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cptchaos kritischer Rationalist
Anmeldungsdatum: 17.07.2006 Beiträge: 304
Wohnort: Hamburg
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(#692041) Verfasst am: 26.03.2007, 21:11 Titel: Was ist der essentielle Unterschied zwischen weltlichem und religiösen Glauben? |
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Ich habe das Argument bisher selber häufig benutzt.
Allerdings bin ich mit der Argumentation nicht glücklich.
Meine Argumentation war bisher:
- Weltlicher Glaube bedeutet, eine Annehmen das etwas war, aber skeptisch bezüglich der Wahrheit der
Aussage haben.
- Religiöser Glaube bedeutet, vertrauen in Wahrheit einer Aussage haben, ohne besondere Skepsis..
Die Argumentation Lässt sich aber angreifen:
Nehmen wir mal folgendes Beispiel. Ein Atheist wird in der Regel daran Glauben dass ein Stein den man los lässt nach unten Fällt. Er wird auch vertrauen in diese Aussage haben, ohne besonders Skeptisch zu sein. Es lässt sich nun schwer argumentieren, dass ein Atheist dort anders glaubt als ein überzeugter Theist an Gott. Wenn jemand glaubt das geht, kann er es ja versuchen. Ich spiele dann Advocatus Diaboli und argumentiere dagegen.
Man könnte nun natürlich einfach sagen. Religiöses glauben ist vielmehr was anderes: Man hält etwas für wahr, koste es was es wolle. Das kommt zwar auch häufig vor, ist aber vom Argument her ein Wahrer Schotte.
Ich halte das nach längerem Überlegen, die obige Abgrenzung nicht mehr für den essentiellen Unterschied.
Der Unterschied liegt meines Erachtens in der Ursache warum man glaubt. Ein Atheist hält die Überlieferungen der Religionen nicht für Glaubwürdig.
Aber glaubt er dann auch essentiell anders? (jetzt mal von dem Koste-es-was-es-Wolle Extrem abgesehen?)
Bleibt zu fragen was nun mit dem Substantiv ist: Der Glauben?
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#692045) Verfasst am: 26.03.2007, 21:16 Titel: |
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Die Frage ist, ob man nach dem Objekt des Glaubens differenziert oder der Art und Weise des Glaubens.
Bei zweiterem sehe ich schon einen qualitativen Untersched zwischen vorläufig annehmen und glauben.
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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cptchaos kritischer Rationalist
Anmeldungsdatum: 17.07.2006 Beiträge: 304
Wohnort: Hamburg
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(#692057) Verfasst am: 26.03.2007, 21:25 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | Die Frage ist, ob man nach dem Objekt des Glaubens differenziert oder der Art und Weise des Glaubens.
Bei zweiterem sehe ich schon einen qualitativen Untersched zwischen vorläufig annehmen und glauben. |
Naja, also nach Art des Objekts zu differenzieren ist doch nicht so schön.
Das ist eine Definition der Art: Glauben an X bedeutet B, außer B erfüllt C.
Dann braucht man aber für den Ausnahmefall (B erfüllt C) ein neues Wort. Das ist aber im Deutschen selbst nach meiner Anfagsdefinition nicht der Fall. So zu argumentieren halte ich nicht für sinnvoll. Für den Fall der Art und Weise gilt das gleiche Argument.
Das ist als Argumentationsfigur ein Wahrer Schotte.
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#692061) Verfasst am: 26.03.2007, 21:28 Titel: |
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Nein, man kann völlig unproblematisch zwischen annehmen und glauben unterscheiden. Wenn man das in einem Text macht, wird jedem klar, dass man verschiedene Dinge meint.
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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Johnnyboy Stück Scheiße
Anmeldungsdatum: 26.06.2005 Beiträge: 2562
Wohnort: Babylon
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(#692066) Verfasst am: 26.03.2007, 21:30 Titel: |
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Religiöser Glaube hat nicht selten einen absoluten Wahrheitsanspruch impliziert.
_________________ "Das Leben des Starken erfüllt seinen Sinn, das des Schwachen seinen Zweck".
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cptchaos kritischer Rationalist
Anmeldungsdatum: 17.07.2006 Beiträge: 304
Wohnort: Hamburg
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(#692074) Verfasst am: 26.03.2007, 21:37 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | Nein, man kann völlig unproblematisch zwischen annehmen und glauben unterscheiden. Wenn man das in einem Text macht, wird jedem klar, dass man verschiedene Dinge meint. |
Nein, nicht immer "ich glaube auf diesem Draht ist kein Strom" wird kaum jemand anders als "Ich nehme an, dass auf diesem Draht kein Strom ist" verstehen.
Aber in meinem Beispiel "Ich glaube daran, dass Steine nach unten fallen" ist das zwar auch ein Annehmen. Aber ich habe Schwierigkeiten dieses von dem "Ich glaube an Gott" des gemeinen Kuschelchristen zu unterscheiden.
Sicher man wird in der Regel nicht missverstanden. Aber das ist nicht mein Problem. Mein Problem ist, dass ich annehme, es gibt einen essentiellen Unterschied. Mein Argument macht den aber nicht schön klar.
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#692077) Verfasst am: 26.03.2007, 21:38 Titel: |
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Wenn sich der Wahrheitsanspruch nicht unterscheidet, gibt es da keinen essentiellen Unterschied.
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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cptchaos kritischer Rationalist
Anmeldungsdatum: 17.07.2006 Beiträge: 304
Wohnort: Hamburg
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(#692078) Verfasst am: 26.03.2007, 21:40 Titel: |
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Johnnyboy hat folgendes geschrieben: | Religiöser Glaube hat nicht selten einen absoluten Wahrheitsanspruch impliziert. |
Bei Fundamentalisten Ja. Beim gemeinen Kuschelchristen wohl eher nicht. Jetzt kann man natürlich sagen, die glauben auch nicht wirklich. Das ist aber ein wahrer Schotte, der wohl auch gerne von Fundamentalisten benutzt wird .
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#692084) Verfasst am: 26.03.2007, 21:43 Titel: |
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Der religiöse Glaube deckt alles ab, beeinflusst jeden Bereich des Lebens. Das tut etwa der Glaube an die Gravitation nicht.
Ersterer wird daher auch weniger gern fallengelassen als es Letzterer würde.
Und wenn ich aufhöre an Gravitation zu glauben, dann kann ich immer noch weiterhin an die Relativitätstheorie glauben. Mein Weltbild ändert sich dann nicht grundlegend, es "stürzt keine Welt für mich ein", wie man so sagt.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#692088) Verfasst am: 26.03.2007, 21:45 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | Wenn sich der Wahrheitsanspruch nicht unterscheidet, gibt es da keinen essentiellen Unterschied. |
Naja... richtig, bis auf eine Kleinigkeit: Es gibt da noch die Akzeptanz des (religiös) Geglaubten als Tatsache, trotz des Wissens um die prinzipielle Nicht-Beweisbarkeit. Letztere wird in rel. Dogmen sogar oft vorausgesetzt. Wenn ich 'weltlicher Glaube' so auffasse, dass immer auch an eine Beweismöglichkeit geglaubt wird, sollte das nicht gehen. Das wäre dann auch mE schon der einzige essentielle Unterschied.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#692093) Verfasst am: 26.03.2007, 21:48 Titel: |
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Das heisst aber mE nicht, dass man dazu nicht mehr denken & schreiben kann. Da gibt es durchaus noch Diverses zu plappern drüber.
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Sokrateer souverän
Anmeldungsdatum: 05.09.2003 Beiträge: 11649
Wohnort: Wien
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(#692094) Verfasst am: 26.03.2007, 21:48 Titel: |
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Der Unterschied ist, dass der religiöse Glaube nicht nur eine einzelne Existenzbehauptung ist, sondern, dass in der Existenz Gottes (in 99% aller Fälle) viel mehr dran hängt. Gott ist eine Vaterfigur, zu der der Gläubige vertrauen und eine Beziehung hat, mit dem sich der Gläubige, seine Eltern und sein Umfeld unterhält. Dieser Gott ist natürlich beleidigt, wenn man alleine schon an seiner Existenz zweifelt oder seine Entscheidungen hinterfragt.
Für den Gläubigen hängt also am Glauben zu viel dran. Der Verlust des Glaubens bedeutet auch automatisch den Verlust eines unsichtbaren Freundes.
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cptchaos kritischer Rationalist
Anmeldungsdatum: 17.07.2006 Beiträge: 304
Wohnort: Hamburg
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(#692105) Verfasst am: 26.03.2007, 21:53 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | Wenn sich der Wahrheitsanspruch nicht unterscheidet, gibt es da keinen essentiellen Unterschied. |
Hm. Gut dann kann man aber so nicht wirklich gut gegen ein "Aber jeder glaubt an etwas" argumentieren.
Da kann man dann nur noch sagen: Von mir aus, aber nicht an letze Wahrheiten und schon gar nicht daran, dass die irgendwie Offenbart wurden oder werden.
Also liegt der Essentielle unterschied nicht im Glauben selbst, sondern in der Bewertung was man für glaubwürdig hält. Bleibt also als stärkstes Argument, warum man an etwas nicht glaubt, die Widerspruchsfreiheit. Und dann fehlende bzw. nicht glaubhafte Belege, und zuletzt für gegen Kritik immunisiertes Occams Razor. Eventuell noch Pragmatismus, dass man vieles ohne Gott besser erklären als mit. Bei den Letzten drei Argumenten dürfte das aber einen Gläubigen nicht überzeugen.
Da frag ich mich, gibt es eigentlich gute Argumente um einen Gläubigen, der an einen Kritikimmunisierten Gott glaubt, von der Sinnlosigkeit seines Glaubens zu überzeugen?
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cptchaos kritischer Rationalist
Anmeldungsdatum: 17.07.2006 Beiträge: 304
Wohnort: Hamburg
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(#692115) Verfasst am: 26.03.2007, 21:58 Titel: |
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Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Der Unterschied ist, dass der religiöse Glaube nicht nur eine einzelne Existenzbehauptung ist, sondern, dass in der Existenz Gottes (in 99% aller Fälle) viel mehr dran hängt. Gott ist eine Vaterfigur, zu der der Gläubige vertrauen und eine Beziehung hat, mit dem sich der Gläubige, seine Eltern und sein Umfeld unterhält. Dieser Gott ist natürlich beleidigt, wenn man alleine schon an seiner Existenz zweifelt oder seine Entscheidungen hinterfragt.
Für den Gläubigen hängt also am Glauben zu viel dran. Der Verlust des Glaubens bedeutet auch automatisch den Verlust eines unsichtbaren Freundes. |
Das hört sich ja an wie eine Psychische Erkrankung, zumindest bei Erwachsenen ...
Nicht, dass ich nicht geneigt bin, dem Zuzustimmen, aber im Grunde genommen, ändert sich darduch nicht die Bedeutung des Wortes "glauben", sondern nur die Motivation für diesen.
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cptchaos kritischer Rationalist
Anmeldungsdatum: 17.07.2006 Beiträge: 304
Wohnort: Hamburg
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(#692122) Verfasst am: 26.03.2007, 22:00 Titel: |
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Evilbert hat folgendes geschrieben: | Der religiöse Glaube deckt alles ab, beeinflusst jeden Bereich des Lebens. Das tut etwa der Glaube an die Gravitation nicht.
Ersterer wird daher auch weniger gern fallengelassen als es Letzterer würde.
Und wenn ich aufhöre an Gravitation zu glauben, dann kann ich immer noch weiterhin an die Relativitätstheorie glauben. Mein Weltbild ändert sich dann nicht grundlegend, es "stürzt keine Welt für mich ein", wie man so sagt. |
Das ist auch wieder ein Argument was nicht direkt die Bedeutung des Wortes "glauben" ändert sondern nur die Motivation dieses zu tun, oder auch nicht.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#692123) Verfasst am: 26.03.2007, 22:01 Titel: |
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cptchaos hat folgendes geschrieben: |
Da frag ich mich, gibt es eigentlich gute Argumente um einen Gläubigen, der an einen Kritikimmunisierten Gott glaubt, von der Sinnlosigkeit seines Glaubens zu überzeugen? |
Ja, weil man ihm mit den Mitteln der Logik beweisen kann, dass er das, woran er (der Religiöse) zu glauben glaubt, gar nicht wissentlich glauben kann. Man kann an nichts glauben, das sich per Definition jenseits des menschlichen Urteilsvermögens befindet. Man kann nur glauben, dass man an etwas Unkritisierbares glaubt. Dem menschl. Verstand bleibt nichts übrig, als das zu akzeptieren. Das heisst aber nicht, dass das irgendwelche Folgen haben muss. Es wird dann eben verdrängt.
Zuletzt bearbeitet von Argáiþ am 26.03.2007, 22:03, insgesamt einmal bearbeitet |
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Masaru ......
Anmeldungsdatum: 19.02.2005 Beiträge: 361
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(#692127) Verfasst am: 26.03.2007, 22:02 Titel: |
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Zitat: | Was ist der essentielle Unterschied zwischen weltlichem und religiösen Glauben? |
Es gibt keinen...
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cptchaos kritischer Rationalist
Anmeldungsdatum: 17.07.2006 Beiträge: 304
Wohnort: Hamburg
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(#692131) Verfasst am: 26.03.2007, 22:05 Titel: |
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Semnon hat folgendes geschrieben: | Kival hat folgendes geschrieben: | Wenn sich der Wahrheitsanspruch nicht unterscheidet, gibt es da keinen essentiellen Unterschied. |
Naja... richtig, bis auf eine Kleinigkeit: Es gibt da noch die Akzeptanz des (religiös) Geglaubten als Tatsache, trotz des Wissens um die prinzipielle Nicht-Beweisbarkeit. Letztere wird in rel. Dogmen sogar oft vorausgesetzt. Wenn ich 'weltlicher Glaube' so auffasse, dass immer auch an eine Beweismöglichkeit geglaubt wird, sollte das nicht gehen. Das wäre dann auch mE schon der einzige essentielle Unterschied. |
Hm. So könnte man vorgehen, dass ist aber ein verstecktes Occams Razor, oder sehe ich das falsch. Warum sollte man das in die Bedeutung des Wortes "glauben" einbauen?
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cptchaos kritischer Rationalist
Anmeldungsdatum: 17.07.2006 Beiträge: 304
Wohnort: Hamburg
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(#692133) Verfasst am: 26.03.2007, 22:07 Titel: |
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Masaru hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Was ist der essentielle Unterschied zwischen weltlichem und religiösen Glauben? |
Es gibt keinen... |
Davon bin ich noch nicht überzeugt.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#692138) Verfasst am: 26.03.2007, 22:09 Titel: |
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cptchaos hat folgendes geschrieben: | Semnon hat folgendes geschrieben: | Kival hat folgendes geschrieben: | Wenn sich der Wahrheitsanspruch nicht unterscheidet, gibt es da keinen essentiellen Unterschied. |
Naja... richtig, bis auf eine Kleinigkeit: Es gibt da noch die Akzeptanz des (religiös) Geglaubten als Tatsache, trotz des Wissens um die prinzipielle Nicht-Beweisbarkeit. Letztere wird in rel. Dogmen sogar oft vorausgesetzt. Wenn ich 'weltlicher Glaube' so auffasse, dass immer auch an eine Beweismöglichkeit geglaubt wird, sollte das nicht gehen. Das wäre dann auch mE schon der einzige essentielle Unterschied. |
Hm. So könnte man vorgehen, dass ist aber ein verstecktes Occams Razor, oder sehe ich das falsch. Warum sollte man das in die Bedeutung des Wortes "glauben" einbauen? |
Das ist eine gute Frage.
Ich würde so ansetzen, dass 'weltlicher' Glaube sich nur auf etwas Nicht-Transzendentes beziehen kann, dessen Existenz oder Nichtexistenz beweisbar ist, bzw das es keinen Grund gibt anzunehmen, die Existenz/Nichtexistenz sei nicht beweisbar.
Wie würdest du denn weltlichen Glauben definieren? In dieser Spezifikation greifst du mE ohnehin schon zu weit voraus.
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Pfaffenschreck Schwarzwaldelch; möööh
Anmeldungsdatum: 09.05.2006 Beiträge: 6422
Wohnort: City of dope
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(#692142) Verfasst am: 26.03.2007, 22:10 Titel: |
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Evilbert hat folgendes geschrieben: | Der religiöse Glaube deckt alles ab, beeinflusst jeden Bereich des Lebens. Das tut etwa der Glaube an die Gravitation nicht.
Ersterer wird daher auch weniger gern fallengelassen als es Letzterer würde.
Und wenn ich aufhöre an Gravitation zu glauben, dann kann ich immer noch weiterhin an die Relativitätstheorie glauben. Mein Weltbild ändert sich dann nicht grundlegend, es "stürzt keine Welt für mich ein", wie man so sagt. |
Ich stelle mir das bildlich vor:
Man läßt den Glauben an die Gravitation fallen. Ist das nicht irgendwie unlogisch?
_________________ Merkwürdig, ich kann mich nicht erinnern, jemals einer kirchlichen Vereinigung beigetreten zu sein. Und doch mußte ich erst austreten, um Nichtmitglied zu werden!
---
In jedem Dorf gibt es eine Fackel, den Lehrer;
Und jemanden, der dieses Licht löscht, den Pfarrer.
Victor Hugo
---
http://www.humanisten-freiburg.de/
Reinschauen, mitmachen, mitgestalten und etwas bewegen.
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cptchaos kritischer Rationalist
Anmeldungsdatum: 17.07.2006 Beiträge: 304
Wohnort: Hamburg
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(#692145) Verfasst am: 26.03.2007, 22:13 Titel: |
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Semnon hat folgendes geschrieben: |
Ja, weil man ihm mit den Mitteln der Logik beweisen kann, dass er das, woran er (der Religiöse) zu glauben glaubt, gar nicht wissentlich glauben kann. |
Das wage ich zu bezweifeln. In vielen Religionen werden durch Rituale Erfahrungen erzeugt, die dem Gläubigen dann als Erfahrung Gottes erklärt werden und von diesem auch so empfunden werden. Der Gläubige glaubt zu wissen.
Zuletzt bearbeitet von cptchaos am 26.03.2007, 22:18, insgesamt einmal bearbeitet |
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cptchaos kritischer Rationalist
Anmeldungsdatum: 17.07.2006 Beiträge: 304
Wohnort: Hamburg
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(#692154) Verfasst am: 26.03.2007, 22:17 Titel: |
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Semnon hat folgendes geschrieben: |
Wie würdest du denn weltlichen Glauben definieren? In dieser Spezifikation greifst du mE ohnehin schon zu weit voraus. |
Da bin ich mir halt nicht mehr so sicher wie das Sinnvoll zu definieren ist.
Glauben an A bedeutet auf jeden Fall, dass man A für wahr hält und zwar mit höherer Wahrscheinlichkeit als für falsch.
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Sokrateer souverän
Anmeldungsdatum: 05.09.2003 Beiträge: 11649
Wohnort: Wien
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(#692162) Verfasst am: 26.03.2007, 22:23 Titel: |
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cptchaos hat folgendes geschrieben: | Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Der Unterschied ist, dass der religiöse Glaube nicht nur eine einzelne Existenzbehauptung ist, sondern, dass in der Existenz Gottes (in 99% aller Fälle) viel mehr dran hängt. Gott ist eine Vaterfigur, zu der der Gläubige vertrauen und eine Beziehung hat, mit dem sich der Gläubige, seine Eltern und sein Umfeld unterhält. Dieser Gott ist natürlich beleidigt, wenn man alleine schon an seiner Existenz zweifelt oder seine Entscheidungen hinterfragt.
Für den Gläubigen hängt also am Glauben zu viel dran. Der Verlust des Glaubens bedeutet auch automatisch den Verlust eines unsichtbaren Freundes. |
Das hört sich ja an wie eine Psychische Erkrankung, zumindest bei Erwachsenen ...
Nicht, dass ich nicht geneigt bin, dem Zuzustimmen, aber im Grunde genommen, ändert sich darduch nicht die Bedeutung des Wortes "glauben", sondern nur die Motivation für diesen. |
Beziehungen zu anderen Menschen und der Versuch diese zu verteidigen und an ihnen festzuhalten ist keine psychische Erkrankung, sondern normales menschliches Verhalten. Nur existiert in diesem Fall die fragliche Person überhaupt nicht.
Und das Wort "glauben" leitet uns hier nur in die Irre. Gläubige sind sich so sicher, dass Gott existiert, wie sie sich sicher sind, dass die Sonne existiert und sie versuchen sehr wohl die Existenz Gottes zu beweisen.
"Die Welt kann doch nicht per Zufall entstanden sein.", "Ohne Gott hätten wir keine Hoffnung.", "In der Bibel steht, dass Gott existiert", ... all das sind Beweisversuche.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#692170) Verfasst am: 26.03.2007, 22:28 Titel: |
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cptchaos hat folgendes geschrieben: |
Das wage ich zu bezweifeln. In vielen Religionen werden durch Rituale Erfahrungen erzeugt, die dem Gläubigen dann als Erfahrung Gottes erklärt werden und von diesem auch so empfunden werden. Der Gläubige glaubt zu wissen. |
Ja, aber das ist etwas anderes. Wenn ein Gläubiger sagt, dass seine Religion nicht kritisierbar ist, setzt er sie als dem Verstand unzugänglich voraus. Er kann sich aber soetwas überhaupt nicht denken. Wie will er sagen, seine Religion sei dem Verstand unzugänglich, wenn er diese Zuordnung unter Nutzung seines Verstandes vornimmt, bzw diese Aussage als wahr hinstellt, was ja nur geht, wenn dieses verstandesmäßige Urteil über seine Religion (das sie nicht krit.bar ist) als wahr gezeigt werden könnte? Effektiv negiert er damit alle potentiellen kritischen Aussagen gar nicht wirklich, sondern er bewertet sie mit möglicherweise wahr oder falsch. Seine Religion könnte somit nach der Definition 'meine Religion ist nicht kritiserbar' kritisierbar sein oder auch nicht, was aber aufgrund der Bewertung, die die Aussage selbst ja darstellt, falsch ist.
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#692187) Verfasst am: 26.03.2007, 22:38 Titel: |
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cptchaos hat folgendes geschrieben: | Glauben an A bedeutet auf jeden Fall, dass man A für wahr hält und zwar mit höherer Wahrscheinlichkeit als für falsch. |
Du solltest das Kapitel über Wahrscheinlichkeit von Popper nochmal lesen so als kritischer Rationalist
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#692192) Verfasst am: 26.03.2007, 22:41 Titel: |
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Ich sehe nicht den prinzipiellen Unterschied zwischen dem religioesen und dem nichtreligioesen Glauben. Ich unterscheide eher zwischen Dogmatismus/Fundamentalismus auf der einen Seite und einem gesunden Skeptizismus auf der anderen Seite. Fuer beide Arten Glauben lassen sich genuegend Beispiele sowohl bei religioes wie nichtreligioes Glaeubigen finden. Ich habe schon "wissenschaftliche" Marxisten-Leninisten getroffen die glaubten genauso starr und unfaehig in Frage zu stellen an alles was die diversen Apostel der kommunistischen Internationalen je zu Papier gebracht haben wie der vernagelste amerikanische Fernsehprediger an die Evangelien.
Ich denke gedankliche Starre und Dogmatismus haben wesentlich mehr mit Intelligenz und Persoenlichkeitsstruktur zu tun als mit dem Objekt des eigenen Glaubens. Autoritaere Charaktere neigen hierbei vor allem zum Dogmatismus und eher antiautoritaere eher zur Toleranz. Letztlich liegt es dann mehr in der Biographie und dem kulturellen Kontext, in dem wer aufwaechst, ob jemand in 'ner Bibelstunde bei den radikalen "Lebensschuetzern", beim Freitagsgebet des Hasspredigers Osama ben Horrorsermon, im Marxismusseminar irgendwelcher stalinistischer Bewegungen oder bei der genauso dogmatischen "antireligioesen Internationale" landet. Allen dogmatisch/fundamentalistischen Stroemungen ist gemein, dass man sich in Besitz der absoluten Wahrheit waehnt und deren Hinterfragung als unzulaessig empfunden wird. Daraus leitet man dann auch das Recht ab, Menschen, die den eigenen Glauben (oder Nichtglauben!) nicht teilen, mit allen Mitteln bekaempfen zu koennen.
Diesen denkbefreiten Kreisen stehen in allen Glaubens- und Nichtglaubensgemeinschaften Zeitgenossen gegenueber, die nicht gleich alles, was nicht ihrer geglaubten "Wahrheit" entspricht als falsch ablehnen, sondern die die intellektuelle Herausfordrung annehmen, auch Andersglaeubige ernst zu nehmen und zu unterstellen, dass auch diese in manchen Dingen recht haben koennen, wo man selber eher falsch liegt und dies auch ohne deshalb gleich den eigenen Glauben in Frage stellen zu muessen. Fuer eine solche Toleranz braucht es allerdings einen wesentlich gefestigteren Glauben als wenn man einer dogmatisch/fundamentalistischen Polit- oder sonsteiner Sekte hinterher rennt...
Gruss, Bernie
_________________ Defund the gender police!!
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#692194) Verfasst am: 26.03.2007, 22:42 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | cptchaos hat folgendes geschrieben: | Glauben an A bedeutet auf jeden Fall, dass man A für wahr hält und zwar mit höherer Wahrscheinlichkeit als für falsch. |
Du solltest das Kapitel über Wahrscheinlichkeit von Popper nochmal lesen so als kritischer Rationalist |
Das weiss der
Das ist doch die entscheidende Frage: Heisst Glauben nur, dass man etwas für wahrscheinlich hält oder heisst glauben, dass man etwas als Tatsache erachtet, obwohl man es als solche nicht verifiziert hat? Ersterer Glaubensbegriff wäre banal und letztlich mit Religiosität inkompatibel.
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cptchaos kritischer Rationalist
Anmeldungsdatum: 17.07.2006 Beiträge: 304
Wohnort: Hamburg
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(#692201) Verfasst am: 26.03.2007, 22:50 Titel: |
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Sokrateer hat folgendes geschrieben: |
Beziehungen zu anderen Menschen und der Versuch diese zu verteidigen und an ihnen festzuhalten ist keine psychische Erkrankung, sondern normales menschliches Verhalten. Nur existiert in diesem Fall die fragliche Person überhaupt nicht.
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Zugegeben, das ich geneigt bin das für pathologisch zu halten, war nicht ganz ernst gemeint. Außer in extremen fällen wie:
Sokrateer hat folgendes geschrieben: |
Gläubige sind sich so sicher, dass Gott existiert, wie sie sich sicher sind, dass die Sonne existiert und sie versuchen sehr wohl die Existenz Gottes zu beweisen.
"Die Welt kann doch nicht per Zufall entstanden sein.", "Ohne Gott hätten wir keine Hoffnung.", "In der Bibel steht, dass Gott existiert", ... all das sind Beweisversuche. |
Aber mal ernsthaft: Vermutlich hast du Recht und das Wort glauben führt in die Irre. Sie meinen zu Wissen und halten die obigen Aussagen für Belege dieses Wissens.
Das Problem ist aber, dass sie selber sagen sie Glauben. Vermutlich wäre es bei der Missionierung nicht Förderlich wenn man gleich behaupten würde man wüsste. Aber außer Fundamentalisten glaubt wohl kaum ein Gläubiger zu wissen, dass Gott existiert. Führt auf ein anderes Abgrenzugsproblem (Glauben<->Wissen)
Die Motivation für meine Fragestellung ist doch das Argument. "Aber jeder glaubt an etwas. Da ist mein Glaube noch nicht schlimm". Dieses Argument über die Bedeutung des Wortes glauben anzugreifen, finde ich aus den obigen Gründen argumentativ nicht äußerst überzeugend.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#692208) Verfasst am: 26.03.2007, 22:56 Titel: |
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cptchaos hat folgendes geschrieben: |
Die Motivation für meine Fragestellung ist doch das Argument. "Aber jeder glaubt an etwas. Da ist mein Glaube noch nicht schlimm". Dieses Argument über die Bedeutung des Wortes glauben anzugreifen, finde ich aus den obigen Gründen argumentativ nicht äußerst überzeugend. |
Genau. Ich denke man kann hier sagen, dass wer etwas in dem Sinne glaubt, als dass man die Existenz von etwas (eines Dinges oder eines Umstandes) für möglich hält oder ob man die Existenz von etwas unverifiziert für eine Tatsache hält.
Letztlich ist das aber ein Illusion, da eben der Begriff 'Tasache' fest definiert ist. Etwas unverifiziertes kann nicht als Tatsache angesehen werden. Man glaubt also nicht nur zu wissen, sondern man glaubt sogar nur zu glauben.
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