nur approximieren. Man kann für nichtlineare Differentialgleichungen zweiter oder höherer Ordnung, die irreduziebl sind, prinzipiell auch keine Lösung mehr finden. Approximieren heisst nicht das auszurechnen.
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#668332) Verfasst am: 26.02.2007, 21:06 Titel: |
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@Semnon
Dann die naive Frage: Warum heißt die Geschichte "deterministisches Chaos"?
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#668333) Verfasst am: 26.02.2007, 21:06 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Semnon hat folgendes geschrieben: | Die Naturgesetzlichkeit ist doch vollkommen in Ordnung, da sag ich doch nichts dagegen. Wieso soll aber daraus folgen, dass man keine Wahlmöglichkeiten hat? Ich verstehe das einfach nicht. |
Welcher dritte Typ physikalischen Zusammenhangs außer "naturgesetzlich" und "zufällig" oder einer Mischung aus diesen sollte denn zwischen den Möglichkeiten und der getroffenen Wahl gelten? |
natürlich gibt es keinen dritten Typ. Wieso soll ich aber deshalb keine Wahl haben?
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#668339) Verfasst am: 26.02.2007, 21:14 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | @Semnon
Dann die naive Frage: Warum heißt die Geschichte "deterministisches Chaos"? |
Weil eben Naturgesetze zwar gelten, deren Anwendung aber zu mathematisch unlösbaren Problemen führen.
Diese ganzen Naturgesetze sind alles Diffenetial- oder Integralgleichungen (oder auch Integrodifferentialgleichungen). Diese werden mittels sogenannter Anfangesbedingungen gelöst, die mit physikalischen Observablen korrespondieren (zB Ortsfunktion, Ableitung der Ortsfunktion=Geschwindigkeit, Ableitung d. Geschw.funktion = Beschleunigung...). Die Lösung einer solchen Gleichung ist in gewissen Fällen jedesmal strukturell wesentlich anders, wenn die Anfangsbedingungen anders sind. Es werden also nicht nur andere Zahlen eingesetzt sondern essentiell andere Funktionen als Lösungen ermittelt und es gibt keine Möglichkeit das anhand einer Standardmethode im Einzelfall zu bestimmen, also irgend eine Gesetzmäßigkeit dahinter zu erfassen.
Daneben ist es für gewisse Probleme unmöglich geschlossene Funktionen zu ermitteln, wie oben erwähnt. Das hat aber nichts mit chaos zu tun, ist aber eine weitereSchwierigkeit, die sich beim BEhandeln chaotischer Systeme ergibt.
Zuletzt bearbeitet von Argáiþ am 26.02.2007, 21:26, insgesamt 2-mal bearbeitet |
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