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Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
Wohnort: 75
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(#677802) Verfasst am: 09.03.2007, 11:50 Titel: |
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Ich will´s mal von einer anderen Seite aus beleuchten: Die Tatsache, dass jemand eine Privatinterpretation der religiösen Lehre, der er angeblich anhängt, benötigt, zeigt doch nur den Widerspruch auf, in dem sich dieser Gläubige befindet. Unsere Ur-Oma hat den Katechismus noch auswendig gekonnt und alles unhinterfragt hingenommen. Für sie bedurfte es keiner "Privatreligion". Der "moderne" Christ, der sich möglicherweise gar intensiver mit Theologie und/oder religionswiss. Fragestellungen beschäftigt hat, muss sich das zurechtbiegen, was für die Ur-Oma mangels besseren Wissens noch völlig ok war. Insofern halte ich auch Teile der "modernen", insbesondere der protestantischen Theologie daselbst für "Privatreligionen", in denen sich die "profane" Kirchenlehre gar nicht oder kaum mehr wiederfindet. Die Widersprüche zwischen Privatreligion und tatsächlicher Kirchenlehre müssen von den Gläubigen ertragen werden. Darum beneide ich sie nicht! Und natürlich ist es so: Wenn das Konstrukt für den Gläubigen als "überlebensnotwendig" erachtet wird, dann muss es "privat" bleiben und darf nicht zur Diskussion gestellt werden. Denn ansonsten könnten Außenstehende eine Lebenslüge zum Einsturz bringen, die nicht einstürzen soll/darf. Das ist zu respektieren. Und um nicht missverstanden zu werden: Mit großer Wahrscheinlichkeit hält jeder von uns derlei Lebenslügen bereit - gleich ob gläubig oder ungläubig.
_________________ "Die einfache Formel: Jesus ist stärker! hilft Menschen, sich aus der Fixierung völlig irrationaler Wertesysteme zu lösen."
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Blanka Xenophrasologiepreisträgerin 2007
Anmeldungsdatum: 22.09.2006 Beiträge: 1243
Wohnort: München
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(#677805) Verfasst am: 09.03.2007, 11:57 Titel: |
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Schalker hat folgendes geschrieben: | Ich will´s mal von einer anderen Seite aus beleuchten: Die Tatsache, dass jemand eine Privatinterpretation der religiösen Lehre, der er angeblich anhängt, benötigt, zeigt doch nur den Widerspruch auf, in dem sich dieser Gläubige befindet. Unsere Ur-Oma hat den Katechismus noch auswendig gekonnt und alles unhinterfragt hingenommen. Für sie bedurfte es keiner "Privatreligion". Der "moderne" Christ, der sich möglicherweise gar intensiver mit Theologie und/oder religionswiss. Fragestellungen beschäftigt hat, muss sich das zurechtbiegen, was für die Ur-Oma mangels besseren Wissens noch völlig ok war. Insofern halte ich auch Teile der "modernen", insbesondere der protestantischen Theologie daselbst für "Privatreligionen", in denen sich die "profane" Kirchenlehre gar nicht oder kaum mehr wiederfindet. Die Widersprüche zwischen Privatreligion und tatsächlicher Kirchenlehre müssen von den Gläubigen ertragen werden. Darum beneide ich sie nicht! Und natürlich ist es so: Wenn das Konstrukt für den Gläubigen als "überlebensnotwendig" erachtet wird, dann muss es "privat" bleiben und darf nicht zur Diskussion gestellt werden. Denn ansonsten könnten Außenstehende eine Lebenslüge zum Einsturz bringen, die nicht einstürzen soll/darf. Das ist zu respektieren. Und um nicht missverstanden zu werden: Mit großer Wahrscheinlichkeit hält jeder von uns derlei Lebenslügen bereit - gleich ob gläubig oder ungläubig. |
nicht ein solches kaliber wie eine religion ...
DAS ist etwas, woran man einfach nur zu schwer zu schleppen hat. im falle der privat-propheten ist der grund ja das gewissen des einzelnen, welches die unveränderte lehre der religionen so nicht akzeptieren/tragen kann. daß es illegitim ist die religion umzubiegen bis sie einem paßt, darauf kommen diese menschen nichteinmal. da frag ich mich doch glatt : ja wollen die denn in der hölle landen ? oder wissen sie instinktiv ganz genau daß es keinen gott und kein jenseits gibt, benutzen aber die eigene maßgeschneiderte religion dazu um die latent erkenntnisschwächeren teile ihres bewusstseins (oder unterbewusstseins) zu befrieden...?
sind die intellektuellen/intelligenten religiösen am ende gar allesamt shizophren ?
_________________ Am zweifelfreisten frei von Zweifeln sind stets die Verzweifelten !
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22335
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(#677814) Verfasst am: 09.03.2007, 12:06 Titel: |
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Blanka hat folgendes geschrieben: | bitte sehr : du Privat-Prophet (ich habe damit die Diskussion gegen Dich gewonnen, danke) |
Du hast die Diskussion "gewonnen" (komisches Ziel übrigens), weil ich eine Verschiebung der Diskussion auf ein Thema, das gar nicht um seiner selbst willen diskutiert werden soll, sondern nur zum Zweck der Diskreditierung des Diskussionspartners, nicht mitmache? Na ja gut, bitte, wenn's dir Punkte auf ein "Gewonnene-Diskussionen-Konto" bringt, hast du halt gewonnen. Das lässt sich aber sicher noch vermehren; du kannst bestimmt noch einige Themen finden, bei denen ich mir das Recht herausnehme, sie nicht mit dir diskutieren zu wollen.
Ansonsten gilt:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Du hast den Thread aufgemacht damit, dass es angeblich irgendwie illegitim wäre, sich im religiösen Bereich eine eigene Meinung zu bilden, und dabei "trotzdem" religiös zu sein. Eine Begründung wäre angesagt. |
_________________ "YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES." -- "So we can believe the big ones?" -- "YES."
(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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Blanka Xenophrasologiepreisträgerin 2007
Anmeldungsdatum: 22.09.2006 Beiträge: 1243
Wohnort: München
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(#677825) Verfasst am: 09.03.2007, 12:17 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Blanka hat folgendes geschrieben: | bitte sehr : du Privat-Prophet (ich habe damit die Diskussion gegen Dich gewonnen, danke) |
Du hast die Diskussion "gewonnen" (komisches Ziel übrigens), weil ich eine Verschiebung der Diskussion auf ein Thema, das gar nicht um seiner selbst willen diskutiert werden soll, sondern nur zum Zweck der Diskreditierung des Diskussionspartners, nicht mitmache? Na ja gut, bitte, wenn's dir Punkte auf ein "Gewonnene-Diskussionen-Konto" bringt, hast du halt gewonnen. Das lässt sich aber sicher noch vermehren; du kannst bestimmt noch einige Themen finden, bei denen ich mir das Recht herausnehme, sie nicht mit dir diskutieren zu wollen.
Ansonsten gilt:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Du hast den Thread aufgemacht damit, dass es angeblich irgendwie illegitim wäre, sich im religiösen Bereich eine eigene Meinung zu bilden, und dabei "trotzdem" religiös zu sein. Eine Begründung wäre angesagt. |
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was gibt es denn da zu begründen ?
wer religiöse lehren von anderen menschen übernimmt, diese aber seit jahrtausenden darauf bestehen daß die lehre unumstösslich und unabänderlich ist, weil sie direkt von gott so mit seinem wort offenbart wurde, dann muss man sich verdammt nochmal die frage gefallen lassen wann gott bei ihm angerufen hat um ihm zu diktieren welche änderungen ihm in letzter sekunde noch dazu eingefallen sind, und warum er diese nur dem einen privat propheten anvertraut !
ist das so schwer zu sehen ? stellst Du Dich dumm ? ist das eine selbstverteidigung bei religiösen ? sich blöde stellen ? hmm ... ach vergiss die frage mit dem blödstellen...die hat sich erledigt....
_________________ Am zweifelfreisten frei von Zweifeln sind stets die Verzweifelten !
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22335
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(#677834) Verfasst am: 09.03.2007, 12:23 Titel: |
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Schalker hat folgendes geschrieben: | Ich will´s mal von einer anderen Seite aus beleuchten: Die Tatsache, dass jemand eine Privatinterpretation der religiösen Lehre, der er angeblich anhängt, benötigt, zeigt doch nur den Widerspruch auf, in dem sich dieser Gläubige befindet. |
Wieso? Warum täte ich mich in einem Widerspruch befinden, wenn ich einer religiösen Lehre nur teilweise (oder besser gesagt: in eigner Interpretation) anhänge? Ich stehe dann - vielleicht - in einem Teilwiderspruch zu dieser Lehre, aber doch nicht zu mir selbst. Das würde ich doch nur tun, wenn ich gleichzeitig behaupten würde, ich hinge dieser Lehre voll und ganz und buchstabengetreu an. Tue ich aber gar nicht ... (Abgesehen davon, dass ich nicht wüsste, wo ich die ein für allemal feststehende und nicht der Interpretation bedürftige Kirchenlehre finden sollte ...)
Schalker hat folgendes geschrieben: | Insofern halte ich auch Teile der "modernen", insbesondere der protestantischen Theologie daselbst für "Privatreligionen", in denen sich die "profane" Kirchenlehre gar nicht oder kaum mehr wiederfindet. |
Naja, auch die moderne protestantische Theologie geht davon aus, dass der Theologe nur seinem eigenen gewissen und Gott verantwortlich ist (u.U. ist er dann irgendwann bei zu großer Entfernung kein christlicher Theologe mehr, aber das ist ja eine andere Frage). Insofern hast du sicher recht. Aber erstens befinden sich - mindestens im protestantischen Bereich - Theologie und Kirche ja nun in einer steten Austauschbeziehung, sodass die Differenz nicht aso bedeutend ist, wie du denkst. Und selbst wo das, wie möglicherweise in der katholischen Theologie, leider Gottes nicht so ist, stellt sich doch die Frage: Was ist dann an der Position des Menschen, der sich da möglicherweise im Widerspruch zu Teilen der offiziellen Lehre befindet, deswegen nicht in Ordnung?
Schalker hat folgendes geschrieben: | Darum beneide ich sie nicht! Und natürlich ist es so: Wenn das Konstrukt für den Gläubigen als "überlebensnotwendig" erachtet wird, dann muss es "privat" bleiben und darf nicht zur Diskussion gestellt werden. Denn ansonsten könnten Außenstehende eine Lebenslüge zum Einsturz bringen, die nicht einstürzen soll/darf. |
Quack. Privat heißt hier für mich, wie mehrfach betont, nicht, dass es nicht auch in die Öffentlichkeit gehöre und diskutiert werden könne, sondern dass man selbst verantwortlich ist für das, was man glaubt. Natürlich stelle ich meine Positionen zur Diskussion, sowohl im Gespräch mit anderen Gläubigen als auch hier. Ich tue es nur nicht unbedingt auf Stöckchenhinhalten seitens des Kardinal Großinquisitors (und auch nicht einer atheistischen Kärdinälin Großinquisitorin).
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Blanka hat folgendes geschrieben: | daß es illegitim ist die religion umzubiegen bis sie einem paßt, darauf kommen diese menschen nichteinmal. [Beleidigungen wieder mal gesnippt] |
Warum? Warum sollte das illegitim sein, zum Teufel? Was ist an der Tatsache, dass man einen selbst verantworteten Standpunkt einnimmt, aus deiner Sicht nicht in Ordnung? Derartigen Schwachsinn höre ich sonst eigentlich eher von religiösen Fundamentalisten ....
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Kremp auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 02.03.2007 Beiträge: 131
Wohnort: Kaiserslautern
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(#677837) Verfasst am: 09.03.2007, 12:24 Titel: |
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Blanka hat folgendes geschrieben: | ist das so schwer zu sehen ? stellst Du Dich dumm ? ist das eine selbstverteidigung bei religiösen ? sich blöde stellen ? hmm ... ach vergiss die frage mit dem blödstellen...die hat sich erledigt.... |
Das ist doch blanka Unsinn!
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22335
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(#677842) Verfasst am: 09.03.2007, 12:31 Titel: |
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Blanka hat folgendes geschrieben: | tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Du hast den Thread aufgemacht damit, dass es angeblich irgendwie illegitim wäre, sich im religiösen Bereich eine eigene Meinung zu bilden, und dabei "trotzdem" religiös zu sein. Eine Begründung wäre angesagt. |
was gibt es denn da zu begründen ? |
Blanka hat folgendes geschrieben: | wer religiöse lehren von anderen menschen übernimmt, diese aber seit jahrtausenden darauf bestehen daß die lehre unumstösslich und unabänderlich ist, weil sie direkt von gott so mit seinem wort offenbart wurde, [...] |
Abgesehen davon, dass du da ein ziemliches Zerrbild produzierst ... genau diesen Punkt, den du da unterstellst, glaube ich halt nicht. SO einfach ist das. Nehme ich Gott gegenüber voll auf meine Kappe. Aber welches Problem hast du eigentlich damit?
Blanka hat folgendes geschrieben: | [...] dann muss man sich verdammt nochmal die frage gefallen lassen wann gott bei ihm angerufen hat um ihm zu diktieren welche änderungen ihm in letzter sekunde noch dazu eingefallen sind [...] |
Vorgestern.
Eigenes Urteil, eigenes Nachdenken. Was ist daran so schwer zu sehen?
Blanka hat folgendes geschrieben: | stellst Du Dich dumm ? ist das eine selbstverteidigung bei religiösen ? sich blöde stellen ? hmm ... ach vergiss die frage mit dem blödstellen...die hat sich erledigt.... |
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Blanka Xenophrasologiepreisträgerin 2007
Anmeldungsdatum: 22.09.2006 Beiträge: 1243
Wohnort: München
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(#677845) Verfasst am: 09.03.2007, 12:33 Titel: |
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Kremp hat folgendes geschrieben: | Blanka hat folgendes geschrieben: | ist das so schwer zu sehen ? stellst Du Dich dumm ? ist das eine selbstverteidigung bei religiösen ? sich blöde stellen ? hmm ... ach vergiss die frage mit dem blödstellen...die hat sich erledigt.... |
Das ist doch blanka Unsinn! |
WOW
auf DAS wortspiel bin ich ja noch NIE gekommen !
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Blanka Xenophrasologiepreisträgerin 2007
Anmeldungsdatum: 22.09.2006 Beiträge: 1243
Wohnort: München
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(#677847) Verfasst am: 09.03.2007, 12:36 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Blanka hat folgendes geschrieben: | tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Du hast den Thread aufgemacht damit, dass es angeblich irgendwie illegitim wäre, sich im religiösen Bereich eine eigene Meinung zu bilden, und dabei "trotzdem" religiös zu sein. Eine Begründung wäre angesagt. |
was gibt es denn da zu begründen ? |
Blanka hat folgendes geschrieben: | wer religiöse lehren von anderen menschen übernimmt, diese aber seit jahrtausenden darauf bestehen daß die lehre unumstösslich und unabänderlich ist, weil sie direkt von gott so mit seinem wort offenbart wurde, [...] |
Abgesehen davon, dass du da ein ziemliches Zerrbild produzierst ... genau diesen Punkt, den du da unterstellst, glaube ich halt nicht. SO einfach ist das. Nehme ich Gott gegenüber voll auf meine Kappe. Aber welches Problem hast du eigentlich damit?
Blanka hat folgendes geschrieben: | [...] dann muss man sich verdammt nochmal die frage gefallen lassen wann gott bei ihm angerufen hat um ihm zu diktieren welche änderungen ihm in letzter sekunde noch dazu eingefallen sind [...] |
Vorgestern.
Eigenes Urteil, eigenes Nachdenken. Was ist daran so schwer zu sehen?
Blanka hat folgendes geschrieben: | stellst Du Dich dumm ? ist das eine selbstverteidigung bei religiösen ? sich blöde stellen ? hmm ... ach vergiss die frage mit dem blödstellen...die hat sich erledigt.... |
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oK !
wir stellen also fest daß Du NICHT an das Wort gottes glaubst, bzw daran daß es unveränderliche ewige wahrheit darstellt.
Deine religiösität hast Du dann wohl also vom hörensagen übernommen und selber ausgeschmückt, was mich zumindest zu dem punkt zurückbringt daß es dadurch auch von Dir aus völlig legitim sein sollte wenn man Dich Privatprophet nennt.
aber : wie stehst Du selber denn zu den ausmachbaren unterschieden die sich dadurch in den persönlichen ansichten der menschen bilden...?
haben alle recht ? oder nur einer ? oder garkeiner ?
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Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
Wohnort: 75
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(#677860) Verfasst am: 09.03.2007, 12:57 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Schalker hat folgendes geschrieben: | Ich will´s mal von einer anderen Seite aus beleuchten: Die Tatsache, dass jemand eine Privatinterpretation der religiösen Lehre, der er angeblich anhängt, benötigt, zeigt doch nur den Widerspruch auf, in dem sich dieser Gläubige befindet. |
Wieso? Warum täte ich mich in einem Widerspruch befinden, wenn ich einer religiösen Lehre nur teilweise (oder besser gesagt: in eigner Interpretation) anhänge? |
Im Gegensatz zum Katholizismus ist es beim Protestantismus in der Tat so, dass die Privatunterhaltung mit Gott zum Programm gehört. Allerdings auch hier in fest definiertem Rahmen.
Die biblische Offenbarung ist uneindeutig bis widersprüchlich - das hat Gott offensichtlich nicht besser vermocht oder so gewollt. Du gehörst allerdings keiner "biblischen Interpretationsgemeinschaft" an, sondern einer Kirche. Grundlage dieser Zugehörigkeit ist die Akzeptanz ihrer Lehren. Hier gibt es - im Gegensatz zur (imaginären) "biblischen Interpretationsgemeinschaft" keine Bekenntnis(!)beliebigkeit im Verständnis der christlichen Lehre, was z.B. der Fall Lüdemann auch im Protestantismus eindrucksvoll belegt. Im Zweifel siegt das Bekenntnis über das Wissen. Die Taktik der "modernen" Theologie ist also: Uminterpretation des Konkreten ins Diffuse, Unangreifbare. So lässt einen die Kirche "leben" und der Kritiker der Theologie findet kaum noch Ansatzpunkte, an denen seine Kritik greifen könnte. Der Nachteil für den in dieser Lesart Gläubigen ist m.E., dass er zusätzlich zu seinen im Grunde aufgeklärten Werten und seinem möglicherweise gar wiss. fundierten Weltbild im Zwang steht, all dies mit der kirchl. Lehre in Einklang bringen zu müssen. Diese "Klammer" ist die "Privatreligion". Was für ein im Grunde unnötiger intellektueller Aufwand!
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Ich stehe dann - vielleicht - in einem Teilwiderspruch zu dieser Lehre, aber doch nicht zu mir selbst. |
Natürlich nicht. Dazu bedarf es ja der Privatreligion! Nur deshalb gibt es sie.
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Und selbst wo das, wie möglicherweise in der katholischen Theologie, leider Gottes nicht so ist, stellt sich doch die Frage: Was ist dann an der Position des Menschen, der sich da möglicherweise im Widerspruch zu Teilen der offiziellen Lehre befindet, deswegen nicht in Ordnung? |
Ich habe nicht gesagt, dass an diesem Menschen irgendetwas "nicht in Ordnung" wäre. Ich habe lediglich konstatiert, dass die Überbrückung dieses Widerspruchs in meinen Augen nichts weiter als eine Lebenslüge darstellt. Das Anrecht darauf haben Gläubige nicht exklusiv. Aber es ist eine häufige Lebenslüge, eine hartnäckige und eine, die - weltweit betrachtet - der Religion einen Stellenwert zumisst, der ihr eigentlich nicht zugemessen werden dürfte. Oder anders, provokativ überspitzt: Wenn die "Schlauen" schon nicht ihre Lebenslügen erkennen und ablegen wollen, wie soll man verhindern, dass die "Doofen" auf Basis dieser Lebenslügen belogen und ausgenutzt werden und am Ende gar dafür töten?
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: |
Schalker hat folgendes geschrieben: | Darum beneide ich sie nicht! Und natürlich ist es so: Wenn das Konstrukt für den Gläubigen als "überlebensnotwendig" erachtet wird, dann muss es "privat" bleiben und darf nicht zur Diskussion gestellt werden. Denn ansonsten könnten Außenstehende eine Lebenslüge zum Einsturz bringen, die nicht einstürzen soll/darf. |
Quack. Privat heißt hier für mich, wie mehrfach betont, nicht, dass es nicht auch in die Öffentlichkeit gehöre und diskutiert werden könne, sondern dass man selbst verantwortlich ist für das, was man glaubt. Natürlich stelle ich meine Positionen zur Diskussion, sowohl im Gespräch mit anderen Gläubigen als auch hier. |
Gut, dann siehst du das anders als zelig.
_________________ "Die einfache Formel: Jesus ist stärker! hilft Menschen, sich aus der Fixierung völlig irrationaler Wertesysteme zu lösen."
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#677878) Verfasst am: 09.03.2007, 13:34 Titel: Re: Privatreligion ?? |
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durial hat folgendes geschrieben: | tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | Aber das Private an meiner Religion ist, daß ich mir das Recht herausnehme, genau das zu glauben, was ich für richtig halte. Ich nehme mir das Recht meine Kirche zu kritisieren, ich nehme mir das Recht über das Lächerliche zu lachen und was auf Unverständnis stößt, für mich zu behalten wenn ich fürchte, die Preisgabe dessen könnte mich zu verletzlich machen.
Dieses Recht nehme ich mir gegen Leute, die Freigeistigkeit nur im Schilde führen, gegen Leute, die Aufklärung zu einem Mythos haben verkommen lassen. Ich nehme es mir gegen Dogmatiker jeder Couleur. |
:daumenhoch: |
Aus religiöser Sicht werdet Ihr dafür in der Hölle schmoren. |
Können, sollen wir darauf Gedanken verschwenden? Ich meine nein. Jenseits ist Jenseits. Kümmern wir uns um das Diesseits und um die realen Höllen.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#677888) Verfasst am: 09.03.2007, 13:50 Titel: Re: Privatreligion ?? |
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step hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | Aber das Private an meiner Religion ist, daß ich mir das Recht herausnehme, genau das zu glauben, was ich für richtig halte. Ich nehme mir das Recht meine Kirche zu kritisieren, ich nehme mir das Recht über das Lächerliche zu lachen und was auf Unverständnis stößt, für mich zu behalten wenn ich fürchte, die Preisgabe dessen könnte mich zu verletzlich machen.
Dieses Recht nehme ich mir gegen Leute, die Freigeistigkeit nur im Schilde führen, gegen Leute, die Aufklärung zu einem Mythos haben verkommen lassen. Ich nehme es mir gegen Dogmatiker jeder Couleur. |
Obwohl es eigentlich widersinnig ist, daß eine inhaltliche Offenbarungsreligion inhaltliche Privatsache sein soll, spricht die Realität für Dich, zelig: Die Bibel wird von den meisten "Christen" als tabuloser Selbstbedienungsladen verwendet, ohne daß aber die Idee aufgegeben würde, sie enthalte irgendwie Gottes Wort. Insbesondere bei den konkreteren Aussagen der Bibel gibt es eine große Auslegungsbreite. |
Bin mir nicht sicher, inwieweit dies eine Vorhaltung Richtung Beliebigkeit birgt. Jedenfalls ist das tatsächlich eine Gratwanderung, die aber meines Erachtens durch das moderne, aufgeklärte Menschenbild bedingt wird. Wir können wählen. Glücklicherweise. Wir können uns durch unsere Präferenzen zum Clown der Beliebigkeit oder zum selbstbestimmten Individuum machen.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#677893) Verfasst am: 09.03.2007, 13:59 Titel: |
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Schalker hat folgendes geschrieben: | Und natürlich ist es so: Wenn das Konstrukt für den Gläubigen als "überlebensnotwendig" erachtet wird, dann muss es "privat" bleiben und darf nicht zur Diskussion gestellt werden. Denn ansonsten könnten Außenstehende eine Lebenslüge zum Einsturz bringen, die nicht einstürzen soll/darf. Das ist zu respektieren. Und um nicht missverstanden zu werden: Mit großer Wahrscheinlichkeit hält jeder von uns derlei Lebenslügen bereit - gleich ob gläubig oder ungläubig. |
Was mich betrifft, ich kann nur für mich sprechen, ist dies nicht mein Beweggrund. Es ist eher so, daß ich mit genaueren Angaben intime Details aus meinem verworrenen Leben preisgeben würde. Ich könnte nicht ertragen, daß sich jemand darüber lustig macht, unter anderem auch, weil ich über Menschen erzählen müsste, die mir viel bedeutet haben. Mit wem ich darüber reden kann, hängt übrigens nicht von seiner/ihrer vorhandener oder nicht vorhandener Gläubigkeit ab. Es ist einfach eine Vertrauenssache. Man soll hören, reden aber nicht urteilen.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Tapuak registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.02.2006 Beiträge: 1264
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(#677901) Verfasst am: 09.03.2007, 14:16 Titel: |
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Nach meiner Meinung waren Religionen historisch gesehen zunächst soziale Erfindungen: Vehikel zur Festigung von Gemeinschaften, Systeme zur Aufstellung von Regeln für das Zusammenleben - und damit hochgradig öffentlich. Ihre soziale Funktion - die Integrationsleistung nach Innen und die Abrenzung nach außen - konnte die Religionen nur dann erbringen, wenn die Gläubigen ähnlichen Glaubensinhalten anhingen. Es liegt somit auch in der Natur der klassischen Buchreligionen, dass sie "Offenbarungslehren" sind, also Lehren, die verkündigt werden und dann in dieser Form von den Anhängern geglaubt werden sollen. So haben es die religiösen Institutionen geschichtlich ja auch überwiegend darauf abgesehen, den Glauben ihrer Anhänger möglichst stark zu normieren und Abweichungen zu erschweren.
Die Privatreligion, bei der sich jeder die passenden Komponenten aus dem religiösen Angebot zusammensucht, scheint ein eher modernes Phänomen zu sein. Das mag einerseits damit zusammenhängen, dass der soziale Druck, eine ganz bestimmte Lehre zu glauben, längst nicht mehr so groß ist wie früher. Man braucht keine Strafen mehr zu fürchten, wenn man seinen Individualglauben hat. Andererseits ist die Anpassung der offiziellen kirchlichen Lehren an den persönlichen Geschmack eine Folge zunehmender Bildung und Aufklärung. Wer seinen Glauben mit einer modernen Weltauffassung versöhnen will, muss ihn natürlich irgendwie so modifizieren, dass alles irgendwie zusammenpasst, und kann nicht einfach die vorgegebene - oftmals archaische - Lehre hinnehmen.
Doch diese individualisierte Form des Glaubens scheint mir weltweit gesehen auch heutzutage noch eine Ausnahme zu sein. Die soziale Funktion der Religion steht anderswo viel mehr im Vordergrund, und schon deswegen dürfte es in vielen Regionen eine Notwendigkeit sein, sich der jeweils dominanten Religion anzuschließen und deren Lehren so weit es irgendwie geht zu übernehmen, weil damit enorme soziale Vorteile verbunden sind, während mit einer abweichenden Individualreligion Nachteile verbunden wären. Die hochgradig individuell zusammengestellten Glaubenssysteme in den westlichen Gesellschaften sind also ein intellektueller Luxus, den man sich leisten kann, weil es die soziale Notwendigkeit zum normierten Glauben nicht mehr gibt.
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Blanka Xenophrasologiepreisträgerin 2007
Anmeldungsdatum: 22.09.2006 Beiträge: 1243
Wohnort: München
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(#677945) Verfasst am: 09.03.2007, 14:51 Titel: |
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Tapuak hat folgendes geschrieben: | Nach meiner Meinung waren Religionen historisch gesehen zunächst soziale Erfindungen: Vehikel zur Festigung von Gemeinschaften, Systeme zur Aufstellung von Regeln für das Zusammenleben - und damit hochgradig öffentlich. Ihre soziale Funktion - die Integrationsleistung nach Innen und die Abrenzung nach außen - konnte die Religionen nur dann erbringen, wenn die Gläubigen ähnlichen Glaubensinhalten anhingen. Es liegt somit auch in der Natur der klassischen Buchreligionen, dass sie "Offenbarungslehren" sind, also Lehren, die verkündigt werden und dann in dieser Form von den Anhängern geglaubt werden sollen. So haben es die religiösen Institutionen geschichtlich ja auch überwiegend darauf abgesehen, den Glauben ihrer Anhänger möglichst stark zu normieren und Abweichungen zu erschweren.
Die Privatreligion, bei der sich jeder die passenden Komponenten aus dem religiösen Angebot zusammensucht, scheint ein eher modernes Phänomen zu sein. Das mag einerseits damit zusammenhängen, dass der soziale Druck, eine ganz bestimmte Lehre zu glauben, längst nicht mehr so groß ist wie früher. Man braucht keine Strafen mehr zu fürchten, wenn man seinen Individualglauben hat. Andererseits ist die Anpassung der offiziellen kirchlichen Lehren an den persönlichen Geschmack eine Folge zunehmender Bildung und Aufklärung. Wer seinen Glauben mit einer modernen Weltauffassung versöhnen will, muss ihn natürlich irgendwie so modifizieren, dass alles irgendwie zusammenpasst, und kann nicht einfach die vorgegebene - oftmals archaische - Lehre hinnehmen.
Doch diese individualisierte Form des Glaubens scheint mir weltweit gesehen auch heutzutage noch eine Ausnahme zu sein. Die soziale Funktion der Religion steht anderswo viel mehr im Vordergrund, und schon deswegen dürfte es in vielen Regionen eine Notwendigkeit sein, sich der jeweils dominanten Religion anzuschließen und deren Lehren so weit es irgendwie geht zu übernehmen, weil damit enorme soziale Vorteile verbunden sind, während mit einer abweichenden Individualreligion Nachteile verbunden wären. Die hochgradig individuell zusammengestellten Glaubenssysteme in den westlichen Gesellschaften sind also ein intellektueller Luxus, den man sich leisten kann, weil es die soziale Notwendigkeit zum normierten Glauben nicht mehr gibt. |
Du meinst also : privat-propheten sind auch nur atheisten wie Du und ich ?
_________________ Am zweifelfreisten frei von Zweifeln sind stets die Verzweifelten !
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Tapuak registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.02.2006 Beiträge: 1264
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(#677951) Verfasst am: 09.03.2007, 14:53 Titel: |
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Blanka hat folgendes geschrieben: | Du meinst also : privat-propheten sind auch nur atheisten wie Du und ich ? |
Nein.
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Blanka Xenophrasologiepreisträgerin 2007
Anmeldungsdatum: 22.09.2006 Beiträge: 1243
Wohnort: München
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(#677961) Verfasst am: 09.03.2007, 15:01 Titel: |
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Tapuak hat folgendes geschrieben: | Blanka hat folgendes geschrieben: | Du meinst also : privat-propheten sind auch nur atheisten wie Du und ich ? |
Nein. |
im sinne von "abgefallene" war das gemeint...
es ist ja schliesslich auch ein erst heute möglich gewordener luxus ein atheist zu sein (vor 500 jahren war der Atheistenclub-München eV wegen Mitgliedermangel geschlossen worden...)
also ist jemand der sich seinen glauben selber schafft in dem sinne mit einem atheisten vergleichbar, daß er sich vom mainstream losgesagt hat, jedoch im unterschied zu einem solchen seine dimensionen nicht verlassen hat.
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Tapuak registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.02.2006 Beiträge: 1264
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(#677985) Verfasst am: 09.03.2007, 15:16 Titel: |
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Blanka hat folgendes geschrieben: | im sinne von "abgefallene" war das gemeint...
es ist ja schliesslich auch ein erst heute möglich gewordener luxus ein atheist zu sein (vor 500 jahren war der Atheistenclub-München eV wegen Mitgliedermangel geschlossen worden...)
also ist jemand der sich seinen glauben selber schafft in dem sinne mit einem atheisten vergleichbar, daß er sich vom mainstream losgesagt hat, jedoch im unterschied zu einem solchen seine dimensionen nicht verlassen hat. |
Klar, in dem Sinne ist der Atheismus natrülich auch ein intellektueller Luxus, der durch die gleichen Bedingungen ermöglicht wird wie die individualisierte Religion (weniger sozialer Zwang zur Übernahme normierter Weltanschauungen; die Übernahme normierter Weltanschauungen stellt keine Überlebensnotwendigkeit mehr dar; Vordringen aufgeklärten Wissens; das Bedürfnis, sein Weltbild mit diesem Wissen vereinbar zu machen usw). Also gibt es da in dieser Hinsicht durchaus Ähnlichkeiten mit den Privatreligionen.
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Tapuak registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.02.2006 Beiträge: 1264
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(#677999) Verfasst am: 09.03.2007, 15:28 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Was mich betrifft, ich kann nur für mich sprechen, ist dies nicht mein Beweggrund. Es ist eher so, daß ich mit genaueren Angaben intime Details aus meinem verworrenen Leben preisgeben würde. Ich könnte nicht ertragen, daß sich jemand darüber lustig macht [...] |
Das erklärt immerhin, warum du hier zwar mit deiner Religiosität kokettierst, aber kaum bereit bist, über irgendwelche Fragen, die mit Religion zusammenhängen, konkret zu diskutieren. Danke für die Information.
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Arrivederci auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 747
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(#678026) Verfasst am: 09.03.2007, 16:06 Titel: |
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Schalker hat folgendes geschrieben: | Ich will´s mal von einer anderen Seite aus beleuchten: Die Tatsache, dass jemand eine Privatinterpretation der religiösen Lehre, der er angeblich anhängt, benötigt, zeigt doch nur den Widerspruch auf, in dem sich dieser Gläubige befindet. Unsere Ur-Oma hat den Katechismus noch auswendig gekonnt und alles unhinterfragt hingenommen. Für sie bedurfte es keiner "Privatreligion". Der "moderne" Christ, der sich möglicherweise gar intensiver mit Theologie und/oder religionswiss. Fragestellungen beschäftigt hat, muss sich das zurechtbiegen, was für die Ur-Oma mangels besseren Wissens noch völlig ok war. Insofern halte ich auch Teile der "modernen", insbesondere der protestantischen Theologie daselbst für "Privatreligionen", in denen sich die "profane" Kirchenlehre gar nicht oder kaum mehr wiederfindet. Die Widersprüche zwischen Privatreligion und tatsächlicher Kirchenlehre müssen von den Gläubigen ertragen werden. Darum beneide ich sie nicht! Und natürlich ist es so: Wenn das Konstrukt für den Gläubigen als "überlebensnotwendig" erachtet wird, dann muss es "privat" bleiben und darf nicht zur Diskussion gestellt werden. Denn ansonsten könnten Außenstehende eine Lebenslüge zum Einsturz bringen, die nicht einstürzen soll/darf. Das ist zu respektieren. Und um nicht missverstanden zu werden: Mit großer Wahrscheinlichkeit hält jeder von uns derlei Lebenslügen bereit - gleich ob gläubig oder ungläubig. |
Wenn deine Ur-Oma r.-k. gewesen wäre, könnte ich jetzt fragen:
Wie oft im Jahr war sie beim Beichten: Einmal im Jahr, an den Hochfesten oder vor jeder Messe?
Floh sie vor dem Über-Ich "Jesus" unter den Schirm und Schutz Mariens?
Sprach sie vor einem wichtigen Ereignis Gelübde oder betete Novenen, und auf wie vielen Wallfahrten war sie und wie weit?
Hatte sie ein inniges Verhältnis zu ihrer Namenspatronin, und was für Namen erhielten die Kinder (Vielleicht gar jene der Tagesheiligen)?
Strafte (ihr) Gott erst im Jenseits oder schon im Diesseits?
Gab es früher (keine) Privatreligion?
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Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
Wohnort: 75
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(#678038) Verfasst am: 09.03.2007, 16:21 Titel: |
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Tapuak hat folgendes geschrieben: | Nach meiner Meinung waren Religionen historisch gesehen zunächst soziale Erfindungen: Vehikel zur Festigung von Gemeinschaften, Systeme zur Aufstellung von Regeln für das Zusammenleben - und damit hochgradig öffentlich. Ihre soziale Funktion - die Integrationsleistung nach Innen und die Abrenzung nach außen - konnte die Religionen nur dann erbringen, wenn die Gläubigen ähnlichen Glaubensinhalten anhingen. Es liegt somit auch in der Natur der klassischen Buchreligionen, dass sie "Offenbarungslehren" sind, also Lehren, die verkündigt werden und dann in dieser Form von den Anhängern geglaubt werden sollen. So haben es die religiösen Institutionen geschichtlich ja auch überwiegend darauf abgesehen, den Glauben ihrer Anhänger möglichst stark zu normieren und Abweichungen zu erschweren.
Die Privatreligion, bei der sich jeder die passenden Komponenten aus dem religiösen Angebot zusammensucht, scheint ein eher modernes Phänomen zu sein. Das mag einerseits damit zusammenhängen, dass der soziale Druck, eine ganz bestimmte Lehre zu glauben, längst nicht mehr so groß ist wie früher. Man braucht keine Strafen mehr zu fürchten, wenn man seinen Individualglauben hat. Andererseits ist die Anpassung der offiziellen kirchlichen Lehren an den persönlichen Geschmack eine Folge zunehmender Bildung und Aufklärung. Wer seinen Glauben mit einer modernen Weltauffassung versöhnen will, muss ihn natürlich irgendwie so modifizieren, dass alles irgendwie zusammenpasst, und kann nicht einfach die vorgegebene - oftmals archaische - Lehre hinnehmen.
Doch diese individualisierte Form des Glaubens scheint mir weltweit gesehen auch heutzutage noch eine Ausnahme zu sein. Die soziale Funktion der Religion steht anderswo viel mehr im Vordergrund, und schon deswegen dürfte es in vielen Regionen eine Notwendigkeit sein, sich der jeweils dominanten Religion anzuschließen und deren Lehren so weit es irgendwie geht zu übernehmen, weil damit enorme soziale Vorteile verbunden sind, während mit einer abweichenden Individualreligion Nachteile verbunden wären. Die hochgradig individuell zusammengestellten Glaubenssysteme in den westlichen Gesellschaften sind also ein intellektueller Luxus, den man sich leisten kann, weil es die soziale Notwendigkeit zum normierten Glauben nicht mehr gibt. |
Zustimmung. Bis auf den den letzten Satz: Die Privatreligion ist m.E. kein "Luxus", sondern für den Privatreligiösen - mindestens subjektiv - eine Notwendigkeit. Insbesondere die soziale Notwendigkeit besteht für ihn - zumindest in seinem näheren sozialen Umfeld - weiterhin. Um dort bleiben zu können und weiterhin die sozialen Vorteile genießen zu können, muss er die Privatreligion erfinden. Weil nämlich heute gegenüber früher Folgendes anders geworden ist: Auch der Gläubige muss sich als Teil dieser individualisierten, heterogenen Gesamtgesellschaft definieren. Er muss also schauen, dass er in diesem komplexen Bezugssystem möglichst viele Komponenten miteinander versöhnen kann (wenn er nicht gerade ins Lager der fundamentalrelgiösen Alles-Ignorierer à la kreuz.net oder ZJ wechseln will). Er muss moralisch und intellektuell vor sich selber das Gesicht wahren können. Lohn dieser Anstrengung ist, dass er gesamtgesellschaftlich nicht als "religiöser Spinner" oder "Fundamentalist" negativ auffällt, der Predigt des Pfaffens was abgewinnen und Freude am "Gemeindeleben finden kann und sich als nächstenliebender Jesus-Fan gar noch als humanistische Avantgarde fühlen darf. "Luxus" ist dies höchstens auf einer Meta-Ebene, wenn man sich etwa fragt, warum die individualisierte, heterogene Gesellschaft, die natürlich trotzdem auf einem säkularen Konsens beruht, die eigentlich nicht (mehr) mit ihr zu versöhnende archaische Grundlage der Privatreligion (aka "biblische Ethik" und "Jesuaniche Drohbotschaft und Überforderung") ächtet? Dann wäre die Erschaffung einer Privatreligion vollkommen sinnlos bzw. purer "Luxus".
_________________ "Die einfache Formel: Jesus ist stärker! hilft Menschen, sich aus der Fixierung völlig irrationaler Wertesysteme zu lösen."
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Blanka Xenophrasologiepreisträgerin 2007
Anmeldungsdatum: 22.09.2006 Beiträge: 1243
Wohnort: München
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(#678052) Verfasst am: 09.03.2007, 16:32 Titel: |
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in den monaten vor meiner selbsterkenntnis als atheistin, hatte ich , muss ich gestehen (im alter von ca 7 bis 10 oder so) auch eine privatreligion. dies war aber sicherlich mehr dadurch bedingt daß ich damals als kleines mädl einfach noch viel zu wenig detailles über das christentum wusste bzw über die bibel. die grossen lücken habe ich mir mit eigenen vorstellungen von gerechtigkeit und linientreue gefüllt. als ich dann später erst erkannt habe wie sehr sich daß vom vorgeblich einzig wahren glauben unterschied habe ich einen schlussstrich ziehen müssen, und mich komplett vom christentum abgenabelt, denn mir war schon als kind klar : es steht mir nicht zu das angebliche wort gottes in teilen in frage zu stellen. nur im ganzen.
_________________ Am zweifelfreisten frei von Zweifeln sind stets die Verzweifelten !
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Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
Wohnort: 75
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(#678056) Verfasst am: 09.03.2007, 16:33 Titel: |
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Arrivederci hat folgendes geschrieben: | Schalker hat folgendes geschrieben: | Ich will´s mal von einer anderen Seite aus beleuchten: Die Tatsache, dass jemand eine Privatinterpretation der religiösen Lehre, der er angeblich anhängt, benötigt, zeigt doch nur den Widerspruch auf, in dem sich dieser Gläubige befindet. Unsere Ur-Oma hat den Katechismus noch auswendig gekonnt und alles unhinterfragt hingenommen. Für sie bedurfte es keiner "Privatreligion". Der "moderne" Christ, der sich möglicherweise gar intensiver mit Theologie und/oder religionswiss. Fragestellungen beschäftigt hat, muss sich das zurechtbiegen, was für die Ur-Oma mangels besseren Wissens noch völlig ok war. Insofern halte ich auch Teile der "modernen", insbesondere der protestantischen Theologie daselbst für "Privatreligionen", in denen sich die "profane" Kirchenlehre gar nicht oder kaum mehr wiederfindet. Die Widersprüche zwischen Privatreligion und tatsächlicher Kirchenlehre müssen von den Gläubigen ertragen werden. Darum beneide ich sie nicht! Und natürlich ist es so: Wenn das Konstrukt für den Gläubigen als "überlebensnotwendig" erachtet wird, dann muss es "privat" bleiben und darf nicht zur Diskussion gestellt werden. Denn ansonsten könnten Außenstehende eine Lebenslüge zum Einsturz bringen, die nicht einstürzen soll/darf. Das ist zu respektieren. Und um nicht missverstanden zu werden: Mit großer Wahrscheinlichkeit hält jeder von uns derlei Lebenslügen bereit - gleich ob gläubig oder ungläubig. |
Wenn deine Ur-Oma r.-k. gewesen wäre, könnte ich jetzt fragen:
Wie oft im Jahr war sie beim Beichten: Einmal im Jahr, an den Hochfesten oder vor jeder Messe?
Floh sie vor dem Über-Ich "Jesus" unter den Schirm und Schutz Mariens?
Sprach sie vor einem wichtigen Ereignis Gelübde oder betete Novenen, und auf wie vielen Wallfahrten war sie und wie weit?
Hatte sie ein inniges Verhältnis zu ihrer Namenspatronin, und was für Namen erhielten die Kinder (Vielleicht gar jene der Tagesheiligen)?
Strafte (ihr) Gott erst im Jenseits oder schon im Diesseits?
Gab es früher (keine) Privatreligion? |
Nein, gab es nicht. Zumindest nicht als nennenswertes Phänomen. Die von dir genannten Phänomene sind m.E. kulturelle Traditionen innerhalb der kirchlichen Lehre. Damit wurden Zusatzbedürfnisse befriedigt. Derlei Praktiken werden z.B. von der RKK in weiten Teilen akzeptiert oder sogar gefördert. Auch heute noch. Dafür gibt es viele Beispiele. Weder handelt(e) es sich dabei um individuelle Interpretationen des Glaubens, noch standen diese Praktiken im Widerspruch zur off. Kirchenlehre. Wenn doch, so hat die Kirche diese - meist mit Erfolg - zu unterbinden versucht.
_________________ "Die einfache Formel: Jesus ist stärker! hilft Menschen, sich aus der Fixierung völlig irrationaler Wertesysteme zu lösen."
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22335
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(#678100) Verfasst am: 09.03.2007, 16:56 Titel: |
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Blanka hat folgendes geschrieben: | [...]
wir stellen also fest daß Du NICHT an das Wort gottes glaubst, bzw daran daß es unveränderliche ewige wahrheit darstellt. |
O doch, das tue ich. Nur nicht in dem Sinne, dass die Bibel als von Menschen geschriebens Buch das Wort Gottes vollständig, unfehlbar und auf jeden möglichen Interpretationshorizont anwendbar - zB naturwissenschaftliche Erkenntnis - enthalten würde. Wenn du meine Position tatsächlich näher kennen lernen möchtest (verzeih bitte, dass ich das aus dem bisherigen Diskussionsverlauf nicht für wahrscheinlich halte und mir eigene nähere Erläuterungen spare), kann ich dich zB auf den Aufsatz "Wort Gottes" von Paul Tillich verweisen, irgendwo in den Gesammelten Werken. Der ist vom Umfang her überschaubar, müsste in einer anständigen Unibilbliothek vorhanden sein und entspricht ziemlich genau meiner Position.
Blanka hat folgendes geschrieben: | Deine religiösität hast Du dann wohl also vom hörensagen übernommen und selber ausgeschmückt, was mich zumindest zu dem punkt zurückbringt daß es dadurch auch von Dir aus völlig legitim sein sollte wenn man Dich Privatprophet nennt. |
Das ist im Kern korrekt, am Rande aber frage ich mich, warum du einen solchen freien Umgang mit der Tradition offenbar zwanghaft mit abwertenden Vokabeln wie "vom Hörensagen" etc. belegen musst. Oder hast du deine Position nicht auch zum Teil von anderen übernommen, zum Teil selbst gebildet? Wie sollte es, btw, auch anders sein ...?
Blanka hat folgendes geschrieben: | aber : wie stehst Du selber denn zu den ausmachbaren unterschieden die sich dadurch in den persönlichen ansichten der menschen bilden...?
haben alle recht ? oder nur einer ? oder garkeiner ? |
Ich kann das nicht feststellen, lege aber anscheinend auch weniger großen Wert aufs "Rechthaben" als du. Ich stelle mir bei solchen, meiner Ansicht nach nicht von uns endgültig zu entscheidenden Fragen, eher die Frage, wie sich die verschiedenen Haltungen im Leben bewähren, wie man mit neuen Erkenntnissen, lebenspraktischen Fragen, Sinnfragen, ethischen Überlegungen, menschlichen Krisen etc. so zurechtkommt. Bisher bin ich da mit meiner Position ganz gut zurechtgekommen, habe aber kein großes Problem damit, wenn andere mit ihrer auch gut leben können. Ringparabelmäßig gewissermaßen.
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Schalker hat folgendes geschrieben: | Du gehörst allerdings keiner "biblischen Interpretationsgemeinschaft" an, sondern einer Kirche. Grundlage dieser Zugehörigkeit ist die Akzeptanz ihrer Lehren. Hier gibt es - im Gegensatz zur (imaginären) "biblischen Interpretationsgemeinschaft" keine Bekenntnis(!)beliebigkeit im Verständnis der christlichen Lehre, was z.B. der Fall Lüdemann auch im Protestantismus eindrucksvoll belegt. Im Zweifel siegt das Bekenntnis über das Wissen. |
Natürlich ist die Kirche auch Bekenntnisgemeinschaft (allerdings natürlich gleichzeitig auch biblische Interpretationsgemeinschaft). Ich befinde mich mit meiner Position in einer hinreichend großen Übereinstimmung mit "der Kirche" (oder innerhalb des Rahmens, den sie bietet), dass sowohl ich mich ihr zugehörig fühle als auch - denke ich - mir das kaum ein anderes Kirchenmitglied mir das ernsthaft bestreiten würde. Für die Kernfrage würde ich es halten (darüber würde man diskutieren müssen), ob man sich zu Jesus als dem Christus bekennt. Ist ein solcher Minimalkonsens nicht mehr gegeben, kann es sein, dass die eine oder die andere Seite diese Zugehörigkeit nicht mehr empfindet - wie im Fall Lüdemann. Nur verstehe ich immer noch nicht, warum eine Position, ob sie sich nun voll innerhalb (wie meiner Einschätzung nach die meinige) oder am Rande oder außerhalb dessen bewegt, was innerhalb der Kirche an Bekenntnis möglich ist, durch eine mehr oder weniger große Entfernung zu einer "offiziellen" Lehre an sich illegitim wird (solange eine solche Übereinstimmung nicht behauptet wird). Erst Recht verstehe ich nicht, warum ich mir dabei die "offizielle Lehre" von Leuten vorschreiben lassen sollte, die dieser Kirche gar nicht angehören ...
Schalker hat folgendes geschrieben: | Die Taktik der "modernen" Theologie ist also: Uminterpretation des Konkreten ins Diffuse, Unangreifbare. |
Je nachdem bei welcher Frage werden Theologen auch sehr konkret. Du musst sie nur lesen. Manchmal bleiben sie auch unkonkret, weil sie der Meinung sind, dass man zu bestimmten nichts Konkretes sagen kann. Die guten sagen auch das dann aber wiederum ganz offen. Was daran aber wieder schlimm ist, weiß der Geier.
Schalker hat folgendes geschrieben: | So lässt einen die Kirche "leben" und der Kritiker der Theologie findet kaum noch Ansatzpunkte, an denen seine Kritik greifen könnte. |
Mir scheint, dass das dein Hauptproblem ist: Dass die Theologie ihre Position so weit durchdenkt, sich selbst kritisch hinterfragt, bestimmte Dinge als symbolische Aussagen auffasst etc., dass sie Selbstwidersprüchlichkeiten und Unvereinbarkeiten mit anderen Wissensgebieten vermeiden kann. Dieses Durchdenken der christlichen Position ist aber nun einmal schlicht ihre Aufgabe. Mir scheint, du erhebst den Anspruch, Leute mit anderer weltanschaulicher Position als deiner sollten gefälligst in Einzelfragen so dumm sein, dass allein dadurch die gesamte Position diskreditiert wird. Aber warum sollte man dir diesen Gefallen tun?
Schalker hat folgendes geschrieben: | Der Nachteil für den in dieser Lesart Gläubigen ist m.E., dass er zusätzlich zu seinen im Grunde aufgeklärten Werten und seinem möglicherweise gar wiss. fundierten Weltbild im Zwang steht, all dies mit der kirchl. Lehre in Einklang bringen zu müssen. Diese "Klammer" ist die "Privatreligion". Was für ein im Grunde unnötiger intellektueller Aufwand! |
Naja ... also erst mal steht "die kirchliche Lehre" ja mit aufgeklärten Werten und wissenschaftlichen Erkenntnissen gar nicht immer im Widerspruch. Und wenn doch, dann sagt sich der Gläubige halt: "Dies und jenes find ich ja plausibel, aber da hat der Bischof ja wohl mal wieder Müll erzählt." Das Legitimitätsproblem dieses Standpunkts liegt genau wo? Und schließlich: Interessant, dass du dieses Gewinnen eines eigenen Standpunktes als "unnötigen intellektuellen Aufwand" bezeichnest ...
Klar, intellektuell sparsamer kann es sein, alles unhinterfragt zu glauben oder alles undurchdacht in Bausch und Bogen zu verwerfen. Ich halte es für keinen unnötigen Aufwand, möglichst vieles zu durchdenken - und ob man dann alles glaubt oder alles verwirft oder eben einen gemischten Standpunkt einnimmt, halte ich dann für zweitrangig, wenn es ein eigener Standpunkt ist.
Zitat: | Ich habe lediglich konstatiert, dass die Überbrückung dieses Widerspruchs in meinen Augen nichts weiter als eine Lebenslüge darstellt. |
Ja. Und warum das selbstbestimmte EInnehmen eines eigenen Standpunkts eine Lebenslüge ist, belibt mir verschlossen.
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Tapuak hat folgendes geschrieben: | Nach meiner Meinung waren Religionen historisch gesehen zunächst soziale Erfindungen: Vehikel zur Festigung von Gemeinschaften, Systeme zur Aufstellung von Regeln für das Zusammenleben - und damit hochgradig öffentlich. Ihre soziale Funktion - die Integrationsleistung nach Innen und die Abrenzung nach außen - konnte die Religionen nur dann erbringen, wenn die Gläubigen ähnlichen Glaubensinhalten anhingen. Es liegt somit auch in der Natur der klassischen Buchreligionen, dass sie "Offenbarungslehren" sind, also Lehren, die verkündigt werden und dann in dieser Form von den Anhängern geglaubt werden sollen. So haben es die religiösen Institutionen geschichtlich ja auch überwiegend darauf abgesehen, den Glauben ihrer Anhänger möglichst stark zu normieren und Abweichungen zu erschweren. |
Es läge mir fern, die soziale Dimension der Religion und damit einhergehende Normierungstendenzen zu leugnen. Ich halte es allerdings für eine wichtige Errungenschaft, dass neben diese Normierungstendenzen immer stärker auch der Gedanke der Selbstverantwortlichkeit getreten ist. Und dies verteidige gegen jede fundamentalistische "Alles-oder-Nichts"-Rhetorik, ob innerhalb christlicher Zirkel oder - merkwürdigerweise - außerhalb wie hier.
_________________ "YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES." -- "So we can believe the big ones?" -- "YES."
(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22335
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(#678109) Verfasst am: 09.03.2007, 17:07 Titel: |
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Blanka hat folgendes geschrieben: | [...] mir war schon als kind klar : es steht mir nicht zu das angebliche wort gottes in teilen in frage zu stellen. nur im ganzen. |
Oh, deswegen ...
Nun denn, so lasse dir von deinem Privatpropheten dieses gesagt sein, und bedenke es wohl:
[sonore, hallende Stimme, Lichteffekte und allerlei Budenzauber]
Doch, du kannst es! Sei du selbst! GOTT will, dass DU SELBST in EIGENER VERANTWORTUNG zu deinen Ansichten kommst! DU SOLLST DABEI DIE BIBEL NACH DEINEM EIGENEN GEWISSEN LESEN!
[/sonore, hallende Stimme, Lichteffekte und allerlei Budenzauber]
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(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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Blanka Xenophrasologiepreisträgerin 2007
Anmeldungsdatum: 22.09.2006 Beiträge: 1243
Wohnort: München
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(#678115) Verfasst am: 09.03.2007, 17:13 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Blanka hat folgendes geschrieben: | [...] mir war schon als kind klar : es steht mir nicht zu das angebliche wort gottes in teilen in frage zu stellen. nur im ganzen. |
Oh, deswegen ...
Nun denn, so lasse dir von deinem Privatpropheten dieses gesagt sein, und bedenke es wohl:
[sonore, hallende Stimme, Lichteffekte und allerlei Budenzauber]
Doch, du kannst es! Sei du selbst! GOTT will, dass DU SELBST in EIGENER VERANTWORTUNG zu deinen Ansichten kommst! DU SOLLST DABEI DIE BIBEL NACH DEINEM EIGENEN GEWISSEN LESEN!
[/sonore, hallende Stimme, Lichteffekte und allerlei Budenzauber] |
wer sagt das ? diejenigen die mir das "wort gottes" beibrachten haben mich anderes gelehrt.
eine offenbarung durch gott persönlich habe ich auch nicht erlebt. Du etwa ?
auch mit budenzauber ?
wenn ich sage "wer bin ich daß ich mir sowas anmaßen soll" dann meine ich damit nicht daß mein natürlicher respekt vor der religion oder deren vertreter mich davon abhält, sondern mein verstand der mir sagt : wenn ein teil einer angeblich ewig wahren und unveränderlichen lehre falsch sein können soll, dann ist der gesamte rest in frage gestellt und kann nicht mehr durch zirkelschluss der religiösen lehre begründet werden. ergo : ich muss mir meine wahrheit selber suchen, und zwar komplett. und die NW hat mir gegeben was ich brauchte : den naturalismus. auf lügenmärchen konnte ich verzichten.
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22335
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(#678116) Verfasst am: 09.03.2007, 17:13 Titel: |
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Tapuak hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | Was mich betrifft, ich kann nur für mich sprechen, ist dies nicht mein Beweggrund. Es ist eher so, daß ich mit genaueren Angaben intime Details aus meinem verworrenen Leben preisgeben würde. Ich könnte nicht ertragen, daß sich jemand darüber lustig macht [...] |
Das erklärt immerhin, warum du hier zwar mit deiner Religiosität kokettierst, aber kaum bereit bist, über irgendwelche Fragen, die mit Religion zusammenhängen, konkret zu diskutieren. Danke für die Information. |
Ich kann nicht erkennen, dass zelig im Forum mit seiner Religiösität "kokettieren" würde. Meiner Wahrnehmung nach hält er sich eher ganz einfach und sehr unprätentiös bei dem Thema sehr zurück. Wie ja auch dieser Thread von ganz jemand anderem anlässlich einer nur beiläufigen Bemerkung seinerseits eröffnet wurde. Ihm diese Zurückhaltung bei Themen, die ihm zu intim sind, vorzuwerfen, halte ich für eine ziemlich unverschämte Zudringlichkeit. Auch ich habe solche Themen, wenn auch eher in anderen Bereichen, und würde den Teufel tun, sie aber nicht öffentlich gegen meine Bedürfnisse ausbreiten und diskutieren lassen.
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(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22335
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(#678119) Verfasst am: 09.03.2007, 17:17 Titel: |
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Blanka hat folgendes geschrieben: | wer sagt das ? |
ICH.
Blanka hat folgendes geschrieben: | ich muss mir meine wahrheit selber suchen, und zwar komplett. |
Genau. Und dabei darfst du, wenn du möchtest und es dir Sinn zu ergeben scheint, auf traditionelle Lehren zurückgreifen, ob ganz oder teilweise.
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(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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Tapuak registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.02.2006 Beiträge: 1264
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(#678120) Verfasst am: 09.03.2007, 17:18 Titel: |
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Schalker hat folgendes geschrieben: | Zustimmung. Bis auf den den letzten Satz: Die Privatreligion ist m.E. kein "Luxus", sondern für den Privatreligiösen - mindestens subjektiv - eine Notwendigkeit. Insbesondere die soziale Notwendigkeit besteht für ihn - zumindest in seinem näheren sozialen Umfeld - weiterhin. Um dort bleiben zu können und weiterhin die sozialen Vorteile genießen zu können, muss er die Privatreligion erfinden. Weil nämlich heute gegenüber früher Folgendes anders geworden ist: Auch der Gläubige muss sich als Teil dieser individualisierten, heterogenen Gesamtgesellschaft definieren. Er muss also schauen, dass er in diesem komplexen Bezugssystem möglichst viele Komponenten miteinander versöhnen kann (wenn er nicht gerade ins Lager der fundamentalrelgiösen Alles-Ignorierer à la kreuz.net oder ZJ wechseln will). Er muss moralisch und intellektuell vor sich selber das Gesicht wahren können. Lohn dieser Anstrengung ist, dass er gesamtgesellschaftlich nicht als "religiöser Spinner" oder "Fundamentalist" negativ auffällt, der Predigt des Pfaffens was abgewinnen und Freude am "Gemeindeleben finden kann und sich als nächstenliebender Jesus-Fan gar noch als humanistische Avantgarde fühlen darf. "Luxus" ist dies höchstens auf einer Meta-Ebene, wenn man sich etwa fragt, warum die individualisierte, heterogene Gesellschaft, die natürlich trotzdem auf einem säkularen Konsens beruht, die eigentlich nicht (mehr) mit ihr zu versöhnende archaische Grundlage der Privatreligion (aka "biblische Ethik" und "Jesuaniche Drohbotschaft und Überforderung") ächtet? Dann wäre die Erschaffung einer Privatreligion vollkommen sinnlos bzw. purer "Luxus" |
"Luxus" war hier vielleicht ein wenig missverständlich. Anders formuliert: Die Möglichkeit, sich eine Privateligion zusammenzubasteln, ist eine historische, soziale und kognitive Ausnahmesituation, da gewöhnlich die Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind (Umfeld, Bildung usw). Darin, dass die Privatreligionen auch heute noch aus Sicht der Gläubigen eine Notwendigkeit darstellt, dürftest du recht haben - sonst würden sie sich schließlich von ihrem Glauben lossagen.
Die soziale Notwendigkeit, sich einen Glauben anzueignen, ist heute aber nach meiner Meinung eine andere als früher. Früher hing von der Art des Glaubens teilweise die ganze Existenz ab. Als Abweichler war man verloren, wurde aus der Gesellschaft (und nicht nur aus dem privaten Umfeld) ausgestoßen. Man bekam keine Arbeit, keine Unterstützung, überhaupt nichts. Das dürfte in manchen Regionen der Welt heute noch ähnlich sein. In den westlichen Gesellschaften gibt es diese existenziellen Gefahren durch abweichenden Glauben nicht mehr. Sozialhilfe bekommt man im Notfall vom Staat, unabhängig von der Religion. Wenn die Privatreligion für den westlichen Gläubigen also eine soziale Notwendigkeit darstellt, dann eher innerhalb seines primären Umfeldes, also in seiner Familie, gegenüber seinen Bekannten usw., aber nicht mehr, weil die gesamte Gesellschaft ihn zwingen würde, religiös zu sein. Der soziale Druck ist also noch da, ist aber eher weniger geworden und hat sich weitgehend auf das private Umfeld reduziert.
Auf den ansonsten aufgeklärt denkenden Gläubigen komme dann natürlich zusätzlich der Druck zu, den du geschildert hast: Den Glauben so zu konstruieren, dass er sich von gewissen als nicht mehr vertretbar eingestuften Lehren absetzt (etwa von den orthodox-religiösen Lehren auf wie kreuz.net), und so, dass er halbwegs vereinbar mit modernen Erkenntnissen scheint (etwa Erkenntnisse der Wissenschaft oder der modernen Ethik). Das würde ich dann eher als psychische Notwendigkeit einordnen denn als soziale. Denn darin zeigen sich ja Ideale, die der Gläubige selbst an seinen Glauben stellt, um mit sich selbst ins Reine zu kommen: Weitgehende intellektuelle Konsistenz bei gleichzeitigem Festhalten an mythologischen Versatzstücken usw. Der aufgeklärte Individualreligiöse will intellektuell konsistent sein, und genau deswegen bastelt er sich seine Individualreligion, weil die normierten Religionen diese Konsistenz in der Regel nicht bieten.
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Tapuak registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.02.2006 Beiträge: 1264
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(#678121) Verfasst am: 09.03.2007, 17:19 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: |
Ich kann nicht erkennen, dass zelig im Forum mit seiner Religiösität "kokettieren" würde. Meiner Wahrnehmung nach hält er sich eher ganz einfach und sehr unprätentiös bei dem Thema sehr zurück. Wie ja auch dieser Thread von ganz jemand anderem anlässlich einer nur beiläufigen Bemerkung seinerseits eröffnet wurde. Ihm diese Zurückhaltung bei Themen, die ihm zu intim sind, vorzuwerfen, halte ich für eine ziemlich unverschämte Zudringlichkeit. Auch ich habe solche Themen, wenn auch eher in anderen Bereichen, und würde den Teufel tun, sie aber nicht öffentlich gegen meine Bedürfnisse ausbreiten und diskutieren lassen. |
Ich werfe ihm diese Zurückhaltung nicht vor. Ich verstehe sie doch jetzt. Er hat ja anscheinend seine Gründe dafür. Nicht so gut finde ich, wenn er wie gestern nur Thesen aufstellt, diese dann aber nicht diskutieren will. Warum dann nicht von vornherein zurückhalten?
Zuletzt bearbeitet von Tapuak am 09.03.2007, 17:32, insgesamt einmal bearbeitet |
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